BUNSENMAGAZIN - Deutsche Bunsengesellschaft für ...
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DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
temtechnik und die da<strong>für</strong> notwendigen Methoden stellen einen<br />
breiten Arbeitsbereich dar. Das Verständnis <strong>für</strong> Vorgänge in<br />
Materialien <strong>für</strong> elektrochemische Energietechnologien gewinnt<br />
derzeit angesichts der sich verschärfenden Energiediskussion<br />
erneut und schnell an Bedeutung. Faszinierend ist die Frage,<br />
ob elektrochemische Mechanismen erfolgreich in der Informationsspeicherung<br />
eingesetzt werden können, die bisher<br />
weitestgehend allein auf physikalischen Effekten beruhte. Unverändert<br />
spielt die Katalyse und die damit verknüpfte Oberfl ächenchemie<br />
oder „Surface Science“ eine starke Rolle.<br />
Die Plenarvorträge auf der Hauptversammlung in Köln bilden<br />
drei besonders dynamische Arbeitsgebiete der physikalischchemischen<br />
Materialforschung ab: Joachim Maier (Stuttgart)<br />
vertritt die Festkörperionik als Grundlage <strong>für</strong> festkörperelektrochemische<br />
Entwicklungen, Clement Sanchez (Paris) vertritt<br />
das rasch wachsende Gebiet der organisch/anorganischen<br />
Hybridmaterialien und Harry L. Tuller (Cambridge, USA) ist ein<br />
Experte auf dem Gebiet keramischer Funktionsmaterialien.<br />
In den Fortschrittsberichten berichtet Klaus Funke über die<br />
Grundlagen der atomaren Bewegung in ungeordneten Systemen,<br />
Klaus-Dieter Kreuer über neue Materialien und Prozesse<br />
in Polymermembranen, Hans-Dieter Wiemhöfer über die elektronischen<br />
Transporteigenschaften fester Elektrolyte, Monika<br />
Backhaus-Ricoult über Reaktionen an Elektroden in Hochtemperaturbrennstoffzellen<br />
und Hans-Joachim Freund über die<br />
Struktur und Reaktivität von Oberfl ächen auf der Nanometerskala.<br />
Timo Jacob wird über die Simulation von Festkörpern<br />
auf verschiedenen Skalen berichten.<br />
In den nachfolgenden Abschnitten sind einige Themen der<br />
physikalisch-chemischen Materialforschung anhand aktueller<br />
Beispiele illustriert. Die Einteilung orientiert sich in Abschnitt<br />
2 an den beiden physikalisch-chemischen Kernaufgaben: Modellbildung<br />
(mit den dazu gehörenden systematischen Messungen)<br />
und Methodenentwicklung – sei sie experimenteller<br />
oder theoretischer Natur.<br />
2.1. KONZEPTE UND MODELLE<br />
Aus den zahlreichen Beispielen greifen wir willkürlich zwei<br />
heraus, die stellvertretend <strong>für</strong> andere stehen. Beginnen wir<br />
mit dem Konzept der elektrochemischen Doppelschicht und<br />
seiner Bedeutung [1]. Ausgehend vom einfachen Bild einer<br />
starren Doppelschicht an den Grenzfl ächen von Systemen mit<br />
mobilen Ladungsträgern hat sich unsere Vorstellung der Struktur<br />
und der Eigenschaften von Doppelschichten kontinuierlich<br />
weiter entwickelt. In den 1950er Jahren wurde das Konzept<br />
der Doppelschicht erstmals auf Ionenkristalle übertragen [2],<br />
und in den 1980er Jahren begannen Joachim Maier [3] und<br />
andere Physikochemiker damit, auf der Basis des Doppelschichtmodells<br />
die Leitfähigkeit von Randschichten in festen<br />
Ionenleitern zu deuten (Abb. 1). Ausgehend von diesen Pionierarbeiten<br />
haben sich heute eine Reihe von span nenden Problemen<br />
und Arbeitsgebieten ergeben, die sich oft immer wieder<br />
auf die grundlegende Frage nach der Struktur elektrisch geladener<br />
Grenzfl ächen oder grenz fl ächennaher Regionen reduzieren<br />
lassen (Abb. 2). Das Gebiet ist auch <strong>für</strong> Über raschungen<br />
gut: So berichten Garcia-Bariocanal et al. 2008 von dünnen<br />
Festelektrolytschichten (1 nm dünne Schichten aus yttrium-<br />
ASPEKTE<br />
stabilisiertem ZrO 2 zwischen isolierenden SrTiO 3 -Schichten),<br />
die eine um acht Größenordnungen höhere Leitfähigkeit als<br />
das gleiche Material in kompakter Form haben sollen – den<br />
Autoren nach in Form einer „colossal interfacial conductivity“,<br />
verursacht durch eine mechanische Verspannung der Elektrolytschicht<br />
[4]. Korte et al. [5] untersuchen ähnliche Filme<br />
und fi nden ähnlich ausgeprägte Effekte nicht (Abb. 3 und 4).<br />
Welche Ergebnisse Bestand haben und ob sich eventuell eine<br />
erhöhte elektronische Leitfähigkeit in den Daten widerspiegelt<br />
- dies gehört zu den aktuell besonders spannenden Fragen der<br />
physikalisch-chemischen Materialforschung.<br />
Abb. 1: Die Thermodynamik von Grenzflächen und die Beschreibung von<br />
Punktdefektgleichgewichten an Grenzflächen ist die Grundlage des Verständnisses<br />
von randschichtdominierten Ionenleitern. Dargestellt sind links<br />
die elektrochemischen Potentiale elektronischer und ionischer Ladungsträger<br />
an einer Grenzfläche, rechts sind die resultierenden Konzentrationsprofile<br />
von Defekten dargestellt (Bild bereit gestellt von J. Maier, Stuttgart).<br />
Abb. 2: Veranschaulichung des Einflusses von Raumladungszonen mit einer<br />
Debye-Länge λ auf die Leitfähigkeit von Ionen leitenden Schichten verschiedener<br />
Dicke L – Der Übergang zu vollständig Grenzflächenkontrollierten<br />
Phasen (von oben nach unten) kann nicht mehr allein durch das klassische<br />
Randschichtbild beschrieben werden; es entstehen Phasen mit gänzlich anderen<br />
Eigenschaften (Bild bereit gestellt von J. Maier, Stuttgart).<br />
Sicher eines der fruchtbarsten und in der Materialforschung<br />
einfl ussreichsten Konzepte der Physikalischen Festkörperchemie<br />
ist die „Theorie der geordneten Mischphasen“, die in den<br />
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