Märchen aus Istanbul - Comparis.ch

Der Herr am Telefon behauptete,
er müsse im
Auftrag aller Krankenkassen
die Leute im Kanton
über die Prämienerhöhungen
informieren.» So schildert
ein Leser aus dem Baselbiet
den Telefonanruf,
den er Ende Oktober erhielt.
Der Anruf kam von
einem «Wirtschaftsdienst
Schweiz», erinnert er sich.
Ein Leser aus Allschwil
BL machte eine ähnliche
Erfahrung. Ein «Wirtschafts-
und Informationszentrum»
habe ihn angerufen
– angeblich ebenfalls
im Auftrag des Kantons.
Das sind nur zwei Beispiele
von vielen Reklamationen,
die in letzter Zeit
Märchen aus Istanbul
Telefonagenten: Schwindel mit «neutraler» Krankenkassenberatung
Mit Unwahrheiten versuchen Telefonagenten,
Leute zu überreden, dass sie einen Krankenkassenverkäufer
ins Haus lassen. Sie rufen
auch aus der Türkei an.
beim K-Tipp eingingen.
Dabei ging es immer um
dieselbe Masche: Die Anrufer
wollen erreichen,
dass ein Krankenkassen-
Vermittler vorbeikommen
kann, und sie möchten
gleich am Telefon einen
Termin fixieren.
Doch solche Terminbettler
nehmen es mit der
Wahrheit nicht so genau.
Ein «Wirtschafts- und Informationszentrum»
gibt
es zum Beispiel nicht.
Weitere Fantasie-Firmenbezeichnungen
der Terminbettler
sind Change
24, VVG direkt, Krankenkassen-Infozentrum,Verband
der Schweizer Krankenkassen
oder Berater-
Mögliche Kunden: Ein Termin kostet Vertreter im Internet rund 100 Franken
Gesprächsleitfaden: Eine detaillierte Anleitung zum Schwindeln
center für Krankenkassen.
Oft tun die Anrufer auch
so, als machten sie nur eine
Umfrage.
Dem K-Tipp liegt ein Gesprächsleitfaden
für Telefonagenten
vor (siehe Ausriss
oben). Er zeigt, dass
Callcenter:
Können aus
dem Ausland
mit einer
Schweizer Vorwahl
anrufen
sich die Anrufer in diesem
Fall als «Neutrale Krankenkassen-Beratung»ausgeben
– und sie tun so, als
4 K-Tipp Nr. 19 16. November 2011
ELLERINGMANN/LAIF

hätten sie einen offiziellen
Auftrag, Leute zu kontaktieren.
Dabei geht es einzig
darum, einen Termin für
einen Krankenkassenverkäufer
zu er halten.
Der K-Tipp hat diesen
Leitfaden von einem Informanten
aus der Türkei erhalten
– zusammen mit
dem Hinweis, dass sich das
betreffende Callcenter in
Istanbul befindet. Die Angerufenen
merken das aber
nicht, denn ausländische
Callcenter können ihre
Anrufe so steuern, dass auf
dem Apparat der Angerufenen
eine Nummer mit
Schweizer Vorwahl angezeigt
wird. Möglich macht
dies ein Programm namens
X-Lite, das man im Internet
herunterladen kann.
Typisch für solche Callcenter
ist, dass sie die Termine
nicht selber wahrnehmen,
sondern an Vermittler
verkaufen. Auf der
Website www.kundenter
mine.ch können Krankenkassenverkäufer
sehen, in
welcher Ortschaft, an welchem
Tag und um welche
Zeit sich jemand bereit erklärt
hat, einen Vermittler
ins Haus zu lassen (siehe
Ausschnitt links). Diesen
«Termin» können Vermittler
dann für rund 100
Franken kaufen.
Betreiber dieser Plattform
ist Martin Zollinger
von der Zürcher Firma
Allfinanz Makler AG. Er
hat angeblich keine Zeit,
um mit dem K-Tipp über
diese Geschäfte zu reden.
Tipp: Lassen Sie sich am
Telefon auf keinen Fall
Termine aufschwatzen für
Besuche von Krankenkassenvermittlern.
Diese beraten
Sie nicht neutral, sondern
verkaufen nur jene
Krankenkassenprodukte,
die ihnen am meisten Provisionen
einbringen – und
das sind nicht immer die
besten. Ernst Meierhofer
K-Tipp Nr. 19 16. November 2011
Der V-Zug-Tumbler
Adorina TK ist bis
auf kleine Details
identisch mit einer
Bauknecht-Maschine.
Der grosse Unterschied
liegt beim
Preis: Das V-Zug-
Modell ist fast viermal
so teuer wie das
Bauknecht-Modell.
Der Schweizer Haushaltgeräte-Hersteller
V-Zug ist bekannt: Über
3,5 Millionen Geräte stehen
laut Firmenangaben
in den Schweizer Haushalten.
Und: V-Zug hat
stolze Preise. Tumbler
oder Wasch maschinen
kosten schnell über 4000
Franken.
Fürs kleinere Budget
bietet V-Zug Geräte der
Linie Adorina an. Diese
kosten rund die Hälfte
und sollen laut V-Zug-
Prospekt «viel Qualität
für weniger Geld» bieten.
Doch Tatsache ist: Die
Adorina gibt es für noch
viel weniger Geld.
Der K-Tipp hat den
Tumbler Adorina TK von
V-Zug mit dem Modell
TK 6B Di des deutschen
Herstellers Bauknecht
verglichen. Auf den ersten
Blick fällt auf: Die Geräte
sehen – bis auf die Beschriftung
– identisch aus.
Auch die Füllmenge, der
Energieverbrauch, der
Geräuschpegel und die
Energieeffizienz stimmen
exakt überein.
Auf Anfrage des K-Tipp
gibt Bauknecht zu: «Diese
Wo V-Zug draufsteht,
ist Bauknecht drin
Den teuren Schweizer Tumbler gibts beim deutschen Hersteller viel billiger
Bis auf den Preis identisch: Der V-Zug-Tumbler Adorina TK (links) kostet
2480 Franken, das baugleiche Bauknecht-Modell nur 660 Franken
Geräte sind technisch
grundsätzlich identisch.
Unterschiede gibt es nur
bei den Programmen.»
Bei V-Zug bestätigt
man, dass das V-Zug-
Gerät zusammen mit
dem Bauknecht-Inhaber
Whirlpool entwickelt
worden sei. Doch zur Frage,
welche Unterschiede
es bei den Programmen
gibt, lässt V-Zug nur verlauten:
«Wir erarbeiten
unsere eigene Programmgestaltung
entsprechend
den Bedürf nissen des
Schweizer Marktes.»
Preisdifferenz von
1819 Franken
Der für den Kunden relevante
Unterschied zwischen
den beiden Geräten
liegt beim Preis: Der V-
Zug-Tumbler kostet gemäss
offiziellem Listen-
preis 2480 Franken. Das
Bauknecht-Gerät ist für
rund 660 Franken zu haben.
Preisdifferenz: 1819
Franken. V-Zug stellt
dazu fest: «Im Gegensatz
zum Online-Handel ist in
unserem Preis der Service
inbegriffen.»
Um einen direkten Vergleich
zu erschweren, gab
es das Zwillingsgerät von
Bauknecht in der Schweiz
nie zu kaufen. Es ist im
Augenblick nur bei ausländischenInternethändlern
– zum Beispiel bei
elektro-depot.de in Bochum
(D) – zu beziehen.
Hinzu kommt: Das
Bauknecht-Modell der
Energieklasse B ist laut
Hersteller bereits 2010
von effizienteren Geräten
abgelöst worden. V-Zug
verkauft seine Adorina
TK in der Schweiz aber
nach wie vor. In der
Schweiz werden ab Januar
nächsten Jahres Tumbler
der Energieklasse B nicht
mehr zum Verkauf zugelassen
sein.
Deshalb will V-Zug
künftig nur noch das
energieeffizientere Modell
Adorina TS WP verkaufen.
Doch auch dieser
Tumbler ähnelt stark
einem Bauknecht-Gerät –
nämlich dem TK Plus
72A Di. Die technischen
Daten, wie Fassungsver -
mögen, Energieverbrauch
und Energieeffizienzklasse,
sind auch hier identisch.
Und auch die grosse
Differenz beim Preis
bleibt: Als Adorina kostet
der Tumbler 2800 Franken,
als Bauknecht nur
992 Franken. Und siehe
da: Auch dieses Bauknecht-Gerät
gibt es in
der Schweiz nicht zu kaufen.
Darko Cetojevic
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