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Download als PDF-Datei - Auswirkungen auf die Institution

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"Du mußt erst Kummer und Ärger loswerden.' 'Aber', sagte ich, 'ist das<br />

möglich?' 'Ja', antwortete er, 'es ist den Japanern möglich und muß auch für<br />

uns möglich sein.' Auf meinem Rückweg konnte ich an nichts anderes denken<br />

<strong>als</strong> an <strong>die</strong> Worte 'loswerden, loswerden'; und <strong>die</strong> Idee muß mich auch<br />

während des Schlafes weiter beschäftigt haben, denn das erste Bewußtsein<br />

am Morgen enthielt wieder denselben Gedanken zusammen mit der<br />

Enthüllung einer Einsicht, <strong>die</strong> sich <strong>als</strong> <strong>die</strong> Überlegung darstellte: 'Wenn es<br />

möglich ist, Kummer und Ärger loszuwerden, warum ist es dann notwendig,<br />

sie überhaupt zu haben?' Ich empfand <strong>die</strong> Stärke des Argumentes und<br />

akzeptierte den Gedanken sofort. Das Baby hatte entdeckt, daß es l<strong>auf</strong>en<br />

konnte. Es hatte keine Lust mehr, weiterhin zu kriechen. Mit dem Augenblick,<br />

in dem ich erkannte, daß <strong>die</strong>se Krebsflecken von Kummer und Ärger entfernt<br />

werden konnten, verließen sie mich. Mit der Entdeckung ihrer Schwäche<br />

waren sie ausgetrieben. Von <strong>die</strong>ser Zeit an gewann das Leben ein völlig<br />

anderes Aussehen. Obwohl es für mich von <strong>die</strong>sem Moment an eine Realität<br />

war, daß Freiheit von niederdrückenden Leidenschaften möglich und<br />

wünschenswert sei, brauchte ich einige Monate, um mich in meiner neuen<br />

Position absolut sicher zu fühlen; aber wie sich nun <strong>die</strong> gewöhnlichen<br />

Gelegenheiten für Kummer und Ärger immer wieder einstellten und ich für<br />

<strong>die</strong>se Gefühle gänzlich unanfällig blieb, fürchtete ich sie nicht mehr, nahm<br />

mich vor ihnen nicht mehr in acht und bin erstaunt über meine Kraft,<br />

Situationen aller Art zu bestehen, und über meine Neigung, alle Dinge zu<br />

lieben und ihre Art zu schätzen.<br />

Seit jenem Morgen hatte ich Bahnreisen von insgesamt mehr <strong>als</strong> 10.000<br />

Meilen zu machen. Ich habe <strong>die</strong>selben Schlafwagenschaffner, Zugführer,<br />

Hotelkellner, Hausierer, Zeitschriftenhändler, Taxifahrer u.a., <strong>die</strong> früher förmlich<br />

eine Quelle von Belästigungen und Ärger waren, wiedergetroffen, kann<br />

mich aber an keine einzige Unhöflichkeit erinnern. Mit einem Mal hat sich mir<br />

<strong>die</strong> ganze Welt zum Guten gewandelt. Ich fühle sozusagen nur noch <strong>die</strong><br />

Strahlen des Guten. Ich könnte viele Erfahrungen berichten, <strong>die</strong> eine völlig<br />

neue Geistesverfassung beweisen, aber eine wird ausreichen. Ohne das<br />

geringste Gefühl von Ärger oder Ungeduld habe ich einen Zug, dessen<br />

Benutzung ich mit vielen interessierten und angenehmen Vorgefühlen geplant<br />

hatte, ohne mich aus dem Bahnhof fahren sehen, weil mein Gepäck nicht<br />

ankam. Der Gepäckträger des Hotels kam im L<strong>auf</strong>schritt und außer Atem <strong>auf</strong><br />

dem Bahnsteig an, gerade <strong>als</strong> der Zug den Blicken entschwand. Als er mich<br />

sah, guckte er, <strong>als</strong> wenn er Schelte fürchtete, und fing an zu erzählen, daß er<br />

in einer vollen Straße <strong>auf</strong>gehalten worden sei und nicht habe herauskommen<br />

können. Als er zu Ende war, sagte ich zu ihm: 'Es macht nichts, Sie können<br />

nichts dafür, wir werden es morgen noch einmal versuchen. Hier ist Ihr Lohn,<br />

es tut mir leid, daß Sie ihn mit so viel Mühe ver<strong>die</strong>nen mußten.' Der Ausdruck<br />

des Erstaunens, der sich über seinem Gesicht ausbreitete, war so mit Freude<br />

gefüllt, daß ich für <strong>die</strong> Verzögerung meiner Abreise <strong>auf</strong> dem Fleck entschädigt<br />

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