BUNSENMAGAZIN - Deutsche Bunsengesellschaft für ...
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DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
muss man bereit sein, diese Instrumente auch wirklich verlässlich<br />
und transparent anzuwenden. Fördern und Fordern heißt<br />
die Devise.<br />
WEITERBILDUNGEN ZUM THEMA<br />
„WISSENSCHAFTSMANAGEMENT“<br />
Zunächst ein Mal: Es ist nie zu spät, sich mit diesem Thema<br />
auseinanderzusetzen, solange man bereit ist, sich darauf einzulassen!<br />
Auch arrivierte Wissenschaftler können von Methoden<br />
des Wissenschaftsmanagements profi tieren. Auch wenn<br />
eine solche Fortbildung unserer Meinung nach nicht zwingend<br />
vorgeschrieben werden sollte, kann sie doch gerade <strong>für</strong> Nachwuchswissenschaftler<br />
zu Beginn der Habilitation oder einer Juniorprofessur<br />
wichtige Anregungen <strong>für</strong> den effi zienten Aufbau<br />
einer eigenen Arbeitsgruppe geben.<br />
Entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen werden bereits von<br />
verschiedenen – meist größeren – Forschungseinrichtungen<br />
angeboten. Für kleinere Einrichtungen gibt es auch Alternativen<br />
z.B. die Einstiegsseminare vom <strong>Deutsche</strong>n Hochschullehrerverband<br />
(DHV). Hauptziel dieser Kurse ist das Erkennen der<br />
Wirkung eingeschliffener Verhaltensmuster sowie (im Bedarfsfall)<br />
die Umstellung der Letzteren. Dies kann mühsam und zeitaufwändig<br />
sein – der von einem Autor belegte Fortbildungskurs<br />
beim „Zentrum <strong>für</strong> Wissenschaftsmanagement“ bestand z.B.<br />
aus sechs dreitägigen Veranstaltungen. Von derartigen Kursen<br />
profi tieren kann nur, wer bereit ist, Kritik zu akzeptieren und<br />
neuen Ideen aufgeschlossen gegenübersteht – ansonsten ist<br />
es verlorene Zeit.<br />
Thematisiert und eingeübt werden dabei unter anderem Führungsmaßnahmen<br />
wie Mitarbeiterbesprechungen, Umgang mit<br />
„Problemfällen“, Delegieren von Arbeiten, etc. Die erarbeiteten<br />
Lösungen sind oft verblüffend einfach und einsichtig – aber die<br />
Erfahrung zeigt, dass die Umsetzung häufi g Probleme macht.<br />
So ist es z.B. günstig, bei Ideen-Findungs-Sitzungen gezielt Mitarbeiter<br />
zu Wort kommen lassen und als Arbeitsgruppenleiter<br />
nicht schon während der Diskussion mögliche Lösungswege<br />
selbst zu skizzieren. Tut man dies, ermutigt man die Mitarbeiter<br />
nicht zum eigenen Nachdenken und unterbindet letztlich Innovationen<br />
und Kreativität. Ein weiterer verblüffend wirksamer<br />
Trick ist es, klar darauf hinzuweisen dass neue Vorschläge<br />
nicht in einem Automatismus auch vom vorschlagenden Mitarbeiter<br />
umgesetzt werden müssen – so werden dann auch<br />
Vorschläge gemacht, deren Umsetzung „Arbeit“ macht.<br />
Wichtiger Bestandteil einer Basisausbildung im Wissenschaftsmanagement<br />
ist stets auch die Art und Weise, wie Mitarbeiter<br />
rekrutiert werden. Wir weisen jetzt dem ersten Einstellungsgespräch<br />
mehr Bedeutung zu und fragen auch verstärkt die<br />
Erwartungen des neuen Mitarbeiters ab. Diese Maßnahmen<br />
sollen spätere Missverständnisse verhindern.<br />
WISSENSCHAFTLER ALS TEIL DES ESTABLISHMENTS<br />
„Wissenschaftsmanagement“ klingt auch nach Übertragung<br />
betriebswirtschaftlichen Denkens auf wissenschaftliche Strukturen.<br />
Klar ist, dass unter dem Druck der verknappenden Finanzen<br />
die Effi zienz als Kriterium immer wichtiger wird. Bei der<br />
leistungsbezogenen Vergütung innerhalb der W-Besoldung sowie<br />
der Angestelltenvergütung sollten dabei transparente Leistungskriterien<br />
(z.B. der Hirsch-Index oder die Publikationszahl)<br />
angewendet werden. 2 Diese Kriterien müssen allerdings sehr<br />
sorgfältig ausgewählt werden – You’ll get what you measure.<br />
An der fachspezifi schen Anpassung dieser Leistungskriterien<br />
AKTUELLES<br />
sollten wir konstruktiv mitarbeiten – andernfalls besteht die<br />
Gefahr, dass uns diese Kriterien von den fachfremden Verwaltungen<br />
unrefl ektiert diktiert werden. Idealerweise übernehmen<br />
das hauptberufl iche Wissenschaftsmanager mit einer profunden<br />
Wissenschaftserfahrung.<br />
Zuletzt wollen wir noch einen wesentlichen Aspekt diskutieren:<br />
Es ist wichtig, dass aktive Wissenschaftler nicht zu reinen<br />
Managern „mutieren“. An vielen Hochschulen ufert das Management<br />
bei der Organisation des Lehrbetriebes und der<br />
Umsetzung immer neuer starrer Verwaltungsvorschriften aus:<br />
Lehrerhebungen, Akkreditierungen, die „Zwangsverschulung“<br />
des Lehrbetriebes und der Prüfungen und ähnliches lenken<br />
von den Kernaufgaben eines Wissenschaftlers ab – das sind<br />
und bleiben Forschung und Lehre! Wissenschaftsfremde Arbeiten<br />
belasten dabei besonders die „jungen“ Arbeitsgruppen,<br />
die nur einen kleinen Mitarbeiterstamm (kein Rat, keine Büroassistenz)<br />
haben.<br />
Deshalb darf das Uni-Management nicht weiter auf Kosten des<br />
wissenschaftlichen Mittelbaus wachsen! Darüber hinaus muss<br />
klar sein, dass das Wissenschaftsmanagement eine Dienstleistung<br />
und kein Selbstzweck ist – und dies bedeutet, dass<br />
sowohl die Verwaltungen als auch die von ihnen erlassenen<br />
Vorschriften selbst an hand von Leistungskriterien beurteilt<br />
und ggf. wieder auf ein „vernünftiges“ Maß zurückgekürzt<br />
werden müssen. In diesem Sinne ist die Arbeit eines Wissenschaftsmanagers<br />
ungeeignet <strong>für</strong> Personen, die sich in den Vordergrund<br />
spielen wollen. Zugleich ist sie aber ausgesprochen<br />
anspruchsvoll und wichtig (wie z.B. in der Funktion eines Fundraisers).<br />
Eine gute Verwaltung hält den Wissenschaftlern den<br />
Rücken frei und arbeitet unauffällig – wie die Heinzelmännchen.<br />
Sie ist das Öl und nicht der Sand im Getriebe!<br />
FAZIT<br />
Natürlich sind der unternehmerischen Denkweise Grenzen gesetzt<br />
und wir sollten uns als Wissenschaftler vehement da<strong>für</strong><br />
einsetzen, dass dieses Denken in den Hochschulen nicht überhand<br />
nimmt. Allein die Tatsache, dass Universitätsleitungen oft<br />
ihr Hauptaugenmerk auf die Drittmittelaktivität von Bewerbern<br />
lenken, zeigt unserer Meinung nach Fehlentwicklungen an. Im<br />
Sinne der Diversifi zierung der Universitäten könnte man sich<br />
nämlich auch Universitäten vorstellen, die sich dem verweigern<br />
und sich wirklich nur mit Grundlagenforschung beschäftigen:<br />
Th. Heinze zeigte kürzlich am Beispiel des Bereichs „Nanotechnologie“,<br />
dass nicht dort, wo am meisten Geld hinfl ießt, auch<br />
notwendigerweise die Kreativität <strong>für</strong> wissenschaftliche Höchstleistungen<br />
gefördert wird 3 . Hier müssen wir konstruktiv daran<br />
arbeiten, dass sich die Universitäten auf ihr Kerngeschäft besinnen<br />
– dieses aktive Gestalten ist ebenfalls Teil des Wissenschaftsmanagements.<br />
Dies gelingt nur, wenn wir die Sprache<br />
der Verwaltungen sprechen und ihre Anliegen verstehen, und<br />
auch deswegen vertreten wir hier die These, dass eine Basis-<br />
Ausbildung in Wissenschaftsmanagement <strong>für</strong> den zukünftigen<br />
wissenschaftlichen Nachwuchs unabdingbar ist.<br />
2 Vgl. dazu den Artikel von Thomas Zeuch und Harry Hoster im Bunsenmagazin<br />
(2008), Jg. 10, H. 5, S. 188 – 189.<br />
3 Th. Heinze, Förderliche Kontextbedingungen <strong>für</strong> kreative Forschung.<br />
Ergebnisse einer empirischen Studie, Hochschulmanagement 3, 8-12<br />
(2008)<br />
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