Magazin Ausgabe 02-2002 - Funwithmusic
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Grateful Dead: Die Warner Brothers-Ära<br />
Die Straße zum Erfolg<br />
Während ihrer Zeit bei Warner Brothers mutierten<br />
The Grateful Dead von Hippies zu Rockstars.<br />
Gerade, wenn sich eine kulturelle Bewegung<br />
ganz bewusst als Gegensatz zur existierenden<br />
Gesellschaft stilisiert, ist es ein Problem,<br />
sich verkaufen zu müssen, um mit<br />
seinen Inhalten die Menschen, die sie betreffen,<br />
erreichen zu können. Diese Diskrepanz<br />
erlebten eigentlich alle erfolgreichen<br />
Gruppen, die sich aus der großen Zeit der<br />
Hippies im San Francisco der mittleren 60er<br />
Jahre heraus entwickelten, im besonderen<br />
aber die, die sich explizit politisch engagierten,<br />
wie Jefferson Airplane oder etwa Country<br />
Joe & The Fish. Bei Grateful Dead stellte<br />
sich der Sachverhalt etwas anders dar:<br />
Zwar hatten sie sich nie politisch betätigt,<br />
ihr Lebensstil aber negierte alles, was in der<br />
US-Gesellschaft der damaligen Zeit als gegeben<br />
vorausgesetzt wurde. Und dennoch<br />
landete das Sextett bei einer Firma, die geradezu<br />
als Inbegriff für das Establishment<br />
in der Film- und Musikbranche herhalten<br />
Die Box<br />
konnte: Warner Brothers. Die 12 CD-Box<br />
The Golden Road (Warner Brothers/WSM<br />
8122-74401-2) stellt das gesamte Material<br />
vor, das die Oberhippies um Jerry Garcia<br />
während ihrer Zeit auf dem Label einspielten.<br />
Und das umfängt ihre eher kruden Anfänge<br />
als wild improvisierende, vom Folk<br />
beeinflusste Band, bis zur sowohl musikalisch<br />
als auch kommerziell exquisiten Metamorphose<br />
zu Countryrockern auf Drogen,<br />
die ihre Warner Brothers-Zeit beendete. Das<br />
Das Booklet<br />
ist jedoch nur eine ungenügende Angabe des<br />
Inhalts der Box, die alle Fans eigentlich voll<br />
zufriedenstellen sollte, wobei der Aspekt,<br />
daß man erstmals die Entwicklung verfolgen<br />
kann, die die Band von 1965-73 durchlief,<br />
gar nicht so wichtig ist, obwohl er natürlich<br />
zur Beurteilung unverzichtbar dazugehört.<br />
Nein, der eigentliche Knackpunkt ist<br />
die fast überwältigende Fülle an bislang auf<br />
offiziell veröffentlichten Platten nicht zu habendem<br />
Material, das vom ersten Doppelpack<br />
Birth Of The Dead, der die gesamten<br />
Oldie Markt <strong>02</strong>/<strong>02</strong><br />
Aufnahmen vor Warner Brothers enthält,bis<br />
zu den jeder Originalplatte zugeordneten<br />
Bonustracks, die sich aus Studio- und Live-<br />
titeln der jeweiligen Phase zusammensetzten,<br />
reicht. Und das lässt einen beinahe schizophrenen<br />
Blick auf ihre Karriere zu. Speziell<br />
bei den ersten Platten, als die Studiosongs<br />
in einem krassen Kontrast zu dem<br />
standen, was man auf der Bühne bot, unterstreichen<br />
die im Konzert eingespielten Stükke<br />
die Kontinuität der Entwicklung, die<br />
beim Studiomaterial der frühen LPs fehlt,<br />
die vor allem eine Formation zeigen, die<br />
ihren Stil noch nicht gefunden hat. Das<br />
macht den größten Reiz der Box aus, die<br />
außerdem ein Lehrbeispiel dafür ist, wie<br />
eine Rockgruppe die Einflüsse aus der Gründerzeit<br />
verarbeitet und nach und nach zu<br />
einem eigenen Sound umformt, der ihr dann<br />
eine wiedererkennbare Identität verleiht.<br />
Das wurde dann auch auf der Bühne deutlich,<br />
wie die beiden letzten Live-CDs beweisen,<br />
die im Original als 3-LP Set und als<br />
Doppelpack unter die Fans kamen und die<br />
erste Phase der Band abschlossen. Was danach<br />
kam, war nicht nur personell neu –<br />
schon zuletzt war das Ehepaar Godchaux an<br />
Bord – sondern vor allem musikalisch. Es<br />
ist bis heute faszinierend, wie sich die Grateful<br />
Dead von ihrer Art des Countryrock<br />
zurück- und weiterentwickelten.<br />
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