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COLUMpodium 01-2005.pdf - Stiftung Columban

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Aus den Werkstätten<br />

Huflattich (tussilago farfara)<br />

Man nennt ihn auch Fohlenkraut<br />

oder Eselskraut. Da die Blüten vor<br />

den Blättern kommen, sagt man<br />

auch: “ Es erscheint der Sohn vor<br />

dem Vater.”<br />

Huflattich wächst an Bachufern, an<br />

Böschungen, Eisenbahndämmen,<br />

auf Schuttplätzen, an Acker- und<br />

Waldrändern.<br />

Verwendet werden die Blätter (Mai,<br />

Juni) und die Blütenköpfe (Februar,<br />

März), wenn sie sich ganz entfaltet<br />

haben.<br />

Die Blüten schmecken süsslich,<br />

etwas herb (und riechen nach<br />

Honig), die Blätter sind leicht bitter.<br />

Der Huflattich ist die erste Heilpflanze<br />

im Frühling! Sie wirkt entzündungshemmend,<br />

blutreinigend<br />

und ist vitaminreich. Ein Tee aus den<br />

Blättern ist ein altes Hausmittel<br />

gegen Husten. Früher bereitete man<br />

aus dem Huflattich gern ein Gemüse<br />

für blutarme Kinder.<br />

Zwei Tage haben die Betreuten aus der Kräuterwerkstatt morgens<br />

und nachmittags Huflattichblüten an Berghängen und Schutthalden<br />

gesammelt. Wir sind in einsame Gegenden des Urnäscher Berggebietes<br />

gewandert. Nachfolgendes Märchen erklärt Euch warum:<br />

Der Huflattich aus Kräutermärchen von Folke Tegetthoff<br />

Der für Kräuter zuständige Engel, Herbario, sass in seinem<br />

Wolkenlabor und kramte zwischen Blättern, Blüten und Samen. Heute<br />

morgen war er mit einem schrecklichen Husten aufgewacht. Einem<br />

Husten, der ganz hinten sitzt und sein Vergnügen darin findet, den Hals<br />

zu kitzeln. In seinem Ärger fand Herbario aber nicht gleich die richtige<br />

Pflanze, roch da, kostete dort, aber nichts wollte den Husten beruhigen.<br />

„Wird Zeit, dass der Frühling kommt, damit ich wieder Ordnung hier<br />

herein bekomme“, brummte der Engel.<br />

Die Samen probten schon ihren Auftritt, einzelne Blätter hatten sich<br />

schon ein Blüten-Make-up aufgelegt. Aber nichts fand sich gegen<br />

diesen gemeinen Husten! Im hintersten Winkel entdeckte der Engel<br />

einen Topf mit herrlich goldgelben Blüten. „Wer seid Ihr denn?“ fragte<br />

er und griff nach dem Behälter. Da geschah das Unglück! Ein Unglück,<br />

das dem Kräuterengel Herbario in seiner tausendjährigen Dienstzeit<br />

noch nie passiert war: Irgendwie rutschte der Topf aus seiner Hand, fiel<br />

von der Wolke, und unendlich viele kleine, gelbe Blüten regneten auf<br />

die Erde. „Um Himmels willen!“ schrei Herbario entsetzt auf. „Und das<br />

im Februar!“<br />

Die Sonne hatte in das weisse Leintuch des Winters schon viele grüne<br />

Flecken gemalt. An so einem Sonnentag durfte das Fohlen zum<br />

erstenmal allein auf die Weide. Nachdem es den wilden Galopp<br />

ausprobiert, sich auf der weichen, schon warmen Erde gewälzt hatte,<br />

legte es sich hin, um ein bisschen zu verschnaufen. Plötzlich glaubte es<br />

zu träumen: Es regnete kleine Sonnen! Und es hörte gar nicht mehr auf.<br />

Immer mehr Blüten fielen vom Himmel wie gelber Schnee!<br />

In kindlicher Angst meinte das Fohlen, es wäre zu wild gewesen und<br />

hätte die Sonne gestört, die nach ihrer langen Winterruhe ja noch ganz<br />

schläfrig war. Also begann es hastig, alle Blüten aufzufressen! Frass,<br />

frass, bis es ganz dick war und sich kaum noch rühren konnte. Am<br />

nächsten Tag hatte das Fohlen die ganze grüne Weide gelb gedüngt...<br />

Oben, auf seiner Wolke, lag Herbario und sah durch sein Fernglas,<br />

was für eine Bescherung er mit Hilfe des jungen Pferdes auf der Erde<br />

angerichtet hatte. „Gelbe Blüten im Februar!“ stöhnte er. „Wenn das<br />

Gott erfährt, na dann Prost!“ Nun war ja nichts mehr dagegen zu<br />

machen. Da erst entdeckte Herbario, dass dort auf der Weide ja Blüten<br />

ohne Blätter blühten. „Auch das noch“, rief er und schlug sich auf die<br />

engelische Stirn. Schnell suchte er nach geeigneten Blättern, aber alle<br />

Formen waren schon an andere Pflanzen vergeben. In seiner<br />

Verzweiflung und in der Hoffnung auf ein Wunder leerte er einfach den<br />

Topf mit der Aufschrift „Blattgrün“ auf die Erde.<br />

„Wahrscheinlich bin ich meinen Job sowieso los!“ murmelte er und<br />

legte sich hinters Fernrohr, um zu beobachten, was nun passierte.<br />

Das Fohlen lag auf der gelbgesprenkelten Wiese und getraute sich<br />

kaum noch, eine Bewegung zu machen. Es dachte immer noch, es sei<br />

seine Schuld gewesen, dass die kleinen Sonnen auf die Weide gefallen<br />

waren und jetzt alles voller gelber Blütentupfen war. So kann man sich<br />

vorstellen, wie das Fohlen in Panik geriet, als plötzlich auch noch ein<br />

grüner Regen auf sein Fell herabprasselte!<br />

6 <strong>COLUMpodium</strong> / Frühjahr 2005

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