Der Schwinger und der Musiker über: - Bligg
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8 Das grosse Doppel-Interview<br />
Forrer packt <strong>Bligg</strong><br />
<strong>Der</strong> <strong>Schwinger</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Musiker</strong> über:<br />
• Pinkeln auf<br />
<strong>der</strong> Wiese<br />
• Ab<strong>der</strong>haldens Frau<br />
• Halbnackte<br />
in Zürich<br />
<strong>Der</strong> eine ist <strong>Schwinger</strong>könig, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gehört zum Adel <strong>der</strong><br />
helvetischen Musik-Szene: Nöldi Forrer (32) <strong>und</strong> <strong>Bligg</strong> (33). Das<br />
grosse Sonntagsblick-Interview beweist, dass die beiden noch<br />
mehr Gemeinsamkeiten haben als eine königliche Biografie.<br />
Von Marcel Perren,<br />
Aurelia Forrer (Text)<br />
<strong>und</strong> Kathi Bettels (Fotos)<br />
Nöldi, wie stehts um Ihre<br />
Qualitäten als Sänger?<br />
Nöldi Forrer: Vor zwanzig Jahren<br />
war meine Stimme immerhin gut<br />
genug, um im Kin<strong>der</strong>chor meiner<br />
Heimatgemeinde Stein für Furore<br />
zu sorgen…<br />
Und wie gut gefällt dem ehemaligen<br />
Steiner Sängerknaben <strong>der</strong><br />
<strong>Bligg</strong>-So<strong>und</strong>?<br />
Forrer: Ich mag seine Musik wirklich<br />
sehr gerne. Ich finde vor allem<br />
«Rosalie» absolut geil! Normalerweise<br />
muss ich einen Song ein<br />
paarmal hören, bis ich ihn mag.<br />
Aber Rosalie hat mir auf Anhieb<br />
gefallen.<br />
<strong>Bligg</strong>: Danke Nöldi, jetzt bist du<br />
mir echt sympathisch…<br />
Forrer: Mein Kompliment kommt<br />
wirklich von Herzen. Aber lass uns<br />
den Spiess mal umdrehen – wie gut<br />
kennst du dich im Schwingen<br />
aus?<br />
<strong>Bligg</strong>: In meiner Stifti als Sanitär-<br />
Installateur habe ich zwar mit zwei<br />
<strong>Schwinger</strong>n aus dem Glarnerland<br />
zusammen gearbeitet, die mir in<br />
<strong>der</strong> Znünipause mal gezeigt haben,<br />
wie ein Wyberhaken funktioniert.<br />
Und dann ist mir noch bekannt,<br />
dass <strong>der</strong> Forrer 2001 den <strong>Schwinger</strong>könig-Titel<br />
geholt hat. Ich habe<br />
mir sagen lassen, dass Forrer <strong>und</strong><br />
Ab<strong>der</strong>halden für den Schwingsport<br />
dasselbe bedeuten wie Stress <strong>und</strong><br />
<strong>Bligg</strong> für die Musikszene in <strong>der</strong><br />
Schweiz.<br />
Forrer: Wie gut verstehst du dich<br />
mit dem Stress?<br />
<strong>Bligg</strong>: Sehr gut. Und du mit dem<br />
Ab<strong>der</strong>halden?<br />
Forrer: Bis Jörg seine Andrea geheiratet<br />
hat, waren wir die allerbesten<br />
Fre<strong>und</strong>e. Aber dann…<br />
<strong>Bligg</strong>: Habt ihr etwa beide etwas<br />
mit dieser Frau gehabt?!<br />
Forrer: Nein, um Gottes Willen.<br />
Aber es ist doch normal, dass Jörg<br />
jetzt mehr Zeit mit seiner Familie<br />
als mit mir verbringen will.<br />
Noch einmal zurück zur Musik.<br />
Nöldi, wie wichtig ist für Sie<br />
Musik vor einem Wettkampf?<br />
Forrer: Extrem wichtig. Am Abend<br />
vor einem Schwingfest ziehe ich<br />
mir seit Jahren immer den gleichen<br />
Song rein. Wenn ich dieses Stück<br />
dreimal ganz laut gehört habe, bin<br />
ich richtig geladen für den Wettkampf.<br />
Und wie heisst <strong>der</strong> Power-Song?<br />
Forrer: Das wird mein Geheimnis<br />
bleiben.<br />
ENTSPANNT<br />
<strong>Schwinger</strong> Forrer <strong>und</strong> Sänger <strong>Bligg</strong><br />
feixen beim SonntagsBlick-Interview<br />
abseits von Sägemehl <strong>und</strong> Bühne.
SONNTAGSBLICK 22. August 2010 9<br />
«<br />
Das kommt<br />
bei dir im<br />
Toggenburg auch<br />
vor – dort heisst es<br />
einfach Fasnacht.»<br />
<br />
<strong>Bligg</strong><br />
<strong>Bligg</strong>: An deiner Stelle würde ich in<br />
Zukunft meine <strong>Schwinger</strong>hymne<br />
«Legändä <strong>und</strong> Heldä» hören…<br />
Forrer: Nein, ich werde diesbezüglich<br />
nichts än<strong>der</strong>n. Denn ich habe<br />
«meinen» Vorbereitungs-Song<br />
erstmals vor dem Eidgenössischen<br />
2001 gehört, danach bin ich<br />
<strong>Schwinger</strong>könig geworden. Dieses<br />
Lied ist für mich deshalb wie ein<br />
Glücksbringer – <strong>und</strong> wenn ich es<br />
höre, gehen mir sehr viele Bil<strong>der</strong><br />
durch den Kopf, die mir viel Kraft<br />
geben.<br />
<strong>Bligg</strong>: Ich kann das gut nachvollziehen.<br />
Ich lade mich vor einem<br />
Konzert ebenfalls mit lauter Musik<br />
auf. Aber nicht mit den eigenen<br />
Songs. Ich höre sehr oft rockige<br />
Nummern von Mando Diao. Unsere<br />
Shows haben ja auch einen<br />
rockigen Touch. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> schon<br />
einmal einen Gig von mir gesehen<br />
hat, weiss, dass unsere Live-<br />
Show wesentlich rockiger ist als<br />
die CDs. Live gehts bei uns fast so<br />
zu <strong>und</strong> her wie auf dem Schwingplatz.<br />
Kann man einen Gang im<br />
Schwingen wirklich mit einem<br />
Konzert vergleichen?<br />
<strong>Bligg</strong>: Egal, ob du im Sägemehl, im<br />
Boxring o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Konzertbühne<br />
stehst – im Endeffekt hat<br />
alles einen gewissen Wettkampfcharakter.<br />
gestellt<br />
König Nöldi zeigt <strong>Bligg</strong><br />
den <strong>Schwinger</strong>-Griff.<br />
Nöldi, welche Vorurteile haben<br />
Sie als «Landei» aus dem<br />
Toggenburg gegenüber dem<br />
Zürcher <strong>Bligg</strong>?<br />
Forrer: Ich bin schon <strong>der</strong> Meinung,<br />
dass auf dem Land alles noch ein<br />
bisschen anständiger zu <strong>und</strong> her<br />
geht. Vor allem dann, wenn ich<br />
sehe, wie viele halbnackte Menschen<br />
anlässlich <strong>der</strong> Street-Parade<br />
durch Zürich laufen…<br />
<strong>Bligg</strong>: Das kommt bei euch im Toggenburg<br />
auch vor, mit dem Unterschied,<br />
dass man das bei euch<br />
einfach Fasnacht nennt! Ich habe<br />
lange genug auf dem Land gelebt<br />
<strong>und</strong> weiss, dass die Leute auf dem<br />
Land in Wahrheit viel deftiger<br />
abgehen als die in <strong>der</strong> Stadt.<br />
Forrer: Vielleicht hast du sogar<br />
recht. Wie auch immer: Ich könnte<br />
mir auf jeden Fall nicht vorstellen,<br />
jemals in <strong>der</strong> Stadt zu leben. Ich<br />
brauche einfach meinen Freiraum.<br />
Ich will je<strong>der</strong>zeit die Möglichkeit<br />
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10 Das grosse Doppel-Interview<br />
Fortsetzung von Seite 9<br />
haben, ins Gras zu pinkeln, wenn<br />
ich keine Lust habe, auf die Toilette<br />
zu gehen…<br />
<strong>Bligg</strong>: Auch ich finde das Leben auf<br />
dem Land eigentlich viel schöner.<br />
Und wenn ich einmal eine Familie<br />
haben sollte, werde ich auch<br />
wie<strong>der</strong> aufs Land ziehen. Im<br />
Moment wohne ich in <strong>der</strong> Stadt,<br />
weil ich hier als Mensch, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit steht, mehr Anonymität<br />
geniesse.<br />
Forrer: Diese Anonymität geniesse<br />
ich im Toggenburg genau so. Mein<br />
Haus steht oberhalb des Dorfes<br />
Stein, wo ich keinen Menschen<br />
sehe, wenn ich meine Ruhe haben<br />
will. Die meiste Ruhe geniesse ich,<br />
wenn ich mich vor meinem Haus in<br />
den Jacuzzi setze <strong>und</strong> ins Dorf<br />
hinunter schauen kann.<br />
<strong>Bligg</strong>: Was, du hast ein Jacuzzi? Ich<br />
glaube, ich muss auch mit Schwingen<br />
anfangen, damit ich mir einen<br />
solchen Luxus leisten kann.<br />
Forrer: Lieber <strong>Bligg</strong>, von den paar<br />
Franken, die ich mit dem<br />
Schwingen verdiene,<br />
könnte ich mir keinen so<br />
schönen Ford Mustang<br />
leisten, wie du ihn hast.<br />
<strong>Bligg</strong>: Ich schlage dir Folgendes<br />
vor: Du kommst nach dem<br />
Eidgenössischen mal mit dem Zug<br />
zu mir nach Zürich. Von dort<br />
fahren wir mit meinem Mustang<br />
wie<strong>der</strong> zu dir ins Toggenburg <strong>und</strong><br />
machen es uns in deinem Jacuzzi<br />
gemütlich. Ist das ein Deal?<br />
Forrer: Das ist eine ausgezeichnete<br />
Idee.<br />
Ihr seid beide gestandene<br />
Mannsbil<strong>der</strong>.<br />
Was ist für euch ein richtiger<br />
Mann?<br />
<strong>Bligg</strong>: Ein richtiger Mann steht je<strong>der</strong>zeit<br />
zu seinem Wort, übernimmt<br />
Verantwortung <strong>und</strong> behandelt<br />
seine Frau wie eine Königin.<br />
«<br />
Ich könnte mir<br />
keinen so schönen<br />
Mustang leisten.» Nöldi Forrer<br />
Forrer: Leck doch mir, wenn ich<br />
hier raus laufe muss ich aufpassen,<br />
dass ich nicht auf deiner Schleimspur<br />
ausrutsche <strong>und</strong> auf die<br />
Schnauze fliege! Aber im ernst: Ein<br />
Mann, ein Wort – das ist auch mein<br />
wichtigster Leitsatz. Zudem<br />
muss ein Mann<br />
seiner Familie Sicherheit,<br />
den nötigen<br />
Rückhalt<br />
geben können.<br />
Abschlussfrage: Was bedeutet<br />
für euch die Schweiz?<br />
Forrer: Gr<strong>und</strong>sätzlich können wir<br />
extrem stolz auf unser Land sein.<br />
Die Schweiz ist etwas ganz Beson<strong>der</strong>es.<br />
Ansonsten würden nicht so<br />
viele Menschen in unser Land kommen.<br />
Lei<strong>der</strong> haben wir bei uns zu<br />
viele Gesetze <strong>und</strong> Verbote. Ich<br />
denke da vor allem an das Rauchverbot<br />
in öffentlichen Lokalen.<br />
Obwohl ich selber Nichtraucher<br />
bin, finde ich es bedenklich, dass<br />
ein 70-jähriges Papeli in seiner<br />
Stammbeiz nicht mehr sein Pfeifchen<br />
rauchen darf.<br />
<strong>Bligg</strong>: Die Schweiz ist für mich ein<br />
Paradies auf Erden! Die Vegetation<br />
<strong>und</strong> das Klima ist super, die geografische<br />
Lage ist top, zudem ist die<br />
Schweiz ein bunt zusammengewürfelter<br />
Haufen aus vielen<br />
Kulturen. Den echten Schweizer<br />
gibt es ja eigentlich gar nicht.<br />
Irgendwo hat je<strong>der</strong> von uns in seinem<br />
Stammbaum Familienangehörige<br />
aus einem Nachbarland.<br />
Forrer: Gahts no, ich bin ein Ur-Toggenburger!<br />
<strong>Bligg</strong>: Wie auch immer, ich bin auf<br />
jeden Fall davon überzeugt, dass<br />
die kulturelle Vielfalt unser Land<br />
ganz enorm bereichert. Nöldi <strong>und</strong><br />
ich tragen beide zur Pflege von<br />
Traditionen bei: Er durch das<br />
Ausüben einer traditionellen<br />
Sportart,<br />
ich mit meiner<br />
M<strong>und</strong>artmusik.<br />
•<br />
stilsicher<br />
Nöldi gibt auch im<br />
Studio eine prima<br />
Figur ab – <strong>Bligg</strong><br />
zelebrierte seinen<br />
Hit Rosalie mit<br />
dem <strong>Schwinger</strong>könig.