Ausgabe 2/2002 - TRIKON
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Mehr wissen kann helfen,<br />
auch mehr zu verstehen<br />
An der Fachhochschulabteilung Recklinghausen beleuchtete eine dreiteilige Vortragsreihe mit anschließenden<br />
Diskussionen die Religion des Islams. Ein christlicher Theologieprofessor, ein islamischer Hodscha und ein jüdischer<br />
Rabbiner erläuterten den Islam aus der jeweils eigenen Sicht.<br />
30<br />
(BL) Für ein respektvolles Miteinander<br />
aufbauend auf solidem Wissen<br />
plädierte eine Vortragsreihe, die auf<br />
Initiative des kirchlichen Dienstes an<br />
der Fachhochschule Gelsenkirchen<br />
und ihrer Abteilung von April bis Mai<br />
in der Recklinghäuser Hochschulabteilung<br />
stattfand. In drei Teilen stellten<br />
ein christlicher Theologieprofessor, ein<br />
Aydin Ören und Ersoy Sam (oben: links und rechts) erläuterten den Islam<br />
aus der eigenen, islamischen Sicht. Aus der christlichen beziehungsweise<br />
aus der jüdischen Sicht beleuchteten ihn Prof. Dr. Ulrich Schoen (unten<br />
links) und Dr. Henry Brandt.<br />
Fotos: FHG/BL<br />
islamischer Hodscha und ein jüdischer<br />
Rabbiner die Religion des Islams aus<br />
der jeweils eigenen Glaubensperspektive<br />
dar und stellten sich anschließend<br />
der Diskussion mit den Zuhörern. Zu<br />
allen drei Vorträgen hatte die Hochschule<br />
neben ihren Studierenden und<br />
Lehrenden auch ausdrücklich die Bürger<br />
und Bürgerinnen der Hochschulregion<br />
eingeladen, um auf diesem<br />
Weg abseits des Fachangebotes der<br />
Hochschule den Dialog über aktuelle<br />
Zeitfragen mit der Öffentlichkeit zu<br />
pflegen.<br />
Den Anfang machte Ende Januar<br />
vor rund 50 Zuhörern aus Hochschule<br />
und Bürgerschaft Prof. Dr. Ulrich Schoen<br />
aus der Sicht eines evangelischen<br />
Theologen, Religionswissenschaftlers<br />
und Naturwissenschaftlers. Ihm lagen<br />
vor allem die Gemeinsamkeiten<br />
zwischen Muslimen und Christen<br />
am Herzen, die er anhand von sechs<br />
Glaubenssätzen analysierte und zu<br />
denen er einen einzigen, im Jenseits<br />
vermuteten Gott zählte, der sich über<br />
Boten (Engel), Bücher (Sendschriften)<br />
und Propheten wie Moses, Jesus und<br />
Mohammed an die Menschen wendet,<br />
denen er eine Bestimmung als<br />
Schicksal oder Rat mit auf den Lebensweg<br />
gibt und denen er ein jenseitiges<br />
Leben verheißt. Aus der theologischen<br />
Auslegung gemeinsamer Probleme<br />
jedoch entstünden Unterschiede<br />
zwischen den gelebten Religionen,<br />
so Schoen: Während die Christen<br />
sich beispielsweise mehrheitlich für<br />
die Freiheit der Wahl für oder gegen<br />
Gott aussprächen, ergäben sich Mohammedaner<br />
eher in ein für sie von<br />
Gott bestimmtes Schicksal. Die Frage<br />
nach der unterschiedlichen Rolle der<br />
Frau in den Religionen akzeptierte er<br />
so jedoch nicht: Da sowohl Islam als<br />
auch Christentum und jüdische Religion<br />
aus patriarchalischen Gesellschaften<br />
stammen, sei die Realisierung<br />
von Gleichberechtigung unter den<br />
Geschlechtern eine Aufgabe, die sich<br />
allen drei Religionen stelle. Am Ende<br />
zeigte sich das Thema (natürlich) als<br />
zu mächtig, um an einem einzigen<br />
Nachmittag Klarheit in die Positionen<br />
von theologischer Lehre, Volksglauben<br />
und persönlicher Überzeugung<br />
zu bringen. Geblieben ist: In der Theorie,<br />
so Schoen, haben Christentum<br />
und Islam viel Gemeinsames, in der<br />
Praxis aber führe mangelnde Toleranz<br />
zur Betonung der Unterschiede in der<br />
<strong>TRIKON</strong> 2/02 - Juni <strong>2002</strong>