BUNSENMAGAZIN - Deutsche Bunsengesellschaft für ...
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ASPEKTE<br />
simulation die Wechselwirkung zwischen<br />
den Atomen oder Ionen durch<br />
empirische Potentiale beschrieben<br />
wird. Diese teilchenbasierten Simulationen<br />
können mit Modellen<br />
verschiedener Aufl ösung erfolgen<br />
– die se reichen von atomistischen<br />
(jedes Atom wird im Computer abgebildet)<br />
bis hin zu unterschiedlich<br />
vergröberten Modellen (einige<br />
wenige bis hin zu einigen Dutzend<br />
Atome werden zu so genannten<br />
Superatomen zusammengefasst).<br />
Mit atomistischen Verfahren werden<br />
dann beispielsweise Fragen<br />
zur Diffusion oder allgemein zum<br />
Transport von Teilchen untersucht,<br />
während vergröberte Methoden vor<br />
allem bei weichen Materialien Fragen<br />
der globalen Struktur, Morphologie<br />
oder Rheologie beantworten.<br />
Geht man noch einen Schritt weiter<br />
und fragt nach der Funktionsweise<br />
von Bauteilen, so muss man bei<br />
der Simulation die Welt der konkreten Annahmen über Elektronen<br />
und Atome verlassen. Simulationen erfolgen dann auf<br />
der Basis der klassischen Elektrodynamik oder mechanischen<br />
Kontinuumstheorie und es werden makroskopische Materialeigenschaften<br />
als Parameter eingesetzt. Auf der Bunsentagung<br />
werden eine Reihe von Arbeiten vorgestellt, die diese Simulationstechniken<br />
einsetzen.<br />
2.4. ANWENDUNGEN UND NEUE ENTWICKLUNGEN<br />
Neben den grundlegenden Konzepten und deren Überprüfung<br />
ist die Entwicklung neuer technischer Anwendungen immer<br />
eine starke Triebkraft <strong>für</strong> die Physikalische Festkörperchemie<br />
gewesen. Dies gilt <strong>für</strong> alle Arbeitsbereiche, und ist gegenwärtig<br />
besonders sichtbar im Bereich der Materialforschung <strong>für</strong><br />
Energietechnologien. Starke Impulse gehen derzeit von einer<br />
ganzen Reihe von Zukunftstechnologien aus: Die Entwicklung<br />
anorganischer, keramischer Membranen <strong>für</strong> die Umsetzung<br />
von Erdgas zu Synthesegas ist eines dieser Themen, das die<br />
Erforschung der Transporteigenschaften und der Stabilität<br />
von gemischt leitenden Oxiden treibt. Die Entwicklung von organischen<br />
Materialien <strong>für</strong> den Einsatz in klassischen Halbleitertechnologien<br />
(Speicher, Leuchtdioden, etc.) ist ein weiteres<br />
Thema, das sich rasant entwickelt und sicher noch eine ganze<br />
Reihe von Erfolgen zeigen wird.<br />
Die Entwicklung von neuen Hochleistungsbatterien auf der Basis<br />
von Lithium als Anodenkomponente hat durch die jüngsten<br />
Energieprobleme und den Kampf um die Weiterentwicklung<br />
der Automobilindustrie eine rasante Fahrt angenommen, und<br />
wir können hier sicher von einem Wettlauf um größere Energie-<br />
und Leistungsdichten, um Langzeitstabilität und Sicherheit<br />
sprechen. Zahlreiche deutsche Arbeitsgruppen sind an großen<br />
vernetzten Forschungsprojekten beteiligt, die neue und verbesserte<br />
Materialien zum Ziel haben. Aus physikalisch-chemischer<br />
Sicht drehen sich die besonders spannenden Fragen um Me-<br />
56<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 11. JAHRGANG · 2/2009<br />
Abb. 8: (links) Organische Leuchtdioden-Arrays auf der Basis organischer Materialien (Bild bereit gestellt von<br />
K. Meerholz, Köln).<br />
thoden zur in situ-Charakterisierung, zur Grenzfl ächenkinetik,<br />
aber auch um die Modellierung der Prozesse bei Be- und Entladung<br />
auf allen Skalen.<br />
Eine Entwicklung, die bisher eher unbemerkt, an der Grenze<br />
zur Informationstechnologie abläuft, betrifft die Arbeit an neuartigen<br />
elektrochemischen bzw. redox-basierten Informationsspeichern.<br />
Ausgehend von japanischen Pionierarbeiten wird<br />
untersucht, ob das Wachstum von nanoskaligen Leitungsfi lamenten<br />
in Ionenleitern oder von lokalisierten Leitungspfaden in<br />
Übergangsmetalloxiden in hochintegrierter Form als Mechanismus<br />
<strong>für</strong> die Informationsspeicherung verwendet werden kann.<br />
Neben diesen aktuellen Entwicklungen gibt es natürlich kontinuierliche<br />
Fortschritte in der Sensorik, der Brennstoffzelltechnologie<br />
und der Katalyse – aber auch auf vielen anderen<br />
Gebieten. Auch hier wird die Bunsentagung Aufschluss über<br />
jüngste Entwicklungen bieten.<br />
3. FESTKÖRPERREAKTIONEN: VON MAKRO ZU NANO<br />
Reaktionen fester Stoffe sind naturgemäß immer ein zentrales<br />
Thema der Physikalischen Festkörperchemie. In ihnen<br />
wird der Leitgedanke der Chemie – die gewollte oder ungewollte<br />
stoffl iche Veränderung in Folge innerer oder äußerer<br />
Triebkräfte – besonders sichtbar. Während in der Frühphase<br />
der Untersuchungen von Festkörperrektionen bis in die<br />
1970er Jahre die Aufklärung grundlegender Mechanismen<br />
von klassischen Volumenreaktionen mit phänomenologischen<br />
Methoden im Mittelpunkt standen, führte die Nutzung<br />
der Transmissions elektronenmikroskopie dazu, in der<br />
Folgezeit vor allem die mikroskopischen Mechanismen dieser<br />
Reaktionen aufzuklären. Seit den 1990er Jahren spielen<br />
Reaktionen nanoskaliger Systeme einerseits und Prozesse in<br />
komplexen Mehrkomponenten- und Mehrphasensystemen<br />
eine immer wichtigere Rolle – oft mit einer Fokussierung auf<br />
Grenzfl ächenreaktionen [9].