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Fallstudie '95 Umwelt und Bauen: Wertschöpfung durch Umnutzung

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<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

I<br />

<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>:<br />

Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong><br />

Herausgegeben von:<br />

Roland W. Schoh:, Sandro Bösch, Theo Koller, Harald A. Mieg, Jirg Stilnzi<br />

Die vorliegende Untersuchung <strong>und</strong> der Druck des Ilandes wrden<br />

finiinzieillinterstiitzt von:<br />

• Schweizerischer Baumeisterverband (SIlV)<br />

• Technische Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der Schweizerischen<br />

Zementindustrie (TFIl)<br />

• Schweizerische Ilankgesellschaft (SIIG)<br />

• Sulzer-Escher Wyss AG<br />

11<br />

Hochschulverlag AG an der ETH Zürich


Impressum<br />

_<br />

Herausgeber<br />

Gesamtredaktion<br />

Umschlaggestaltung<br />

Ideen <strong>und</strong> Gestaltung<br />

der Zeichnungen<br />

Fachliche Beratung<br />

Satz <strong>und</strong> Layout<br />

Roland W. Scholz, Sandro Bösch, Theo Koller,<br />

Harald A. Mieg, jürg Stünzi<br />

Unter Mitarbeit von Christine Bächtiger<br />

Daniel Zobrist<br />

Transform Communications AG, Bern<br />

Foto: Photoswissair<br />

Stefanie von Grünigen<br />

Otto Erb, Alldreas Hofer<br />

Peter Nadler<br />

<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften (UNS)<br />

ETH Zürich<br />

<strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />

Voltastrasse 65<br />

CH-8044 Zürich<br />

Tel.: 01-6326446<br />

© 1996<br />

vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich<br />

ISBN 3728122270<br />

Der Verlag dankt dem Schweizeris.chen Bankverein<br />

für die Unterstützung zur Verwirklichung seiner Verlagsziele.


__________________________________Inhaltsverzeichnis<br />

Vorworte 6<br />

Spannungsfeld Industrieareale-<strong>Umwelt</strong>-<strong>Bauen</strong> 14<br />

Methoden der <strong>Fallstudie</strong> 31<br />

Die Organisation der <strong>Fallstudie</strong> 71<br />

Der Fall: Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 83<br />

Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen 103<br />

Ökobilanz der Varianten 161<br />

Rabmenbedingungen des Systems<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» 183<br />

Szenarioanalyse 207<br />

Zielbildung der Bauherrscbaft 227<br />

Raum-Nutztul.gs-Verhandlungen 253<br />

Ideenwerkstatt zur Nachhaltigkeit 285<br />

Ausgewählte Kunberichte 299<br />

Vorworte 6<br />

Dank 10<br />

Sllannul1gsfeld Industrieareale-<strong>Umwelt</strong>-<strong>Bauen</strong> . . . . . . . . . . . 14<br />

I. Ein «reales, komplexes, gesellschaftlich<br />

relevantes Problem» 17<br />

2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 18<br />

3. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

4. Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Realisation<br />

Ökologischen <strong>Bauen</strong>s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

5. Architektonische Planungsstudien 20<br />

6. Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

7. Für wen sind die Ergebnisse der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> von<br />

Interesse? 22<br />

8. Was sind die wesentlichen Ergebnisse der<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

9. Perspektiven. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Methoden der <strong>Fallstudie</strong> 31<br />

1. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

l.l Zum Verhältnis von Gegenstand <strong>und</strong> Methode. . . . . . . 33<br />

1.2 Analytische <strong>und</strong> synthetische Methoden . . . . . . . . . . . 34<br />

1.3 «Das Brunswiksche Linsenmodell» 36<br />

2. Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Inhaltsverzeichnis -<br />

2.1 Formative Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

2.2 Raum-Nutzungs-Verhandlungen....... . . . . . . . . . . 42<br />

2.3 Ökobilanz ... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

2.4 Multiattributive Entscheidungstheorie ,.. SO<br />

2.5 ModelIierung dynamischer Systeme 53<br />

2.6 Weitere Methoden 58<br />

2.6.1 Stoffflussanalyse , , . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

2.6.2 Methoden der integrativen Risikobewertung . . . . . . . . 60<br />

2.6.3 Ideenwerkstatt 65<br />

2.6.4 Synthese-Moderation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 66<br />

Die Organisation der <strong>Fallstudie</strong> 71<br />

1. Vorgeschichte <strong>und</strong> Vorgaben ,... 73<br />

2. Die Vorbereitung ..... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 76<br />

4. Ablauforganisation der <strong>Fallstudie</strong> , . . . 78<br />

5. Die didaktische Konzeption der <strong>Fallstudie</strong> 80<br />

6, Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

Der Fall: Das Sulzer·Escher Wyss·Areal . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

1. Einleitung ... , . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 85<br />

2. Das SEW-Areal gestern 85<br />

2.1 Die Entstehung des Technologiekonzerns Escher Wyss 85<br />

2.2 Das Industriequartier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

3. Die Diskussion um die Zukunft des SEW-Areals . . . . . . 91<br />

3.1 Die bestehenden Planungsinstrumente .... , . . . . . . . 91<br />

3.1.1 Gestaltungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.1.2 Sonderbauvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.2 Die Verhandlungspartner .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.2.1 Die Gr<strong>und</strong>eigentümer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.2.2 Die Stadt .... , . , .. , ..... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.3 Ein unerwarteter Vorschlag: Kraftwerkl ... ,....... 92<br />

4 Der Gestaltungsplan SEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

4.1 Chronologie des Gestaltungsplans 92<br />

4.2 Was schreibt der Gestaltungsplan vor? ,.. 92<br />

5. Varianten für die Umsetzung des Gestaltungsplanes .. 94<br />

5.1 Die Variante «Grünraum» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

5.2 Die Variante «Kunsthochschule» . , , , 95<br />

5.3 Die Variante «WerkStadt» , , . . . . 96<br />

5.4 Die Variante «Industrienahe Nutzung» , ,.... 97<br />

Umsetzung VOll <strong>Umwelt</strong>zielen ., ,......... 103<br />

1. Einleitung .. , , . . . . . . . . . . . . . . .. 105<br />

2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden 106<br />

2.1 Vorgehen <strong>und</strong> Gruppenprozess ; . . . . . . . . . .. 106<br />

2,1.l Vorbemerkungen , , , 106<br />

2,1.2 Synthesephase 1 ,........ 106<br />

2.1.3 Teilprojektphase ,..................... 106<br />

2.1.4 Synthesephase 2 107<br />

2.2 Zur Integration der verschiedenen TP-Resultate<br />

(das Bahnhof-Modell) , . . . . . . .. 107<br />

2.3 Das ZKAM·Modell , . . . . . . . .. 107<br />

2.4 Die Variantenbewertung , , . . . . . .. 109<br />

2.4.1 Die Gewichte der Kriterien für die<br />

Variantenbewertung , , . . . . . .. 109<br />

2.4.2 Beschreibung der Bewertungskriterien 109<br />

2.4.3 Erhebungsmethoden ... ,..................... 110<br />

3. Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion , 111<br />

3.1 Allgemeine Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111<br />

3.1.1 Die Liste der <strong>Umwelt</strong>ziele ,...... 111<br />

3.1.2 Die ZKAM-Liste III<br />

3.1.3 Verknüpfung mit den Bau- <strong>und</strong> Planungsphasen 112<br />

3.1.4 Massnahmenevaluation 112<br />

3.1.5 Eine detailliertere Evaluation:<br />

die Kosten-Wirksamkeitsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . .. 113<br />

3.2 Arealbezogene Resultate ,............ 118<br />

3.3 Variantenbezogene Resultate , . . .. 122<br />

4. Rückblick auf unsere Arbeit , . . . . . .. 125<br />

4.1 Folgerungen aus den Ergebnissen , . . . . . .. 125<br />

4.1.1 Aus den allgemeinen Resultaten. . . . . . . . . . . . . . . .. 12"<br />

4.1.2 Aus den arealbezogenen Resultaten ..... ,........ 125<br />

4.1.3 Aus den variantenbezogenen Resultaten. . . . . . . . . .. 126<br />

4.1.4 Bedeutung dieser Arbeit für die Umsetzung<br />

von <strong>Umwelt</strong>zielen ,....... 126<br />

4.2 Methodenkritik , ,....... 127<br />

4.2.1 ZKAM·Modell . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 127<br />

4.2.2 Massnahmenevaluation 127<br />

4.2.3 Variantenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 127<br />

4.3 Das Vorgehen im Rückblick 129<br />

4.3.1 Brainstorming , . . . . . .. 129<br />

4.3.2 Integration des Teilprojektwissens , . . . . . .. 129<br />

4.3.3 Umsetzung der Syntheseidee , , . . . . . .. 129<br />

5. Werkblatt «<strong>Bauen</strong> & Ökologie» , ,....... 130<br />

5.1 Vorspann , ,....... 130<br />

5.2 <strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele <strong>und</strong> Massnahmen für<br />

die <strong>Umnutzung</strong> von Industriebrachen . . . . . . . . . . . .. 130<br />

5.2.1 Adressaten, Ziele , . , , . . . . .. 13f<br />

5.2.2 Gebrauchsanweisung , , , , . .. 131<br />

5.3 Bauphasen <strong>und</strong> Massnahmen ,............... 132<br />

5.4 Ziele, Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen . , .. 134<br />

5.5 Massnahmenevaluation , , ,.. 141<br />

5.6 Kontaktadressen , ,.,..... 158<br />

5.7 Glossar Werkblatt ,........ 158<br />

Ökobilanz der Varianten .... ,....................... 161<br />

1. Definition <strong>und</strong> Methodik , ,. 163<br />

l.l Was ist eine Ökobilanz? , . . . . . . . .. 163<br />

1.2 Die Ökobilanz der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> . . . . . . . . . . . . . . . .. 163<br />

1.3 Komponenten der Ökobilanz 163<br />

1.4 Unterschiedliche Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . .. 164<br />

1.5 Vergleich der Bewertungsmethoden 165<br />

2 Ziele, Annahmen <strong>und</strong> Vorgehen , ,..... 165<br />

2.i Zieldefinition <strong>und</strong> Struktur 165<br />

2<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________InhaItsverzeichnis<br />

2.2 Annahmen................................. 166<br />

2.2.1 Zeitliche Aufteilung der Gebäudelebensdauer . . . . . .. 166<br />

2.2.2 Weitere Annahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 167<br />

2.3 Vorgehen.................................. 168<br />

2.3.1 SIMA V2.1: Das für die Ökobilanz verwendete<br />

Instrument 168<br />

2.3.2 Erfahrungen mit dem Ökobilanzprogramm SIMA V2.1. 169<br />

2.3.3 Datengr<strong>und</strong>lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170<br />

3 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170<br />

3.1 Grössenordnungen der <strong>Umwelt</strong>einwirkungen 170<br />

3.2 Aufteilung in Bau- <strong>und</strong> Nutzungsphase . . . . . . . . . . .. 171<br />

3.3 Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen 171<br />

3.4 Photovoltaik............................... 172<br />

3.5 Variantenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 173<br />

3.5.1 Ökologischer Standpunkt .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. 173<br />

3.5.2 Gesellschaftlich-ökologische Standpunkt 174<br />

3.5.3 Ökonomisch-ökologischer Standpunkt 177<br />

4. Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Ergebnisse 178<br />

4.1 Glaubwürdigkeit der Daten 178<br />

4.2 Indirekte Datenkontrolle: Resultatsanalysen . . . . . . .. 179<br />

5. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179<br />

5.1 Zur Ökobilanz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179<br />

5.2 Zum Variantenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 180<br />

5.3 Zum Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 180<br />

Rahmellbedillgullgen des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> BalIeIl" ... 183<br />

1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185<br />

2. Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185<br />

3. Vorgehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186<br />

4. Die Suche nach den Rahmenbedingungen ... . . . . . .. 186<br />

4.1 Was sind Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186<br />

4.2 Vorgehen.................................. 186<br />

4.3 Ergebnisse................................. 187<br />

4.3.1 Ergebnisse des Brainstormings. . . . . . . . . . . . . . . . .. 187<br />

4.3.2 Ergebnisse der Delphi-Methode 188<br />

4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten<br />

Rahmenbedingungen .. , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188<br />

4.4 Diskussion................................ 188<br />

5. Szenarien: Vom Ist-Zustand zum «Ökoplus» 190<br />

5.1 Ist-Zustand............................. . .. 190<br />

5.1.1 Beschreibung der Rahmenbedingungen im Ist-Zustand 190<br />

5.1.2 Bewertung des Ist-Zustandes 192<br />

5.2 «Ökoplus»-Szenario - der ideale Rahmen zum<br />

ökologischen <strong>Bauen</strong>. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192<br />

5.2.1 Vision <strong>und</strong> Bedingungen im «Ökoplus» . . . . . . . . . . .. 192<br />

5.2.2 Rahmenbedingungen im «Ökoplus»-Szenario 193<br />

6. Verknüpfung der Rahmenbedingungen 194<br />

6.1 Einleitung.............................. . .. 194<br />

6.2 Relevanzmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 194<br />

6.3 System-Grid 195<br />

6.4 Methodenreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195<br />

7. Soft-Modeliierung des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» .. 196<br />

7.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur Methodik der<br />

Systemdynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 196<br />

7.2 Entwicklung des Soft-Modells «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» . .. 197<br />

7.3 Erläuterungen zum Modellaufbau . . . . . . . . . . . . . . .. 197<br />

7.3.1 Die Module im Überblick 197<br />

7.3.2 Die Vernetzung unter den Modulen. . . . . . . . . . . . . .. 199<br />

7.4 Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199<br />

7.4.1 Betrachtung eines abgekoppelten Systemteils<br />

am Beispiel des Moduls Energie 199<br />

7.4.2 Betrachtung der Bedeutung modulexterner<br />

Systemgrössen auf den Verbrauch erneuerbarer<br />

Energie als Beispiel 200<br />

7.4.3 Betrachtung von Einflüssen ausgewählter<br />

Systemgrössen auf die Schlüsselgrösse<br />

«Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb» 201<br />

7.5 Szenariobetrachtungen 202<br />

7.5.1 Szenario «Realo» : . . .. 202<br />

7.5.2 Szenario «Ökoplus» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 202<br />

7.5.3 Szenario «Deregulierung» 203<br />

7.5.4 Szenario «Rezession» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203<br />

7.5.5 Szenario «Aufschwung» ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 204<br />

7.6 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Diskussion 204<br />

8. Folgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205<br />

8.1 Ergebnisse <strong>und</strong>Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205<br />

8.2 Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen für eine<br />

ökologische Entwicklung der Baubranche 206<br />

SzenilriOilllillvse 207<br />

1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 209<br />

2. Die Methodik der Szenarioanalyse im Überblick ..... 210<br />

2.1 Die Idee der Szenarioanalyse ... . . . . . . . . . . . . . . .. 210<br />

2.1.1 Modellbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 210<br />

2.1.2 Systemzustände 210<br />

2.1.3 Anwendungen.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 211<br />

2.2 Die Schritte einer Szenarioanalyse 211<br />

3. Vorgehen ; . . . . . . . .. 212<br />

3.1 Zielsetzung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 212<br />

3.2 Systemeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 212<br />

3.3 Einflussfaktoren 212<br />

3.4 Einflussmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 213<br />

3.5 System-Grid 214<br />

3.6 Gerichteter Graph 214<br />

3.7 MIC-MAC-Analyse 215<br />

3.7.1 Reduktion auf 10 Einflussfaktoren 215<br />

3.8 Trendprojektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 216<br />

3.9 Die Gr<strong>und</strong>lage zur Bewertung der Szenarien:<br />

die Konsistenzmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 217<br />

4. Resultate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 217<br />

4.1 Szenarien für die vier Planungsvarianten 217<br />

4.1.1 Argumente zur Zuweisung der Ausprägungen . . . . . .. 217<br />

4.2 Konsistenzanalyse der Variantenszenarien 219<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

3


Inhaltsverzeichnis<br />

_<br />

4.3 Vergleich der Variantenszenarien .... . . . . . . . . . . .. 220<br />

4.4 Konsistente Szenarien zu den Varianten. . . . . . . . . .. 221<br />

S. Bewertung der Wünschbarkeit der Varianten . . . . . . .. 222<br />

5.1 Methodik... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 222<br />

5.2 Vorgehen.................................. 222<br />

5.3 Ergebnisse................... . . . . . . . . . . . . .. 222<br />

6. Diskussion <strong>und</strong> Methodenkritik 223<br />

7. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 224<br />

7.1 Aussagen über die Varianten 224<br />

7.2 Aussagekraft der Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 224<br />

Zielbildung der Ilauherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 227<br />

1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 229<br />

2. Methoden, Bewertung <strong>und</strong> Steilenwert der Ergebnisse. 229<br />

3. Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 231<br />

3.1 Rahmenbedingungen 231<br />

3.1.1 Wichtige Rahmenbedingungen für das SEW-Areal . . . .. 231<br />

3.1.2 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 234<br />

3.2 Zielinventar verschiedener Akteure 235<br />

3.2.1 Beziehungen zwischen Zielen. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 241<br />

3.2.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 242<br />

3.3 Zielbildungsprozess der SEW für die<br />

arealbezogenen Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 242<br />

3.3.1 Allgemeines zum Zielbildungsprozess 243<br />

3.3.2 Der Zielbildungsprozess der SEW . . . . . . . . . . . . . . .. 244<br />

3.3.3 Fazit der Analyse des Zielbildungsprozesses der SEW. 245<br />

3.4 Gestaltungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 245<br />

3.4.1 Gr<strong>und</strong>züge 246<br />

3.4.2 Entstehung 246<br />

3.4.3 Beziehungen zwischen ausgewählten Akteuren. . . . .. 247<br />

3.4.4 Nicht berücksichtigte Anforderungen 248<br />

3.4.4 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 249<br />

3.4.5 Vorgehensalternativen . . . . . . . .. 249<br />

4. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 250<br />

Raum·Nutzungs·Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 253<br />

1. Gegenstand <strong>und</strong> Ziele 255<br />

2. Die <strong>Umnutzung</strong>sproblematik 255<br />

3. Ansätze kooperativer Mitwirkungsverfahren . . . . . . .. 256<br />

3.1 Planungszelle <strong>und</strong> Bürgergutachten 256<br />

3.2 Das Mitwirkungsmodell C.E.A.T.. :...... . . . . . . . .. 257<br />

3.3. Kooperativer Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 257<br />

4. Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

Raum-Nutzungs-Verhandlungen 259<br />

4.1 Zum Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 259<br />

4.2 Akteure <strong>und</strong> ihre Motivation 259<br />

4.3 Modelle für Verhandlungsprozesse . . . . . . . . . . . . . .. 260<br />

4.4 Folgen «falsch» geführter Verhandlungen 262<br />

4.5 Ziele von Raum-Nutzungs-Verhandlungen . . . . . . . . .. 263<br />

5. Fragestellungen <strong>und</strong> Hypothesen . . . . . •. . . . . . . . .. 265<br />

5.1 Datengr<strong>und</strong>lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 265<br />

5.2 Der Explorations-Parcours ... _. . . . . . . . . . . . . . . .. 266<br />

5.3 Welche Daten liefert der Explorations-Parcours? ..... 268<br />

6. Auswertung <strong>und</strong> Ergebnisse .. _. . . . . . . . . . . . . . . .. 271<br />

6.1 Quantitative Auswertungen 271<br />

6.1.1 Welche statistischen Auswertungen sind sinnvoll? 271<br />

6.2 Ergebnisse................................. 271<br />

6.2.1 Welche Kriterien werden von den Interessengruppen<br />

zur Beurteilung verwendet? ..... . . . . . . . . . . . . . .. 271<br />

6.2.2 Wie werden die Kriterien von den Interessengruppen<br />

gewichtet 273<br />

6.2.3 Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den<br />

Beurteilungskriterien? 276<br />

6.3 Wie werden die vier Varianten bewertet? . . . . . . . . . .. 276<br />

6.4 Reliabilität der erhobenen Bewertungen 277·<br />

6.5 Methodische Probleme sozialpsychologischer<br />

Untersuchungen zu Raum·Nutzungs-Verhandlungen .. 278<br />

7. Vision Raum-Nutzungs-Verhandlungen 279<br />

7.1 Die konzeptionelle Vision .<br />

7.2 Die diagnostische Vision 280<br />

7.3 Die politikwissenschaftliche Vision 281<br />

7.4 Die umweltnaturwissenschaftliche Vision . . . . . . . . .. 282<br />

7.5 Die Vision des Falls. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 282<br />

7.6 Rahmenbedingungen der Visionen 283<br />

Ideenwerkstau zur Nachhaltigkeit 285<br />

1. Die Zielsetzung: Werben für nachhaltige Entwicklung. 287<br />

2. Das Thema: Nachhaltige Entwicklung 289<br />

2.1 Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 289<br />

2.2 Interviews................................. 289<br />

3. Die Methode: Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 290<br />

3.1. Marketing <strong>und</strong> die Idee der K<strong>und</strong>enorientierung .. . .. 290<br />

3.2. Der Marketing-Prozess <strong>und</strong> die Geschichte der<br />

Synthesegruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 291<br />

4. Die Produkte: Der Nachhaltigkeits'Zoo-Werbeprospekt<br />

<strong>und</strong> das Nachhaltigkeits-Video . . . . . . . . . . . . . . . . .. 292<br />

4.1 Der Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt .<br />

4.2. Nachhaltigkeits-Video _ _. . . .. 293<br />

Ausgewählte Kunberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 299<br />

1. Ökosystem Areal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />

1.1 Einleitung... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />

1.2 Projektgegenstand . _. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />

1.3 Bewertung ... _. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 302<br />

1.3.1 Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 302<br />

1.3.2 Ist-Zustand des SEW-Areals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 303<br />

1.3.3 Bewertung des Ist-Zustandes (Im Planungsgebiet) 304<br />

1.3.4 Bewertung der Varianten 304<br />

1.3.5 Vergleich der Varianten 305<br />

1.4 Hauptthesen 305<br />

1.4.1 Ökologische Ziele 305<br />

1.4.2 Ökomax. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 305<br />

1.5 Steuerungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . .. 306<br />

4<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________yorwort<br />

2. Bauchernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 308<br />

2.1 Ziele <strong>und</strong> Fragestellungen 308<br />

2.2 Methoden... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 308<br />

2.3 Resultate.................. . . . . . . . . . . . . . . .. 309<br />

2.3.1 Ökologische Kriterien für Baustoffe 309<br />

2.3.2 Betonzusatzstoffe 309<br />

2.3.3 Formaldehyd.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 310<br />

2.3.4 Holzschutzmittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 311<br />

2.4 Diskussion zur Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 313<br />

3. Information, Wissen <strong>und</strong> Ausbildung 314<br />

3.1 Einleitung.............................. . .. 314<br />

3.2 Was ist Ökologie? 314<br />

3.3 Was ist ökologisch optimiertes <strong>Bauen</strong>? . . . . . .. 315<br />

3.4 Was ist ökologisch relevantes Wissen? . . . . . . . . . .. 315<br />

3.5 Ausbildung für Architekten <strong>und</strong> Ingenieure an der<br />

ETH <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote der Hochschulen<br />

<strong>und</strong> Fachverbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 315<br />

3.6 Hilfsmittel <strong>und</strong> Instrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 316<br />

3.7 Warum wird vorhandenes ökologisches Wissen<br />

nicht umgesetzt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 316<br />

3.8 Ausblick.................................. 317<br />

4. Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum 318<br />

4.1 Einführung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 318<br />

4.2 Ziele <strong>und</strong> Vorgehen 318<br />

4.3 Die Rendite-Berechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 319<br />

4.4 Ergebnisse................................. 321<br />

4.5 Schlussfolgerungen.......................... 322<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Vorwort<br />

Lasst Träume reg,nen<br />

He/nz PIetscher<br />

lentralpriisidellt des<br />

Schweizerischen<br />

Baumeisterverblmdes<br />

<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> - <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>: Dieses<br />

Spannungsfeld präsentiert sich aus der Sicht der<br />

Bauproduzenten <strong>und</strong> der Studierenden unter ganz<br />

verschiedenen Vorzeichen, <strong>und</strong> dennoch handelt es<br />

sich um ein <strong>und</strong> denselben Vorgang. Unsere <strong>Umwelt</strong><br />

wird <strong>durch</strong> das <strong>Bauen</strong> für die Bedürfnisse des Menschen<br />

verändert. Die Studenten der <strong>Umwelt</strong>wissenschaften<br />

an der ETH Zürich unter der Leitung von<br />

Prof. Dr. Roland W. Scholz haben ein Thema, ein<br />

Problem untersucht, dessen Lösungsansätze uns Produzenten<br />

beeinflussen können. Sie sind geeignet,<br />

uns neue Möglichkeiten für eine umweltgerechtere<br />

Produktion in die Hände zu geben.<br />

Gleichzeitig haben die angehenden Wissenschafter<br />

auch ein Thema angepackt, das zumindest die Hürden<br />

erhöhen kann, die das <strong>Bauen</strong> schon heute behindern<br />

oder sogar verhindern.<br />

Unsere Zielsetzung ist es, so umweltgerecht wie<br />

nur möglich zu bauen, aber eben doch zu bauen, <strong>und</strong><br />

zwar in Ausführungen <strong>und</strong> zu Preisen, die dem wirtschaftlichen<br />

Gedeihen unserer K<strong>und</strong>schaft dienen.<br />

Deshalb wird weitestgehend nur nach Bedarf, nicht<br />

nach Belieben, gebaut. Um diesen Bedarf unter dem<br />

Aspekt der <strong>Umwelt</strong> präziser zu definieren, brauchen<br />

wir die Hilfe der Wissenschaft. Und wir werden ihre<br />

Erkenntnisse gerne anwenden, um diese Produktion<br />

umweltschonend, aber auch machbar zu gestalten.<br />

Wir haben <strong>durch</strong> unsere Mitarbeit in der <strong>Fallstudie</strong>,<br />

die zwar vorwiegend auf die planerischen Vorbedingungen<br />

eingegangen ist, gerne mitgewirkt <strong>und</strong><br />

dabei festgestellt, dass kaum eine Umsetzung der<br />

Ideen <strong>und</strong> der Erkenntnisse in die Planung bei den<br />

Architekturstudenten stattfindet, diese also nicht auf<br />

fruchtbaren Boden fallen.<br />

Deshalb habe ich den Satz geprägt: Lasst eure<br />

Träume regnen! Versucht, das Machbare zu erforschen,<br />

sichtbar zu machen! Versucht, diese Träume<br />

auf die Planer, auf die Gesetzgeber <strong>und</strong> auf die<br />

Materialhersteller <strong>und</strong> die Produzenten regnen zu<br />

lassen! Sie alle sind es, die eure Gedanken <strong>und</strong><br />

Erkenntnisse aufnehmen müssen in die zukünftige<br />

Planung von <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> ihre Realisierung - zum<br />

nachhaltigen Vorteil des Menschen.<br />

Wir hoffen, dass auch wir Produzenten in einer<br />

dritten Phase die Hilfe der <strong>Umwelt</strong>wissenschaft erhalten,<br />

um unsere Produktion so umweltgerecht wie<br />

möglich auszuführen. Es gilt, das vom Standpunkt<br />

der <strong>Umwelt</strong> her Notwendige mit dem Machbaren<br />

<strong>und</strong> ökonomisch Nützlichen zu einer Einheit zu verbinden.<br />

Dann erst werden die fruchtbaren Träume<br />

begabter <strong>und</strong> hochmotivierter Wissenschafter zu erreichten<br />

Zielen.<br />

Horizonte für die Zukunft erweitern<br />

Werfter Andres<br />

Direktor der<br />

Sulzer·Escher Wyss AG<br />

Kurz vor Jahresende 1994, in der Schlussphase der<br />

Verhandlungen über den in der Zwischenzeit (im<br />

November 1995) rechtskräftig gewordenen Privaten<br />

Gestaltungsplan für das «Sulzer-Escher Wyss­<br />

Gebiet», wurden wir seitens der ETH angefragt, ob<br />

unser Areal für die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> der Abteilung UNS<br />

zur Verfügung stünde. Mit Interesse, aber auch mit<br />

einiger Skepsis nahmen wir die Gespräche übt<br />

dieses Anliegen der ETH auf. Einerseits teilten wir<br />

die Meinung, dass sich unser Areal angesichts seines<br />

Wandels vom reinen Fabrikareal zum vielseitig<br />

genutzten neuen Stadtquartier für die Studie «<strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />

bestens eignen würde; andererseits schien es uns<br />

auch, dass mit einer Publizität über <strong>Umwelt</strong>fragen<br />

Missverständnisse aufkommen könnten, welche den<br />

Prozess der Genehmigung unseres Gestaltungsplans<br />

möglicherweise stören würden.<br />

Es gelang jedoch problemlos, zwischen unserer<br />

Firma <strong>und</strong> den zuständigen Hochschulorganen klare<br />

Spielregeln über die Durchführung der Studie auf<br />

unserem Gelände, den Zugang zu bei uns vorhandenen<br />

Daten <strong>und</strong> die Öffentlichkeitsarbeit über die<br />

<strong>Fallstudie</strong> festzulegen.<br />

Für die während des Sommersemesters 1995 an der<br />

<strong>Fallstudie</strong> arbeitenden Dozenten, Studenten <strong>und</strong><br />

_<br />

6<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------,----------------- Vorwort<br />

Tutoren haben wir in grösserem Umfang Räumlichkeiten<br />

in unseren betrieblichen Gebäuden <strong>und</strong> vor<br />

allem auch sachk<strong>und</strong>ige Mitarbeiter als Gesprächs<strong>und</strong><br />

Auskunftspartner zur Verfügung gestellt. Mit<br />

den <strong>Fallstudie</strong>nteilnehmern der ETH konnten wir<br />

sehr gute persönliche Kontakte <strong>und</strong> einen sicher<br />

gegenseitig befruchtenden Dialog aufbauen.<br />

Den <strong>Umwelt</strong>fragen sind bereits während der mehrjährigen<br />

Planungszeit unseres Gestaltungsplanes<br />

mannigfaltige Überlegungen gewidmet worden.<br />

Viele Aspekte, wie Grün- <strong>und</strong> Freiflächen, Lärm<strong>und</strong><br />

Immissionsschutz, Gewässerschutz, Altlastenbeseitigung,<br />

Energie- <strong>und</strong> Verkehrsfragen u.a., haben<br />

ihren Niederschlag im Gestaltungsplan gef<strong>und</strong>en.<br />

Durch die breitgefächerten Untersuchungen <strong>und</strong> die<br />

vielseitige Thematik der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> hat sich aber<br />

auch unsere Optik nochmals erweitert <strong>und</strong> konnte<br />

<strong>durch</strong> wertvolle Ideen bereichert werden.<br />

Der Ablauf der <strong>Fallstudie</strong> konnte sich dank der<br />

guten Zusammenarbeit aller Beteiligten harmonisch<br />

in die letzte Etappe der Arbeiten für unseren Gestaltungsplan<br />

einfügen. Letztlich ergab sich auch eine<br />

positive Publizitätswirkung <strong>und</strong> Sensibilisierung der<br />

Öffentlichkeit für unser Projekt.<br />

Vor allem glauben wir, dass sich aus der Auswertung<br />

der Studie, wie sie im vorliegenden Buch<br />

enthalten ist, in Zukunft bei der schrittweisen Realisierung<br />

der Um- <strong>und</strong> Neunutzung der von unserer<br />

Firma nicht mehr industriell benötigten Arealteile<br />

mannigfache Anregungen <strong>und</strong> Ansätze bieten werden,<br />

damit wir dieses langfristige Projekt, getreu<br />

unserem Firmenleitbild, mit sowohl wirtschaftlicher<br />

wie auch ökologischer «Nachhaltigkeit» verwirklichen<br />

können.<br />

Ich beglückwünsche alle <strong>Fallstudie</strong>n-Mitarbeiter<br />

zu der erfolgreichen Arbeit. Sie haben sich in der<br />

kurzen zur Verfügung stehenden Zeit <strong>und</strong> trotz über­<br />

~rosser Fülle an Daten <strong>und</strong> Problemen im Zusammenhang<br />

mit unserer Arealplanung hervorragend in<br />

die Sache eingearbeitet. Es stehen heute wesentliche<br />

Aussagen zur Verfügung, als Ansatzpunkte<br />

für eine ökologisch optimale Realisierung des Gestaltungsplanes<br />

<strong>durch</strong> zukünftige Investoren <strong>und</strong><br />

Nutzer auf dem Gelände des «Sulzer-Escher Wyss­<br />

Gebietes».<br />

Direktor des<br />

Immohilienfomb der<br />

11ltragjSchwe.izerische<br />

Bankgesellschaft<br />

man<br />

Als Investor <strong>und</strong> Vertreter einer Grossbank wurde<br />

ich von Professor Scholz angefragt, ob ich mich an<br />

der <strong>Fallstudie</strong> SEW-Areal beteiligen würde. Meine<br />

anfängliche Skepsis gegenüber dem «grünlastigen»<br />

Ansatz wich bald der Erkenntnis, dass ich noch etliches<br />

zu lernen habe. Verständnis war aufzubringen<br />

für die anfänglichen Berührungsängste der Studierenden<br />

gegenüber den «Bossen» aus Wirtschaft <strong>und</strong><br />

Politik. Verständnis auch für die zum Teil übersetzten<br />

ökologischen Forderungen <strong>und</strong> Wünsche,<br />

Verständnis, dass offenbar die Investitions- <strong>und</strong> Folgekosten<br />

der Ökologie nebensächlich <strong>und</strong> ohnehin<br />

vom Investor zu tragen seien. Die Studenten haben<br />

wohl andererseits auch etwas gelernt. Man kann, <strong>und</strong><br />

soll mit uns reden, denn wir haben für <strong>Umwelt</strong>fragen<br />

<strong>durch</strong>aus Verständnis. Unsere Bank hat seit 1978<br />

eine Energiefachstelle, seit 1988 den ersten <strong>Umwelt</strong>beauftragten<br />

einer Bank überhaupt <strong>und</strong> seit 1994<br />

ist die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung bei Kreditgeschäften<br />

standardisiert. Den Studenten wurde auch<br />

das ewige Dilemma zwischen Wünschbarem <strong>und</strong><br />

Machbarem bewusst. Nachhaltigen, integralen <strong>Umwelt</strong>schutz<br />

wünschen alle, seine Kosten jedoch<br />

möchte niemand tragen. Uns Investoren ist <strong>durch</strong>aus<br />

bewusst, dass uns <strong>Umwelt</strong>schutz etwas kostet, wir<br />

fragen uns aber, weshalb nur wir dafür bezahlen<br />

sollen. Es ist uns aber auch bewusst, dass bei langfristiger<br />

Betrachtung die Dinge etwas anders liegen.<br />

Bei integraler Betrachtung <strong>und</strong> unter dem Gesichtspunkt<br />

der Nachhaltigkeit kann ein Investment in die<br />

<strong>Umwelt</strong> auch ökonomisch <strong>durch</strong>aus positiv sein. Die<br />

Kosten werden auf eine viel grössere Periode verteilt<br />

<strong>und</strong> wenn man das Wohlbefinden der Nutzer/Mieter<br />

mitberücksichtigt, kleineren Sanierungsbedarf dazuzählt<br />

oder gar an de.n Rückbau denkt, kann mehr<br />

in die <strong>Umwelt</strong> investiert werden. Es ist, wie immer,<br />

eine Frage des Masses. Wenn sich jedoch der Bodenpreis<br />

wegen <strong>Umwelt</strong>wünschen um über Fr. 1000.­<br />

pro Quadratmeter erhöht, ist das unbesehen jenseits<br />

von Gut <strong>und</strong> Böse, es ist einfach nicht machbar aus<br />

Sicht einer vernünftigen Investition.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 7


Vorwort ~<br />

_<br />

An der Studie hat uns besonders gefallen, dass sie<br />

praxisbezogen war <strong>und</strong> immer möglichst integral<br />

gedacht <strong>und</strong> gehandelt wurde Das scheint uns der<br />

einzige Weg zu sein, um ein optimales Resultat zu<br />

erzielen. Jeder muss den anderen verstehen <strong>und</strong> von<br />

seinen hochgesteckten Zielen etwas abrücken, dann<br />

ist es möglich, dem <strong>Umwelt</strong>gedanken, der Vorsorge<br />

<strong>und</strong> Nachhaltigkeit den ihr gebührenden Platz<br />

zukommen zu lassen.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> war anspruchsvoll, vielleicht etwas<br />

zu anspruchsvoll, so ist es natürlich, dass nicht alle<br />

Fragen abschliessend beantwortet werden konnten.<br />

Wir würden wünschen, dass auf eingeschlagenem<br />

Wege weiter geschritten wird, andere Projekte im<br />

ähnlichen Sinne angegangen werden, im Interesse<br />

aller.<br />

giseher Ausrichtung) <strong>und</strong> die Standortqualität (Grösse,<br />

Verkehrstechnische Erschliessung, Umfeld <strong>und</strong><br />

Synergien). Dazu kommen weiter als Kriterien die<br />

Baureife, Termine, Bau- <strong>und</strong> Folgekosten.<br />

Die Auseinandersetzung mit <strong>Umwelt</strong>zielen <strong>und</strong><br />

Zielen der Bauherrschaft im Zusammenhang mit<br />

Nutzungsszenarien für das diskutierte Areal führte<br />

zu interessanten Ansätzen. Die offenen Diskussionen<br />

<strong>und</strong> das systematische Vorgehen hat mich bei<br />

dieser interessanten <strong>Fallstudie</strong> dabei sehr beeindruckt.<br />

Wegweiser zu gegenseitigem Lernen<br />

Beschleunigter Wandel b'll't"fliI'nIDiI't<br />

systematisches Vorgehen<br />

Prof. Dr, A. Henz<br />

Prof. Dr. F. Widmer<br />

Vizepriisident der<br />

Eidgenössischen<br />

Technischen Hochschule<br />

Zürich<br />

Der beschleunigte Wandel in der industriellen Tätigkeit<br />

in der Schweiz hat dazu geführt, dass grössere,<br />

bisher industriell genützte Flächen an meist gut<br />

erschlossenen Standorten im Grossraum Zürich einer<br />

neuen Nutzung zugeführt werden müssen. In die<br />

Abklärungen von neuen Nutzungen solcher Areale<br />

sind auch Standorte für Bildungsinstitutionen <strong>und</strong><br />

Hochschulforschungsstätten einzubeziehen, die oft<br />

noch einen räumlichen Nachholbedarf haben. Im<br />

Zusammenhang mit den vorliegenden Nutzungsabklärungen<br />

für das Sulzer-Escher Wyss-Areal wurden<br />

darum auch konkret Kriterien für Standorte von<br />

Lehr- <strong>und</strong> Forschungsstätten in die Diskussionen<br />

der <strong>Fallstudie</strong> einbezogen <strong>und</strong> beurteilt. Analoge<br />

Kriterien fanden auch Anwendung bei der Überprüfung<br />

des Standortes der nächsten Ausbauetappe für<br />

die ETH Zürich. Im Vordergr<strong>und</strong> stehen dabei die<br />

Qualität des Wissenschaftsbetriebes (Zusammenarbeit<br />

mit Bereichen an anderen Standorten, Reiseaufwand,<br />

Übereinstimmung mit langfristiger strate-<br />

Professor Architektur<br />

<strong>und</strong> Plllmmg, ETH<br />

Anfang November 1994, kurz nach Beginn des ETH<br />

Wintersemesters, wurde ich von Herrn Prof. Dr. R.W.<br />

Scholz an eine Sitzung der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

der ETH Abteilung <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften eingeladen.<br />

Über den «Buschtelegrafen» hatte diese<br />

Kommission erfahren, dass meine Entwurfsklasse<br />

mit 50 Architekturstudentinnen <strong>und</strong> -studenten des<br />

5. <strong>und</strong> 7. Semesters eine "Planungsstudie zur nach!<br />

haItigen Entwicklung des Gebietes Sulzer-Escher<br />

Wyss in Zürich» begonnen hatte. Wir stellten zusammen<br />

fest, dass uns teilweise ähnliche Fragen im<br />

Zusammenhang mit der Umgestaltung von Industriearealen<br />

interessieren. In der Folge entschied<br />

sich die <strong>Fallstudie</strong>nkommission, das Industrieareal<br />

Sulzer-Escher Wyss als Übungsfeld für ihre <strong>Fallstudie</strong><br />

1995 zu wählen. Drei Planungsstudien, welche<br />

an unserer Professur von Gruppen von Architekturstudentinnen<br />

<strong>und</strong> -studenten im Winter 1994/95<br />

erarbeitet wurden, bildeten in der Folge wesentliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen für die Arbeit im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />

Für Architektinnen <strong>und</strong> Raumplaner <strong>und</strong> für<br />

unsere Studierenden der ETH ist die Lektüre des<br />

Berichtes über die <strong>Fallstudie</strong> «Industrieareal Sulzer­<br />

Escher Wyss» spannend <strong>und</strong> sehr lehrreich. Die<br />

Arbeit zeigt aber auch, dass noch sehr viel geleistet<br />

8<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-- Vorwort<br />

werden muss, bis die Arbeiten, welche in verschiedenen<br />

Fachgebieten im Zusammenhang mit der<br />

Erneuerung von Industriearealen geleistet werden,<br />

wirklich zusammenpassen <strong>und</strong> sich gegenseitig befruchten<br />

können.<br />

Ich gratuliere allen, die an der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> mitgearbeitet<br />

haben, zum erfolgreichen Abschluss dieser<br />

wegweisenden Studie <strong>und</strong> hoffe, dass an der<br />

ETH in ein oder zwei Jahren eine gemeinsame <strong>Fallstudie</strong><br />

Architektur/<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften<br />

in echter Zusammenarbeit zwischen<br />

diesen Fachgebieten <strong>durch</strong>geführt werden kann!<br />

Umdenken für eine Ökologische<br />

"'roblemlösefähigkeit<br />

Prof. Dr.<br />

Verantwortlicher<br />

Hochschullehrer<br />

fallstudie<br />

W. Scholz<br />

Mit einem Fall aus dem Themenfeld <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Bauen</strong> widmete sich die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> einer Hauptschlagader<br />

anthropogener Energie- <strong>und</strong> Stoffflüsse.<br />

Industrie <strong>und</strong> Gewerbe, in der Vergangenheit Grossverbraucher<br />

von Landflächen, setzen heute zunehend<br />

besterschlossene, innerstädtische Areale frei,<br />

die wieder einer anderweitigen Nutzung zugeführt<br />

werden können. Für das Fallbeispiel, einen r<strong>und</strong><br />

10 ha grossen Anteil des Sulzer-Escher Wyss-Areals,<br />

wurde unter dem Fokus einer umfassenden Wertschöpfung<br />

<strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> eine Problemstellung<br />

formuliert, welche wegen ihrer Offenheit <strong>und</strong><br />

Komplexität ausserhalb des Rahmens traditioneller<br />

Wissenschaften liegt. In der Vorbereitung wurde<br />

sichtbar, dass <strong>durch</strong> die Themenwahl zwei beträchtliche<br />

Hürden programmiert waren.<br />

Zum einen traf man an vielen Stellen auf Vorbehalte<br />

gegen ein umweltnaturwissenschaftliches<br />

Projekt mit studentischer Handschrift <strong>und</strong> zunächst<br />

häufig auf geschlossene Türen.<br />

Zum anderen galt es neben natur-, sozial- <strong>und</strong><br />

wirtschaftswissenschaftlichem Wissen zusätzlich vertiefte<br />

Kenntnisse aus den Bereichen Architektur,<br />

Planung, Bauhandwerk, Baugewerbe <strong>und</strong> Bauinge-<br />

nieurwissenschaften zu integrieren. Beide Hürden<br />

liessen sich überwinden.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> wurde begleitet von einem Prozess<br />

von Einstellungsveränderungen. Die Studierenden<br />

<strong>und</strong> Lehrenden konnten - in unorthodoxem Wechsel<br />

zwischen Vor- <strong>und</strong> Hinterhand - Arealeigner, Investoren<br />

<strong>und</strong> andere Akteure des Falls überzeugen,<br />

dass umweltnaturwissenschaftliches Wissen einen<br />

ernstzunehmenden Wert darstellt. Die Vertreter der<br />

Eigner, der Wirtschaft <strong>und</strong> des Baugewerbes verloren<br />

im Verlauf der Studie nicht nur ihre Skepsis, sondern<br />

trugen mit vielen Anregungen <strong>und</strong> Ideen zum Lehr<strong>und</strong><br />

Forschungsprozess bei <strong>und</strong> wurden somit zu<br />

Trägern der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

Von zentraler Bedeutung für den angestrebten<br />

Integrationsprozess von Erfahrungs- <strong>und</strong> Wissenschaftswissen<br />

sowie des Wissens aus verschiedenen<br />

Disziplinen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Horizonten war<br />

die Weiterentwicklung <strong>und</strong> Konsolidierung der<br />

Fa/lstudienmethoden. Die zur Anwendung gebrachten<br />

Modellansätze organisierten die Projektarbeit <strong>und</strong><br />

trugen wesentlich zur Spezifität <strong>und</strong> Wissenschaftlichkeit<br />

der Aussagen bei.<br />

Die umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n<br />

mit ihren komplexen AufgabensteIlungen <strong>und</strong> dem<br />

Ziel der Entwicklung einer umfassenden Ökologischen<br />

Problemlösefähigkeit verlangen ein Umdenken. Dies<br />

wurde von einem grossen Teil der Studierenden <strong>und</strong><br />

der anderen Trägern der <strong>Fallstudie</strong> erkannt <strong>und</strong> war<br />

meines Erachtens eine wesentliche Voraussetzung<br />

dafür, dass die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> meine Erwartungen<br />

erfüllt <strong>und</strong> teilweise übertroffen hat.<br />

stuj~en:flsch.er<br />

Thomas Hulliger<br />

Student<br />

Handschrift<br />

Mit dem Erscheinen dieses Buches ist die <strong>Fallstudie</strong><br />

<strong>'95</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» auch für uns Berichtschreiberinnen<br />

Vergangenheit. Ein Moment, der<br />

dazu aufruft, zurückzublicken. Angefangen hat das<br />

Projekt <strong>Fallstudie</strong> für die meisten Studentinnen zu<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

9


Dank<br />

_<br />

Beginn des Sommersemesters 95 mit der Begrüssung<br />

im Technopark, gleich neben «unserem» Fall, dem<br />

Industrieareal der Sulzer-Escher Wyss AG. Alles war<br />

ungewiss, die Erwartungen hoch, ebenso die Motivation.<br />

Eine gute Ausgangslage, um in ein arbeitsreiches<br />

Semester zu starten. Zuerst galt es, sich in<br />

den Synthesegruppen auf die konkrete AufgabensteIlung<br />

zu einigen. In engagierten Diskussionen<br />

wurden so Fragestellungen erarbeitet, die einmalig<br />

die Handschrift der beteiligten Studentinnen tragen:<br />

Aufbauend auf der einjährigen Arbeit der studentischen<br />

<strong>Fallstudie</strong>nkommission konnte sich jede einbringen<br />

<strong>und</strong> das Projekt mitgestalten - im Studium<br />

eine einmalige <strong>und</strong> ungewohnte Situation.<br />

In der zweiten Phase ging es darum, das vorhandene<br />

Wissen aus vier Jahren Studium mit spezifischen<br />

Informationen aus dem Baubereich zu ergänzen.<br />

Dieses Gebiet war den meisten von uns<br />

unbekannt, die Arbeit in kleinen Gruppen mit Fachexperten<br />

umso spannender. Die Themenvielfalt<br />

reichte von Altlasten über Renditeberechnungen bis<br />

zu Wohnsoziologie.<br />

Eine Herausforderung war der letzte <strong>Fallstudie</strong>nabschnitt.<br />

Hier ging es darum, die Resultate aus den<br />

einzelnen Teilbereichen so zusammenzubringen,<br />

dass Aussagen zu den im ersten Teil erarbeiteten<br />

Fragen gemacht werden konnten. Diese Fähigkeit,<br />

auch «ökologische Problemlösefähigkeit" genannt,<br />

ist ein wesentliches Ziel der Ausbildung für <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlerinnen.<br />

Innerhalb des Studiums<br />

ist die <strong>Fallstudie</strong> erste grosse Gelegenheit, diese<br />

Fähigkeit zu testen.<br />

Ihren Abschluss fand die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> für die<br />

meisten Studierenden mit der internen Schlussveranstaltung<br />

im Glacegarten, wieder in unmittelbarer<br />

Nähe des Sulzer-Escher Wyss-Areals. Rückblickend<br />

bleibt zu fragen, was neben den Berichten <strong>und</strong> Artikeln<br />

von all der geleisteten Arbeit geblieben ist.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> hat uns die Möglichkeit gegeben<br />

zu lernen, wie man von ein«m groben Projekt zu<br />

einer konkreten Fragestellung kommt, abzuschätzen,<br />

wieviel Aufwand gerechtfertigt werden kann,<br />

mit Unsicherheiten <strong>und</strong> lückenhaften Informationen<br />

umzugehen, die begrenzte Zeit einzuteilen, im<br />

Team zu arbeiten, zu delegieren <strong>und</strong> Verantwortung<br />

zu übernehmen. Geblieben ist sicher auch eine Fülle<br />

von Erfahmngen, die nur in einer solchen, für ein<br />

Studium an der ETH ungewöhnlichen, Veranstaltung<br />

möglich ist. Schliesslich sind Erinnerungen<br />

an die vielen Momente geblieben, die viel Spass<br />

gemacht haben, <strong>und</strong> welche die mühsamen, herausfordernden<br />

<strong>und</strong> anstrengenden Phasen in den Hintergr<strong>und</strong><br />

rücken lassen.<br />

Ein so umfangreiches Projekt wie unsere <strong>Fallstudie</strong><br />

wäre ohne die Hilfe vieler Personen nicht <strong>durch</strong>führbar.<br />

Untenstehende Personen <strong>und</strong> Institutionen<br />

waren an der <strong>Fallstudie</strong> 1995 beteiligt. Sie haben Vorträge<br />

gehalten, Dokumentationsmaterial oder Daten<br />

zur Verfügung gestellt, die Arbeitsgruppen bei fachlichen<br />

Fragen tatkräftig unterstützt oder sie sind bei<br />

der Durchführung von Interviews Rede <strong>und</strong> Antwort<br />

gestanden.<br />

Die Vielzahl der Kontakte führt dazu, dass es<br />

kaum möglich ist, alle Hilfestellungen zu erfassen. In<br />

diesem Sinne möchten wir uns bei all denen entschuldigen,<br />

die uns geholfen haben, aber auf der<br />

Namensliste fehlen. Allen Personen, mit denen wir<br />

in Kontakt getreten sind, möchten wir nochmals ganz<br />

herzlich für Ihren Einsatz danken.<br />

Andres Werner<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

Artega Giovanni<br />

Destructa AG, Zürich<br />

Aschwanden Peter<br />

Debag Zürich, Zürich<br />

Bächler Toni<br />

Schweizerischer Verband der Immobilientreuhänder,<br />

Zürich<br />

Bächtold Hans-Georg<br />

Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />

Zürich<br />

Bättig Christoph<br />

Interface, Institut für Politikstudien, Luzern<br />

Bernasconi-Aeppli Susanne<br />

. Fachkommission Gestaltungsplan im Gemeinderat,<br />

Zürich<br />

Bodmer Guido<br />

Schweizerische Bankgesellschaft, Zürich<br />

Borer Alex<br />

Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Bräm Ueli<br />

Quartierhaus Kreis 5, Zürich<br />

Brennecke Martina<br />

Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Bürge Marcel<br />

Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />

Buser Hans<br />

Ökoskop, Gelterkinden<br />

Cattacin Sandro<br />

Politologie Universität Genf, Geneve<br />

Cotti Anton<br />

Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />

Coutalides Reto<br />

Büro für Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>chemie, Zürich<br />

10<br />

UNS-Falistudie <strong>'95</strong>


---------------------------- Dank<br />

Cutino Serafino<br />

Coop Schweiz, Zürich<br />

Echlin John<br />

Architektur ETH, Zürich<br />

Eger Almut<br />

Hochbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Eggli Rudolf<br />

<strong>Umwelt</strong>schutzfachstelle Stadt Zürich, Zürich<br />

Eiermann Daniel<br />

Ebiox AG, Sursee<br />

Eigenmann Raim<strong>und</strong><br />

Stadtmühle CMZ Zürich, Zürich<br />

Eisterer Horst Heinrich<br />

Hochbauinspektorat Stadt Zürich, Zürich<br />

Eimer Martin<br />

Uptime Object Factory Inc., Zürich<br />

Eppler Fritz<br />

Maler Eppler AG, Zürich<br />

.Jrnst Thomas<br />

Eberhard Recycling AG, Kloten<br />

Eyer Beat<br />

Fischer-Architekten AG, Zürich<br />

Fahrni Fritz<br />

Sulzer AG, Winterthur<br />

Fechtig Roben<br />

Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> ETH, Zürich<br />

Felder Erwin<br />

Wache AG, Zürich<br />

Fercher Martin<br />

Architektur ETH, Naters<br />

Fingerhuth Carl<br />

ehern. Hochbauamt Stadt Basel, Basel<br />

Fischli Klaus<br />

Generalsekretariat SIA, Zürich<br />

Flühler Hannes<br />

Institut für Terrestrische Ökologie ETH, Schlieren<br />

reuler Erich<br />

Stadtküche Zürich, Zürich<br />

Glauser Heinrich<br />

Metron AG, Brugg<br />

Grossmann Beat<br />

Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />

Zürich AGW, Zürich<br />

Gubler Hannes<br />

Verband Schweiz. Ziegelindustrie, Zürich<br />

Gut Rudolf<br />

Hochbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Haas Leo<br />

Toggenburger AG, Winterthur<br />

Hafen Albert<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

Hajnos Nikolaus<br />

Architekturbüro, Zürich<br />

Hartmann Jürg<br />

I+B Architekten, Bern<br />

Heer Walter<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

Hegnauer Christoph<br />

Baupolizei Stadt Zürich, Zürich<br />

Heim Richard<br />

Bauamt II Stadt Zürich, Zürich<br />

Henz Alexander<br />

Architektur ETH, Zürich<br />

Hepperle Erwin<br />

Recht <strong>und</strong> Ökonomie ETH, Zürich<br />

Hettich Urs<br />

Hochbauamt Kanton Bern, Bern<br />

Höhn Eduard<br />

EAWAG,Dübendorf<br />

Hossbach Heidi<br />

Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bern<br />

Huber Martin<br />

Liegenschaftenverwaltung Coop Schweiz, Basel<br />

Hunkeler Fritz<br />

Techn. Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der<br />

Schweiz. Zementindustrie (TFB), Wildegg<br />

Huppenbauer Markus<br />

Theologische Fakultät Uni, Zürich<br />

Imboden Dieter<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften ETH, Zürich<br />

Irzan Ratina T.<br />

Specter GmbH, Zürich<br />

Issler Naegeli Martina<br />

Migros Genossenschafts-B<strong>und</strong>, Zürich<br />

Kälin Adi<br />

Tages-Anzeiger, Zürich<br />

KappeIer Peter<br />

Brunner Erben AG, Wallisellen<br />

Keller Albert<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

KnoepfelIvo<br />

Energietechnik ETH, Zürich<br />

Knöpfli Max<br />

Nuvag <strong>Umwelt</strong>schutz AG, Bürglen<br />

Knörr Marcel<br />

FDP Sekretariat, Zürich<br />

Koch Ursula<br />

Bauamt II Stadt Zürich, Zürich<br />

Kohler Niklaus<br />

Universität Karlsruhe (TH), Karlsruhe<br />

Krayer Thomas<br />

Institut für Baubiologie, Zürich<br />

Kreidler Erwin<br />

Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />

Zürich AGW, Zürich<br />

Kruck Roswitha<br />

Konjunkturforschung KOF ETH, Zürich<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

11


Dank<br />

_<br />

Läderach Rudolf<br />

Debag Zürich, Zürich<br />

Landolt Elias<br />

Geobotanisches Institut ETH, Zürich<br />

Lendi Martin<br />

Recht <strong>und</strong> Ökonomie ETH, Zürich<br />

Leutert Fredy<br />

Ökologiebüro, Stetten SH<br />

Lichtensteiger Leo<br />

Karl Steiner GU AG, Zürich<br />

Lüdin Hans<br />

Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />

Maag Christoph<br />

Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />

Zürich AGW, Zürich<br />

Manz Eduard<br />

Tiefbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Martelli Kathrin<br />

Bauamt I Stadt Zürich, Zürich<br />

Massler Hermann<br />

Hochbauamt Kanton Zürich, Zürich<br />

Mathys Alexander<br />

Mathys AGV, Zürich<br />

Meier Hans<br />

Abfuhrwesen Stadt Zürich, Zürich<br />

Meier Hansruedi<br />

Architekturbüro Meier, Zürich<br />

Merz Annemarie<br />

Sozialamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Meyer Urs<br />

Planpartner AG, Zürich<br />

Minsch Jürg<br />

Institut für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie (IWÖ) Hochschule<br />

St. Gallen, St. Gallen<br />

Mooser Pierre Michel<br />

Cepter Ltd., Zürich<br />

Moretti Walter<br />

Novavox AG, Zürich<br />

Müller Martin<br />

Temum <strong>Umwelt</strong>management, Brugg<br />

Müller Marcel<br />

Schauspielhaus AG, Zürich<br />

Müller Erich<br />

Sulzer AG, Winterthur<br />

Nüesch Jakob<br />

Präsidium ETH, Zürich<br />

Oechslin Konrad<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

P. M.<br />

KraftWerk I, Zürich<br />

Pfändler Harry<br />

Restaurant Villagio, Zürich<br />

Pfister Heinz<br />

BUWAL, Bem<br />

Pleisch Peter<br />

Dr. Pleisch AG, Bäretswil<br />

Pletscher Heinz<br />

Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />

Plüss Adrian<br />

Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />

Ponti Silvio<br />

Sika AG, Zürich<br />

Portmann Wemer<br />

IG Kreis 5, Zürich<br />

Reinhard Caspar<br />

Schweizer Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein SIA,<br />

Zürich<br />

Reuter Daniel<br />

EVP Sekretariat, Zürich<br />

Rey Charlotte<br />

Steinmann-Rey, Oberdorf<br />

Richi (Jun.) Jakob<br />

Kies- <strong>und</strong> Sandwerk Richi, Weiningen<br />

Riesen Theodor<br />

Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bem<br />

Rindlisbacher Brigitte<br />

Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bem<br />

Ringger Heinrich<br />

Pressestelle Uni, Zürich<br />

Rock Susanne<br />

Architektur ETH, Zürich<br />

Rohrer Josef<br />

Schweizerischer B<strong>und</strong> für Naturschutz SBN, Basel<br />

Rosse Francis<br />

Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Rossi Angelo<br />

Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />

Zürich<br />

Ruh Hans<br />

Theologie Uni, Zürich<br />

Rusterholz Sandor<br />

Flumroc AG, Flums<br />

Schaerer Rene<br />

Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Basel<br />

Schalcher Hans-Ruedi<br />

Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> ETH, Zürich<br />

Schatt Paul<br />

Hochbauamt Kanton Zürich, Zürich<br />

Schaub Dominik<br />

SP Sekretariat, Zürich<br />

Schmid Samuel<br />

Coop Schweiz, Basel<br />

Schmid Felix<br />

Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />

Schmid Kar! Otta<br />

Stadtplanungsamt Stadt Zürich, Zürich<br />

Schmitt Herbert W.<br />

ZZ Zürcher Ziegeleien, Zürich<br />

12<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_______________________"--<br />

Dank<br />

Schubert Renate<br />

Wirtschaftsforschung ETH, Zürich<br />

Schulin Rainer<br />

Institut für Terrestrische Ökologie ETH, Schlieren<br />

Schuppisser Santiago<br />

Schweizer Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein SIA, Eigg<br />

Schütz Ha~s Jakob<br />

Coop Schweiz, Zürich<br />

Schwarz Jutta<br />

<strong>Umwelt</strong> + Wirtschaft + Energie, Zürich<br />

Schweizer Max<br />

Schweizer Max AG, Zürich<br />

Specker Heinz<br />

Technopark Immobilien AG, Zürich<br />

Spillmann Werner<br />

Ernst Basler & Partner AG, Zollikon<br />

Staehelin Johannes<br />

Atmosphärenphysik ETH, Zürich<br />

ütark Daniel<br />

Muldenzentrale AG, Zürich<br />

Steinfels Eric<br />

Steinfels AG, Zürich<br />

Stocker Monika<br />

Sozialamtes Stadt Zürich, Zürich<br />

Stofer Bernard<br />

Büro für Baubiologie, Solothurn<br />

Streiff Thomas<br />

Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />

Studer Erwin W.<br />

profact AG, Zürich<br />

Teutsch Rene<br />

Schweiz. Fachverband für Sand <strong>und</strong> Kies (FSK), Bern<br />

Trachsler Heinz<br />

Koordinationsstelle für <strong>Umwelt</strong>schutz KofU Kanton<br />

Zürich,· Zürich<br />

Tropeano Ruggero<br />

Tropeano <strong>und</strong> Pfister Architekten, Zürich<br />

Trüeb Lydia<br />

Bauamt Ir Stadt Zürich, Zürich<br />

Vallot Philippe<br />

Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bern<br />

Vanoni Willy<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

Vetter Klaus<br />

Videoproduktion, Zürich<br />

Von Ah Christoph<br />

Architektur ETH, Winterthur<br />

Von Waldkirch Thomas<br />

Technopark, Zürich<br />

Wagner Bernhard<br />

Schweizerische Bankgesellschaft, Zürich<br />

Wakefield Alan<br />

Architektur ETH, Gränichen<br />

Waldispühl sen. Urs<br />

Maurerlehrhallen, Sursee<br />

Watter Jörg<br />

Züblin Anlagen <strong>und</strong> Projekte AG, Zürich<br />

Weber Ha.ns Ueli<br />

Ökozentrum Zürich, Zürich<br />

Wehrli Hans Jörg<br />

Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />

Weller Willi P.<br />

Verband Schweiz. Ziegelindustrie, Zürich<br />

Wenk Felix<br />

KWH Bautechnologen AG, Zürich<br />

Werner Helmuth<br />

Quartierverein Kreis 5, Zürich<br />

Wesseis Hans-Peter<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften ETH, Zürich<br />

Widmer Hans<br />

Oerlikon-Bührle Holding AG, Zürich<br />

Widmer Fritz<br />

Planung ETH, Zürich<br />

Wiegand Jürgen<br />

Planconsult AG, Basel<br />

WitzigArnold<br />

Industriebauten-Engineering AG, Zürich<br />

Wüthrich Thomas<br />

GP Sekretariat, Zürich<br />

Zibell Barbara<br />

Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />

Zürich<br />

Ziegler Mark<br />

Industriebauten-Engineering AG, Zürich<br />

Zumbrunnen Alexander<br />

Architektur ETH, Küsnacht<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

13


Inhalt<br />

1. Ein ((reales, komplexes, gesellschaftlich<br />

relevantes Problem» 17<br />

2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 18<br />

3. Nachhaltigkeit 19<br />

4. Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Realisation<br />

Ökologischen <strong>Bauen</strong>s 20<br />

5. Architektonische Planungsstudien 20<br />

6. Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit 21<br />

7. Für wen sind die Ergebnisse der<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> von Interesse? 22<br />

8. Was sind wesentlichen Ergebnisse<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>? 23<br />

9. Perspektiven 28<br />

Amor<br />

Roland W. Scholz


Einleitung<br />

_<br />

16 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------------ Einleitung<br />

1. Ein «retlles. 1(()fn,,'eX~!S,<br />

gesellschaftlich<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> des Studienganges <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

beschäftigt sich mit einem «realen,<br />

komplexen, gesellschaftlich relevanten Problem"<br />

(Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong> Schmiedlin, 1995), bei<br />

dem <strong>Umwelt</strong>aspekte im Zentrum stehen. Die Suche<br />

nach dem Fall erfolgte in diesem Jahr über einen<br />

Themen-Wettbewerb (siehe Kapitel ORGANISATION,<br />

Abschnitt 2). An diesem beteiligten sich Studenten<br />

<strong>und</strong> Dozenten verschiedener Hochschulen, Firmen,<br />

Gemeinden <strong>und</strong> Behörden. In die engere Prüfung<br />

<strong>und</strong> zur Abstimmung kamen schliesslich zwei<br />

Themen:<br />


Einleitung<br />

_<br />

2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal<br />

Im Raum Zürich gibt es eine grössere Anzahl von<br />

Industriearealen, die bereits frei geworden sind oder<br />

für die eine <strong>Umnutzung</strong> geplant oder zu erwarten ist.<br />

Das Sulzer-Escher Wyss-Areal befindet sich mitten in<br />

Zürich im Kreis 5 (Abb. 2). Als ehemaliger Hinterhof<br />

des Hauptbahnhofs geriet der Kreis 5 in den letzten<br />

zehn Jahren in den Fokus verschiedener Interessengruppen.<br />

Der Letten, der sich in unmittelbarer Nähe<br />

des SEW-Areals befindet, gelangte (vor dessen Räumung)<br />

<strong>durch</strong> das Drogenproblem zu unerwünschtem<br />

Ruhm.<br />

Im nordwestlichen Teil des 16.45 ha grossen SEW­<br />

Areals befindet sich der im Jahre 1990 fertiggestellte<br />

Technopark. In dem zu Anfang der achtziger Jahre<br />

konzipierten über 60'000 Quadratmeter (BGF, inkl.<br />

Dachfläche) grossen Gebäudekomplex sollten privatwirtschaftliche<br />

«high-tech orientierte» Forschung,<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Produktion ihren Platz<br />

finden.<br />

Die Idee des Technoparks bestimmte auch die<br />

Konzeption des Privaten Gestaltungsplans Sulzer­<br />

Escher Wyss. Nach mehrjährigen, harten <strong>und</strong> wiederholt<br />

unterbrochenen Verhandlungen zwischen den<br />

Gr<strong>und</strong>eigentümern <strong>und</strong> der städtischen Baubehörde,<br />

über arealbezogenen Sonderbauvorschriften wurde<br />

schliesslich in Form eines privaten Gestaltungsplan<br />

eine tragfähige Einigung erzielt. Der Gestaltungsplan<br />

hat seither die politischen <strong>und</strong> rechtlichen Hürden<br />

überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wurde am 11. November 1995<br />

rechtskräftig. Der Gestaltungsplan gewährt, bei<br />

gr<strong>und</strong>sätzlicher Beibehaltung der Zonenordnung für<br />

das Sulzer-Escher Wyss-Areal grössere planerische<br />

Freiheiten <strong>und</strong> ermöglichte den verhandelnden Parteien<br />

Stadt Zürich <strong>und</strong> Arealeigner einen Kompromiss<br />

Abb. 2 Das Sulzer-Escher Wyss-Areal als Eckpfeiler des Industriequartiers zwischen Limmat <strong>und</strong> Eisenbahntrassee, 1600 m nordwestlich des Hauptbahnhofs,<br />

Luftbild: Photoswissair.<br />

'<br />

18 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-------- Einleitung<br />

(vgl. Kapitel ZIELFlNDUNG). Wesentlich an der gef<strong>und</strong>en<br />

Problemlösung ist die Zielsetzung, den Standort<br />

für industrielle <strong>und</strong> industrienaheProduktion zu erhalten,<br />

ihn aber für andere Nutzungsformen, insbesondere<br />

Wohnen, zumindest stückweise zu öffnen.<br />

Insgesamt 8.5 ha stehen gegenwärtig der <strong>Umnutzung</strong><br />

zur Verfügung.<br />

Der Immobilienmarkt, der sich an einer Vorstellung<br />

von einem stetigen, unbegrenzten <strong>und</strong> ständig<br />

akzelerierenden Wachstum orientierte, gerät aber<br />

seiteiniger Zeit unter (schweren) Druck. Ursache ist<br />

die gegenwärtige Wirtschaftskrise. Diese ist nicht<br />

von einer lokalen oder kurzfristigen Depression<br />

gezeichnet, sondern kann als strukturelle Krise bezeichnet<br />

werden. Begleitet wird sie von Produktionsverlagerungen,<br />

qualitativem technologischen Wandel,<br />

Verkleinerung des Arbeitsmarktes, Anzeichen<br />

sozialer Polarisierung usw. Dies trifft, wenn auch<br />

jeitverzögert <strong>und</strong> bislang weniger hart als andere<br />

Wirtschaftszentren, auch den Standort Zürich. Sichtbares<br />

Zeichen sind Leerstände von Dienstleistungs<strong>und</strong><br />

Industriegebäuden, auch im Kreis 5 <strong>und</strong> auf dem<br />

SEW-Areal.<br />

Unter besonderem Druck steht in dieser Situation<br />

die schweizerische Bauindustrie. Um Bauten überhaupt<br />

zu realisieren, müssen erhebliche Preisabschläge<br />

gemacht werden. «Im Durchschnitt sanken<br />

die Baukosten seit Ausbruch der Krise 1990/91 um<br />

20%, in einzelnen Bereichen zu 35%" (SBV).<br />

Ein Preisverfall <strong>durch</strong> Überangebot bestimmt aber<br />

auch die Gr<strong>und</strong>stückspreise. Dies betrifft insbesondere<br />

die ehemaligen Industrieareale. Hinzu kommen<br />

die Kosten für die Beseitigung der Gebrauchsspuren<br />

<strong>und</strong> der ökologische Narben der Vergangenheit. Am<br />

schwersten wiegen die Altlasten, die als erheblicher<br />

Kosrenfaktor zu kalkulieren sind.<br />

Man darf es somit wohl mit einigem Recht als<br />

mtizyklisches Verhalten bezeichnen, wenn sich<br />

die umweltnaturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> mit<br />

der ökologische Wertschöpfung bei der <strong>Umnutzung</strong><br />

von Industriearealen beschäftigt. Die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

möchte einen Beitrag zur Findung überzeugender<br />

Wege der <strong>Umnutzung</strong> von Industriearealen liefern,<br />

<strong>und</strong> dazu beitragen, dass der Preisverfall im <strong>Bauen</strong><br />

nicht von einem Verfall der <strong>Umwelt</strong>qualität begleitet<br />

wird.<br />

3. Nachhaltigkeit<br />

Erfreulicherweise hat sich in der Schweizerischen<br />

Grossindustrie das Konzept «Nachhaltigkeit als Prinzip<br />

unternehmerischen HandeIns» (Krauer, 1994, S.45)<br />

<strong>durch</strong>gesetzt. Qualität ist in diesem Rahmen neu<br />

zu definieren. «Umfassende Qualität bedeutet, K<strong>und</strong>enbedürfnisse<br />

wirtschaftlich optimal zu erfüllen,<br />

das heisst unter geringstmöglichem (Hervorhebung<br />

<strong>durch</strong> den Autor) Einsatz von Ressourcen aller Art"<br />

(Fahrni, 1993). Die Geschäftsleitung der SULZER<br />

AG hai sich in dieser Hinsicht hohe Ziele gesetzt:<br />

«Sulzer will bei der Unterstützung einer nachhaltigen<br />

Entwicklung der Gesellschaft führend sein <strong>und</strong><br />

zu den <strong>Umwelt</strong>schutzbemühungen von nationalen<br />

<strong>und</strong> lokalen Behörden beitragen." (Sulzer, 1993, S. 5)<br />

Auch wenn das Nachhaltigkeitsprinzip im schweizerischen<br />

Recht (noch) nicht beim Namen genannt<br />

wird, sind etwa das im <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz geforderte<br />

Vorsorgeprinzip (USG Art. 1 Abs. 2) <strong>und</strong> die<br />

im Raumplanungsgesetz enthaltene haushälterische<br />

Bodennutzung Bestimmungsgrössen der Nachhaltigkeit.<br />

«Damit Massnahmen <strong>und</strong> Produkte auch für die<br />

Nachwelt verträglich sind, müssen diese die ökologische,<br />

wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Dimension<br />

berücksichtigen" (Interdepartementaler Ausschuss<br />

Rio, 1995, S. 22). Grosse potentielle Bauvorhaben,<br />

wie städtebauliche Reintegration <strong>und</strong> Transformation<br />

von Industriearealen stehen in der Prioritätenliste<br />

zu einer Nachhaltigen Siedlungsentwicklung (Stadt<br />

Zürich, 1995) an oberer Stelle. Sie sind zumindest<br />

potentiell Hauptschlagadern von baubezogenen<br />

Stoff- <strong>und</strong> Materialkreisläufen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

19


Einleitung--'----<br />

_<br />

4. Bewertungg Steuerung <strong>und</strong><br />

Realisation Ökologischen Haurens<br />

Dem stark verbreiteten Wunsch nach Nachhaltigkeit<br />

im Allgemeinen steht noch e\n vergleichsweise schwaches<br />

Wissen darüber zur Verfügung, was Nachhaltigkeit<br />

im Konkreten bedeutet. Unklarheit besteht im<br />

Besonderen darüber wie mit dem Verhaltenspostulat<br />

«Think globally, act locally» im Einzelnen umzugehen<br />

ist, etwa wie eine lokale bauliche Tätigkeit zu bewerten<br />

ist.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> widmet sich Fragen der Bewertung,<br />

Steuerung <strong>und</strong> Realisation ökologischen<br />

<strong>Bauen</strong>s am Beispiel der (Um-)Nutzung von freiwerdenden<br />

Industrieflächen. Folgende Fragen werden<br />

bearbeitet:<br />

• Was heisst ökologisch bauen? Wie lässt sich <strong>Bauen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Umnutzung</strong> aus ökologischer Sicht bewerten?<br />

Wie können Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung in ein Bewertungsmodell<br />

integriert werden? Diese Fragen<br />

definieren das Bewertungsproblem.<br />

• Lassen sich in einer frühen Phase einer Planung<br />

Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung so bestimmen, dass<br />

eine Steuerung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen möglich<br />

wird? (Problembereich Steuerung).<br />

• Welche Anforderungen ergeben sich aus der Sicht<br />

einer <strong>Umwelt</strong> von morgen an das <strong>Bauen</strong> von heute?<br />

Wie können umweltbezogene Zielsetzungen bei<br />

einem Bauvorhaben erreicht werden? (Diese Fragen<br />

umreissen das Handlungsproblem).<br />

5. Architektonische<br />

Planungsstudien<br />

Die Bedeutung ökologischer Aspekte für Architektur,<br />

Planung <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, sowie die Chance, die<br />

das Sulzer-Escher Wyss Quartier für eine «nachhaltige<br />

Stadtentwicklung» bietet, wurde auch von Alexander<br />

Henz, Professor für Architektur <strong>und</strong> Planung, ETH<br />

Zürich, gesehen. Im Rahmen von Entwurfsarbeiten<br />

mit Studierenden im Hauptstudium entstanden in<br />

seiner Klasse 16 Entwürfe zu dem o.g. privaten Gestaltungsplan,<br />

in der Ökologie <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />

berücksichtigt wurden (vgl. Henz, 1995).<br />

Eine Auswahl von drei Planungsvarianten aus<br />

den Studien der Architekturstudenten sowie eine<br />

von der Sulzer-Escher Wyss AG beauftragte Vorstudie<br />

(Fischer Architekten AG/I+B Itten + Brechbühl AG)<br />

dienten als Arbeitsgr<strong>und</strong>lage für Bewertungsfragen!<br />

Die Auswahl des Areals als zu untersuchenden Fall<br />

wurde im wesentlichen <strong>durch</strong> diese Vorarbeiten <strong>und</strong><br />

die grosse Kooperationsbereitschaft von Prof. Henz<br />

motiviert.<br />

20<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Einleitung<br />

6. Prinzipien der ftlllSnltW~nar"E~1t<br />

Die <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n sollen<br />

Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung im Bereich<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftenvereinen. Das Vorgehen<br />

der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> baut auf der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive<br />

Grosses Moos auf.<br />

Ein wesentliches Element ist die Integration von<br />

Wissen (Scholz, 1995). Die Erkenntnisgewinnung<br />

<strong>durch</strong> Synthese ist das eigentliche Forschungsziel. Dabei<br />

zielt die Synthesearbeit nicht nur auf die Integration<br />

von Wissen aus verschiedenen Disziplinen oder<br />

<strong>Umwelt</strong>systemen: wesentlich für eine umfassende<br />

<strong>und</strong> praxisgerechte wissenschaftliche Synthesearbeit<br />

ist die Integration verschiedener Wissenshorizonte.<br />

Diese sind bei Arealeignern, Fachleuten aus dem<br />

Baugewerbe, Wirtschaftsexperten, Studierenden,<br />

Anwohnern <strong>und</strong> anderen Personen vorhanden, die<br />

,it dem Fall <strong>und</strong> fallspezifischen <strong>Umnutzung</strong>sfragen<br />

Erfahrung besitzen. Eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

für diese Wissensintegration war die Bereitschaft<br />

des Schweizerischen Baumeisterverbandes<br />

(SBV) <strong>und</strong> des Schweizerischen Ingenieur- <strong>und</strong><br />

Architektenvereines (SIA), der Stadt <strong>und</strong> des Kantons<br />

Zürich sowie anderer Institutionen, die <strong>Fallstudie</strong><br />

zu unterstützen, indem Türen <strong>und</strong> Schubladen<br />

geöffnet wurden.<br />

Die Arbeit der <strong>Fallstudie</strong> <strong>und</strong> der gewonnene<br />

Erkenntnisgrad in den Aussagen der Synthesegruppen<br />

ist jedoch nicht verständlich, ohne die Ebenen<br />

der Fal/studienarbeit zu betrachten.<br />

Zuoberst steht der Fall in seiner Gesamthaftigkeit,<br />

mit seiner Geschichte, Dynamik<br />

<strong>und</strong> Einzigartigkeit. Der Fall dient<br />

zur Reduktion der Universalität, die<br />

mit dem Thema Industrieareal ­<br />

<strong>Umnutzung</strong> - <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong><br />

:rknüpft ist. Wissen aus den Bereichen<br />

<strong>Bauen</strong> oder Altlasten werden zusätzlich<br />

einbezogen.<br />

Auf der mittleren Ebene finden<br />

sich die Synthesen. Die fünf Synthesegruppen<br />

der <strong>Fallstudie</strong> widmeten<br />

sich <strong>durch</strong> Wissensintegration den<br />

Fragen zur Bewertung, Steuerung<br />

<strong>und</strong> Handlung im Bereich <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>.<br />

Schliesslich gibt es die Ebene derjal/bezogenen <strong>und</strong><br />

der themenbezogenen (d.h. disziplinären wissenschaftlichen)<br />

Daten.<br />

In den Synthesegruppen arbeiteten 20 Studierende<br />

<strong>und</strong> jeweils vier bis fünf Tutorinnen <strong>und</strong> Tutoren.<br />

Die Teilprojektsgruppen bildeten sich aus Studierenden<br />

der verschiedenen Synthesegruppen, betreut<br />

von einer Fachperson aus Wissenschaft oder Praxis.<br />

Insgesamt waren an der <strong>Fallstudie</strong> neben den 92<br />

Studierenden der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften <strong>und</strong><br />

vier Architekturstudenten über 50 Wissenschafter<br />

<strong>und</strong> 100 Personen aus der Praxis beteiligt, von denen<br />

einige in dem Sinne zu Trägern der <strong>Fallstudie</strong> geworden<br />

sind, dass sie nicht nur zum Ergebnis beigetragen<br />

haben, sondern sich auch mit den Inhalten<br />

<strong>und</strong> Zielen der <strong>Fallstudie</strong> identifizieren. Zu diesen<br />

Trägern gehörte das Kuratorium der <strong>Fallstudie</strong>, denen<br />

Vertreter der Bauverbände <strong>und</strong> der Arealeigner<br />

angehörten (siehe Kapitel ORGANISATION).<br />

UNHallstudie <strong>'95</strong><br />

21


Einleitung<br />

7. Für sind die Ergebnisse<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

Ein Grossprojekt zu einer komplexen umweltnaturwissenschaftlichen<br />

Fragestellung wie die <strong>Fallstudie</strong><br />

<strong>'95</strong> liefert eine Vielzahl von Ergebnissen <strong>und</strong><br />

Typen von Produkten, die für verschiedene Personengruppen<br />

von besonderem Interesse sind.<br />

Aus der Sicht der <strong>Fallstudie</strong> unterscheiden wir drei<br />

verschiedene Produkte. Dies sind:<br />

• das vorliegende Buch,<br />

• die Ergebnisse des Prozesses der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

<strong>und</strong><br />

• Diplomarbeiten <strong>und</strong> Projekte, die in der Folge der<br />

<strong>Fallstudie</strong> entstehen.<br />

Durch die Produkte sollen verschiedene Personengruppen<br />

angesprochen werden:<br />

• Akteure des Falls: Unter den Akteuren <strong>und</strong> Interessenten<br />

des Falls fassen wir alle Personen - auch<br />

alle rechtlichen Personen -, die sich aus professionellem<br />

Interesse oder aus persönlicher Betroffenheit<br />

mit der Arealentwicklung beschäftigen. Zu<br />

dieser Gruppe gehören Eigner, Planer, Behördenvertreter,<br />

Politiker, Nachbarn, Anwohner aus dem<br />

Kreis 5 <strong>und</strong> an der Stadtentwicklung in Zürich<br />

interessierte <strong>und</strong> beteiligte Gruppen <strong>und</strong> Institutionen.<br />

• Bauleute <strong>und</strong> Planer: Dazu rechnen wir Ingenieure<br />

<strong>und</strong> Architekten, Personen aus dem Bauhauptgewerbe,<br />

die Immobilienbranche sowie alle Gruppen<br />

die mit der <strong>Umnutzung</strong> von Industrieflächen (z.B.<br />

Altlastengutachter) zu tun haben. Ein besonderes<br />

Augenmerk richten einige Kapitel des Buches auf<br />

die Ausbildung, insbesondere von Architekten <strong>und</strong><br />

Immobilienhändlern.<br />

• Wissenschafter <strong>und</strong>Didaktiker: Die Kapitel des Buchs<br />

sprechen viele Disziplinen an. Spezialisierte disziplinäre<br />

«Höchstleistungen» stehen jedoch nicht<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Das aus wissenschaftlicher Sicht<br />

Neue <strong>und</strong> Interessante findet sich in den Synthesen<br />

sowie in den Methoden., Die Herausforderung<br />

der Synthesearbeit besteht darin, Methoden <strong>und</strong><br />

Strategien anzuwenden, welche sowohl eine wissenschaftliche<br />

Tiefe gewährleisten als auch den<br />

ganzheitlichen Wesensmerkmalen des Falls oder<br />

Problems gerecht werden.<br />

• Studierende: Die umweltnaturwissenschaftliche<br />

<strong>Fallstudie</strong> zielt auf die Vermittlung der Ökologischen<br />

Problemlösefähigkeit. Die Studierenden sollen<br />

lernen, ausgehend von einer umweltnaturwissenschaftlichen<br />

Analyse der Systeme Wasser, Boden<br />

<strong>und</strong> Luft deren Wechselwirkungen mit der Biosphäre,<br />

Soziosphäre <strong>und</strong> Anthroposphäre verstehen<br />

<strong>und</strong> steuern zu können (vgl. Frischknecht,<br />

1995, S. 7). Nach Votum der Studierenden ist die<br />

<strong>Fallstudie</strong> der Ort, an dem diese Fähigkeit <strong>und</strong><br />

die «eigentliche umweltnaturwissenschaftliche Arbeitsweise»<br />

entwickelt werden soll.<br />

Für alle Leser sei an dieser Stelle eine Warnung<br />

angefügt (vgl. Scholz, 1995):<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> ist ein Lehrstück <strong>und</strong> kein Gesellenstück<br />

oder gar Meisterwerk. Die Inhalte des vorliegenden<br />

Buchs sind von Studierenden im Rahmen<br />

einer Lehrveranstaltung erarbeitet worden, in der<br />

eine besondere Art umweltnaturwissenschaftlicher<br />

Forschung <strong>und</strong> Anwendung erlernt werden sollte.<br />

Der überwiegende Teil des Textes wurde von den<br />

Studierenden geschrieben. Die Leser <strong>und</strong> Leserinnen<br />

sollten dies bei der Lektüre im Kopf behalten<br />

<strong>und</strong> gegebenfalls Nachsicht walten lassen.<br />

_<br />

22<br />

UNs-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


----------------:---------------- Einleitung<br />

8. wesentlichen<br />

<strong>'95</strong>7<br />

Die Einführung in die Ergebnisse folgt nicht der<br />

Kapitelfolge, sondern der vorstehenden Ordnung der<br />

Zielgruppen dieses Bandes.<br />

Akteurbezogene Resultate<br />

. Die Hauptakteure haben mit einer zehnjährigen Planung<br />

einen lang erscheinenden Prozess hinter sich.<br />

Die Geschichte des Areals ist ihnen bestens bekannt.<br />

Sie haben wesentliche Schritte des bisweilen dornenreichen<br />

Wegs bis zum Abschluss des privaten<br />

Gestaltungsplans unmittelbar erlebt.<br />

Weniger bekannt dürften jedoch die Gr<strong>und</strong>lagen·<br />

<strong>und</strong> die Natur der Konflikte <strong>und</strong> Interessenwider­<br />

,prüche sein. Das Kapitel ZIELBILDUNG untersucht,<br />

wie sich aus gegebenen <strong>und</strong> wahrgenommenen<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> der Zielbildung der Akteure<br />

die Projektanforderungen ergeben. In diesem Kapitel<br />

wird über Ergebnisse einer Dokumentenanalyse <strong>und</strong><br />

von Leitfadeninterviews berichtet.<br />

Die Analysen zeigen, dass die Sulzer-Escher Wyss AG<br />

<strong>und</strong> die Stadt Zürich ihre Ziele weitgehend in den<br />

Gestaltungsplan einbringen konnten. Sie offenbaren<br />

aber auch einige Gefahrenpunkte <strong>und</strong> Schwachstellen.<br />

So blieb der Planungsprozess lange Zeit<br />

weitgehend in den Händen weniger Personen, obwohl<br />

mit klaren arealbezogenen Zielen eine gute<br />

Ausgangslage für kooperative Planung gegeben wäre.<br />

Verhandlungenerfolgten lediglich bilateral zwischen<br />

den Arealeignern <strong>und</strong> der Stadt.<br />

Das Kapitel ZIELBILDUNG erarbeitet Thesen zur<br />

Optimierung der Projektanforderungen. Es wird<br />

nachdrücklich empfohlen, der Erkenntnis stärker<br />

Rechnung zu tragen, dass die Gr<strong>und</strong>lagen für Stoff<strong>und</strong><br />

Energieflüsse <strong>und</strong> die Qualität eines Gebäudes<br />

in den frühen Phasen der Planung gelegt werden.<br />

Es wird argumentiert, dass erhöhte Aufwendungen<br />

in der frühen Projektphase zu einer Optimierung<br />

führen, die zu späteren Zeitpunkt zurückgezahlt<br />

wird.<br />

Kritisch wird die geringe Kooperationsneigung von<br />

seiten der Arealeigner beurteilt. Die Reserviertheit<br />

resultiert offenbar aus einem befürchteten Kontrollverlust,<br />

dessen Ursache in einer Verwechslung von<br />

(unfreiwilliger <strong>und</strong> als Einschränkung empf<strong>und</strong>ener)<br />

Partizipation von Interessengruppen mit (freiwilliger<br />

<strong>und</strong> den Prozess bereichernder) Kooperation liegt.<br />

Schliesslich wird festgestellt, dass «auf der Ebene<br />

übergeordneter Ziele ein weitgehender Konsens<br />

zwischen den Interessengruppen herrscht» (z.B.<br />

bezogen auf das Ziel Nachhaltigkeit). Beklagt wird<br />

die «Diskrepanz zwischen öffentlichen Äusserungen<br />

<strong>und</strong> Firmenleitbildern», wobei insbesondere der<br />

Ökologie. «in mündlichen Aussagen meist mehr<br />

Gewicht beigemessen wird», als es dann in den<br />

Handlungen der Fall ist.<br />

Neue Ziele <strong>und</strong> neue Produkte wie Nachhaltigkeit<br />

benötigen in der Gesellschaft neue Formen von<br />

(Planungs-)Prozessen.<br />

An der letzten Aussage setzt das Kapitel RAUM­<br />

NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN an. Dabei wird der Begriff<br />

Raumnutzungsverhandlungen in zwei zu unterscheidenden<br />

Bedeutungen in der <strong>Fallstudie</strong> verwendet.<br />

• Raumnutzungsverhandlungen werden einerseits<br />

als ein qualifizierter Mediationsprozess begriffen,<br />

in dem Vertreter aller relevanten Interessengruppen<br />

zu einem gemeinsam getragenen Lösungsvorschlag<br />

kommen.<br />

• Andererseits sind Raumnutzungsverhandlungen<br />

ein relevanter (umwelt-)sozialwissenschaftlicher<br />

Untersuchungsgegenstand. Analysiert werden<br />

etwa die Wahrnehmung <strong>und</strong> die Bewertung des<br />

Verhandlungsgegenstandes oder Probleme <strong>und</strong><br />

Barrieren, die sich aus verschiedenen Interessenkonstellationen<br />

ergeben.<br />

Das Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNG widmete<br />

sich vornehmlich dem sozialwissenschaftlichen<br />

Aspekt. Identifiziert wurden vier Interessengruppen,<br />

die in eine Arealpromotion einzubeziehen wären.<br />

Neben der Gruppe Wirtschaft (unterteilt in Eigner<br />

<strong>und</strong> Investoren) <strong>und</strong> der öffentlichen Hand (Stadt<br />

Zürich) wurden die Gruppen der Ökologen <strong>und</strong> die<br />

Bevölkerung analysiert.<br />

In einer empirischen, quasiexperimentellen Untersuchung<br />

wurden 18 Vertreter aus diesen Gruppen<br />

mit einer Reihe von Interviews, Computererhebungen<br />

<strong>und</strong> Objekten konfrontiert. Auf diese Art wurden<br />

die Bewertungen der Planungsvarianten, sowie<br />

die Kriterien <strong>und</strong> die Gewichtungen erfasst, die zu<br />

einer Bewertung geführt haben.<br />

Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild, welches<br />

die Interessenswidersprüche zwischen den Akteursgruppen<br />

transparent macht.<br />

Die Vertreter der Wirtschaft schauen primär auf die<br />

Rentabilität, die <strong>durch</strong> die Rendite bestimmt wird.<br />

Sie sind aber offenbar bereit <strong>und</strong> in der Lage, die<br />

globalen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen, gemessen über eine<br />

Ökobilanz, mitzubetrachten. Ihnen gelingt ein Umdenken<br />

von Dollar auf die gleichermassen abstrakte<br />

Einheit «Ökodollar». Etwas schwieriger zugänglich<br />

<strong>und</strong> von geringerer Bedeutung ist für sie jedoch die<br />

bioökologische Qualität.<br />

Die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen über Stoffflüsse (te. die<br />

Ökobilanzdaten) sind selbstverständlich auch für die<br />

Vertreter der Ökologie von Bedeutung. Ökologen sind<br />

aber traditionell dem «Grün» zugeneigt. Deshalb gewichten<br />

Vertreter dieser Gruppe (im Gegensatz zu<br />

den Vertretern der Wirtschaft) die bioökologische<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 23


Einleitung<br />

_<br />

Qualität sehr hoch. Dabei wird die bioökologische<br />

Qualität über den in der FS <strong>'95</strong> konkretisierten<br />

Biotopflächenindex gemessen (vgl. ÖKOSYSTEM AREAL<br />

im Kapitel KURZBERICHTE).<br />

Die Vertreter der Bevölkerung haben dieses Kriterium<br />

stärker im Blick, da <strong>durch</strong> Grünflächen ein<br />

Stück Lebensqualität geschaffen wird. Für sie ist<br />

jedoch bei der Beurteilung des SEW-Areals der Einbezug<br />

in vorhandene soziale Strukturen am wichtigsten.<br />

Der grösste Unterschied unter den Akteursgruppen<br />

lag in der Bewertung des Einbezugs in die<br />

vorhandenen soziah:!n Strukturen des Kreises 5. Diese<br />

wurde von den Vertretern der Bevölkerung<br />

am stärksten gewünscht, während die Wirtschaftvertreter<br />

sie n.egativ oder überhaupt nicht bewerteten.<br />

Die Bewertung der verschiedenen Varianten offenbart,<br />

dass die als «industrienahe Nutzung» bezeichnete<br />

Variante im Mittel am wenigsten bevorzugt<br />

wurde.<br />

Aber welche Realisierungschancen besitzen die<br />

verschiedenen Varianten? Im Kapitel SZENARIO­<br />

ANALYSE wird eine Abschätzung der Realisierungschancen<br />

präsentiert, die Mithilfe einer sogenannten<br />

Konsistenzanalyse im Rahmen einer formativen<br />

Szenarioanalyse <strong>durch</strong>geführt wurde. Auch wenn das<br />

Ergebnis auf vergleichsweise weichen (subjektiven)<br />

Daten aufbaut, so ist das Ergebnis doch recht provozierend.<br />

Die von den Akteuren am wenigsten<br />

gewünschte Alternative besitzt die grösste (logische)<br />

Realisierungswahrscheinlichkeit. Die am meisten<br />

gewünschte Variante be"§itzt die geringsten Realisierungschancen.<br />

Die Ergebnisse wurden in einem Workshop<br />

«Raumnutzungsverhandlungen» mit den Akteuren<br />

am 20. November 1995 diskutiert. Die sozialwissenschaftlichen<br />

Ergebnisse der Raumnutzungsverhandlungen<br />

erschienen den Beteiligten <strong>durch</strong>weg valide.<br />

Auch wurde von Vertretern der Wirtschaft bestätigt,<br />

dass sie <strong>Umwelt</strong>aspekte nachgeordnet <strong>und</strong> vor allem<br />

nach Marktgesichtspunkten einbeziehen.<br />

Aus der Sicht der <strong>Fallstudie</strong> unbefriedigend <strong>und</strong><br />

auch in gewissem Widerspruch zu schriftlich formulierten<br />

Absichtserklärungen erscheint die unübersehbare<br />

Reserviertheit einiger Akteure zu einem<br />

«offenen Dialog über <strong>Umwelt</strong>fragen '" mit der<br />

Öffentlichkeit, insbesondere an den Standorten der<br />

Sulzer» (Fahrni, 1993, S. 5). Ziele einer umfassenden<br />

<strong>und</strong> auch «pareto-optimalen» Wertschöpfung in der<br />

Zukunft sollten sich stärker einer zeitgemässen <strong>und</strong><br />

gerade bei schwierigen Entwicklungsfragen bewährten,<br />

organisierten <strong>und</strong> mediierten Abstimmung <strong>und</strong><br />

Kooperation <strong>und</strong> dem verstärkten Einbezug von<br />

<strong>Umwelt</strong>aspekten bedienen.<br />

Für eine erfolgreiche Promotion sind Visionen <strong>und</strong><br />

neue Ideen notwendig. Ein Element der <strong>Fallstudie</strong>n<br />

ist die Ideenwerkstatt, deren Ziel es ist «etwas anderes<br />

zu machen». Vorgestellt wird ein Nachhaltigkeitszoo,<br />

eine Zukunftsvision in der Kultur <strong>und</strong> Leben auf<br />

dem Sulzer-Escher Wyss-Areal auf das Konzept Nachhaltigkeit<br />

ausgerichtet werden. Der Nachhaltigkeitszoo<br />

weckt Aufmerksamkeit. Dies wurde auf der<br />

Europäischen Messe für <strong>Umwelt</strong>technik (mut) vom<br />

24.-17.10.95 in Basel deutlich, auf der der «Zooführer»<br />

vorgestellt wurde.<br />

Bemerkenswert ist, dass bei der Zukunftsvision<br />

Nachhaltigkeitszoo mitbedacht wird, wie ein solches<br />

Produkt auf dem Markt lanciert werden kann. Dazu<br />

dient die Methode des <strong>Umwelt</strong>marketing, in der<br />

Preis-, Distributions-, Produkte- <strong>und</strong> Kommunikationspolitik<br />

die Schlüssel zum Erfolg darstellen.<br />

Der Reiz von <strong>Umwelt</strong>qualität in umgestalteten<br />

Industriearealen wird an Beispielen demonstriert.<br />

Beeindruckend ist das Bild einer nachhaltigen Symbiose<br />

von Mensch <strong>und</strong> Natur unter Glas (siehe<br />

KapiteIIDEENWERKSTATT), in der deutlich die Einflüsse<br />

des Projekts KraftWerk 1 (Blum et al., 1993)<br />

sichtbar werden.<br />

Ergebnisse {iir den Bereich Ball <strong>und</strong> Planung<br />

Die Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen stellt für die Baubranche<br />

eine grosse Herausforderung dar. Bautätigkeit<br />

kann für die <strong>Umwelt</strong> eine Be- oder eine Entlastung<br />

darstellen. Das Kapitel UMSETZUNG ordnet<br />

die grosse Vielzahl von Zielen, Massnahmen <strong>und</strong><br />

Anforderungen, mit denen <strong>Umwelt</strong>aspekte optimiert<br />

werden können.<br />

Als Entscheidungsraster wird ein WERKBLATT<br />

BAUEN & ÖKOLOGIE vorgestellt. Das Werkblatt soll<br />

Bauherren, Architekten <strong>und</strong> Planern helfen, umweltbezogene<br />

Massnahmen über den gesamten Lebenszyklus<br />

eines Bauwerkes besser zu integrieren. Das<br />

Werkblatt umfasst einen Katalog von 82 Massnahmen.<br />

Erste Rückmeldungen erscheinen ermutigend;<br />

dass sich die aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />

Sicht erstellte «Ziel-Kriterien-Anforderung-Massnahme-Taxonomie»<br />

für die Entwicklung konkreter<br />

Checklisten in Verbänden oder grösseren Unternehmen<br />

als Gr<strong>und</strong>lage eignet. Mit einer Anwendung<br />

des Merkblatts auf das Sulzer-Escher HYss-Areal wird<br />

auch die prinzipielle Praxistauglichkeit des Werkblatts<br />

demonstriert.<br />

Kosten <strong>und</strong> Aufwand stellen eine gesellschaftlich<br />

vereinbarte Bewertungsdimension für <strong>Umwelt</strong>handeln<br />

dar. An den Beispielen Altlasten <strong>und</strong> Rückbau<br />

wird gezeigt, wie verschiedene Strategien der Entsorgung<br />

wirtschaftlich bewertet werden. In einer<br />

Kosten-Nutzen-Analyse wird die ökologischen Zielerreichung<br />

(Wirksamkeit) den Kosten gegenübergestellt.<br />

Es wird gezeigt, dass der Markt noch nicht<br />

die richtigen Signale setzt, <strong>und</strong> suboptimales ökologisches<br />

Handeln preislich belohnt wird.<br />

24<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Einleitung<br />

Mit Ökobilanz (eng1. Life Cycle Assessment) wird eine<br />

Gruppe von Verfahren zur Analyse <strong>und</strong> Bewertung<br />

von <strong>Umwelt</strong>einflüssen <strong>und</strong> -auswirkungen bezeichnet<br />

(vgl. Hofstetter <strong>und</strong> Braunschweig, 1994). Die<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> hatte sich als Ziel gesetzt, eine Ökobilanz<br />

für das Areal zu erstellen. Gr<strong>und</strong>lage dazu<br />

bilden die Pläne <strong>und</strong> Nutzungsdarstellungen der<br />

Studien der ArchitektursrudentInnen <strong>und</strong> die mit<br />

den Erläuterungen zum Gestaltungsplan (Sulzer­<br />

Escher Wyss, 1994) verknüpfte Studie der «Fischer<br />

Architekten AG".<br />

Damit wurde gleich in doppelter Hinsicht Neuland<br />

betreten. Zum einen wurde bislang noch keine Ökobilanz<br />

für ein Areal erstellt. Zum zweiten erschien es<br />

vermessen, auf der Gr<strong>und</strong>lage von nur holzschnittartig<br />

vorliegenden Planungsentwürfen eine ökologische<br />

Bewertung der Material- <strong>und</strong> Energieflüsse für<br />

den gesamten Lebenszyklus eines Areals vorzunehen.<br />

Um es vorwegzunehmen, trotz einer Reihe von<br />

Abstrichen ist die Zielsetzung mehr als befriedigend<br />

erfüllt worden.<br />

Die Bilanzierung basiert auf der Methode der auswirkungsorientierten<br />

Bilanzierung nach Heijungs<br />

et a1. (1992). In einem äusserst aufwendigen Prozess<br />

konnten folgende Erkenntnisse erlangt werden, die<br />

im Kapitel ÖKOBILANZ dokumentiert sind:<br />

3 Die Erstellung einer auswirkungsorientierten Ökobilanz<br />

in einer derart frühen Phase der Planung ist<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich möglich <strong>und</strong> sinnvoll <strong>und</strong> kann als<br />

erfolgversprechende Strategie für eine ökologische<br />

Optimierung von Bau- <strong>und</strong> Planungsvorhaben betrachtet<br />

werden.<br />

3 Das Problem einer integrativen Bewertung der<br />

verschiedenen Auswirkungen bei Ökobilanzen<br />

ist noch nicht befriedigend gelöst. Jedoch lassen<br />

sich offenbar grössere Unterschiede zwischen Planungsvarianten<br />

klar erkennen.<br />

Jie Planungsunterlagen von Architekturentwürfen<br />

sind nicht auf eine ökologische Bewertung vorbereitet.<br />

Um die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen für den<br />

gesamten Lebenszyklus von Gebäuden zu bewerten,<br />

bedarf es erweiterter Daten <strong>und</strong> einer anderen<br />

Datenorganisation. Diese wurden mit Hilfe der<br />

Architekturstudenten M. Fercher, C. von Ah, A.<br />

Wakefield <strong>und</strong> A. Zumbrunnen sowie der Hilfe von<br />

Herr Eyer aus der Firma Fischer Architekten AG<br />

erstellt.<br />

3 Ein gr<strong>und</strong>sätzliches Problem stellt der Referenzrahmen<br />

der Bewertung dar. Es ist zweifelsfrei möglich,<br />

Planungsvarianten mit gleicher Nutzungsstruktur<br />

zu vergleichen. Unterscheiden sich jedoch<br />

zwei Planungsstudien in der Nutzungsform, so<br />

existiert noch kein geeigneter Referenzrahmen,<br />

um die <strong>Umwelt</strong>au~wirkungenzu bestimmen, die<br />

ersatzweise ausserhalb eines Areals erfolgen. Akzeptiert<br />

man, dass eines der zentralen Probleme<br />

auf dem Weg zu einer Realisation einer nachhaltigen<br />

Gesellschaft die Entkoppelung des Bruttosozialprodukts<br />

vom Ressourcenverbrauch <strong>und</strong> den<br />

damit verb<strong>und</strong>enen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen darstellt<br />

(vgl. Nüesch, 1994; von Weizsäcker, '1994;<br />

Schmidt-Bleek, 1993), erscheint der im Kapitel<br />

ÖKOBILANZ unterbreitete Vorschlag, die ökologischen<br />

Indikatoren auf die Nettorendite zu beziehen,<br />

zumindest näherer Betrachtung würdig.<br />

Die Handlungsspielräume für Ökologie im Bereich<br />

<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> werden <strong>durch</strong> Rahmenbedingungen<br />

begrenzt. In einer 34 Experten einschliessenden<br />

Befragung werden die wichtigsten Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> ihre gegenseitige Beeinflussung<br />

im Kapitel RAHMENBEDINGUNGEN vorgestellt.<br />

Eine komplexe Systemanalyse kann <strong>durch</strong> formale<br />

Modellierung transparent werden <strong>und</strong> gewinnen.<br />

Systemverständnis <strong>und</strong> Intuition werden <strong>durch</strong> formale<br />

Analysen gestützt (Scholz, 1994). Das Kapitel<br />

RAHMENBEDINGUNGEN analysiert verschiedene Szenarien<br />

im Rahmen eines System Dynamics Soft Modelling.<br />

Mithilfe von Sensitivitätsanalysen werden die<br />

Einflüsse von Rahmenbedingungen auf <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Bauen</strong> exploriert. Auch wenn der ModelIierung wie<br />

im Kapitel SZENARlOANALYSE vergleichsweise «weiche<br />

Daten" zugr<strong>und</strong>e liegen, so lassen sich verschiedene<br />

bemerkenswerter Thesen ableiten <strong>und</strong> stützen:<br />

3 Eine einzelne Massnahme bewirkt meistens keine<br />

grosse Veränderung im gesamten System. Um den<br />

Bauprozess ökologischer zu gestalten, muss eine<br />

Vielzahl von Massnahmen auf mehreren Ebenen<br />

ins System eingreifen. Diese Aussage deckt sich<br />

qualitativ mit den Ergebnissen der Szenarioanalyse<br />

des BUWAL zum Treibhauseffekt (BUWAL, 1994).<br />

e Das allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein <strong>und</strong> die konjunkturelle<br />

Lage sind die beiden stärksten (<strong>und</strong><br />

nicht als vollkommen unabhängig zu betrachtenden)<br />

Einflussgrössen für das System.<br />

e Lenkungsabgaben auf ökologisch schädliche Produkte<br />

(z.B. fossile Energie) erscheinen innerhalb<br />

des Modells als wirksamste steuerbare Rahmenbedingung.<br />

Das künstlerische Element der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

präsentiert das Nachhaltigkeitsvideo (siehe Kapitel<br />

IDEENWERKSTATT). In bildlich sinnlicher Form werden<br />

Stoffflüsse <strong>und</strong> Energieverbrauch baulicher Tätigkeit<br />

bei der Neugestaltung von Industriearealen vermittelt.<br />

Das Video macht unnachhaltiges Handeln<br />

bewusst. Es macht zugleich betroffen, begeistert,<br />

berührt <strong>und</strong> irritiert. Dies haben verschiedene<br />

Präsentationen gezeigt. Bemerkenswert ist, dass die<br />

Grenze zwischen Begeisterung <strong>und</strong> Zustimmung auf<br />

der einen Seite <strong>und</strong> skeptischer Distanz <strong>und</strong> Ablehnung<br />

auf der anderen in allen Zielgruppen sichtbar<br />

ist. In allen Gruppen, d.h. bei Wissenschaftern,<br />

Angehörigen der Sulzer-Escher Wyss, Studierenden<br />

UNHallstudie <strong>'95</strong><br />

25


Einleitung ~ _<br />

usw. finden sich beide Positionen. Geeignet erscheint<br />

das Video insbesondere für die Architektenausbildung,<br />

indem es einen Zugang zu ökologischen<br />

Gesichtspunkten unterstützen kann.<br />

Hingewiesen sei hier auf das Kapitel KURZBERICHTE,<br />

in welchem eine Auswahl der Teilprojektergebnisse<br />

vorgestellt wird. Das Kapitel BAUCHEMIE präsentiert<br />

eine Kurzeinführung in den Problembereich Innenraumbelastung,<br />

während der Bericht ÖKOSYSTEM<br />

AREAL zeigt, wie schon in der Planungsphase der<br />

Weg von einer Freiflächenziffer zu einer stadtökologischen<br />

Qualität vorzubereiten ist. Last but not<br />

least wird im Kapitel PROMOTION die Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

Kosten <strong>und</strong> Ertragsseite vorgestellt, wie sie in professioneller<br />

Weise in die <strong>Fallstudie</strong>narbeit eingegangen<br />

sind. Um Missverständnissen zu begegnen<br />

sei betont, dass diese Aspekte als Basis, jedoch aus<br />

umweltnatur- <strong>und</strong> umweltsozialwissenschaftlicher<br />

Sicht nicht als Ziel einer integralen Bewertung <strong>und</strong><br />

Entwicklung angesehen werden dürfen.<br />

Wissenschaftliche <strong>und</strong> didaktische Resultate<br />

Mit der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> konnten wesentliche Fortschritte<br />

bezüglich einer methodisch, geleiteten, gesamtheitlichen<br />

Problembearbeitung erzielt werden.<br />

Zum Einsatz kam eine Fülle von Methoden, zu<br />

denen Ökobilanzierung, System ·Dynamics Soft<br />

Modelling, EDV-unterstützte Bewertungs- <strong>und</strong> Auswertungstechniken<br />

wie AHP (Analytical Hierarchy<br />

Processing) <strong>und</strong> MAUD (Multiattribute Nutzen Messung),<br />

Raumnutzungsverhandlungen usw. gehören<br />

(vgl. Kapitel METHODEN).<br />

Mithilfe dieser Integrations-Methoden wird der<br />

Übergang von der Ebene der Daten (den Teilprojekten)<br />

zu den im Vordergr<strong>und</strong> stehenden Synthesen<br />

bewerkstelligt. Gr<strong>und</strong>sätzlich bestätigt die <strong>Fallstudie</strong>,<br />

dass eine integrative, genuin interdisziplinäre<br />

Projektarbeit zu komplexen umweltnaturwissenschaftlichen<br />

Fragestellungen möglich <strong>und</strong> fruchtbar<br />

ist. Die Integrations-Methoden unterstützen auch<br />

die interdisziplinäre Kooperation <strong>und</strong> den gegenseitigen<br />

Austausch von Wissen an den beteiligten<br />

Instituten <strong>und</strong> Hochschulen. Dazu gehörten neben<br />

den Instituten des Departements für <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

in der ETH die Departemente Architektur<br />

(Professur Architektur <strong>und</strong> Planung: Henz,<br />

Rock u.a), Maschinenbau, Betrieb <strong>und</strong> Produktion (Institut<br />

für Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsphysiologie: Wanner,<br />

Carlucci u.a.), Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> (Institut für Bauplanung<br />

<strong>und</strong> Baubetrieb: Fechtig, Schalcher, Schregenberger;<br />

Professur für Stoffhaushalt <strong>und</strong> Entsorgungstechnik:<br />

Baccini, Redleu.a.) oder Energie- <strong>und</strong><br />

Verfahrenstechnik (Inst. für Energietechnik: Suter,<br />

Frischknecht, Hofstetter u.a.), von Seiten der Uni<br />

Zürich das Institut für Sozialethik (Ruh, Huppen-<br />

bauer u.a) <strong>und</strong> vom Fachbereich für Architektur<br />

der Universität Karlsruhe, Deutschland (Institut für<br />

Industrielle Bauplanung, Kohler). Gestützt wurde<br />

die Arbeit <strong>durch</strong> die Trägerschaft <strong>und</strong> Mitarbeit von<br />

Verbänden, von denen hier nur der Schweizerische<br />

Baumeisterverband (Pletscher, Erb u.a.), die technische<br />

Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der Schweizerischen<br />

Zementindustrie (TFB: Hunkeler) der<br />

Schweizerische Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein<br />

(Reinhard, Fischli u.a) benannt seien.<br />

Das Konzept einer Leitung der <strong>Fallstudie</strong> mit<br />

studentischer Mehrheits-Mitbestimmung hat sich<br />

wiederum bewährt. Wie im Jahr 1994 wurde die<br />

FS <strong>'95</strong> von einer Kommission mit etwa zehn studentischen<br />

Mitgliedern <strong>und</strong> fünf Dozenten über ein Jahr<br />

lang vorbereitet <strong>und</strong> während des Sommersemesters<br />

geleitet.<br />

Gleichermassen gelungen ist die Integration<br />

von <strong>Umwelt</strong>sozial- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>naturwissenschafte'<br />

welche die umweltnaturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong><br />

kennzeichnet.<br />

Nicht in allen Bereichen voll befriedigen konnte<br />

hingegen der <strong>Fallstudie</strong>nprozess. Zwar gelang. es,<br />

den Ergebnissen verschiedener Evaluationen zufolge,<br />

während des Semesters nahezu alle beteiligten<br />

Studierende mit hoher Intensität an der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

zu beteiligen. Trotz wöchentlicher Information<br />

mittels der <strong>Fallstudie</strong>nzeitung «UmBau»<br />

(Abb. 8), intensiver elektronischer Kommunikation<br />

(e-mail, Mosaik), diverser Plenumsveranstaltungen<br />

etc. war es für einen Teil der Studierenden offenbar<br />

schwierig, sich im komplexen Grossprojekt Fall-<br />

Abb. 8 Die <strong>Fallstudie</strong>nzeitung UmBau erschien nahezu wöchentlich. Sie<br />

stellte ein wesentliches Organ zur Information <strong>und</strong> Kommunikation dar<br />

<strong>und</strong> wurde von allen «Trägern» der <strong>Fallstudie</strong> innerhalb <strong>und</strong>ausserhalb<br />

der ETHaufmerksam gelesen, wie aus den vielen Rückmeldungen geschlossen<br />

werden kann.<br />

26<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________Einleitung<br />

studie <strong>'95</strong> einen umfassenden Überblick zu verschaffen.<br />

Zum Teil gerieten Studierende in besondere<br />

Probleme, welche nicht an der Vorbereitungsarbeiten<br />

beteiligt waren oder sich erst bei Beginn der<br />

<strong>Fallstudie</strong> mit der Konzeption <strong>und</strong> den Zielen der<br />

<strong>Fallstudie</strong> beschäftigten.<br />

Man muss davon ausgehen, dass es ohne längere<br />

(äussere <strong>und</strong> innere) Vorbereitung in einem Semester<br />

von 14 Wochen nicht geltngen kann, zu einer<br />

Symbiose von empathischem Systemverständnis,<br />

analytischer Problemdekomposition <strong>und</strong> der Integration<br />

von Erfahrungswissen von Trägern ausserhalb<br />

der Hochschule zu kommen. <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

beinhaltet als Wesenszug das «selbständige Suchen<br />

nach Zielen der Bearbeitung" anstelle des «Lösens<br />

einer wohldefinierten Extremwertaufgabe". Auch<br />

dieses Jahr war das Ziel «Synthese- <strong>und</strong> Integrationsleistung<br />

anstelle von linearer Projektbearbeitung"<br />

jr einen Teil der Studierenden eine Barriere, die<br />

zu hoch war <strong>und</strong> zu Frustration führte. Hier gilt es in<br />

Zukunft geeignete Massnahmen zu ergreifen, die es<br />

den Studierenden ermöglichen <strong>und</strong> die sicherstellen,<br />

vor Beginn der <strong>Fallstudie</strong> geeignete Orientierungen,<br />

Erwartungen, Bereitschaften <strong>und</strong> das nötige Rüstzeug<br />

zu erwerben, die für eine erfolgreiche Arbeit<br />

notwendig sind.<br />

Angeführt werden sollten an dieser Stelle auch<br />

zwei entscheidende Fehler der Projektorganisation.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong>narbeit wurde entlang von fünf<br />

Synthesegruppen organisiert. Jede Synthesegruppe<br />

umfasste knapp 20 Studierende <strong>und</strong> bearbeitete<br />

einen Teilaspekt des Falls, unter ganzheitlichen·<br />

Gesichtspunkten. In der Phase der disziplinär <strong>und</strong><br />

datenorientierten Teilprojektorganisation wurden in<br />

mechanischer Weise (nahezu) jedem Teilprojekt genau<br />

ein(e) Studierende(r) aus einer Synthesegruppe<br />

?;ugeordnet. Diese Massnahme <strong>und</strong> die Grösse der<br />

Jynthesegruppen bedeutete offenbar einen Heimatverlust.<br />

Der Prozess der <strong>Fallstudie</strong>narbeit zeigte,<br />

dass der schon von Miller (1956) in seinem bahnbrechenden<br />

Artikel «The Magical Number Seven, Plus<br />

or Minus Two: Some limits on our Capacity for Processing<br />

Information» formulierte Gr<strong>und</strong>satz, offenbar<br />

auch für die <strong>Fallstudie</strong>narbeit Gültigkeit besitzt.<br />

Gruppen mit zehn oder mehr Personen sind nicht<br />

dauerhaft arbeitsfähig. Sie waren einem fortlaufenden<br />

Teilungs- <strong>und</strong> Neugruppierungsprozess unterworfen.<br />

Dies hat erfreulicherweise dazu geführt, dass<br />

der vorliegende Band, entgegen der Planung, mehr<br />

als fünf Synthesekapitel besitzt. Die unpassenden<br />

Gruppengrössen haben dazu geführt, dass einige<br />

Studierende ins «Offside» gesetzt wurden. Hier gilt<br />

es in Zukunft, eine Organisationsstruktur zu schaffen,<br />

die den offensichtlichen Grenzen menschlicher<br />

Informationsverarbeitung in kooperativen Prozessen<br />

gerecht wird.<br />

Unterschiedlich beurteilt werden mag das sensible<br />

politische Spannungsfeld, mit dem die Studierenden<br />

im Verlauf der <strong>Fallstudie</strong> konfrontiert wurden. Nach<br />

fast zehn Jahren kamen während des Sommersemesters<br />

1995 die Verhandlungen zwischen der Stadt <strong>und</strong><br />

den Eignern zu einem Abschluss. Der Gestaltungsplan<br />

wurde zur Halbzeit der <strong>Fallstudie</strong> im Stadtrat<br />

verabschiedet. Wie empfindsam ein sich bewegendes,<br />

reales Umfeld reagieren kann, konnte im Einzelfall<br />

in Erfahrung gebracht werden <strong>und</strong> war für<br />

die beteiligten Studierenden zweifelsfrei äusserst<br />

lehrreich. Aus didaktischer Sicht ist der Umgang mit<br />

Zielkonflikten ein wesentliches LernzieL Von Seiten<br />

der Sulzer-Escher Wyss wurde grosses Vertrauen<br />

<strong>durch</strong> die Bereitstellung vieler Daten gezeigt, das<br />

von den Studierenden <strong>durch</strong> einen sorgfältigen <strong>und</strong><br />

vertrauensvollen Umgang erwidert wurde.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

27


Einleitung ~ _<br />

9. Perspektiven<br />

Die bisherigen fünf <strong>Fallstudie</strong>n des Departements<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften weisen unterschiedliche<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile auf (siehe Müller-Herold<br />

<strong>und</strong> N euenschwander 1993; Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong><br />

Schmidlin, 1994, Scholz et al. 1995).<br />

Eine besondere Stärke der <strong>Fallstudie</strong> '94 im Grossen<br />

Moos war der kooperative Prozess mit den Bauern,<br />

in denen es gelang «Erfahrungs- <strong>und</strong> Wissenschaftswissen»<br />

zu ergänzen <strong>und</strong> den «Weg der Seeländer<br />

Bauern» (Aebersold, 1995) zu unterstützen. Die<br />

Arbeit fand regional grosse Resonanz, so dass im<br />

Anschluss an die <strong>Fallstudie</strong> verschiedene Diplomarbeiten<br />

<strong>und</strong> Naturierungsprojekte erfolgreich in Angriff<br />

genommen werden konnten. Die <strong>Fallstudie</strong> '94<br />

war ein Vorbild für den Typ von Umsetzung, den die<br />

<strong>Fallstudie</strong>narbeit verfolgt.<br />

Eine besondere Stärke der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> ist die<br />

Anwendung von Methoden zur komplexen umweltnaturwissenschaftliche<br />

Problemlösung in den Bereichen<br />

Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Handlung. Diese<br />

Methoden ermöglichten die analytische Wissensintegration<br />

über natur-, sozial- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftliche<br />

Aspekte, die für eine umweltnaturwissenschaftliche<br />

<strong>Fallstudie</strong> im Spannungsfeld Industrieareale<br />

- <strong>Umwelt</strong> - <strong>Bauen</strong> notwendig sind. Der<br />

vorliegende Band dokumentiert somit insbesondere<br />

Fortschritte auf dem Forschungsaspekt der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

Im didaktischen Bereich wurden bereits in der<br />

<strong>Fallstudie</strong> '94 (vgl. Koller u.a. e1995, S. 21) in einer<br />

Stärken-Schwächen-Analyse einige Herausforderungen<br />

umweltnaturwissenschaftlicher <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

sichtbar. Eine komplexe umweltnaturwissenschaftliehe<br />

<strong>Fallstudie</strong> muss aus der Sicht der<br />

Studierenden in mehrfacher Hinsicht zum gewünschten<br />

«jahrgangsübergreifenden Prozess» führen.<br />

Die Träger der <strong>Fallstudie</strong>, insbesondere die<br />

Studierenden <strong>und</strong> die <strong>Fallstudie</strong>nkommission müssen<br />

aus den vorangegangenen <strong>Fallstudie</strong>n lernen.<br />

Die Studierenden müssen noch deutlicher die veränderten<br />

Anforderungen, welche <strong>Fallstudie</strong>n an si<br />

stellen, erkennen. Es genügt nicht, sich erst zu<br />

Beginn des Semesters in der gewohnten Lernhaltung<br />

an die Arbeit zu begeben. Die <strong>Fallstudie</strong> greift in<br />

Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung weiter als traditionelle<br />

Lehrveranstaltungen, Übungen oder ein<br />

Berufspraktikum.<br />

Ein Ziel in den kommenden umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n ist es, die Stärken der <strong>Fallstudie</strong><br />

Industrieareal Sulzer-Escher Wyss<br />

<strong>und</strong> Perspektive Grosses Moos zu<br />

verbinden <strong>und</strong> die didaktische Herausforderung,<br />

möglichst alle Studierende<br />

zu erreichen, zu meistern.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> '96: Zentrum Zürich<br />

Nord (ZZN) wird wiederum einen<br />

Schwerpunkt im Bereich <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />

Stadtentwicklung bilden. Dazu stellen<br />

die bisherigen <strong>Fallstudie</strong>n <strong>und</strong> insbesondere<br />

die hier dokumentierte Studr<br />

Industrieareal Sulzer-Escher Wyss bedeutende<br />

Meilensteine dar.<br />

Abb. 9 Lokale <strong>und</strong>nationale Presseresonanz aufdie Umsetzungsstrategie der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive Grosses Moos.<br />

28 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________________________________________---'-Einleitung<br />

literatur<br />

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Zürich: Sulzer-Escher Wyss.<br />

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von Weizsäcker, E.U. (1994): <strong>Umwelt</strong>standorr Deutschland.<br />

Berlin: Birkhäuser Verlag.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

29


Inhalt<br />

1. Einführung 33<br />

2. Methoden 38<br />

2.1 Formative Szenarioanalyse 38<br />

2.2 Raum·Nutzungs·Verhandlungen 42<br />

2.3 Ökobilanz 46<br />

2.4 Multiattributive Entscheidungsanalyse SO<br />

2.5 ModelHerung dynamischer Systeme 53<br />

2.6 Weitere Methoden 58<br />

AutoreIl<br />

Roland W. Scholz<br />

Olaf Tietje<br />

Wir danken unseren Kollegen Armin Heitzer, Harald A. Mieg <strong>und</strong> Ruedi C. Schwarzenbach für ihre kritischen Rückmeldungen zum<br />

vorliegenden Kapitel.


Methoden<br />

_<br />

32 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------ ~ Methoden<br />

1.<br />

1.1<br />

Der Gege1Zstand von <strong>Fallstudie</strong>n im Studiengang<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften der ETH Zürich sind<br />

reale, komplexe, gesellschaftlich relevante Probleme,<br />

bei denen Fragen der Ökologie im Mittelpunkt<br />

stehen HII-defined» problems, vgL Abb. 1.1). '<br />

Dieses Kapitel behandelt zunächst erkenntnistheoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lagen von Wissensintegration <strong>und</strong><br />

Synthese in <strong>Fallstudie</strong>n. Damit soll ein Beitrag zum<br />

Verständnis des Typs von Wissenschaftlichkeit geleistet<br />

werden, der sich in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

<strong>durch</strong> <strong>Fallstudie</strong>n realisieren lässt.<br />

Danach werden einige Methoden der Wisse1Zsintef!ration<br />

vorgestellt, die in umweltnaturwissenschaftchen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n zur<br />

• Erkenntnisgewinnung<br />

• Bewertung<br />

• Mediation <strong>und</strong><br />

.. Projektorganisation<br />

eingesetzt werden können. Einige der vorgestellten<br />

Methoden stammen aus anderen Wissenschaftstraditionen<br />

als den Natur- oder <strong>Umwelt</strong>wissenschaften<br />

(z.B. die Methode der Szenarioanalyse) oder sind in<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis als «stand-alone» Techniken<br />

(z.B. die Methode der Ökobilanzierung) einsetzbar.<br />

Die in diesem Kapitel vorgestellten Methoden der<br />

<strong>Fallstudie</strong> dürfen nicht als Kochrezepte oder gar als<br />

«pfannenfertige Produkte» verstanden werden. Es<br />

handelt sich vielmehr um einen «ersten Satz» von<br />

'ufgabe<br />

,usgangs- <strong>und</strong> Zielzustand<br />

bekannt, Anwendung<br />

bekannter<br />

Problemlösemechanismen.<br />

Problem<br />

Bekannter bzw. eindeutig<br />

definierter Ausgangs- <strong>und</strong><br />

Zielzustand, zur<br />

Problemlösung müssen<br />

teilweise neue Methoden<br />

entwickelt werden.<br />

III-defined Problem (eg.<br />

Environmental Problem)<br />

Ausgangszustand kann nur vage<br />

beschrieben werden, das Ziel ist<br />

nicht vollständig bzw. eindeutig<br />

beschreibbar, es ist nicht klar,<br />

welcher Typ von Barriere zu<br />

überwinden ist.<br />

Anwendung bekannter<br />

Lösungsmechanismen<br />

Abb. 1.1 lfIustrative Definition der Begriffe Aufgabe, Problem (i.e. We!I-Defined Problem) <strong>und</strong> l!1-<br />

Defined Problem.<br />

Methoden, die in umweltnaturwissenschaflichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n erfolgreich eingesetzt wurden, <strong>und</strong> die<br />

es weiterzuentwickeln gilt.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> wird als ein Konzept der Lehre,<br />

der Forschung <strong>und</strong> der Anwe1Zdung der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

begriffen. In verschiedenen Artikeln<br />

wurden bereits<br />

• das Verhältnis von Research, Education, and Knowledge<br />

Transfer with Case Studies (SchoIz, Koller, Mieg,<br />

1994)<br />

• die Theorie der <strong>Fallstudie</strong> (SchoIz, 1995) oder<br />

111 die Komplexitätsreduktion <strong>durch</strong> <strong>Fallstudie</strong>1Z (SchoIz,<br />

Mieg <strong>und</strong> Weber, 1995) behandelt.<br />

Das ze1Ztrale Prinzip der <strong>Fallstudie</strong>narbeit ist die<br />

«I1Ztegration VOll WiSSe1Z aus verschiede1Ze1Z Horizo1Zte1Z».<br />

Wir unterscheiden dabei:<br />

co verschiedene Diszipline1Z, wobei die Verbindung<br />

von sozialwissenschaftlichen mit naturwissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen <strong>und</strong> Methoden eine<br />

besondere Herausforderung darstellt,<br />

.. verschiedene Systeme wie Wasser, Boden, Luft oder<br />

die Biosphäre, die unterschiedliche Systemcharakteristiken<br />

besitzen,<br />

111 verschiedene Type1Z von Wissen, insbesondere die<br />

Integration von Erfahrungswissen <strong>und</strong> Wissenschaftswissen,<br />

• verschiedene Perspektive1Z, die <strong>durch</strong> unterschiedliche<br />

Interessengruppen oder Sichtweisen gegeben<br />

werden können (z.B. die Betrachtung einer Renaturierung<br />

aus der Sicht eines Anwohners, einer<br />

Gemeinde, eines Kantons, der Schweiz oder aus<br />

globaler Sicht).<br />

Mit der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive Grosses Moos<br />

(Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong> Schmidlin, 1995) konnte<br />

gezeigt werden, dass das Theorie­<br />

Praxis-Verhältnis eine neue Qualität<br />

gewinnt, wenn das Wissen der<br />

Landwirte, Bürger, GemeindevertreterInnen<br />

<strong>und</strong> anderer Personen<br />

aus der Region über die Landschaftsentwicklungsprobleme<br />

mit<br />

dem Wissenschaftswissen zusammengebracht<br />

wird. Besonders bemerkenswert<br />

ist dabei, dass nicht<br />

nur ein erweitertes Systemverständnis<br />

gewonnen wurde, sondern<br />

auch konkrete Massnahmen zur<br />

Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen abgeleitet<br />

<strong>und</strong> realisiert werden konnten<br />

(vgL auch Graf <strong>und</strong> Kempf,<br />

1994; Baeriswyl <strong>und</strong> Nufer, 1995).<br />

Wissenschaftshistorisch ist die<br />

Synthese als Strategie der Erkenntnisgewinnung<br />

nicht neu. Die <strong>durch</strong><br />

die umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n aufgeworfenen metho-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 33


Methoden<br />

_<br />

dologischen Fragen greifen auf die f<strong>und</strong>amentale<br />

Komplementarität von analytischen <strong>und</strong> synthetischen<br />

Methoden <strong>und</strong> Typen von Inferenz (d.h. des Schliessens<br />

bzw. Folgerns) zurück, welche die Wissenschaftsgeschichte<br />

in Natur- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften<br />

bis heute begleitet (vgl. Gethmann, 1980,<br />

S. 1332). Die Verknüpfung von Vorstellungen <strong>und</strong><br />

Wahrnehmungen zu einer neuen Erkenntnis ist eines<br />

der Gr<strong>und</strong>prinzipien menschlicher Informationsverarbeitung<br />

<strong>und</strong> des Denkens.<br />

Das Prinzip der Synthese zur Herstellung neuer<br />

Informationen lässt sich insbesondere an der Psychophysiologie<br />

des menschlichen Sehens illustrieren.<br />

Wenn das Licht zweier verschiedener Wellenlängen<br />

gemischt wird, dann sehen wir nicht etwa zwei<br />

Farben sondern eine neue Farbe. Dies ist eine vollkommen<br />

andere Situation als beim Hören, bei dem<br />

es zu einer eher additiven Komposition in der Wahrnehmung<br />

kommt, etwa wenn aus verschiedenen<br />

Tönen ein Akkord entsteht (Lindsay <strong>und</strong> Norman,<br />

1981). Farbeneindrücke resultieren aus einem Wechselspiel<br />

<strong>und</strong> der Synthese von Erregungsgrössen verschiedener<br />

Farbrezeptoren (den Zapfen). Lücken in<br />

den Wahrnehmungsbildern (z.B. am blinden Fleck)<br />

werden über eine Integration von Informationen<br />

benachbarter Rezeptoren erzeugt. Diese Gr<strong>und</strong>idee<br />

liegt auch der Konzeption des Probabilistischen Funktionalismus<br />

von Brunswik (950) zugr<strong>und</strong>e, die wir im<br />

Folgenden vorstellen möchten <strong>und</strong> als ein Rahmenmodell<br />

für die Methoden der Wissensintegration<br />

in umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n betrachten.<br />

Auch dem eiligen <strong>und</strong> auf Anwendung <strong>und</strong> Problemlösung<br />

drängenden Leser sei nachdrücklich<br />

empfohlen, sich in die beiden folgenden methodologischen<br />

Abschnitte einzudenken. Ein Verständnis<br />

der Komplementarität von Synthese <strong>und</strong> Analyse als<br />

wissenschaftliche Prinzipien bei der Lösung unterschiedlicher<br />

Probleme hilft zu erkennen, welche<br />

Methoden für welche Fragen der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

angemessen sind. Das Prinzip der<br />

Synthese - als eine Form von Wissensintegration ­<br />

ist Gr<strong>und</strong>element einer «eigentlich umweltnaturwissenschaftlichen<br />

Arbeitsweise».<br />

Mit dem Begriff Methode bezeichnen wir allgemein<br />

den Weg, aufdem ein formuliertes Ziel erreicht wird.<br />

Wissenschaften sind nicht nur <strong>durch</strong> ihren Gegenstand,<br />

sondern auch <strong>durch</strong> ihre Methoden charakterisiert.<br />

Dabei sollte das Prinzip der Gegenstandsdominanz<br />

gelten. Darunter ist zu verstehen, dass<br />

die Art des Verfahrens (i.e. die Methode) ganz von<br />

der Art der Fragestellung abhängt. In der Praxis der<br />

Wissenschaft wird bekanntlich gelegentlich umgekehrt<br />

verfahren. Neue Methoden faszinieren <strong>und</strong><br />

Wissenschafter sind selbstverständlich bemüht, diese<br />

in neuen Bereichen anzuwenden. Und es ist auch<br />

zweifelsfrei, dass <strong>durch</strong> eine explorative Anwendung<br />

von Methoden viele neue Erkenntnisfortschritte<br />

erzielt worden sind. Bei einer exploratorischen Anwendung<br />

von Methoden besteht jedoch die Gefahr,<br />

dass es zu einer Überjormungdes Gegenstands <strong>durch</strong> die<br />

Methode kommt (vgl. Bandelt, Scholz <strong>und</strong> Welzel,<br />

1991) <strong>und</strong> ein falsches Gegenstandsverständnis entwickelt<br />

wird. In der wissenschaftlichen Praxis lassen<br />

sich viele Beispiele dafür finden.<br />

Nachdem zu Anfang der siebziger Jahre bestimmte<br />

multivariate statistische Verfahren, wie etwa die<br />

Faktorenanalyse oder die Clusteranalyse, der breiten<br />

Wissenschaftswelt über Softwarepakete zugänglich<br />

gemacht wurden kam, es zu unzähligen «ungeglückten»<br />

Anwendungen (Stelzl, 1982). Ein häufiger<br />

Fehler bei der Anwendung der Clusteranalyse besteht<br />

darin, dass nichthierarchische Strukturen mit<br />

hierarchischen Modellen dargestellt werden. Die<br />

Frage nach der Überformung <strong>durch</strong> Methoden odci<br />

nach der Strukturgültigkeit (vgl. auch BosseI, 1994,<br />

S.36) stellt sich auch für die im Abschnitt 2 vorgestellten<br />

Methoden. Diese basieren in vielen Bereichen<br />

auf einem Systemverständnis, in dem Variable<br />

<strong>und</strong> kausale Ursache-Wirkungsbeziehungen postuliert<br />

werden, obwohl wir uns bewusst sind, dass<br />

sich die Vernetztheit <strong>und</strong> die Strukturen komplexer<br />

Systeme nur bedingt mit diesen Modellen erfassen<br />

lassen. Wie wir aus der Quantenmechanik oder<br />

Neurobiologie wissen (vgl. Spies, 1993), sind diese<br />

Annahmen <strong>und</strong> die eingesetzten Methoden oft übersimplifizierend<br />

<strong>und</strong> verlangen andere Methoden <strong>und</strong><br />

Algorithmen wie z.B. die parallele Informationsverarbeitung<br />

oder die Mustererkennung. Bei der Anwendung<br />

der in Abschnitt 2 vorgestellten Methoden<br />

sollten somit die Grenzen der Methode reflektiert<br />

werden (vgl. Scholz, 1994).<br />

1.2 Analytische <strong>und</strong> synthetische<br />

Methoden<br />

Die Wissensintegration bzw. Synthese wird als<br />

wichtige Methode der <strong>Fallstudie</strong> begriffen. In dem<br />

folgenden historisch-erkenntnistheoretischen Diskurs<br />

stellen wir verschiedene Typen der Synthese vor,<br />

um die Besonderheiten der Synthesearbeit in der<br />

<strong>Fallstudie</strong> besser zu verstehen <strong>und</strong> beschreiben zu<br />

können.<br />

Synthese als Methode der «philosophischen<br />

Betrachtung»<br />

Die Unterscheidung zwischen analytischer <strong>und</strong> sYltthetischer<br />

Methode wurde schon in der Zeit der Hochscholastik<br />

getroffen <strong>und</strong> geht auf Zabarella 0594,<br />

vgl. Gethmann, 1980) zurück. Dabei bezog sich die<br />

34<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------------ Methoden<br />

Unterscheidung bei Zabarella auf ganze Wissenschaften.<br />

Auf der einen Seite standen die synthetisch<br />

verfahrenden (betrachtenden bzw. kontemplativen)<br />

Wissenschaften (wie die Philosophie), in denen<br />

das Wissen um seiner selbst Willen erworben wurde.<br />

Aufder anderen Seite befanden sich die analytischen<br />

Wissenschaften, zu denen die Mathematik <strong>und</strong> die<br />

Naturwissenschaften gehörten. Nach einem lange<br />

Zeit vorherrschenden Verständnis geht dabei die<br />

Mathematik von bekannten Prinzipien (Axiomen)<br />

aus <strong>und</strong> entwickelt über die Beweismethode Folgerungen.<br />

In den Naturwissenschaften hingegen führt<br />

die Analyse zu den verborgenen Ursachen (i.e. den<br />

Naturgesetzen) zurück, um <strong>durch</strong> sie die natürlichen<br />

Wirkungsmechanismen <strong>und</strong> deren Erscheinungen zu erklären.<br />

Die analytische Methode kann von daher<br />

sowohl induktiv als auch deduktiv sein. Entscheidend<br />

für die analytische Methode sind die Prinzipien der<br />

lalytischen Dekomposition: methodis divisionis et<br />

resolutionis (die Methode des Teilens <strong>und</strong> des Auflösens)<br />

mit denen eine Entdeckung (inventio) des<br />

bisher Unbekannten <strong>durch</strong> das Bekannte gesichert<br />

wird. Die analytische Methode wurde von Descartes<br />

(1596-1650) als einzig «rechte Methode» der Philosophie<br />

<strong>und</strong> der Wissenschaften betrachtet.<br />

Die Synthese in der von Zabarella beschriebenen<br />

Form als «betrachtende Philosophie» wird heute in<br />

erster Linie als eine spezielle geisteswissenschaftliche<br />

Methodik (vgJ. Gethmann, 1980) angesehen,<br />

die sich speziell mit vorwissenschaftlichen Erkenntniskategorien<br />

<strong>und</strong> der Unmittelbarkeit der Erfahrungen<br />

beschäftigt (vgJ. Landgrebe, 1959). '<br />

Synthese innerhalb «starker Modelle"<br />

Die Möglichkeiten der synthetischen Methode wurrlen<br />

lange Zeit auf die Darstellung von Sachverhalten<br />

.:schränkt. Für Leibnitz (1646-1716) hingegen war<br />

die synthetische (kombinatorische) Methode die<br />

Vollkommenste, «indem man ihr gemäss von den allgemeinsten<br />

Wahrheiten zu den Zusammengesetzten<br />

herabsteigen kann.» Wichtig war jedoch dabei, dass<br />

die «allgemeinsten Wahrheiten jedoch vorher auf<br />

analytischem Weg gef<strong>und</strong>en sein» müssen (Gethmann,<br />

1980, S. 1334). Die allgemeinsten Wahrheiten<br />

sind dabei etwa Naturgesetze. Wie von Churchman<br />

(1971) formuliert, basiert die Leibnizsche Vorstellung<br />

von Synthese auf einer Behandlung wissenschaftlicher<br />

Fragen, bei denen die «Wahrheit im<br />

Modell liegt».<br />

Als Beispiel für die Synthese innerhalb starker<br />

Modelle kann die kopernikanische Himmelsmechanik<br />

betrachtet werden, da die Theorie mit (immer<br />

komplizierter werdenden) Berechnungen <strong>und</strong> zusätzlichen<br />

Annahmen eine Beschreibung immer<br />

neuer Planetenbahnen erlaubte. Auch bei den Ver-<br />

fahren <strong>und</strong> Modellen der dynamischen ModelIierung<br />

ist in gewisser Hinsicht ein starkes Modell gegeben.<br />

Synthese als Vorbereitung höherer begrifflicher<br />

Erkemunis<br />

Die Komplementarität von analytischem <strong>und</strong> synthetischem<br />

Folgern können wir ähnlich verstehen<br />

wie bei Kant (1778) das Verhältnis zwischen Begriff<br />

<strong>und</strong> Anschauung, wenn wir die (synthetische)<br />

Anschauung als Voraussetzung des (analytischen)<br />

theoretischen Begriffs betrachten (Kant, 1724-1804).<br />

Bhatnagar <strong>und</strong> Kanal (1992, S. 32) weisen darauf hin,<br />

dass der «Kantsche Typ von Inferenz» vornehmlich<br />

in den Sozialwissenschaften zu finden ist, da dort<br />

die «Wahrheit» teilweise im Modell <strong>und</strong> teilweise in<br />

den Daten liegt.<br />

In der hypothesenorientierten (<strong>Umwelt</strong>-)Sozialwissenschaftlichen<br />

Fors~hungliegt somit eine ähnliche<br />

Beziehung wie beim Verhältnis zwischen Begriff<br />

<strong>und</strong> -Anschauung vor. Die begriffliche Seite repräsentieren<br />

die sozialwissenschaftlichen Theorien <strong>und</strong><br />

Hypothesen, während die Anschauung <strong>durch</strong> die<br />

Daten der empirischen Untersuchungen oder Experimente<br />

gegeben wird (vgJ. das Kapitel RA UM­<br />

NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN). Empirische Bef<strong>und</strong>e<br />

dienen dazu, Theorien zu untermauern, zu differenzieren<br />

oder zu widerlegen.<br />

Synthese als Methode kom"lexer Prohlemlösung<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong>n versuchen<br />

die Wirkungsmechanismen komplexer <strong>Umwelt</strong>systeme<br />

zu verstehen. Die in den umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n zu entwickelnde<br />

Ökologische Problemlösefähigkeit zielt auf neue<br />

Erkenntnisse, um die Wechselwirkungen zwischen<br />

natürlichen <strong>und</strong> sozialen Systemen zu optimieren.<br />

Wir haben weiter oben als Kennzeichen der naturwissenschaftlichen<br />

Methodik das Finden verborgener<br />

Ursachen für bestimmte Phänomene beschrieben.<br />

Besteht nun das Ziel der umweltnaturwissenschaftlicher<br />

Tätigkeit darin, Verständnisgr<strong>und</strong>lagen<br />

für komplexe Systeme zu finden, so ist die Ökologische<br />

Problemlösefähigkeit als analytisch zu betrachten.<br />

Einer solchen Definition folgend, enthält<br />

die <strong>Fallstudie</strong>narbeit analytische Komponenten.<br />

Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit wie «Analyse <strong>durch</strong><br />

Generalisierung (<strong>und</strong> weniger <strong>durch</strong> Daten)>><br />

(Scholz, 1995, S. 43) oder «Analyse <strong>durch</strong> Synthese»<br />

sind auf diesem Hintergr<strong>und</strong> zu verstehen.<br />

Jedoch ist es die Synthese. <strong>und</strong> nicht die Analyse, welche<br />

als essentielle Methodik der <strong>Fallstudie</strong>narbeit zu betrachten<br />

ist. <strong>Fallstudie</strong>narbeit <strong>und</strong> auch die in Abschnitt 2<br />

vorgestellten Wissensintegrations-Methoden umfassen<br />

jedoch sowohl Analyse als Synthese, was einen<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

35


Methoden<br />

_<br />

Bezug zur HegeIschen Dialektik herstellt oder, wie<br />

es Bhatnagar <strong>und</strong> Kanal (1992, S. 32) ausdrücken:<br />

«The Hegelian model of enquiry seeks to develop<br />

the ability to see the same inputs from<br />

different points of view.»<br />

«Die HegeIsche Erkenntnismethode ist darum<br />

bemüht die Fähigkeit zu entwickeln, ein <strong>und</strong><br />

dieselben Dinge von verschiedenen Seiten zu<br />

betrachten.»<br />

Wichtig ist, dass keine generelle Überlegenheit einer<br />

der vorgestellten Typen von Inferenz bzw. der analytischen<br />

oder der synthetischen Methode postuliert<br />

wird. Trotz einiger Einwände (vgl. Gethmann, 1980)<br />

räumen wir somit den analytischen Methoden keinen<br />

Vorrang ein (vgl. Scholz, 1987, 1994). Wir gehen davon<br />

aus, dass unterschiedliche Formen der Erkenntnis<br />

Komplementaritäten in dem Sinne darstellen,<br />

dass sie andere, aber nicht generell schlechtere<br />

Erkenntnisse erzeugen. Dies gilt inbesondere für<br />

umweltnaturwissenschaftliche Problemstellungen:<br />

«Die wahre Wissenschaft ist analytisch <strong>und</strong> synthetisch<br />

zugleich» (Bachmann, 1828, S. 361).<br />

1.3 «Das Brunswiksche Linsenmodell»<br />

In seinem 1950 veröffentlichten Werk «The Conceptual<br />

Framework of Psychology» liefert Brunswik eine<br />

Theorie der menschlichen Wahrnehmung, die sich<br />

gleichermassen aus wissenschaftstheoretischen wie<br />

entwicklungstheoretischen Postulaten entwickelt.<br />

Brunswik widmete sich der Frage, wie ein Gegenstandsverständnis<br />

organisiert ist. Durch ein tiefes<br />

Studium des menschlichen Wahrnehmungsapparates<br />

(Brunswik, 1936) stimuliert, widmete er sich der<br />

Frage, wie die Menschen die Unmenge von ambiguiden<br />

(i.e. unsicheren bzw. mehrdeutigen) <strong>und</strong> probabilistischen<br />

Informationen verarbeiten <strong>und</strong> daraus<br />

zu vernünftigen Erkenntnissen über die <strong>Umwelt</strong><br />

gelangen. Mit der Theorie des «Probabilistischen<br />

Functional are<br />

(probalistic<br />

stabilization~<br />

achi evement ) \<br />

Initial<br />

focal<br />

variable<br />

causes<br />

Vicarious mediation<br />

(family-hierarchy<br />

of cues, habits)<br />

effects<br />

Terminal<br />

focal<br />

variable<br />

Abb. 1.3.1 Das Brunswiksche Linsenmodell in seiner originalen Gestalt.<br />

Funktionalismus» versucht er die Frage zu beantworten,<br />

wie die unvollständige <strong>und</strong> lückenhafte<br />

menschliche Wahrnehmung <strong>und</strong> Informationsverarbeitung<br />

organisiert ist, damit sie auf effizientem<br />

Wege zu einer sinnvollen Wahrnehmung führt.<br />

Im Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Erkenntnisprozess sind<br />

insbesondere der Gegenstand der Wahrnehmung<br />

<strong>und</strong> das konstruierte Bild in einem erkenntnisfähigen<br />

Subjekt zu unterscheiden. Um mit den unsicheren,<br />

unvollständigen <strong>und</strong> zufällig variierenden<br />

Informationen (cues) der Wahrnehmung (wie z.B.<br />

die Entfernung von einem fremden Gegenstand)<br />

oder der Erkenntnis (wie der Zustand eines Systemes)<br />

zu organisieren, führt Brunswik das Prinzip der<br />

«viearious mediation» (stellvertretende Vermittlung)<br />

eIn.<br />

«Since there is no perceptual cue which would<br />

be available <strong>und</strong>er all circumstances or is completely<br />

trustworthy ..., the perceptual system of<br />

higher organisms must for types of perceptual<br />

attainment develop what the present writer has<br />

suggested calling an «or-collective» or an «orassemblage»<br />

of mutually interchangeable cues<br />

vicariously mediation distance or other situational<br />

circumstances to the organism» (Brunswik,<br />

1950, S. 19).<br />

«Da es kein Wahrnehmungssignal gibt, welches<br />

unter allen Bedingungen verfügbar oder vollkommen<br />

zuverlässig ist ..., muss das Wahrnehmungssystem<br />

höherer Organismen perzeptive<br />

Fertigkeiten entwickeln, welches der Schreiber<br />

dieser Zeilen eine «oder-Vereinigung» bzw. eine<br />

«oder-Verbindung» von gegenseitig austauschbaren<br />

Informationen, die in gegenseitiger Vermittlung<br />

die Entfernung oder andere situative<br />

Gegebenheiten für den Organismus erkennbar<br />

machen.»<br />

Als Rahmenmodell für die Organisation von Wahrnehmung<br />

<strong>und</strong> Erkenntnis nutzt Brunswik das sogenannte<br />

Linsenmodell (vgl. Abb. 1.3.1).<br />

Gegenstand der Analyse ist eine sog. «focal variable»,<br />

d.h. ein interessierender Gegenstand, ein zu<br />

ermittelnder Systemzustand oder ein zu lösendes<br />

Problem. Von dieser «focal variable» gehen nun bestimmte<br />

«cues» (i.e. Informationen) zu einer Linse.<br />

Eine Reihe von «Perzeptoren» sammeln, jeder aus<br />

einer etwas verschobenen Perspektive, diese unsicheren<br />

Informationen. Um zum Ausdruck zu bringen,<br />

dass es sich bei diesen Informationen um mehr<br />

oder weniger zufällige Einzelinformationen handelt,<br />

nannte Brunswik die vom Perzeptorensystem aggregierten<br />

Informationen «stray causes» (umherirrende<br />

Ursachen). Dieser erste auf der linken Seite der<br />

Linse dargestellte Prozess kann als analytischer<br />

Dekompositionsprozess (i.e. methodis divisionis et<br />

36 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


--------------- Methoden<br />

resolutionis) der Gegenstandserfassung oder Erkenntnis<br />

betrachtet werden.<br />

Die gesammelten Informationen werden nun (zur<br />

Illustration siehe Abbildung 1.3.2.) auf der Perzeptorenebene<br />

transformiert, verknüpft, ent- oder verzerrt,<br />

von Rauschen befreit usw. Diese Prozesse<br />

werden in Abbildung 1.3.2. <strong>durch</strong> die graue Ellipse<br />

illustriert. Sie sind Bestandteil des Syntheseprozesses,<br />

der zu einer Zusammenführung <strong>durch</strong> einen Integrationsprozess<br />

<strong>und</strong> zu einer (konstruierten) Wahrnehmung,<br />

Erkenntnis oder Bewertung führt. Wie<br />

<strong>durch</strong> den «Feedbacb-Pfeil in Abbildung 1.3.1 angedeutet,<br />

steht diese Wahrnehmung in Rückkoppelung<br />

zu den zukünftig eingehenden Informationen<br />

oder den zukünftigen Systemzuständen.<br />

Das Brunswiksche Linsenmodell enthält somit<br />

einen dekomponierenden <strong>und</strong> einen integrierenden<br />

Prozess. Esenhält analytische Komponenten, die auf<br />

;iner atomistischen (engl.· molar) Dekomposition<br />

fussen <strong>und</strong> synthetische Komponenten, die aus einer<br />

Verschmelzung unterschiedlicher Perspektiven der<br />

Wahrnehmung resultieren.<br />

Anfang der sechziger Jahre erregte eine Anwendung<br />

des Brunswikschen Linsenmodells auf das<br />

Urteilsverhalten klinischer Psychologen grosse<br />

Aufmerksamkeit. In verschiedenen Arbeiten (vgl.<br />

Meehl, 1960, Goldberg, 1968) konnte gezeigt werden,<br />

dass sich das diagnostische Urteil mit einfacher<br />

additiver linearer Verknüpfung von wenigen erfassten<br />

Merkmalen des Patienten (mit Modellen der<br />

linearen Regression) ausgezeichnet modelllieren<br />

lässt. Es wurde sogar eine Überlegenheit von statistischen<br />

Methoden gegenüber dem Urteil eines einzelnen<br />

Arztes oder Psychologen vermutet, bevor sich<br />

später (vgl. Elstein, Shulman <strong>und</strong> Sprafka, 1978) die<br />

etwas abgeklärtere Sicht <strong>durch</strong>setzte, dass sich <strong>durch</strong><br />

analytische Dekompostion mit nachfolgender fornaler<br />

(statistischer) Synthese andere <strong>und</strong> nicht in<br />

jedem Fall bessere Erkenntnisse gewinnen lassen als<br />

<strong>durch</strong> ganzheitliche Intuition.<br />

Problem/System Perzeptoren Wahrnehmung!<br />

Bewertung!<br />

Erkenntnis<br />

Synthese<br />

Abb. 1.3.2 Das Brunswiksche Linsenmodell in Gr<strong>und</strong>form.<br />

zunehmen <strong>und</strong> neue Erkenntnisse zu erzielen. Auf<br />

diese Art <strong>und</strong> Weise können blinde Flecke gefüllt<br />

bzw. neues Wissen gewonnen werden. Es sei vermerkt,<br />

dass in einer Synthese <strong>und</strong> im Prozess der<br />

Integration der Perzeptoreninformation bzw. von<br />

abgeleiteten Informationen in aller Regel in einem<br />

dritten Schritt intuitive-ganzheitliche Urteilsprozesse<br />

als Teil der Synthese involviert sind.<br />

Bedeutung des Brunswikschen Linsellmodells<br />

für die <strong>Fallstudie</strong><br />

Das Brunswiksche Linsenmodell wird als Schema für<br />

die Wissens- <strong>und</strong> Arbeitsorganisation in <strong>Fallstudie</strong>n<br />

betrachtet. In einem ersten Schritt ist das'zu untersuchende<br />

System bzw. Problem zu explizieren. In<br />

einem zweiten Schritt folgt der Reduktionsprozess<br />

(i.e. die analytische Dekomposition), der eine Modelibildung<br />

<strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen eines wissenschaftlichen<br />

Systemverständnis ermöglicht.<br />

Durch den Übergang von einem konkret gegenständlichen<br />

System oder einem komplexen Problem<br />

auf die «Zeichenebene" (z.B. die Betrachtung einzelner<br />

Variablen) ist es möglich, Verknüpfungen vor-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 37


Methoden<br />

_<br />

2. Methoden<br />

2.1 formative Szenarioanalyse<br />

Wo, walln <strong>und</strong> warum hat sich die Szenarioanalyse<br />

entwickelt?<br />

Der Begriff Szenario geht auf das griechische Szenar<br />

zurück. Eine Szenar oder eine Szene bezeichnet unter<br />

anderem den Schauplatz einer Handlung oder einen<br />

kleinen Abschnitt in einem Bühnenstück.<br />

Die Zukunftsforscher Kahn <strong>und</strong> Wiener brachten<br />

Anfang der fünfziger Jahre den Begriff «scenario>, in<br />

die Wissenschaftssprache. Die Szenariotechnik <strong>und</strong><br />

die Szenarioanalyse wurden dabei zunächst vornehmlich<br />

in der privatwirtschaftlichen Politik- <strong>und</strong> Unternehmensberatung<br />

an der Rand Cooperation <strong>und</strong> am<br />

Batelle Institut entwickelt. Gegenstand der Szenarioanalysen<br />

waren zunächst Fragen der globalen Entwicklung<br />

oder die Zukunftsperspektiven von industriellen<br />

Branchen. In den siebziger Jahren wurde die<br />

Szenariotechnik dann verstärkt in der strategischen<br />

Unternehmensplanung in Grossbetrieben eingesetzt<br />

(vgl. Götze, 1993, S. 43 ff.). Das Fremdwörterbuch<br />

des Dudens (1982) enthält eine zweifelsfrei auf Kahn<br />

<strong>und</strong> Wiener (1968) zurückgehenden Definition:<br />

«Szenario H. (in der öffentlichen u. industriellen<br />

Planung) hypothetische Aufeinanderfolge von<br />

Ereignissen, die zur Beachtung kausaler Zusammenhänge<br />

konstruiert wird.»<br />

Seit einigen Jahren ist der Begriff Szenario zum<br />

Modewort geworden. Er wird in der Wissenschafts<strong>und</strong><br />

Alltagssprache inflationär <strong>und</strong> in unterschiedlichen<br />

Bedeutungen gebraucht. Häufig wird mit<br />

Szenario lediglich irgendein Zukunftsbild bezeichnet.<br />

Auch in neueren wissenschaftlichen Dokumentationen<br />

zur Szenario-Methode (vgl. etwa Kaiser,<br />

1993) finden sich nur wenige Forschungsprojekte, in<br />

denen die SzenaTioanalyse als eine wissenschaftliche<br />

Methode verwendet wird.<br />

Wir möchten im Folgenden <strong>und</strong> im Kontext mit<br />

umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n mit dem<br />

Begriff Szenarioanalyse oder Szenariotechnik eine wissenschaftliche<br />

Methode zur Konstruktion von wohldefinierten<br />

Annahmebündeln verstehen, mit dem<br />

sich Einblick in zukünftige Systemzustände <strong>und</strong> Systemdynamiken<br />

<strong>und</strong> deren Ursachen gewinnen lässt.<br />

Eine wissenschaftliche Szenarioanalyse besitzt ein<br />

Skript oder ein Drehbuch, welches dokumentiert, welche<br />

Schritte im Prozess der Szenariokonstruktion wie<br />

zu <strong>durch</strong>laufen sind <strong>und</strong> wie bestimmte Folgerungen<br />

<strong>und</strong> Schlüsse erzielt worden sind. Will man die Szenarioanalyse<br />

als Forschungsmethode <strong>und</strong> als Methode zur<br />

Wissensintegration bzw. Synthese in den umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n von anderen Verwen-<br />

dungen der Szenarioanalyse absetzen, so kann man<br />

den Begriff Formative Szenarioanalyse verwenden.<br />

Als Einführungsbücher in die Formative Szenarioanalyse<br />

empfehlen wir Götze (1993) <strong>und</strong> Missler­<br />

Behr (1993). Praktische Orientierungen finden sich<br />

in v. Reibnitz (1992). Als Beispiele für gut dokumentierte<br />

Szenarioanalysen, in denen <strong>Umwelt</strong>aspekte<br />

zentral sind, seien die Batelle Studie «Szenarien<br />

Chemische Fabrik» (1996), die vom BUWAL in Auftrag<br />

gegebene Studie «Die globale Erwärmung <strong>und</strong><br />

die Schweiz: Gr<strong>und</strong>lagen einer nationalen Stragie»(1994),<br />

die Szenarioanalyse der umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong> Grosses Moos (Scholz<br />

et al. 1995, S. 155-181), die Studien von Hassler <strong>und</strong><br />

Schärli (1995, 1996), sowie die im Kapitel SZENARIO­<br />

ANALYSE dokumentierte Studie zum Sulzer-Escher<br />

Wyss-Areal empfohlen.<br />

Welche fragen lassen sich mit der Szenarioanalyse<br />

hehaftdeln?<br />

Szenarien beantworten zwei Arten von Fragen:<br />

1. Wie mag eine hypothetische Situation Schrittfür Schritt<br />

zustande kommen? <strong>und</strong><br />

2. Welche Alternativen gibt es in jedem Stadium für jeden<br />

Teilnehmer, um den weiteren Prozess zu verhindem oder<br />

in eine andere Richtung zu lenken?<br />

Ein Präzisierung des Szenariobegriffs, wie er für die<br />

Konzeption der Formativen Szenarioanalyse anwendbar<br />

ist, liefert folgende Merkmalsliste (i.e. extensionale<br />

Definition, vgl. Götze, 1993, S. 38):<br />

Ein Szenario<br />

a) stellt ein hypothetisches Zukunftsbild eines <strong>Umwelt</strong>systems<br />

<strong>und</strong> den Entwicklungspfad zu diesem<br />

Zukunftsbild dar<br />

b)gibt in Verbindung mitweiteren Szenarien einen Raum<br />

möglicher zukünftiger Entwicklungen des untersuchten<br />

Bereichs an<br />

Störereignis<br />

EnlscheidungspunkV<br />

Intervention<br />

....0----------------_. Zeit<br />

Abb. 2.1.1 Sz.enariotrichter, x-Achse: Zeit, y Achse: Bewertung des Sz.enarios<br />

unter einem relevanten Aspekt.<br />

X Zunkunftsbilder<br />

XE1 Extremalentwicklung 1 (z.B. optimistische Variante)<br />

XE2 Extremalentwicklung 2 (z.B. pessimistische Variante)<br />

XB, XC <strong>und</strong> XD stellen weitere Sz.enarien dar, wobei XC aus einer Intervention<br />

resultiert.<br />

38<br />

UNHallstudie <strong>'95</strong>


-------------------- Methoden<br />

c) wird unter Berücksichtigung der Entwicklung<br />

der (Einfluss-)Faktoren <strong>und</strong> der Zusammenhänge<br />

zwischen diesen transparent<br />

<strong>und</strong> plausibel <strong>und</strong> ist möglichst widerspruchsfrei<br />

d)enthält quantitative wie qualitative Aussagen<br />

e)dient der Prognose <strong>und</strong> strategischen Planung<br />

im Rahmen der Orientierung bzgl.<br />

zukünftiger Entwicklungen, Entscheidungen<br />

<strong>und</strong>/oder der Entscheidungsvorbereitung.<br />

Die Abbildung 2.1.1. zeigt den zukünftigen<br />

Szenariotrichter. Er illustriert, dass die Formative<br />

Szenarioanalyse der Konstruktion des<br />

Raumes möglicher zukünftiger Zustände<br />

dient. Im Fokus des Interesses stehen Interventionen<br />

<strong>und</strong> Störereignisse, die die Zu-<br />

_unftsentwicklung (kausal) beeinflussen können.<br />

Aus welchen Schritten besteht die Szenarioamdyse?<br />

Wir beschreiben als Beispiel die Schritte einer Formativen<br />

Szenarioanalyse (siehe Abb. 2.1.2). Dabei<br />

greifen wir auf die <strong>Fallstudie</strong> '94 zurück; in der eine<br />

Gesamtsynthese angestrebt wurde. Ziele dieser<br />

Szmarioanalyse (siehe Scholzet al., 1995, S. 155) war<br />

ein Verständnis eines komplexen Sytems (i.e. der<br />

Region Grosses Moos), seiner Einflussfaktoren <strong>und</strong><br />

seiner Steuerungsmöglichkeiten.<br />

Schritt 1: Zielsetzung ~ Schritt 2: Schritt 3:<br />

der Szenarioanalyse Systemeigenschaften ~ EInflussfaktoren<br />

I<br />

1<br />

Schritt 6:<br />

Schritt 4:<br />

GerichteterGraph System-Grld EInflussmatrix<br />

1<br />

~ Schritt 5: ~<br />

Schritt 7:<br />

~ Schritt 8: Schritt 9:<br />

Mlc-Mac-Analyse Trendprojektionen<br />

~<br />

Szenarien<br />

Abb. 2.1.2 Die Schritte der Szenarioanalyse.<br />

Energie- Niederschlags- <strong>Umwelt</strong>- Bruttoinland· Aktivsumme<br />

verbraucb menge bewusstsein produkt<br />

Energie-<br />

- 0 2 3 5<br />

verbraucb<br />

Niederscblagsmenge<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

Bruttoinlandprodukt<br />

0 - 0 0 0<br />

......<br />

I 0 - 1 2<br />

3 0 3 - 6<br />

I'assivsumme 4 0 5 4 13<br />

Tab. 2.1 Einflussmatrix für eine fiktive Szenarioanalyse. 1: Der Zeilenfaktor beeinflusst den<br />

Spaltenfaktor schwach, 2: mittlerer Einfluss, 3: Starker Einfluss, 0: Es besteht kein Einfluss<br />

(-: SeibstbeeinflussunglEigendynamik wird nicht beriicksichtigt).<br />

1<br />

Schritt 10:<br />

Strategien<br />

Schritt 1: Zielsetzung der Szenarioanalyse<br />

Am Anfang steht eine Beschreibung der Ziele<br />

(Aufzeigen von möglichen zukünftigen Zuständen)<br />

<strong>und</strong> der angestrebten Erkenntnis (Verstehen eines<br />

Systems aufgr<strong>und</strong> der <strong>durch</strong>dachten Zusammenhänge).<br />

Wichtig ist, dass die Zielkriterien <strong>und</strong> die<br />

,eurteilungsvariablen genau beschrieben werden.<br />

Ein Beispiel für ein Ziel wäre ein umweltverträg-"<br />

Iicher Chemieeinsatz in der landwirtschaftichen<br />

Bodenbewirtschaftung. Überschreitet der Chemieeinsatz<br />

die Aufnahmefähigkeit (carrying capacity)<br />

des Bodens, so kann nicht von <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />

gesprochen werden.<br />

Schritt 2: Systemeigenschaften<br />

Der Szenarioanalytiker muss sich umfassend in das<br />

System <strong>und</strong> seine Dynamik eindenken. Dieser Prozess<br />

kann <strong>durch</strong> verschiedenen Fragestellungen unterstützt<br />

werden. Durch eine Erfassung der Vorhaben<br />

im System oder <strong>durch</strong> eine Stärkm <strong>und</strong> Schwächen<br />

Analyse wird der/die Szenarioanalytikerln an das<br />

System herangeführt <strong>und</strong> lernt wesentliche Eigenschaftendes<br />

Systems kennen.<br />

Schritt 3: Einflussfaktoren<br />

Die Konstruktion der Einflussfaktoren ist der wichtigste<br />

Schritt der Szenarioanalyse! Ziel ist es, die<br />

wichtigsten (internen <strong>und</strong> externen) Einflussfaktoren<br />

zu erfassen, welche direkt auf Systemprozesse<br />

wirken. Um die Einflussfaktoren zu ermitteln,<br />

können verschiedene Methoden angewandt werden<br />

(z. B. Strukturlegetechniken, Delphi-Methoden,<br />

Mind-Mapping usw.). Einflussfaktoren können aus<br />

dem natürlichen System (z.B. Energieverbrauch,<br />

Stickstoffeintrag<br />

etc.), dem sozialen System (z.B.<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein) oder dem<br />

wirtschaftlichen System (z.B. das<br />

Bruttoinlandprodukt) stammen.<br />

Schritt 4: Einflussmatrix<br />

In der Einflussmatrix (Tab. 2.1)<br />

wird dargestellt, welchen Einfluss<br />

die einzelnen Einflussfaktoren<br />

aufeinander haben (z.B. inwieweit<br />

beeinflusst das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

den Energieverbrauch). Dieser<br />

Schritt ist gleichermassen ent-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 39


Methoden<br />

:eti<br />

~ :!2 7<br />

oe:(<br />

6<br />

5<br />

4<br />

aktiv<br />

Brultoinlandprodukt<br />

X<br />

~nergleverbrauCh<br />

ambivalent<br />

dinatensystems <strong>durch</strong> den Median oder das arithmetische<br />

Mittel der Aktiv- bzw. Passivsumme, so<br />

kann man grob zwischen aktiven, passiven, ambivalenten<br />

<strong>und</strong> puffernden Variablen unterscheiden.<br />

Mit dem gerichteten Graph wird die Einflussmatrix<br />

als gerichteter Graph dargestellt. Ein Beispiel<br />

für die Beziehungen, die zwischen den Einflussfaktoren<br />

bestehen liefert Abbildung 2.1.4.<br />

3<br />

2<br />

puffemd<br />

o NIederschlagsmenge •<br />

o 1 2 3 4<br />

Abb. 2.1.3 System-Gndzur Tabelle 2.1.<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

X<br />

5 6<br />

passiv<br />

7 Passivität<br />

scheidend wie die Bestimmung der Einflussfaktoren.<br />

Es ist sorgsam zu überlegen (siehe Hassler <strong>und</strong><br />

Schärli, 1995), welche Bewertungen (z.B. 0: «Kein<br />

Einfluss», 1: «schwacher Einfluss», 2: «starker Einfluss»)<br />

sinnvoll sind.<br />

Ein besonderes Problem entsteht, wenn diese<br />

Grössen <strong>durch</strong> eine Gruppe bestimmt werden. Sind<br />

die Gruppenmitglieder nicht einer Meinung, so<br />

hängt das Ergebnis davon ab, auf welche Art <strong>und</strong><br />

Weise die Beteiligten einen Konsensus herstellen.<br />

Es ist somit wichtig zu entscheiden, wie unterschiedliche<br />

Meinungen zu einer Gruppenmeinung aggregiert<br />

werden.<br />

Das Ausfüllen der Einflussrnatrix erlaubt es, für<br />

jede Einflussgrösse einen ersten Eindruck zu gewinnen,<br />

inwieweit sie andere Einflussgrössen beeinflusst<br />

<strong>und</strong> inwieweit angenommen werden muss,<br />

dass die Einflussvariable von anderen abhängt. Dazu<br />

werden die Aktiv- <strong>und</strong> die Passivsumme berechnet.<br />

Schritt 5: System-Grid <strong>und</strong> Schritt 6: Gerichteter Graph<br />

In diesem Schritt werden Informationen der Einflussmatrix<br />

visualisiert. Das System-Grid (vgl. Abb.<br />

2.1.3) zeigt für jede Variable inwieweit sie andere<br />

Einflussfaktoren beeinflusst bzw. von diesen beeinflusst<br />

wird.<br />

Das System-Grid stellt für jede Variable die Aktiv<strong>und</strong><br />

die Passivsumme in einem Koordinatenkreuz<br />

dar. Unterteilt man den ersten Quadranten des Koor-<br />

Abb. 2.1.4 Beispiel eines<br />

gerichteten Graphen zur<br />

Einflussmatnx aus Tabelle<br />

2.1; dargestellt werden<br />

nurmittelstarke (einfacher<br />

Pfeil) <strong>und</strong> starke<br />

Einflüsse.<br />

Schritt 7: iI1IC-MAC-Analyse<br />

Die MIC-MAC-Analyse liefert einen ersten groben<br />

Einblick in die Systemdynamik. Sie ermittelt in<br />

grober Weise, inwieweit die verschiedenen Einflussfaktoren<br />

in indirekter Weise in das System einbezogen<br />

sind. Ermittelt wird eine Art Vernetzungsrangreihe.<br />

Man erkennt, welche Einflussfaktoren stark in<br />

das System eingebettet sind (vgl. Godet, 1986). Wie<br />

die System-Grid-Methode ist auch die MIC-MAC­<br />

Methode ein heuristisches Verfahren.<br />

Schritt 8: Trendprojektionen<br />

Wie bekannt, besteht das Ziel der Szenarioanalyse<br />

darin, mögliche zukünftige Zustände zubeschreiben.<br />

Für jede Einflussgrösse werden der Ist-Zustand<br />

<strong>und</strong> unterschiedliche Ausprägungen beschrieben,<br />

die sie annehmen können. Z.B. kann der Energieverbrauch<br />

«hoch», die Niederschlagsmenge«niedrig», das<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein doch» <strong>und</strong> das Bruttosozialprodukt<br />

«sehr niedrig» sein.<br />

Ein wesentlicher Schritt der Trendprojektion besteht<br />

in der Konsistenzanalyse. In der Konsistenzanalyse<br />

muss geprüft werden, inwieweit die in einem<br />

Szenario angenommenen Ausprägungen von Einflussvariablen<br />

logisch konsistent sind. Dazu gibt es<br />

verschiedene computergestützte Verfahren.<br />

Schritt 9: Szenarioauswahl<br />

Ausgewählt werden nun einige exemplarische Sze<br />

narien, die einer näheren Untersuchung <strong>und</strong> Bewertung<br />

zugeführt werden. Als Voraussetzung für eine<br />

weitergehende Analyse ist in der Regel die Konsistenz<br />

der Ausprägungen der Einflussfaktoren zu<br />

betrachten. Dieser Bearbeitungsschritt wird auch<br />

Konsistenzanalyse genannt. Ziel ist es, mit wenigen<br />

Szenarien den Zukunftsraum in einer Art zu erfassen,<br />

wie es im Szenariotrichter illustriert ist.<br />

Schritt 10: Strategien<br />

Nachfolgend werden Strategien erarbeitet, welche in<br />

einem bestimmten Zeitrahmen die Realisierung von<br />

Zielen innerhalb der Szenarios ermöglichen.<br />

Analyse vers.,s Synthese der Szenarioanalyse<br />

Innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> '94 diente die Methode der<br />

Szenarioanalyse als Synthesetechnik. Mit Hilfe ver-<br />

40<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-------'-------------------------<br />

Methoden<br />

schiedener Verfahren, die in diesem Problem/System<br />

Abschnitt beschrieben werden, soll<br />

das Wissen aus den verschiedenen<br />

disziplinär <strong>und</strong> auf die Systeme <strong>Umwelt</strong>,<br />

Landwirtschaft etc. ausgerichteten<br />

Teilprojekte integriert werden<br />

(d.h. dass Wissen aus allen Teilprojekten,<br />

die für ein Systemverständnis<br />

relevant sind, einbezogen werden).<br />

Fall<br />

Ein Ziel der Szenarioanalyse bestand<br />

S~slem<br />

darin, ein möglichst ganzheitliches<br />

Verständnis des Grossen Moos, seiner<br />

Charakteristiken, Probleme <strong>und</strong> Dy- .<br />

namik zu unterstützen.<br />

Ein weiteres Ziel der Szenarioanalyse<br />

war es somit, mögliche Handlungsstrategien<br />

für das Grosse Moos<br />

bezogen auf verschiedene zukünftige<br />

zenarios zu formulieren. In Zentrum<br />

der Handlungsstrategien stand dabei<br />

die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung der<br />

Region. Das Verhältnis von Analyse <strong>und</strong> Synthese<br />

ist in Abbildung 2.1.5 dargestellt. Die Synthese<br />

wird teilweise <strong>durch</strong> unterschiedliche Repräsentationsformen<br />

<strong>und</strong> verschiedene Algorithmen (z.B. die<br />

MIC-MAC-Analyse) unterstützt.<br />

Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />

Die Frage, welche Ergebnisse von Anwendungen der<br />

Szenariotechnik in der Zukunft zu erwarten sind,<br />

wird von Missler-Behr (1993) in kompakter Weise<br />

beschrieben.<br />

«Die Szenarioanalyse steht ... erst am Anfang<br />

ihrer Verbreitung. Hemmend für ihre Einführung<br />

wirkt sich aus, dass sie ein sehr langwieriger,<br />

arbeits- zeit-, personal- <strong>und</strong> kostenintensiver<br />

Prozess ist. Ausserdem fehlt i.a. das methodische<br />

Wissen für eine Szenarioanalyse.<br />

Indem sich der Planer die Stärken <strong>und</strong><br />

Schwächen des Szenarioprozesses im generellen<br />

<strong>und</strong> der angewandten Methoden im speziellen<br />

klar macht, lernt er gezielt, Unsicherheiten wahrzunehmen,<br />

diese bei der Planung einzuarbeiten<br />

<strong>und</strong> zukunftsgerichtet zu handeln.<br />

Für die erfolgreiche Durchführung einer Szenarioanalyse<br />

ist Gruppenarbeit notwendig. ...<br />

Insgesamt werden <strong>durch</strong> den Szenarioprozess<br />

Kreativität <strong>und</strong> Flexibilität der Planung erhöht.<br />

Das generelle Problembewusstsein wird geschärft.<br />

Mit der Zeit entsteht ein besseres Verständnis<br />

der Umfelder, die Wahrnehmung von<br />

Veränderungen wird sensibilisiert, wo<strong>durch</strong> frühzeitig<br />

Korrekturmassnahmen eingeleitet werden.»<br />

(Missler-Behr, 1993, S. 161)<br />

Perzeptoren<br />

Abb. 2.1.5 Analyse <strong>und</strong>Synthese in der Szenarioanalyse.<br />

Wahrnehmung!<br />

Bewertung!<br />

Erkenntnis<br />

Zukunftsbild<br />

Am entscheidensten ist zweifelsfrei der Prozess der<br />

Szenarioerstellung. Dieser kann, wie in dem Kapitel<br />

zu RAHMENBEDINGUNGEN in diesem Band gezeigt<br />

wird, auch als Einstieg in ein System-Dynamics Modelfing<br />

genutzt werden.<br />

Eine Szenarioanalyse kann mit verschiedenen Zielsetzungen<br />

<strong>durch</strong>geführt werden. Eine Variante besteht<br />

darin, sich inden Raum von Zukunftsszenarien<br />

<strong>und</strong> seine Determinanten (i.e. die Einflussfaktoren)<br />

einzudenken, um zu erkennen, welche Entwicklungen<br />

am wahrscheinlichsten scheinen. Eine Strategieanalyse<br />

kann bei einem solchen Vorgehen darin bestehen,<br />

für die wahrscheinlichsten Szenarien (lokale)<br />

Handlungsoptionen zu konstruieren, um bestimmte<br />

Ziele (z.B. Minimierung des Schadstoffeintrags in<br />

den Boden) zuerrreichen.<br />

Eine andere Variante bestände darin, im Raum der<br />

konsistenten Szenarien Wunschszenarien ausfindig<br />

zu machen <strong>und</strong> nach Bedingungen zu suchen, wie<br />

diese realisiert werden können. Die Suche nach<br />

Wunschszenarien setzt eine Szenariobewertung voraus.<br />

Einige Methoden für eine Szenariobewertung<br />

werden im Abschnitt Multikriterielle Entscheidungstheorie<br />

vorgestellt.<br />

Eine dritte <strong>und</strong> m.E. neue Variante wird im Kapitel<br />

SZENARJOANALYSE in diesem Band vorgestellt. In<br />

dieser Variante werden für bestimmte Planungsentwürfe<br />

«passige» Szenarien (externe Konsistenz)<br />

konstruiert, die ihrerseits auf ihre interne Konsistenz<br />

geprüft werden.<br />

Weitere Varianten sind denkbar <strong>und</strong> sinnvoll. Dabei<br />

sollte insbesondere einer differenzierten Wahrscheinlichkeitseinschätzung<br />

von Annahmebündeln<br />

Aufmerksamkeit geschenkt werden, die <strong>durch</strong> die<br />

Cross-Impact Analyse (vgl. Götze, 1993, S. 163-214)<br />

ermittelt werden könnten.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 41


Methoden<br />

_<br />

Die Anwendung der Szenarioanalyse wirft eine<br />

Reihe von interessanten psychologischen, technischen<br />

<strong>und</strong> erkenntnistheoretischen Forschungsfragen<br />

auf.<br />

Zu den psychologischen Fragen gehört, welche mentalen<br />

Prozesse bei einer Szenarioanalyse aktiviert<br />

werden <strong>und</strong> vor allem, wie sich unterschiedliche<br />

Gruppenentscheidungsregeln bei der Konsensusfindung<br />

auswirken. Soll etwa die Beziehung zwischen<br />

zwei Einflussfaktoren auf einer vierstufigen<br />

Skala beurteilt werden, so liegen in der Regel verschiedene<br />

Meinungen vor. Soll nun ein Gruppenkonsensus<br />

hergestellt werden, so gibt es verschiedene<br />

Entscheidungsregeln, die zu unterschiedlichen<br />

Gruppenmeinungen führen. So kann man sich auf<br />

die häufigste Alternative (den Modalwert) oder die<br />

mittlere Meinung (den Median) einigen (vgl. Crott,<br />

1979, Zuber, 1988). Auch beeinflussen unterschiedliche<br />

Typen von Gruppendiskussionen den Einigungsprozess<br />

(Crott et al., 1991).<br />

Zu den technischen Fragen gehört, auf welchem Skalenniveau<br />

die Einflussmatrix oder eine Konsistenzanalyse<br />

zu führen ist. Oder: Wie sollen die Daten<br />

erhoben werden?<br />

Am wichtigsten jedoch sind zweifelsfrei die<br />

erkenntnistheoretischen Fragen. Lässt sich <strong>durch</strong> eine<br />

Formative Szenarioanalyse eine neue Qualität von Erkenntnis<br />

oder Intuition (vgl. Scholz, 1994) erreichen?<br />

Wie sieht es mit der Validität <strong>und</strong> der Reliabilität der<br />

Ergebnisse aus? (vgl. Hasler <strong>und</strong> Schärli, 1995) Wie<br />

lassen oder sollten Experten in eine Szenarioanalyse<br />

einbezogen werden? (Götze, 1993, S. 226 ff.)<br />

Trotz dieser Fragen ist die Szenarioanalyse sicherlich<br />

eines der wichtigsten Syntheseverfahren der<br />

<strong>Fallstudie</strong>narbeit in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften,<br />

da sie es erlaubt, Wissen<br />

verschiedenen Horizonten <strong>und</strong><br />

Teilprojekten in transparenter<br />

Weise in Beziehung zu<br />

setzen. Die Aussagen einer<br />

Szenarioanalyse sind dabei<br />

semiquantitativ, ihr Vorgehen<br />

hat etwas Holzschnittartiges<br />

jedoch liegt am Gegenstand, da Prognosen über<br />

reale, komplexe Systeme nie exakt sein können.<br />

2.2 Raum·Nutzungs·Verhandlungen<br />

Wo, wann <strong>und</strong> warum hat sich die Konzeption<br />

Raum·Nutzungs·Ver'handlungen entwickelt?<br />

Partizipation, Bürgerbeteiligung, Entbürokratisierung,<br />

Einbezug von Betroffenen sind Schlagworte,<br />

welche in den siebziger Jahren in einigen Ländern<br />

Mitteleuropas <strong>und</strong> insbesondere Deutschland die<br />

Suche nach neuen Formen der Politikberatung begleitet<br />

haben. Bekannter geworden sind besonders<br />

die Konzeption der Planungszelle (DieneI, 1992),<br />

Sozialverträglichkeitsstudien zu Technologien (Jungermann,<br />

Pfaffenberger, Schäfer <strong>und</strong> Wild, 1986),<br />

der kooperative Diskurs (Renn <strong>und</strong> Webler, 1992)<br />

oder das Modell C.E.A.T. (Communaute d'etudes<br />

pour I'amenagement du territoire, siehe Rey, 1995).<br />

Eine nähere Beschreibung dieser Modelle findet sicn<br />

im Kapitel RA Uirf-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN in diesem<br />

Buch.<br />

Die Konzeption Raum-Nutzungs-Verhandlungen geht<br />

auf einen Idee der <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive Grosses<br />

Moos» zurück. Die wesentliche Idee besteht<br />

darin, die unterschiedlichen Ansprüche <strong>und</strong> Interessen<br />

der verschiedenen Parteien bei der Festlegung<br />

der Nutzung für ein Areal als einen Aushandlungsprozess<br />

zu betrachten. Ein Charakterzug der Raume<br />

Nutzungs- VerhandlungeIl der vorgeschlagenen Konzep<br />

tion ist das «bottom up Prinzip». Angeregt wurde<br />

diese Konzeption <strong>durch</strong> die Gr<strong>und</strong>sätze des Landschaftsentwicklungskonzepts<br />

(LEK) von Bolliger<br />

<strong>und</strong> Roux (1993). In der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive<br />

Grosses Moos wurden in der Synthesegruppe Raum­<br />

Nutzungs- Verhandlungen Pläne für eine Landschaftsentwicklung<br />

eines ländlichen Raums in Zusammenarbeit<br />

von Betroffenen, unter Miteinbezug von<br />

Fachleuten erarbeitet <strong>und</strong> in einem Verhandlungsprozess<br />

modifiziert (Scholz et al, 1995, S. 132, siehe<br />

auch Baeriswyl <strong>und</strong> Nufer, 1995).<br />

In der <strong>Fallstudie</strong> 1995 wurde das Konzept am Beispiel<br />

der <strong>Umnutzung</strong> des Sulzer- Escher Wyss-Areals<br />

weiterentwickelt <strong>und</strong> für den komplexeren innerstädtischen<br />

Planungsprozess angepasst. In Raum-<br />

Nutzungs-Verhandlungen werden die Haupt-Akteure<br />

des Falls einbezogen. Dies sind die Eigner, die<br />

Investoren <strong>und</strong> die zuständigen Verantwortlicher><br />

der Öffentlichen Hand. In Zusammenarbeit m,<br />

Vertretern der Bevölkerung <strong>und</strong> der <strong>Umwelt</strong><br />

erarbeiten sie, innerhalb des rechtlichen Rahmens<br />

Lösungsvorschläge, die den Entscheidungsträgern<br />

zur Unterstützung dienen.<br />

Im Konzept der Raum-Nutzungs-Verhandlungen wird<br />

davon ausgegangen, dass<br />

@l<br />

@l<br />

Ol)<br />

Ol)<br />

bei der Gestaltung eines Raumes<br />

verschiedene Beteiligte (im Folgenden Akteure genannt)<br />

teilweise entgegengesetzte <strong>und</strong> teilweise gleichgerichtete<br />

Interessen besitzen <strong>und</strong><br />

über einen Verhandlungsprozess versuchen, zu einer<br />

Lösung zu kommen,<br />

Ol) "die gegenüber dem status quo zu einer Verbesserung<br />

führt.<br />

Dabei bezeichnet der status quo die Lösung, die sich<br />

die Akteure ohne zu verhandeln, sichern können.<br />

Bezeichnet man den Raum oder die Arealnutzung<br />

42<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


----------------------'----- ~ Methoden<br />

als den Verhandlungsgegenstand, die Beteiligten als<br />

Akteure oder Verhandler, dann liegt mit der gegebenen<br />

Beschreibung genau eine Situation vor, die<br />

in der sozialwissenschaftlichen Konfliktforschung als<br />

Verhandlungssituation bezeichnet wird Orle, 1975;<br />

Crott, 1979; Scholz, 1981; Güth, 1992).<br />

Dem Konzept der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

liegen die Annahmen zugr<strong>und</strong>e, dass<br />

• ökologische Anliegen ein Interesse darstellen bzw.<br />

von einer Interessengruppe repräsentiert werden<br />

<strong>und</strong><br />

CI<br />

dass die Interessen der verschiedenen Gruppen<br />

bezüglich der Nutzung des Raumes auseinandergehen.<br />

In der vorgestellten Konzeption der Raum-Nutzungs­<br />

Verhandlungen wird somit der politikwissenschaftliche<br />

Partizipations- <strong>und</strong> Mediationsansatz mit der soziallmd<br />

wirtschaftspsychologischen Verhandlungsfor-<br />

.:hung verb<strong>und</strong>en. Die Konzeption stellt somit<br />

einen Beitrag zur «VersozialwissenschaJtlichung» der<br />

Praxis dar. Aus umweltnaturwissenschaftlicher Perspektive<br />

wurzelt die Konzeption in der Vision, dass<br />

<strong>durch</strong> eine Optimierung sozialer Prozesse der Umgang<br />

mit <strong>Umwelt</strong>ressourcen verbessert werden kann.<br />

Welche Fragen lassen sich mit Raum-Nutzungs­<br />

VerhandluJlgen bearbeiten?<br />

Mit Raum-Nutzungs-Verhandlungen wird<br />

1. ein Mediationsverjahren bezeichnet, bei dem Interessen<br />

verschiedener Gruppen bezogen auf ein<br />

Areal oder einer Landschaft über einen moderierten<br />

Verhandlungsprozess integriert <strong>und</strong> zur Entscheidungsunterstützung<br />

im Entwicklungsprozess<br />

verwendet werden können<br />

2. der sozial-, wirtschafts- <strong>und</strong> umwe!tpsychologische<br />

Untersuchungsgegenstand verstanden, der <strong>durch</strong> den<br />

realen Prozess der Interaktion der Akteure bezogen<br />

auf die Gestaltung <strong>und</strong> Realisation eines<br />

Areals oder einer Landschaft gegeben ist.<br />

Ein wesentliches (Hilfs-)Mittel ist die Ermittlung<br />

<strong>und</strong> Kommunikation der Interessen- <strong>und</strong> Bewertungsgesichtspunkte<br />

der Akteure. Diese können das<br />

Mediationsverfahren erleichtern <strong>und</strong> helfen, den<br />

Verhandlungsspielraum auszunutzen. Ziel der Raum­<br />

Nutzungs-Verhandlungen ist es, die Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung<br />

zu optimieren, Fehlwahrnehmungen zu<br />

verhindern, pareto-optimale Lösungen zu sichern <strong>und</strong><br />

defektive Interaktionen zu vermeiden.<br />

Aus welchen Schritten bestehen die<br />

Raum-Nutzungs-Verhandlungen?<br />

Wir beschreiben den möglichen Ablauf einer Raum­<br />

Nutzungs-Verhandlung im Rahmen einer Mediation.<br />

Es werden folgende Schritte als notwendig erachtet.<br />

Dabei werden sozialwissenschaftliche Erkenntnisse<br />

insbesondere im 4. Schritt benötigt.<br />

Schritt 1:<br />

Der Wille zu kooperativer Problemlösung<br />

Ein rechtlich oder demokratisch legitimierter<br />

Hauptakteur des Falls muss den Willen haben, den<br />

Entscheidungsprozess <strong>durch</strong> einen kooperativen<br />

Diskurs verbessern zu wollen.<br />

Schritt 2:<br />

DerAuftrag an einen qualifizierten Mediator<br />

Die Raumnutzungsverhandlung wird <strong>durch</strong> Auftrag<br />

eines demokratisch <strong>und</strong>/oder rechtlich legitimierten<br />

Mediators eingeleitet. Dieser sollte nicht nur in den<br />

Bereichen der Moderation, sondern auch in den<br />

theoretischen <strong>und</strong> empirischen Konzepten <strong>und</strong> Verfahren<br />

derEntscheidungs- <strong>und</strong> Verhandlungsanalyse<br />

versiert sein.<br />

Schritt 3:<br />

Auswahl der Interessensgruppen <strong>und</strong> Hauptakteure<br />

Der Mediator bestimmt aufgr<strong>und</strong> einer Fallanalyse<br />

<strong>und</strong> theoretischer Erwägungen, welche Interessengruppen<br />

an einer Verbesserung der Lösungsfindung<br />

zu beteiligen sind. Um zu einer sachgerechten <strong>und</strong><br />

fairen Repräsentanz zu kommen, gibt es jedoch kein<br />

Patentrezept. Entscheidend sind hier die kommunikativen<br />

Prozesse <strong>und</strong> auch die Fähigkeit des Mediators,<br />

die unterschiedlichen Qualitäten von Wissen,<br />

welche in verschiedenen Akteursgruppen vorhanden<br />

sind, angemessen einzuschätzen (vgl. Weidner,<br />

1995). In einem geeigneten, situationsangemessen<br />

zu gestaltenden Verfahren sind aus den Interessengruppen<br />

Hauptakteure auszuwählen. Alle Akteure<br />

sollten sich nicht nur <strong>durch</strong> interessensbezogene<br />

Bachkompetenz, sondern auch <strong>durch</strong> die Fähigkeit<br />

<strong>und</strong> die Bereitschaft zu einer kooperativen Konfliktlösung<br />

<strong>und</strong> Entscheidungsfindung auszeichnen.<br />

Die Sachkompetenz von bestimmten Gruppen ist<br />

gegebenenfalls <strong>durch</strong> Berater oder Seminare zu<br />

herzustellen. Dabei sollte die Auswahl des Sachverständigen<br />

<strong>durch</strong> die Akteure selber in einem<br />

kooperativen Prozess mit d.em Mediator erfolgen.<br />

Schritt 4:<br />

Erfassung der Interessen <strong>und</strong> Bewertungen der Hauptakteure<br />

Die spezifischen Interessen <strong>und</strong> die konkreten Bewertungen<br />

von allfällig vorhandenen Planungsvorschlägen<br />

<strong>und</strong> Ideen sollen von allen Hauptakteuren<br />

erhoben werden. Hierzu erscheint ein zweistufiger<br />

Prozess angemessen (vgl. Scholz <strong>und</strong> Weber, 1994).<br />

In teilstrukturierten Interviews werden Entwicklungsideen<br />

<strong>und</strong> Bewertungen erhoben. In einem zweiten<br />

Schritt werden mit einem formativen Verfahren die<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

43


Methoden ~ _<br />

spezifischen Kriterien, Gewichtungen, Toleranzschwellen<br />

oder Minimalbedingungen etc. 'erfasst.<br />

Diese Schritte verlangen ein «entwickeltes professionelles<br />

sozialwissenschaftliches Vorgehen", wobei<br />

Methoden zu entwickeln sind, welche die Akteure<br />

«nahe an den Verhandlungsgegenstand heranbringen".<br />

Als Beispiel für eine Erhebungsmethodik<br />

dient der in Abschnitt 5.2. des Kapitels RAUfrJ-NuT­<br />

ZUNGS- VERHANDLUNGEN vorgestellte Exploration-Parcours.<br />

In einem solchen Parcours werden den Akteuren<br />

Photos <strong>und</strong> Modelle vorgelegt, mit denen sie sich<br />

intensiv <strong>und</strong> gegebenfalls in mehreren Sitzungen<br />

auseinanderzusetzen haben. Um an die wirklichen<br />

Interessen- <strong>und</strong> Nutzenprofile heranzukommen, ist<br />

es geboten


__________________________________________Methoden<br />

terschiedliche Perspektiven dar. Überschreitet die<br />

Anzahl der Interessenten eine überschaubareZahl<br />

(n>12), so lassen sich in der Regel Gruppierungen<br />

bilden. Es gilt nun, für die einzelnen Gruppierungen<br />

Vertreter zu bestimmen. Diese Auswahl ist unscharf<br />

<strong>und</strong> die ausgewählten Personen haben im wortwörtlichen<br />

Sinn die Funktion einer «vicarious mediation»<br />

(stellvertretende Vermittlung von Interessen) zu erfüllen.<br />

Handelt es sich bei dem ausgewählten Interessenvertreter<br />

um eine Person, die sich fortlaufend<br />

mit dem Kreis der Betroffenen abstimmt, so ist eine<br />

weitere «Linse fraktal» in die Interessendekomposition<br />

<strong>und</strong> -synthese einzubetten. Dies wird in Abbildung<br />

2.2 für die Gruppe der Wirtschaftsvertreter<br />

illustriert.<br />

Bei allen Objekten mit einer bestimmten Grössenordnung<br />

werden Interessen der Allgemeinheit berührt.<br />

Da <strong>Umwelt</strong> ein Allgemeingut ist, begründet<br />

ies auch, warum Ökologie eine Interessenperspek··<br />

tive ist, die in Raum-Nutzungs-Verhandlungen zu berücksichtigen<br />

ist.<br />

Welche Ergebn.isse können. erwartet werden.?<br />

Erfahrungen in· vielen Bereichen der Gesellschaft<br />

lassen eine verstärkte Bereitschaft zu kooperativen<br />

Problemlösungen erkennen. Dies betrifft nicht nur<br />

die Partizipation im politischen Bereich. Auch im<br />

wirtschaftlichen Bereich haben sich Ansätze als erfolgreich<br />

<strong>und</strong> profitabel erwiesen, Arbeiter, Angestellte,<br />

Meister, Produktionsingenieure, Konsumenten<br />

usw. an der Produktentwicklung zu beteiligen<br />

(siehe Bungard, 1980, Wagner, 1993). Auch lassen<br />

sich Tendenzen zu einer Entbürokratisierung behördlicher<br />

Planungsprozesse erkennen. Diesen Prozessen<br />

ist gemein, dass die Personen an der Produktentwicklungoder<br />

Produktplanung beteiligt werden,<br />

je über die weitestgehenden konkret gegenständlichen<br />

Erfahrungen verfügen (vgl. Ulich, 1992,<br />

S.59ff). Indem das Wissen aus verschiedenen Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Wissenshorizonten schon in frühen<br />

Phasen intergriert wird, kann somit eine «built in<br />

quality» erzeugt werden.<br />

Gegen die vorgestellte Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

<strong>und</strong> die Aussagekraft der vorgestellten<br />

Ergebnisse lassen sich eine Reihe von<br />

Bedenken vortragen (vgl. Knoepfel 1995b).<br />

An Raum-Nutzungs-Verhandlungen sollen alle wichtigen<br />

Gruppen qualifiziert vertreten sein. Dies verlangt<br />

im ersten Schritt, dass alle wichtigen Gruppen<br />

erfasst sind <strong>und</strong> im zweiten, dass die Gruppen repräsentativ<br />

vertreten sind. Beide Schritte sind schwierig<br />

<strong>und</strong> es gibt für sie kein Patentrezept. Dies betrifft<br />

jedoch nicht nur die Raum-Nutzungs-Verhandlungen,<br />

sondern betrifft alle Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse.<br />

Der Nutzen von Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

sollte<br />

• in einer Verbesserung des Problemlösungsprozesses,<br />

• einer Projektbeschleunigung <strong>und</strong><br />

.. in einer erhöhten Sozialverträglichkeit des Prozesses<br />

<strong>und</strong> des Produkts liegen.<br />

Die Hoffnung auf eine Projektbeschleunigung erscheint<br />

vielleicht aufden ersten Blick nicht plausibel<br />

(Knoepfel, 1995b). Jedoch können <strong>durch</strong> Raum­<br />

Nutzungs-Verhandlungen spätere Rekurse vermieden<br />

werden <strong>und</strong> somit, über alles gesehen, eine Projektbeschleunigung<br />

erreicht werden.<br />

Wichtig bei einer Gestaltung von Raum-Nutzungs­<br />

Verhandlungen ist, dass diese nicht als Entscheidungsersatz<br />

für demokratisch oder rechtlich legitimierte<br />

Prozesse zu betrachten sind. Sie sind als Entscheidungsunterstützung<br />

zu sehen <strong>und</strong> dürfen zu keiner<br />

Entmachtung der «polis» führen.<br />

Die Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

bietet eine Chance zur Verwissenschaftlichung der<br />

Praxis. Indem .das Wissen der politik- <strong>und</strong> sozialwissenschaftlichen<br />

Verhandlungsforschung genutzt<br />

wird, können Interessen besser kommunizierbar gemacht<br />

<strong>und</strong> vorurteilsgeladene Fehlwahrnehmungen<br />

vermieden werden. Auf diese Weise werden Verhandlungs(spiel)räume<br />

nutzbar. Damit bietet sich<br />

die Chance, pareto-optimale Uisungen <strong>und</strong> einen fairen<br />

Interessenausgleich zu sichern.<br />

Die Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

ist kein Allheilmittel. Auch gilt es das Verfahren<br />

jeweils situationsangemessen zu modifizieren. Folgenden<br />

Problemen sollte besondere Beachtung<br />

geschenkt werden:<br />

.. der Auswahl eines wissenschaftlich versierten <strong>und</strong><br />

akzeptierten Mediators; ein sensibler Bereich stellen<br />

hier die Überzeugungen <strong>und</strong> Eigeninteressen<br />

des Mediators dar,<br />


Methoden --,- _<br />

lichen Wissens. Entscheidungsträger <strong>und</strong> Akteure<br />

des Falls besitzen nur ein sehr begrenztes Fachwissen.<br />

Welche Stoffflüsse mit einem Gestaltungsentwurf<br />

verknüpft sind oder welche ökologische<br />

Qualität (potentiell) ein Freitlächenkonzept besitzt,<br />

wird häufig falsch wahrgenommen. Indem die Bewertungsstrukturen<br />

der Akteure deutlich gemacht<br />

werden, ergeben sich Chancen, die Wahrnehmung<br />

von Sachstrukturen zu verbessern.<br />

verfahren als Teil eines Netzwerks von Produktionsschritten<br />

gesehen werden muss (Schmidt et al., 1994;<br />

Heijungs, 1994). Mit Hilfe der Ökobilanz sollten die<br />

Auswirkungen jenes Anteils des Netzwerkes berücksichtigt<br />

werden, der nur für das spezielle Produkt<br />

aufgewendet werden muss. Notwendig ist daher also<br />

nicht nur die Auswahl <strong>und</strong> Quantijizierung aller Produktionsschritte,<br />

die an der Erstellung des Produktes<br />

beteiligt sind, sondern auch die Definition <strong>und</strong><br />

Quantijizierung der ökologi~chenAuswirkungen.<br />

2.3 Ökobilaftz<br />

Wo, wann <strong>und</strong> W/n'Bun hat sich die Ökobilanzierilng<br />

entwickelt?<br />

Als Ausgangspunkt diente die zunehmende <strong>Umwelt</strong>verschmutzung<br />

<strong>durch</strong> anthropogene Schadstoffe <strong>und</strong><br />

deren Wahrnehmung in der Gesellschaft. Die daraus<br />

resultierenden Diskussionen über spezielle Produkte<br />

(unter Produkte subsummieren wir auch Güter<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen) gerieten zunehmend in argumentative<br />

Sackgassen, weil zunächst nur die unmittelbar<br />

bei der Produktion entstehenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

gesehen wurden. Bald wuchs das<br />

Bewusstsein, dass die indirekten <strong>und</strong> mittelbaren<br />

Auswirkungen von Produkten für ihre Beurteilung<br />

eine sehr grosse Rolle spielen. Die Ökobilanz sollte<br />

nun - gleichsam gesamtheitlich - möglichst vollständig<br />

die ökologischen (ökologisch bedeutet hier, den<br />

Naturhaushalt betreffend) Auswirkungen erfassen,<br />

indem der gesamte Lebenszyklus des Produktes ­<br />

von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, die<br />

Verteilung, die Nutzung bis zur Entsorgung - einbezogen<br />

wird (vgl. als einführende Literatur Etterlin et<br />

al., 1992).<br />

Impulse, die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen menschlicher<br />

Aktivitäten systematisch zu bilanzieren, haben sich<br />

seit den 80er Jahren insbesondere in den Niederlanden<br />

(vgl. z.B. Heijungs, 1992), in der Schweiz<br />

(vgl. z.B. Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk, 1993) <strong>und</strong><br />

in Deutschland (vgl. z.B. Schmidt-Bleek,1993) entwickelt.<br />

Die Idee war, ein Verfahren<br />

zu etablieren, mit dem man Produkte<br />

(oder Produktionsverfahren) im Hinblick<br />

auf ihre ökologische Verträglichkeit<br />

miteinander vergleichen kann.<br />

Primäres Ziel der Ökobilanzierung ist<br />

es, <strong>durch</strong> die Auswahl von «ökologischen»<br />

Produkten (Selektion, Baccini<br />

<strong>und</strong> Bader, 1995) einen sparsamen<br />

Umgang mit Ressourcen <strong>und</strong> eine<br />

möglichst geringe anthropogene <strong>Umwelt</strong>belastung<br />

zu erreichen.<br />

Gleichzeitig setzte sich die Auffassung<br />

<strong>durch</strong>, dass jedes Produktions-<br />

AusgangsstoffelRohstoffe:<br />

Quarzsand, Soda, Kalk,<br />

Dolomit, Feldspat<br />

Altglas<br />

Welche fragen lassen sich mit Hilfe eifler Ökobilaflz<br />

behandeln ?<br />

Anwendungsgebiete<br />

Eine Ökobilanz dient i.a. zum Vergleich von verschiedenen<br />

Produkten oder Prozessen, die dieselbe Funktion<br />

erfüllen. Bezogen auf 11 Milch kann das z.B.<br />

die Transportverpackung oder der Transport selbs'<br />

oder der Packstoff sein (z.B. Glas, vgl. Abb. 2.3.1).<br />

Für die funktionale Einheit (engl. functional unit, vgl.<br />

z.B. Heijungs, 1994) werden verschiedene Produkte<br />

(z.B. Glas, Kunstoff) eingesetzt, die miteinander<br />

vergleichbar sind, weil sie denselben Nutzen erbringen<br />

(z.B. die für 11 Milch erforderliche Menge eines<br />

Packstoffes).<br />

Gr<strong>und</strong>lage für diesen Vergleich ist die Quantifizierung<br />

der negativen ökologischen Auswirkungen, die<br />

mit der funktionalen Einheit in Verbindung stehen.<br />

Eine Ökobilanz bildet also das Netzwerk von Produktionsschritten<br />

ab, das für die Erstellung, N utzung<br />

<strong>und</strong> Entsorgung eines Produktes erforderlich<br />

ist, <strong>und</strong> ermöglicht dessen integrale Betrachtung hinsichtlich<br />

des Beitrags zu <strong>Umwelt</strong>schäden (vgl. Kapitel<br />

ÖKOBILANZ <strong>und</strong> als weitere Beispiele Frischknecht<br />

et al., 1994; Habersatter <strong>und</strong> Widmer, 1991).<br />

Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk (1993) setzen das<br />

Konzept der Ökobilanz inzwischen auch für die öko<br />

logische Bewertung von Stoff- <strong>und</strong> Energietlüssen<br />

in Unternehmungen ein. Durch eine solche Analyse<br />

ergeben sich bei der Analyse der jährlichen Stoff<strong>und</strong><br />

Energieflüsse in einem Unternehmen (s.u. Stoff-<br />

Glas<br />

1000 kg<br />

Abb. 2.3.1 Die an der Bereitstellung derfunktionalen Einheit 1000 kg Glas beteiligten Produkte/<br />

Proz.esse (Stoffflussschema der Glasherstellung, vereinfacht nach Habersatter <strong>und</strong>Widmer, 1991).<br />

46<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________Methoden<br />

flussanalyse) <strong>und</strong> der Einschätzung der damit verb<strong>und</strong>enen<br />

<strong>Umwelt</strong>belastung (Bewertung) schon <strong>durch</strong><br />

ihre Offenlegung Ansätze <strong>und</strong> Verbesserungsmöglichkeiten.<br />

Mit einer solchen Ökobilanz versuchen<br />

Unternehmen sowohl, ihr ernsthaftes Interesse an<br />

ihrer ökologischen Verträglichkeit zu dokumentieren,<br />

als auch ihr Image zu verbessern. Für die gesellschaftliche<br />

Bewertung <strong>und</strong> Diskussion von marktwirtschaftlichen<br />

Steuerungsmöglichkeiten müssen<br />

adäquate Bezugsgrössen gef<strong>und</strong>en werden. Braunschweig<br />

<strong>und</strong> Mülier-Wenk (1993) definieren z.B.<br />

ökologische Produktivität als Quotient aus der wirtschaftlichen<br />

Wertschöpfung <strong>und</strong> den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen.<br />

Der Kehrwert davon wird bei der Ökobilanzierung<br />

der Varianten zur Bewertung herangezogen.<br />

Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Stoffflussanalysen<br />

<strong>und</strong> Ökobilanzen von Gemeinden <strong>und</strong><br />

'.egionen (vgl. Baccini <strong>und</strong> Brunner, 1991). Ausgangspunkt<br />

ist hier die Frage, ob eine möglicherweise<br />

absehbare Entwicklung der Bevölkerung <strong>und</strong><br />

der Wirtschaft mit der Erhaltung der natürlichen<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lagen vereinbar ist (Nachhaltigkeit).<br />

Ökobilanzen sollen hier Material für die Steuerung<br />

der weiteren Entwicklung der Region aggregieren<br />

<strong>und</strong> bewerten.<br />

Bewertungsproblem<br />

Bei der Bewertung der Ergebnisse ergibt sich die<br />

Schwierigkeit, verschiedene <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(z.B. die Schädigung der Ozonschicht <strong>und</strong> radioaktive<br />

Emissionen) miteinander vergleichen <strong>und</strong> gegeneinander<br />

abwägen zu müssen. In vielen Fällen ist<br />

eine vergleichende Ökobilanz nicht eindeutig, weil<br />

ein V~rgleich bei verschiedenen Kriterien (<strong>Umwelt</strong>auswirkungen)<br />

unterschiedliche Präferenzen ergibt.<br />

Die Ermittlung der Prioritäten, die man den ver-<br />

~hiedenen Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> bei ihrem<br />

Vergleich zuweist, ist aber nur ein Teil des Bewertungsproblems.<br />

Der andere Teil betrifft die funktionale<br />

Einheit: Die «formale» Funktion der betrachteten<br />

Einheit lässt sich meist relativ einfach definieren.<br />

Beim Vergleich von Transportsystemen kann z.B. ein<br />

«Personenkilometer» (= Transport einer Person über<br />

einen Kilometer) als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage für den<br />

Vergleich vom öffentlichen <strong>und</strong> privaten Verkehr<br />

herangezogen werden. Einige wichtige Charakteristika<br />

der unterschiedlichen Transportmittel bleiben<br />

so jedoch unberücksichtigt:<br />

e technische Kriterien, wie die zeitliche <strong>und</strong> räumliche<br />

Verfügbarkeit <strong>und</strong> der gleichzeitige Transport<br />

von Material,<br />

e ökonomische Kriterien wie die Finanzkraft der<br />

öffentlichen Hand (etwa für Infrastrukturmassnahmen)<br />

<strong>und</strong> der Bevölkerung (etwa für die Anschaffung<br />

eines PW), <strong>und</strong><br />

e soziale Kriterien wie der individuelle Nutzen (z.B.<br />

<strong>durch</strong> die Geschwindigkeit, das Prestige oder auch<br />

die Risikobereitschaft beeinflusst).<br />

Alls welchen Schritte.n beste.ht eine. Ökobilanz?<br />

Ökobilanz ist nicht eine Methode, sondern die Bezeichnung<br />

für eine Reihe von Methoden, die sich<br />

mehr oder weniger stark - insbesondere bei der<br />

Durchführung der einzelnen Schritte - unterscheiden.<br />

Im allgemeinen werden folgende 'Bestandteile<br />

von Ökobilanzen angegeben:<br />

e Zieldefinition<br />

• Sachbilanz<br />

e Wirkungsbilanz<br />

• Bewertung<br />

Als Ergänzung dazu schlägt Heijungs (1992) eine<br />

Verbesserungsanalyse vor. (Die Bestandteile einer<br />

Ökobilanz werden auch im Kapitel ÖKOBILANZ anhand<br />

des Vorgehens in der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> erläutert.)<br />

Zieldefinitioft<br />

SachbiltU!l<br />

Aus dem globalen Ziel der Untersuchung wird die<br />

Definition der funktionalen Einheit <strong>und</strong> die Systemabgrenzung<br />

abgeleitet. Das Ergebnis der Ökobilanz<br />

besteht am Ende aus der Berechnung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

der funktionalen Einheit. In einer<br />

Studie des BUWAL (Habersatter <strong>und</strong> Widmer, 1991)<br />

sind es die Packstoffe Aluminium, Glas, Kunststoffe,<br />

Papiere, Kartons, Wellpappen <strong>und</strong> Weissblech. In<br />

dieser Studie wird jedoch nur eine Vorberechnung,<br />

<strong>durch</strong>geführt. Durch die Systemabgrenzung wird! die<br />

Herstellung einer Verpackung, die Abfüllung, die,<br />

Verteilung, der Gebrauch <strong>und</strong> die Wiederverwendung<br />

nicht berücksichtigt. Ziel dieser Studie war,<br />

eine Ökobilanzierung von speziellen Verpackungen<br />

<strong>durch</strong> die Ökobilanzierung der Verpackungsmaterialien<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Festlegung der Systemgrenzen (z.B. die Einschränkung<br />

auf Stromabnehmer in der Schweiz)<br />

kann sich stark auf das Ergebnis der Ökobilanz auswirken.<br />

Strom wird in der Schweiz vorwiegend aus<br />

Wasserkraft <strong>und</strong> Atomkraft hergestellt, ausserhalb<br />

überwiegt zum Teil der Einsatz fossiler Brennstoffe.<br />

Daher können Produkte mit einem hohen Strombedarf<br />

stark unterschiedliche <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

hervorrufen, je nachdem wo der Strombedarf gedecktwird.<br />

Am Anfang der Sachbilanz steht die Erstellung des<br />

Prozessgefüges. Die Abfolge <strong>und</strong> die Komposition<br />

der einzelnen Produktionsschritte werden - vergleichbar<br />

wie in einer Stoffflussanalyse -z.B. in einer<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

47


Methoden<br />

_<br />

Matrix (Heijungs, 1994) erfasst. Dabei geben die<br />

Koeffizienten der Matrix an, welche Menge eines<br />

Produktes (z.B. wieviel MJ Strom) zur Herstellung<br />

eines anderen Produktes (z.B. 1 kg Aluminium)<br />

gebraucht wird. In derselben Matrix wird auch der<br />

umgekehrte Bedarf festgehalten (also, wieviel Aluminium<br />

zur Bereitstellung von 1 MJ Strom erforderlich<br />

ist). Durch die Invertierung der Matrix werden<br />

die Mengen der Produkte/Prozesse berechnet, die<br />

für die Herstellung der funktionalen Einheit gebraucht<br />

werden.<br />

In einer weiteren Matrix werden die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

jedes Prozesses festgehalten. Dazu<br />

gehören beispielsweise die Menge an Kohlendioxid,<br />

die bei der Produktion von Aluminium in die Atmosphäre<br />

freigesetzt wird, <strong>und</strong> der entsprechende Verbrauch<br />

an Rohöl. Im Ökobilanzprogramm SIMA V2.1<br />

werden insgesamt ca. 700 verschiedene <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

berücksichtigt. Aus der Kenntnis der<br />

Mengen der Produkte/Prozesse, die für die Herstellung<br />

der funktionalen Einheit gebraucht werd~n,<br />

können dann die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der funktionalen<br />

Einheit berechnet werden.<br />

Wirlumgsbilanz:<br />

Die bei den Produktionsschritten entstehenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(vgl. auch Abb. 2.3.2) werden<br />

zu mehreren Wirkungskategorien zusammengefasst,<br />

die sich zum Beispiel an einem Schutzgut (Mensch,<br />

Wasser, Boden, Luft) oder an einem «<strong>Umwelt</strong>problem»<br />

orientieren (Saurer Regen, Eutrophierung,<br />

Verbrauch abiotischer Ressourcen etc.) (Heijungs,<br />

1992). Weil die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen in unterschiedlichem<br />

Ausmass zu einer Wirkungskategorie<br />

beitragen, werden sie entsprechend gewichtet. Beispielsweise<br />

die Emissionen von Stoffen, die zur<br />

Eutrophierung der Gewässer beitragen, werden in<br />

eine ihrer Wirksamkeit entsprechende Menge an<br />

Phosphat umgerechnet (PO~--Äquivalent). Diese in<br />

der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> angewendete Methode ist die auswirkungsorientierte<br />

Klassifizierung (Heijungs, 1994).<br />

Bewertung<br />

Bei der Bewertung müssen die berechneten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

gewichtet oder gegeneinander<br />

abgewogen werden. In vielen Anwendungen wird<br />

dieser Schritt ausgelassen, weil er eine individuelle<br />

Präferenzbildung erfordert, die interessengeleitet<br />

sein kann. Im Gr<strong>und</strong>e entsteht hier ein multiattributives<br />

Entscheidungsproblem, wenn man die verschiedenen<br />

Produkte mit Hilfe von gewichteten<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen bewerten möchte. In der <strong>Fallstudie</strong><br />

<strong>'95</strong> wurde versucht, eine Vollaggregation mit<br />

Hilfe des Analytical Hierarchy Process (Saaty, 1977)<br />

<strong>durch</strong>zuführen. Diese <strong>und</strong> vergleichbare Methoden<br />

werden in Abschnitt 2.4 behandelt.<br />

Alternative Methoden<br />

Die Berechnung von <strong>Umwelt</strong>belastungspunkten<br />

(Ahbe et al., 1990) fasst die Wirkungsbilanz <strong>und</strong> eine<br />

Bewertung zusammen. Bei dieser Methode der ökologischen<br />

Knappheit werden für jede <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />

kritische Stoffflussmengen definiert, an denen die<br />

<strong>Umwelt</strong>belastungen gemessen werden. Der kritische<br />

Fluss wird definiert als die zulässige Menge eines<br />

Stoffes, die in einem gegebenen Gebiet in einer<br />

vorgegebenen Zeitperiode in ein Kompartiment<br />

(Wasser/Boden/Luft) emittiert oder als Ressource<br />

verbraucht werden kann. Die <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />

ergeben sich aus dem Anteil der <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />

am kritischen Fluss multipliziert mit<br />

einem Gewichtungsfaktor. Dieser Gewichtungsfak<br />

tor besteht aus dem Quotienten der aktuellen Emissions-<br />

oder Verbrauchsmenge <strong>und</strong> des kritischen<br />

Flusses (bezogen auf dasselbe Gebiet <strong>und</strong> dieselbe<br />

Zeitperiode). Auf diese Weise wirkt eine Emission<br />

schwerwiegender, wenn die zulässige Belastung bereits<br />

aktuell überschritten ist (vgl. Ahbe et al., 1990;<br />

Humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

Ressourcen<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

Saurer Regen<br />

Eutrophierung<br />

Ozoschichtzerstörung<br />

Treibhauseffekt<br />

Bildung photochemischer<br />

Oxidantien<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Radioaktive<br />

Emissionen<br />

lEl Industrienahe Nutzung<br />

11 Variante WerkStadt<br />

11 Grünraumvariante<br />

lEl Variante Kunsthochschule<br />

0.5<br />

0.6<br />

Abb. 2.3.2 Vergleich der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Architektur-Varianten<br />

bezogen auf1 m 2 Bruttogeschossfläche.<br />

0.7<br />

0.8<br />

0.9<br />

1.0<br />

48 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________----------------------------Methoden<br />

Baccini <strong>und</strong> Bader, 1995; Braunschweig <strong>und</strong> Müller­<br />

Wenk, 1993).<br />

Empfehlungen für die Anwendung in einer<br />

umwdtnatllrwissenschaftlichen fallstudie<br />

Bevor man eine Ökobilanz erstellt, sollte man überlegen,<br />

ob für die zu untersuchende Fragestellung die<br />

Ökobilanz eine adäquate Methode ist:<br />

1. Fragestellung: WeIches ist das Ziel der Untersuchung?<br />

Was nützt die Quantifizierung der ökologischen<br />

Kriterien? WeIche Effekte muss ich ­<br />

z.B. aus pragmatischen Gründen - vernachlässigen?<br />

Sind die realistischerweise zu erwartenden<br />

Ergebnisse ausreichend zur Beantwortung der<br />

Fragestellung?<br />

2. Hilfsmittel: WeIche Hilfsmittel stehen zur Verfügung?<br />

Was kostet evtI. notwendige Anschaffung<br />

von Software?<br />

3. Datenabschätzung: WeIche Daten sind vorhanden?<br />

Wo bekommt man sie für weIchen Preis? Sind sie<br />

genau genug <strong>und</strong> gibt es genügend Informationen<br />

zu ihrer Beurteilung? Passen sie in ein konsistentes<br />

Datenmodell, d.h. sind Daten aus verschiedenen<br />

Quellen miteinander vereinbar, passen sie zur<br />

Systemdefinition <strong>und</strong> -abgrenzung <strong>und</strong> ergeben<br />

sie ein konsistentes Prozessgefüge?<br />

4.Zeit:Wieviel Zeit ist notwendig? Wieviel ist verfügbar?<br />

Als Anhaltspunkt für den Zeitbedarf der<br />

Arbeitsschritte kann Tabelle 2.3.1 herangezogen<br />

werden.<br />

Bei der Einschätzung des Zeitbedarfs ist zu beachten,<br />

dass die Sohritte Datenerhebung <strong>und</strong> Eingabe,<br />

Direkte Überprüfung der Daten <strong>und</strong> Korrektur, <strong>und</strong> Indirekte<br />

Überprüfung der Daten <strong>und</strong> Korrektur jeweils<br />

Problem/System<br />

(initialloeal variable)<br />

Fall, System,<br />

Gegenstand,<br />

Variante,<br />

Alternative<br />

Abb. 2.3.3 Linsenmodell der Ökobilanz der Varianten.<br />

Perzeptoren<br />

(Elemente der Ökobilqnz)<br />

Arbeitsscbritt<br />

Wahrnehmungl<br />

Bewertung!<br />

Erkenntnis<br />

(terminal loeal variable)<br />

Ökobilanz,<br />

Bewertung<br />

leitbeliarf<br />

einen etwa gleich langen Zeitraum beanspruchen,<br />

der aber um ein Vielfaches länger dauert als die<br />

anderen Arbeitsschritte (die wiederum etwa gleiche<br />

Zeiten beanspruchen). Für die Ökobilanzierung (vgI.<br />

Kapitel ÖKOBILANZ) war u.a. die direkte <strong>und</strong> indirekte<br />

Überprüfung der Daten ein erheblicher Zeitfaktor.<br />

Analyse <strong>und</strong> Synthese bei<br />

Erstellung der Ökobilanz<br />

Bei der Erstellung einer Ökobilanz müssen die<br />

Analyse <strong>und</strong> die Synthese zusammenwirken.<br />

Der analytische Teil besteht aus der Definition der<br />

funktionalen Einheit, der Systemabgrenzung, der<br />

Analyse <strong>und</strong> Beschreibung der an der funktionalen<br />

Einheit beteiligten Prozesse, der Analyse des Prozessgefüges<br />

<strong>und</strong> nicht zuletzt aus der Erhebung der<br />

Daten.<br />

Der synthetische Teil besteht aus<br />

!II<br />

Zieldefinition: Funktionale Einheit <strong>und</strong> System<br />

kurz<br />

Hilfsmittel: Erlernen der Software <strong>und</strong><br />

Einschätzung der vorhandenen Daten<br />

kurz<br />

kurz<br />

Datenerhebung <strong>und</strong> Eingabe<br />

lang<br />

Di~ekte ()lJe~llriii~~g clerDäten ~~ci K~~~ekt~~ .. lang<br />

Berechnung der Ergebnisse<br />

kurz<br />

Incii;ekle()lJe~llriif~llgcle;Öätell ~llcl Korreki~~··· lang<br />

Aus- <strong>und</strong> Bewertung der Ergebnisse, Bericht<br />

kurz<br />

Tab. 2.3.1 Zeitbedarf der Arbeitsschritte.<br />

der Abbildung des Prozessgefüges in einer Matrix<br />

(Heijungs, 1994) oder in einem Petri-Netz<br />

(Schmidt, 1994), oder - falls möglich - in einem<br />

Baumdiagramm, das die Komponenten <strong>und</strong> Subkomponenten<br />

der funktionalen Einheit als Verästelungen<br />

verdeutlicht.<br />

!II der Zusammenführung<br />

der verschiedenen Auswirkungen<br />

zu emer<br />

Grösse bei der Klassifikation<br />

oder bei der<br />

Berechnung von <strong>Umwelt</strong>belastungspunkten<br />

(vgI. Ahbe et aI., 1990)<br />

<strong>und</strong> bei<br />

EI<br />

der Bewertung der verschiedenen<br />

<strong>Umwelt</strong>belasrungen<br />

<strong>und</strong> der funktionalen<br />

Einheiten vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> zusätzlicher,<br />

nicht in der<br />

Ökobilanz erfassbarer<br />

(erfassten) möglicherweise<br />

unterschiedlicher<br />

Nutzen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 49


Methoden<br />

_<br />

Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />

Ergebnisse von Ökobilanzen können auf verschiedenen<br />

Ebenen zu konkreten Verbesserungsvorschlägen<br />

führen:<br />

Die absoluten Zahlen geben Auskunft über die<br />

Grössenordnungen der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen eines<br />

Produktes, eines Produktionsprozesses, eines Unternehmens<br />

oder einer Region. Aus dem Anteil an den<br />

gesamten Flüssen eines Gebiets (z.B. der Schweiz<br />

oder sogar der Welt) kann die Relevanz der betrachteten<br />

funktionalen Einheit für ein <strong>Umwelt</strong>problem<br />

abgeschätzt werden. Hier können die bei der Erstellung<br />

der Ökobilanz erhobenen Daten wertvolle Zusatzinformationen<br />

liefern, wenn die Unsicherheiten<br />

in den Daten als entsprechend klein eingeschätzt<br />

werden. Als Beispiel ist hier (zusätzlich zu den vergleichenden<br />

Ökobilanzen) insbesondere die Ökobilanzierung<br />

von Unternehmungen zu nennen (vgl.<br />

dazu z.B. Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk, 1993).<br />

Mit Hilfe von jährlichen Ökobilanzen können Unternehmen<br />

die zeitliche Änderung von <strong>Umwelt</strong>belastungenerfassen<br />

<strong>und</strong> so den Erfolg des <strong>Umwelt</strong>schutzmanagements<br />

einschätzen.<br />

Vergleiche von funktionalen Einheiten liefern Informationen,<br />

welche Produkte aus der Perspektive<br />

der Ökobilanz (d.h. in diesem Fall der quantitativen<br />

ökologischen Auswirkungen) gegenüber anderen<br />

präferiert werden. Hier können viele Beispiele angeführt<br />

werden, stellvertretend sei hier nur auf<br />

die Ökobilanz von Packstoffen (Habersatter <strong>und</strong><br />

Widmer, 1991) hingewiesen (s.a. Kapitel ÖKOBILANZ:<br />

Variantenvergleich).<br />

Die Erstellung <strong>und</strong> Analyse von Szenarien, in denen<br />

bestimmte alternative Produktionsweisen gegenübergestellt<br />

werden, können Ergebnisse zu folgenden<br />

Fragen liefern: Wo liegt ein signifikantes Reduktionspotential?<br />

Wo können <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

wirksam <strong>und</strong> effizient reduziert werden? (vgl.<br />

Kapitel ÖKOBILANZ: Der Einsatz von Photovoltaik).<br />

Die Analyse der Beiträge der einzelnen Teile zur gesamten<br />

Ökobilanz liefert Anhaltspunkte für die Beurteilung<br />

der einzelnen Prozesse <strong>und</strong> Produktionsschritte<br />

innerhalb des Prozessgefüges: Was ergeben sich für<br />

das Prozessgefüge für Folgerungen? Sollte ein Prozess<br />

völlig vermieden oder zumindest eingeschränkt<br />

werden?<br />

Kriterien für die Beurteilulig einer Ökobilanl<br />

Die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung einer Ökobilanz<br />

sind die Vollständigkeit <strong>und</strong> die Transparenz.<br />

Die Vollständigkeit lässt sich anhand der Systemdefinition<br />

<strong>und</strong> -abgrenzung überprüfen. Absolute<br />

Vollständigkeit lässt sich sicher nicht erreichen. Hier<br />

muss eine Abschätzung gemacht werden, welche<br />

Prozesse für die Beurteilung der ökologischen Qualität<br />

unbedingt erforderlich (relevant) sind, <strong>und</strong> weIche<br />

(z.B. aufgr<strong>und</strong> von Unsicherheiten in den Daten)<br />

sinnvollerweise weggelassen werden.<br />

Die Transparenz ist in mehrerer Hinsicht erforderlich.<br />

Nicht nur zur Beurteilung der Vollständigkeit,<br />

sondern auch zur Überprüfung der Daten <strong>und</strong> zur<br />

Nachvollziehbarkeit der Berechnungen <strong>und</strong> Bewertungen.<br />

Die Eindeutigkeit, die Braunschweig <strong>und</strong> Müller­<br />

Wenk fordern, ergibt sich eigentlich nur bei dem<br />

Verfahren der ökologischen Knappheit, wenn man<br />

die dafür zu definierenden kritischen Flüsse als<br />

exakte Werte annimmt <strong>und</strong> deren Unsicherheit<br />

unberücksichtigt lässt (etwa <strong>durch</strong> die Angabe von<br />

Vertrauensbereichen). Bei den anderen Bewertungsmethoden<br />

ist die multiattributive Entscheidung in<br />

jedem Fall von individuellen oder sozialen Präferenzen<br />

abhängig.<br />

Wichtig scheint uns, darauf hinzuweisen, dass die<br />

Ergebnisse einer Ökobilanz nicht allein aus naturwissenschaftlichen<br />

Kriterien ableitbar sind. Viel<br />

naturwissenschaftliches Wissen <strong>und</strong> eine grosse<br />

Menge an Daten sind notwendig, um eine ökologische<br />

Bewertung mit Hilfe einer Ökobilanz <strong>durch</strong>zuführen.<br />

Die Ergebnisse sind jedoch stark beeinflusst<br />

von<br />

.. der vorzugebenden System- <strong>und</strong> Zieldefinition,<br />

.. der (zeitlichen <strong>und</strong> finanziellen) Möglichkeit, die<br />

Daten zusammenzutragen,<br />

.. der Beurteilung einzelner Substanzen im Hinblick<br />

auf das damit verb<strong>und</strong>ene Risiko, zu einer <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />

beizutragen (z.T. sind - wie etwa<br />

beim Treibhauseffekt - die Auswirkungen nicht<br />

exakt vorhersagbar, z.T. sind sie - wie etwa beim<br />

Cadmium - beeinflusst von individueller Risikoakzeptanz<br />

von Rauchern <strong>und</strong> Nichtrauchern), <strong>und</strong><br />

• der Bewertung <strong>und</strong> unterschiedlichen Gewichtur'<br />

der quantifizierten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen.<br />

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, neben den<br />

quantitativen Ergebnissen der Ökobilanz die mit<br />

einer Veröffentlichung verb<strong>und</strong>enen Interessen zu<br />

berücksichtigen. Wegen der schwierigen Beurteilung<br />

der Resultate sind Ökobilanzen für eine verkürzende<br />

Darstellung in der Öffentlichkeit (z.B. in den Medien)<br />

ungeeignet, für diejenigen jedoch hilfreich, die<br />

sich intensiv mit einem Thema beschäftigen wollen.<br />

2.4 Multiattributive Enucheidungsanalyse<br />

Wo, wann warum hat sich die multiattrihutive<br />

Enudeidungstheorie entwickelt?<br />

Die multiattributive Entscheidungstheorie baut<br />

zunächst auf der Nutzentheorie auf. Diese ist ins-<br />

50<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


----------------~----------------------------Methoden<br />

besondere verb<strong>und</strong>en mit den Arbeiten von Savage<br />

(1972), von Neumann <strong>und</strong> Morgenstern (1943) <strong>und</strong><br />

Fishburn (1948).<br />

Die Nutzentheorie beschäftigte sich in der Mitte<br />

dieses Jahrh<strong>und</strong>erts mit dem Problem, eine Handlung<br />

aus mehreren Alternativen auszuwählen. Bernoulli<br />

setzte die Existenz einer sogenannten Nutzenfunktion<br />

voraus, mit der er den subjektiven Wert<br />

einer Alternative zu quantifizieren versuchte. Er<br />

hatte die monetäre Nutzenfunktion als logarithmisch<br />

angenommen: je mehr Geld man besitzt, desto geringer<br />

wird der Nutzen eines Gewinns, oder: der<br />

erste Franken, den man verdient, ist der schönste<br />

(1000.- Fr. können einen grossen Nutzen haben,<br />

wenn man selbst [nur] in etwa so viel hat; für jemanden,<br />

der schon 1 Mio. Fr. auf dem Konto hat, ist der<br />

Nutzen eines Gewinns von 1000.- Fr. relativ gering).<br />

Von Neumann <strong>und</strong> Morgenstern (1943) gingen<br />

xiomatisch vor: sie untersuchten den Raum von<br />

Alternativen mit Hilfe von paarweisen Vergleichen.<br />

Sie gaben Axiome an, die auf der Menge von Handlungsalternativen<br />

«gelten». Aus diesen Axiomen<br />

leiteten sie die Existenz eines linearen Funktionals<br />

ab, das sie Nutzenfunktion nannten.<br />

Waren die ersten Untersuchungen der Nutzentheorie<br />

darauf spezialisiert, den Nutzen insbesondere<br />

als ökonomischen (finanziellen) Nutzen (Gewinn)<br />

zu sehen, so ergaben sich im Laufe der Zeit<br />

immer mehr Anwendungen, denen nicht ein nur eindimensionaler<br />

Nutzen zugr<strong>und</strong>e lag, sondern mehrere<br />

Nutzen gegeneinander abzuwägen waren. Der<br />

Gewinn war nicht mehr das einzige Kriterium, es<br />

wurden weitere Kriterien berücksichtigt, wie die<br />

Sicherheit des Untenehmens, die Qualität der Produkte,<br />

die Lieferfrist, der Umsatz, der Marktanteil,<br />

die Marktdominanz usw. (vgl. z.B. Anteneh, 1994).<br />

Der wesentliche Durchbruch <strong>und</strong> die Nutzung<br />

er mulitattributiven Entscheidungstheorie ist mit<br />

den Namen Keeney <strong>und</strong> Raiffa (Keeney & Raiffa,<br />

1976) sowie v. Winterfeld <strong>und</strong> Edwards (1986) verb<strong>und</strong>en.<br />

Die genannten Personen haben einen<br />

wissenschaftlichen Hintergr<strong>und</strong> im Schnittbereich<br />

zwischen Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften<br />

<strong>und</strong> Psychologie <strong>und</strong> sind in der wissenschaftlichen<br />

Politikberatung tätig. Instrumente <strong>und</strong><br />

Methoden der multidimensionalen Entscheidungsanalyse<br />

wurden zur Entscheidungsbewertung (z.B.<br />

bei der Wahl von Standorten von Flughäfen) oder<br />

zu einem besseren Verständnis des Konflikts zwischen<br />

Befürwortern <strong>und</strong> Gegner von Technologien<br />

(z.B. von Kernkraftwerken) oder der Nutzung von<br />

<strong>Umwelt</strong>ressourcen (z.B. der Interessenkonflikt zwischen<br />

Fischern <strong>und</strong> der Ölförderung in Kalifornien)<br />

angewendet.<br />

Ziel dieser Anwendungen ist es, die unterschiedlichsten<br />

Gewichte, welche verschiedenen Aspekten<br />

bzw. Dimensionen zugeschrieben werden, transparent<br />

zu machen.<br />

Welche fragen lassen sich mit der multiattributiven<br />

Entscheidungstheorie behandeln?<br />

Mit dem Verfahren der multiattributiven Entscheidungsanalyse<br />

lassen sich alle realen Entscheidungsprozesse<br />

analysieren, bei denen mehrere Gesichtspunkte<br />

einzuberechnen sind. Dies gilt natürlich<br />

insbesondere für umweltbezogene Entscheidungen<br />

<strong>und</strong> Bewertungen.<br />

Als Beispiel sei die Ökobilanz der Varianten angeführt:<br />

Für jede Architektur-Variante (in diesem Sinn:<br />

jede Alternative) wurden zehn (siehe Kapitel ÖKO­<br />

BILANZ) <strong>Umwelt</strong>auswirkungen (humantoxikologische<br />

Auswirkungen, Verbrauch abiotischer Resourcen,<br />

Treibhauseffekt etc., in diesem Sinn: die Kriterien<br />

oder Attribute) berechnet, von denen jede eine<br />

andere Wichtigkeit besitzt. Ziel der multiattributiven<br />

Entscheidungstheorie ist, die Ausprägungen<br />

der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen (z.B. wie gross ist der<br />

Verbrauch abiotischer Ressourcen?) <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />

für die Entscheidung (also wie wichtig ist diese<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkung?) so auszuwerten, dass eine eindeutige<br />

Rangreihenfolge der Alternativen entsteht.<br />

Multiattributive Entscheidungen entstehen, wenn<br />

mehrere Handlungsalternativen bestehen, die in bezug<br />

auf mehrere Kriterien kj unterschiedlich bewertet<br />

werden. Die Wichtigkeit (bzw. der Nutzenuj) der<br />

Kriterien wird ausgenutzt, um einen Gesamtnutzen<br />

U zu berechnen:<br />

n<br />

U= LU;k;<br />

;=1<br />

Im Beispiel der Ökobilanz der Varianten im Kapitel<br />

Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen wird eine Bewertung<br />

auf diese Art <strong>durch</strong>geführt. Dort wurden die individuellen<br />

Präferenzen einer Studentengruppe erhoben,<br />

zu einer Gruppenpräferenz aggregiert <strong>und</strong> auf<br />

die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Architekturvarianten,<br />

die mit der Ökobilanz berechnet wurden, angewendet.<br />

Eine weitere Anwendung findet sich im Kapitel<br />

RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN. Dort wurde das<br />

Verfahren MAUD (Berkeley, Humphreys, Larichev<br />

& Moshkovich, 1991) eingesetzt, um eine gesamtheitliche<br />

Bewertung der Architektur-Varianten vorzunehmen.<br />

Es wurden jeweils Kriterien <strong>und</strong> Attribute<br />

aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie <strong>und</strong><br />

Soziales verwendet, um eine Gesamtbeurteilung zu<br />

ermitteln.<br />

Weitere Anwendungen der linearen multiattributiven<br />

Nutzentheorie sind Waldschadensmanagement<br />

(Bell, 1974), Sicherheit von Flugzeuglandungen<br />

(Yntema, 1965) <strong>und</strong> Sicherheitsapekte von Blut-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

51


Methoden ~ _<br />

banken (Jennings, 1968). Andere Ansätze, multikriterielle<br />

Entscheidungen zu fällen, sind z.B. <strong>durch</strong><br />

sogenannte Outranking-Verfahren gegeben (z.B.<br />

Elektre, Promethee, vgl. z.B. Maystre, Pictet &<br />

Simos, 1994, oder Roy & Bouyssou, 1993).<br />

Aus welchen Schritten besteht die multiattributive<br />

Ellucheidungstheorie?<br />

Die Anwendung der multiattributiven Entscheidungstheorie<br />

kann man in folgende Schritte einteilen<br />

(vgl. z.B. Logical Decisions, 1995):<br />

• Definition der Alternativen<br />

,. Festlegung der Ziele bzw Bewertungsdimensionen<br />

" Definition der Masse (Messgrössen)<br />

• Definition, welche Werte der Masse positiv bzw.<br />

negativ sind<br />

" Quantifizierung der Präferenzen<br />

• Einordnung der Alternativen in Rangreihenfolge.<br />

Bei der Definition der Alternativen werden die verschiedenen<br />

zur Verfügung stehenden Auswahlmög~<br />

lichkeiten aufgelistet. Entscheidungen zwischen<br />

mehreren Alternativen beziehen sich möglicherweise<br />

auf Kriterien, die auf verschiedenen Ebenen<br />

liegen. Die Entscheidung für eine bestimmte Deponie<br />

z.B. umfasst möglicherweise verschiedene Ortsalternativen<br />

<strong>und</strong> Abdeckungssysteme. Falls eine<br />

hierarchische Struktur besteht, so sollte eine hierarchische<br />

Gliederung vorgenommen werden <strong>und</strong> nur<br />

Alternativen auf derselben Ebene miteinander vergleichen<br />

werden.<br />

Für alle Entscheidungen wird die Festlegung bzw.<br />

Bewertungsdimensionen der Ziele möglicherweise wiederum<br />

auf eine Hierarchie führen. Das Ziel, ein<br />

Schutzgut «Gr<strong>und</strong>wasser» zu erhalten kann z.B.<br />

einerseits die Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels,<br />

andererseits die stoffliche Qualität betreffen. Für<br />

die Erhaltung der Gr<strong>und</strong>wasserqualität<br />

bilden z.B.<br />

die Verminderung von<br />

verschiedenen Schwer- Aufgabe<br />

metallbelastungen «Subziele».<br />

Für jedes dieser Ziele<br />

werden Masse bzw. Messgrössen<br />

definiert. Für das<br />

Ziel, die Cadmiumbelastung<br />

des Gr<strong>und</strong>wassers<br />

zu verringern, wird festgelegt,<br />

woran man das<br />

Ziel misst. Dies kann z.B.<br />

die Cadmiumkonzentration<br />

in einem Gr<strong>und</strong>wasserbrunnen<br />

in einem bestimmten<br />

Zeitraum sein.<br />

Für jede Alternative muss<br />

(initial foeal variable)<br />

(Multikriterielle)<br />

Entscheidung,<br />

Auswahl einerr~~~::===J<br />

von mehreren<br />

Alternativen<br />

Abb. 2.4 Linsenmodell der multikriteriellen Entscheidung.<br />

dann die (erwartete) Cadmiumkonzentration angegeben<br />

werden.<br />

Bei der Cadmiumkonzentration ist es eventuell<br />

einfach zu definieren, welche Werte der Messgrössen positiv<br />

bzw. negativ bewertet werden (in diesem Fall wird<br />

wahrscheinlich die geringste Konzentration am meisten<br />

positiv bewertet). Für andere Messgrössen kann<br />

es schwieriger sein, wie z.B. für die gewünschte<br />

Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels <strong>und</strong> dessen möglicherweise<br />

in unterschiedlichem Ausrnass zugelassene<br />

Über- bzw. Unterschreitung oder z.B. die Haltbarkeit<br />

eines Abflussrohrs in einem Haus. Für<br />

bestimmte Variablen liegt somit die optimale Ausprägung<br />

in der Mitte einer Skala.<br />

Die Quantifizierung der Präferenzen kann auf verschiedene<br />

Art <strong>und</strong> Weise vorgenommen werden. Im<br />

Computerprogramm Logical Decisions (1995) umfasst<br />

die Quanitfizierung zwei Schritte. Zum einen<br />

wird für jede Messgrösse eine einzelne Nutzenfunk<br />

tion festgelegt. Für die (unter allen zur Auswahl<br />

stehenden Alternativen) geringste (höchste) Cadmiumkonzentration<br />

im Gr<strong>und</strong>wasser wird die Nutzenfunktion<br />

mit einer 1 (bzw. mit 0) bewertet. Entsprechend<br />

werden die ideale Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels<br />

mit 1 <strong>und</strong> die inakzeptablen Über- bzw.<br />

Unterschreitungen mit 0 bewertet.<br />

Der zweite Schritt der Qua1ltifizierung der Präferenzen<br />

betrifft die Bewertungskriterien <strong>und</strong> Ziele.<br />

Th~oretischformuliert, muss hier festgelegt werden,<br />

wieviel Nutzeneinheiten Zielerreichung von Ziel A<br />

<strong>durch</strong> eine Nutzeneinheit Zielerreichung von Ziel B<br />

ersetzt werden kann. Bezogen auf das Beispiel heisst<br />

das: Wenn sich der Wert der Nutzenfunktion des<br />

Gr<strong>und</strong>wasserspiegels von einer Altenative zur anderen<br />

halbiert, um wieviel muss die Nutzenfunktion<br />

der Cadmiumkonzentration ansteigen, damit beide<br />

Alternativen gleich gewertet werden. Anders ausge-<br />

Perzeptoren<br />

(Elemente der ModelIierung<br />

dynamischer Systeme)<br />

Resultat<br />

(terminal foeal variable)<br />

Rangreihenfolge<br />

der<br />

Alternativen<br />

52 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Methoden<br />

drückt: wieviel Verschlechterung (Abnahme der Nutzenfunktion)<br />

des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels nehme ich in<br />

Kauf, wenn ich damit eine bestimmte Verbesserung<br />

(Zunahme der Nutzenfunktion) der Cadmiumbelastungssituation<br />

erreichen kann.<br />

Die Ermittlung der Ziele kann auch unter Verwendung<br />

spezieller Verfahren wie der «repertory grid<br />

method» von Kelley (1955) <strong>durch</strong>gefÜhrt werden.<br />

Wenn alle diese Schritte <strong>durch</strong>geführt wurden,<br />

können die Alternativen in eine Rangreihenfolge eingeordnet<br />

werden. Dies erfolgt, indem die Hierarchie<br />

der Ziele <strong>und</strong> Nutzenfunktionen schrittweise <strong>durch</strong>gerechnet<br />

wird.<br />

Analyse versus Synthese bei der multiattributiveIl<br />

Entscheidungstheorie<br />

Als Analyse-Aufgaben kann man die Erarbeitung von<br />

Jternativen, die Bewertung der Messgrössen mit<br />

Nutzenfunktionen <strong>und</strong> den paarweisen Vergleich der<br />

Zielnutzenfunktionen ansehen. Die Synthese-Aufgaben<br />

sind die Zieldefinition, das Erstellen des Entscheidungsbaums<br />

<strong>und</strong> die integrale muliattributive<br />

Bewertung der Ergebnisse.<br />

Welche Ergebnisse ki:htflen erwartet werden?<br />

Als Ergebnis dieser Methode steht die Entscheidung<br />

für eine Alternative.<br />

Eine Überprüfung <strong>und</strong> Diskussion der Entscheidung<br />

erfordert die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> die<br />

Transparenz des Verfahrens. Auf die folgende<br />

Gesichtspunkte soll hier besonders hingewiesen<br />

werden. Es müssen alle vermutlich sinnvollen Alternativen<br />

einbezogen werden. Die Ordnung der Ziele<br />

muss eine sinnvolle ggf. hierarchische Struktur<br />

ergeben. Es muss beachtet werden, dass die Fest-<br />

~gung der Ziele <strong>und</strong> der Einzel-Nutzenfunktionen<br />

möglicherweise interessengeleitet ist. Sollten hier<br />

indirekte Verfahren bevorzugt werden (vgl. Berkeley<br />

et al., 1991), welche eine bewusste Manipulation<br />

erschweren. Die paarweisen Zielnutzenfunktionen<br />

sollen die Wertvorstellungen des Anwenders repräsentieren.Bei<br />

der Festlegung der Messgrössen - an<br />

den vorgegebenen Zielen orientiert - ist es eine<br />

naturwissenschaftliche Aufgabe, die Repräsentativität<br />

für das vorgegebene Ziel zu gewährleisten.<br />

Die Berechnung der Rangreihenfolge setzt bei<br />

vielen Verfahren die Axiome der linearen Erwartungsnutzentheorie<br />

voraus (vgl. z.B. Fishburn, 1988;<br />

Kahneman, Slovic & Tversky, 1982). Aus der Perspektive<br />

der deskriptiven Entscheidungstheorie<br />

findet man für alle Axiome Beispiele, in denen sich<br />

Menschen aufgr<strong>und</strong> ihres eigenen Entscheidungskonzeptes<br />

anders entscheiden, in denen also die<br />

Axiome verletzt sind.<br />

Aus der Perspektive der normativen Entscheidungstheorie<br />

muss man in Betracht ziehen, dass in<br />

einigen Fällen diese lineare Erwartungsnutzentheorie<br />

nicht anwendbar ist. Z.B. gibt es Alternativen,<br />

die - werden sie einbezogen - zur Verletzung<br />

des Kontinuitätsaxioms führen (vgl. Fishburn, 1988).<br />

Dies ist etwa für solche Auswirkungen von Alternativen<br />

der Fall, die unter allen Umständen vermieden<br />

werden müssen (etwa eine plötzliche Kontamination<br />

des Trinkwassers mit H<strong>und</strong>erten von Todesfällen).<br />

Trotz dieser theoretischer Bedenken, die sich<br />

gegen die Annahmen der vorgestellten Verfahren<br />

richten, sind die Methoden der mulitiattributiven<br />

Entscheidungsanalyse als wichtige Verfahren für die<br />

<strong>Fallstudie</strong>narbeit zu betrachten. Sie sind relativ universell<br />

einsetzbar, in vielen Fällen helfen sie, die<br />

Strukturen des Entscheidungsproblems transparent<br />

zu machen. Somit können sie einerseits zur Entscheidungsoptimierung<br />

eingesetzt werden. Andererseits<br />

helfen die Verfahren zur Analyse von Interessenskonflikten<br />

<strong>und</strong> unterschiedlichen Wahrnehmungs-<br />

<strong>und</strong> Bewirtungsstrukturen <strong>und</strong> können somit<br />

als Bestandteil von Mediationsverfahren eingesetzt<br />

werden (siehe Kapitel RAUil'!-NuTZUNGS-VERHAND­<br />

LUNGEN).<br />

2.5 Modellierung dynamischer Systeme<br />

Wo, wann <strong>und</strong> warum hat sich die Modellierung<br />

dynamischer Systeme entwickelt?<br />

Die ModelIierung dynamischer Systeme hat zum<br />

Ziel, die Struktur <strong>und</strong> die Funktion von idealisierten<br />

Systemen zu beschreiben, so Wirkungszusammenhänge<br />

zu erkennen <strong>und</strong> abzubilden, <strong>und</strong> daraus<br />

Prognosen für die zukünftige zeitliche Entwicklung<br />

des Systems abzuleiten (vgl. z.B. Abb. 2.5.1).<br />

Ansätze, mit Hilfe von mathematischen Modellen für<br />

dynamische Systeme die zeitliche Entwicklung von<br />

Zustandsvariablen - etwa die Koordinaten von Himmelskörpern<br />

- zu beschreiben <strong>und</strong> dafür Differentialgleichungen<br />

zu formulieren, gehen zurück bis ins<br />

17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert. Zunächst wurden diese<br />

Modelle (wie auch die mathematischen Modelle<br />

<strong>und</strong> Methoden im allgemeinen) auf Probleme der<br />

Mechanik <strong>und</strong> der Astronomie angewendet.<br />

Die Zustandsvariablen waren z.B. die KoordInaten<br />

von Himmelskörpern (sog. Massenpunkte). Als Wirkungen<br />

wurden die Kräfte angenommen, die auf die<br />

Himmelskörper wirken (Massenanziehung) <strong>und</strong> also<br />

deren zeitliche <strong>und</strong> räumliche Koordinaten verändern.<br />

Die Idee war, dass man aufgr<strong>und</strong> des momentanen<br />

Zustands des Systems (Anfangsbedingungen),<br />

<strong>und</strong> der in ihm wirkenden Gesetze (ausgedrückt<br />

als Differentialgleichung) den Zustand des Systems<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

53


Methoden<br />

~__~_<br />

(also im Beispiel: die Koordinaten der Himmelskörper)<br />

zu jedem beliebigen Zeitpunkt berechnen<br />

kann.<br />

Bei der Mathematisierung vieler Wissenschaften<br />

wurden mathematische Modelle <strong>und</strong> die Art der<br />

mathematischen Modellierung (vorwiegend aus der<br />

Physik) auf andere Anwendungsgebiete Übertragen.<br />

Es werden nicht mehr nur physikalische Grössen<br />

modelliert, sondern sowohl chemische (Thermodynamik,<br />

Reaktionsgleichungen) als auch biologische<br />

(Populationen, Wachstums- <strong>und</strong> Sterbeprozesse<br />

<strong>durch</strong> interne oder externe Faktoren wie z.B. das<br />

Nahrungsangebot) <strong>und</strong> soziale (z.B. Meinungsausbreitung<br />

<strong>durch</strong> Diffusion, vgl. Helbing, 1993). Da<strong>durch</strong><br />

vergrösserte sich nicht nur der Anwendungsbereich,<br />

sondern veränderte sich auch die Art der<br />

beschriebenen Zustandsvariablen <strong>und</strong> Wechselwirkungen.<br />

Die ursprüngliche Voraussetzung, geschlossene<br />

Systeme zu beschreiben, hat für die heutigen Modelle<br />

in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften kaum noch<br />

eine Bedeutung. In den offenen Systemen kommen<br />

Wirkungen hinzu, die von aussen das System beeinflussen<br />

<strong>und</strong> als Randbedingungen berücksichtigt<br />

werden müssen, oder die nach aussen die <strong>Umwelt</strong><br />

des Systems verändern (vgl. in Abb. 2.5.1 die Wachstums-<br />

<strong>und</strong> Sterbeprozesse).<br />

Durch die Entwicklung der Mathematik (bei der<br />

analytischen <strong>und</strong> numerischen Lösung von Differentialgleichungen)<br />

<strong>und</strong> der Rechenmaschinen (Informatik)<br />

erlebte dieser Ansatz einen sehr grossen<br />

Aufschwung. Für das Vorgehen, die Struktur eines<br />

Systems mathematisch zu beschreiben <strong>und</strong> daraus<br />

Schlussfolgerungen für die zukünftige Entwicklung<br />

des Systems abzuleiten, hat sich heute die Bezeichnung<br />

Systemanalyse etabliert. Der ursprüngliche<br />

Ansatz war,die physikalischen Gesetze (z.B. aus der<br />

Mechanik <strong>und</strong> der Astronomie) in der Sprache der<br />

Mathematik zu formulieren. Heutige Überlegungen<br />

sind oft pragmatisch: Man idealisiert das gegenständliche<br />

System mit Hilfe von Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

Annahmen (<strong>durch</strong> die Definition der Zustandsvaria-<br />

Beute<br />

Wachstumsrate<br />

a1<br />

Verzehrrate<br />

b12<br />

Räuber<br />

Sterberate<br />

a2<br />

Abb 2.5.1: Beispiel für ein einfaches dynamisches System (Räuber­<br />

Beute-Modell) mit Zustandsvariablen (Räuberpopulation, Beutepopulation)<br />

<strong>und</strong> Wirkungen (die Räuber verz.ehren die Beute, Wachstums-<br />

<strong>und</strong>Sterbeproz.esse).<br />

Prognose<br />

Operation<br />

Modellsystem<br />

Zeitt 0( ..<br />

Reales System<br />

Zeitt<br />

t t<br />

?<br />

Modellsystem<br />

0(<br />

Zeitt o<br />

..<br />

1 ,<br />

Isomorphie<br />

Reales System<br />

Zeit t o<br />

Abb. 2.5.2 Beziehung zwischen dem gegenständlichen, realen System <strong>und</strong><br />

einem Modell zum jetzigen (to) <strong>und</strong>einem zukünftigen (to) Zeitpunkt.<br />

bIen <strong>und</strong> Wirkungen) <strong>und</strong> interpretiert diese Ideali~<br />

sierung mit einem mathematischen Modell. Wenn<br />

das mathematische Modell in der Lage ist, Vorhersagen<br />

zu treffen (was man z.B. :im Vergleich von<br />

Vorhersagen mit gemessenen Daten ablesen kann),<br />

dann sagt die Struktur des Vorhersagemodells (also<br />

die Zustandsvariablen <strong>und</strong> Wirkungen) auch etwas<br />

aus über die Struktur (also die Wirkungsmechanismen)<br />

des realen Systems.<br />

Abbildung 2.5.2 versucht, den Zusammenhang<br />

von Struktur <strong>und</strong> Funktion zu verdeutlichen. Die<br />

Isomorphie der Struktur des mathematischen Modells<br />

(gegeben <strong>durch</strong> die Definition der Zustandsvariablen<br />

<strong>und</strong> der Beschreibung der Wirkungen mit<br />

Differentialgleichungen) mit der Idealisierung des<br />

gegenständlichen Modells (gegeben <strong>durch</strong> die Voraussetzungen<br />

<strong>und</strong> die Annahmen) wird dann als<br />

gegeben angesehen, wenn die mathematische Operation,<br />

also die Vorhersage mit Hilfe des Modells,<br />

«funktioniert».<br />

Diese etwas mechanistische Perspektive wird<br />

teilweise aufgelöst <strong>durch</strong> die Unterscheidung von<br />

deterministischen, stochastischen <strong>und</strong> strategischen<br />

Modellen. Bei deterministischen Modellen geht man<br />

davon aus, dass zukünftige Systemzustände <strong>durch</strong><br />

den Anfangszustand <strong>und</strong> die im System geltenden<br />

Gesetze (<strong>und</strong> evtl. die Randbedingungen) vorher:<br />

bestimmt (determiniert) sind. Sie können deshaI<br />

aus den Anfangs- <strong>und</strong> Randbedingungen <strong>und</strong> dem<br />

mathematischen Modell (als Repräsentation der<br />

Wirkungsmechanismen) vorhergesagt werden. Stochastische<br />

Modelle berechnen nicht mehr genau<br />

einen Systemzustand, der z.B. <strong>durch</strong> die Koordinaten<br />

von Himmelskörpern charakterisiert wird. Vielmehr<br />

werden - wie etwa in der Quantenphysik - nur Wahrscheinlichkeiten<br />

für viele mögliche Aufenthaltsorte<br />

angegeben. Strategische Modelle enthalten zusätzlich<br />

spieltheoretische Komponenten, wie z.B. eine<br />

Bewertungsfunktion für verschiedene zukünftige<br />

Systemzustände, die von möglichen Handlungsalternativen<br />

abhängen.<br />

Obwohl stochastische <strong>und</strong> strategische Modelle zur<br />

Verfügung stehen, werden vielfach deterministische<br />

Modelle vorgezogen, weil sie sowohl vom praktischen<br />

Aufwand als auch von der gedanklichen Komplexität<br />

einfacher zu handhaben sind. Man ist sich<br />

54 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


- --'- Methoden<br />

jedoch der Unsicherheiten bewusst. Ein einfaches,<br />

überschaubares Modell, das vielleicht sogar absichtlich<br />

zu stark vereinfacht, ist besser als ein komplexes<br />

Modell, dass man nicht überprüfen kann.<br />

Die Unsicherheiten bc


Methoden<br />

_<br />

Bei der Erstellung des Modells ist zunächst das Ziel<br />

der Untersuchung zu umreissen <strong>und</strong> das betrachtete<br />

System abzugrenzen. Im nächsten Schritt werden<br />

das System <strong>und</strong> die in ihm ablaufenden Prozessse<br />

(Wirkungen) mit Worten beschrieben (Wortmodell).<br />

Dann folgt die Definition der Zustandsvariablen<br />

<strong>und</strong> der vorgesehenen Wirkungen. Die Zustandsvariablen<br />

<strong>und</strong> die vorgesehenen Wirkungen müssen<br />

mathematisch formuliert <strong>und</strong> als Computerprogramm<br />

implementiert werden. Für diesen Schritt<br />

stehen EDV-Programme mit grafischen Benutzeroberflächen<br />

zur Verfügung (z.B. Stella II, RAMSES).<br />

Nachdem die Parameter (das sind die Konstanten<br />

des Systems) (soweit möglich) spezifiziert wurden,<br />

schliessen sich die Simulation <strong>und</strong> (ggf.) die Parameteridentifikation<br />

(Kalibrierung) an.<br />

Die Überprüfung des Modells schliesst zunächst<br />

ein, dass man sich überlegt, was in hypothetischen<br />

Extremfällen passiert <strong>und</strong> ob das mit den erwarteten<br />

Vorstellungen übereinstimmt. Sagt das Räuber-<br />

56 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------- Methoden<br />

Beute-Modell tatsächlich voraus, dass die Beutepopulation<br />

ausstirbt, wenn die Wachstumsrate gleich<br />

o ist? Hier sind die extremen Werte der Parameter<br />

einzusetzen, um den Grenzbereich zu umreissen, für<br />

den das Modell noch Gültigkeit beansprucht. Als<br />

zweiter Teil folgt eine Sensitivitätsanalyse: Wenn die<br />

Parameter in relativ kleinen Bereichen verändert<br />

werden, ändert sich das Modellergebnis in erwarteter<br />

Weise? Oftmals kann man diese Sensitivitäten gar<br />

nicht so einfach angeben, weil das System zu komplex<br />

ist. In diesem Fall kann man jedoch zumindest<br />

einzelne Teile des Modells mit der Sensitivitätsanalyse<br />

auf logische Konsistenz hin überprüfen. Im<br />

dritten Teil der Überprüfung muss getestet werden,<br />

ob die Vorhersagen des Modells richtig sind. Dazu<br />

benötigt man Daten, die nicht bereits zur Erstellung<br />

oder Kaliprierung des Modells verwendet wurden<br />

(in dem Fall sollten die Vorhersagen trivialerweise<br />

.orrekt sein). Die Berechnung der Abweichung der<br />

Modellprognose von den gemessenen Daten kann<br />

mit Hilfe eines Abstandsmasses formalisiert werden<br />

(Summe der Abweichungsquadrate).<br />

Die Anwendung des Modells sollte relativ problemlos<br />

sein, wenn das Modell gerade erstellt wurde. Andernfalls<br />

muss zuerst geprüft werden, ob es in der<br />

aktuellen Situaton überhaupt anwendbar ist. In den<br />

meisten Fällen führt die Simulation zu sehr vielen<br />

numerischen Resultaten, die übersichtlich dargestellt<br />

werden müssen. Am Ende steht die Interpretation<br />

der Ergebnisse im Hinblick auf das Ziel der<br />

Untersuchung <strong>und</strong> die Beantwortung der AusgangsfragesteIlung.<br />

Analyse versus Synthese bei der Modellierung<br />

dynamischer Systeme<br />

Auch bei der ModelIierung dynamischer Systeme<br />

lssen sich Analyseteile <strong>und</strong> Syntheseteile vonemander<br />

unterscheiden.<br />

Der erste Teil der ModelIierung besteht<br />

hauptsächlich aus analysierenden Schritten. Das<br />

System muss definiert <strong>und</strong> abgegrenzt werden. Die<br />

Bestimmung der Zustandsvariablen <strong>und</strong> der gegenseitigen<br />

Wirkungen (<strong>und</strong> der Auswirkungen auf die<br />

<strong>Umwelt</strong> des Systems bzw. der Einwirkungen von<br />

aussen) ergibt sich aus einer analytischen Vorgehensweise,<br />

bei der das System in einzelne Teile zerlegt<br />

wird.<br />

Anschliessend wird als vorläufige «Synthese" geprüft,<br />

ob diese Teile zusammenpassen <strong>und</strong> ob sie<br />

eine konsi~tente Beschreibung des Systems ermöglichen.<br />

Die im ersten Teil gewonnenen Kenntnisse<br />

werden gebraucht, um die Zustandsvariablen <strong>und</strong><br />

Wirkungen zusammenzusetzen zu einer konsistenten<br />

Systemstruktur. Im Folgenden wird anhand der<br />

Beurteilung der Genauigkeit, der Variabilität <strong>und</strong> der<br />

Erstellung<br />

des Modells<br />

Überprüfung<br />

des Modells<br />

Anwendung<br />

des Modells<br />

Beschreibung des Systems (Wortmodell)<br />

Identifikation der Zustandsvariablen <strong>und</strong> ihrer Beziehungen<br />

untereinander<br />

Mathematische Formulierung <strong>und</strong> Implementation als<br />

Computerprogramm<br />

Simulation <strong>und</strong> Parameteridentifikation (Kalibrierung)<br />

Operationsorientiert:<br />

Extremfälle (Entartungen): Werden sie konsistent behandelt?<br />

Sensitivitäten: Reagieren die einzelnen Teile des Modells<br />

wie erwartet?<br />

Daten: richtige Vorhersage? (least squares, maximum<br />

likelihood)<br />

Durchführung der Simulation<br />

Darstellung der Ergebnisse <strong>und</strong> Interpretation<br />

Tab. 2.5.1 Die Schritte bei der Durchfiihrung der Mode!lierungdynamischer<br />

Systeme.<br />

Unsicherheit geprüft, ob das mathematische Modell<br />

das Gegenstandsmodell adäquat abbildet (vgl. Abbildung<br />

2.5.3).<br />

Zur Synthesearbeit gehört weiterhin die integrale<br />

Bewertung der Untersuchung (möglicherweise mit<br />

Hilfe von ökologischen, ökonomischen; sozialen <strong>und</strong><br />

technischen Kriterien) mit Blick auf das Gegenstandsmodell<br />

<strong>und</strong> dessen Abbildung im Modell,<br />

wie sie in Abbildung 2.5.3 illustriert wird. Zu einer<br />

derartigen Gesamtbeurteilung gehört auch die Beurteilung<br />

der Ergebnisse im Hinblick auf ihren<br />

Erkenntnisgehalt. Abbildung 2.5.4 (siehe nächste<br />

Seite) zeigt, wie die verschiedenen Teile als Perzeptoren<br />

zwischen der analytischen <strong>und</strong> der Synthesephase<br />

stehen.<br />

Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />

Nicht in jedem Fall ist eine Modellbildung erfolgreich<br />

in dem Sinne, dass genaue Prognosen erstellt<br />

werden können. Trotzdem können die Beziehungen<br />

der Zustandsvariablen untereinander aufgr<strong>und</strong> der<br />

Strukturanalyse deutlich werden.<br />

Für die Bestimmung der wesentlichen Systemelemente<br />

(Zustandsvariablen, Wirkungen) existieren<br />

theoretische Ansätze (vgl. z.B. Simon-Blalock, 19),<br />

die anwendbar sind, wenn ausreichend Datenmaterial<br />

verfügbar ist. Dies ergibt interpretierbare Struk-<br />

Abb. 2.5.3 Integrale Bewertung<br />

des Modells.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

57


Methoden<br />

_<br />

turen (Analogie, Homologie, System/Problem<br />

(initial fecal variable)<br />

Isomorphie von Gegenstandsmodell<br />

<strong>und</strong> Modell), die die<br />

Berechnung von Prognosen<br />

<strong>und</strong> das Erstellen von Sensitivitätsanalysen<br />

ermöglicht.<br />

Weil die Modellierung dynamischer<br />

System aus dem Bereich<br />

der Physik stammt, wer­<br />

Fall, System,<br />

den die im Modell definierten<br />

r<br />

<strong>und</strong> bei der Überprüfung des<br />

Modells angepassten Wirkungen<br />

(Wirkmechanismen) oft<br />

als Gesetze interpretiert, die<br />

eine Ursache-Wirkungsbeziehung<br />

beinhalten. Hier drückt<br />

sich das Ziel aus, das System<br />

als ganzes beeinflussen zu<br />

wollen, es technisch zu beherrschen<br />

oder zumindest verändern<br />

zu können. Wenn das<br />

Modell aber pragmatisch konstruiert wurde (s.o.) <strong>und</strong><br />

die Modellstruktur möglich, aber nicht zwingend<br />

hergeleitet ist, muss geprüft werden, ob entsprechende<br />

Prognosen als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage dienen<br />

können. Im allgemeinen wird das nur der Fall<br />

sein, wenn die Ungenauigkeiten, die Variabilität<br />

<strong>und</strong> die Unsicherheiten entsprechend klein eingeschätzt<br />

werden.<br />

Ein wichtiger Prüfstein für die Anwendung von<br />

Modellen ist die Übertragbarkeit. Entsprechen die<br />

im Modell verankerten Wirkungsmechanismen physikalischen<br />

Modellen, Theorien oder Gesetzen, kann<br />

eine Anwendung an einem anderen Ort <strong>und</strong> zu einer<br />

anderen Zeit erfolgreich sein. Umgekehrt liefert eine<br />

erfolgreiche Überprüfung des Modells an anderer<br />

Stelle wiederum Evidenz für die Anwendung.<br />

Weitere wichtige Ergebnisse der ModelIierung<br />

können sein:<br />

• die Förderung des Denkens in vernetzten Strukturen<br />

oder Systemen<br />

• die Repräsentation von räumlichen (geometrischen)<br />

<strong>und</strong> zeitlichen Mustern<br />

• die Überprüfung von individuellen Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Meinungen über das System (


Methoden<br />

_<br />

werden sichtbar. Indem die Prozesse im zeitlichen<br />

Verlauf dargestellt werden, können Systemqualitäten<br />

erkannt werden. Diese Kenntnisse können als Ansatzspunkte<br />

für die Steuerung kritischer Stoffflüsse<br />

genommen werden, z.B. wenn dynamische Modellierungen<br />

vorgenommen werden, mit denen Auswirkungen<br />

von Steuerungen überprüft werden können.<br />

Analyse versus Synthese:<br />

Die Nähe der Gr<strong>und</strong>konzeption der Stofflussanalyse<br />

zum Brunswikschen Linsenmodell offenbaren Abbildung<br />

2.6.1.1 oder Abbildung 2.6.1.2. Es ist jedoch<br />

zu beachten, dass im Sinne der in Abbildung 1.3.2<br />

dargestellten Gr<strong>und</strong>form des Brunswikschen Linsenmodells,<br />

die dargestelltell Schemen Prozesse<br />

auf der Perzeptorenebene darstellen. Dies wird in<br />

Abbildung 2.6.1.2 <strong>durch</strong> die graue Hintergr<strong>und</strong>schattierung<br />

verdeutlicht. Vorgeschaltet (siehe Systemdefinition)<br />

ist die Auswahl eines oder mehrerer<br />

für das System charakterisierender typischer Indikatorstoffe.<br />

Nachgeschaltet ist ein Analyse- <strong>und</strong> Bewenungsprozess,<br />

der jedoch - im Gegensatz zur<br />

Ökobilanz - nicht formal gestaltet ist.<br />

Die Stoffflussanalyse ist eine wichtige umweltnaturwissenschaftliche<br />

Methode. Entscheidend ist<br />

die Systemdefinition, die Wahl der Input- <strong>und</strong> Outputgrössen<br />

<strong>und</strong> der Bewertungsprozess (siehe Ökobilanzen)<br />

der für die <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

eine besondere Herausforderung darstellt.<br />

2.6.2 Methoden der integrativen Risikohewertul1g<br />

Der Risikobegriff wird häufig als enger technischer<br />

Begriff definiert. Die gängigste, aus der Versicherungswirtschaft<br />

entlehnte Definition beschreibt das<br />

Risiko als Produkt des Schadens mit dessen Eintretenswahrscheinlichkeit.<br />

Heute hat sich die Einsicht<br />

<strong>durch</strong>gesetzt (Luhmann, 1987; Fischoff et al., 1981;<br />

Scholz et al., 1995; Scholz, 1995), dass eine solche<br />

verengte Interpretation des Begriffs nur von begrenztem<br />

Nutzen ist <strong>und</strong> bei einer Risikobeurteilung<br />

qualitativ verschiedene Aspekte einbezogen werden.<br />

«Der Risikobegriff, der von einem sozialen System,<br />

einem Laien, Experten, einer Gruppe oder einer<br />

Organisation verwendet wird ist in aller Regel<br />

• ein Produkt eines Wahrnehmungs-, Konstruktions<strong>und</strong><br />

Bewenungsprozesses<br />

o mehrdimensional<br />

liI soziokulturell determiniert<br />

III unter politischen, technischen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Randbedingungen geformt,<br />

<strong>und</strong> besitzt zudem<br />

• differenzierte semantische Ebenen ... » (Scholz,<br />

1995, S. 10).<br />

Damit ist der Risikobegriff ein Konzept, welches<br />

eine Wissensintegration ermöglicht.<br />

Da ein Verständnis <strong>und</strong> eine Steuerung komplexer<br />

Systeme, wie sie in <strong>Fallstudie</strong>n angestrebt wird, auch<br />

eine Risikobeurteilung <strong>und</strong> eine Risikosteuerung<br />

umfasst, führen wir im Folgenden in das allgemeine<br />

Risiko"Handlungs-Modell ein, welches als eine<br />

Methode für eine integrative Risikobeuneilung aufgefasst<br />

werden kann.<br />

Im alltäglichen Sprachgebrauch ist ein Risiko oder<br />

eine Risikobewertung da<strong>durch</strong> gekennzeichnet, dass<br />

man zwischen mehreren Handlungsalternativen auswählen<br />

muss, wobei mit der Wahl mindestens einer<br />

Alternative verschiedene unsichere Ausgänge verb<strong>und</strong>en<br />

sind. Um den Leser in die Logik einer<br />

Risikosituation einzuführen, sei ein Studium des<br />

Kastens «Risiko <strong>und</strong> Handlung» empfohlen.<br />

Risikobetrachtungen können zwar aus verschiedenen<br />

Perspektiven vorgenommen werden. Das folgende<br />

Beispiel zeigt, wie eine solche Integratio,<br />

aussehen kann. Es handelt sich um Grenzwertbetrachtung<br />

bei sog. Hilfsmitteln, wie Chlor zur<br />

Desinfektion von Trinkwasser oder von Pflanzenbehandlungsmitteln<br />

zur Schädlingsbekämpfung. Das<br />

Beispiel zeigt die Integration von Gefährdungs-, Vorsorge-<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten bei<br />

einer Risikoabschätzung.<br />

Bei einer Applikation eines Schädlingsbekämpfungsmittels<br />

wird aus landwirtschaftlicher Sicht<br />

zunächst das wirtschaftliche Risiko betrachtet. Die<br />

Abbildung 2.6.2.1 zeigt den Erwartungswert des ökonomischen<br />

Nutzens. Für eine Risikobetrachtung<br />

sind die verschiedenen Streuungen mitzubetrachten.<br />

Wird ein Hilfsmittel in zu geringer Konzentration<br />

ausgetragen, so ist die Nutzenkurve negativ. Die<br />

Kurve fällt sogar ab, wenn die Konzentration erhöht<br />

wird. Den erhöhten Materialkosten steht noch kein<br />

wesentlicher Effekt gegenüber. Dann steigt dir'<br />

Wirtschaftlicher<br />

(Erwartungs-) Nutzen<br />

Konzentration der<br />

Applikation<br />

Abb. 2.6.2.1 Hypothetisch angenommener Zusammenhang zwischen dem<br />

Erwartungswert des wirtschaftlichen Nutzen (y-Achse) <strong>und</strong>der Konzentration<br />

der Applikation eines Schädlingbekämpfungsmittels. Die Normalverteilung<br />

skizziert die Unsicherheiten, die bei einer bestehenden Konz.entration<br />

des wirtschaftlichen Betrages besteht.<br />

3<br />

60<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------------ Methoden<br />

SystemlProblem<br />

Perzeptoren<br />

Abb. 2.6.1.1 Schema des Giiterflusses in Linsenform.<br />

Subsystem 1 Subsystem 2 Output 0, Output 0. Output Oe<br />

5ubsy~telll1 0 X b c 0<br />

Subsy~telll2 y 0 0 0 d<br />

Input I, a<br />

Tab. 2.6.1 Giiterfluss in Matrixform.<br />

Wahrnehmungl<br />

Bewertung!<br />

Erkenntnis<br />

tion. Es können dabei Elemente, Stoffe oder auch<br />

Energie als Indikatoren gewählt werden.<br />

Formale Systembeschreibung<br />

Der ModelIierungsprozess: Um einen Einblick in<br />

den Modellbildungsprozess zu geben, skizzieren wir<br />

einen einfachen Bilanzierungsprozesses mit einem<br />

Inputgut, drei Qutputgütern <strong>und</strong> zwei internen Fluxen.<br />

Das Schema aus Abbildung 2.6.1.1 lässt sich auch<br />

in Matrixform darstellen (vgl. Tab. 2.6.1).<br />

Es gelten nun die Bilanzgleichungen a+y=b+c+x<br />

lInd x=d+y sowie die Input-Output-Bilanz a=b+c+d.<br />

•us einer Analyse der Gleichungssysteme kann der<br />

Messbedarf abgeleitet werden, der sich ergibt, wenn<br />

man das System vollständig modellieren möchte.<br />

Einen guten Ueberblick über ModelIierungen liefert<br />

van der Voet et al. (1995a, 1995b).<br />

Datenerfassung/Berechnung der Stoffflüsse<br />

Daten über die Güterflüsse <strong>und</strong> die Konzentrationen<br />

der Indikatorstoffe in den Gütern werden aus der<br />

Literatur erhoben oder nach Bedarf gemessen. Aus<br />

diesen Angaben lassen sich die Stoffflüsse im vorher<br />

definierten System berechnen.<br />

Weitergehende Betrachtungen der Stoffflüsse<br />

Die Analyse von Stoffflüssen erfolgt meist<br />

iterativ, beispielsweise kann die Systemdefinition<br />

weiter verfeinert werden, indem<br />

Prozesse in Subprozesse aufgetrennt<br />

werden etc. Erfasst das System die zur<br />

Diskussion stehenden Stoffflüsse in genügender<br />

Weise, so ist es möglich für diese<br />

Stoffflüsse dynamische Betrachtungen anzustellen.<br />

Dafür wird das Stoffflusssystem<br />

in ein mathematisches Modell abgebildet.<br />

Die Stoffflussanalyse wie sie hier beschrieben<br />

wird, wurde von Baccini <strong>und</strong><br />

Brunner (1991) vorgestellt. Es gibt daneben<br />

weitere Ansätze, die beispielsweise<br />

die betrachteten Prozesse in Modulen<br />

erfassen (S<strong>und</strong>berg, 1993), oder die eher<br />

produktbezogen (Kohler et al., 1992) sind.<br />

Stoffflüsse <strong>und</strong> Ökobilanz: Zwischen der<br />

Stoffflussanalyse <strong>und</strong> der Ökobilanz<br />

bestehen Ähnlichkeiten. Während die<br />

Stoffflussanalyse vor allem die grössenordnungsmässige<br />

Erfassung <strong>und</strong> allenfalls<br />

ModelIierung der Flüsse einzelner (ausgewählter)<br />

Elemente oder Stoffe bezweckt,<br />

zielt die Ökobilanz auf die Erfassung sämtlicher<br />

Umwe/twirkungen, die ein Produkt innerhalb des<br />

Betrachrungsraumes haben kann. In der Ökobilanz<br />

werden also immer mehrere Stoffe betrachtet <strong>und</strong><br />

die Auswirkungen nach Möglichkeit bewertet.<br />

Ökobilanzierungsmethoden enthalten somit Stoff<strong>und</strong><br />

Energieflussanalysen (Baccini <strong>und</strong> Bader, 1996,<br />

S. 38). Stoffflussanalysen eignen sich dazu, in<br />

Systemdynamiken einzudenken <strong>und</strong> die ökologischen<br />

Kernprobleme eines Systems bzw. Prozesses<br />

besser sichtbar zu machen. Quellen <strong>und</strong> Senken<br />

Darste/lung <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse<br />

Die wichtigsten Quellen <strong>und</strong> Senket! eines Stoffes<br />

sowie die für den Stoffumsatz wichtigsten Prozesse<br />

werden identifiziert. Aufgr<strong>und</strong> dieser Angaben können<br />

theoretische Möglichkeiten zur Steuerung der<br />

Stoffflüsse abgeleitet werden.<br />

Entsorgungsprozesse<br />

versorgungsprozesse<br />

(1000)<br />

Haushalte<br />

(1000)<br />

Abb. 2.6.1.2 Schematis~he Darstellung des Stoffwechsels eines urbanen<br />

Systems (vgl. Baccini <strong>und</strong> Bader, 1996, S. 208) als Teilprozesse von <strong>Umwelt</strong>bewertung.<br />

(10)<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 59


__________________________________________Methoden<br />

Kurve bis zu einer bestimmten Konzentration, ab<br />

der eine zusätzliche Konzentration keinen weiteren<br />

Nutzen verspricht. Schliesslich sind erhöhte Konzentrationen<br />

schädlich <strong>und</strong> die Nutzenfunktion fällt<br />

steil ab.<br />

Aus ökologischer Sicht sind zumindest die Kosten<br />

<strong>und</strong> der Nutzen für die Schädlichkeit <strong>und</strong> die Vermeidbarkeit<br />

zu betrachten.<br />

Bei einigen wenigen Parametern gelingt es uns, in<br />

einem <strong>Umwelt</strong>kompartiment eine eindimensionale<br />

Ziel- bzw. Schadensgrösse zu bestimmen, für die<br />

eine Dosis-Wirkungsfunktion konstruiert werden<br />

kann. Dazu gehören etwa Enzymhemmungen oder<br />

Mortalitätsquoten. Postulieren wir, dass sich innerhalb<br />

eines bestimmten Szenarios eine bestimmte<br />

ökologische Gefährdungsschwelle ableiten lässt,<br />

dann haben wir in aller Regel eine s-förmige Funktion<br />

für das Gefährdungspotential.<br />

Nach traditioneller Argumentation werden hier<br />

Schwellenwerte postuliert.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

61


Methoden<br />

_<br />

Diese Kurve steht in aller<br />

Regel in zumindest ordinaler<br />

oder gar proportionaler Beziehung<br />

zur Risikobewertung bezogen<br />

auf den Gefahrenaspekt, der<br />

aus dem Wissen über die Auswirkungen<br />

eines Stoffes resultiert.<br />

Bei einer ökologischen Risikoabschätzung<br />

verengen wir unser<br />

Weltwissen jedoch niemals auf<br />

ein einziges Kompartiment <strong>und</strong><br />

auf eine eindimensionale Stoffbetrachtung.<br />

Einige Stoffe stehen<br />

in Verdacht, Effekte zu<br />

zeigen, ohne dass bislang ein<br />

klarer Nachweis erbracht werden<br />

konnte. Bei anderen potentiellen<br />

Schadstoffen haben wir<br />

kein genaues Wissen, ob nicht<br />

<strong>durch</strong> eine permanente Hintergr<strong>und</strong>belastung<br />

die <strong>Umwelt</strong>matrix<br />

in einer solchen Art <strong>und</strong><br />

Weise verändert wird, dass nicht<br />

doch auf indirektem Wege Wirkungen<br />

erzielt werden.<br />

Die Abbildung 2.6.2.2 zeigt für unser landwirtschaftliches<br />

Beispiel, dass etwa ökonomische <strong>und</strong><br />

ökologische Risikofunktionen zu integrieren sind.<br />

Für eine Risikobewertung ist das wirtschaftliche<br />

Risiko (der Erwarrungsnutzen), das toxikologische<br />

Risiko (Schädlichkeit resp. Schadenswahscheinlichkeit)<br />

<strong>und</strong> der Aspekt der Vorsorge (Bewertung des<br />

Nichtwissens) zu beachten. Eine umfassende Risikobewertung,<br />

die etwa einer Grenzwertableirung unterliegt,<br />

integriert diese Aspekte. Dies gilt es deutlich<br />

<strong>und</strong> transparent zu machen.<br />

Die Handlungen bei einer<br />

Risikoentscheidung können sehr<br />

unterschiedlicher Art ~sein <strong>und</strong><br />

z.B. in verschiedenen Sanierungsverfahren<br />

für Altlasten,<br />

unterschiedlichen Massnahmen<br />

für den Hochwasserschutz, oder<br />

verschiedenen Informationsprogrammen<br />

für den Einsatz von<br />

Pestiziden in der Landwirtschaft<br />

darstellen.<br />

Wir illustrieren das allgemeine<br />

Risikohandlungsmodell an dieser<br />

Stelle am Beispiel der AItlastenbearbeitung.<br />

Die Alternativen<br />

können bei der Altlastenbearbeitung<br />

(z.B. bei der Detailuntersuchung)<br />

<strong>durch</strong> verschiedene<br />

Untersuchungsprogramme<br />

bzw. verschiedenen Vorgehens-<br />

Wirtschaftlicher<br />

~f<br />

rz;.<br />

Ökonomische BewertungsfunktIon fOr<br />

den Einsatz eines Hilfsmittels<br />

Scha


--------------'-------------<br />

Methoden<br />

wiedergegeben <strong>und</strong> wird nun beschrieben. Eine ausführlichere<br />

Darstellung findet sich in Scholz et al.<br />

(1995).<br />

Ausgangsl'lnkte<br />

Für die Durchführung einer Risikountersuchung<br />

sind die folgenden Ausgangspunkte zu identifizieren.<br />

Das <strong>Umwelt</strong>system, wie z.B. eine Altlastsituation,<br />

stellt den Untersuchungsgegenstand dar. Ausgehend<br />

vom Vorwissen werden auf dieses <strong>Umwelt</strong>system<br />

bezogene Hypothesen aufgestellt, beispielsweise «Das<br />

Schadensrisiko ist grösser als e <strong>und</strong> lässt sich <strong>durch</strong><br />

eine Massnahme reduzieren».<br />

Ziele einer Handlung können einerseits Erkenntnisinteressen,<br />

z.B. die Ermittlung eines Risikos sein.<br />

Andererseits kann das Handeln im Sinne einer Intervention<br />

(wie einer Sanierungsmassnahme) direkt auf<br />

ie Verringerung eines Risikos ausgerichtet sein. Das<br />

Erkenntnis- oder Interventionsziel bestimmt die Art<br />

<strong>und</strong> den Umfang der für eine Risikountersuchung<br />

zu erhebenden Daten. Für Altlasten lassen sich bei-<br />

. spielsweise Zielsetzungen formulieren:<br />

III die Ermittlung von <strong>durch</strong>schnittlichen oder maximalen<br />

Belastungen bzw. von Belastungsverteilungen<br />

im Hinblick auf die Feststellung der Überschreitung<br />

von Prüf-, Richt-, Grenz- <strong>und</strong>/oder<br />

Sanierungswerten;<br />

III die Prüfung von Verursachungshypothesen,<br />

III die Beurteilung von Ökosystemeigenschaften (beispielsweise<br />

zur Abklärungder Nachhaltigkeit einer<br />

Nutzung).<br />

Handlungsalternativen<br />

Wir unterscheiden für die Altlastenbearbeitung zwei<br />

verschiedene Typen oder Bereiche von Handlungs-<br />

.Jternativen oder Handlungsstrategien Ao, Ab ..., An<br />

(Der Einfachheit halber wird an dieser Stelle lediglich<br />

der Fall mit endlich vielen Handlungsstrategien<br />

betrachtet. Der Fall mit unendlich vielen Alternativen<br />

verhält sich analog):<br />

a)Untersuchungsdesigns <strong>und</strong> Probenahmepläne: Die<br />

Handlungsalternativen bestehen darin, entweder<br />

sich für eine Abklärung nach einem der verschiedenen<br />

Beprobungsprogramme Ai zur Belastungsfeststellung<br />

zu entscheiden oder nichts zu tun (im<br />

folgenden mit Ao bezeichnet).<br />

b)lnterventionen: Hier bestehen die Handlungsalternativen<br />

Ai zum Beispiel aus:<br />

III<br />

Nutzungsänderungen <strong>und</strong> Sicherungsmassnahmen,<br />

etwa <strong>durch</strong> Verbote, Einzäunung, Schlitzwandabsicherung<br />

etc.,<br />

.. Sanierungsmassnahmen, z.B. Bodenwäsche, insitu<br />

Dekontaminationen <strong>durch</strong> mikrobiologische<br />

Sanierung.<br />

Ereignisse<br />

Aus jeder Handlungsalternative können verschiedene<br />

Ereignisse oder Folgen resultieren. Ereignisse<br />

sind Informationsstände über das vorliegende <strong>Umwelt</strong>system<br />

oder über zukünftige Zustände. Dazu<br />

dienen die Datenerhebungen (Monitoring) <strong>und</strong> die<br />

entsprechenden Systemmodelle. Als Folgen werden<br />

Systemzustände aufgefasst, die sich aus den umweltsystembezogenen<br />

Handlungen ergeben (z.B_ aus<br />

Sicherungs- oder Sanierungsmassnahmen).<br />

Auftretenswahrscheinlichkeiten<br />

Bei der Wahl einer Handlungsalternative Ai kann<br />

ein Ergebnis bzw. ein Folgeereignis Ej mit einer<br />

bestimmten Wahrscheinlichkeit Pi,j resultieren. Dies<br />

heisst, zu jeder Handlungsalternative Ai gibt es einen<br />

Wahrscheinlichkeitsvektor Pi=(Pi,b Pi,Z, ..., Pi,k)' der<br />

die Auftretenswahrscheinlichkeiten der Ereignisse<br />

unter Ai enthält. Im Fall von informationsgerichteten<br />

Handlungen ist dies der Wahrscheinlichkeitsvektor<br />

für das Auftreten einer spezifischen Konstellation<br />

von Messwerten. Bei den Interventionshandlungen<br />

(z.B. einer Sanierung) sind die Folgen mögliche<br />

zukünftige <strong>Umwelt</strong>zustände. Solche Auftretenswahrscheinlichkeiten<br />

werden häufig subjektiv abgeschätzt<br />

oder, bei grösseren Datensätzen, mit frequentistischen<br />

Modellen bestimmt (vgL hierzu<br />

Scholz et al., 1992b).<br />

Risikofunktion<br />

Das schwierigste <strong>und</strong> noch am wenigsten gelöste<br />

Problem bei der Risikohandlungsabwägung ist die<br />

Formulierung der Risikofunktion. Diese Funktion<br />

kann man als eine Bewertungsfunktion auffassen. In<br />

ihr sollten im Idealfall<br />

III<br />

die Aufwendungen (Kosten, Zeit), die mit den<br />

Handlungsalternativen Ai verknüpft sind,<br />

III die (bedingten) Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen<br />

Ereignisse/Folgen Pi,b Pi,Z, ..., Pi,k unter<br />

Ai, <strong>und</strong><br />

.. der potentielle Nutzen (z.B. Zielerreichung einer<br />

Dekontamination) bzw. der mögliche Schaden<br />

(z.B. Transporternissionen), der aus den Ereignissen/Folgen<br />

E b ...,Ek resultiert,<br />

integriert sein.<br />

Allgemein weist die Risiko/unktion die Argumente<br />

Ai (Handlungsalternative, einschliesslich der Aufwendungen),<br />

Ej (Ereignisse/Folgen) <strong>und</strong> Pi,j (die<br />

zugeordneten Wahrscheinlichkeiten) auf.<br />

In den <strong>Umwelt</strong>wissenschaften werden häufig Risikofunktionen<br />

betrachtet, die nicht alle Argumente<br />

berücksichtigen. Besteht beispielsweise das Ziel<br />

einer Untersuchung in der Belastungsfeststellung,<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

63


Methoden<br />

_<br />

Abb. 2.6.2.4 Veranschaulichung der bedingten Verteilungs/unktion p(EyIAJ<br />

für Ereignisse (E y) bei gegebenen Handlungen A x unter der Annahme, dass<br />

Ey<strong>und</strong>A x kontinuierliche Variablen seien.<br />

wird häufig lediglich der mittlere zu erwartende<br />

Messfehler als Bewertungsfunktion genommen. Bei<br />

einer solchen Funktion werden Über- <strong>und</strong> Unterschätzungen<br />

gleich bewertet <strong>und</strong> die Kosten für die<br />

Probenahme <strong>und</strong> Analytik bleiben unbeachtet.<br />

Betrachten wir als Handlungsalternativen Sanierungs-<br />

oder Interventionsmassnahmen, dann werden<br />

in die Risikobewertungsfunktion oft nur die Wahrscheinlichkeiten<br />

für das Eintreten bestimmter unerwünschter<br />

Zustände/Schäden, z.B. Todes- oder Erkrankungswahrscheinlichkeiten<br />

einbezogen (siehe<br />

May, Scholz <strong>und</strong> Nothbaum, 1991).<br />

Um einen anschaulichen Zugang zu den Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>und</strong> zur Konstruktion der Bewertungs- bzw.<br />

Risikofunktion im Falle eines Kontinuums von<br />

Handlungsalternativen A x zu bekommen, betrachten<br />

wir einen Spezialfall. Wir nehmen dazu an, dass sich<br />

der Aufwand bei einer Handlung (z.B. einer Sanierungsmassnahme)<br />

kontinuierlich steigern lässt <strong>und</strong><br />

dass es gleichermassen ein Kontinuum von Ereignissen<br />

Ey gibt. Bei einer Handlungsalternative A x wird<br />

die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Ey<br />

k(A)<br />

Intensität der Handlungsalternativen A<br />

Abb. 2.6.2.5 Veranschaulichung der Kosten/unktion NA) unter der Annahme,<br />

dass A=A x eine kontinuierliche Variable sei.<br />

gemäss der bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

p(EyIA x ) beschrieben. Nehmen wir weiter an, dass<br />

Ereignisse mit einer kleineren Ausprägung als besser<br />

bewertet werden, so kann man die Auffassung, dass<br />

bei einem geringen Aufwand sich ein schlechtes<br />

Ergebnis (z.B. eine grosse Konzentration eines<br />

Schadstoffes) mit grosser Varianz einstellt, bei<br />

hohem Aufwand hingegen - idealerweise - ein besseres<br />

Ergebnis mit geringer Varianz erzielt wird, mit<br />

einem Bild wie in Abbildung 2.6.2.4 verdeutlichen.<br />

Zu berücksichtigen sind nun in einer Risikofunktion<br />

die Kosten für die Aufwendungen. Gemäss<br />

unseres Ansatzes bilden diese Kosten eine weitere<br />

Dimension. Unter der Annahme eines Kontinuums<br />

von Handlungsalternativen schreiben wir jeder<br />

Handlungsalternativen einen Aufwand k(A) zu. Die<br />

Kostenfunktion steigt mit zunehmender Intensität<br />

der Massnahme (vgl. Abbildung 2.6.2.5).<br />

Die Risikofunktion r(A, E, p(EIA» ist nun<br />

integrale Bewertung der Aufwandkosten k(A), der<br />

Bewertung der Ereignisse v(E) <strong>und</strong> der Ereignisverteilung<br />

p(EIA). Die Bewertungsfunktion ist perspektiven-<br />

bzw. personenabhängig. Dies heisst insbesondere,<br />

dass es selbst bei bekannten Funktionen k(A),<br />

v(E) <strong>und</strong> p(EIA) keine allgemein akzeptierte Formel<br />

oder Funktion geben kann, mit der diese zu einem<br />

Risikowert verknüpft werden. Um eine integrale<br />

Risikobewertung vorzunehmen, können Verfahren<br />

der multikriteriellen Entscheidungstheorie eingesetzt<br />

werden.<br />

Welche Ergehnisse können von dem<br />

Risiko-Handlungs-Modell erwartet werden?<br />

Das Risiko-Handlungsmodell stellt eine Methode<br />

dar, mit der integrative Risikobeurteilungen vorgenommen<br />

werden können. Es organisiert das Vorgehen<br />

bei Risikoabschätzungen.<br />

Will man eine integrative Risikobeurteilung erstellen,<br />

so fehlen in aller Regel wesentliche Daten, um<br />

genaue Abschätzungen vorzunehmen. Dies betrifft<br />

insbesondere die benötigten Wahrscheinlichkeitsverteilungen.<br />

Um diese zu erstellen, muss man auf<br />

grobe Abschätzungen zurückgreifen. Eine Möglichkeit<br />

besteht darin, die Wahrscheinlichkeiten zu<br />

schätzen <strong>und</strong> somit eine subjektive Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />

zu konstruieren. Bei der Konstruktion<br />

dieser Verteilung wird man zumindest teilweise<br />

auf bestimmte Datensätze zurückgreifen können<br />

(zur Konstruktion solcher Datensätze siehe exemplarisch<br />

May et al., 1991). Trotz möglicherweise vorhandener<br />

Datensätze wird aber eine Unsicherheit<br />

.über das <strong>Umwelt</strong>modell verbleiben.<br />

Die Vorteile des Modells ist sein klarer begrifflicher<br />

Rahmen: Er ermöglicht, dass verschiedene<br />

technische <strong>und</strong> psychologische Definitionen von<br />

64<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Methoden<br />

Risiko in einem gemeinsamen Modell beschreibbar<br />

werden. Die Anwendung des Modells hat fallspezifisch<br />

zu erfolgen. Dies betrifft insbesondere die<br />

Risikofunktion. Es ist dabei zunächst zu ermitteln,<br />

welche Aspekte in eine Risikoperzeption einbezogen<br />

werden (mathematisch formuliert sind die<br />

Argumente der Risikofunktion zu bestimmen). In<br />

einem weiteren Schritt ist zu entscheiden, welches<br />

Skalenniveau für die Risikofunktion als angemessen<br />

betrachtet wird. D.h. es'ist zu entscheiden, ob die<br />

Risikofunktion auf einer (0,1) Skala erstellt werden<br />

kann, ob lediglich ordinale Steigerungsreihen (z.B.<br />

«kleines Risiko», «mittleres Risiko», «hohes Risiko»,<br />

«extrem hohes Risiko») oder andere Skalen gewählt<br />

werden müssen.<br />

Es ist zu erwarten, dass sich in umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n in vernetzter Teamarbeit<br />

(siehe Kapitel ORGANISATION) mit dem geschilderten<br />

lorgehen integrative Risikoabschätzungen erstellen<br />

lassen. Das Modell liefert ein Schema <strong>und</strong> beschreibt<br />

die einzelnen Elemente, i.e. die Handlungsalternativen,<br />

die aus den Alternativen resultierenden Ereignisse,<br />

deren Wahrscheinlichkeit, sowie die mehrdimensionale,<br />

Risiko-Bewertungs-Funktion die den Gegenstand<br />

verschiedener Arbeitsgruppen sein können.<br />

KRITIKPHASE<br />

Abb. 2.6.3.2 Mögliches Zusammenspiel zwischen rational-analytischschen<br />

,Argumenten <strong>und</strong> intuitiv-emotionalen Argumenten in der Kritikphase<br />

(aus ").<br />

2.6.3 Ideenwerkstatt<br />

Die Ideenwerkstatt geht auf die von Jungk <strong>und</strong><br />

Müllert (1989) entwickelte Methode der Zukunftswerkstätten<br />

zurück. Die Wurzeln der Konzeption<br />

liegen in den Denkfabriken (Think Tanks) der amerikanischen<br />

Streitkräfte, «die gegen Ende des zweiten<br />

Weltkriegs als erste begannen, systematisch künftige<br />

strategische Möglichkeiten zu studieren ... " (Jungk<br />

<strong>und</strong> Müllert, 1989, S. 15). In der Folge wurde diese<br />

Technik von Hermann Kahn (vgl. den Abschnitt zur<br />

Jzenarioanalyse) verwendet, der in der von der US<br />

Air Force gegründeten Rand Corporation diese Technik<br />

zur Politikberatung einsetzte. Von Jungk <strong>und</strong><br />

Müllert (1995) wurden Zukunftswerkstätten als eine<br />

Vorgehensweise konzipiert, um Bürger <strong>und</strong> Betroffene<br />

an der Planung zu beteiligen: «Die Thematik<br />

einer Zukunftswerkstatt wird vorzugsweise <strong>durch</strong><br />

persönliche, lokale oder regionale Probleme bestimmt.»<br />

Die Methode der Zukunftswerkstätten zeichnet<br />

sich <strong>durch</strong> einen weitestgehenden Einsatz von<br />

Moderationstechniken aus, zu denen ein häufiger<br />

Wechsel der Arbeitsformen gehört (siehe<br />

Abbildungen 2.6.3.1 <strong>und</strong> 2.6.3.2., vgl. auch<br />

Abschnitt 2.6.4 Synthese-Moderation). Mit<br />

der Methode lassen sich, mit vergleichsweise<br />

geringem Aufwand, Wunschvorstellungen<br />

ermitteln.<br />

Da in den Synthesegruppen der umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n '94 (vgl.<br />

Scholz et al., 1995) <strong>und</strong> <strong>'95</strong> keine Betroffenen<br />

teilnahmen, wurden - in Anlehnung<br />

an Zukunftswerkstätren - Ideenwerkstätten<br />

<strong>durch</strong>geführt. Die in den Ideenwerkstätten<br />

erarbeiteten Ergebniss besitzen, wegen der<br />

bewusst angezielten Offenheit des Prozesses<br />

Abbildung 2.6.3.1 Räumliche Strukturierung des Kommunikationsprozesses In<br />

Zukunfts- oder Ideenwerkstätten (aus ").<br />

" Robert Jungk & Norbert Müller: «Zukunftswerkstätten: Mit<br />

Phantasie gegen Routine <strong>und</strong> Resignation», erschienen im<br />

Wilhe1m Heyne Verlag GmbH & Co.KG, München, 1989.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 65


Methoden<br />

<strong>und</strong> der Produkte eine gewisse Originalität, die auch<br />

<strong>durch</strong> ein gezieltes Zusammenspiel zwischen Intuition<br />

<strong>und</strong> Rational-Analytischen Arbeitsweisen gefördert<br />

werden (vgl. Abbildung 2.6.3.2).<br />

Insgesamt scheinen sie aber eher geeignet, kürzere<br />

Phasen (1 bis 2 Tage) der Einarbeitung in einen<br />

Themenbereich zu begleiten, als für eine längere<br />

wissenschaftliche Projektorganisation zu tragen.<br />

2.6.4 Synthese,-Moderaticm<br />

Unter Moderation versteht man allgemein die<br />

Leitung, Kommentierung <strong>und</strong> Verbindung von<br />

Gesprächsprozessen. Mit Synthese-Moderation bezeichnen<br />

wir Techniken, die den Prozess der kooperativen<br />

Problemlösung in den Synthese- <strong>und</strong><br />

Teilprojektgruppen der <strong>Fallstudie</strong> organisieren hilft.<br />

Synthese-Moderation bedeutet einerseits die<br />

Nutzung von Hilfsmitteln im Gruppenarbeits- <strong>und</strong><br />

Gruppenkommunikationsprozess, wie sie etwa <strong>durch</strong><br />

die Metaplan-Moderationstechniken unterstützt<br />

werden (vgl. Klebert, 1985; Schnelle, 1978). Indem<br />

die Leitungstechniken, Feedback-Regeln, Sitzordnungen,<br />

Strukturlegetechniken, Brainstormingregeln<br />

(siehe Jungk <strong>und</strong> Müllert, 1995), der Wechsel<br />

zwischen Einzel-, Kleingruppen-, Forums- <strong>und</strong><br />

Podiumsaktivitäten (Steiger, 1990) sowie kreative<br />

enaktive Tätigkeiten genutzt werden, wird der Prozess<br />

der kooperativen Synthesearbeit gestützt (siehe<br />

auch das Kapitel ORGANISATION). Selbst die Methode<br />

der «Punktvergabe», bei der jeder Teilnehmer die<br />

Bedeutung oder Präferenz von bestimmten auf Plakaten<br />

notierten Alternativen <strong>durch</strong> das Aufkleben<br />

von Punkten gestalten kann, erfreut sich grosser<br />

Beliebtheit, wohl nicht zuletzt weil jeder seinen Beitrag<br />

sehen kann.<br />

Für die <strong>Fallstudie</strong>narbeit, die neben der Anwendung<br />

auf Lehre <strong>und</strong> Forschung abzielt, sind jedoch die<br />

Randbedingungen der Moderation zu beachten.<br />

Dazu gehört eine Optimierung des Wechselspiels<br />

zwischen fachlich kompetenten Tutoren <strong>und</strong> den<br />

eigentlichen Projektbearbeiter (i.e. den Studierenden),<br />

die zeitlichen Begrenzungen, der Einbezug<br />

<strong>und</strong> die Koordination mit anderen Synthesegruppen<br />

sowie der Einsatz der in diesem Kapitel vorgestellten<br />

wissenschaftlichen Synthesemethoden. Wie in manchen<br />

Büchern zu Projektmanagement nahegelegt<br />

(Wischnewski, 1993), ist weiter dem Aspekt dem der<br />

produktbezogenen Rückwärtsplanung <strong>und</strong> dem<br />

Zeitmanagement besondere Beachtung zu schenken.<br />

Die Synthese-Moderation ist ein Methode, welche<br />

erlaubt, die Integration des in den verschiedenen<br />

Teilnehmern <strong>und</strong> Teilprojekten der <strong>Fallstudie</strong> vorhandenen<br />

Wissens kommunikationstechnisch bezogen<br />

auf die Ziele der <strong>Fallstudie</strong> zu unterstützen.<br />

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UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

69


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Lang.<br />

70 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Inhalt<br />

1. Vorgeschichte <strong>und</strong> Vorgaben 13<br />

2. Die Vorbereitung 75<br />

3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 76<br />

4. Ablauforganisation der fallstudie 78<br />

5. Die didaktische Konzeption der <strong>Fallstudie</strong> 80<br />

6. Schlussbemerkung 82<br />

Alltorlflmm<br />

Christine lIächtiger<br />

Sandro Bösch<br />

Harald A. Mieg


Orgarlisation<br />

_<br />

Themenwettbewerb zur <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>.<br />

72 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________Organisation<br />

1. Vorgeschichte<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> - ein jahrgangsühergreifender Prozess<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> 1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung<br />

<strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>» ist die fünfte <strong>Fallstudie</strong><br />

der Abteilung <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />

Ihre Organisation konnte wesentlich auf der <strong>Fallstudie</strong><br />

1994 «Perspektive Grosses Moos» aufbauen<br />

(Scholz u.a. 1995). Beibehalten wurden die Gr<strong>und</strong>prinzipien<br />

der <strong>Fallstudie</strong>narbeit:<br />

o eine starke studentische Beteiligung in der Planung<br />

<strong>und</strong> Vorbereitung der <strong>Fallstudie</strong><br />

• das Prinzip des forschenden Lernens<br />

• Wissensintegration (Synthese) als das eigentliche<br />

Forschungsziel<br />

lil die ausgeprägte Kooperation mit Forschungsinstituten,<br />

Fachverbänden <strong>und</strong> sonstigen «Trägern der<br />

lil<br />

<strong>Fallstudie</strong>»<br />

Die Verbindung von Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung.<br />

Die Kooperationsstrukturen geben Einblick, wie<br />

eine <strong>Fallstudie</strong> in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

sich aufbaut <strong>und</strong> abläuft. Wie Abb. 1 zeigt, erfolgten<br />

in der <strong>Fallstudie</strong> einerseits ETH-übergreifende<br />

Kooperationen (insbesondere mit Prof. Henz <strong>und</strong><br />

den Architekten), andererseits Kooperationen mit<br />

Verbänden <strong>und</strong> der Privatwirtschaft (Schweizerischer<br />

~t<br />

Abb. 1 Organigramm der <strong>Fallstudie</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>».<br />

Ausdruck für die ausgeprägte Kooperationsstruktur ist das «Steering Board», über welches die FachvertreterhJöglichkeiten<br />

der Einflussnahme aufdas FS-Projekt hatten.<br />

Baumeisterverband, SBV; Schweizerischer Ingenieur-<br />

<strong>und</strong> Architektenverein, SIA; Schweizerische<br />

Bankgesellschaft, SBG, ...).<br />

Der Kopf der <strong>Fallstudie</strong> - die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

Die <strong>Fallstudie</strong>nkommission hatte die eigentliche<br />

Leitung der <strong>Fallstudie</strong> inne. Die Kommission selbst<br />

besteht aus etwa 15 Studierenden, den Professoren<br />

Koller <strong>und</strong> Scholz, sowie den Vertretern des sog.<br />

<strong>Fallstudie</strong>nbüros, Christine Bächtiger, Sandro Bösch,<br />

Harald A. Mieg <strong>und</strong> Jürg Stünzi. Die Kommission<br />

konstituierte sich im April 1994 mit einem studentischen<br />

<strong>Fallstudie</strong>n-Wochenende, an dem ein Gr<strong>und</strong>satzpapier<br />

erarbeitet wurde. Dieses Papier wurde<br />

in mehreren Sitzungen diskutiert <strong>und</strong> überarbeitet.<br />

Besonderen Wert wurde darauf gelegt, die Erfahrungen<br />

der vorangegangenen <strong>Fallstudie</strong>n angemessen<br />

einzubringen.<br />

In der Vorbereitungsphase im Zeitraum von April<br />

1994 bis April 1995 hielt die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

über 47 Sitzungen ab. Als oberstes Organ der <strong>Fallstudie</strong><br />

hatte sie alle Beschlüsse bezüglich der Konzeption,<br />

des zeitlichen Ablaufes, der Zielsetzungen<br />

der <strong>Fallstudie</strong> usw. zu treffen. Lediglich die Bereiche<br />

Personal, Bewertung <strong>und</strong> Finanzen lagen ausschliesslieh<br />

in der Verantwortung des Inhabers der «<strong>Fallstudie</strong>nprofessur»,<br />

Herrn Prof. Roland W. Scholz.<br />

Die Sitzungen der Kommission<br />

wurden abwechselnd von den<br />

studentischen Mitgliedern geleitet.<br />

Während der Projektphase<br />

im Sommersemester wurde die<br />

<strong>Fallstudie</strong>nkommission auf sechs<br />

Studierende <strong>und</strong> fünf Lehrende<br />

verkleinert. Ohne die zeitweisen<br />

Sondersitzungen fanden für die<br />

Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung<br />

der <strong>Fallstudie</strong> 59 Kommissionssitzungen<br />

statt.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

wurde <strong>durch</strong> Abordnungen, d.h.<br />

kleinere Gruppen von Studierenden<br />

<strong>und</strong> Dozenten, auch nach<br />

aussen vertreten. Dazu gehörten<br />

Treffen mit Ämtern <strong>und</strong> Institutionen<br />

sowie Informationsveranstaltungen<br />

bzw. der Dialog mit<br />

den Kommilitonen <strong>und</strong> Kommilitoninnen,<br />

die nicht an der Kommissionsarbeit<br />

beteiligt waren.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong>n-Kommission<br />

1995 erhielt zudem eine Art<br />

Supervision bzw. Feedback.<br />

Hierzu wurde ein Doktorand<br />

der klinischen Psychologie her-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

73


Organisation<br />

angezogen. Sein Auftrag bestand darin, eine «verhaltensorientierte»<br />

Rückmeldung zur Kommunikation<br />

in der <strong>Fallstudie</strong>nkommission zu geben.<br />

Die Voraussetzungen der Stlldierenden<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> ist obligatorisch für alle Studierenden<br />

deS achten Semesters im Studiengang <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />

Zu diesem Zeitpunkt können die<br />

Studierenden auf eine mehrjährige, umfassende<br />

Ausbildung zurückblicken. Zu den Schwerpunkten<br />

gehören eine Gr<strong>und</strong>ausbildung in den naturwissenschaftlichen<br />

Fächern sowie die Vertiefungen in einem<br />

umweltnaturwissenschaftlichen Fachgebiet (Physik,<br />

Chemie, Biologie, <strong>Umwelt</strong>mikrobiologie oder <strong>Umwelt</strong>hygiene)<br />

<strong>und</strong> einem <strong>Umwelt</strong>system (Atmosphäre,<br />

Aquatische Systeme, Terrestrische Systeme oder<br />

Anthroposphäre). Erste Erfahrungen <strong>und</strong> Handlungswissen<br />

haben die Studierenden in einem halbjährigen<br />

Berufspraktikum erworben.<br />

Die Funktion der Lehrenden - die Tutoren<br />

Die Arbeit der Studierenden wurde während der<br />

gesamten <strong>Fallstudie</strong> von Lehrenden der Professur<br />

<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften begleitet.<br />

Für die Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung der<br />

Studierenden in der Projektphase wurden insgesamt<br />

16 externe Fachleute, sogenannte «Tutoren», verpflichtet.<br />

Die Tutoren kamen zum überwiegenden<br />

Teil aus der Praxis, d.h. aus Ökobüros <strong>und</strong> den<br />

Baufachverbänden, <strong>und</strong> besassen - bezogen auf die<br />

von ihnen betreuten Teilprojekte - einschlägige<br />

Projekterfahrung. Die Tutoren wurden von Dezember<br />

1994 an in die Vorbereitung einbezogen <strong>und</strong><br />

erhielten eine Einführung in die Didaktik der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

Während des Sommersemesters waren sie<br />

jede Woche an einem Tag - von insgesamt zweIeinhalb<br />

<strong>Fallstudie</strong>ntagen - anwesend.<br />

Die Professur für <strong>Umwelt</strong>natllr· <strong>und</strong><br />

Umweitsozialwissenschaften<br />

Die Professur für <strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften<br />

(UNS) ist verantwortlich für die<br />

Organisation der <strong>Fallstudie</strong>. Um ,den Forschungsbereich<br />

der Professur noch stärker als in der <strong>Fallstudie</strong><br />

«Perspektive Grosses Moos» einzubinden,<br />

wurden drei Forschungsassistenten der Professur<br />

(Heitzer, Tietje <strong>und</strong> Weber) mit Tutorenaufgaben<br />

betraut.<br />

Die Gestaltllngsvarianten zum Slllzer·Escher Wyss·Areal<br />

Gr<strong>und</strong>lage der <strong>Fallstudie</strong>narbeit waren vier Gestaltungsvarianten<br />

zum Sulzer-Escher Wyss-Areal (vgl.<br />

Kap. DER FALL). Dazu gehörten einerseits eine<br />

Baurnassenstudie zum offiziellen Gestaltungsplan<br />

<strong>und</strong> andererseits drei Varianten, die an der ETI<br />

von Architekturstudierenden unter der Leitung von<br />

Prof. A. Henz erarbeitet worden waren. Die drei<br />

Varianten wurden von der <strong>Fallstudie</strong>n-Kommission<br />

so ausgewählt, dass sie sich inhaltlich möglichst stark<br />

unterscheiden.<br />

1. Industrienahe Nutzung (Die Illustration des Gestaltungsplanes)<br />

2. WerkStadt<br />

3. Kunsthochschule<br />

4. Grünraum<br />

In der Vorbereitung wurden die Varianten von den<br />

jeweiligen Architekturstudierenden soweit konkretisiert<br />

(z.B. hinsichtlich des Parkplatzbedarfs oder<br />

der verbauten Betonmenge), dass Daten für eine<br />

umweltnaturwissenschaftliche Bewertung zur Verfügung<br />

standen.<br />

_<br />

Die Administration - das fallstudienbiiro<br />

Das <strong>Fallstudie</strong>nbüro ist das Exekutivorgan der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

während der <strong>Fallstudie</strong> (siehe<br />

auch Abb. 1). Das <strong>Fallstudie</strong>nbüro ist KontaktsteIJe<br />

<strong>und</strong> Sekretariat der <strong>Fallstudie</strong>. Es ist die Schnittstelle<br />

zu Behörden, Bürgern vor Ort, Forschungsinstituten,<br />

externen Fachleuten, Unternehmen <strong>und</strong><br />

all den Einrichtungen <strong>und</strong> Personen, von denen<br />

die <strong>Fallstudie</strong> getragen wird. Dem <strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />

obliegt die Geschäftsführung während der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

Zum <strong>Fallstudie</strong>nbüro gehören Herr Prof.<br />

R.W. Scholz, die Oberassistenten Dr. H.A. Mieg<br />

<strong>und</strong> Dr. ]. Stünzi sowie Herr S. Bösch (Büroleitung)<br />

<strong>und</strong> Frau C. Bächtiger.<br />

74<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


--------------------- Organisation<br />

2.<br />

Die Vorbereitungen dauerten etwa ein Jahr <strong>und</strong> wurden<br />

von der <strong>Fallstudie</strong>nkommission im folgenden<br />

Ablauf geleistet:<br />

1994 i\prII d<br />

1994 Mai<br />

1994 juni<br />

~994 juli<br />

Die Vorbereitung<br />

1994 Au~ust d<br />

1994 September<br />

bis Dezember<br />

1995 januar bis<br />

März<br />

1995 Februar<br />

Gr<strong>und</strong>satzpapier (Was ist <strong>und</strong> soll die <strong>Fallstudie</strong>?)<br />

'" ..<br />

Kriterienkatalog für die Themenwahl<br />

."-,, ......<br />

Themenwettbewerb<br />

Themenprüfung<br />

....... . . . . .<br />

Themenwahl<br />

Organisation des Themas «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />

Kooperationen (Prof. Henz, SBV, SIA, Sulzer-Escher<br />

Wyss)<br />

Vertrag mit Sulzer AG über die Durchführung der<br />

<strong>Fallstudie</strong>, Auswahl von drei Gestaltungsvarianten,<br />

erstellt an der Professur Henz<br />

In den Kriterienkatalog flossen die Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Diskussionen vorangegangener <strong>Fallstudie</strong>n ein.<br />

Bedeutung erlangten Kriterien wie z.B. die Kooperation<br />

ausserhalb der ETH sowie das Vorhandensein<br />

einer ausreichenden Datengr<strong>und</strong>lage: Die <strong>Fallstudie</strong><br />

soll Wissen zusammenführen <strong>und</strong> benötigt bereits<br />

vorhandene Daten. Tab. 2.2 gibt eine Übersicht über<br />

den Kriterienkatalog.<br />

Es wurde ein öffentlicher Themenwettbewerb<br />

<strong>durch</strong>geführt. Die eingereichten Themen, etwa 50<br />

an der Zahl (siehe auch Tab. 2.1), wurden anhand der<br />

Kriterien geprüft. Drei Preise wurden vergeben:<br />

l.Preis (Eignung als <strong>Fallstudie</strong>nthema):<br />

Armee: Waffenplätze <strong>und</strong> Ökologie<br />

2.Preis (originellster Vorschlag):<br />

Was macht die Stadt Zürich mit ihren Toten?<br />

3.Preis (schönste Ausarbeitung des Vorschlags):<br />

Ökologie im Spital<br />

ehn Themen wurden ausgiebig geprüft dem studentischen<br />

Plenum vorgestellt. Zwei Themen er-<br />

Verinselung in Natur & Kultur<br />

Halbierung Strassenverkehrsvolumen<br />

+NEAT<br />

<strong>Umwelt</strong>entwicklungshilfe<br />

Abb. 2 29. August 1994. Nach langer, intensiver Schlussdiskussion In der <strong>Fallstudie</strong>n­<br />

Kommission fällt die Entscheidungfür das Thema «Baubranche».<br />

+Abfälle/Stoffflüsse Stadt Zürich<br />

+Landschaftsentwicklungskonzept<br />

für den Kanton ZH<br />

Out in the green<br />

Velo-Branche<br />

++ Armee: Waffenplätze & Ökologie<br />

Kleider/Mode<br />

2·Weg-Kanalisation<br />

Architektur<br />

Andermatt<br />

Kunststoffproduktion<br />

Tourismus<br />

S-Bahn Zürich<br />

Ökologie im Spital<br />

Energiesteuer<br />

+ Mobilität<br />

ETH Hönggerberg<br />

Kleinseen<br />

Empirische Raumnutzungsanalyse<br />

+ Transit Uri<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

+Sempachersee<br />

+Hinterrhein<br />

Rotsee<br />

Ökotourismus Schweiz<br />

Grünflächenbewertung<br />

UVBUWAL<br />

+Sihl- & Wägitalersee<br />

+Grosses Moos (Fortsetzung)<br />

+ Thurkorrektion<br />

Schwimmbäder<br />

Alternative Energien im Haushalt<br />

Flughafen Zürich-Kloten<br />

Was macht die Stadt Zürich mit<br />

ihren Toten?<br />

Ökoiogieunterricht an Primarschulen<br />

+Olympische Spiele im Wallis,<br />

Kandidatur 2002<br />

++ Ökologie der Baubranche<br />

Ökocheck ETH<br />

Breitensport<br />

Tab. 2.1 Themen (stichwo11artig), die beim Themenwettbewerb eingereicht<br />

wurden. Themen, die mit + gekennzeichnet sind, kamen in die nähere Auswahl.<br />

Die Themen «Armee» <strong>und</strong> «Baubranche» (++) wurden nach einer<br />

Abstimmung (im studentischen Plenum) intensivergeprilft.<br />

langten Priorität, nämlich «Armee» <strong>und</strong> «Baubranche».<br />

Zwei Gruppen aus der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

bereiteten die Themen vor, suchten Wege der<br />

Kooperation <strong>und</strong> Finanzierung. Am 29. August fiel<br />

nach hitziger Diskussion die Entscheidung für das<br />

Thema Ökologie der Baubranche.<br />

In die Vorbereitung gehört auch die Knüpfung<br />

von Kooperationsstrukturen. Schon im Herbst 1994<br />

wurde mit dem Schweizerischen Baumeisterverband<br />

(SBV) <strong>und</strong> dem Schweizerischer Ingenieur-<br />

<strong>und</strong> Architektenverein (SIA)<br />

eine Zusammenarbeit vereinbart. Die<br />

Wahl eines Falles fiel weniger leicht.<br />

Mehrere grössere Planungs- <strong>und</strong> Bauvorhaben<br />

in der Schweiz wären aus<br />

Sicht der <strong>Fallstudie</strong> interessant gewesen:<br />

das Bahnareal der SBB in Basel;<br />

das ABB-Areal in Baden; das Zentrum<br />

Zürich Nord <strong>und</strong> das Sulzer-Escher<br />

Wyss (SEW)-Areal. Nach Prüfung von<br />

Fall <strong>und</strong> Thema schien das SEW­<br />

Areal am besten für die <strong>Fallstudie</strong><br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» geeignet. Zudem<br />

hatten dort im Wintersemester<br />

94/95 Architekturstudierende unter<br />

der Leitung von Prof. Alexander<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 75


Organisation<br />

Henz, ETH Zürich, Projektentwürfe erarbeitet.<br />

Aus diesen Entwürfen wurden im Februar 1995 drei<br />

Projekte als Gestaltungsvarianten für die weitere<br />

<strong>Fallstudie</strong>narbeit ausgewählt. Ein Vertrag mit der<br />

Sulzer AG in seiner endgültigen Fassung vom Februar<br />

1995 regelt die Durchführung der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

Im Zentrum steht hierbei die Prüfung der im Gestaltungsplan<br />

vorgesehenen Gestaltungsvariante (Baumassenstudie)<br />

für das SEW-Areal, welche von einer<br />

Architektengemeinschaft projektiert wurde (Fischer<br />

Architekten AG / Irten + Brechbühl AG).<br />

3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong><br />

Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 1995 bestand gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

aus drei Ebenen (vgl. Abb. 3.1):<br />

_<br />

Kriterien<br />

Typ'<br />

TliemellSpezifisch<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> setzt sich mit einem gesellschaftlich relevanten,<br />

konkreten Phänomen bzw. Problem auseinander.<br />

M<br />

Es wird ein «offenes Problem» bearbeitet. Die Fragestellung ist M<br />

klar definiert <strong>und</strong> die Zielsetzung ist gut vermittelbar (Motto).<br />

Syste l11 grenzensind feststellbat: ..<br />

Dem interdisZiplinären Anspruch des Studienganges ist Rech- M<br />

nung zu tragen: Sozial- <strong>und</strong> geisteswissenschaftliche Fragestellungen<br />

<strong>und</strong> system- <strong>und</strong> fachvertiefungsorientierte Arbeiten<br />

werden verb<strong>und</strong>en.<br />

Der Forschungsbezug der <strong>Fallstudie</strong> ermöglicht weiterführende S<br />

Diplonl~rbeiten...<br />

Die Problemstellung ist bisher noch nicht bis zu einem zufriedenstelIenden<br />

Resultat bearbeitet worden, d.h. Wiederholungen<br />

in vorgegebenen Bahnensin..d_.. zu:..ve.r..me:i.d.e..n.... I .<br />

Dank finanzieller Unabhängigkeit sind sonst kaum realisierbare K<br />

Projekte möglich. Auftragsarbeit ist nur wünschbar, falls die<br />

Bearbeitungsfreiheit nicht eingeschränkt ist. Die <strong>Fallstudie</strong> muss<br />

jedoch klar als Lehrveranstaltung deklariert sein.<br />

Tilligkeitsspezifisch<br />

Die Hauptarbeit der <strong>Fallstudie</strong> darf nicht aufs Messen ausgelegt<br />

sein. Messdaten werden nur zur Prüfung, Ergänzung <strong>und</strong> Validierung<br />

erhoben.<br />

Das Thema ist in bearbeitbare Einheiten aufspaltbar. Das Thema,<br />

die Strukturierung <strong>und</strong> die Organisation ermöglichen eine<br />

Synthese <strong>und</strong> eine .. gute Kommunikation zwischen .... den Gruppen.<br />

Die Kommunikation mit beteiligten <strong>und</strong> betroffenen Personen<br />

<strong>und</strong> Institutionen (Bevölkerung, Politiker, etc.) ist gewährleistet.<br />

Weilere wichlige Anmerkungen<br />

Eine konkrete, umsetzungsorientierte Lösung wird auf allen<br />

Bearbeitungs- <strong>und</strong> Synthesestufen angestrebt.<br />

Die verschiedenen Institute sollen weitmöglichst einbezogen<br />

werden.<br />

Alle «externen» Personen (d.h. NichHallstudienkommissionsmitglieder)<br />

sollen so früh wie möglich einbezogen werden.<br />

Tab. 2.2 Kriten'en der Themenwahl (*Kriterientyp: Muss, Sollte, Kann).<br />

M<br />

M<br />

M<br />

Abb. 3.1 Die drei Ebenen der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>.<br />

1.0benan steht der Fall, das Sulzer-Escher Wyss­<br />

Areal. Dies ist der Bezugspunkt für die Datenauswahl<br />

<strong>und</strong> thematische Gliederung der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

2. Die thematische Gliederung bilden die sog. Synthesen.<br />

Jede der fünf Synthese-Projektgruppen<br />

geht mit einer eigenen, umfassenden Fragestellung<br />

an den Fall heran. Die Synthesen zeigen den<br />

Fall sozusagen aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />

Die Projektphase der <strong>Fallstudie</strong> (April bis<br />

Juli) beginnt mit der Erarbeitung der Fragestellungen<br />

in den Synthesegruppen <strong>und</strong> endet mit de<br />

Synthetisierung der fallspezifischen Daten <strong>durch</strong><br />

die Synthesegruppen.<br />

3. Die fallspezifische Auswahl <strong>und</strong> Aufarbeitung der<br />

Daten erfolgt in Teilprojekten. Sie werden - in<br />

einem mittleren Abschnitt der Projektphase - aus<br />

den Synthesegruppen heraus gebildet; ihre<br />

Arbeit wird <strong>durch</strong> die Synthesefragestellungen <strong>und</strong><br />

die Aufträge aus<br />

den Synthesegruppen<br />

bestimmt.<br />

Die 5 Synthesegruppen<br />

definieren die<br />

fallspezifische Fragestellung<br />

des Themas<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»;<br />

in ihrer Arbeit<br />

besteht die eigentliche<br />

Leistung der<br />

76 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________________Organisation<br />

<strong>Fallstudie</strong>. In den Synthesen werden umfassende<br />

Zielfragen <strong>und</strong> Problemstellungen behandelt, die<br />

nur <strong>durch</strong> eine Wissensintegration geeignet bearbeitbar<br />

sind. Wie Abb. 3.2 zeigt, sind die Synthesegruppen<br />

nach drei Bereichen geordnet. Drei Gruppen<br />

beschäftigten sich mit der Frage von Wert- <strong>und</strong><br />

Schadschäpfung <strong>durch</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Drei<br />

Aspekte wurden beleuchtet:<br />

1.die stoffliche <strong>und</strong> technische Seite von Bauäkologie<br />

«


Organisalion<br />

bereichs «Gestaltung» zusammenschlossen <strong>und</strong> die<br />

drei Teilprojekte gemeinsam bearbeiteten.<br />

Ausserhalb der Synthese/Teilprojektstruktur gab<br />

es Querschnittsgruppen <strong>und</strong> Projekte mit übergeordneter<br />

Funktion:<br />

• Die Mediengruppe. Ihr oblag die Medien- <strong>und</strong><br />

Öffentlichkeitsarbeit der <strong>Fallstudie</strong>. Sie gab die<br />

Fallsrudienzeitung «UmBau» heraus.<br />

• Die Gruppe der Variantenverantwortlichen. Für jede<br />

Variante gab es eine Studierende/einen Studierenden<br />

aus der <strong>Fallstudie</strong> mit der Aufgabe, die nötigen<br />

Daten <strong>und</strong> Unterlagen für die drei Varianten bereitzustellen.<br />

Die Gruppe wurde unterstützt von<br />

Architekturstudierenden, die mit den Varianten<br />

vertraut waren.<br />

• Es gab einen sog. Methodenclub, zeitweilig identisch<br />

mit dem Teilprojekt Bilanzierungen (1.10). Diese<br />

Gruppe hatte die Aufgabe, Bilanzierungs- <strong>und</strong><br />

ModelIierungsmethoden (z.B. Ökobilanz, System­<br />

Dynamics, ...) zu prüfen <strong>und</strong> für die Fallstudit<<br />

aufzubereiten.<br />

4. Ablauforgllnisation der<br />

<strong>Fallstudie</strong><br />

Die Projektphase (April his Juli 1995)<br />

Eine bedeutende organisatorische Neuerung der<br />

<strong>Fallstudie</strong> 1995 bestand in der zeitlichen Neu­<br />

Organisation von Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektarbeit.<br />

In der <strong>Fallstudie</strong> 1994 «Perspektive Grosses Moos»<br />

wurden die Studierenden in der sog. «Expertenbildungsphase»<br />

individuell vorbereitet <strong>und</strong> dann in<br />

Teilprojekten zusa.mmengefasst; schliesslich wurden<br />

die Teilprojekte zu Synthesen zusammengefasst.<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> 1994 lief also vom Individuum auf die<br />

Synthese zu (Abb. 4 oben).<br />

In der <strong>Fallstudie</strong> 1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />

begann die Arbeit mit einer 4-wöchigen Synthesephase.<br />

In den Synthesegruppen wurden die the,<br />

matisch relevanten Fragestellungen vorbereitet. Die<br />

Synthesegruppen verteilten ihre Mitglieder auf die<br />

einzelnen Teilprojekte. Die Teilprojektphase dauerte<br />

5 Wochen. Danach folgte die zweite Synthesephase,<br />

in der Ergebnisse aus den Teilprojekten ausgewertet<br />

<strong>und</strong> interpretiert wurden (Abb. 4 unten).<br />

Der Terminkalender der <strong>Fallstudie</strong> «<strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» war dicht gedrängt. Ausser<br />

der Abfolge der Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektphasen<br />

galt es folgende organisatorische<br />

Aufgabe zu bewältigen:<br />

OD Einführung der Studierenden ins System<br />

(das Areal <strong>und</strong> die Probleme der <strong>Umnutzung</strong>).<br />

Hierzu gab es eine Führung <strong>durch</strong><br />

das Areal, das Quartier <strong>und</strong> den Technopark<br />

(als Beispiel einer möglichen <strong>Umnutzung</strong> von<br />

Industriebrachen).<br />

• Einführung der Studierenden ins Thema<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Hierzu gab es verschiedene<br />

Vortragsr<strong>und</strong>en zu praktischen <strong>und</strong> theoretischen<br />

Fragen der <strong>Umnutzung</strong> (u.a. mit Bauverbänden<br />

<strong>und</strong> Behörden).<br />

• Gestufte Präsentation der bis dann erbrachten<br />

Ergebnisse, <strong>und</strong> zwar 1. zwischen den Synthesegruppen<br />

(Syntheseaustauschtag 1.6.), 2. der Teilprojektarbeiten<br />

(Infomarkt 16.6.), 3. abschliessend<br />

fallstudienintern (Schlussveranstaltung an der<br />

ETH am 13.7.) <strong>und</strong> 4. offiziell (öffentliche Präsentation<br />

der Ergebnisse im Technopark am 6.12.95).<br />

_<br />

Abb. 3.4 UmBou- Die Zeitung zur Follstudie <strong>'95</strong> • <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Bouen».<br />

Die Nachbearheitungsphase<br />

Die Phase der Nachbearbeitung ist ein wichtiger Teil<br />

der <strong>Fallstudie</strong>. Hier werden einzelne Produkte der<br />

<strong>Fallstudie</strong> überarbeitet. Insbesondere wird hier der<br />

<strong>Fallstudie</strong>nband von Teams aus Studierenden <strong>und</strong><br />

Tutoren zusammengestellt <strong>und</strong> redigiert. Genauso<br />

78<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-------------------------------- Organisation<br />

Ablauf <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive Grosses Moos»<br />

April Mal Junl Juli<br />

18,,24.125,,1, I 2"8, I 9,·15, 16,,22,123,,29,130,,5, 6,,12,113.·19, 20..26,127,.3, 4,-10, 11,-17,<br />

Ablauf <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> "Industrieareal Sulzer-Escher Wyss: <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />

~ ~ M<br />

8,-14, 15,-21. 5,-11. 12'-~~~<br />

~phasol<br />

Aufgabandellnition<br />

Autteilung auf Tellprojekte<br />

Steilkurse fur zugeteilte<br />

\udierende<br />

Searbalten der Tellprqakte<br />

Tailprojektbearbaitung gemäss<br />

Pflichtenheften<br />

synlhesephaso 2<br />

Ausarbeitung der<br />

Synthesaberichte<br />

b~=~"""C8'T~l«0" I I I I I I I<br />

-l-Lllil I I<br />

"rmM~<br />

Abb. 4 Ablauforganisationen 1994 <strong>und</strong>1995 im Vergleich.<br />

wichtig ist die Verpflichtung, die von der <strong>Fallstudie</strong><br />

mit jeder Kooperation eingegangen wird.<br />

Sie endet keineswegs mit dem Ende der Projektphase.<br />

In der Nachbearbeitungsphase werden<br />

die Resultate der <strong>Fallstudie</strong> umgesetzt.<br />

Eine Form der Umsetzung sind Diplomarbeiten,<br />

die auf der <strong>Fallstudie</strong> aufbauen.<br />

Im Anschluss an die <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive<br />

Grosses Moos» ergaben sich sieben<br />

Diplomarbeiten mit fast ausschliesslich anwenlungsorientierten<br />

Fragestellungen. Zwei Diplomarbeiten<br />

(ausgeführt von Kulturtechnikern<br />

unter Prof. Fritsch, die in der <strong>Fallstudie</strong> mitgearbeitet<br />

hatten) machten die Planung für die<br />

Sanierung des Hauptkanals im Grossen Moos.<br />

Zwei andere, umweltnaturwissenschaftliche<br />

Diplomarbeiten konzipierten die Ausscheidung<br />

von ökologischen Ausgleichsflächen der Strafanstalt<br />

Witzwil im Grossen Moos, die nun umgesetzt<br />

wird.<br />

Zur Nachbearbeitungsphase der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

lässt sich an dieser Stelle noch nichts Endgültiges<br />

berichten. Produkte der Ideenwerkstatt<br />

(Video, Nachhaltigkeits-Zooprospekt) wurden<br />

Ende Oktober 1995 auf der .Messe für <strong>Umwelt</strong>technik<br />

in Basel gezeigt. Am 20. November 1995<br />

erfolgte der Workshop der Raumnutzungsverhandlungen<br />

mit Interessenvertretern aus Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Politik.<br />

19. April 1995<br />

20. April 1995<br />

Vortragsr<strong>und</strong>e «Mögliohkeiten der <strong>Umnutzung</strong> des<br />

SEW-Areals unter Berücksichtigung der Ökologie»<br />

......................................... ,.................... . ..<br />

21. April 1995 Beginn der Synthesegruppenarbeit<br />

26. April 1995<br />

27. April 1995<br />

28. April 1995<br />

4. Mai 1995<br />

11. Mai 1995<br />

17. Mai 1995<br />

19. Mai 1995<br />

L Juni 1995<br />

2. <strong>und</strong> 9. juni 1995<br />

16. Juni 1995<br />

13. Juli 1995<br />

6. Dezember 1995<br />

Begrüssung der StudIerenden<br />

Vorstellung der Tutoren<br />

Areal-Begehung Sulzer'Escher Wyss<br />

Vortragsr<strong>und</strong>e «<strong>Bauen</strong>, Projektierung <strong>und</strong> Ausführung»<br />

(ETH-intern)<br />

wissenschaftliche Vortragsr<strong>und</strong>e mit Vorträgen aus<br />

dem Departement (u.a. zu Altlast~~)<br />

Ethik·Vorlesung<br />

Beginn der Steilkurse «sozialwissenschaftliche Methoden»<br />

<strong>und</strong> «Wirtschaftswissenschaften»<br />

,.Spe~ialkurse für EDV u~d Zeitm~nag~ITIent ..<br />

Vortragsr<strong>und</strong>e «<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> öffentliche Interessen»:<br />

u.a. mit Frau Stadträtin U, Koch<br />

Beginn der Te~projektarbeit<br />

....................... - .<br />

Vortragsr<strong>und</strong>e «Bauhauptgewerbe <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz»:<br />

u.a. SBV, SIA, TFB<br />

Syntheseaustausohtag:Die Synthesegruppen stellen<br />

einander ihrebisherige·Arbeit vor.<br />

Erfahrungstag<br />

Infomarkt Die Teilprojektgruppen stellen einander<br />

ihre Ergebnisse vor.<br />

Schlussveranstaltung an der ETH<br />

Abschluss der FallstudIe als Lehrveranstaltung<br />

öffentliche Präsentation der Ergebnisse im Technopark<br />

Tab. 4 Übersicht zu einigen wichtigen Terminen im Ablaufder <strong>Fallstudie</strong> 1995.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 79


Organisation<br />

_<br />

5. Die didaktische Konzeption<br />

<strong>Fallstudie</strong><br />

Das didaktische Konzept der <strong>Fallstudie</strong> 1995 betrifft<br />

im wesentlichen:<br />

e Funktionsaufteilung/ Kompetenzerweiterung<br />

e Teamarbeit<br />

e Tutorenkonzept<br />

@ Erfahrungstage<br />

e Bewertung<br />

Funktionsauftei/ungI Kompetenzerweiterung: In den<br />

Gruppen wurden die Aufgaben <strong>und</strong> gewisse Kompetenzen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich verschiedenen Studierenden<br />

zugeordnet. Diese Studierenden waren dann<br />

in Person für die jeweilige Funktion bzw. das spezifische<br />

Wissen verantwortlich:<br />

@<br />

@<br />

EDV (mit einer mehrstündigen Einführung)<br />

Zeitmanagement (mit einem zweistündigen Einführungskurs)<br />

e Steilkurs «Wirtschaftswissenschaften» (drei Nachmittage)<br />

.. Steilkurs «sozialwissenschaftliehe Methoden»<br />

(sechs Nachmittage).<br />

In diesem Sinn wurde auch die Verbindung zwischen<br />

Teilprojekten <strong>und</strong> Synthesegruppen geregelt. In<br />

jeder Synthesegruppe gab es i.d.R. eine Person, die<br />

in ein spezifisches relevantes Teilprojekt delegiert<br />

wurde. Für jedes dieser Teilprojekte wurde in der<br />

Synthesegruppe ein Auftrag formuliert. Es war Aufgabe<br />

der Person, die in das Teilprojekt geschickt<br />

wurde, dort den Auftrag vorzutragen <strong>und</strong> - nach<br />

Abschluss der Teilprojektarbeit - das Ergebnis des<br />

Teilprojektes in der Synthesegruppe zu rapportieren.<br />

Teamarbeit: Zeitplan, Vorgehen <strong>und</strong> Arbeitsverteilung<br />

innerhalb der Projektphase wurden von<br />

den Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektgruppen organisiert.<br />

Zur Unterstützung der Teamarbeit mussten je nach<br />

Phase des Gruppenprozesses geeignete strukturierende<br />

Elemente gef<strong>und</strong>en werden. Hierzu gehörten<br />

auch «Feedbacb-Regeln, die den kritischen Austausch<br />

<strong>und</strong> die Kommunikation stützen <strong>und</strong> erleichtern<br />

sollten (vgl. Kasten 5.2).<br />

Nach der Erfahrung in der <strong>Fallstudie</strong> 1994 wurde<br />

für die <strong>Fallstudie</strong> 1995 die Funktion einer Verbindungsperson<br />

zwischen <strong>Fallstudie</strong>nbüro <strong>und</strong> Studierenden<br />

geschaffen. Hierfür konnte Christine Bächtiger<br />

gewonnen werden. Sie war selbst Teilnehmerin<br />

der <strong>Fallstudie</strong> 1994 <strong>und</strong> arbeitete im <strong>Fallstudie</strong>nbüro.<br />

Sie konnte in der <strong>Fallstudie</strong> oftmals vermittelnd<br />

tätig werden.<br />

Tutorenkonzept: Die Tutoren erhielten eine eigene<br />

eintägige Einführung in die didaktische Konzeption<br />

der <strong>Fallstudie</strong>. In der <strong>Fallstudie</strong> 1994 lautete der<br />

Kasten 5.1 Das Fa/lstudien-Computemetz.<br />

Kasten 5.2 Feedback-Regeln.<br />

didaktische Auftrag an die Tutoren, die Gruppen wie<br />

ein «Doktorvater» zu leiten. Dies liess sehr viel Freiheit,<br />

mit dem Nachteil, dass die einzelnen Gruppen<br />

höchst unterschiedlich mit ihren Tutoren zufrieden<br />

waren. Eine Befragung ergab folgendes «Paradox»:<br />

80<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________Organisation<br />

<strong>Fallstudie</strong> haben die diesjährigen Erfahrungstage<br />

aus Sicht der Studierenden aber wenig gebracht. In<br />

kommenden <strong>Fallstudie</strong>n sollte man das Ziel der<br />

Erfahrungstage den Studierenden wie auch den<br />

beteiligten Unternehmen besser vermitteln. Möglicherweise<br />

lassen sich Tips <strong>und</strong> Strategien für eine<br />

aktive Systemerfahrung entwickeln.<br />

Kasten 5.3 Das 2-Phasen-«Schwungrad» -Nodel!für die Tutorenro!!e.<br />

Einerseits lehnen die Studierenden ein intensive<br />

T ,eitung - Modell «Mittelschullehrer» - eindeutig<br />

ab. Andererseits steigt ihre Zufriedenheit mit dem<br />

Tutor eindeutig mit dessen Einsatz <strong>und</strong> Zeitaufwand<br />

für die Gruppe.<br />

Um allzugrosse Unterschiede in der Tutorenleistung<br />

zu verhindern, wurden für die Synthesegruppen<br />

Tutorenteams aus i.d.R. drei Tutoren gebildet.<br />

Für die Teilprojekte wurde ein 2-Phasen-«Schwungrad»-Model!<br />

angewandt: Der Tutor bringt den Gruppenprozess<br />

«in Schwung» <strong>und</strong> zieht sich dann zurück.<br />

Wenn (seiner Einschätzung nach) der Schwung<br />

nachlässt, greift der Tutor wieder ein. Das Modell<br />

erfordert die aktive Mitarbeit des Tutors: er muss<br />

erkennen, wann es Zeit ist, einzugreifen; <strong>und</strong> er<br />

muss hierzu das nötige Geschick zeigen. Es genügt<br />

nicht, zu warten, bis die Gruppe die Arbeit des<br />

Tutors einfordern könnte.<br />

Die Erfahrungstage: Wer ein System nicht bloss von<br />

aussen beurteilen will, braucht neben den Zahlen,<br />

akten <strong>und</strong> Beobachtungen auch Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Erlebnisse. Aus diesen Überlegungen entstand die<br />

Idee der Erfahrungstage, die im Grossen Moos zum<br />

ersten Mal angeboten wurden. Gerade eine einzige<br />

Studentin konnte sich damals zur Mitarbeit auf<br />

einem Bauernhof entschliessen. Die diesjährige <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />

hatte deshalb beschlossen, den<br />

obligatorischen Erfahrungstag einzuführen.<br />

Die Erfahrungstage dienen dem besseren Systemverständnis<br />

<strong>und</strong> dem Perspektivenwechsel. Das<br />

<strong>Fallstudie</strong>nbüro bemühte sich, möglichst viele Unternehmen<br />

mit räumlichem oder thematischem<br />

Systembezug zu finden. Aus den definitiven Angeboten<br />

hatten die Studierenden zu wählen. Die<br />

Studierenden wurden vorher <strong>und</strong> nachher zu den<br />

Erfahrungstagen befragt. Dabei zeigte sich, dass die<br />

Einstellung zum Erfahrungstag eher positiv war <strong>und</strong><br />

sich nach dem Erfahrungstag noch leicht verbesserte.<br />

Für die Systemkenntnisse <strong>und</strong> die Arbeit in der<br />

Bewertung: Eine erfolgreiche Teilnahme an der<br />

<strong>Fallstudie</strong> ist für die Zulassung zum Diplom notwendig.<br />

Um den Erfolg bescheinigt zu bekommen,<br />

mussten die Studierenden ihre spezifischen Funktionen<br />

<strong>und</strong> Aufträge in den Gruppen erfüllen <strong>und</strong><br />

überdies aktiv <strong>durch</strong> Mitarbeit zum Gelingen der<br />

gesamten <strong>Fallstudie</strong> beitragen. Die Tutoren waren<br />

beauftragt, in Problemfällen rechtzeitig das Gespräch<br />

mit den betroffenen Studierenden zu stlchen.<br />

Jeder Studierende kann sich zudem freiwillig die<br />

Teilnahme an der <strong>Fallstudie</strong> mit einem qualifizierenden,<br />

individuellen Arbeitszeugnis bescheinigen<br />

lassen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

81


Organisation ~ _<br />

6. Schlussbemerkung<br />

Die Schlussbemerkung zur Organisation der <strong>Fallstudie</strong><br />

1995 ist im Prinzip dieselbe wie bereits 1994:<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> ist ein Grossprojekt, das seine eigene<br />

Organisationsform entwickelt. Die Organisation beruht<br />

auf der Integration von Wissen <strong>und</strong> Personen<br />

aus Forschung <strong>und</strong> Praxis. Eine Stärke der <strong>Fallstudie</strong><br />

liegt in ihrer Grösse: Mehr als h<strong>und</strong>ert angehende<br />

<strong>Umwelt</strong>naturwissenschafterinnen, <strong>Umwelt</strong>naturwissenschafter<br />

<strong>und</strong> ausgewiesene Fachleute kooperieren,<br />

um Daten zu sichten, Wirkungszusarrimenhänge<br />

zu verstehen <strong>und</strong> vor allem: um Ideen zu entwickeln.<br />

Die Organisationsform der <strong>Fallstudie</strong> ist also keineswegs<br />

fest oder endgültig. Zum einen ist die Mitgestaltung<br />

<strong>durch</strong> die Studierenden ein wesentliches<br />

Element. Mit jeder Generation ergeben sich neue<br />

Anforderungen an die <strong>Fallstudie</strong> als Lehrveranstaltung.<br />

Zum anderen erfordert jedes neue Thema, jede<br />

neue Untersuchungsregion ihre eigene organisatorische<br />

Bewältigung. Das war in den bisherigen <strong>Fallstudie</strong>n<br />

so <strong>und</strong> bewahrheitete sich in der recht eigenen<br />

Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation der <strong>Fallstudie</strong><br />

1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />

Scholz, R.w. & Frischknecht, P. (1994): The natural and social<br />

science interface in environmental problem solving. In P. Stancikova<br />

& I. Dahlberg (Eds.): Environmental knowledge organization<br />

and information management (pp. 156-163). Frankfurt/M: Indeks.<br />

Sc holz, R.W., Koller, T., Mieg, H.A. & Schmidlin, C. (1995). Die<br />

Organisation der <strong>Fallstudie</strong>. In R.W. Scholz, T. Koller, H.A. Mieg<br />

& C. Schmidlin (Hrsg.) Perspektive GrOsses Moos (S. 25-28).<br />

Zürich: vdf.<br />

82<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


---<br />

Inhalt<br />

1. Einleitung 85<br />

2. Das SEW·A.real gestern 85<br />

3. Die Diskussion um die Zukunft<br />

des SEW·A.reals 91<br />

4. Der Gestaltungsplan SEW 92<br />

S. Varianten für die Umsetzung<br />

des Gestaltungsplanes 94<br />

Alltorlnllen<br />

Katharina Zwicker<br />

Andreas Hofer (Tutor)<br />

SOllja Riiegg (C


Der Fall ~ _<br />

84 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________Der Fall<br />

1. 2. Das SEW·Areal gestern<br />

Der traditionsreiche Maschinenbaukonzern Sulzer­<br />

Eseher Wyss restrukturiert seine Tätigkeit. Neue<br />

Formen der Produktionsorganisation <strong>und</strong> neue<br />

Technologien brauchen weniger Platz <strong>und</strong> weniger<br />

Arbeitskräfte. Fast 80% des Areales in Zürich werden<br />

deshalb in den nächsten Jahren nicht mehr für die<br />

Produktion benötigt. Die freiwerdenden Gebäude<br />

<strong>und</strong> Flächen liegen an guterschlossener, zentraler<br />

Lage.<br />

Von dieser Entwicklungen sind die Industriestandorte<br />

weltweit betroffen. Wichtige Beispiele sind die<br />

Autoindustrie in Detroit, die Minen- <strong>und</strong> Werftindustrie<br />

in Nordengland oder das Ruhrgebiet.<br />

Selbst in Ländern, die in den letzten Jahrzehnten<br />

noch von der Auslagerung der Produktion aus den<br />

alten Industriegebieten profitierten, lassen sich ähn~<br />

~he Tendenzen feststellen: Die hastig aufgebauten<br />

Produktionsstandorte sind heute schon wieder im<br />

Schrumpfen begriffen.<br />

Wie die meisten europäischen Städte ist auch<br />

Zürich mit der Industrialisierung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

gross geworden. Die Industrieareale liegen deshalb<br />

heute oft an zentrumsnaher besterschlossener Lage.<br />

Die freiwerdenden Flächen werfen viele Fragen<br />

auf. Was geschieht mit vorhandenen Altlasten? Sind<br />

die Produktionsanlagen als Teil unserer Geschichte<br />

schutzwürdig? Wie sollen die Areale in Zukunft<br />

genutzt werden? Von wem? Sind die planerischen<br />

Instrumente sinnvoll, welche die Mitsprache der<br />

Öffentlichkeit regeln? Gewährleisten sie eine Entwicklung<br />

im Einklang mit übergeordneten stadt~<br />

planerischen Zielen? Oder behindern sie die Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />

unnötig? Wie können ökologische Anliegen<br />

eingebracht werden? In welche Richtung soll<br />

sich die Entwicklung unserer Städte bewegen?<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />

beschäftigt sich mit einem realen, offenen, gesellschaftlich<br />

relevanten Problem, welches sich nicht mit<br />

einem einfachen «ja» oder «nein» lösen lässt. Dies ist<br />

<strong>durch</strong> das Sulzer-Escher Wyss-Areal <strong>und</strong> die mit ihm<br />

verb<strong>und</strong>enen Fragen zweifellos gegeben.<br />

2.1 Entstehung des<br />

Technologiekonzerns Escher Wyss<br />

Die Gründerzeit<br />

Die Firma Sulzer-Escher Wyss, vormals Escher<br />

Wyss AG, kann auf eine fast zweih<strong>und</strong>ertjährige<br />

Geschichte zurückblicken. Gegründet wurde sie<br />

am 10. März 1805 von Caspar Escher. Escher entstammte<br />

einer alteingesessenen Zürcher Familie.<br />

Sein Vater war Seidenfabrikant, zu seinen Vorfahren<br />

zählten darüberhinaus Bürgermeister, Diplomaten<br />

<strong>und</strong> Handelsherren. Mitglieder der Familie Escher<br />

waren massgeblich beteiligt an industriellen Pionierleistungen<br />

wie der Trockenlegung der Linth-Ebene,<br />

an der Gründung der Nordbahn <strong>und</strong> an der Vorläufergesellschaft<br />

der heutigen SKA.<br />

Der junge Escher hatte auf einer Italienreise<br />

seine Vorliebe für Maschinen entdeckt. Er nahm sich<br />

vor, in der Schweiz die Textilproduktion zu industrialisieren.<br />

England war zu jener Zeit das einzige<br />

Land, das diese Entwicklung schon vollzogen hatte.<br />

Um in der Schweiz eine eigene Spinnerei zu gründen,<br />

wäre Escher deshalb auf englische Maschinen<br />

angewiesen gewesen. Diese Maschinen waren aber<br />

wegen der Kontinentalsperre, die England zur Zeit<br />

der Kriege mit Napoleon vom europäischen Festland<br />

isolierte, fast nicht zu beschaffen. Escher begab sich<br />

daher auf Studienreisen riach England (heute würde<br />

man diese Unternehmungen wohl als Industriespionage<br />

bezeichnen), um mehr über die Maschinen<br />

zu erfahren. Im Jahr 1803 gelang es ihm schliesslich,<br />

eine eigene Spinnereimaschine zu konstruieren.<br />

Zwei Jahre später gründete er zusammen mit dem<br />

Bankier Salomon Wyss die Firma Escher Wyss. Die<br />

Spinnerei Escher Wyss befand sich allerdings noch<br />

nicht am heutigen Standort am Escher Wyss-Platz.<br />

Sie lag damals an der Neumühle, einem ehemaligen<br />

Mühlestandort. Wie die meisten damals neu entstehenden<br />

Fabriken nutzte sie die dort zur Verfügung<br />

stehende Wasserkraft.<br />

Abb. 2.1.1 Das Escher Wyss-Quartieram Stampfenbach um 1860, Bild: SEW<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 85


Der Fall<br />

_<br />

Firma immer wichtiger wurde. Ein<br />

Teil der Produktion wurde ins Ausland<br />

verlegt, erste Tochterwerke in Österreich<br />

<strong>und</strong> Deuschland gegründet. Die<br />

Spinnerei dagegen wurde im Jahr 1860<br />

aufgegeben.<br />

Abb. 2.1.2: Arbeit an der «Stäfa» in der Schiffbauhalle, Bild: SEW<br />

Nicht nur wegen der Schwierigkeiten beim Kauf<br />

von Spinnmaschinen, auch wegen der Notwendigkeit,<br />

die Wasserkraft effizienter zu nutzen, gehörte<br />

zur Firma Escher Wyss von anfang an eine<br />

Maschinenbauabteilung. Bald lieferte Escher Wyss<br />

Maschinen <strong>und</strong> Wasserräder auch an andere Firmen,<br />

statt nur für den Eigenbedarf zu produzieren. Die<br />

Maschinenabteilung übertraf die Spinnerei schon<br />

nach kurzer Zeit an Bedeutung für die Firma. Sie<br />

wurde so stark, dass sie auch nach dem Wegfall der<br />

Kontinentalsperre im Jahr 1814 gegen die zusätzliche<br />

Konkurrenz aus England zu bestehen vermochte.<br />

Im Jahr 1837 fertigte die Escher Wyss ihr erstes<br />

Dampfschiff. Zusammen mit der Sättigung der inländischen<br />

Nachfrage nach Maschinen führte dieser<br />

neue Produktionszweig dazu, dass der Export für die<br />

K.rise<br />

Abb. 2.1.3 Maschinen im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert: Das Pumpwerk Letten in Zürich, Bild: SEW<br />

Aufschwung<br />

in<br />

Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde<br />

der Platz an der Neumühle allmählich<br />

zu eng. Durch die Umstellung<br />

auf Kohle <strong>und</strong> Elektrizität als Energieträger<br />

fiel auch der Zwang weg, Fabriken<br />

immer in der Nähe eines Flusses<br />

anzusiedeln.<br />

In den Jahren 1895 bis 1905 baute<br />

die Escher Wyss deshalb eine neue<br />

Fabrik in der Hard. Heute ein Ir<br />

dustriegebiet, war die Hard um die<br />

Wende vom 19. zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

noch teilweise Landwirtschaftsgebiet, teilweise<br />

Sumpfland. Die neue Fabrik stand im wörtlichen<br />

Sinne auf der grünen Wiese. Zu den damals erstellten<br />

Gebäuden gehört unter anderem die Schiffbauhalle,<br />

welche heute im «Inventar der schutzwürdigen<br />

Bauten" eingetragen ist.<br />

Die breite Anwendung der elektrischen Energie<br />

.brachte Escher Wyss einen neuen Produktionsschwerpunkt:<br />

Turbinen.<br />

Zu Beginn der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre<br />

exportierte die Escher Wyss 75% bis 80% ihrer Produktion.<br />

Sie wurde von der schlechten Wirtschaftslage<br />

so getroffen, dass sie 1931 liquidiert <strong>und</strong> eine<br />

neue Gesellschaft gegründet werde<br />

musste: die Escher Wyss Maschinenfabriken.<br />

Aber auch diese Firma<br />

konnte nur dank der Unterstützung<br />

<strong>durch</strong> die Stadt Zürich .überleben:<br />

«Die Stadt Zürich kaufte am 21. November<br />

1935 von der Liquidationsmasse<br />

die Liegenschaft <strong>und</strong> verpachtete<br />

sie der Firma mit Kaufsrecht.<br />

... (Zudem) verpflichteten sich Stadt<br />

<strong>und</strong> Kanton Zürich ... zur Übernahme<br />

einer Verlustgarantie ... für die Dauer<br />

von drei Jahren" (Sitterding 1955, S.9).<br />

Nach der Übernahme der Escher<br />

Wyss <strong>durch</strong> Dr. h.c. J. Schmidheiny<br />

im Jahr 1937 besserte sich die Lage<br />

zusehends. Die Unterstützungsbeiträge<br />

der Stadt konnten zurückbezahlt<br />

werden. « ... Damit stand Escher Wyss<br />

86 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________,<br />

Der Fall<br />

wieder auf eigenem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden. Gleichzeitig<br />

wurde ... die Modernisierung des Maschinenparks<br />

in Angriff genommen. Der neue wirtschaftliche<br />

Aufschwung ermöglichte den Ausbau einzelner Betriebe<br />

<strong>und</strong> Werkstätten <strong>und</strong> der Neubau des Bürogebäudes....<br />

(D)as Forschungs- <strong>und</strong> Versuchswesen<br />

(wurde) grosszügig erweitert. ... Der finanziellen<br />

Konsolidierung des Unternehmens wurde besondere<br />

Aufmerksamkeit geschenkt, denn erst sie gibt ... die<br />

Gewähr, auch in Krisenzeiten bestehen zu können»<br />

(Sitterding 1955, S.9).<br />

Zusammenschluss mit dem Sulzer·Konzern <strong>und</strong><br />

Reorganisation<br />

Nach dem Aufschwung in den 50er Jahren wurde die<br />

Lage für die Escher Wyss AG wieder schwieriger. Im<br />

Jahr 1969 schloss sie sich mit dem Sulzer-Konzern<br />

usammen. Die technische Entwicklung forderte<br />

auch von der neuen Firma Anpassungen. Im Rahmen<br />

einer Reorganisation wurde 1983 aus der Escher<br />

Wyss die Sulzer-Escher Wyss AG.<br />

Im Verlaufe ihrer Geschichte produzierte die<br />

Escher Wyss Wasserräder, Spinnmaschinen, Dampfschiffe,<br />

Papiermaschinen, Pumpen, Wasserturbinen,<br />

Zementmaschinen, Giessereiprodukte, Abschlussorgane,<br />

Druckleitungen, Dampfturbinen, Turbo­<br />

Kompressoren, Zentrifugen, Kristallisationsanlagen<br />

<strong>und</strong> Verdampfer. Heute sind davon übriggeblieben<br />

die Bereiche Hydraulik (in der Sulzer Hydro AG)<br />

<strong>und</strong> thermische Turbomaschinen (in der Sulzer<br />

Turbo AG) sowie die Sulzer-EscherWyss AG, welche<br />

die Immobilien verwaltet. In Zürich arbeiten in<br />

diesen drei Bereichen heute noch ca. 950 Personen.<br />

Zum Vergleich: im Jahr 1963, dem Jahr mit den<br />

meisten Beschäftigten am Standort Zürich, arbeiteten<br />

hier über 2500 Personen..<br />

Die moderne Produktion<br />

Schon in den 70er Jahren begann die Escher Wyss,<br />

auf neue Produktionsmethoden umzustellen. Das<br />

war aus verschiedenen Gründen angezeigt.<br />

Die Nachfrage nach Erzeugnissen der traditionellen<br />

Industrie, insbesondere nach grossen Maschinen,<br />

begann zu sinken. Zudem wurden (<strong>und</strong> werden) solche<br />

Stücke immer öfter direkt am Verwendungsorr<br />

gefertigt. Gleichzeitig wird Flexibilität immer wich-<br />

Abb. 2.1.4 Die neue Maschinenfabrik der Escher Wyss in der Hard. Blick aufdas heutige SEW-Arealvom Escher Wyss-Platz, links oben befindet sich die<br />

Schiffsbauhalle. Bild: SEW<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 87


Der Fall<br />

_<br />

tiger. Wissen muss möglichst schnell<br />

umgesetzt werden können. Das hohe<br />

Lohnniveau der Schweiz verlangt eine<br />

entsprechende Wertschöfpung, welche<br />

nur mit rationellsten Poduktionsweisen<br />

zu erreichen ist.<br />

Die Antwort auf diese Entwicklungen<br />

heisst «moderne Produktion». Der<br />

Technopark Zürich, auf dem Sulzer­<br />

Escher Wyss-Areal gelegen, soll <strong>durch</strong><br />

die räumliche Nähe vieler innovativer<br />

Firmen eine neue Kultur der Zusammenarbeit<br />

ermöglichen. Davon können<br />

alle Beteiligten profitieren, auch die<br />

SEW am Standort Zürich. Entwicklung,<br />

Dienstleistungen <strong>und</strong> Produktion<br />

sollen zusammenwirken. Ziel ist<br />

eine innovative, flexible <strong>und</strong> leistungsfähige<br />

Industrie.<br />

In diesem Sinn bekennt sich die<br />

Leitung des Sulzer-Konzerns zum<br />

Industriestandort Zürich: «Die Sulzer Escher Wyss<br />

hat sich entschieden, weiterhin auf dem Platz Zürich<br />

zu produzieren. Dabei vollzieht sie den Wandel von<br />

klassischer zu moderner Produktion» (F. Fahrni,<br />

Generaldirektor <strong>und</strong> Mitglied der Konzernleitung,<br />

zitiert in der Ausstellung der SEW zum Gestaltungsplan,<br />

1995).<br />

2.2<br />

Das Industriequartier<br />

Lage. <strong>und</strong> Struktur des Industriequartiers<br />

Der als Industriequartier bezeichnete Teil der Stadt<br />

Zürich erstreckt sich vom Hauptbahnhof aus in der<br />

Ebene der Limmat als schmaler Korridor westwärts.<br />

Südlich wird er von den Geleisen der SBB, nördlich<br />

von der Limmat begrenzt. Politisch bildet es den<br />

Kreis 5 der Stadt Zürich.<br />

Während in der Nähe des Bahnhofs das Wohnen<br />

vorherrscht, gewinnt stadtauswärts die Industrie an<br />

Bedeutung (Henz 1995, S.6). Das SEW-Areal selbst<br />

war bis vor kurzem ein reines Industriegebiet.<br />

Das heutige Gesicht <strong>und</strong> die aktuellen Probleme<br />

des Zürcher Industriequartiers lassen sich nur aus<br />

seiner Geschichte verstehen. Die folgenden Abschnitte<br />

versuchen, die wichtigsten Stufen der<br />

Entwicklung der letzten zweih<strong>und</strong>ert Jahre zu beschreiben.<br />

Die EI'I!'steJuulg des Industirie.lJflltllrtiers<br />

Die französische Revolution von 1789 <strong>und</strong> die <strong>durch</strong><br />

sie ausgelösten gesellschaftlichen Veränderungen<br />

erschütterten auch das aristokratische Ständesystem<br />

Abb. 2.1.5 Moderne Produktion direkt neben dem SEW-Areal: der Technopark Zürich, Bild;­<br />

Technopark.<br />

Zürichs. 1848 wurde der schweizerische B<strong>und</strong>esstaat<br />

gegründet. Der Zunftzwang wurde abgeschafft, die<br />

Niederlassungsfreiheit eingeführt, die Stadtmauern<br />

<strong>und</strong> Bollwerke fielen. Die Stadt öffnete sich. Im Jahr<br />

1847 wurde die Eisenbahn Zürich-Baden in Betrieb<br />

genommen. Menschen <strong>und</strong> Güter wurden mobiler.<br />

Die industrielle Produktion in Zürich wuchs infolgedessen<br />

stark. Gleichzeitig entstand auch der Finanzplatz<br />

Zürich. Die bürgerliche Ordnung setzte sich<br />

<strong>durch</strong>.<br />

Diese Entwicklung brachte grosse soziale Probleme<br />

mit sich. Die Verarmung der Landbevölkerung<br />

führte dazu, dass diese ihr Glück in der Stadt oder<br />

in Übersee suchten. Viele hofften, in einem der expandierenden<br />

Industriebetriebe Arbeit zu finden.<br />

Immer mehr Zuwanderer strömten in die entstehenden<br />

Arbeiterquartiere. Die Lebensbedingungen<br />

verschlechterten sich laufend. Die Menschen wohnten<br />

eng zusammengepfercht in düsteren Räumen.<br />

Soziale Probleme, mangelnde Hygiene <strong>und</strong> Spekulation<br />

prägten die Situation. Die Arbeiterschaft begann<br />

sich zu organisieren.<br />

1859 wurde im Kanton Zürich das «Fabrikgesetz»<br />

erlassen, welches die tägliche Arbeitszeit auf 13<br />

St<strong>und</strong>en beschränkte <strong>und</strong> die Kindernachtarbeit verbot<br />

(Craig, 1988). Erste Versuche, die Wohnsituation<br />

für die arbeitende Klasse zu verbessern, wurden von<br />

philanthropisch eingestellten Bürgerlichen unternommen.<br />

So entstanden zum Beispiel 1879 die<br />

Fierz-Wohnhäuser mit Unterstützung der Escher<br />

Wyss. Aber auch die Arbeiter begannen, sich zu organISIeren.<br />

Zwischen 1888 <strong>und</strong> 1899 erlebte Zürich einen<br />

Bauboom. Im heutigen Kreis 5 wuchs die Stadt<br />

limmatabwärts. Im Jahr 1893 wurde das Sihlfeld<br />

88 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________~<br />

Der Fall<br />

eingemeindet <strong>und</strong> damit Teil der Stadt Zürich.<br />

Insgesamt vervielfachte sich die Einwohnerzahl<br />

Zürichs zwischen 1840 <strong>und</strong> 1900 um den Faktor 20<br />

(Bärtschi 1980, S.376).<br />

Trotz des starken Wachstums der Stadt lag die<br />

Fabrik der Escher Wyss in der Hard bei ihrer Einweihung<br />

1905 noch im Grünen. Die Hardstrasse<br />

wurde gleichzeitig mit den Produktionsanlagen, als<br />

Allee für Pferdefuhrwerke, gebaut (Bärtschi 1980,<br />

S. 515[). Die Erschliessung mit einem Tram erfolgte<br />

1898 <strong>durch</strong> eine private Unternehmung (Bärtschi<br />

1980, S. 544f).<br />

Während dieser ganzen Wachstumsphase war die<br />

Entwicklung der Stadt <strong>und</strong> der Industrie eng miteinander<br />

verb<strong>und</strong>en. Ohne den Zustrom von Arbeitern<br />

von ausserhalb der Stadt wäre eine Maschinenfabrik<br />

in Zürich nicht denkbar gewesen. So schuf <strong>und</strong><br />

prägte die Industrie ganze Quartiere.<br />

Um 1900 änderte sich die Lage gr<strong>und</strong>legend. Der<br />

private Wohnungsbaumarkt brach langfristig zusammen,<br />

so dass die Stadt nach dem ersten Weltkrieg<br />

Baugenossenschaften subventionieren <strong>und</strong> den kommunalen<br />

Wohnungsbau fördern musste (Bärtschi<br />

1980, S.557f). Die erste städtische Wohnsiedlung,<br />

«Limmat 1», entstand 1908/09. In den 20er <strong>und</strong> 30er<br />

Jahren wurden in grossem Massstab städtische <strong>und</strong><br />

genossenschaftliche Wohnungen gebaut.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte der Aufschwung<br />

auch der Durchschnittsbevölkerung Wohlstand.<br />

Das Auto war bald allgemein verbreitet. Damit<br />

nahm die individuelle Mobilität stark zu. Teile der<br />

Wohnbevölkerung begannen, in die entstehende<br />

Agglomeration auszuziehen, während die Einwohnerzahl<br />

der Stadt gesamthaft ebenfalls noch stieg.<br />

Aktuelle Entwicklungen<br />

Nach 1963 nahm die Einwohnerzahl der Stadt Zürich<br />

bis in die 80er Jahre ständig ab (Dürrenberger et a1.<br />

1992, S.42[). Die Bevölkerungszusammensetzung<br />

in den Arbeiterquartieren begann sich zu verändern.<br />

«Die alternden Arbeiter blieben in ihren Wohnungen,<br />

frei werdende wurden von anderen Menschen<br />

besetzt. Im Arbeiterquartier lebt die Studentin<br />

neben dem pensionierten Arbeiterehepaar, dem jungen<br />

Bankangestellten <strong>und</strong> der Tänzerin, welche im<br />

nahen Nachtklub auftritt» (Blum et a1., 1993, S. 18).<br />

Dabei lassen sich in den 80er Jahren zwei scheinbar<br />

gegensätzliche Entwicklungen beobachten:<br />

Der erste Trend wird als «Gentrificatioil» bezeichnet.<br />

Das englische Wort «gentry», von dem der<br />

Begriff abgeleitet wurde, meint eine adlige oder<br />

wohlhabende Schicht oder Personengruppe. Als<br />

«gentrification» wird heute die Aufwertung von<br />

Wohnquartieren bezeichnet, in deren Verlauf die<br />

angestammte Bevölkerung von vermögenden Neuzuzügern<br />

verdrängt wird. Von solchen Entwicklungen<br />

sind vor allem innerstädtische Wohngebiete,<br />

wie sie im Kreis 5 möglich <strong>und</strong> teilweise zu finden<br />

sind, betroffen. Diese werden attraktiv für zahlungskräftige<br />

junge Schichten, welche eine zentrale<br />

Wohnlage sehr hoch schätzen. Das führt dazu, dass<br />

viele Wohnungen nach Luxussanierungen für die<br />

angestammte Bevölkerung unerschwinglich werden.<br />

Das Stadtzentrum wird zum Vergnügungs- <strong>und</strong><br />

Einkaufszentrum für die ganze Agglomeration ausgebaut.<br />

«Die traditionell im Kreis 5 wohnende<br />

Bevölkerung droht verdrängt zu werden. Die Wohnungs-<br />

<strong>und</strong> Mietzinsnot wird verschärft <strong>durch</strong> eine<br />

Abb. 2.2.1 Der Kreis 5 mit dem SEW-Areal zwischen den SBB-Geleisen <strong>und</strong> der Limmat, Luftbild: Photoswissair.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 89


Der Fall<br />

_<br />

Abb. 2.2.2 Plakat aufdem SEW-Areal.<br />

junge, gutverdienende Schicht von Angestellten, die<br />

in der Lage sind, die steigenden Mieten zu bezahlen<br />

.... Die Lebensqualität sinkt <strong>durch</strong> den wachsenden<br />

Verkehr, den die BewohnerInnen der Agglomeration,<br />

welche die Stadt nur als Arbeitsort, Einkaufs<strong>und</strong><br />

Vergnügungszentruni gebrauchen, verursachen»<br />

(BluIll et al., 1993, S. 22). Soziale Spannungen <strong>und</strong><br />

Häuserbesetzungen in den 80er Jahren waren die<br />

Folgen. Nach der Räumung des Bahnhofs Letten<br />

verlagerte sich die Zürcher Drogenszene vermehrt<br />

in die Wohngebiete im Kreis 5. Auch das Sexmilieu<br />

begann sich im Quartier auszubreiten. Die Lebensqualität,<br />

insbesondere für F;amilien, sank weiter.<br />

Die zweite Entwicklung betrifft den Ausbau <strong>und</strong><br />

die Zentralisierung der Finanzdienstleisungen in<br />

Zürich. Die moderne Kommunikationstechnologie<br />

macht es möglich, dass jene Bereiche, die nicht in<br />

K<strong>und</strong>ennähe oder an repräsentativer Lage sein<br />

müssen, ausgelagert werden können. Bereiche wie<br />

Administration <strong>und</strong> Abrechnung, sogenannte Backoffices,<br />

werden unter anderem im Kreis 5 angesiedelt.<br />

Die entstehenden Gebäude sind «nicht übermässig<br />

hoch, dafür sehr tief, so dass sie künstlich<br />

belichtet <strong>und</strong> belüftet werden müssen, mit Zäunen<br />

gegen die Umgebung abgegrenzt, mit Videokameras<br />

überwacht, aber trotzdem an den Eingängen städtische<br />

Repräsentation vorspiegelnd, mit Triumphportiken,<br />

<strong>durch</strong> welche niemand eintritt, weil ihre<br />

eigentliche Verbindung zur Welt die Ausfahrt aus<br />

der Tiefgarage ist» (Blum et al., 1993, S. 23). Zudem<br />

wird das Industriequartier von mehreren regional<br />

wichtigen Verkehrsachsen <strong>durch</strong>schnitten. Für den<br />

Individualverkehr am bedeutendsten ist die Hardbrücke,<br />

welche die Autobahnen Richtung Flughafen,<br />

Winterthur, Bern-Basel <strong>und</strong> Chur verbindet. Das<br />

führt zu einer sehr hohen Lärmbelastung<br />

entlang der Hauptverkehrsachsen.<br />

Anfangs 1989 brach der Immobilienmarkt<br />

<strong>und</strong> besonders stark der<br />

Markt für Dienstleistungsflächen in<br />

der Agglomeration Zürich zusammen.<br />

Während immer mehr in den euphorischen<br />

80er Jahren begonnene Grossplanungen<br />

mit ihrem Flächenangebot<br />

auf den Markt drängten, fehlte zusehends<br />

die Nachfrage. Die wirtschaftlichen<br />

Probleme der Schweiz<br />

Anfang der 90er Jahre <strong>und</strong> unerwartete<br />

Rationalisierungsmöglichkeiten<br />

auch im Dienstleistungssektor führten<br />

zu einem Überangebot an Büroflächen.<br />

Nach Angaben des kantonalen<br />

Statistischen Amts standen<br />

Jahr 1995 allein im Kanton Zürich<br />

409'242 m 2 Büro- <strong>und</strong> Praxisräume<br />

leer (Neue Zürcher Zeitung, 1995). Eine erste Folge<br />

dieser Entwicklung war ein Preisverfall auf dem<br />

Immobilienmarkt, dessen Ende noch nicht abzusehen<br />

ist. Diese neue Situation wirft auch Fragen<br />

für die Zukunft des SEW-Areales auf.<br />

Wird die Nachfrage nach Büroflächen wieder anziehen?<br />

Lassen sich angesichts der heutigen Marktlage<br />

in absehbarer Zeit Investoren für das SEW-Arefll<br />

finden? Wie wird dit( Altlastensanierung finanziert,<br />

falls die Bodenpreise weiterhin tief bleiben? Wie<br />

wird angesichts der angespannten wirtschaftlichen<br />

Lage mit ökologischen Anliegen umgegangen?<br />

Braucht es neue Modelle, um die übergeordneten<br />

Interessen der Stadt mit den Ansprüchen der Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />

zusammenzubringen?<br />

90<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------ Der Fall<br />

3.<br />

3.1 Die bestehenden Planungsinstrumente<br />

In den bestehenden Planungs- <strong>und</strong> Baugesetzen<br />

(B<strong>und</strong>esges((tze <strong>und</strong> kantonale Gesetze) gibt es<br />

keine speziellen Vorschriften oder Instrumente zum<br />

Umgang mit freiwerdenden Industrieflächen. In dieser<br />

offenen Situation vollzog sich der Aushandlungsprozess<br />

zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> der SEW über<br />

die Zukunft des betroffenen Areals.<br />

In den Verhandlungen spielten zwei planerische<br />

Möglichkeiten eine Rolle: Gestaltungspläne <strong>und</strong><br />

Sonderbauvorschriften.<br />

",1.1 Gestaltungspläne<br />

Ein Gestaltungsplan ist «eine Art lokales Baugesetz,<br />

das von den Gr<strong>und</strong>eigentümern erarbeitet <strong>und</strong> von<br />

den Behörden bewilligt werden muss.... Der Gestaltungsplan<br />

ersetzt lokal den Zonenplan» (Blum et al.<br />

1993, S.25). Der Gestaltungsplan schreibt Zahl,<br />

Lage, äussere Abmessung, Nutzweise <strong>und</strong> Zweckbestimmung<br />

der Bauten bindend fest. Es muss also<br />

gemäss dem Gestaltungsplan, nicht gemäss dem<br />

Zonenplan gebaut werden. So wird es möglich, von<br />

Regelbauweise <strong>und</strong> kantonalen Mindestabständen<br />

abzuweichen.<br />

3.1,2 Sonderbauvorschriften<br />

Auch Sonderbauvorschriften stellen eine Möglichkeit<br />

dar, von den Vorschriften des Zonenplans<br />

abzuweichen. Dies muss im ganzen betroffenen<br />

Gebiet nach einheitlichen Gr<strong>und</strong>sätzen geschehen.<br />

m Gegensatz zu einem Gestaltungsplan sind Sonderbauvorschriften<br />

nicht bindend: «Entweder wird<br />

im ganzen Gebiet nach diesen Vorschriften gebaut,<br />

oder es finden die Vorschriften der allgemeinen Bau<strong>und</strong><br />

Zonenordnung Anwendung» (UmBau, Unabhängige<br />

Zeitung zur <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>, 2/95, S. 3).<br />

3.2 Die Verhandlungspartner<br />

Der Gestaltungsplan für das Sulzer-Escher Wyss­<br />

Areal wurde zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> den<br />

Gr<strong>und</strong>eigentümern ausgehandelt. Die Verhandlungspartner<br />

konnten so ihre Interessen in den entstehenden<br />

Gestaltungsplan einfliessen lassen. Innerhalb<br />

der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> befasste sich die Gruppe<br />

Raumnutzungsverhandlungen intensiv mit den<br />

Verhandlungspartnern <strong>und</strong> ihren Interessen (vgl. die<br />

Kapitel ZIELBILDUNG <strong>und</strong> RAUMNUTZUNGSVERHAND-<br />

LUNGEN). An dieser Stelle folgt eine knappe Zusammenfassung<br />

der wichtigsten Positionen, die dem<br />

Leser den Fall Sulzer-Escher Wyss-Areal besser<br />

zugänglich machen.<br />

3.2,.1 Die Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />

Für die Gr<strong>und</strong>eigentümer ist der bei einem Verkauf<br />

zu erreichende Preis der entscheidende Faktor. Der<br />

Bodenpreis seinerseits hängt stark davon ab, welche<br />

Nutzungen an einem Ort erlaubt sind. Während<br />

noch vor wenigen Jahren Dienstleistungsgebäude<br />

klar am besten rentierten, ist die Situation heute<br />

viel schwieriger geworden. Trotzdem verlangen die<br />

Eigentümer, dass das Areal für Dienstleistungen<br />

geöffnet werden solle.<br />

Da der Sulzer-Konzern auf dem SEW-Areal weiter<br />

produzieren möchte, liegt es zudem in dessen Interesse,<br />

den Industriestandort Zürich zu erhalten. In<br />

diesem Sinne wird angestrebt, das Areal für moderne<br />

Produktion (vgl. Abschnitt 2.1 in diesem Kapitel)<br />

attraktiv zu gestalten.<br />

3,2.2 Die Stadt<br />

In der Stadt Zürich werden wichtige stadtplanerische<br />

Entscheide bislang in zwei Ämtern bearbeitet.<br />

Das Bauamt I ist für die Ausarbeitung <strong>und</strong> Revision<br />

der Richt- <strong>und</strong> Zonenpläne <strong>und</strong> für die Erarbeitung<br />

von Quartierplänen zuständig. Gleichermassen<br />

plant es den Verkehr.<br />

Das Bauamt II wendet das Baugesetz an, indem es<br />

Bauprojekte bewilligt. Zusätzlich sind Sonderbauvorschriften<br />

<strong>und</strong> Gestaltungspläne beim Bauamt II<br />

angesiedelt. Im Rahmen der letzten Revision der<br />

Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung, welche vom Volk 1992<br />

angenommen wurde, war die Frage nach der Zukunft<br />

der Industrieareale einer der zentralen Streitpunkte.<br />

Die revidierte Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung ist gegenwärtig<br />

<strong>durch</strong> Rekurse blockiert.<br />

Von bürgerlicher Seite wurde eine völlige Öffnung<br />

der Industriezonen für Dienstleistungsnutzungen<br />

gefordert. Die Vorsteherin des Bauamts II, Ursula<br />

Koch, vertrat vehement die Position einer schrittweisen<br />

Liberalisierung mittels Sonderbauvorschriften<br />

bzw. Gestaltungsplänen. Nur so könne eine Mitsprache<br />

der öffentlichen Hand bei den Planungen<br />

gewährleistet werden. Auch sei dies die einzige<br />

Möglichkeit, den Planungsgewinn wenigsten zum<br />

Teil der Öffentlichkeit zugute kommen zu lassen.<br />

Planungsgewinn entsteht, wenn Industrie- in lukrativere<br />

Dienstleistungszonen umgewandelt werden.<br />

In Sonderbauvorschriften <strong>und</strong> Gestaltungsplänen<br />

können Leistungen für die Allgemeinheit vorgeschrieben<br />

werden, welche den Planungsgewinn der<br />

Gr<strong>und</strong>eigentümer kompensieren.<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

91


Der Fall<br />

_<br />

Ein zweites wichtiges Anliegen der Stadt war (<strong>und</strong> 4. Der Gestaltungsplan SEW<br />

ist) es, den Produktionsstandort Zürich zu erhalten.<br />

4.1 Chronologie des Gestaltungsplans<br />

3.3 Ein unerwarteter·Vorschlag:<br />

KraftWerk1<br />

Die Gruppe KraftWerk1 versucht, neue Wege der<br />

Stadt- <strong>und</strong> Gesellschaftsentwicklung zu entwerfen<br />

<strong>und</strong> umzusetzen. Zu diesem Zweck wurde ein Projekt<br />

erarbeitet, das 700 Personen Platz bieten <strong>und</strong><br />

«Wohnen, Arbeiten <strong>und</strong> Landwirtschaft verbinden»<br />

soll (Blum et al. 1993, S. 6). Als ein möglicher Standort<br />

wurde von den Projektverfassern aus eigener<br />

Initiative <strong>und</strong> ohne Absprache mit den Gr<strong>und</strong>eigentümern,<br />

das Escher-Wyss-Gebiet ins Auge<br />

gefasst.<br />

Nach der Analyse von KraftWerk1 stellt «der<br />

momentane Umbruch in den westlichen Industrieländern<br />

die gr<strong>und</strong>sätzliche Frage nach der Organisation<br />

der Gesellschaft, der Verteilung der Arbeit<br />

<strong>und</strong> den Formen des Zusammenlebens» (Blum et al.<br />

1993, S. 26). Deshalb schlägt KraftWerk1 eine alternative<br />

Form des Lebens <strong>und</strong> Wirtschaftens vor;<br />

Durch den sinkenden Platzbedarf der Industrie<br />

werden auf dem SEW-Areal Flächen an einer Lage<br />

frei, die dem Traum der Kraftwerkgründer von einer<br />

neuen Urbanitätentgegenkommt.<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Projekts KraftWerk1 bildet das<br />

«HPL»-Konzept. Dieses Konzept beruht auf der<br />

Idee, dass die drei Bereiche Haushalt, Produktion<br />

<strong>und</strong> Landwirtschaft (daher die Bezeichnung «HPL»)<br />

neu miteinander verb<strong>und</strong>en werden sollen. Angestrebt<br />

wird Selbstversorgung in jenen Bereichen, wo<br />

dies ohne unverhältnismässigen Aufwand möglich<br />

ist. Nach den Vorstellungen der Gruppe KraftWerk1<br />

sollen die Organisation einer solchen Einheit Von<br />

Haushalt, Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft unter<br />

anderem folgende Gr<strong>und</strong>sätze berücksichtigen:<br />

EI<br />

Haushalt: Eine flexible Bausubstanz <strong>und</strong> Infrastruktur<br />

soll verschiedene Wohnformen zulassen.<br />

Durch Gemeinschaftsdienste wie Lebensmitteldepot,<br />

Grossküche mit Restaurant, Wäscherei<br />

u.a.m. soll die Hausarbeitszeit ungefähr halbiert<br />

werden.<br />

"Produktion: Die Produktion, die in einer HPL<br />

stattfindet, soll von den Bedürfnissen <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

der Bewohner bestimmt werden.<br />

" Landwirtschaft: Die Autoren von KraftWerk1 erachten<br />

Landwirtschaft auf dem SEW-Areal als<br />

nicht sinnvoll. Angestrebt werden soll stattdessen<br />

Zusammenarbeit mit Bauern aus der Region.<br />

Im November 1988 begann die Arbeitsgemeinschaft<br />

Fischer Architekten AG/I+B Irten + Brechbühl AG<br />

im Auftrag der SEW mit der Planung. Den ersten<br />

Richtplan erhielt die Stadt im März des folgenden<br />

Jahres zur Vernehmlassung. Es folgte ein zweijähriges<br />

Verfahren, in dessen Verlauf das Baukollegium<br />

zu einer Vernehmlassung eingeladen wurde.<br />

Anschliessend behandelte der Stadtrat den Entwicklungsrichtplan.<br />

Das Entwicklungsleitbild wurde vom Stadtrat im<br />

November 1992 mit Auflagen genehmigt. Die Auflagen<br />

forderten eine Nutzungsbegrenzung, mehr<br />

Grünflächen <strong>und</strong> Denkmalschutz sowie Massnahmen<br />

im Verkehrsbereich. Nach einem Briefwechsel<br />

mit der Stadt wurden ein Jahr später Sonderbau<br />

vorschriften für das SEW-Areal aufgelegt.<br />

Im Sommer 1994 einigte sich die SEW mit der<br />

Stadt, anstelle von Sonderbauvorschriften einen Gestaltungsplan<br />

auszuarbeiten. Sonderbauvorschriften<br />

«erlauben eine höhere Ausnutzung eines Gr<strong>und</strong>stücks,<br />

wenn dafür gewisse öffentliche Leistungen<br />

<strong>durch</strong> die Gru~deigentümer getragen werden»<br />

(Blum et al. 1993, S. 25). Der Zonenplan bleibt dabei<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich in Kraft. Ein Gestaltungsplan dagegen<br />

«ersetzt lokal den Zonenplan» (Blum et al. 1993,<br />

S. 25). Dieser Gestaltungsplan wurde schliesslich im<br />

Frühjahr 1995 vom Gemeiderat gebilligt.<br />

Was schreibt<br />

Gestaltungsplan vor?<br />

Der zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> den Gr<strong>und</strong>eigentümern<br />

ausgehandelte Gesraltungsplan bildet<br />

die wesentliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage für die Nutzunt<br />

des SEW-Areals.<br />

Nutzungsmischullg <strong>und</strong> Ausnutzullgsziffern<br />

Das Areal wird <strong>durch</strong> den Gestaltungsplan in mehrere<br />

Baufelder geteilt (Felder Abis H, vgl. Abb. 4.2).<br />

Die <strong>Fallstudie</strong> befasste sich mit den Flächen B, 0<br />

<strong>und</strong> F bis H. Ausgeschlossen blieben das Stammareal<br />

der SEW (Felder A <strong>und</strong> C) sowie der Technopark<br />

(Feld E).<br />

Der Gestaltungsplan definiert drei verschiedene<br />

Nutzungstypen:<br />

" «Bereich der produzierenden Industrie»,<br />

EI «industrielle <strong>und</strong> industrienahe Nutzungen»<br />

EI sowie «Mischgebiete».<br />

Gebiete mit industrienahen Nutzungen sollen «die<br />

Voraussetzungen für die Einrichtung von interdisziplinären<br />

Nutzungen, die insgesamt auf die<br />

92 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Der Fall<br />

Auf dem SEW-Areal sollen Fussgängerwege <strong>und</strong><br />

oberirdische Veloabstellplätze entstehen. Die Anbin-<br />

Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />

industrieller Güter<br />

<strong>und</strong> auf die industrielle<br />

resp. industrienahe Forschung<br />

ausgerichtet sind»><br />

bieten (Vorschriften zum<br />

Privaten Gestaltungsplan<br />

Escher Wyss-Gebiet, Fassung<br />

von 1993, Art. 3).<br />

Für jedes Baufeld gibt der<br />

Gestaltungsplan die Art der<br />

Nutzung, die Ausnützung,<br />

den minimalen Wohnanteil,<br />

die maximale Gebäudehöhe,<br />

die maximale<br />

,)tiidtebauliches Konzept<br />

Nutzungsart<br />

Ausnützung (m 2 )<br />

. . .......<br />

Wohnanteil<br />

Gebäudehöhe<br />

.Yo.llgeschoss~ ...<br />

.Dachgescho.s~e ..<br />

Untergeschosse<br />

...................<br />

Freiflächenziffer<br />

Anzahl Voll-, Dach- <strong>und</strong> Untergeschosse<br />

Freiflächenziffer vor (siehe Tab. 4.2).<br />

Das Areal, welches früher <strong>durch</strong> Zäune von der<br />

Umgebung abgeschlossen war, soll geöffnet <strong>und</strong> an<br />

die umliegenden Quartiere angeknüpft werden. Drei<br />

grosse öffentliche Freiflächen sollen für zusätzliche<br />

B D F G H<br />

Mischgebiet Mischgebiet industrielle <strong>und</strong> industrielle <strong>und</strong> Mischgebiet<br />

industrienahe industrienahe<br />

nnNutz~~gn Nutzung<br />

....................<br />

33'000 15'000 31'000 38'000 66'000<br />

35% 35%<br />

24m 24m 21m 21m 21/24m<br />

7 7 6 6 617<br />

1 1 1 1 1<br />

1 1 1 1 1<br />

20% 20% 15% 15% 25%<br />

Tab. 4.2 Vorgaben des Gestaltungsplans. Quelle: Escher Wyss-Areal im Wandel, Ausgabe 1993).<br />

<strong>und</strong> die<br />

Attraktivität sorgen. Am Arealrand gilt es, einen<br />

Kompromiss zu finden zwischen den Anliegen des<br />

Lärmschutzes <strong>und</strong> der architektonischen Darstellung<br />

der Öffnung des Areals.<br />

Verkehr<br />

Abb. 4.2 Überblick über das SEW-Areal <strong>und</strong>die angrenzenden Parzellen (SEW) mit der Einteilung in die Baufelder (SEn; 1995).<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 93


Der Fall<br />

dung ans Netz des öffentlichen Verkehrs soll <strong>durch</strong><br />

eine attraktive Busverbindung zum S-Bahnhof Hardbrücke<br />

noch verbessert werden. Für den motorisierten<br />

Individualverkehr sind keine besonderen<br />

Beschränkungen vorgesehen. Die Parkplatzzahl wird<br />

nicht pro Baufeld, sondern für das ganze Areal festgelegt<br />

<strong>und</strong> insgesamt stark eingeschränkt.<br />

Wasser <strong>und</strong> Energie<br />

Da der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel sehr hoch ist <strong>und</strong><br />

wichtige Gr<strong>und</strong>wasserströme unter dem SEW-Areal<br />

<strong>durch</strong>führen, ist nur ein Untergeschoss erlaubt.<br />

Sauberes Regenwasser soll nach Möglichkeit nicht<br />

in die Mischkanalisation geleitet werden.<br />

Für die Versorgung mit Heizwärme <strong>und</strong> Warmwasser<br />

wird Fernwärme von der Kehrichtverbrennungsanlage<br />

Josefstrasse eingesetzt.<br />

Varianten für die<br />

Gestaltungsplanes<br />

Um~~etzunfJ<br />

_<br />

des<br />

Der zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> der Sulzer­<br />

Escher Wyss AG ausgehandelte Gestaltungsplan<br />

steckt den Rahmen fürdie weitere Entwicklung des<br />

Areals ab. Er bestimmt die Anteile der möglichen<br />

Nutzungen <strong>und</strong> deren Verteilung <strong>und</strong> Dichte auf<br />

einzelnen Baufeldern. Ebenso werden die Gr<strong>und</strong>sätze<br />

der Erschliessung festgelegt. Auch Lage <strong>und</strong><br />

Umfang der zentralen Freiflächen werden beschrieben<br />

(siehe Abschnitt 4.2).<br />

Der Spielraum für konkrete Bauprojekte im Rahmen<br />

des Gestaltungsplanes ist noch gross. Überdies<br />

macht der Gestaltungsplan keine Aussagen über<br />

die architektonische Gestaltung der Bauten. Solche<br />

Angaben wurden aber für Bilanzierungen während<br />

der <strong>Fallstudie</strong> gebraucht. Deshalb wurden vor Be<br />

ginn der <strong>Fallstudie</strong> vier Planungsvarianten ausgewählt,<br />

die den Gestaltungsplans möglichst unterschiedlich<br />

umsetzen. Drei Varianten stützen sich auf<br />

Projekte, welche im Wintersemester 94/95 an der<br />

Architekturabteilung unter der Leitung von Professor<br />

Henz von Studierenden entworfen wurden. Die<br />

vierte nimmt ein Vorprojekt zur Gr<strong>und</strong>lage, welches<br />

von der Arbeitsgemeinschaft Fischer Architekten<br />

AG/I+B Itten + Brechbühl AG für die Erarbeitung<br />

des Gestaltungsplanes angefertigt worden war. Auch<br />

die ausgewählten Varianten waren für Bilanzierungen<br />

in mancher Hinsicht nicht detailliert genug. Die<br />

notwendigen Ergänzungen <strong>und</strong> Berechnungen wurden<br />

von Architekturstudenten in Zusammenarbeit<br />

mit Tutoren der <strong>Fallstudie</strong> <strong>durch</strong>geführt. Für diese<br />

Berechnungen mussten zahlreiche Annahmen getroffen<br />

werden, was bei der Interpretation der Resultate<br />

berücksichtigt werden muss.<br />

So lagen zu Beginn der <strong>Fallstudie</strong> die Varianter<br />

Grünruum, Industrit1luhe Nutzung, Kunsthochschule <strong>und</strong><br />

WerkStudt mit beschreibenden Texten, quantitativen<br />

Angaben über Nutzung, Bauvolumen <strong>und</strong> -material,<br />

Plänen <strong>und</strong> Modellen vor. Alle Varianten halten<br />

sich, abgesehen von begründeten Ausnahmen, an die<br />

Bestimmungen des Gestaltungsplanes. Die maximal<br />

zuHlssige Ausnutzung des Gr<strong>und</strong>stückes wird von<br />

den Varianten Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStudt nicht<br />

ganz erreicht.<br />

Die Varianten der Architekturstudenten unterscheiden<br />

sich in einigen Punkten vom Projekt<br />

Industrienuhe Nutzung. Dieses legt das Schwergewicht<br />

aufeine Weiternutzung des Areals für die Produktion<br />

<strong>und</strong> unterstützende Dienstleistungs- <strong>und</strong> Gewerbebetriebe<br />

(vergleichbar mit den Nutzungen wie sie im<br />

Technopark angesiedelt sind). Die Öffnung des<br />

Areales für die angrenzenden Quartiere geschieht<br />

<strong>durch</strong> die Verlängerung der Josefstrasse bis zum<br />

94<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________________________________________Der Fall<br />

Technopark <strong>und</strong> ein öffentliches<br />

Weg- <strong>und</strong> Radnetz<br />

innerhalb des einst als<br />

Ganzes umzäunten <strong>und</strong><br />

abgegrenzten Areals. Die<br />

unter Professor Henz erar-<br />

Nutzungsverieilung Kunsthochschule<br />

andere Nutzungen<br />

30%<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />

beiteten Varianten gehen 5%<br />

einen Schritt weiter. Wie<br />

der Titel der Semesterarbeit:<br />

«Arbeiten - Wohnen<br />

Zusammenleben» auf<br />

dem Escher Wyss-Areal<br />

schon andeutet, wird das<br />

Areal als «Stadterweiterungsgebiet»<br />

verstanden,<br />

in dem sich ein vielfältiges<br />

urbanes Leben entwickeln<br />

soll. Die Verknüpfung mit<br />

ler bestehenden Stadt<br />

(dem Kreis 5) soll nicht nur<br />

räumlich, sondern auch<br />

funktionell möglichst vielschichtig<br />

sein. Die Nutzungsvorstellungen,<br />

wie sie<br />

andere Nutzungen<br />

24%<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />

20%<br />

Büros<br />

15%<br />

Nulzungsverteilung Industrie<br />

Versorgung<br />

10%<br />

im Gestaltungsplan zum Ausdruck kommen, werden<br />

gezielt ergänzt. Als Nutzungsmöglichkeiten wurden<br />

eine Verlagerung von Abteilungen der ETH (zum<br />

Beispiel die Architekturabteilung), Quartierinfrastruktur<br />

<strong>und</strong> kulturelle Räume <strong>und</strong> eine Erhöhung<br />

des Wohnanteils (zum Beispiel nach den Ideen von<br />

KraftWerkl) angeboten.<br />

5.1 Die Variante «Griinraum»<br />

Ihren Namen erhielt die Variante, weil sie eine<br />

«grössere» Freifläche vorschlägt, welche das Areal<br />

nit dem Limmatufer im Norden verbindet. Dieser<br />

Park soll Erholungszone für die umliegenden Quartiere<br />

sein <strong>und</strong> dazu beitragen, die Grünräume in der<br />

Stadt zu vernetzen.<br />

Um die geforderten Nutzungen trotz des grossen<br />

Freiraums noch unterbringen zu können, schlagen<br />

die Autorinnen <strong>und</strong> Autoren vor, die Architekturabteilung<br />

als campusartige Anlage im grossen Freiraum<br />

zu integrieren. Die Variante verstösst in diesem<br />

Punkt gegen den Gestaltungsplan <strong>und</strong> sein Freiraumkonzept,<br />

da die geplante Giessereiwiese teilweise<br />

überbaut wird. In der Variante wird grossen<br />

Wert auf eine flexible Etappierbarkeit <strong>und</strong> ein hohes<br />

Mass an Durchmischung gelegt. Der Planungsprozess<br />

soll offen <strong>und</strong> von Etappe zu Etappe korrigierbar<br />

sein. Ausgangspunkt der jeweiligen Etappen<br />

sollen drei sogenannte «Keimzellen» sein, um die<br />

sich Quartierteile entwickeln können. In den einzelnen<br />

Gebäuden sind, analog zu traditionellen städ-<br />

Wohnanteil<br />

10%<br />

Kultur <strong>und</strong> Bildung<br />

20%<br />

ur <strong>und</strong> Bildung<br />

1%<br />

Büros<br />

35%<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />

15%<br />

Versorgung<br />

5%<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />

10%<br />

Versorgung<br />

10%<br />

Nutzungsverieilung WerkStadt<br />

Büros<br />

20%<br />

Büros<br />

25%<br />

Nutzungsverieilung Grünraum<br />

andere Nutzung<br />

1 0<br />

Abb. 5.1.2 Die Nutzungsveneilung der Varianten «Kunsthochschule., «/ndustrienahe Nutzung», «WerkStadt.<br />

<strong>und</strong> «Griinrallm» bezogen aufdie Bruttogeschossfläche.<br />

tischen Quartieren, im Erdgeschoss kommerzielle<br />

<strong>und</strong> öffentliche Räume <strong>und</strong> in den darüberliegenden<br />

Geschossen Wohnungen vorgesehen. Herz der<br />

Anlage <strong>und</strong> attraktiver Kommunikationsort auch für<br />

andere Quartiere soll die in eine Ladenstrasse umgebaute<br />

Schiffbauhalle werden.<br />

AutorInnen:<br />

Christoph von Ah, Bettina Berwanger, Martina<br />

Haag, Alexandre Zumbrunnen<br />

Assistenz: Gian-Carlo Bosch<br />

5.2 Die Variante «Kunsthochschule»<br />

Durch den Aufbau einer Kunsthochschule <strong>und</strong> die<br />

Ansiedlung eines öffentlichen Museums in der<br />

Schiffbauhalle soll das Areal zu einem attraktiven<br />

Anziehungspunkt für die ganze Stadt werden.<br />

Gleichzeitig sind im Bereich Produktdesign, Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Medien Anknüpfungspunkte für<br />

eine Zusammenarbeit mit produzierenden Firmen<br />

(analog zum Technopark) gegeben. Die Nutzung des<br />

Industriedenkmals Schiffbauhalle als Skulpturenmuseum<br />

(sogenanntes Kaltmuseum) ermöglicht den<br />

Erhalt des Gebäudes ohne massive Eingriffe in seine<br />

Struktur. Über die kulturelle <strong>und</strong> schulische N utzung<br />

hinaus streben auch die Verfasserinnen <strong>und</strong><br />

Verfasser dieser Variante ein lebendiges, <strong>durch</strong>mischtes<br />

Quartier an. Der Wohnanteil soll in einer<br />

Hofrandbebauung in der südlichen Arealhälfte verwirklicht<br />

werden. Die Variante versucht, <strong>durch</strong> die<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 95


Der Fall<br />

_<br />

Au/orInnen:<br />

Martin Fercher, Sandra<br />

Nigsch, Pierre Sulger,<br />

Daniela Walser<br />

Assistenz: Willi Thellar<br />

5.3 Die Variante<br />

«WerkStadt»<br />

Abb. 5.1.1 Modell der Variante .Grünraum».<br />

Abb. 5.2 Modell der Variante .Kunsthochschule».<br />

Stellung <strong>und</strong> den Massstab<br />

der Gebäudekörper<br />

an die Struktur der industriellen<br />

Nutzung anzuknüpfen.<br />

Die Variante skizziert<br />

In einem differenzier<br />

ten Entwicklungsprogramm<br />

eine schrittweise<br />

Öffnung <strong>und</strong> Aneignung<br />

des Sulzer-Escher Wyss­<br />

Areals <strong>durch</strong> neue Nutzungen.<br />

Die bestehende<br />

Bausubstanz wird möglichst<br />

weitgehend mit<br />

einbezogen. Nutzungsschwerpunkte<br />

bilden die<br />

Architekturabteilung,<br />

ein Quartierzentrum mit<br />

Schule bei der Giessereiwiese,<br />

die Schiffbauhalle,<br />

welche als Kulturzentrum<br />

umgenutztwird,<br />

sowie eine Wohnsiedlung.<br />

Die Mischung der<br />

Nutzungen soll vielfälti<br />

ge soziale <strong>und</strong> ökonomische<br />

Synergien ermöglichen.<br />

Die Variante<br />

nimmt für die Organisation<br />

eines Teils des<br />

Areals die Ideen von<br />

KraftWerkl auf. Die sogenannte<br />

WerkStadt AG<br />

leitet einen kooperativen<br />

Planungsprozess ein, der<br />

für neue Wohn- <strong>und</strong><br />

Arbeitsformen offen ist.<br />

Autorlnne1l:<br />

Andreas Beck, Urs Dauwalder,<br />

Fabio Galliciotti,<br />

Alan Wakefield<br />

Assistenz: Patricia Schibli<br />

96<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________Der Fall<br />

5.4<br />

«Industrienahe<br />

Die Variante Industrienahe<br />

Nutzung führt die<br />

Überlegungen, welche<br />

Ende der achtziger Jahre<br />

zum Bau des Technoparks<br />

geführt haben,<br />

weiter. Der Industriestandort<br />

Zürich <strong>und</strong><br />

insbesondere die industrielle<br />

Produktion der<br />

Sulzer-Escher Wyss sollen<br />

gefördert werden,<br />

indem weitere Betriebe<br />

des industriellen <strong>und</strong> des<br />

ldustrienahen Sektors<br />

auf dem Areal angesie-.<br />

delt werden.<br />

Dnter industrienaher<br />

Nutzung werden Dienstleisrungs-,<br />

Forschungs<strong>und</strong><br />

Produktionsaktivitäten<br />

verstanden, welche<br />

sich auf die industrielle<br />

Erzeugung von Gütern<br />

beziehen. Diese Nutzungen<br />

können in ihrer<br />

räumlichen Ausprägung<br />

<strong>und</strong> in ihren energetischen<br />

Auswirkungen<br />

sehr unterschiedlich<br />

sein. Für die Bilanzierungen<br />

war es deshalb<br />

erforderlich, die indutrienahe<br />

Nutzung diffe-<br />

. renzierter auszuweisen.<br />

Erdgeschossige überhohe<br />

Flächen <strong>und</strong> Flächen<br />

mit extremen Raumtiefen<br />

wurden als Industrie-<br />

oder Gewerberäume<br />

angenommen, obergeschossige<br />

normalhohe<br />

Räume mit <strong>durch</strong>schnittlichen<br />

Raumtiefen wurden<br />

als Büro- oder<br />

Laborräume angenommen.<br />

Diese industrienahe<br />

Nutzweise ist für den<br />

grössten Teil der freiwerdenden<br />

Arealbereiche<br />

vorgesehen. Das Spek-<br />

Abb. 5.3 Modell der Variante .WerkStadt».<br />

Abb. 5.4.1 Modell der Variante «Jndustrienahe Nutzung».<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

97


Der Fall<br />

---C.-_<br />

Gl'Ünraum Kunstbocbscbule WerkStadt Industrienabe Nutzung<br />

Wohnanteil 30% 25% 30%<br />

10%<br />

,<br />

Kultur <strong>und</strong> Bildung 15% 20% 10% 1%<br />

Büros 20% 15% 25% 35%<br />

Versorgung 10% 5% 5% 10%<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 10% 5% 15% 20%<br />

andere Nutzungen 15% 30% 15% 24%<br />

100% 100% 100% 100%<br />

Bruttogeschossfläche (m 3 ) 150'000 105'000 140'000 150'000<br />

Unversiegelte Fläche (m 3 ) 33'000 13'000 9000 12'000<br />

1. Etappe Wegsysteme <strong>und</strong> GfÜnzonen Museum (im Anschluss an <strong>Umnutzung</strong>en <strong>und</strong> Lärm- Gewerbe- <strong>und</strong> Dienstkulturelle<br />

Zwischennutzun- riegel entlang Pfingstweid- leistungsbauten im Baufeld G<br />

gen des Areals)<br />

strasse, Altlastensanierung<br />

2. Etappe Entwicklung von Quartier- Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten [rH-Bau <strong>und</strong> Schulhaus Gewerbe-, Dienstteilen<br />

ausgehend von<br />

leistungs- <strong>und</strong> Wohnbauten<br />

Keimzellen<br />

im Baufeld H<br />

3. Etappe Erholungsraum (Giesserei- Verdichtung mit weiteren Bauten in den Baufeldern D<br />

wiese) Wohn-, Gewerbe- <strong>und</strong> Infrastrukturbauten<br />

<strong>und</strong> F<br />

Tab. 5.4.1 Vergleich der Varianten: Nutzlingsverteilling <strong>und</strong>Etappierung.<br />

trum der Betriebe ist breit <strong>und</strong><br />

schliesst auch Dienstleistungen, wIe<br />

Beratung <strong>und</strong> Marketing, ein. Im<br />

Gestaltungsplan wird das Verhältnis<br />

zwischen Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />

einerseits <strong>und</strong> eigentlichen<br />

Dienstleistungsbetrieben andererseits<br />

auf ,2/3 zu 1/3 festgelegt. Betriebe oder<br />

Abteilungen von Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />

sowie Büroabteilungen<br />

der öffentlichen Verwaltung sind hier<br />

explizit nicht zugelassen. In den Randbereichen<br />

gegen die Pfingstweid- <strong>und</strong><br />

die Förrlibuckstrasse werden Mischgebiete<br />

ausgewiesen. In diesen Gebieten<br />

ist ein Mindestwohnanteil von<br />

35% vorgeschrieben. Ebenso sind hier<br />

weitere Dienstleistungs- <strong>und</strong> Gewerbenutzungen<br />

möglich. Die im Gestalrungsplan<br />

vorgesehenen Freiflächen<br />

<strong>und</strong> die räumliche Verknüpfung mit<br />

den umliegenden Quartieren sind<br />

natürlich auch Bestandteile dieser<br />

Variante.<br />

m 2 BFG<br />

160'000<br />

140'000<br />

120'000<br />

100'000<br />

80'000<br />

60'000<br />

40'000<br />

20'000<br />

o<br />

Abb. 5.4.2 Bruttogeschossf/äche der Varianten im Vergleich.<br />

Bruttogeschossfläche (m 2 )<br />

98 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-- Der Fall<br />

Gl'Üllraum Kumthocllschule WerkStadt IlIdllStriellahe Nutzung<br />

Siedlullgs· 3 Keimzellen ermöglichen Der Inselcharakter des Areals Mit dem Areal soll ein intaktes Öffnung des ehemals abge·<br />

struktur Zustandsänderungen auf innerhalb der Stadt Zürich soll urbanes Gebiet entstehen, das schirmten Industrieareals über<br />

dem Areal: über verschiedene Anziehungs- ais Teil eines Ganzen Beziehun- verschiedene Achsen:<br />

l.Turbinenplatz = Zentrums·<br />

punkte aufgehoben werden: gen zur Umgebung aufweist<br />

<strong>und</strong> deren Funktionen unterfunktion<br />

für das Quartier <strong>und</strong> l.Turbinenplatz = städt.<br />

l.Maschinenstrasse als neue<br />

stützt.<br />

Nord-Süd-Achse<br />

als Erweiterung der josef- Anziehungspunkt<br />

strasse Hauptzugang zum<br />

Planung <strong>und</strong> Realität müssen<br />

2.Verlängerung der josefstrasse<br />

2.Eulerplatz = arealinternes<br />

neuen Areal.<br />

interaktiv miteinander verbis<br />

Technopark<br />

Zentrum<br />

2.Eulerplatz<br />

knüpft sein. Die Potentiale, 3.evtl. Verlängerung der<br />

= arealinternes<br />

Zentrum<br />

Das orthogonale Gr<strong>und</strong>raster die der Ort besitzt, müssen Heinrichstrasse<br />

des Areals, Parallelität <strong>und</strong> deshalb bewusst in die Planung<br />

3.GrÜnraum = Verbindung Orthogonalität zur Limmat, einfliessen (zentrale Lage, d.h.<br />

Die grossen Baukörper sind<br />

von Areal (Eulerplatz) mit folgt der bisherigen Anordnung motorisiert <strong>und</strong> nicht motorieinerseits<br />

Abschirmung gegen<br />

Limmatraum, Erholungsraum der (Industrie·) Gebäude. siert gut zugänglich, hohe<br />

Immissionen, andererseits<br />

für Tiere Pflanzen, Arbeiter<br />

Dokumentation der neuen<br />

Volumetrie, Massstäblichkeit<br />

Nutzungsdichte in der Um·<br />

<strong>und</strong> Bewohner.<br />

gebung, Arbeitsplatzkonzen<strong>und</strong><br />

Typologie der Gebäude<br />

Öffnung.<br />

Verbindung von Turbinenplatz <strong>und</strong> Bauten soll an die antration,<br />

Publikumsachsen,<br />

Schnittstelle von Industrie,<br />

mit Eulerplatz über die grenzenden Stadtquartiere<br />

Josefstrasse <strong>und</strong> die Schiffs- angepasst werden.<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Kultur, Identitätsbauhalle<br />

(Ortsidentifikation).<br />

verleihende Bauten, Industrie·<br />

ästhetik).<br />

Wohnhofstruktur zwischen<br />

Relativ dichte, parzellen-<br />

Pfingstweid~ <strong>und</strong> Josefstrasse<br />

ist Ausdruck der Bestrebung,<br />

definierte Strukturen sollen<br />

gegen den Lärm der Pfingstanpeilen.<br />

Einzelne Volumen<br />

das alte Muster der Bauten<br />

weid- <strong>und</strong> Hardstrasse abzuriegeln,<br />

dem etappenweisen<br />

werden nicht nur für sich,<br />

Miteinbeziehen <strong>und</strong> Ersetzen<br />

sondern auch im Zusammenhang<br />

mit umliegenden Bauten<br />

von bestehenden Gebäuden<br />

gerecht zu werden, sowohl ein<br />

<strong>und</strong> Aussenräumen gestaltet.<br />

Schrumpfen als auch ein<br />

Öffnung des Areals gegenüber<br />

Wachsen zu ermöglichen, (d.h.<br />

der Stadt über die Schiffsbau<strong>durch</strong><br />

die gewählte Struktur ist<br />

halle als kulturell genutztem<br />

es möglich, einzelne Teile<br />

Ort.<br />

wenn nötig wegzulassen oder<br />

hinzuzufügen), im Privatheitsgrad<br />

<strong>und</strong> in der Nutzungsstruktur<br />

nuancierte Wohnhöfe<br />

zu bilden.<br />

Nutzullgell Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche<br />

ISO'OOO m 2 , 105'000 m 2 • 140'000 m 2 , .- 150'000 m 2 ,<br />

Wohnanteil 30%, Wohnanteil 25%, Wohnanteil 30%, WohnanteillO%,<br />

Kultur <strong>und</strong> Bildung 1S%, Kultur <strong>und</strong> Bildung 20%, Kultur <strong>und</strong> Bildung 10 %, Kultur <strong>und</strong> Bildung 1%,<br />

Büros 20%, Versorgung 10%, Büros 15%, Versorgung S%, Büros 25%, Versorgung 5%, Büros 35%, Versorgung 10%,<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 10%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 5%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 1S%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 20%.<br />

Mischung <strong>und</strong> Verdichtung von Auf dem monofunktionalen Eine urbane Mischnutzung wird Der Schwerpunkt liegt auf der<br />

unterschiedlichen Nutzungen Industrieareal soll ein gemischt angestrebt, d.h. keine konkur- Erhaltung <strong>und</strong> Ausnützung des<br />

wird angestrebt. In publikums· genutztes, Tag <strong>und</strong> Nacht renzierenden Nutzungen, Industriestandortes. Arbeits·<br />

intensiven Zonen (Turbinen- belebtes Wohn- <strong>und</strong> Arbeits- sondern Synergien müssen plätze sollen gefördert <strong>und</strong><br />

platz, josefstrasse, Schiffsbau- quartier mit einem kulturellen entstehen. Die einzelnen erhalten werden.<br />

halle) <strong>und</strong> Lärmintensiven <strong>und</strong> schulischen Kern ent- Nutzungen sollen sich<br />

Zonen (Hard- <strong>und</strong> Pfingstweid- stehen. unterstützen.<br />

Ein Maximum von Ausnützung<br />

strasse) werden die Nutzungen<br />

<strong>und</strong> Gewinn wird angestrebt.<br />

nicht nur neben· sondern auch<br />

Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen können Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen können,<br />

übereinander angeordnet.<br />

bei Bedarf miteinander ver- müssen aber nicht expliZit<br />

knüpft werden. Die Verteilung miteinander verknüpft sein.<br />

Nur die ETH-Architektur- der Nutzungen richtet sich<br />

abteilung <strong>und</strong> die kulturellen nach den spezifischen Bedürfgrösstenteils<br />

den Bedürfnissen<br />

Das Nutzunsangebot wird<br />

Einrichtungen beim Eulerplatz nissen <strong>und</strong> nach ihrer Lärmder<br />

Benutzer nachkommen,<br />

bilden nutzungsmässige empfindlichkeit. Die Nutzunarealperifer<br />

sind aber aus<br />

Monostrukturen oder Ballun- gen überlagern sich teils in<br />

ökonomischen Gründen die<br />

gen. Diese zwei Konzentra- Schichten vertikal, teils in<br />

tionen werden jedoch <strong>durch</strong> Zonen horizontal.<br />

publikumsabhängigsten<br />

ihre überregionale Bedeutung<br />

Nutzungen (z.B. Restaurants,<br />

Die Schiffsbauhalle wird als Verkauf) vorzusehen.<br />

abgeschWächt.<br />

Tinguely-Skulpturenmuseum<br />

Die Schiffsbauhalle soll<br />

Die Wohnnutzung weist eine umgenutzt. Diese Nutzung ist<br />

minimal beheizt kulturellen<br />

Distanz zu publikumsinten- aus energieökonomischen <strong>und</strong><br />

siven Zonen auf <strong>durch</strong> Bildung kulturellen Grüriden sinnvoll.<br />

Anlässen zur Verfügung<br />

mehr oder weniger abgeschlos- Als Nutzungsergänzung zum<br />

stehen.<br />

sener Höfe <strong>und</strong> die Belegung Museum wird der Bau einer Gemeinschaftsnutzungen<br />

des ersten <strong>und</strong> zweiten Ge- Kunstakademie vorgeschlagen, sind im Sinne von KraftWerkl<br />

schosses mit einer anderen deren Räumlichkeiten auch der vorgesehen.<br />

Nutzung.<br />

Erwachsenenweiterbildung<br />

dienen soll.<br />

Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Übersicht, Teil I.<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 99


Der Fall ~<br />

Griinraum<br />

Kunsthochschule<br />

WerkStadt<br />

Industrienalle Nutzung<br />

Nutzungen<br />

(Fortsetzung)<br />

Möglichst breites Spektrum an<br />

Wohnungsangebot soll verschiedene<br />

Wohnformen für alle<br />

Einkommensschichten<br />

ermöglichen.<br />

Gemeinschaftliche Einrichtungen<br />

an der josefstrasse<br />

(Kindergarten, Quartierkaffe,<br />

kulturelles Gemeinschaftszentrum,<br />

Post, Bank).<br />

Günstiger Wohnraum mit hoher<br />

Wohnqualität sollen ein breites<br />

Publikum ansprechen. Ein<br />

breites Angebot an Wohnfolgeeinrichtungen<br />

(Post, Kinderkrippe,<br />

Lebensmittelladen,<br />

u.a.), betreute Alterswohngemeinschaften<br />

<strong>und</strong> therapeutisch<br />

begleitete Wohngemeinschaften<br />

sollen die Qualität des<br />

Quartiers erhöhen.<br />

Ällssenräume<br />

Differenziert von öffentlich zu<br />

privat abgestufte öffentliche<br />

Aussenräume als Begegnungs<strong>und</strong><br />

Identifikationspunkte,<br />

z.B. Turbinenplatz , Eulerplatz,<br />

Grünraum.<br />

Differenziert von "öffentlich»<br />

zu «privat» abgestufte<br />

Aussenräume:<br />

l.öffentliche Aussenräume<br />

(Herstellen von stadträumlichen<br />

BeZiehungen):<br />

Plätze, Wege<br />

2.kollektive Aussenräume<br />

(Förderung der zwischenmenschlichen<br />

BeZiehungen<br />

<strong>und</strong> Kommunikation):<br />

Wohnaussenräume Erschliessungssystem<br />

der Wohnungen,<br />

Dachgärten.<br />

3.private Aussenräume: Balkon<br />

Differenziert von "öffentlich»<br />

zu «privat» abgestufte<br />

Aussenräume.<br />

Die grosse Aussenraumvielfalt<br />

soll zwischenmenschliche<br />

Beziehungen verstärken.<br />

Namentlich differenzierte<br />

Grünanlagen sind Begegnungs<strong>und</strong><br />

Erholungsorte.<br />

Öffentliche Aussenräume:<br />

Eulerplatz, Turbinenplatz mit<br />

Schiffsbauhalle im Zentrum,<br />

Giessereiwiese als Grün- <strong>und</strong><br />

Erholungsraum.<br />

Verkehr<br />

Gute äussere Erschliessung,<br />

quartierinterne Feinerschliessung.<br />

Die Verkehrsbelastung <strong>durch</strong><br />

den Privatverkehr wird<br />

weitgehend schon an den<br />

Rändern des Areals mit<br />

Parkplätzen un\er der Hardbrücke<br />

für die Offentlichkeit<br />

<strong>und</strong> Parkhäusern <strong>und</strong> Tiefgaragen,<br />

die umgenutzt<br />

werden können, abgefangen.<br />

Zusätzliche Bushaltestelle auf<br />

dem Eulerplatz, Wohnhöfe sind<br />

autofrei, josef-, Maschinen<strong>und</strong><br />

Werkstrasse dienen dem<br />

Zubringerverkehr.<br />

Gute äussere Erschliessung,<br />

quartierinterne Feinerschliessung.<br />

Vermeidung von Durchgangsverkehr<br />

mit baulichen Massnahmen<br />

(Gebäuden) realisiert.<br />

Die Parkierung erfolgt konzentriert<br />

an den Quartierrändern.<br />

Fussgänger- <strong>und</strong> fahrradfre<strong>und</strong>liche<br />

Verbindungen<br />

zwischen Limmatraum <strong>und</strong><br />

josefstrasse.<br />

Der motorisierte Verkehr wird<br />

primär auf die Werk- <strong>und</strong><br />

Maschinenstrasse gelenkt.<br />

Der motorisierte Durchgangsverkehr<br />

beschränkt sich auf<br />

die Buslinie. .<br />

Es sind Tiefgaragen vorgesehen,<br />

die nicht hermetisch<br />

isoliert sind. Die Bewohner<br />

werden über einen Aussen"<br />

raum in die Parkierungsanlage<br />

zugeführt.<br />

Gute äussere Erschliessung<br />

über die Hauptverkehrsachse.<br />

Fussgängerbereiche im Arealinneren.<br />

Der öffentliche<br />

Verkehr ermöglicht eine gute<br />

Erschliessung des Areals <strong>durch</strong><br />

den S-Bahnhof Hardbrücke <strong>und</strong><br />

den Escher-Wyss-Platz. Evtl.<br />

werden später Bushaltestellen<br />

an der Kreuzung Werk-/Maschinenstrasse<br />

für eine bessere<br />

Verbindung zum S-Bhf sorgen.<br />

Parkierung erfolgt im Untergeschoss.<br />

Etappierung<br />

l.Etappe: Wegsysteme +<br />

Grünzonen<br />

2.Etappe: angrenzende Felder<br />

Planung: Demokratisierung der<br />

Entwicklung anstreben<br />

jede Etappe führt auf dem<br />

Areal eine neue Nutzung bzw.<br />

ein neues Nutzungspaket ein.<br />

Voretappe: kulturelle <strong>Umnutzung</strong><br />

(Popularität des Areals<br />

soll gefördert werden)<br />

l.Etappe: Kaltmuseum<br />

(Ortsidentität)<br />

2.Etappe: Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten<br />

3.Etappe: Erholungsraum<br />

(Giessereiwiese)<br />

I.Etappe: <strong>Umnutzung</strong> Schiffsbauhalle,<br />

Sanierung des<br />

(oop-Gebäudes, Altlastensanierung,<br />

Lärmriegel<br />

2.Etappe: ETH-Bau, Schulhaus<br />

3.Etappe: Anbauten (Wohnungen,etc.)<br />

I.Etappe: Gewerbe- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsbauten im<br />

Baufeld G<br />

2.Etappe: Gewerbe- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsbauten inkl.<br />

Wohnungen im Baufeld H<br />

3.Etappe: Gebäude in den<br />

Baufeldern D<strong>und</strong> F<br />

Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Obersicht, Teil2<br />

100 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________--'-<br />

Der Fall<br />

Gl'iinrallm KlllIStllochsdlllle WerkStadt IndllStrienahe Nlltzung<br />

Ökologie Unversiegelte Fläche: Unversiegelte Fläche: Unversiegelte Fläche: 9'000 m 2 Unversiegelte Fläche: 12'000 m 2<br />

33'000 m 2 13'000 m 2 Konzeptioneller Lärmschutz Baumalleen entlang josef- <strong>und</strong><br />

Verbindung Areal mit Ummat- Behebung des bestehenden <strong>durch</strong> lärmriegelartige Bauten Maschinenstrasse <strong>und</strong> Dachufer<br />

über eine Grünzone, Grünflächendefizites über entlang der Pfingstweid- <strong>und</strong> begrünung wirken dem Grün-<br />

Kultivierung einheimischer Baumalleen in josef- <strong>und</strong> Hardturmstrasse. flächendefizit entgegen.<br />

Pflanzen <strong>und</strong> Erhaltung von Maschinenstrasse, Dach-<br />

Ruderalflächen, Aufstellen von begrünung, Minimierung der<br />

Kompensation des Grünraum- Ruderalfläche entlang der<br />

mobilen Grünanlagen, fördern Bodenversiegelung, Vermeimangels<br />

<strong>durch</strong> differenzierte Gleisanlagen im Westen des<br />

einer starken Vernetzung <strong>und</strong> dung von flächendeckender<br />

Grünräume.<br />

SEW-Areals als Verbindung<br />

ökologischer Nischen für Tiere Bebauung <strong>und</strong> Erhaltung der Nutzung bestehender Bauten<br />

zwischen den SBB-Gleisanlagen<br />

<strong>und</strong> Pflanzen. bestehenden Ruderalflächen. <strong>und</strong> brauchbarer Strukturen ist<br />

bzw. den Familiengärten <strong>und</strong><br />

ökologisch wie ökonomisch die<br />

der Ummat.<br />

Bauriegel als Lärmschutz Um der Bodenversiegelung<br />

(Wohnblocks).<br />

entgegenzuwirken wird in<br />

nachhaltigste Methode (keine Abwärme aus der KVA josefschmalen<br />

Volumina in die Höhe<br />

Fehlplanung, weniger Abfall, strasse soll auch in Zukunft<br />

Bodenversiegelung nur auf<br />

gebaut. Statt unterirdischen<br />

Intergation von zukünftigem genutzt werden.<br />

Strassen beschränkt.<br />

Garagen <strong>und</strong> flächendeckenden<br />

Wissen).<br />

Baulicher Wärmeschutz, ratio-<br />

Das Meteorwasser wird nach Parkplätzen werden ober- Neubauten sollen ökologischen nelle Energienutzung <strong>und</strong> eine<br />

Möglichkeit gesammelt <strong>und</strong> irdische Parkhäuser errichtet. Kriterien genügen. Namentlich Wärme-Kraft-Kopplungsanlage,<br />

gebraucht. die Haustechnik soll <strong>durch</strong> sollen einen ökonomischen <strong>und</strong><br />

Energie wird maximal genutzt,<br />

Zentralisierung <strong>und</strong> Konzept- ökologischen Umgang mit der<br />

minimal gebraucht (Standortfinanziellen<br />

Rahmenbedingun-<br />

studien unter den gegebenen Energie gewährleisten.<br />

wahl, Fernwärme). Energievergen<br />

eine optimale Lösung<br />

Lärmschutz wird vor allem<br />

sorgung mittels erneuerbarer<br />

ergeben.<br />

über Baukörper als Lärmriegel<br />

Energie (z.B. solar).<br />

realisiert.<br />

Altsllbstanz Schiffsbauhalle Nur brauchbare Altsubstanz Hartwag, Hauptgebäude Coop, Schiffsbauhalle<br />

soll erhalten bleiben: Hartwag- Kesselhaus, evtl. Laborgebäude,<br />

gebäude, Schiffsbauhalle Hochkamin, Schiffsbauhalle<br />

Altlasten SEW +Stadt +neue Bauherren Private Investoren, SEW SEW verpflichtet Investoren für Sanierungskonzept von SIUM<br />

(Sanierung) verzichtet dafür während die Sanierung aufzukommen. Engineering AG vom Juli 1994<br />

gewisser Zeit auf Zinsen. Die Sie selber ist für die Sanie-<br />

Stadt übernimmt die Sanierung rungsanlage <strong>und</strong> das Entsorder<br />

öffentlichen Plätze. gungskonzept verantwortlich.<br />

Besonderes Schiffsbauhalle = Ladenstrasse Schiffsbauhalle = Tinguely- Schiffsbauhalle = kulturelle<br />

ETH-Arch.-Abteilung auf der<br />

Museum<br />

Nutzung<br />

Giessereiwiese, Campus-<br />

ETH-Arch.-Abteilung in Neu-<br />

Struktur.<br />

bauten.<br />

Bildung der WerkStadt AG =<br />

KraftWerkl +Interessenten,<br />

getragen von SEW, Banken,<br />

Firmen, Stiftungen, u.a. aus<br />

ideellen Gründen.<br />

Aufnahme von KraftWerkl-<br />

Ideen<br />

Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Übersicht, Teil 3.<br />

Literatur<br />

Bärtschi, H.-P. (1980): Industrialisierung, Eisenbahnschlachten<br />

<strong>und</strong> Städtebau. Diss. ETH.<br />

Blum, M. & Hofer A. & P.M. (1993): KraftWerk!. Projekt für das<br />

Sulzer-Escher Wyss Areal. Zürich: Paranoia City.<br />

Craig, G. A. (1988): Geld <strong>und</strong> Geist, Zürich im Zeitalter des Liberalismus,<br />

1830-1869. München: C.H. Beck.<br />

Dürrenberger, G. et al. (1990): Das Dilemma der modernen Stadt.<br />

Springer Verlag.<br />

Henz, A. (Hrsg.) (1995): Arbeiten - Wohnen - Zusammenleben<br />

auf dem Escher Wyss-Areal, Zürich. Dokumentation ausgewähl-<br />

ter Studentenarbeiten Wintersemester 1994/1995. ETH Zürich:<br />

Abteilung für Architektur, Lehrstuhl Professor Alexander Henz.<br />

SEW (1993): Industrie der Zukunft. Escher Wyss-Areal im<br />

Wandel.<br />

Sitterding (1955): 150 Jahre Escher Wyss 1805-1955. Herausgegeben<br />

im Jubiläumsjahr anstelle des Bandes 27/28 der Escher Wyss<br />

Mitteilungen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

101


1-··<br />

I<br />

Inhalt<br />

1. Einleitung<br />

2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden<br />

3. Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />

4. Rückblick auf unsere Arbeit<br />

5. Werkblau «<strong>Bauen</strong> & Ökologie»<br />

105<br />

106<br />

111<br />

125<br />

130<br />

AutorInneIl<br />

Sandro Buss<br />

Ciuistian Gyr<br />

Roland Hiscbier<br />

Jiirg Stiinzi (Tutor)<br />

Olaf Tietje (Tutor)<br />

Cbristina Wachter (Tutorin)<br />

ouo Erb (Korreferent)<br />

AufbauelId aufdeli Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgl'llppe (Synthesegrllppe Al)<br />

Daniel BachmanD<br />

Werner Meier<br />

Anne Desdoull:<br />

Ivo Menzinger<br />

Stepban Fischer<br />

Philippe Peters<br />

Gaby Grab<br />

Michael Pistor<br />

Mjriam Graf<br />

Petra Remmele<br />

Max Gröbly<br />

Nathalie Roth<br />

Cbristian Gyr<br />

Michael Riiegger<br />

Roland Hischier<br />

Martin Schmiel<br />

Jiirg Scbmidli<br />

Christoph Schreyer<br />

Raphael Sermet<br />

Patrick Steinemann<br />

Jiirg StÜllzi (Tutor)<br />

Olaf Tietje (Tutor)<br />

Christina Wachter (Tutorin)


umsetzung<br />

_<br />

104 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Umsetzung<br />

1. Einleitung<br />

Innerhalb der generellen Thematik «Nutzen <strong>und</strong><br />

Schaden einer ökologischen <strong>Umnutzung</strong> des SEW­<br />

Areals» ist unsere Synthesegruppe UMSETZUNG VON<br />

UMWELTZIELEN flankiert von den Gruppen ZIELBIL­<br />

DUNG DER BAUHERRSCHAFT <strong>und</strong> RAHMENBEDINGUNGEN<br />

(vergleiche entsprechende Kapitel dieses Bandes).<br />

Das «Wie» beim Umsetzen von umweltbezogenen<br />

Zielsetzungen steht dabei für unsere Gruppe im<br />

Zentrum der Betrachtungen. In der grossen Vielfalt<br />

von Massnahmen <strong>und</strong> den entsprechenden Anforderungen,<br />

Zielen, Synergien <strong>und</strong> Zielkonflikten<br />

haben wir versucht, den Weg zur Umsetzung zu<br />

untersuchen <strong>und</strong> geeignete Entscheidungsraster zu<br />

skizzieren.<br />

Ausgehend von generellen Aussagen, was für<br />

Möglichkeiten zu weIchem Zeitpunkt einer Planung<br />

')estehen, haben wir uns dem Studienobjekt, dem<br />

SEW-Areal, genähert. Entstanden sind Aussagen<br />

auf drei verschiedenen Ebenen: Auf der innersten<br />

Ebene haben wir mit Hilfe der Ökobilanzierung,<br />

verschiedener Umfragetechntken <strong>und</strong> weiterer spezifischer<br />

Kriterien aus den Teilprojektarbeiten die<br />

vier Varianten der Arealentwicklung bewertet. Auf<br />

der äussersten Ebene wird ein Katalog genereller<br />

Massnahmen zur Umsetzung von umweltbezogenen<br />

Zielen vorgelegt. Auf der dazwischenliegenden<br />

Ebene wurde die «Prüfung» des Massnahmenkataloges<br />

auf das SEW-Areal ansatzweise <strong>durch</strong>geführt.<br />

Die nachfolgenden Abschnitte fassen das Vorgehen<br />

sowie die Resultate unserer Arbeit zusammen. Auf<br />

eine kurze Zusammenfassung des Ablaufes unserer<br />

Arbeiten folgt eine Beschreibung der verwendeten<br />

Methoden. Die oben erwähnten drei Ebenen werden<br />

auch für den Abschnitt 5 «Folgerungen» beibehalten.<br />

Als konkretes, an ArchitektInnen, Bauherren<br />

oder PlanerInnen adressiertes Produkt ist das Werkblatt<br />

im Abschnitt 5 aufzufassen. Es stellt unsere<br />

Perspektive als Orientierungshilfe dar <strong>und</strong> umfasst<br />

verschiedene Checklisten <strong>und</strong> Nachschlagetabellen,<br />

in der Hoffnung, dass sich daraus ein praxistaugliches<br />

Werkzeug entwickeln lässt.<br />

Wir sind uns unserer Perspektiven-Bindung <strong>durch</strong>aus<br />

bewusst - eine Stellungnahme dazu ist im<br />

Kasten 1 wiedergegeben.<br />

Kasten 1 Eine umweftnaturwissenschaJtliche Sicht.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

105


umsetzung<br />

_<br />

2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden<br />

2.1 Vorgehen <strong>und</strong> Gruppenprozess<br />

2.1.1 Vorbemerkungen<br />

<strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele lassen sich <strong>durch</strong> spezifische<br />

Auslegungen bei Neu- aber auch bei Umbauten<br />

erreichen. Dabei versteht man unter Auslegungen<br />

das Miteinbeziehen aller planerischen Entscheidungen<br />

im Hinblick auf umweltbezogene Konzepte <strong>und</strong><br />

Massnahmen. Im Vordergr<strong>und</strong> standen die folgenden<br />

Problemkreise:<br />

• Welches sind die optimalen Auslegungen für das<br />

SEW-Areal resp. welche der von uns betrachteten<br />

Varianten kommt diesen am nächsten?<br />

• Was für Möglichkeiten (Auslegungen) sind von<br />

allgemeiner Relevanz - kann man diese Relevanz<br />

messen oder bewerten?<br />

Allen unseren erarbeiteten Syntheseprodukten ist<br />

gemeinsam, dass sie aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />

Sicht abgefasst ,sind, wobei ökonomische<br />

<strong>und</strong> soziale Rahmenbedingungen aber auch die<br />

Zukunftsentwicklung (Stichwort Nachhaltigkeit)<br />

mitbedacht wurden. Die folgenden Abschnitte<br />

beschreiben das Vorgehen in unserer Gruppe in den<br />

verschiedenen Phasen der <strong>Fallstudie</strong>.<br />

wiedergegebenen Aufstellung von 42 <strong>Umwelt</strong>zielen<br />

zusammengefasst.<br />

Zur Gewichtung dieser Ziele wurde ein Kriterienraster<br />

geschaffen. Durch Abstimmung unter den<br />

Gruppenmitgliedern wurde eine Rangfolge der<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele erhalten.<br />

Für die weitere Arbeit setzten wir uns die folgenden<br />

Ziele:<br />

• Bewertung der vier Varianten (vgl. Kapitel DER<br />

FALL) bezüglich aller umweltrelevanten Gesichtspunkte<br />

• Verallgemeinerung der Bewertungskriterien (zusammengefasst<br />

im Werkblatt, Abschnitt 5)<br />

.. Erstellung eines zusammenfassenden Berichts (bezogen<br />

auf das SEW-Areal)<br />

2.1.3 Teil,rojektphase<br />

Ausgehend von den 42 <strong>Umwelt</strong>zielen wurden die<br />

Aufträge an die einzelnen Teilprojekt-Gruppenmitglieder<br />

formuliert. Im Zentrum stand die Erarbeitung<br />

von Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Daten für eine<br />

Beurteilung der vier Varianten. Für die Teilprojektbereiche<br />

3 <strong>und</strong> 4 wurden die Aufgaben in einen mehr<br />

allgemeinen Rahmen gestellt, da die Verbindung mit<br />

dem SEW~Arealweniger eng herzustellen war.<br />

2.1.2 Synthesephase 1<br />

Im ersten Teil der Arbeit arbeiteten<br />

wir auf zwei verschiedenen Ebenen.<br />

Auf der einen Seite haben wir uns<br />

<strong>durch</strong> Fachvorträge <strong>und</strong> Besichtigungen<br />

(siehe auch Kasten 2,1.2)<br />

mit dem System <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> den<br />

damit verb<strong>und</strong>enen Problemkreisen<br />

vertraut gemacht. Andererseits wurde<br />

eine gemeinsame Fragestellung<br />

formuliert <strong>und</strong> daraus die Aufträge<br />

für die Teilprojekte entwickelt.<br />

Die Fragestellung für unsere<br />

Gruppe erarbeiteten wir mit Hilfe<br />

von Brainstorming, Mind-Maps, umfangreichen<br />

Literaturstudien <strong>und</strong><br />

Diskussionen. Dabei zeigte sich<br />

rasch, dass wir für die weitere Arbeit<br />

eine Liste mit den <strong>Umwelt</strong>zielen<br />

benötigten.<br />

Ausgangspunkt für diese Zielliste<br />

bildete dabei der Begriff der Nachhaltigkeit,<br />

welcher in ökologische,<br />

soziale <strong>und</strong> ökonomische Aspekte<br />

unterteilt wurde. Die in den Arbeitsgruppen<br />

entstandenen Aufzählungen<br />

wurden zu der in Tab. 2.1.2<br />

Kasten 2.1.2 Vortrags- <strong>und</strong> Besichtigungsprogramm der Synthesegruppe UMSETZUNG.<br />

106 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


--------------------------------- Umsetzung<br />

Am Ende dieser Phase waren diejenigen Daten<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen gefragt, welche zur Weiterbearbeitung<br />

der verschiedenen Ebenen unserer Synthese­<br />

Fragestellung dienten.<br />

2.1.4 Synrhesephase 2<br />

Beim Zusammentragen der Resultate aus der Teilprojektphase<br />

konnten drei verschiedene Kategorien<br />

von Gruppen unterschieden werden:<br />

• Jene, welche die vier Varianten miteinander verglichen<br />

hatten,<br />

• jene, welche sich zwar auf das Areal der SEW bezogen<br />

hatten, aber die Varianten ausklammerten,<br />

• jene, die unabhängig vom Areal gearbeitet hatten.<br />

Nun stellte sich die Frage, WIE diese verschiedenen<br />

Arten von Erkenntnissen in ein Gesamtresultat<br />

einfliessen sollten. Dabei stand das Design der<br />

erschiedenen Produkte schon fest (vgl. Abschnitt<br />

2.1.2). Die Organisation des Zusammenführens der<br />

Resultate orientierte sich an dem in Abschnitt 2.2<br />

beschriebenen «Bahnhof,,-Modell.<br />

Eine wichtige Voraussetzung für die weitere Bearbeitung<br />

war die Klärung der Begrifflichkeiten.<br />

Dazu wurde in einer längeren Diskussion anhand<br />

eines Exkurses (Kasten 2.3) das sogenannte ZKAM­<br />

Modell geschaffen (Ziele, Kriterien, Anforderungen,<br />

Massnahmen, Abb. 2.3.1). Die Anwendung des<br />

Modells auf die in Tab. 2.1.2 vorgelegten <strong>Umwelt</strong>ziele<br />

zog eine gründliche Überarbeitung der gesamten<br />

Liste nach sich. Dies führte zur bereinigten<br />

Arbeitsschutz bei Materialherstellung<br />

Recycling der Baustoffe<br />

............................................................<br />

Architektur <strong>und</strong> Ästhetik<br />

Reduktion der Baukosten<br />

Ausnutzung von Synergien (Sharing)..<br />

Reduktion der Luftschadstoffe<br />

Berücksichtigung ges<strong>und</strong>heitlicher Aspekte ..<br />

Reduktion des C0 2 ,Ausstosses (Treibhauseffekt)<br />

Erhaltung der Arbeitsplätze<br />

...........................................<br />

Renaturierung<br />

Erhaltung der Standortattraktivität . Sanierung d,er Altlasten ..<br />

Erhöhung der Lebensdauer..Scl1affungvon. Begegnungszentren (kreative Räume) ...<br />

Förderu~g des Ökologischen Bewusstseins.. . Schaffung von Lebensrau llJ für Pflanzenynd .Tiere .<br />

Funktionalität . Schonung derangrenzenden Cluartierewährend Bauzeit<br />

ZKAM-Liste, welche im Abschnitt 3 erläutert <strong>und</strong> im<br />

Abschnitt 5 vollumfänglich wiedergegeben ist.<br />

Zu Beginn der abschliessenden Synthesephase<br />

zeigte sich, dass die Resultate des Teilprojektes 1.10<br />

«Bilanzierungen», aufbauend auf den Ergebnissen<br />

aus verschiedenen anderen Gruppen, noch nicht verfügbar<br />

waren. Deshalb wurde für den Themenkreis<br />

Ökobilanz ein eigenes Kapitel geschaffen (siehe<br />

Kapitel ÖKOBILANZ). Im vorliegenden Berichtsteil<br />

wurden die für die Bewertung der Varianten relevanten<br />

methodischen Aspekte (Abschnitt 2.4) sowie<br />

ausgewähle Resultate der Ökobilanz (Abschnitt 3.3)<br />

integriert.<br />

2.2<br />

HoheLebensqualität .. . Schonung nicht~erneuerbarer Ressourcen<br />

Hohe Wohnqualität<br />

Sinnvolle Raumplanung (Ortsbild)<br />

Integration Wohnen? Ä;beii~~,F;ei~~it,I


umsetzung<br />

_<br />

Tellprojekte<br />

;:~ ~~~::~~~m~·sa~ii§~~~::.:~~~~I~~~i::ll!i:tillI:i<br />

1.4 Energlebll~~zen_." __<br />

1.10 Bilanzierung<br />

1.5 AbfälleIRecycling<br />

1.6 Aushub/Altiasten=c:i:Qltz=~<br />

1.7<br />

1.8 Ökosystem<br />

Eingriffe Bo~d~n~NJ~a~s~Se~r~/L~U~ft;~~~l"~<br />

Areal<br />

2.1 Architektur<br />

2.2 Raumplanung<br />

4.1 Promotion<br />

4.2 Makroökonomie<br />

1.3 Bauchemie~<br />

~:; ~~e~~:~on~;;;~~=~~~;'~.;~:~:?~~I':t:i:lXii:r1<br />

3.2 Werte <strong>und</strong> Wissen ~<br />

Kriterien<br />

Wirkungsbilanz<br />

SIMA 11<br />

Abb. 2.2 Das «Bahnhof»-Modellfür die Integration des Wissens aus den Teilprojekten.<br />

SIMAlI: EDV-Programm zur Ökolbilanzierung; AHP: EDV-unterstützte Befragungstechnik.<br />

Integrationsstufe<br />

Energieszenarien<br />

AHP<br />

Variantenvergleich<br />

Gesta~ung<br />

im<br />

Vergleich<br />

Arealbeurteilung<br />

liiiilijjiillliiU<br />

Syntheseergebnis,<br />

Anwendung<br />

Variantenbezogene<br />

Resultate<br />

Arealbezogene<br />

Resultate<br />

Allgemeine<br />

Resultate<br />

rien, Anforderungen, Massnahmen sowie Rahmenbedingungen<br />

- in einen logischen Zusammenhang.<br />

Die Abb. 2.3.1 zeigt diese Verknüpfungen untereinander.<br />

In allen Wissensgebieten steht <strong>und</strong> fällt die Effektivität<br />

der Anwendung des Wissens mit der Klarheit<br />

der verwendeten Begriffe. Zum Verständnis der<br />

Abb. 2.3.1 wird im Kasten 2.3 ein Beispiel erläutert.<br />

Um ein Ziel zu erreichen wird in den allermeisten<br />

Fällen eine Anstrengung benötigt - ohne dass man<br />

etwas tut, erreicht man nichts. Dieses «tun" wird in<br />

unserem Fall <strong>durch</strong> eine Massnahme ausgedrückt.<br />

Allerdings werden zum «messen", ob wir einem Ziel<br />

näherkommen, Kriterien benötigt. Wenn wir für ein<br />

Kriterium das Bild einer Skala verwenden, stellen<br />

die Anforderungen (nicht zu unterschreitende) Fixpunkte<br />

dar.<br />

Abb. 2.3.1 Das ZKAM-Modell: Begriffe <strong>und</strong> ihre Verknüpfungen.<br />

Kasten 2.3 Von Velos <strong>und</strong> Begriffen.<br />

108<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Umsetzung<br />

2.4 Die Variantenbewertung<br />

Die vorliegenden Gestaltungsvarianten für das<br />

SEW-Areal sollen umfassend - d.h. in Hinsicht auf<br />

die ökologische, die ökonomische <strong>und</strong> die soziale<br />

Dimension - bewertet werden.<br />

Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, ob<br />

<strong>und</strong> wie ökologische Kriterien mit nicht-ökologischen<br />

Kriterien in einer Vol/aggregation miteinander<br />

verknüpft werden können, um zu einer umfassenden<br />

Variantenbewertung mit einer einzigen Grösse<br />

zu gelangen. Diese Frage ist nach wie vor auch ausserhalb<br />

der <strong>Fallstudie</strong> ein aktuelles <strong>und</strong> strittiges<br />

Problem. Es konnte nicht erwartet werden, dass<br />

dies im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> zu lösen war. In der<br />

Tat bereitete es uns Schwierigkeiten, ökologische<br />

Kriterien wie beispielsweise das Potential zur Ozonschichtzerstörung<br />

gegen Kriterien wie Identifikation mit<br />

'em Quartier abzuwägen. Deshalb wurden getrennte<br />

Bewertungen für ökologische <strong>und</strong> nicht-ökologische<br />

Kriterien erarbeitet. Wir sind uns bewusst, dass eine<br />

Trennung nach dem Schema «ökologisch/nichtökologisch»<br />

nicht unbedingt plausibler als eine<br />

Trennung nach dem Schema «unmittelbare/langfristige<br />

Auswirkungen» oder «ökonomisch/nichtökonomisch»<br />

ist. Um eine möglichst weitgehende<br />

Aggregation der Bewertung zu versuchen, wurde<br />

trotz gewisser Bedenken eine Aufteilung in nur zwei<br />

Gruppen (


umsetzung ------------- _<br />

.. Ökologische Vernetzung: Grad der Vernetzung der<br />

Lebensräume eines Areals (im Areal selbst <strong>und</strong> mit<br />

der Umgebung, vor allem Durchgängigkeit <strong>und</strong><br />

Erreichbarkeit für Tiere).<br />

Soziale <strong>und</strong> ökcmomische Kriterien<br />

Eine umfassende Bewertung erfordert jedoch nicht<br />

nur ökologische Kriterien, sondern auch soziale (wie<br />

etwa die Identifikation der Wohnbevölkerung mit<br />

ihrem Quartier) <strong>und</strong> ökonomische Kriterien (z.B.<br />

eine Abschätzung der möglichen Rendite). Dabei<br />

ist anzumerken, dass nicht alle Ergebnisse der angesprochenen<br />

Teilprojekte (insbesondere Projektbereiche<br />

2 <strong>und</strong> 4) berücksichtigt werden konnten. Zum<br />

einen weil sie eher qualitativen Charakter haben<br />

<strong>und</strong> somit nicht auf einer eindimensionalen Skala<br />

(positiv-negativ) abgebildet werden können. Zum<br />

anderen wurde Vollständigkeit nicht in dem Sinne<br />

angestrebt, dass einfach alles berücksichtigt werden<br />

sollte, sondern in dem Sinne, dass für die verschiedenen<br />

Perspektiven repräsentative Bewertungskriterien<br />

gesucht wurden.<br />

Von den Ergebnissen der Teilprojektgruppen der<br />

Projektbereiche 2 <strong>und</strong> 4 konnten die folgenden<br />

Kriterien in die Bewertung aufgenommen werden:<br />

'" Nutzungsflexibilität: Möglichkeit, Gebäudeteile<br />

<strong>und</strong> Innenräume anders als eigentlich vorgesehen<br />

zu nutzen<br />

'" Nutzungsmischung: Heterogenität der Mischung,<br />

Vorhandensein von Wohnraum, Versorgungseinrichtungen,<br />

Arbeitsplätzen, Hobby-, Kultur- <strong>und</strong><br />

Freizeitangebot, Gemeinschaftsräume, Verhältnis<br />

Tag/Nachtbevölkerung<br />

.. <strong>Umnutzung</strong>/Zwischennutzung: Verwendung bestehender<br />

Gebäude für neue Zwecke<br />

'" Gebäudeteiligkeit: Mass für die Gebäudegrösse<br />

(m 3 Innenraum pro m 2 Fassadenfläche)<br />

'" Standortaufwertung: Bevölkerungsstabilität; Entwicklung<br />

des Kreises 5 zu einem Stadtteil hin <strong>und</strong><br />

nicht in Richtung Güterumschlagsplatz zur Versorgung<br />

der Stadt<br />

'" Identifikation mit dem Quartier: soziale Aktivitäten,<br />

Anteil der pro Jahr umziehenden Bevölkerung<br />

'" Integration in den Kreis 5: Architektonische, planerische<br />

<strong>und</strong> soziale Einbindung des SEW-Areals<br />

in Wohn- als auch Industriegebiete des Kreises 5<br />

• Zugänglichkeit für verschiedene Gruppen: Durchmischung<br />

.der Bevölkerung, Kinderfre<strong>und</strong>lichkeit,<br />

verschiedene Mietpreisniveaus<br />

'" Verkehr/Erschliessung: Menge des privaten<br />

<strong>und</strong> öffentlichen Verkehrs im <strong>und</strong><br />

zum Areal, Anzahl Pendler, Rad- <strong>und</strong><br />

Fusswege im Areal, Einbindung des<br />

Areals in das städtische Fuss- <strong>und</strong> Rad-<br />

wegnetz, Art <strong>und</strong> Grösse der Fläche, die zum<br />

Abstellen von Individualverkehrsmitteln benötigt<br />

wird<br />

• Investitionsvolumen: In einen Quadratmeter Bruttogeschossfläche<br />

investierter Betrag (in sFr./m 2<br />

Bruttogeschossfläche)<br />

.. Nettorendite: Der Nettoertrag (Ertrag minus<br />

Unterhalt, Rückstellungen, Hypothekarzins, Verwaltungskosten)<br />

dividiert <strong>durch</strong> die totalen Investitionen<br />

(Anlagekosten)<br />

2.4.3 frhebllngsmerhoden<br />

Die Erhebung der individuellen Präferenzen für die<br />

Kriterien wurde mit zwei Methoden <strong>durch</strong>geführt:<br />

zum einen wurde die Gewichtung mit einem Fragebogen<br />

direkt ermittelt zum anderen wurde der paarweise<br />

Vergleich aller Kriterien miteinander in einer<br />

AHP-Matrix abgefragt. Dieses Vorgehen ermöglicht~<br />

es, den Einfluss der Methode auf das Ergebnis der<br />

Gewichtung abzuschätzen, <strong>und</strong> die Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

der Methoden zu identifizieren.<br />

fragebogen<br />

Bei dieser Methode werden die aufgelisteten Kriterien<br />

einzeln <strong>und</strong> unabhängig voneinander auf einer<br />

Skala von 1 bis 10 hinsichtlich ihrer Wichtigkeit<br />

bewertet, wobei ein Eintrag von «10» bedeutet, dass<br />

das entsprechende Kriterium von sehr grosser Wichtigkeit<br />

ist, <strong>und</strong> ein Eintrag von «1», dass es von sehr<br />

untergeordneter Bedeutung ist. Abgefragt wurden<br />

auf einem Fragebogen die persönlichen Gewichtungen<br />

zu den oben erläuterten ökologischen <strong>und</strong><br />

sozio-ökonomischen Kri terien.<br />

AHP·Matrix (Analyrical Hierarchy Process)<br />

Die AHP-Methode wurde vom Mathematiker<br />

Thomas L. Saaty speziell für die Gewichtung von<br />

Kriterien in einem Entscheidungsprozess entwikkelt.<br />

Die Entwicklung der Methode war von der<br />

Erkenntnis motiviert, dass es dem Menschen im<br />

allgemeinen leicht fallt, zwei Kriterien miteinander<br />

bezüglich deren Wichtigkeit zu vergleichen. Sobald<br />

die Anzahl der zu bewertenden Kriterien aber über<br />

etwa sieben hinausgeht, verliert das menschliche<br />

Gehirn den Überblick.<br />

Zeilenkriterium<br />

sehr viel unwichtiger als<br />

. Spaltenkriterium<br />

2 3<br />

Zeilenkriterium<br />

gleich wichtig wie<br />

Spaltenkriterium<br />

Abb. 2.4.3 Skalierungdes Vergleichs zweier Kriterien.<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Zeilenkriterium<br />

sehr viel wichtiger als<br />

Spaltenkriterium<br />

9<br />

110 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____________________________________________Umsetzung<br />

Die von Saaty vorgeschlagene Methode basiert auf<br />

dem Prinzip des paarweisen Vergleichs. Alle möglichen<br />

paarweisen Kombinationen eines Kriteriensets müssen<br />

vom Befragten in einer Matrix auf einer Skala<br />

von «V9,' bis «9» bewertet werden (vgl. Abb. 2.4.3).<br />

Da es sich um eine symmetrische Matrix handelt,<br />

muss nur eine Hälfte ausgefüllt werden. Dabei<br />

werden die Zeilenkriterien relativ zu den Spaltenkriterien<br />

gewichtet.<br />

Ein Eintrag von «9» in die Zelle einer Matrix<br />

bedeutet dabei, dass das Zeilenkriterium von absolut<br />

übergeordneter Bedeutung gegenüber dem Spaltenkriterium<br />

ist. Ein Eintrag von


umsetzung:<br />

_<br />

Ziele Kriterien Anfordel'l.ll'lgen Ut.<br />

2.5 Ressourcenschonung Energie in Nutzungsphase SIA Energieverbrauchsempfehlungen: 25.a Umwandlungseffizienz<br />

6,7,<br />

beim Energieverbrauch<br />

- Zieiwerte erreichen für<br />

Neubauten<br />

erhöhen bei Geräten, Aniagen,<br />

Maschinen (z.B.Haustechnik,<br />

11<br />

- Sollwerte für Altbauten<br />

- Ziel- <strong>und</strong> Sollwerte senken<br />

(optimal: Niedrigenergiehaus)<br />

Haushaltsmaschinen..)<br />

25.b Wärmerückgewinnung<br />

Produktionsmaschinen,<br />

(Abwärmenutzung von Heizung,<br />

Lüftung, Prozesswärme)<br />

25.c erhöhte Wärmedämmung bei<br />

Fenster- <strong>und</strong> Wandstellen<br />

Abb. 3.1.2 Ausschnitt aus der Tabelle «Ziele, Kriterien, Anforderungen, Massnahmen - eine Übersicht» aus Abschnitt 5.<br />

von Zielen sowie den dazugehörenden Kriterien,<br />

Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen. Die Abbildung<br />

3.1.2 zeigt diese Zusammenstellung exemplarisch<br />

für das Ziel 2.5 «Ressourcenschonung beim Energieverbrauch».<br />

Die vollständige Tabelle für alle in der<br />

Abbildung 3.1.1 aufgeführten Ziele - die komplette<br />

ZKAM-Liste ...;. ist im Abschnitt 5 wiedergegeben:<br />

Das Werkblatt soll die Resultate unserer Synthesegruppenarbeit<br />

so darstellen, dass Personen aus der<br />

Baupraxis unsere Perspektiven verstehen <strong>und</strong> nutzen<br />

können.<br />

3.1.3 Verknüpfllng mit den Planungs- lind Bauphasen<br />

Der Zeitpunkt, zu welchem eine Massnahme in den<br />

Planungsprozess einbezogen wird, spielt oft eine<br />

entscheidende Rolle für ihre Machbarkeit, Wirksamkeit<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit. Die Verknüpfung der<br />

Massnahmen mit dem Ablauf des Planungs- <strong>und</strong><br />

Bauprozesses ist ein zentraler Bestandteil des Werkblattes<br />

(vgl. Abschnitt 5). In übersichtlicher Form<br />

wird hier dargestellt, welche Massnahmen zu weichem<br />

Zeitpunkt bedacht<br />

werden sollen.<br />

Die dort vorgelegte Darstellung<br />

ist als Massnahmencheckliste<br />

für jede<br />

Planungs- <strong>und</strong> Bauphase<br />

ausgelegt. Die Abgrenzung<br />

der Phasen entspricht dem<br />

SIA-Konzept «Leistungsmodell<br />

<strong>'95</strong>» (LM 95).<br />

3.1.4 Massllahmenellaluaticm<br />

Bei einer Evaluation werden<br />

Problemlösungsansätze unter<br />

verschiedenen Aspekten<br />

untersucht <strong>und</strong> abgewogen,<br />

sodass ein vernünftiger Entscheid<br />

getroffen werden<br />

kann. Ein solcher Vorgang ist<br />

in Abbildung 3.1.4.1 dargestellt.<br />

Für die Umsetzung<br />

von <strong>Umwelt</strong>zielen stellen<br />

IProblem I<br />

j<br />

IAbwägung I<br />

Entscheidung<br />

<strong>und</strong><br />

Implementation<br />

Abbildung 3.1.4.1 Der Ablaufder Evaluation.<br />

sich Probleme als Hindernisse auf dem Weg zum<br />

Erreichen eines angestrebten Zustandes dar.<br />

Die verschiedenen Lösungsansätze entsprechen<br />

den anzuwendenden <strong>Umwelt</strong>massnahmen. Für die<br />

in unserer ZKAM-Liste aufgeführten Massnahmen<br />

wurden die folgenden Gesichtspunkte bearbeitet:<br />

• Wirkung - Hier wird der Wirkungszusammenhang,<br />

d.h. Synergien oder Konflikte für jede einzeln<<br />

Massnahme im Hinblick auf weitere <strong>Umwelt</strong>ziele<br />

aufgeführt (In den Tabellen mit den Spalten «+»<br />

resp. «-» gekennzeichnet). .<br />

• Kosten - Abschätzung der Art des Aufwandes,<br />

welche mit der Umsetzung einer Massnahme verb<strong>und</strong>en<br />

ist.<br />

e Machbarkeit - Abschätzung der Durchführbarkeit<br />

(politisch, sozial, ökonomisch).<br />

Die drei Kriterien resp. ihre Aussagen werden <strong>durch</strong><br />

die Entscheidungsträger in die Abwägung miteinbezogen.<br />

Daraus resultiert dann die Entscheidung <strong>und</strong><br />

deren Implementation.<br />

Fazit: Unter dem Stichwort Fazit werden für Ziele<br />

<strong>und</strong> Massnahmen Einschätzungen aus unserer Sicht<br />

wiedergegeben, welche in<br />

Fazit<br />

die Abwägung einfliessen<br />

sollten.<br />

In Abb. 3.1.4.2 ist ein Auszug<br />

einer EvaluationstabelId<br />

wiedergegeben, die kompletten<br />

Tabellen sind im<br />

Abschnitt 5 zu finden.<br />

Selbstverständlich können<br />

gerade für einen komplexen<br />

Entscheidungsablauf, wie<br />

ihn ein realer Evaluationsprozess<br />

darstellt, nur relativ<br />

unspezifische Hinweise <strong>und</strong><br />

Vorschläge eingebracht werden.<br />

Ein Anspruch auf Vollständigkeit<br />

oder gebrauchsfertige<br />

Detaillierung wäre<br />

völlig unrealistisch. Es kann<br />

jedoch eine umfangreiche<br />

Liste vorgelegt werden, weiche<br />

eine orientierende Basis<br />

bietet.<br />

112 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________--'-<br />

umsetzung<br />

+<br />

Wirkung<br />

Kosten<br />

25.a Umwandlungseffizienz<br />

erhöhen<br />

- Minimierung des<br />

Energieverbrauches<br />

Entwicklungskosten,<br />

Forschungskosten, Substitutionskosten<br />

versus<br />

Kosten für Strom/Oei<br />

bedingt machbar (Forschung in<br />

dieser Richtung notwendig)<br />

25.b Wärmerückgewinnung - Luftqualität - Probiem oft Wärmeabzug,<br />

nicht Zufuhr (Bürogebäude)<br />

- TransporlVariuste<br />

InvestItionskosten versus<br />

Kosten für Strom/Oei<br />

Generell machbar, z.T.<br />

gesetzlich<br />

vorgeschrieben (KVA)<br />

25.c Erhöhte Wärmedämmung - Dach- <strong>und</strong><br />

bei Fenstem <strong>und</strong> Wänden Fassadenbegrünung<br />

- Schallpegel<br />

.....-- - -<br />

- Luftquaiität in innenräumen<br />

üe nach Materiai)<br />

- z.T. Verbrauch nicht<br />

erneuerbarer Ressourcen<br />

(z.B. Steinwolle)<br />

- Chemische Zusätze zur<br />

Bindung von Fasern<br />

Investitionskosten versus<br />

Kosten für Strom/Dei<br />

Generell machbar<br />

....__........-.0-- --........_--..............._- I,;-...-----...__-.....~<br />

Abb. 3.1.4.2 Ausschnitt aus den Tabellen «Evaluation» (vgl. Abschnitt 5).<br />

= Massnahme mitpositivem (unspezijischem) Wirkungszusammenhang; - = Massnahme mit negativem Wirkungszusammenhang (Konflikt).<br />

3.1.5 Eille detailliertere Evaluation:<br />

die Kostell·Wirksamkeitsalialyse<br />

Für eine Kosten-Wirksamkeitsanalyse wird<br />

wie folgt vorgegangen:<br />

• Erstellung einer Kaskade der Wirkungen<br />

im Hinblick auf ein Ziel.<br />

• Abschätzung der Kosten jeder Massnahme<br />

um bestimmte Wirksamkeit zu erreichen.<br />

• Graphische Darstellung der Resultate in<br />

einem Diagramm Kosten-Wirksamkeit.<br />

G<br />

Abschätzen der Machbarkeit für jede der<br />

Massnahmen.<br />

• Abwägung jeder Massnahme (Kosten­<br />

Wirksamkeit, Machbarkeit).<br />

AbblUCh AOCkbau I Rückbau 11 ROCkbau m Demontage<br />

I~ Material t::::EE3 Transport ~ Aufwand -.-Total --h-- FanB<br />

Abb. 3.1.5.1 Der Aufwand der verschiedenen Rückbauvananten. Die Kurve Total<br />

jasst die drei Kostenarten zusammen. Der Fall B zeigt den Aufwandsverlaujbei einem<br />

Deponiepreis von 180 Fr/m 3 an Stelle von 120 Fr/m3.<br />

Beispiel 1 - Materialtrelillulig beim Rückbau<br />

Die folgenden Überlegungen basieren auf den im<br />

Teilprojekt 1.5 «Abfall <strong>und</strong> Recycling» gemachten<br />

Methode<br />

Vorgehen<br />

kompletter Das Gebäude wird abgerissen, in «Säcke» gepackt <strong>und</strong><br />

Abbruch....... . entsorgt. ..<br />

Rückbau I Ziegel, ein kleiner Teil des Holzes u. Metalles, sowie<br />

ein sehr kleiner Teil der Inertmaterialien weden separat<br />

.....~ntsorgt ..<br />

Rückbau 1I alle Ziegel, ein Teil des Metalles, des Holzes <strong>und</strong> des<br />

Betons werden . .... wiederverwertet. ..<br />

Rückbau 111 Alle Ziegel, alles Metall wird der Verwertung zugeführt,<br />

nur ein kleiner Teil des Holzes <strong>und</strong> der Intertstoffe<br />

..........................werdenals Bausperrgutabgeführt..<br />

Demontage das Gebäude wird soweit technisch möglich in die<br />

Einzelkomponenten zerlegt.<br />

Tab. 3.1.5.1 Übersicht der verschiedenen Rückbaumethoden.<br />

Berechnungen, welche an dieser Stelle zusammengefasst<br />

dargestellt werden.<br />

Für die Berechnungen des Aufwandes eines Rückbaus<br />

wird von einem fiktiven Gebäude (Volumen<br />

<strong>und</strong> Materialien) ausgegangen, dessen Materialien<br />

auf unterschiedliche Art <strong>und</strong> Weise (Entsorgungspfade)<br />

entsorgt werden. Die Tab. 3.1.5.1 gibt einen<br />

Überblick über die betrachteten Rückbaumethoden;<br />

die Berechnungen sind in Tab. 3.1.5.2 (siehe nächste<br />

Seite) wiedergegeben.<br />

Der Aufwand der unterschiedlichen Rückbauvarianten<br />

sind in Abb. 3.1.5.1 dargestellt. Die Varianten<br />

Rückbau I <strong>und</strong> II schneiden kostenmässig am günstigsten<br />

ab.<br />

Es wird deutlich, dass die grösste ökologische<br />

Wirksamkeit (die Demontage) die höchsten Kosten<br />

fordert. Bei dieser Rechnung ist der enorme Arbeitsaufwand<br />

dafür verantwortlich.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 113


umsetzung<br />

_<br />

Gebäude Kosten AiJbl'Ucli Rückbau i Rückbau ii Rückbau m Demontage<br />

Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag<br />

[m 3 ] [Fr/m 3 ] [m 3 ] [Fr] 1m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr]<br />

Materialien<br />

Holz 300 variabel" 150 33'000 250 25'000 250 15'000 300 9'000<br />

Metall 50 -250 20 -5'000 30 -7'500 40 -10'000 50 -12'500<br />

ZIellei.. 50 30 ••• 20 600 50 1'500 50 1'500 50 0<br />

Beton/Backstein 30 400 12'000 500 15'000 60 1'800<br />

Backstein 200 30 ••• 150 4'500 200 0<br />

Beton 350 5 300 1'500 350 1'750<br />

Restwertstoffe • 50 -10 50 -500<br />

Bausperrgut 120 1'000 120'000 410 49'200 170 20'400 150 18'000<br />

Total Material 120'000 89'800 54'400 32'300 -2'250<br />

TrallSport<br />

Deponie .. 22 1'000 22'000 830 18'260 720 15'840 710 15'620<br />

andere Abfälle 10 170 1'700 280 2'800 290 . 2'900 1000 10'000<br />

Total Transport 22'000 19'960 18'640 18'520 10'000<br />

Arbeits'Aufwand 50'150 70'210 100'300 150'450 : 300'900<br />

Totaler Aufwand 192'150 179'970 173'340 201'270 308'650<br />

Tab. 3.1.5.2 Gebäudedaten <strong>und</strong>Au/wandsberechnungen für die verschiedenen Rückbauvarianten (Quellen: mündliche Auskünfte diverser Anbieter).<br />

Für die Daten der Tab. 3.1.5.2 sindfolgende Punkte zu beachten:<br />

- : Die Kosten mit negativem Vorz.eichen bedeuten Erträge!<br />

" : Die Restwertstoffe setzen sich zusammen aus Glas, Teppich, Dachpappe <strong>und</strong> Installationen.<br />

*'" : Für Holz gelten diefolgenden Kostenansätze: Verbrennung in KVA (220.- Fr./m 3 ), Verbrennung im Betonwerk (60.- Fr./m 3 ), Verarbeitung im Spanplattenwerk<br />

(4.- Fr./m3). Für die verschiedenen Abbruchmethoden wurden <strong>durch</strong>schnittliche Kosten fifr die Holzentsorgung angegeben. Diese Kosten<br />

nehmen vom vollständigen Abbruch bis zur Demontage stark ab.<br />

"*'": Bei der Demontage bleiben Ziegel <strong>und</strong>Backsteine ganz <strong>und</strong>können kostenneutral weiterverwendet werden.<br />

Geordneter Rückbau eines industriellen Gebäudes (Teilprojekt 1.5).<br />

Das Fazit ist, dass der<br />

Markt noch die falschen<br />

Signale gibt. Anzustreben<br />

wäre heute die Variante<br />

Rückbau In. Eine der sensitiven<br />

Grössen im ganzer.<br />

System ist der Deponieannahmepreis<br />

für Bausperrgut.<br />

In der Abb. 3.1.5.1 sind<br />

die Gesamtkosten der verschiedenen<br />

Möglichkeiten<br />

bei einem Deponiepreis von<br />

180 statt 120 Fr./m 3 ebenfalls<br />

eingezeichnet <strong>und</strong> mit<br />

Fall B bezeichnet. Man erkennt,<br />

dass die Kurve stärker<br />

konkav gekrümmt ist.<br />

Allerdings wird eine Än·<br />

derung nur dieser Grösse<br />

alleine noch nicht den gewünschten<br />

Erfolg bringen;<br />

es wird aber deutlich, wie<br />

die Preise das gesamte<br />

System steuern können.<br />

114<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________umsetzung<br />

Beispiel 2 - Sanierung von Altlasten<br />

Altlasten<br />

Altlasten sind mit Schadstoffen belastete Standorte<br />

von Ablagerungen, Anlagen <strong>und</strong> Unfällen, für die<br />

nachgewiesen ist, dass sie zu schädlichen oder lästigen<br />

Einwirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> führen oder bei<br />

denen die Gefahr besteht, dass solche Einwirkungen<br />

entstehen (BUWAL, 1994).<br />

Anlagen stellen ehemalige Industriegelände, z.B.<br />

stillgelegte Produktionsanlagen oder z.B. frühere<br />

Gaswerkstandorte dar.<br />

Zwischen dem Begriff Altlasten <strong>und</strong> Verdachtsstandort<br />

muss unterschieden werden. Die Altlastendefinition<br />

beinhaltet, dass ein Standort erst dann als<br />

Altlast bezeichnet wird, wenn Schadstoffe die <strong>Umwelt</strong><br />

belasten. Verdachtsstandorte stellen hingegen<br />

Standorte dar, von denen vermutlich eine Belastung<br />

Jr die <strong>Umwelt</strong> ausgeht, ein entsprechender Nachweis<br />

aber nicht vorliegt<br />

Die Zahl der Altlastenverdachtsflächen wird in der<br />

Schweiz auf r<strong>und</strong> 40'000 geschätzt (BUWAL, 1994),<br />

wovon etwa 12'200 auf den Kanton Zürich entfallen<br />

(AGW, 1993).<br />

Die Altlastenbearbeitung im Kanton Zürich<br />

Im Kanton Zürich sind aufgr<strong>und</strong> der zahlreichen<br />

Industriestandorte bzw. Probleme mit verunreinigtem<br />

Aushub bei Bauprojekten schon zu einem<br />

frühen Zeitpunkt erste Massnahmen zum Umgang<br />

mit Altlasten eingeleitet worden. Bereits 1988 wurde<br />

im Kantonsrat beschlossen, flächendeckend Verdachtsstandorte<br />

<strong>und</strong> bekannte Altlasten im Kantonsgebiet<br />

zu erfassen. 1993 wurde von der Direktion der<br />

öffentlichen Bauten des Kantons Zürich zusammen<br />

mit dem Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau<br />

(AGW) eine Konzeption zur systematischen Bearbeitung<br />

von Altlasten erstellt, die auch eine Zusammenstellung<br />

der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen beinhaltet<br />

(AGW, 1993; AGW, 1995; Abfallgesetz des Kantons<br />

Zürich vom 25. September 1994). Die im Kanton<br />

Zürich gesetzlich spezifizierten Ziele für die Sanierung<br />

von Altlasten wurden von Suter vorgestellt.<br />

SEW <strong>und</strong>Altlasten<br />

Für die Altlastenproblematik des SEW-Areals sind<br />

einerseits die langjährige industrielle Nutzung mit<br />

den einhergehenden Ablagerungen aufdem Gelände<br />

sowie andererseits die hydrogeologischen Standortverhältnisse<br />

von Bedeutung.<br />

Das Areal der SEW AG wird seit etwa 100 Jahren<br />

industriell genutzt. Durch die verschiedenen Aushub-<br />

<strong>und</strong> Bautätigkeiten sowie Aufschüttungen auf<br />

dem Areal finden wir heute in einer Tiefe von bis<br />

zu 3 m vorwiegend anthropogene Ablagerungen, wie<br />

Die Bearbeitung von Altlasten<br />

Die Bearbeitung der Altlastenproblematik kennzeichnet<br />

sich <strong>durch</strong> ein vielschichtiges <strong>und</strong> komplexes<br />

Aufgabenfeld, welches Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

in unterschiedlichen Wissensgebieten<br />

voraussetzt.<br />

Die Sanierung einer<br />

Altlast, sei es <strong>durch</strong> Dekontaminations-,<br />

Sicherungsoder<br />

hydraulische Massnahmen,<br />

umfasst vielfältige<br />

Aufgaben auf technischer<br />

2bene. Das Sanierungsverfahren<br />

soll u.a. für die Boden-<br />

<strong>und</strong> Schadstoffartgeeignet<br />

sein, eine möglichst<br />

grosse Wirksamkeit der<br />

Gefahrenreduktion bei geringem<br />

technischen Risiko<br />

aufweisen, eine umweltverträgliche<br />

Sanierung ermöglichen,<br />

ohne eine Problemverlagerung<br />

darzustellen,<br />

sowie einen möglichst geringen<br />

Zeitbedarf beanspruchen.<br />

Auf ökonomischer<br />

Ebene sind entsprechend<br />

Fragestellungen der Massnahmeneffizienz<br />

sowie der<br />

Kosten eines Sanierungsprojektes<br />

zu bearbeiten. Beispiel einer Altlastenaufbereitung (Eberhard Recycling AG, Rümlang).<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 115


Umsetzung<br />

_<br />

z.B. Bauschutt, Abbruchmaterial, Ziegel, Beton,<br />

Schlacke. Im östlichen Teil des Areals wurde zur<br />

Niveauregulierung der Terrainoberfläche vorwiegend<br />

unverschmutzter Aushub des Lettentunnels,<br />

im westlichen Teil hingegen Bodenmaterial, vermischt<br />

mit Giessereisanden <strong>und</strong> -schlacken <strong>und</strong><br />

Bauschutt, verwendet. Aus der Nutzungsgeschichte<br />

ergaben sich vielfältige Hinweise, welche Produktionsprozesse<br />

<strong>und</strong> -bereiche für eine erste Erk<strong>und</strong>ung<br />

der Verdachtsfläche relevant sein könnten <strong>und</strong><br />

welche Art von Boden- bzw. Gr<strong>und</strong>wasserverunreinigungen<br />

aufgr<strong>und</strong> der verwendeten Roh-, Hilfs- <strong>und</strong><br />

Betriebsstoffe zu erwarten sind. Aus der Literatur<br />

können für branchenspezifische Produktionsprozesse<br />

Angaben über das zu vermutende Schadstoffspektrum<br />

entnommen werden. Beispielsweise<br />

sind bei Standorten der Eisen-, Stahl- <strong>und</strong> Tempergiesserei<br />

sowohl anorganische Bodenkontaminationen<br />

<strong>durch</strong> Schwermetalle (Arsen, Cadmium,<br />

Mangan, Quecksilber, Zinn) <strong>und</strong> Cyanide als auch<br />

organische Verunreinigungen <strong>durch</strong> Phenole oder<br />

polyaromatische Kohlenwasserstoffe zu erwarten<br />

(DBA, 1986).<br />

Das Areal befindet sich in der Talsohle des zürcherischen<br />

Limmattales, welches in geologischer Hinsicht<br />

<strong>durch</strong> die Gletscherablagerungen der Würmeiszeit<br />

geprägt ist. Über der Gr<strong>und</strong>moräne befinden<br />

sich vorwiegend Sand~ <strong>und</strong> Kiesschichten, worin einzelne<br />

Silt- <strong>und</strong> Sandschichten eingeschlossen sind.<br />

Die sandigen Kiese des Limmattalschotters stellen<br />

einen sehr gut <strong>durch</strong>lässigen Gr<strong>und</strong>wasserleiter dar.<br />

Die mittlere Gr<strong>und</strong>wassermächtigkeit liegt auf dem<br />

Areal bei r<strong>und</strong> 15 m. Die Lage des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels<br />

wird <strong>durch</strong> das Regime der Limmat diktiert<br />

<strong>und</strong> liegt im Mittel bei etwa 4.5 munter Geländeoberkante.<br />

Da das Areal inmitten eines intensiv<br />

genutzten Gr<strong>und</strong>wassergebietes liegt, kommt dem<br />

Schutz des Gr<strong>und</strong>wassers besondere Bedeutung zu.<br />

Ausgehend von den Synthesegruppen wurden zu<br />

Beginn des Teilprojekts Altlasten folgende 5 Fragestellungen<br />

formuliert:<br />

1.Welche Belastungssituation liegt vor? (Analyse des<br />

Ist-Zustandes)<br />

2. Welche geeigneten Massnahmen zur Sanierung<br />

der kontaminierten Böden gibt es?<br />

3.Wie beeinflussen die Altlasten die Umsetzung<br />

der 4 Varianten?<br />

4.Wurden die Altlasten bei der Entstehung des<br />

Gestaltungsplanes berücksichtigt?<br />

5. Wie können zukünftige Altlasten vermieden werden?<br />

Die Analyse des Ist-Zustandes der Belastungssituarion<br />

auf dem Standort konnte sich auf verschiedene<br />

Bodenuntersuchungen, die bei einzelnen Baumassnahmen<br />

auf dem Standort <strong>durch</strong>geführt wurden <strong>und</strong><br />

auf Gutachten zur Einschätzung möglicher verunrei-<br />

nigter Aushubkubaturen stützen. Die vorhandenen<br />

Daten wurden uns vom Amt für Gewässerschutz<br />

<strong>und</strong> Wasserbau <strong>und</strong> der Sulzer-Escher Wyss AG zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Da die Untersuchungen zum Zeitpunkt der <strong>Fallstudie</strong><br />

noch nicht abgeschlossen waren, stand uns<br />

kein vollständiger Datensatz zur Verfügung. Ebenso<br />

waren noch keine Sanierungsziele festgelegt worden.<br />

In dieser Situation mussten für unsere Berechnungen<br />

verschiedene Annahmen über Art, Menge <strong>und</strong><br />

Umfang der Altlast getroffen werden. Unsere Annahmen<br />

<strong>und</strong> Abschätzungen werden hier nicht explizit<br />

wiedergegeben, damit das laufende Altlastenbearbeitungsverfahren<br />

nicht beeinflusst wird.<br />

Die Ergebnisse der verschiedenen Voruntersuchungen<br />

wurden zunächst zusammengefasst, um<br />

eine grobe Übersicht zu Art, Menge <strong>und</strong> geschätzter<br />

räumlicher Ausdehnung der kontaminierten Bereiche<br />

zu erhalten. Es wurde unterschieden zwischei<br />

bebauter, versiegelter <strong>und</strong> freier Fläche. Unter der<br />

Annahme, dass lediglich verschmutzter Aushub aus<br />

Bautätigkeiten <strong>und</strong> die Bodenvolumina der Freiflächen<br />

einer Sanierung zugeführt werden müssen,<br />

wurden für jede der vier Varianten die zu behandelnden<br />

Volumina abgeschätzt. Diese Daten wurden in<br />

die Ökobilanzierung der Varianten einbezogen.<br />

Die Evaluation von geeigneten Sanierungsvarianten<br />

setzt das Vorliegen einer Risikoanalyse sowie<br />

eine Festlegung der Sanierungsziele voraus. Für<br />

unsere Berechnungen wurden qualitative Überlegungen<br />

zur Gefährdungssituation für die einzelnen<br />

Altlastenbereiche (vgl. Zonen des Gestaltungsplanes)<br />

angestellt sowie eine hypothetische Festlegung<br />

der Sanierungsziele unter Berücksichtigung der<br />

geplanten Nutzung bzw. der Kaskade der Sanierungszie1e<br />

vorgenommen.<br />

Um einen Vorschlag für Sanierungsvarianten vornehmen<br />

zu können, wurden drei unterschiedlich(<br />

Sanierungsverfahren vor Ort besichtigt: Biologische<br />

Sanierung im Mietenverfahren, Bodenluftabsaugung<br />

<strong>und</strong> Bodenwaschanlage. Die Eignung <strong>und</strong> Kosten<br />

der Verfahren für verschieden relevante Schadstoffe<br />

wurden grob zusammengestellt (Tab. 3.1.5.3). Auf<br />

dieser Basis konnte für die einzelnen Zonen des<br />

SEW-Areals eine hypothetische Kostenhochrechnung<br />

zum relativen Vergleich der Varianten realisiert<br />

werden. Diese Daten fanden Eingang in das Teilprojekt<br />

Promotion (Renditeberechungen).<br />

Der Betrag der geschätzten Sanierungskosten war<br />

für uns von sek<strong>und</strong>ärer Bedeutung, primär konnte<br />

aufgezeigt werden, welche Bearbeitungstiefe erforderlich<br />

ist <strong>und</strong> welche Aspekte wichtig sind, um eine<br />

Grössenordnung der Sanierungskosten ermitteln zu<br />

können.<br />

Die vierte <strong>und</strong> fünfte Fragestellung wurden im<br />

Teilprojekt nur in allgemeiner Form bearbeitet.<br />

116<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____________________________________________umsetzung<br />

SCbadstoffart<br />

Kosten'<br />

llebandlungsvarianle Schwer· PAK KW CKW (Fr./t)<br />

metalle<br />

Bodenluftabsaugung nein nein ja ja 100-150<br />

Bodenwäsche ja ja ja ja 300-500 b<br />

Biologische Sanierung nein (ja) c ja nein 100-250<br />

Thermische Behandlung ja d ja ja ja d 200-500 e<br />

Deponierung ja ja ja ja 90 (Reaktor D)<br />

Tab. 3.1.53 Eignung <strong>und</strong> Kosten von Saniemngsveifahren für verschiedene SchadsfOffgmppen.<br />

a<br />

b<br />

C<br />

d<br />

c<br />

Die Zahlen umfassen nurBehandlungskosten ohne Zusatzkosten<br />

wie Transport, Entsorgungsgebühren, Analytik dc.<br />

Die Behandlungskosten sind stark abhängig von: Schadstoffkonz.,<br />

Materialmenge, Behandlungsdauer, Bodenart,<br />

Reinigungszielen.<br />

Kosten inkl. Entsorgung der Reststoffe sowie Wiederverwertung<br />

bzw. Deponierung des behandelten Materials<br />

PAK mit mehr als 4 Ringen sindeinem biologischen Abbau<br />

nur schwer zugänglich.<br />

Einschliesslich Rauchgasreinigung <strong>und</strong> Entsorgung von<br />

Verbrennungsrockständen<br />

Kosten exil. Entsorgung des behandelten Materials<br />

Bemerkenswert war jedoch die Aussage in einem<br />

Interview, dass die Altlastensituation auf dem Sulzer­<br />

Eseher Wyss-Areal keinen Einfluss auf die Entstehung<br />

des Gestaltungsplanes hatte.<br />

Zur Vermeidung zukünftiger Altlasten wurde der<br />

echtliche Rahmen <strong>und</strong> die daraus folgenden Konsequenzen<br />

für Produktion <strong>und</strong> Errichtung neuer<br />

Deponien näher beleuchtet.<br />

Kosten- Wirksamkeitsanalyse an einem Beispiel<br />

Je nach Aufwand, den man betreibt, sind verschiedene<br />

Ziele erreichbar - die Sanierung der Altlasten<br />

kann unterschiedlich wirksam erfolgen. Für den<br />

Kanton Zürich lassen sich (gestützt auf den Leitfaden<br />

für die Altlastensanierung des Amtes für<br />

Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau in Zürich, AGW,<br />

1993) vier verschiedene Stufen der .Wirksamkeit unterscheiden:<br />

A. Wiederherstellung des natürlichen Stoffhaushaltes<br />

B. Wiederherstellung aller potentiellen Nutzungsmöglichkeiten<br />

C. Erhalten der aktuellen Nutzungsmöglichkeiten<br />

D. Nutzungseinschränkungen<br />

Dabei ist anzumerken, dass das AGW prinzipiell an<br />

alle Betroffenen die Anforderung A, d.h. die Wiederherstellung<br />

des natürlichen Stoffhaushaltes, richtet.<br />

Es ist dann am Betroffenen zu begründen, warum<br />

dies im speziellen Falle nicht möglich ist (Wirtschaftliche<br />

Tragbarkeit etc.).<br />

Um eine Grössenordnung der Kosten für die Erreichung<br />

der vier Stufen zu erhalten, gehen wir von der<br />

folgenden, fiktiven Altlast aus:<br />

• Grösse 100'000 m 3 , auf einer Fläche von 30'000 m 2<br />

• Zusammensetzung: 60% Giessereisande, 25%<br />

Inertstoffe (Bauschutt, Ziegel, unverschmutzter<br />

Beton, Schotter), 10% Sonderabfälle (wie z.B. Chemieabfälle,<br />

Mischkontamination), 5% verschmutzter<br />

Beton. Entsprechend dieser Materialzusammensetzung<br />

wird eine Kontamination mit<br />

Schwermetallen, Kohlenwasserstoffen (KW), chlorierten<br />

Kohlenwasserstoffen (CKW) <strong>und</strong> polycy-<br />

klierten aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)<br />

angenommen.<br />

Im folgenden werden mögliche Sanierungsmassnahmen<br />

kurz beschrieben. Die Arbeiten sind in Stichworten<br />

aufgeführt <strong>und</strong> mit einer Aufwandsschätzung<br />

versehen.<br />

A. Wiederherstellung des natürlichen Stoffhaushaltes<br />

Das Material wird vollständig ausgehoben, abtransportiert<br />

<strong>und</strong> deponiert. Die Grube auf dem Gelände<br />

wird mit Wandkies aufgefüllt <strong>und</strong> mit einer Rekultivierungsschicht<br />

versehen.<br />

Kostenscl!ätzung<br />

Aushubarbeiten 1000 Maschinentage ä 1500.- 1.5 Mio.<br />

Transport<br />

5600 LKW-Fahren (18 m 3 ), 7Fahrten/d<br />

ergibt 800 Maschinentage ä 1400.- 1.1 Mio.<br />

Deponiegebühren 100'000 * 90.- 9.0 Mio.<br />

Wandkies 100'000 * 30.- 3.0 Mio.<br />

Rekultivierung 30'000 m 2 1.2 Mio.<br />

Total<br />

B. Wiederherstellung aller potentiellen Nutzungsmöglichkeiten<br />

Bi. Bodenwäsche für Entgiftung der Giessereisande,<br />

unter der Annahme, dass dieses Material auch<br />

waschbar ist. Inertstoffe werden vor Ort belassen.<br />

Der Sonderabfall <strong>und</strong> der verschmutzte Beton werden<br />

abgeführt <strong>und</strong> deponiert.<br />

Kostenscbätzullg<br />

Aushub,<br />

Triagierung<br />

Bodenwäsche<br />

Deponiegebühren<br />

. ..<br />

Abdeckung,<br />

Rekultivierung .<br />

Total<br />

2500 Maschinentage ä 1500.-<br />

60'000 m 3 bei 400.- pro Tonne<br />

(0=.5 t/m 3 )<br />

15'000 * 90.-<br />

30'000 m 2<br />

15.8l\fio.<br />

3.8 Mio.<br />

36.0 Mio.<br />

1.4 Mio.<br />

2.2 Mio.<br />

43.4 Mlo.<br />

B2. «Entfrachten" des Altlastenmaterials <strong>durch</strong><br />

Triagierung vor Ort. Verfüllung der Aushub- <strong>und</strong><br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 117


umsetzung<br />

_<br />

Inertmaterialien vor Ort. Der Rest (Giessereisande,<br />

Sonderabfall, verschmutzter Beton) wird abgeführt<br />

<strong>und</strong> deponiert. Das Restvolumen wird mit Inertmaterial<br />

aus dem Abbruch auf dem Gelände, allenfalls<br />

noch mit Wandkies, weiter aufgefüllt.<br />

Kaskade der<br />

Wirksamkeit<br />

niedrige Wirksamkeit<br />

bish


---------------------------- -Umsetzung<br />

Die Umsetzung von Massnahmenvorschläge soll<br />

dazu führen, dass auf die Ges<strong>und</strong>heit schädlich<br />

wirkende Bauzusatzstoffe vermieden werden. Zukünftige<br />

Bauherren müssen darauf aufmerksam<br />

gemacht werden, dass im Rahmen der Wandlung des<br />

SEW-Areals von einem Industriegebiet zu einem<br />

Mischnutzungsareal ges<strong>und</strong>heitliche Aspekte stark<br />

an Bedeutung gewinnen. Die folgenden Massnahmen<br />

stehen im Vordergr<strong>und</strong>:<br />

e Giftklassefreie Baustoffe (11.a). Giftklassefrei wird<br />

hier so interpretiert, dass eine ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigung<br />

ausgeschlossen werden kann.<br />

e Formaldehydfreie Baustoffe (11.b). Formaldehyd<br />

in Baustoffen verursacht Ges<strong>und</strong>heitsprobleme<br />

(wie z.B. Kopfschmerzen). Wichtig sind dabei aber<br />

nicht die Einzelemissionen, sondern die Immissionskonzentration.<br />

e Baustoffe mit selbstständiger Regulierung des<br />

Innentaumklimas (11.c). Hier verweisen wir auf<br />

die SIA-Norm 382.<br />

Erträglicher Schallpege! (Ziel 1.2)<br />

Um die Anwendung von Schallschutzfenstern (l2.b)<br />

wird bei einer <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals niemand<br />

herumkommen. Mit dem Ziel der Einhaltung der<br />

Grenzwerte der Lärmschutzverordnung <strong>und</strong> damit<br />

der Erhöhung der Lebensqualität für die Nutzer<br />

muss eine weitestgehende arealinterne Verkehrsbeschränkung<br />

(l2.d) angestrebt werden. Insbesondere<br />

die Wohnräume sollten von den stark befahrenen<br />

arealexternen Verkehrsachsen abgekehrt angeordnet<br />

sein. Unter aeralinterner Verkehrsbegrenzung verstehen<br />

wir:<br />

e Nur eine Zubringerstrasse (möglichst nicht <strong>durch</strong>gehend)<br />

e Arealerschliessung mit ÖV (Trolleybusse)<br />

e Privatparkplätze aeralextern <strong>und</strong>/oder an den<br />

Aeralgrenzen schaffen<br />

e Emissionsfreie Alternativ-Individualverkehrsstrukturen<br />

wie Fussgänger- <strong>und</strong> Veloachsen (Arealeigener<br />

Veloverleih; vgl. Gratis-Veloverleih in der<br />

City)<br />

Architektur <strong>und</strong>Ästhetik (Ziel 1.6)<br />

Da die Wahl der Baumaterialien <strong>und</strong> vieler Konstruktionsarten<br />

funktions- <strong>und</strong> nutzungsunabhängig<br />

ist, postulieren wir, dass die Bandbreite der Ästhetik<br />

<strong>durch</strong> die Anwendungsbereiche ökologisch vertretbarer<br />

Baumaterialien definiert wird.<br />

lielbereich Natürlicher Stoffhaushalt/Minimale<br />

<strong>Umwelt</strong>belastung<br />

Ressourcenschonung bei der Materialherstellung (Ziel 2.3)<br />

Über die Verwendung von Materialien lassen sich<br />

zusammengefasst folgende Aussagen machen:<br />

• Einsatz erneuerbarer Materialien (21.b, 23.a). Es<br />

ist sinnvoll, Kunststoffe nur dort zu verwenden, wo<br />

heute noch keine Ersatzmaterialien auf der Basis<br />

regenerierbarer Ressourcen zur Verfügung stehen.<br />

Ausserdem ist der Verbrauch an bauchemischen<br />

Produkten auf petrochemischer Basis (z.B. synthetische<br />

Lösungsmittel <strong>und</strong> Kunstharze in Farben,<br />

Lacken, Klebern <strong>und</strong> Dichtungsmassen)einzuschränken.<br />

• Langlebige Baumaterialien (23.c). Unter den klimatischen<br />

Bedingungen in Zürich tragen witterungs-<br />

<strong>und</strong> hitzebeständige Materialien wesentlich<br />

zu einer Verlängerung der Lebensdauer von<br />

Bauten bei. Eine längere Lebensdauer hilft, die<br />

Menge an anfallendem Bauabfall zu verringern.<br />

Die Lebenserwartung verschiedener Bauteile<br />

sollte aufeinander abgestimmt werden (z.B. keine<br />

Kunststoffrohre in Betongeschossdecken einbetonieren,<br />

da Kunststoff die geringere Lebenserwartung<br />

hat als Beton).<br />

EI Baustoffe mit geringer grauer Energie (23.e). Für<br />

den Primärenergieverbrauch (Energie für Bereitstellung<br />

<strong>und</strong> Transport der Rohstoffe sowie die<br />

Herstellung des Baustoffes) der wichtigsten Baustoffe<br />

<strong>und</strong> Baumaterialien liegen Schätzungen vor<br />

(Krutsche, 1982). Diese Unterlagen sind bei der<br />

EI<br />

Auswahl der Baustoffe miteinzubeziehen.<br />

Geringe Komplexität (23.f). Eine gerInge Komplexität<br />

der Bauten (einfache Strukturen) erleichtert<br />

den späteren Um- <strong>und</strong> Rückbau sowie das Trennen<br />

der Bauabfälle. Damit werden die Rückbau- <strong>und</strong><br />

Entsorgungskosten gesenkt.<br />

e Materialtrennung nach Stoffklassen (23.g) beim<br />

Rückbau: Es ist eine möglichst weitgehende Trennung<br />

der Stoffe anzustreben. Dies verringert den<br />

Ressourcenverbauch <strong>und</strong> reduziert die Abfallmenge.<br />

Der Aufbereitungsaufwand ist für jede betrachtete<br />

Ressource zu berücksichtigen. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

ist der Einsatz von Recyclingmaterial (23.i) dort<br />

anzustreben, wo kein Gr<strong>und</strong>wasser gefahrdet ist.<br />

Ressourcenschonung bei der Energieproduktion (Ziel 2.4)<br />

Bezüglich des SEW-Areales können die folgenden<br />

Aussagen gemacht werden:<br />

EI Photovoltaik (21.a, 24.d). Bei totaler Dachbedekkung<br />

<strong>und</strong> maximaler Südfassadenbedeckung sind<br />

theoretisch bis 60% des totalen Elektrizitätsbedarfes<br />

auf dem SEW-Areal <strong>durch</strong> Photovoltaik<br />

abdeckbar. Es ergibt sich aber ein Widerspruch<br />

zur Dachbegrünung. Die Kosten (siehe Kriterium<br />

Rendite <strong>und</strong> Investitionskosten) sind beträchtlich.<br />

Bei einer Optimierung zwischen Dachbegrünung,<br />

Kosten, Warmwassererzeugung <strong>und</strong> ökologischer<br />

Elektrizitätsproduktion können mit den vorhandenen<br />

Rahmenbedingungen ca. 10% des elektrischen<br />

Bedarfes <strong>durch</strong> Photovoltaik gedeckt werden.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

119


urnsetzung<br />

_<br />

Nicht zu vernachlässigen ist dabei die Signal­<br />

Wirkung (Standortaufwertung), allerdings ist mit<br />

dieser Technik auch ein beträchtlicher Wartungsaufwand<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

e Warmwassererzeugung <strong>durch</strong> Sonnenkollektoren<br />

(21.a, 24.c) ist in der Stadt Zürich möglich, da eine<br />

genügend lange Sonnenscheindauer vorhanden ist.<br />

Wegen tiefen Wintertemperaturen müssen allerdings<br />

(ökologisch unbedenkliche!) Frostschutzmittel<br />

benutzt werden.<br />

e Sämtliche Massnahmen für eine Wärmeerzeugung<br />

ohne fossile Brennstoffe sind für das SEW-Areal<br />

nicht relevant, da auf dem Gelände genügend<br />

Wärme produziert wird. Die Wärme-Kraft-Koppelung<br />

(24.e) ist dabei geeignet, die ohnehin anfallende<br />

Abwärme der industriellen Produktion zu<br />

nutzen. So können auch die Transportverluste<br />

klein gehalten werden. Sollte dies wider erwarten<br />

nicht ausreichen, so kann von der nahegelegenen<br />

KVA Josephstrasse genügend Fernwärme (24.a)<br />

bezogen werden.<br />

Ressourcenschonung beim Energieverbrauch (Ziel 2.5)<br />

Folgenden Punkten ist im Hinblick auf die Nutzung<br />

bei der Planung Rechnung zu tragen:<br />

Oll Umwandlungseffizienz (25.a). Bei der Anschaffung<br />

von Geräten ist auf eine hohe Energieeffizienz zu<br />

achten. Geräte mit Energiesparmodus (Abschaltfunktion)<br />

sind zu bevorzugen. Bei den Produktions-<br />

sowie Heizungsanlagen ist eine hohe<br />

Umwandlungseffizienz erwünscht. Wärme- <strong>und</strong><br />

Kälteleitungen sind optimal zu isolieren.<br />

• Wärmerückgewinnung (25.b). Bei Produktionsmaschinen<br />

sollte die Abwärme so gut wie möglich<br />

genutzt werden, z.B. zur Raumheizung. Lüftungswärme<br />

sollte ebenfalls zurückgewonnen werden,<br />

wobei ein Wirkungsgrad von mindestens 50%<br />

anzustreben ist.<br />

Oll Erhöhte Wärmedämmung (25.c). Eine erhöhte<br />

Wärmedämmung sollte vorgesehen werden in<br />

Gebäuden mit wenig internen Lasten (Personen,<br />

Maschinen, Geräte). Bei grossen internen Lasten,<br />

wie z.B. in Computerräumen, ist nach dem Gr<strong>und</strong>satz<br />

«Wärmeableitung statt aktive Kühlung» zu<br />

planen. Die Wärmedämmung in Nordorientierung<br />

sollte bei massiver Bauweise erhöht werden.<br />

Erhöhte Fensterisolation (verbesserter k-Wert)<br />

erniedrigt gleichzeitig die Transmission von Sonnenlicht.<br />

Es ist daher eine Optimierung vorzunehmen.<br />

Oll Die Passivnutzung von Solarenergie (25.e) kann auf<br />

dem Areal in vielfacher Weise verwirklicht werden.<br />

Die Anordnung der Gebäude nach Süden (Hardbrücke)<br />

ist für Gebäu


__________________________________________urnsetzung<br />

stellenabwasser, der Handhabung wassergefährdender<br />

Stoffe (Diesel, Schmiermittel, Bauchemikalien).<br />

Boden <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasser sind vor allem während des<br />

Bauprozesses wenig geschützt, was zu starken <strong>und</strong><br />

direkten Schadstoffeinträgen führen kann. Altlasten<br />

sollten möglichst grossräumig saniert werden. Starke<br />

Bodenverdichtungen im Oberboden beeinträchtigen<br />

die Wasserversickerung. Um dies einzuschränken,<br />

sollte nur in definierten Aktionsbereichen mit<br />

schweren Baumaschinen (28.b) gearbeitet werden.<br />

Quantitativer Gewässerschutz (Ziel 2.10)<br />

Der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel im Bereich der Stadt Zürich<br />

ist in den letzten 30 Jahren deutlich gesunken. Mit<br />

geeigneten Massnahmen kann zur Gr<strong>und</strong>wasserneubildung<br />

beigetragen werden:<br />

• Sauberes Wasser darf nicht in die Kanalisation<br />

eingeleitet werden. Der Untergr<strong>und</strong> im SEW-Areal<br />

ist sehr gut <strong>durch</strong>lässig. Sauberes Wasser sollte<br />

zur Versickerung gebracht werden, sofern es nicht<br />

für eine Grauwassernutzung benützt wird.<br />

• Die Entwässerung des Areals soll im Trennsystem<br />

geführt werden. So wird gewährleistet, dass sauberes<br />

Wasser nicht in die Kanalisation gelangt <strong>und</strong><br />

Meteorwasser (210.b) vor Ort an geeigneter Stelle<br />

versickert.<br />

Um die Beeinträchtigung des Gr<strong>und</strong>wasserstromes,<br />

welcher im SEW-Areal sehr hoch liegt, möglichst<br />

klein zu halten, müssen folgende Massnahmen<br />

getroffen werden:<br />

011 Wird der Gr<strong>und</strong>wasserleiter beim Bau tangiert,<br />

muss unter sowie um das F<strong>und</strong>ament des Gebäudes<br />

eine Sickerpackung eingebaut (21O.d) werden.<br />

10 Weil der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel so hoch liegt, darf auf<br />

keinen Fall mehr als ein Untergeschoss (210.e)<br />

gebaut werden, da dies den Gr<strong>und</strong>wasserstrom zu<br />

stark beeinträchtigen würde.<br />

!> Für belastetes Baugrubenwasser sollte ein geeigneter<br />

Ort (Deckschicht) evaluiert werden.<br />

Für die WC-Spülung <strong>und</strong> Bewässerung von Aussenanlagen<br />

genügt die Nutzung von unverschmutztem<br />

Meteorwasser (21O.g). Die Nutzung von Grauwasser<br />

in den Haushalten <strong>und</strong> Bürogebäuden erfordert geeignete<br />

Wasserversorgungskonzepte.<br />

Qualitativer Gewässerschutz (Ziel 2.11)<br />

Die Erhaltung bzw. Verbesserung der Gr<strong>und</strong>wasserqualität<br />

erreicht man über:<br />

.. Altlasten (211.b) dort sanieren, wo das Gr<strong>und</strong>wasser<br />

unmittelbar gefährdet ist.<br />

" Es sind vorbeugende Massnahmen gegen den Eintrag<br />

von Schadstoffen ins Gr<strong>und</strong>wasser zu treffen.<br />

"Lösungsmittelhaltige Baustoffe sind so sparsam<br />

wie möglich zu verwenden <strong>und</strong> dies nur in jenen<br />

Gebieten, wo der Eintrag ins Gr<strong>und</strong>wasser ausgeschlossen<br />

werden kann. Stattdessen sollten bio-<br />

logisch gut abbaubare Produkte (211.c) verwendet<br />

werden, da diese die Gr<strong>und</strong>wasserqualität weniger<br />

gefährden.<br />

.. Während der Bauphase sind <strong>durch</strong> Einrichten von<br />

Ölabscheidern auf Umschlagplätzen sowie ein Befolgen<br />

der Richtlinien des AGW über Baustellenabwasser<br />

Vorsichtsmassnahmen (211.d,e) gegen<br />

einen Schadstoffeintrag ins Gr<strong>und</strong>wasser umzusetzen.<br />

• Verschmutztes Abwasser gehört in die Kanalisation<br />

<strong>und</strong> darf nicht versickert werden.<br />

Luftqualität (Ziel 2.13)<br />

Im Sommer steigt die Konzentration an bodennahem<br />

Ozon in der Stadt Zürich jeweils massiv an. Um zur<br />

Verminderung der Schadstoffkonzentrationen beizutragen,<br />

sollen der Fussgänger, der Fahrrad- <strong>und</strong> der<br />

öffentliche Verkehr gefördert (213.b, c) werden. Das<br />

kann <strong>durch</strong> Erschliessen mit dem ÖV, Bereitstellung<br />

von Veloabstellplätzen <strong>und</strong> Reduktion der Autoparkplätze<br />

erreicht werden.<br />

Auf dem Areal sollen möglichst wenig Luftschadstoffemissionen<br />

entstehen. Dazu ist der Einsatz von<br />

emissionsarmen Feuerungen (213.f) <strong>und</strong> von Fernwärme<br />

vorzusehen.<br />

lielbereich Attraktives, räumliches Umfeld zum l.ehen,<br />

Arbeiten lind Wohnen<br />

Erhaltung der Standortattraktivität (Ziel 4.1)<br />

Die Standortattraktivität des SEW-Areals besteht<br />

im wesentlichen in seiner sehr zentralen städtischen<br />

Lage. Mit einer verbesserten Einbindung ins öffentliche<br />

Verkehrsnetz (41.a) kann die Attraktivität noch<br />

gesteigert <strong>und</strong> den modernen Ansprüchen eInes<br />

städtischen Zentrums entsprochen werden.<br />

Ausgeprägte Nutzungsmischung (Ziel 4.2)<br />

Gerade das Wohnen auf dem SEW-AreaI kann nur<br />

attraktiv gestaltet werden, wenn den Bewohnern<br />

die Möglichkeit einer Identifikation gegeben wird.<br />

Langfristig ist es <strong>durch</strong>aus im Sinne der Investoren,<br />

dass sich auf dem Areal ein stabiles soziales Netz<br />

entwickelt. Für eine Identifikation der Bewohner<br />

mit dem Areal sind öffentliche, in der Nutzung<br />

nicht fixierte Plätze (42.d), Restaurants <strong>und</strong> Gemeinschaftsräume<br />

unabdingbar. Die Anhörung oder<br />

Mitsprache der Anwohner (42.b) <strong>und</strong> der Quartiervereine<br />

bei Entscheiden auf dem Areal fördert die<br />

Bereitschaft, sich langfristig für das Quartier einzusetzen.<br />

Das Mitspracherecht sollte <strong>durch</strong> klare<br />

Abmachungen geregelt werden.<br />

Naturnahes Areal(Ziel 4.3)<br />

Aufgr<strong>und</strong> der lokal geringen Nutzungsintensität<br />

wurde das Aufkommen von Spontanvegetation <strong>und</strong><br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

121


umsetzung<br />

_<br />

Pionierlebensgemeinschaften auf dem SEW-Areal<br />

ermöglicht. Dieser Charakter sollte <strong>durch</strong> Offenhaltung<br />

<strong>und</strong> angepasste Pflege (43.d) eines Teils<br />

der unbebauten Flächen erhalten werden. So können<br />

die biologisch wertvollen Gebiete des Geleisefeldes<br />

(43.e) erweitert <strong>und</strong> gesichert werden.<br />

Angenehme räumliche Gestaltung (Ziel 4.4)<br />

Das SEW-Areal muss im städtischen Verkehrskonzept<br />

(44.d) als ausgesprochene Mischnutzungszone<br />

(Wohnen, Arbeiten, Freizeit <strong>und</strong> Kultur) miteinbezogen<br />

werden. Dem öffentlichen Velo- <strong>und</strong> Fussgängerverkehr<br />

ist Priorität einzuräumen. Damit können<br />

die negativen Immissionen der lärmigen, arealexternen<br />

Strassen teilweise kompensiert werden.<br />

Bei der räumlichen Ausgestaltung <strong>und</strong> der Anordnl.Jng<br />

der Freiflächen soll darauf geachtet werden,<br />

dass letztere nicht zum vornherein in ihrer Nutzung<br />

festgelegt (44.0 werden <strong>und</strong> nicht in Randlagen zu<br />

liegen kommen. Spontannutzung soll möglich sein.<br />

So können sich die angemessenen Nutzungsformen<br />

mit der Zeit einstellen <strong>und</strong> die Ansprüche der Arealnutzer<br />

erfüllen.<br />

3.3 Variantenbezogene Resultate<br />

Der Variantenvergleich erfolgte mittels der drei<br />

Methoden Ökobilanzierung, Befragung <strong>und</strong> AHP.<br />

Zur Bezeichnung der Varianten werden die folgenden<br />

Kurzformen verwendet:<br />

.. Variante Industrienahe Nutzung (SEW): INN<br />

.. Variante Kunsthochschule (Architekturstudenten):<br />

KHS<br />

• Variante Grünraum (Architekturstudenten): GR<br />

• Variante WerkStadt (Architekturstudenten): WS<br />

Ökohileurzierullg<br />

Der Vergleich beruht auf der Wirkungsbilanz der<br />

Varianten, wie sie im Kapitel OKOBILANZ beschrieben<br />

ist. Beim Vergleich der absoluten Auswirkungen<br />

am besten schneidet die Variante KHS (mit 65-75%<br />

der Auswirkungen bei allen Indices) verglichen mit<br />

der Variante GR ab; die Reihenfolge ist bei allen<br />

Indikatoren konsistent KHS>INN>WS>GR (bessere<br />

>schlechtere Variante).<br />

Der Gr<strong>und</strong> liegt darin, dass bei der Variante KHS<br />

mit Abstand am wenigsten Bruttogeschossfläche<br />

realisiert wird. Die Variante INN ist zweitplaziert,<br />

weil hier ein sehr grosser Anteil (unbeheizter)<br />

Kellerräume sowie nur ein kleiner Wohnanteil vorgesehen<br />

sind. Demgegenüber weist die drittplazierte<br />

Variante WS grosse Wohnflächen (50'000 m 3 ) <strong>und</strong><br />

wenig Kelleranteil auf. Die Variante GR schliesslich<br />

ist <strong>durch</strong> geringen Kelleranteil, aber grosse Wohn-<br />

<strong>und</strong> Büroflächen charakterisiert (zudem ist hier ein<br />

Warenhaus eingeplant).<br />

Wird die. Wirkungsbilanz der Varianten auf die<br />

Bruttogeschossfläche bezogen, verändert sich die<br />

Reihenfolge für die Variante KHS; sie ist mit einer<br />

Ausnahme bei allen Indikatoren konsistent <strong>und</strong><br />

lautet INNSEW).<br />

Dies begründet sich da<strong>durch</strong>, dass diese Normierung<br />

die Varianten zusätzlich entsprechend<br />

ihrem Anteil rendite-trächtiger Nutzungen ordnet.<br />

Ausschlaggebend für den ersten Rang der KHS­<br />

Variante dürfte sein, dass sie die (absolut) kleinsten<br />

Öko-Auswirkungen mit demgrössten Anteil<br />

Dienstleistungsflächen (39%) aller Varianten verbindet.<br />

Demgegenüber hat die INN-Variante mit<br />

37% Dienstleistungsflächen <strong>und</strong> 26% Kellerflächen<br />

offenbar eine zu geringe Renditeaussicht.<br />

Fazit: Die Unterschiede der Wirkungsbilanzen der<br />

vier Varianten sind relativ gering. Absolut betrachtet<br />

signalisiert die Ökobilanz lapidar: Die kleinste<br />

Variante (KHS) hat die geringsten Auswirkungen auf<br />

die betrachteten Belastungsindikatoren; wenigd<br />

<strong>Bauen</strong> bringt weniger <strong>Umwelt</strong>belastungl Würde dagegen<br />

bei allen Varianten dieselbe Bruttogeschossfläche<br />

eingeplant, werden die vorgesehenen Nutzungsanteile<br />

wirksam: Die INN-Variante mit den<br />

grossen unterirdischen Flächen wäre überlegen.<br />

Allerdings fragt es sich, ob dieser Nutzungsmix<br />

erfolgversprechend ist. Von denjenigen Varianten,<br />

welche den Ausnutzungsrahmen (des Gestaltungsplans)<br />

gut ausschöpfen <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> einer sinnvollen<br />

Nutzungsmix-Konzeption eine gute Renditeaussicht<br />

haben, ist die WS der GR tendentiell<br />

überlegen.<br />

Befragung<br />

Es wurden 15 Fragebögen ausgewertet <strong>und</strong> die<br />

Mittelwerte <strong>und</strong> Standardabweichungen für die<br />

einzelnen Kriterien errechnet. Die Resultate sind<br />

122<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------~-------------------------------------Umsetzung<br />

in Tab. 3.3.1 aufgeführt. Nicht in den Fragebogen<br />

aufgenommen worden, waren die drei ökologischen<br />

Kriterien «Volumen Aushub pro Variante», «Volumen<br />

kontaminierter Aushub pro Variante» <strong>und</strong> «Bauabfallmengen<br />

in der Abbruchphase». Die grösste<br />

Bedeutung wird den in der Ökobilanz berechneten<br />

Kriterien wie Ozonschichtzerstörungspotential,<br />

Treibhauseffekt sowie allen Arten von Toxizität zugemessen.<br />

Da die Bewertungen in den Fragebogen<br />

einzeln <strong>und</strong> unabhängig voneinander vorgenommen<br />

wurden, ist ein Vergleich der ökologischen <strong>und</strong> der<br />

nicht-ökologischen Kriterien zulässig. Auffallend ist<br />

die geringe Bedeutung, die besonders den ökonomischen<br />

<strong>und</strong> einigen sozialen Kriterien von den Mitgliedern<br />

der Synthesegruppe Al zugemessen wird.<br />

Die Bewertungen wiesen grosse Differenzen auf,<br />

was sich in hohen Standardabweichungen widerspie­<br />

!Seit. Infolgedessen sind die Unterschiede zwischen<br />

Tab. 3.3.1 Rangfolgen der Varianten in bezug auf o'kologische, soziale <strong>und</strong> ökonomische Kriterien sowie<br />

deren Gewichtung.<br />

GR = Variante Grünrautn, INN= Variante Industrienahe Nutzung, KHS = Variante Kunsthochschule,<br />

WS =Variante Werkstadt, AHP =mit «Analytical Hierarchy Process" erhobene Gewichtung.<br />

je zwei Gewichten der Kriterien statistisch nicht<br />

signifikant. Die Mehrzahl der Kriterien weist sowohl<br />

mindestens eine sehr hohe <strong>und</strong> mindestens<br />

eine sehr tiefe Bewertung auf. Diese Heterogenität<br />

innerhalb der Synthesegruppe überrascht um so<br />

mehr, als diese Gruppe von der Zusammensetzung<br />

her als relativ homogen eingestuft wurde. Demgegenüber<br />

bewegen sich die Gewichtungsfaktoren<br />

innerhalb eines relativ engen Rahmens. Der Unterschied<br />

zwischen wichtigstem <strong>und</strong> unwichtigstem<br />

Kriterium beschränkt sich auf den Faktor zwei.<br />

Analyrical Hierarchy Process (AHP)<br />

GR INN KHS ws Fragebogen AHP<br />

Humantoxikolo~ische Auswirkungen ................ 3 4 I 2 0.054 0.153<br />

ÖkotOXikolo~ischeAus;virkungen (aquatisch). 3 4 2 I 0.050 0.104<br />

Radioaktive Emissionen 3 4 I 2 0.038 0.060<br />

BiId~ng photochemischer Oxidantien .. 3 4 2 I 0.046 0.059<br />

ZerstÖrung der ()zonschi~ht.. 3 4 I 2 0.056 0.122<br />

Treibhauseffekt 4 3 I 2 0.054 0.115<br />

Versauerung 3 4 I 2 0.043 0.065<br />

..... , ..........<br />

Eutrorhierung .. 3 4 I 2 0.043 0.065<br />

Verbrauch abiotischer Ressourcen 3 4 I<br />

.....<br />

2 0.048 0.077<br />

Flächeninanspruchname 3 4 I 2 0.040 0.038<br />

Summe Ökobilanz 31 39 12 18<br />

~auabfalhnengenin der Abbruchphase ..... 2 4 3 I 0.020<br />

Volumen kontaminierter Aushub I 3 4 2 0.028<br />

Volumen Aushub 3 4 I 2 0.019<br />

..<br />

Spontanvegetation .. ..1 3 3 2 0.031 0.020<br />

Biotopflächenfaktor .. I 4 3 2 0.041 0.029<br />

Vernetzung der Lebensräume I 3 3 3 0.039 0.027<br />

Summe der Ökologischen Kriterien 40 60 29 30 0.583 1.000<br />

Nutzungsflexiblität .... 1 I I<br />

............<br />

I 0.042 0.074<br />

Nutzungsmischung ... I 4 2 3 0.042 0.090<br />

Umnut~un~/Z;vischennutzung .. 2 2 2 I 0.041 0.057<br />

. ......<br />

Gebäudeteiligkeit .... .2 4 3 3 0.025 0.024<br />

...........................<br />

Standortaufwertung 2 3 3 I 0.041 0.165<br />

...... , .........................<br />

Identifikation mit dem Quartier 2 3 3 2 0.039 0.055<br />

Inte~ration inden Kreis 5... I 3 I 2 0.036 0.056<br />

Zugänglichkeitfür vers.chiedene Gruppen. . I 4 3 I 0.036 0.080<br />

Verkehr/Erschliessung I 4 2 3 0.046 0.150<br />

Invesiitionsvoi~ll1el1·· ... 3 4 I 2 0.032 0.051<br />

Rendite I 3 4 2 0.037 0.199<br />

Summe der sozialen <strong>und</strong> Ökonomischen Kriterien 17 35 25 21 0.416 1.000<br />

Gesamtsumme 57 95 54 51 1.000<br />

Gewichtete Summe der Ökologischen Kriterien 2.5 3.8 1.8 1.9<br />

Gewichtete Summe der sozialen <strong>und</strong><br />

Ökonomischen Kriterien 1.4 3.2 2.5 1.9<br />

In der AHP-Methode wurden 11 Matrizen mit den<br />

paarweisen Gewichtungen der sozialen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Kriterien einerseits <strong>und</strong> den ökologischen<br />

Kriterien andererseits ausgewertet. Die Berechnung<br />

der normalisierten Gewichtungsfaktoren,<br />

die in Tab. 3.3.1<br />

wiedergegeben sind, erfolgt<br />

mit Hilfe eines Computerprogrammes.<br />

Die Mediane der<br />

Gewichtung der sozialen <strong>und</strong><br />

ökonomischen Kriterien sind<br />

in Tab. 3.3.2 dargestellt (siehe<br />

nächste Seite). Wie die Auswertung<br />

der Befragung zeigt,<br />

bestehen auch bei dieser<br />

Methode grosse Unterschiede<br />

bei den Bewertungen. Die Mitglieder<br />

der Synthesegruppe Al<br />

vertreten zum Teil völlig konträre<br />

Ansichten hinsichtlich der<br />

Gewichtung einzelner Kriterien.<br />

Die Gewichtungsfaktoren<br />

bewegen sich bei dieser Erhebung<br />

in beiden Kategorien in<br />

einem weiteren Rahmen <strong>und</strong><br />

erreichen maximal einen Faktor<br />

zehn.<br />

Diskussion der Erhebung<br />

der Gewichte<br />

Ein Vergleich der Resultate<br />

der beiden Erhebungsmethoden<br />

zeigt zum Teil gute Übereinstimmungen,<br />

zum Teil aber<br />

auch stark widersprüchliche<br />

Einschätzungen. Wichtigste<br />

Randbedingung bei der Interpretation<br />

der Ergebnisse ist,<br />

diese vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

kleinen Stichprobenzahl zu betrachten.<br />

Die grosse Hetero-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 123


Umsetzung<br />

_<br />

Nr. Kriterium 1 2 3<br />

Kriterium Nr.<br />

5 6 7 II 9 10 n<br />

1 Gebäudeteiligkeit 1<br />

2 Nutzungsflexiblität 3 1<br />

3 Verkehr/Erschliessung 5 3 1<br />

4 <strong>Umnutzung</strong>/Zwischennutzung 3 1 Y, 1<br />

5 Identifikation mit dem Quartier 3 1 Y3 1 1<br />

6 Integration in den Kreis 5 3 1 J4 1 1 1<br />

7 Nutzungsmischung 4 1 1 2 2 1 1<br />

8 Zugänglichkeit für verschiedene Gruppen 3 Y, Y, 2 2 2 1 1<br />

9 Standortaufwertung 6 3 1 3 3 3 2 2 1<br />

10 Investitionsvolumen 2 Y, Y, 1 1 1 Y, Y, Y3 1<br />

11 Bruttorendite 6 3 1 3 3 4 3 5 1 3 1<br />

Tab. 3.3.2 Matrix mitden Medianen der Gewichtungen der sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Kriterien.<br />

genität innerhalb der Bewertungen hat zu grossen<br />

Standardabweichungen geführt. Die Differenzen<br />

innerhalb der Gewichtungsfaktoren sind somit zum<br />

Teil nicht signifikant. Es ist anzumerken, dass die<br />

Grösse <strong>und</strong> Zusammensetzung der Befragungsgruppe<br />

für die beiden Methoden nicht identisch waren.<br />

Der Vergleich der Methoden wurde mittels einer<br />

einfachen Betrachtung der Rangfolgen der Gewichtungsfaktoren<br />

unternommen. Die Gewichtungsfaktoren<br />

der ökologischen Kriterien zeigen generell eine<br />

gute Übereinstimmung. Die Unterschiede in der<br />

Rangfolge liegen - bis auf das Kriterium Radioaktivität<br />

- innerhalb der Streubreite der Schätzungen. Bei<br />

beiden Umfragemethoden nehmen die Kriterien der<br />

Ökobilanz die höchsten Stellenwerte ein.<br />

Bei der Gewichtung der nicht-ökologischen Kriterien<br />

gibt es auffallendere Unterschiede. Besonders<br />

deutlich tritt dies am Beispiel der Bruttorendite zum<br />

Ausdruck. Während dieses Kriterium im Fragebogen<br />

nur auf den 7. Rang kommt, belegt es mit deutlichem<br />

Abstand Platz eins bei der AHP-Befragung.<br />

Die Erhebung der Gewichte mittels zweier verschiedener<br />

Verfahren zeigt, dass die Resultate nicht<br />

unabhängig von der Wahl der Methode sind. Aufgr<strong>und</strong><br />

der methodischen Vorteile des AHP, die in Abschnitt<br />

2.4.3 beschrieben wurden, <strong>und</strong> der Tatsache,<br />

dass die Gewichtungsfaktoren bei der AHP-Methode<br />

deutlichere Grössenunterschiede zeigen, werden im<br />

weiteren die AHP-Resultate zur Variantenbewertung<br />

verwendet.<br />

"<br />

Variantenhewertung<br />

Um die Ergebnisse in<br />

einen Vergleich zu bringen,<br />

wurde für jedes<br />

Kriterium eine Rangfolge<br />

der Varianten gebildet.<br />

Die «beste» der<br />

untersuchten Varianten<br />

bekam den Wert 1,<br />

die folgenden Varianten<br />

entsprechend die<br />

Ränge 2, 3 <strong>und</strong> 4 (gleiche<br />

Ränge waren zugelassen).<br />

Die Ränge<br />

wurden entsprechend<br />

dem linearen Ansatz (vgl. Abschnitt 2.4.1) gewichtet<br />

aufsummiert. Die zwei aggregierten Vergleichskrite7<br />

rien der Varianten sind graphisch in Abb. 3.3 darge:<br />

stellt.<br />

Die Methode zur Erhebung der Gewichte der Kriterien<br />

schien konzeptionell sehr wichtig, um die<br />

subjektiven Werthaltungen einer Personengruppe zu<br />

berücksichtigen. Auf die Schlussergebnisse hat die<br />

gemeinsame subjektive Bewertung keinen grossen<br />

Einfluss, weil die Ergebnisse der Bewertungserhebung<br />

nicht weit von einer gleichmässigen Gewichtung<br />

entfernt sind. Die individuellen Gewichtungen<br />

sind stark unterschiedlich, die mit unserer Methode<br />

erhobenen gemeinsamen Präferenzen unterscheiden<br />

sich nur wenig von einer Gleichgewichtung der<br />

<strong>Umwelt</strong>einwirkungen (vgl. Tab. 3.3.3 mit Tab. 3.3.1),<br />

ein Unterschied besteht in der unterschiedlichen<br />

. Reihenfolge der Varianten Kunsthochschule <strong>und</strong><br />

WerkStadt bei den ökologischen Kriterien.<br />

GR IHN KHS WS<br />

Arithmetisches Mittel der ökologischen<br />

Kriterien 2.4 3.8 2 1.8<br />

Arithmetisches Mittel der sozio-ökonomischen<br />

Kriterien 1.5 3.2 2.3 1.9<br />

Tab. 3.3.3 Variantenbewertung ohne Gewichtung (arithmetisches Mittel<br />

der Riinge). GR = Variante Grünraum, INN= Variante Industrienahe<br />

Nutzung, KHS= Variante Kunsthochschule, WS= Variante WerkStadt.<br />

*1l 1.<br />

1.<br />

beste<br />

2.<br />

Vergleich aufgr<strong>und</strong> sozio-ökonomischer Kriterien<br />

3.<br />

4.<br />

schlechteste<br />

Abb. 3.3 Graphische Veranschaulichung der Variantenbewertung au/gr<strong>und</strong><br />

von ökologischen mit sozio-ökonomischen Kriterien (mittlere gewichtete<br />

Rangfolge).<br />

124 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________umsetzung<br />

4 Rückblick auf unsere Arbeit<br />

4.1 folgerungen aus den Ergebnissen<br />

4.1.1 Aus den allgemeinen Resultaten<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele, Kriterien, Anforderungen, Massnahmen<br />

Die in der Abb. 3.1.1 aufgeführten Ziele erheben<br />

nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Zusammenstellung<br />

dürfte aber eine Gr<strong>und</strong>lage darstellen,<br />

die als Basis für nachfolgende Arbeiten dienen kann.<br />

Alle unsere Arbeiten basieren auf der ZKAM-Liste.<br />

Auch die zugeordneten Kriterien <strong>und</strong> Anforderungen<br />

sowie unsere Massnahmevorschläge stellen<br />

keine vollständige, alle Bereiche umfassende Liste<br />

dar.<br />

Verbindung von Bauphasen <strong>und</strong><br />

Massnahmenvorschliigen<br />

In der Vielfalt der Massnahmen stellt es eine besondere<br />

Herausforderung dar, zur richtigen Zeit<br />

die richtige Massnahme zu treffen. Wie aus dem<br />

Werkblatt (vgl. AbschnittS) ersichtlich ist, sind in<br />

den ersten drei Phasen (Strategische Planung, Vorstudien,<br />

Projektierung) deutlich mehr Massnahmenmöglichkeiten<br />

für das Erreichen der Ziele gegeben<br />

als während der Realisierungs- <strong>und</strong> der Nutzungsphase<br />

des Bauwerks. Dies deckt sich mit der These<br />

aus dem Teilprojekt «Organisation (Logistik <strong>und</strong><br />

Abläufe)>>, wonach die frühen Phasen der Planung<br />

für die Zielerreichung des Bauvorhabens von entscheidender<br />

Bedeutung sind.<br />

Ein weiterer Punkt dabei sind die unterschiedlichen<br />

Wirkungsweisen der verschiedenen Massnah­<br />

'1len: Ein Teil der Massnahmen dient der Symptomoekämpfung<br />

<strong>und</strong> kann nurmehr in der Linderung<br />

eines Missstandes wirksam werden. Demgegenüber<br />

stellen präventive, vermeidende Massnahmen echte<br />

Steuerhebel dar, welche frühzeitig in die Konzeption<br />

einbezogen werden sollten.<br />

Evaluation<br />

Bei der Evaluation der Massnahmen hat sich herausgestellt,<br />

dass die Symptombekämpfung in vielen<br />

Fällen viel einfacher ist als eine Prävention. Dabei<br />

wird übersehen, dass eine Ursachenbekämpfung in<br />

vielen Fällen die massiv grösseren Synergieeffekte<br />

aufweist. (Vergleiche Massnahmen im Bereich des<br />

Verkehrs: arealexterne Verkehrsbeschränkungen bewirken<br />

nicht nur eine Reduktion des Lärmes, sondern<br />

sie heben langfristig auch die Luftqualität <strong>und</strong><br />

sorgen für eine erhöhte Attraktivität des Standortes<br />

für Wohnen <strong>und</strong> Kultur.)<br />

In vielen Fällen gibt es Massnahmen, die einfach<br />

<strong>und</strong> oftmals auch kostengünstig zu realisieren sind ­<br />

immer unter der Einschränkung, dass man sie im<br />

richtigen Zeitpunkt berücksichtigt.<br />

Die besten Resultate werden aber im allgemeinen<br />

nicht <strong>durch</strong> die Umsetzung von einzelnen Massnahmen,<br />

sondern <strong>durch</strong> konzertierte Realisierung<br />

von Massnahmepaketen erreicht. Ansatzpunkte für<br />

die Synergien liefern dabei die Evaluationslisten.<br />

Die Art <strong>und</strong> Weise, wie eine Massnahme in die Tat<br />

umgesetzt wird, kann eine wichtige Rolle spielen.<br />

Die Wirksamkeit hängt in den meisten Fällen nicht<br />

nur davon ab, OB, sondern auch WIE etwas in die Tat<br />

umgesetzt wird. Erste Ansatzpunkte für dieses WIE<br />

sind bei den arealbezogenen Resultaten zu finden<br />

(Abschnitte 3.2 <strong>und</strong> 4.1.2). Aber auch die verfeinerten<br />

Evaluationen für die Beispiele Abbruch resp.<br />

Altlasten zeigen diesen Sachverhalt auf.<br />

Dort können wir aber auch noch einen weiteren<br />

Schwachpunkt identifizieren: Die Politik <strong>und</strong> die<br />

Wirtschaft setzen vom Standpunkt der <strong>Umwelt</strong> aus<br />

in vielen Fällen Grenzen oder Signale an der<br />

falschen Stelle. Hier bedarf es einer Reflexion von<br />

Seiten der entsprechenden Institutionen (Gesetzgeber,<br />

Vollzug, Beteiligte, etc.).<br />

4.1.2 Aus den arealbezogenen Resultaten<br />

Die Ziele der Stadtplanung <strong>und</strong> der Arealsplanung<br />

sollten in Einklang gebracht werden.<br />

Die angestrebte Nutzungs<strong>durch</strong>mischung im Areal<br />

macht dann Sinn, wenn für die Nutzer <strong>und</strong> Bewohner<br />

gleichzeitig ein angenehmes Wohn-, Arbeits- <strong>und</strong><br />

Freizeitklima geschaffen wird. Die Mischnutzung<br />

kann das Areal zu einem lebendigen Quartier aufwerten<br />

<strong>und</strong> dämpft das Aufkommen zusätzlicher<br />

Pendlerströme.<br />

Die Evaluation zeigt aber auch, dass ökologisch<br />

unbestritten wirksame Massnahmen nicht in jedem<br />

Fall den gleichen Sinn machen. Der Trend zum<br />

Einsatz von nicht-fossilen Brennstoffen wie Solarwärme,<br />

Holz oder Geothermie für die Beheizung von<br />

Wohnungen, Büros etc. ist im Fall des SEW-Areals<br />

nicht sehr sinnvoll, da in nächster Umgebung ergiebige<br />

Wärmequellen gegeben sind (industrielle<br />

Produktionsanlagen auf dem Gelände, KVA an der<br />

Josephstrasse). Naheliegend sind hier vielmehr<br />

Massnahmen für die Kühlung von Büro- <strong>und</strong> Gewerberäumen.<br />

Im Übrigen gibt es eine Vielzahl von Massnahmen<br />

aus den verschiedensten Bereichen, welche ohne<br />

Probleme auf dem SEW-Areal umsetzbar sind.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

125


Umsetzung__~<br />

_<br />

4.1.3 Aus den variantenbezogenen Resultaten<br />

Folgenurgen aus den ökologischen, sozialen <strong>und</strong><br />

ökonomischen Kriterien<br />

Die Folgerungen aus der Ökobilanz werden im Kapitel<br />

ÖKOBILANZdiskutiert. An dieser Stelle sei auf<br />

Folgendes hingewiesen:<br />

Die Ökobilanz wird stark <strong>durch</strong> einfache Zusammenhänge<br />

beeinflusst, so etwa <strong>durch</strong> die Bruttogeschossfläche,<br />

die insgesamt bzw. für die verschiedenen<br />

Nutzungen vorgesehen ist. Diese Zusammenhänge<br />

waren zwar von vornherein zu vermuten, ihr<br />

Einfluss war jedoch kaum abschätzbar. Die in der<br />

Ökobilanzierung erreichte Quantifizierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

trägt deshalb wesentlich zum Problemverständnis<br />

bei <strong>und</strong> verdeutlicht die latenten<br />

Unterschiede zwischen den vier Varianten.<br />

Die Verteilung der <strong>Umwelt</strong>belastung auf die Prozesse<br />

<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Nutzung gibt Aufschluss über<br />

Ansatzpunkte für mögliche Einsparungen. Eine<br />

sinnvolle Ergänzung bilden Ökobilanzen für einzelne<br />

Baustoffe (z.B. hinsichtlich der Produktion,<br />

sowie für Bauteile <strong>und</strong> Gebäude in Hinblick auf die<br />

Frage <strong>Umnutzung</strong> vs. Neubau.<br />

Von besonderer Bedeutung sind die auf verschiedene<br />

Standpunkte bezogenen Resultate der Ökobilanz<br />

(vgl. Abschnitt 3.3 sowie Kapitel ÖKOBILANZ),<br />

in denen je nach Normierung unterschiedliche, plausible<br />

Rangfolgen der Varianten erhalten werden.<br />

Bei einer umfassenden Bewertung der Varianten<br />

müssen die ökologische, die ökonomische <strong>und</strong> die<br />

soziale Dimension betrachtet werden.<br />

Die zusammenfassende quantitative Bewertung<br />

der Varianten ist aufschlussreich. Dies gilt trotz der<br />

notwendigen Beschränkung auf die quantifizierbaren<br />

variantenbezogenen Kriterien. Man muss sich<br />

jedoch im klaren darüber sein, dass sich auf diese Art<br />

nur eine quantitative Präferenz erstellen lässt. Für die<br />

Ableitung von Folgerungen - wie etwa die Entscheidung<br />

für eine der Varianten - müssen jedoch<br />

weitere, nicht unbedingt quantifizierbare Kriterien<br />

einbezogen werden (qualitative Präferenz).<br />

Die einzelnen Bewertungskriterien innerhalb der<br />

drei Dimensionen werden - wie die Ziele der Synthesegruppe<br />

auch - individuell unterschiedlich wich;<br />

tig eingestuft. Die Gewichte der Kriterien lassen sier,<br />

prinzipiell so bestimmen, dass sie mit der Wichtigkeit,<br />

die ihnen zugesprochen wird, korrespondieren.<br />

Die Ergebnisse hängen jedoch ab von der angewendeten<br />

Erhebungsmethode. Bei der vorliegenden Anzahl<br />

von Kriterien erhält man bei Gleichgewichtung<br />

aller Kriterien dieselben Resultate.<br />

Der Vergleich der Bewertungen der drei Dimensionen<br />

untereinander stellt insofern ein gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

Problem dar, als sich die individuellen Präferenzen nur<br />

bedingt zu einer gemeinsamen Präferenz aggregieren<br />

lassen.<br />

Folgerungen aus der Bewertllngserhebung<br />

Anhand von zwei methodisch unterschiedlichen<br />

Befragungstechniken (Fragebogen, Analytical Hierarchy<br />

Process) wurden Möglichkeiten <strong>und</strong> Probleme<br />

aufgezeigt, die sich bei der Bewertung von Kriterien<br />

- <strong>und</strong> damit bei der Variantenbewertung - ergeben<br />

(zur Kritik der Methoden vgl. Abschnitt 4.2.3).<br />

Die unterschiedlichen Ergebnisse<br />

bei der Fragebogenaktion<br />

<strong>und</strong> beim Analytical<br />

Hierarchy Process führen zu<br />

der These, dass die formalen<br />

Möglichkeiten, die man zur<br />

Bewe,rtung anbietet, grossen<br />

Einfluss auf die resultierende<br />

Gewichtung haben. Die Transparenz<br />

des 'nachfolgenden<br />

Bewertungsschrittes für den<br />

Bewertenden, das Vorwissen<br />

<strong>und</strong> die Anzahl der Kriterien<br />

scheint bedeutenden Einfluss<br />

auf die Gewichtung zu haben.<br />

Das Ergebnis lässt sich als<br />

formalisiertes Stimmungsbild<br />

interpretieren.<br />

Kasten 4.1.4 Diskussionsvorschlag<br />

4.1.4 Bedeutung dieser Arbeit für die Umsetzung von<br />

<strong>Umwelt</strong>zielen<br />

Möglidikeiten <strong>und</strong> Grenzen<br />

Diese Arbeit gibt Hinweise auf die Möglichkeiteq<br />

aber auch Grenzen bei der Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>..<br />

126<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------------- Umsetzung<br />

zielen. Die Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen sollen dazu<br />

anregen, sie zu ergänzen <strong>und</strong> neue Ideen anzufügen.<br />

Eine endgültige Liste zu dieser Thematik wird es<br />

kaum je geben: Die Innovation der Technik birgt<br />

zwar auch Gefahren für die <strong>Umwelt</strong> in sich, bietet<br />

aber vor allem auch neue Chancen für die Umsetzung<br />

von <strong>Umwelt</strong>zielen.<br />

Unsere Verantwortung<br />

Für die Umsetzung von umweltbezogenen Zielsetzungen<br />

in einem Bauvorhaben haben wir <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlerInnen<br />

versucht, das wichtigste<br />

Wissen für die Anwendung in der Praxis zusammenzustellen.<br />

Dies allein ist aber nicht genug, um die<br />

Bauwirtschaft ökologischer zu machen. Jeder <strong>und</strong><br />

jede von uns ist aufgefordert, sich ökologisch zu verhalten<br />

<strong>und</strong> dies auch an die nächste Generation weierzugeben.<br />

Die Menschheit muss sich ihrer Rolle im<br />

Netz der Natur bewusst werden <strong>und</strong> die eigenen<br />

Werthaltungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen entsprechend<br />

anpassen. Ein Diskussionsvorschlag wird im Kasten<br />

4.1.4 eingebracht.<br />

4.2 Methodenkritik<br />

4.2.1 ZKAM-Modell<br />

Im weiten Feld der Ziele <strong>und</strong> Massnahmen für<br />

umweltschonendes <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> nachhaltige (Um-)<br />

Nutzung galt es, eine Struktur zu schaffen, welche<br />

logische Zusammenhänge aufzeigt. Das entworfene<br />

ZKAM-Modell ist unser Ansatz, um im normalen<br />

Sprachgebrauch uneinheitlich benutzte Begriffe<br />

abzugrenzen <strong>und</strong> um die Vielfalt der Schlagwörter<br />

im Zusammenhang mit <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> zu<br />

ordnen.<br />

Jedes Modell hat auch seine Schwächen: Die Zielentwicklung,<br />

bei welcher aufgr<strong>und</strong> eines unbefriedigenden<br />

Ist-Zustandes ein Bedürfnis erwächst <strong>und</strong><br />

als Ziel formuliert wird, kann nicht ausreichend<br />

wiedergegeben werden. Die Massnahme wird daher<br />

nicht als «operationalisiertes Ziel» wahrgenommen,<br />

als Veränderung des Ist-Zustandes hin zu einem<br />

Zustand, der dem Ziel näherkommt, sondern als eine<br />

abschliessende Handlung ohne direkten Bezug zum<br />

Ist-Zustand. Die Interventionsmassnahme müsste<br />

stärker von den Elementen der vorliegenden Situation<br />

ausgehen. Im ZKAM-Modell wird eher der<br />

Handlungsspielraum, also der Grad der Entscheidungsfreiheit<br />

des Handelnden zum Ausdruck gebracht.<br />

Das Ineinandergreifen von Projektion <strong>und</strong><br />

Realität, mithin der Impuls, welcher von der Realität<br />

ausgeht, im Ziel bewusst wird <strong>und</strong> in der Massnahme<br />

umgesetzt werden soll, kommt zu wenig zum<br />

Ausdruck.<br />

4.2.2 Massnahmenevaluation<br />

Die Massnahmenauflistung mit den drei Kriterien<br />

«Wirkungszusammenhang», «Machbarkeit» <strong>und</strong><br />

«Kosten» liefert ein einfaches Schema, mit dem man<br />

sich einen Überblick über die Qualität verschiedener<br />

zur Auswahl stehender Massnahmenvorschläge ';erschaffen<br />

kann, ohne dass vertiefte Kenntnisse des<br />

betroffenen Systems vorhanden sein müssen. Genau<br />

dies war bei unserer Evaluation der Fall, hatten wir<br />

doch viel zu wenig Datenmaterial, um vertiefte<br />

Aussagen z.B. bezüglich der Kosten zu machen. Wir<br />

beschränkten uns daher auf verbale Bewertungsstufen.<br />

Die exemplarische, detaillierte Massnahmenevaluation<br />

nach Wirkungsebenen ermöglicht eine<br />

differenzierte Betrachtung der Kosten-Wirksamkeits-Beziehung.<br />

Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse<br />

scheint uns für wichtige Entscheidungsprozesse ein·<br />

geeignetes Evaluationsinstrument darzustellen.<br />

4.2.3 Variantenbewertllng<br />

Die Bewertung der Ökobilanzierungsmethodik wird<br />

im Kapitel ÖKOBILANZ diskutiert. Für die Beurteilung<br />

der Fragebogenerhebungen werden die drei Kriterien<br />

Objektivität, Reliabilität <strong>und</strong> Validität untersucht.<br />

Als objektiv gilt eine Befragung, wenn mehrere Personen,<br />

die die Erhebung auswerten, zu denselben<br />

(numerischen) Resultaten kommen. In diesem Fall<br />

ergab sich ein Auswertungsspielraum hinsichtlich<br />

der Mittelbildung. Im Fall des Fragebogens wurde<br />

aus naheliegenden Gründen der arithmetische Mittelwert<br />

gebildet. Für die Mittelbildung der ausgefüllten<br />

AHP-Matrizen wurde - weil es sich um eine<br />

multiplikative Bewertung handelt - der geometrische<br />

Mittelwert erwogen. Wegen der einfachen Bestimmung<br />

<strong>und</strong> um das Ergebnis in der angegebenen<br />

Skalierung darstellen zu können, wurde der Median<br />

gewählt. Die Unterschiede sind jedoch gering.<br />

Als re!iabe! gilt die Erhebung in unserem Fall,<br />

wenn sie die Wertvorstellungen der befragten Personen<br />

zuverlässig misst. Es gibt zwar keine Fragewiederholungen,<br />

aber die weitgehenden Übereinstimmungen<br />

zwischen den beiden Befragungen<br />

(Fragebogen <strong>und</strong> AHP) sprechen dafür. Die Kriterien<br />

haben eher sachlichen Charakter. Das bedeutet<br />

einerseits, dass die emotionale Beeinflussung bei der<br />

Beantwortung der Fragen eher gering eingeschätzt<br />

wird, aber andererseits, dass eine Unsicherheit bei<br />

der Beantwortung auftreten konnte, weil die Mitglieder<br />

der Synthesegruppe Al nicht mit allen Kriterien<br />

im Detail vertraut gemacht wurden. Es wurde<br />

zwar die Bedeutung der Kriterien auf einem Beiblatt<br />

dokumentiert, aus Zeitgründen konnten jedoch die<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

127


umsetzung ---'- _<br />

Berechnungsverfahren <strong>und</strong> die dabei auftretenden<br />

Schwierigkeiten nicht erläutert werden. Das Ziel,<br />

eher eine Erhebung der subjektiven Präferenzen als<br />

eine Beurteilung der (technischen) Unsicherheiten<br />

bei der quantitativen Bestimmung von Kriterien zu<br />

erhalten, wurde erreicht.<br />

Als valide gilt eine Erhebung, wenn tatsächlich<br />

die Wertvorstellungen der befragten Personen <strong>durch</strong><br />

die Ergebnisse wiedergegeben werden. Überprüft<br />

man die Äquivalenz der Aussagen <strong>und</strong> des Verhaltens<br />

der befragten Personen, erhält man die logische<br />

Validität. Diese Überprüfung - etwa <strong>durch</strong> Untersuchung<br />

des tatsächlichen Verhaltens (z.B. einer<br />

Entscheidung für eine von mehreren Handlungsalternativen)<br />

- wäre viel zu aufwendig gewesen.<br />

Eine kriteriumbezogene Validierung versucht, die<br />

erhobenen Bewertungen mit einem Aussenkriterium<br />

zu messen, z.B. <strong>durch</strong> Befragung der Mitarbeiter<br />

eines Kernkraftwerks, von denen erwartet werden<br />

kann, dass sie die Auswirkungen radioaktiver Strahlung<br />

als weniger wichtig einstufen. Da jedoch u.a.<br />

wegen der geringenZahl der Befragten keine innere<br />

Differenzierung der untersuchten Gruppe <strong>durch</strong>geführt<br />

werden konnte, liess sich keine kriteriumbezogene<br />

Validierung <strong>durch</strong>führen.<br />

Eine Konstruktvalidierung - also die Prüfung der<br />

einzelnen Bewertungen innerhalb eines Wertesystems<br />

(Kontrukts) - scheitert an der Nicht-Existenz<br />

einer anerkannten Werteklassifikation. Die Auswertung<br />

der AHP-Matrix ermöglicht jedoch die Bestimmung<br />

der Konsistenz der Aussagen. Im Idealfall folgt<br />

aus den Aussagen «Kriterium 1 ist dreimal wichtiger<br />

als Kriterium 2» <strong>und</strong> «Kriterium 3 ist zweimal so<br />

wichtig wie Kriterium 2», dass das Kriterium 1 sechsmal<br />

so wichtig ist wie Kriterium 3. Eine solche perfekte<br />

Konsistenz ist jedoch im allgemeinen nicht<br />

128 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Umsetzung<br />

erwarten (<strong>und</strong> wird auch bei der Befragung nicht angestrebt).<br />

Das von Saaty vorgeschlagene Konsistenzkriterium,<br />

das den Grad der Abweichung von der<br />

perfekten Konsistenz angibt, ergibt für die erhobenen<br />

AHP-Matrizen keine signifikante Inkonsistenz.<br />

4.3 Das Vorgehen im Rückblick<br />

4.3.1 Brainstorming<br />

Die Methode des Brainstorming hat den Vorteil, dass<br />

alles, was von den Teilnehmenden assoziiert wird,<br />

sofort für alle sichtbar dargestellt werden kann. Damit<br />

endete leider schon manches Brainstorming. Wir<br />

versäumten speziell in der ersten Synthesephase, die<br />

gesammelten Informationen aus diesem Vorgehensschritt<br />

zu ordnen <strong>und</strong> für den nächsten Schritt in<br />

mserem Vorgehen auszuwerten, für den Arbeitsprozess<br />

zu operationalisieren. Fazit: Vor dem Brainstorming<br />

sollten die Ziele, nachher die Umsetzung<br />

geklärt sein. Die Assoziativ-Phase sollte zeitlich<br />

knapp bemessen werden <strong>und</strong> genügend Zeit für den<br />

ordnenden Teil eingeräumt werden.<br />

Der Übergang von der Teilprojektphase in die<br />

zweite Synthesephase war in unserer Gruppe sehr<br />

problematisch: Von den relativ «unkomplizierten»<br />

Teilprojekten herkommend, versammelten sich die<br />

Teilnehmenden wieder <strong>und</strong> fanden sich vor verschiedene<br />

Probleme gestellt. Es galt, innert vier<br />

Wochen einen Bericht zu verfassen, dazu die Teilprojektresultate<br />

angemessen zu integrieren <strong>und</strong> die<br />

Syntheseidee in die richtige - <strong>und</strong> allgemein akzeptierbare<br />

- Weise weiterzuentwickeln. Wir waren also<br />

gleichzeitig mit einer formalen (Bericht), einer organisatorischen<br />

(TP-Resultate integrieren) <strong>und</strong> einer<br />

wissenschaftlich-anwendungsorientierten Anfordeung<br />

(Syntheseidee) konfrontiert.<br />

folgenden Gründen: Motivationsunterschiede der<br />

Teilnehmenden, unterschiedliche Komplexität der<br />

behandelten Materie, der Bearbeitungsaufwand, damit<br />

das Wissen in die Synthese integrierbar wird, war<br />

sehr variabel. Der Integration des Wissens jedes Teilnehmenden<br />

sollte deshalb grössere Aufmerksamkeit<br />

geschenkt werden, d.h. ein methodisches Gerüst <strong>und</strong><br />

eine klarere Gruppenorganisation könnten diesen<br />

Vorgang wesentlich unterstützen. Eine Stellungnahme<br />

zu den gruppenorganisatorischen Belangen<br />

findet sich im Kasten «Gruppenorganisation».<br />

4.3.3 Umsetumg der Synthesddee<br />

In diesem Bericht erscheinen die allgemeinen, die<br />

areal- <strong>und</strong> die variantenbezogenen Resultate als<br />

unabhängige Ergebnisteile. Der explizite Zusammenhang<br />

der Ergebnisse konnte nicht genügend<br />

diskutiert werden. Zwar haben die Aussageteile für<br />

sich genommen einen gewissen Erkenntniswert,<br />

aber die Integration dieser Teile zu einem Ganzen,<br />

der für alle nachvollziehbare Integrationsprozess war<br />

noch nicht hinreichend entwickelt.<br />

Ein dauernder Austausch zwischen allen Synthesegruppen<br />

<strong>und</strong> eine Integration oder Synopsis der<br />

Syntheseergebnisse der gesamten <strong>Fallstudie</strong> wäre<br />

sehr wünschbar, konnte jedoch aus Zeitgründen<br />

innerhalb des Semesters nicht erreicht werden.<br />

4.3.2 Integration des Teilprojektwissens<br />

Wir verfügten zu Beginn über kein Konzept für den<br />

systematischen Einbezug des Spezialwissens jedes/r<br />

Teilnehmenden. Als klar wurde, dass die Teilprojektresultate<br />

von sehr unterschiedlicher Art <strong>und</strong><br />

Qualität waren, organisierten wir Arbeitsgruppen,<br />

welche die Resultate in eine vergleichbare Aussagequalität<br />

zu bringen hatten. In diesen Arbeitsgruppen<br />

wurde die Syntheseidee konkretisiert.<br />

Die praktische Integration des Teilprojektwissens<br />

bezüglich wissenschaftlichen Erkenntnissen in die<br />

Synthesearbeit muss als ungenügend bezeichnet<br />

werden. Im Plenum wie in den Arbeitsgruppen<br />

wurde wie selbstverständlich davon ausgegangen,<br />

dass alles wichtige von den Teilnehmenden automatisch<br />

eingebracht werde. Dies war nicht der Fall. Aus<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

129


umsetzung<br />

_<br />

5. Werkblatt «öauen<br />

5.1 Vorspann<br />

Im Rahmen der Arbeiten der Synthesegruppe<br />

«Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen» kristallisierte sich<br />

die Idee heraus, die Vielfalt der generalisierbaren<br />

Aussagen verstärkt in einen Anwendungsbezug zu<br />

stellen. Gerade die hier erarbeiteten ziel- <strong>und</strong> massnahmenbezogenen<br />

<strong>Fallstudie</strong>nresultate werden als<br />

Beitrag aufgefasst, der als eigenständiges Ergebnis<br />

potentiellen Nutzern nun zur Verfügung gestellt<br />

werden soll.<br />

Wir sind uns bewusst, dass die Schrittlänge von einer<br />

Hochschul-<strong>Fallstudie</strong> zu einem tauglichen Praxiswerkzeug<br />

sehr weit ist. Mit dem einen Schritt der<br />

Überarbeitung im Anschluss ans <strong>Fallstudie</strong>nsemester<br />

war das Ziel eines eigenständigen Produktes<br />

jedenfalls nicht zu erreichen. Gerade deshalb möchten<br />

wir den entstandenen Entwurf im Rahmen des<br />

<strong>Fallstudie</strong>nbandes vorlegen: Wenn die Idee oder<br />

einzelne Teile daraus sich als nützlich erweisen oder<br />

die Diskussion befruchten, ist unser <strong>Fallstudie</strong>nzi.el<br />

erreicht. Falls der vorliegende Ansatz als Ausgangspunkt<br />

für die Entstehung eines eigenständigen<br />

Produktes (Publikation) aufgegriffen werden sollte,<br />

würden wir selbstverständlich gerne alle in unserer<br />

Kompetenz liegende Unterstützung bieten.<br />

Anmerkungen<br />

II Verschiedene der' aufgeführten<br />

Massnahmen betreffen Ziele, weIche<br />

nicht unmittelbar zu einem<br />

Bauvorhaben in Bezug gesetzt<br />

werden können. Solche Massnahmen,<br />

wie z.B. eine C0z-Steuer,<br />

werden hier zwar erwähnt, haben<br />

jedoch keinen «handlungsanweisenden»<br />

Charakter für die Träger<br />

eines Bauvorhabens.<br />

II Die Beachtung ausführlicher<br />

Listen umweltbezogener Massnahmen<br />

führt nicht «automatisch»<br />

zu optimalen Projekten: Die Projektierung<br />

kann <strong>durch</strong>aus auch<br />

<strong>durch</strong> eine Schwerpunktsetzung<br />

in einzelnen Bereichen zu einer<br />

bezüglich Nutzen, Aufwand <strong>und</strong><br />

<strong>Umwelt</strong>schonung optimalen Lösung<br />

führen.<br />

Im Folgenden ist das Werkblatt in<br />

seinem «Entwurfscharakter» vollständig<br />

wiedergegeben; Form <strong>und</strong><br />

Gestaltung weichen deshalb von den<br />

übrigen Berichtsteilen in diesem<br />

Band etwas ab.<br />

Ökologie» 5.2 <strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele <strong>und</strong><br />

Massnahmen für die <strong>Umnutzung</strong><br />

von Industriebrachen<br />

5.2.1 Adressaten, Ziele<br />

In der Schweiz liegen heute Industrie- <strong>und</strong> Gewerbeareale<br />

in bedeutendem Umfange brach, bereits<br />

für das Jahr 1991 wurde eine nicht mehr genutzte<br />

Bruttogeschossfläche von 9.3 Millionen m 2 berechnet<br />

(IE-Symposium, 1995). Die Reintegration der<br />

z.T. urbanen <strong>und</strong> besterschlossenen Areale stellt<br />

eine grosse Herausforderung dar, gilt es doch, die<br />

<strong>Umnutzung</strong> oder Neugestaltung dieser Flächen nach<br />

im weitesten Sinne städtebaulichen <strong>und</strong> raumplanerischen<br />

. Kriterien, welche auch die Anliegen der<br />

<strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Ressourcenschonung sowie der Nachhaltigkeit<br />

umfassen müssen, zu konzipieren.<br />

Dazu möchten wir aus unserer <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />

welche die Thematik «Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen»<br />

am Sulzer-Escher Wyss-Areal in Zürich untersuchte,<br />

einen Beitrag einbringen. Dieses Werkblatt<br />

«<strong>Bauen</strong> & Ökologie» wendet sich an die mit<br />

solchen Grossprojekten konfrontierten Personen,<br />

namentlich:<br />

• Bauherren sowie<br />

II Architekten <strong>und</strong> Planer.<br />

Selbstverständlich ist ein breiterer Nutzerkreis, von<br />

Investoren bis zu Anwohnergruppen, zur Lektüre<br />

<strong>und</strong> Diskussion geladen.<br />

130<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________umsetzung<br />

Das Werkblatt hat zum Ziel, aus unserer Perspektive<br />

Orientierungen <strong>und</strong> Anregungen zu geben, wie<br />

umweltbezogene Aspekte <strong>und</strong> Massnahmen über<br />

den gesamten Lebenszyklus, vom Planungs- über<br />

den Bau- <strong>und</strong> Nutzungs- bis zum Rückbauprozess<br />

vermehrt integriert werden können.<br />

Viele solche Massnahmen können bereits mit<br />

bescheidenem Aufwand verwirklicht werden. Dabei<br />

ist es unerlässlich, dass diese Massnahmen frühzeitig<br />

in die Konzeption einbezogen werden; späteres<br />

Einbeziehen führt oftmals zu begrenzter Gesamtwirkung<br />

<strong>und</strong> höheren Kosten.<br />

In der vorliegenden Form kann das Werkblatt<br />

weder Anspruch auf Vollständigkeit erheben, noch .<br />

detailliert auf die einzelnen Massnahmen eingehen.<br />

Eher soll es als Übersicht <strong>und</strong> als Wegweiser zu Literanfr<br />

<strong>und</strong> Kontakten dienen.<br />

aufgelistet <strong>und</strong> die. entsprechenden Kriterien, Anforderungen<br />

<strong>und</strong> Massnahmenvorschläge aufgeführt.<br />

Was bringen die einzelnen Massnahmen?<br />

Dazu ist die Tabelle 5.5 «Massnahmenevaluation»<br />

ausgelegt, indem hier alle aufgeführten Massnahmen<br />

unter den Punkten «Wirkungszusammenhang»,<br />

«Kosten» <strong>und</strong> «Machbarkeit» kommentiert werden.<br />

Wie weiter?<br />

Will man sich zu einem bestimmten Thema vertiefter<br />

informieren, sind dazu in der Tabelle «Ziele,<br />

Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen» Verweise<br />

auf die Literatur enthalten.<br />

Zusätzlich wird eine Liste von Kontaktadressen<br />

(5.6) vorgelegt.<br />

5.2.2 Gebrauchsanweisung<br />

Wie soll man mit diesem Werk umgehen?<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Werkblatt<br />

zu nutzen, wie es auch verschiedene Wege gibt, sich<br />

dem Problemfeld <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Nachhaltigkeit zu<br />

nähern. Die folgenden Ausführungen zeigen, was für<br />

Möglichkeiten hier bestehen <strong>und</strong> wo die entsprechenden<br />

Informationen zu finden sind.<br />

Probleme in einer Tabelle?<br />

Ausgewählte Begriffe, welche im Werkblatt verwendet<br />

werden, sind im'Glossar Werkblatt (5.7) erläutert.<br />

Welche Massnahme wams einbeziehen?<br />

In der Tabelle 5.3 «Bauphasen <strong>und</strong> Massnahmen»<br />

sindalle Massnahmen den verschiedenen Bauphasen<br />

zugeordnet. Die alphanumerische Kennzeichnung<br />

jeder Massnahme dient der leichteren Identifikation<br />

in den weiteren Tabellen des Werkblattes. Die<br />

Massnahmen, die keiner Phase sinnvoll zugeordnet<br />

werden können, werden inder Zeile {( Übrige Massnahmen»<br />

aufgeführt.<br />

Welche Umwdtziele wie erreichen?<br />

Diese Frage wird in der umfangreichen Tabelle 5.4<br />

«Ziele, Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen"<br />

aufgenommen. Hier sind alle behandelten Ziele, aufgeteilt<br />

auf die fünf Zielbereiche «Lebensqualität»,<br />

«natürlicher Stoffhaushalt», «Wirtschaftlichkeit»,<br />

«attraktives Umfeld» <strong>und</strong> «Förderung des Wissens»<br />

UNHallstudie <strong>'95</strong><br />

131


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25.k erhöhte Energieeffizienz im Verkehr<br />

~ 22.b ComputerQestützte LOQistik<br />

212.b 141.b Förderung von Fuss- <strong>und</strong> Fahrradverkehr I-wegen<br />

42.a I 43.a I 44.c Stadt- <strong>und</strong> Arealleitbild entwickeln<br />

42.b offene Verhandlungen mit Interessengruppen<br />

42.d Strukturen, die Austausch schaffen<br />

42.e Modulbauweise (Schaltzimmer etc.)<br />

43.c unterschiedl. Nutzungsintensitäten für Ruderalfl.<br />

44.a Einordnen in entspr. Wohnzonen, Gestaltunqspläne, ...<br />

13.a 114.a Erholungsmöglichkeiten, Begegnungs-, kulturel. Zentren<br />

29.c Flächerecycling<br />

26.e Anzahl Untergeschosse gem Gr<strong>und</strong>wasser<br />

33.a Marketingstrategien für pot. Arbeitgeber<br />

41.a Erschliessung mit OeV<br />

44.d Einbinden in VerkehrskonzeDt<br />

12.d Arealinterne Verkehrsbegrenzung<br />

21.a I 24.cdf I 214.a Erneuerbare Energieträger<br />

24.b I 25.e passive Solarnutzung<br />

25.1 Energiespeicherung<br />

24.a 124.e Fernwärme <strong>und</strong> WKK nutzen<br />

41.c periphere Parkplätze<br />

42.c sozialer Wohnungsbau<br />

43.e Ruderalflächen verbinden<br />

210.b Altlasten sanieren I vermeiden<br />

14.b Orientierungspunkte<br />

15.b Grünräume mit ausreichender Vegetation<br />

23.b <strong>Umnutzung</strong> bestehender Bauten<br />

22.a Rückariff auf lokale Ressourcen<br />

12.a Sinnvolle Anordnung I Nutzung Gebäude<br />

15.a Luftzug nicht verbauen<br />

15.c Architekt. Massnahmen gegen Düseneffekte<br />

25.d Transparente Wärmedämmung<br />

25.f Optimierung Fenstergr. Kühllast Heizlast<br />

25.g Tageslichtnutzung<br />

28.b Flächenverbrauch minimieren<br />

31.a Einbezug externer Kosten<br />

44.e Freiflächen nicht in Randlage<br />

53.a neue Technologien einsetzen<br />

21.b I 23.a Erneuerbare Materialien verwenden<br />

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umsetzung<br />

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5.4 Ziele, Kriterien, Anforderungen Ulld Massnahmen<br />

1. LebeIJsqualiriir<br />

Ziele Kriterien Anforderungen Massnabmenvorsclliäge Lit.<br />

l.l Ges<strong>und</strong>heit Innenraum-Schadstoffkonzen- Keine ges<strong>und</strong>heitsschädigenden l1.a Giftklassefreie Baustoffe 1,2<br />

tration<br />

Emissionen aus den Baustoffen<br />

<strong>durch</strong> Einhaltung der Grenzwerte<br />

l1.b Formaldehyd-freie Baustoffe<br />

<strong>und</strong> der Empfehlungen der WHO.<br />

verwenden<br />

Es gibt verschiedene Baustoffe, die<br />

l1.c Baustoffe mit selbständiger<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädigende Chemika-<br />

Regulierung des Innenraumlien<br />

enthalten <strong>und</strong> emittieren.<br />

klimas (SIA-Norm 382)<br />

- z.B. Wärme-<strong>und</strong> Feuchteübergänge<br />

der Gebäudehülle<br />

ermöglichen<br />

1.2 Angenehmer Schallpegel • quantitativ: Schallpegel (dB) Grenzwerte einhalten 12.a Sinnvolle Anordnung der 3<br />

• qualitativ: subjektives Lärm-<br />

Gebäude (Schallriegel mit<br />

empfinden<br />

Dienstleistungsgebäuden)<br />

sowie der Nutzung inner-<br />

Lärm kann auch als störend emp-<br />

halb der Gebäude<br />

f<strong>und</strong>en werden, selbst wenn die<br />

Grenzwerte eingehalten werden<br />

12.b Schallschutzfenster<br />

(Bsp. Strassenlärm). 12.c Störende Lärmquellen im<br />

Gebäude vermeiden (Haustechnik)<br />

12.d Arealinterne Verkehrs'<br />

begrenzung<br />

12.e Arealexterne Verkehrs'<br />

einschränkungen (z.B.<br />

Tempolimit auf der Hardbrücke/Pfingstweidstr.)<br />

1.3 Interessante Freizeit- Quantität <strong>und</strong> Qualität der Frei- Erholungsmöglichkeit <strong>und</strong> Begeg- B.a Erholungsmöglichkeiten<br />

möglichkeiten zeit- <strong>und</strong> Erholungsmöglichkeiten nungszentren müssen vorhanden <strong>und</strong> Begegnungszentren<br />

sein<br />

schaffen, z.B<br />

Eine gute räumliche Verteilung<br />

Gemeinschaftszentren,<br />

bezogen auf die Anwohner.<br />

Sportanlagen, Innenhöfe, ...<br />

1.4 Identifikation mit Quartier Anzahl der sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Aktivitäten<br />

Begegnungszentren <strong>und</strong> kulturelle<br />

Zentren für Quartieraktivitäten<br />

14.a Begegnungszentren <strong>und</strong><br />

kulturelle Zentren schaffen<br />

müssen vorhanden sein<br />

14.b Orientierungspunkte hervorheben,<br />

positive Orientie·<br />

rungspunkte schaffen (z.B.<br />

Altbauten, alte Bäume, ...)<br />

1.5 Angenehmes Stadtklima Luftaustausch, Transpiration Angenehmes Wohn· <strong>und</strong> Arbeits-<br />

Windverhältnisse <strong>und</strong> angemessene<br />

klima<br />

Luftfeuchtigkeit<br />

15.a Luftzugang nicht verbauen<br />

15.b Grünräume mit ausreichender<br />

Vegetation<br />

15.c Architektonische Mass·<br />

nahmen um Düseneffekte<br />

zu vermeiden<br />

1.6 Ökologisch sinm~olle Baukonstruktion Ökologie vor Ästhetik 16.a Architektonisch Lösungen<br />

Architektur <strong>und</strong> Asthetik<br />

vermeiden, die den Einsatz<br />

umweltbelastender Kon- .<br />

struktionen <strong>und</strong> Materialien<br />

bedingen<br />

134 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


25.c erhöhte Wärmedämmung Fenster / Türen<br />

29.c Versickerung Meteowasser<br />

210.a Abwasser in ARA<br />

51.b ökolooische Leistunosbeschreibun<br />

11.a giftklassefreie Baustoffe<br />

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11.b formaldehydfreie Baustoffe<br />

11.c Baustoffe mit selbstst. Regulierung Innenklima<br />

12.b Schallschutzfenster<br />

25.a Umwandlungseffizienz erhöhen<br />

23.c langlebige Baumaterialien<br />

23.e Baustoffe mit geringer grauer Energie<br />

23.1 Rückbaugerecht bauen<br />

23.h Verhältnis Stabilität-Materialmenge opt.<br />

23.i Recyclingmaterial einsetzen<br />

26.a Baustoffe die weiterverwendbar ....<br />

28.a / 43.a Kies- statt Asphaltplätze<br />

29.a Bodenversiegelung niedrig halten<br />

29.d Sickerpackung falls Gr<strong>und</strong>wasserleiter angeschn.<br />

211.a naturnahe Gewässerverbauung<br />

212.e Emissionsarme Feuerung<br />

43.b Rasengittersteine verwenden<br />

44.b Etappierung - aktives suchen, öffnen von Freif!.<br />

51.c Anoabe Inhaltsstoffe<br />

12.c Störende Lärmquellen im Gebäude vermeiden<br />

25.b Wärmerückgewinnung<br />

210.c Emissionsverminderung in Gewässer<br />

213.a /213.b nicht-ozonschädigende Baumaterialien<br />

213.c Ersatz / Nichteinsatz von FCKW-haltigen KÜhlanlagen etc.<br />

44.f Nutzungsform Freiflächen z.T. offenlassen<br />

53.b Messprojekte als Erfolgskontrolle<br />

25.h Gebäudeautomatisierun<br />

27.c Baumaschinen, Auflagefläche<br />

210.e Vorsichtsmassn. Bauvorgang (Öl)<br />

210.1 Richtlinien AGW<br />

28.b Vorsichtsmassn. Bauprozess, Betriebsphase<br />

210.d biolog. gut abbaubare Produkte verwenden<br />

212.c Emissionsverminderuno Ozonvortäufer<br />

23.d lange Nutzung, hohe Ausnutzung<br />

23.g /26.d Materialtrennung Abbruch<br />

43.d Selbsterhalt Ruderalflächen<br />

51.e Gestaltunosmöo!. Mietverträoen<br />

29.1 Okosteuer auf Wasser.<br />

212.ll. Verkehrsreduktion an sonnigen Tagen<br />

214.b C02-Lenkungsabgabe<br />

32.a staat!. Förderung ökolog. <strong>Bauen</strong>s<br />

51.a / 51.d Fortbildung Architektinnen, Mitarbeiterinnen<br />

52.a Norm "Vermeiden-Vermindern-Verwerten"<br />

52.b Reflexion, Erkenntnisse fördern bez. eig. Bedürfnissen<br />

52.c Verb<strong>und</strong>enheit mit <strong>Umwelt</strong> fördern<br />

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UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 135


Umsetzung<br />

FOr!setzulIll lIer Tabelle «Natiirlldler Stoffllaushalt ! Minimale <strong>Umwelt</strong>belasmng»<br />

Ziele Kriterien Al!forllemogeo Musoahmeovorsch!äge Lit.<br />

2.5 Ressourcenschonung Energie in Nutzungsphase SlA Energieverbrauchsempfehlun- 25.a Umwandlungseffizienz er- 6,7,<br />

beim Energieverbrauch gen: höhen bei Geräten, Anlagen, 11<br />

Maschinen (z.B Haustechten<br />

(optimal:<br />

• ZIelwerte erreichen für Neubau·<br />

nik, Produktionsmaschinen,<br />

Niedrigenergiehaus)<br />

Haushaltsmaschinen...)<br />

• Sollwerte für Altbauten<br />

25.b Wärmerückgewinnung (Abwärmenutzung<br />

von<br />

• Ziel- <strong>und</strong> Sollwerte senken<br />

Heizung, Lüftung, Prozesswärme)<br />

25.c erhöhte Wärmedämmung<br />

bei Fenster- u. Wandteilen<br />

25.d transparente Wärmedämmung<br />

(Beschattung)<br />

25.e passive Solarnutzung (Ge·<br />

bäudeanordnung,<br />

nutzungsbedingte Orientierung<br />

der Räume innerhalb<br />

der Gebäude)<br />

25.f Optimierung Fenstergrösse!<br />

Kühllast/Heizlast je nach<br />

Nutzungsart<br />

25.g Tageslichtnutzung (<strong>durch</strong><br />

Fenster, Lichtschächte,<br />

Lichtleiter)<br />

2S.h Intelligente Heizungssteuerung<br />

(Gebäudeautomatisierung)<br />

25.1 Energiespeicherung kurzfristig<br />

<strong>und</strong> saisonal<br />

(Erdregister, Gebäudemasse)<br />

25.k Energieeffizienz im Verkehr<br />

erhöhen <strong>durch</strong> Förderung<br />

des öffentllchen Verkehrs,<br />

Beschränkung des Privatverkehrs,<br />

Minimierung der<br />

Transporte. Bahnanschluss<br />

2.6 Geringe Emissionen Emissionen bei der Entsorgung Einhaltung der Emissions-Grenz- 26.a Baustoffe wählen, die wei- 17,18<br />

werte bei der Entsorgung<br />

terverwendbar oder<br />

Schadstoffkonzentration, Gesamt·<br />

(Verbrennung, Deponie)<br />

unschädlich vernichtbar<br />

fracht {Summe aller Emissionen<br />

bezogen aufeinen Stoff)<br />

Senkung der Emissionen<br />

sind (auf PVC verzichten)<br />

Humantoxikologische {auf die Vermeidung der Ablagerung reakti-<br />

26.b Materialtrennung gemäss<br />

TVA (Wertstoffe, endlagermenschliche<br />

Ges<strong>und</strong>heit bezogene) onsfähiger Stoffe<br />

Auswirkungen<br />

fähige Stoffe).<br />

Vgl. auch die Massnahmen<br />

Ökologische (auf belebte <strong>und</strong><br />

22.a <strong>und</strong> 22.b, welche zu<br />

unbelebte Natur bezogene) Auswir'<br />

einer Verringerung der<br />

kungen (aquatisch, terrestrisch)<br />

Transportemissionen beitragen<br />

Saurer Regen (Versauerung)<br />

Treibhauseffekt<br />

Bildung photochemischer Oxidanlien<br />

(bspw. bodennahes Ozon)<br />

2.7 Bodenschutz: Biozönose $tandortspezifischer kritischer • keine Aufkonzentrierungen 27.a Vorsichtsmassnahmen beim 19<br />

Stofffluss<br />

• keine Verminderung der Frucht-<br />

Bauprozess <strong>und</strong> während<br />

der Betriebsphase<br />

Standortspezifische Fruchtbarkeit, barkeit<br />

Humusmächtigkeit<br />

• Bodenverdichtung vermeiden<br />

27.b keine schweren Baumaschi·<br />

nen<br />

Ökologische Auswirkungen:<br />

27.c kleines Gewicht pro Auflaterrestrisch<br />

{bodenbezogen)<br />

gefläche<br />

saurer Regen (Versauerung)<br />

Eutrophierung (Überdüngung)<br />

Fortsetzung lIer Tabelle «Natürlicher Stoffllaushalt ! Minimale <strong>Umwelt</strong>belastung» nächste seite<br />

136 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________________________________________.....,Umsetzung<br />

Fortsetzung der Tabelle «Natürlicller Stoffllausllalt / Minimale <strong>Umwelt</strong>belastllng»<br />

Ziele Kriterlell Allforderungen Massllahmellvorscliläge Ut.<br />

2.8 Bodenschutz: quantitativ flächenverbrauch • möglichst viele unversiegelte 28.a Kiesplätze statt Asphalt· 20<br />

Dauer der flächennutzung<br />

flächen<br />

plätze<br />

• nachhaltige flächenbewirt- 28.b flächenverbrauch mini·<br />

schaftung<br />

mieren<br />

28.c flächenrecycling<br />

2.9 Gewässerschutz: quantitativ Gr<strong>und</strong>wasserstand Gr<strong>und</strong>wassererhaltung: 29.a Bodenversiegelung niedrig 21<br />

Versiegelungsfläche/freie fläche • Trennsystem Regen zu Abwasser<br />

halten (Kiesplätze, Rasen·<br />

funktioniert 100%ig<br />

gittersteine, ...)<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserspeisung quanti-<br />

29.b Meteorwassernutzung<br />

tative erhalten (kein Absinken<br />

(Brauchwasser)<br />

des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels) 29.c Versickerung von Meteorwasser<br />

• möglichst kleiner Versiegeiungs·<br />

anteil 29.d Wird Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />

beim Bau angeschnitten,<br />

muss unter dem f<strong>und</strong>ament<br />

des Gebäudes eine Sicker'<br />

packung eingebaut werden<br />

29.e Anzahl Untergeschosse an<br />

Gr<strong>und</strong>wasserspiegel an·<br />

.....~ass~~<br />

Wasserverbrauch Wasserverbrauch kleiner als 29,f Wasserverbrauch senken<br />

Abiotischer Ressourcenverbrauch<br />

180 Liter pro Person <strong>und</strong> Tag (Ökosteuer)<br />

29.g Meteorwassernutzung<br />

(Brauchwasser)<br />

2.10 Gewässerschutz: qualitativ • Gr<strong>und</strong>wasser- <strong>und</strong> Oberflächen- • Einhaltung der Grenzwerte 210.a Abwasser in ARA leiten 22,<br />

gewässerqualität<br />

(GSchG, VoA, USG)<br />

210.b Altlastensanierung<br />

23,<br />

• Qualität entsprechend vor·<br />

24,2S<br />

industriellem Zustand<br />

210.c Verwendung von biologisch<br />

gut abbaubaren Produkten<br />

• möglichst geringer Schadstoff·<br />

eintrag<br />

210.d Vorsichtsmassnahmen beim<br />

Bauvorgang (Ölabscheider,<br />

Sammelstellen auf Bau·<br />

stellen, Schulung der Bauarbeiter,<br />

Handling der<br />

Chemikalien, ...)<br />

210.e Richtlinien des AGW über<br />

Baustellenabwässer einhalten<br />

210J Emissionsverminderung<br />

2.11 Gewässerschutz: Biodiversität (Artenvielfa/t) Biodiversität entsprechend 211.a naturnahe Gewässerver- 26<br />

Biozönose (Vielfalt <strong>und</strong><br />

Stabilität<br />

unverbautem Zustand (vergl. 4.3) bauungen (keine Eindoh·<br />

Standortgerechtigkeit)<br />

lung oder Zubetonierung<br />

Ökologische Auswirkungen<br />

der Ufer, Begradigungen<br />

(aquatisch)<br />

vermeiden, keine Sohlen'<br />

Eutrophierung<br />

betonierung, standortgerechte<br />

Ufervegetation, ...)<br />

2.12 Luftqualität Konzentration von bodennahem • Grenzwerte einhalten 212.a Verkehrsreduktion an<br />

Ozon<br />

sonnenreichen Tagen<br />

• Konzentrationen senken<br />

212.b förderung des fuss· <strong>und</strong><br />

fahrradverkehrs<br />

Bildung photo-chemischer<br />

Oxidantien (Ozon)<br />

möglichst klein 212.c Emissionsverminderung bei<br />

Ozonvorläufersubstanzen<br />

(NOJ<br />

Konzentration zeitlich, räumlich Grenzwerte einhalten, Luftqualität 212.d förderung des ÖV<br />

von 1960 erreichen (gem. LRV) siehe auch Ressourcen·<br />

schonung bei der<br />

Energieproduktion .....<br />

Saurer Regen (Versauerung) möglichst klein 212.e Emissionsarme feuerungen<br />

Fortsetzullg der Tabelle «Natürlicher Stoffllauslialt / MIllimaie Umwel1belastllllg» IIlicliste Seite<br />

UNHaHstudie <strong>'95</strong> 137


umsetzung<br />

_<br />

SChlus der Tabelle «Natürlicher Stoffliausilalt I Minimale <strong>Umwelt</strong>belastung»<br />

Ziele Kriterien Anforderungen Massnabmenvorscilläge üt.<br />

2.13 Schutz der Ozonschicht Ozonzerstörungspotential der<br />

einzelnen Ozonkiller (FCKW)<br />

kein FCKW in Baustoffen 213.a Verwendung von Ersatz-<br />

stoffen<br />

Ozonschichtzerstörung<br />

Ozonschichtzerstörung keine FCKW in Kühl- <strong>und</strong> Klima- 213.b Verwenden von nicht<br />

anlagen, möglichst keine solchen ozonschädigenden Bau-<br />

Anlagen<br />

materialien in der Erstellungs-,<br />

Nutzungs- <strong>und</strong><br />

Abbruchphase<br />

213.c Ersatz (Nichteinbau) von<br />

Kühl- <strong>und</strong> Klimaanlagen<br />

sowie Materialien mit FCKW<br />

214.a Ersetzen von fossilen<br />

2.14 Keine anthropogen verur- Treibhauseffekt (global warming CO 2 -Emissionen auf vor 1960 sen- Energien mit erneuerbaren<br />

sachte Klimaveränderung potential) ken, auf keinen Fall zunehmend Energien: Solarenergie<br />

Anteil eines Stoffes auf den Treib-<br />

(Sonnenkollektoren, Photohauseffekt<br />

im Vergleich auf das<br />

voltaik), Erdwärme, Fernwärme<br />

Treibhausgas CO 2<br />

214.b CO 2 -Lenkabgabe<br />

siehe auch Ressourcenschonung<br />

bei der<br />

Energieproduktion<br />

3, Wirtschaftliddceit<br />

Ziele Kriterien Anforderungen Massnailmenvorscillige üt.<br />

3.1 Internalisierung der exter- Höhe der externen Kosten Minimale externe Kosten 31.a Einbezug externer Kosten 28,<br />

nen Kosten<br />

Kosten, die nicht <strong>durch</strong> Verursain<br />

die betriebliche Kosten- 29,30<br />

rechnung (weitere Massnahmen<br />

im bezug auf die<br />

eher bezahlt werden (Bsp. Schaden<br />

an Bauwerken <strong>durch</strong> Autoabgase,<br />

Schaffung geeigneter Rahdie<br />

nicht über den Benzinpreis<br />

menbedingungen: politische<br />

abgegolten werden)<br />

Dimension)<br />

3.2 Angemessene Kapitalverzin- Rendite l.langfristige Rendite (aufJahr- 32.a Staatliche förderungsmass- siehe<br />

sung<br />

zehnte hinaus betrachtet) nahmen für ökologisches 3.1<br />

Eine der Hauptfunktionen jedes<br />

Unternehmens.<br />

2.genügend hohe Rendite<br />

<strong>Bauen</strong><br />

3.3 Erhaltung der Anzahl <strong>und</strong> Anzahl genügend wohnnahe Arbeitsplätze 33.a Marketingstrategien für<br />

Qualität der Arbeitsplätze<br />

Qualität<br />

(bedeutet keine zusätzlichen<br />

potentielle Arbeitgeber in<br />

Arbeitsplätze)<br />

wohnungsdominiertem<br />

(Zugang zu öffentli~hen Räumen,<br />

Areal entwickeln<br />

Dienstleistungen., Offentlicher • kurze Arbeitswege<br />

Verkehr, ...)<br />

• Erfüllung aller sicherheitstechnischen,<br />

arbeitshygienischen <strong>und</strong><br />

ergonomischen Anforderungen<br />

(siehe gesetzliche Minimalanforderungen)<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Anforderungen<br />

138 UNHalIstudie <strong>'95</strong>


----------------- Umsetzung<br />

4, Attraktives, räumliches Umfeld zum l.ebell, Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen (Nutzungsllrten)<br />

Ziele Kriterien Anforllerlll1gen Massullmel1vorsclilige Lit.<br />

4.1 Erhaltung der Standort· Standortattraktivität: • autofreie Wohngebiete 4l.a Erschliessung mit ÖV<br />

attraktivität<br />

Zugänglichkeit, Erschliessung<br />

(Tram, Bus)<br />

• gute Erschliessung für den nicht·<br />

<strong>und</strong> Infrastruktur motorisierten Individualverkehr 4l.b Förderung der Velowege<br />

(Velowege, ...)<br />

4l.c Parkplätze peripher anlegen<br />

• Einbettung in Verkehrsnetz<br />

o Läden, Kiosk, etc.<br />

4.2 Ausgeprägte Nutzungs· o Vorhandensein von verschie- • kleine Distanzen zw. Nu tzungs· 42.a Arealleitbild entwickeln<br />

<strong>durch</strong>mischung denen Nutzungen arten<br />

42.b offene Verhandlungen<br />

• Zugänglichkeit für verschiedene o verschiedenartige Nutzungen mit Interessengruppen<br />

Gruppen auf engem Raum (Quartierverein)<br />

• Nutzungsflexibilität • kein Getto schaffen 42.c sozialer Wohnungsbau<br />

• siehe auch 3.3 o J,1 der Gebäude nutzungsflexibel 42.d Strukturen die Austausch<br />

(Potential der Nutzungsentmischung<br />

<strong>und</strong> ElA Aufwand<br />

ermöglichen schaffen<br />

(öffentliche Plätze, Beizen,<br />

...)<br />

42.e Modulbauweise (zu· <strong>und</strong><br />

abschaltbare Wohnungsteile,<br />

Schaltzimmer)<br />

4.3 naturnahes Areal • Biodiversität o nur standortgerechte Arten 43.a WegefPlätze mit Kies oder<br />

o Biotopflächenfaktor (Anteil von<br />

pflanzen<br />

Mergel<br />

Biotopen an Gesamtfläche) • gefährdete Arten fördern 43.b Rasengittersteine vero<br />

arealtyp. Stadtlandschaftswenden<br />

• hohe Biodiversität<br />

elemente<br />

• Bodenversiegelung vermeiden/<br />

43.c unterschiedliche Nutzungs·<br />

• Vernetzung der verschiedenen Biotopflächenfaktor von 0.3<br />

intensitäten <strong>und</strong> -frequen·<br />

Lebensräume für pflanzen <strong>und</strong> anstreben<br />

zen auf Ruderalflächen pla·<br />

Tiere<br />

nen<br />

• Ruderalflächen <strong>und</strong> Brachen<br />

43.d Selbsterhaltung der<br />

• Spontanvegetation<br />

erstellen<br />

Ruderalflächen auf Gr<strong>und</strong><br />

• Naturnähe • Biotopverb<strong>und</strong>system von Nutzung, keine inten-<br />

• 5% der Arealfläche ist Spontansive<br />

Pflege<br />

vegetation 43.e Ruderalflächen HB <strong>und</strong> SEW<br />

o 30% der Arealfläche ist naturnah<br />

über das bestehende Industriegleis<br />

verbinden<br />

4.4 Angenehme räumliche o Ausnützungsziffer o AZ von 200-300% um städtisches 44.a in entsprechende Wohn-<br />

Gestaltung<br />

Leben zu fördern<br />

zonen einordnen,<br />

• Gebäudeteiligkeit (grosse<br />

Blöcke oder vielseitige Gebäude· o Wohnanteil von mindestens 30%<br />

Gestaltungspläne<br />

struktur) anstreben 44.b bei Etappierung aktives<br />

o Gestaltung des Aussenraumes<br />

Suchen <strong>und</strong> Öffnen von<br />

• Nischenbildung <strong>und</strong> Vernetzung<br />

von Teilflächen<br />

Freiflächen<br />

• Integration ins Umfeld<br />

44.c Stadtleitbild entwickeln<br />

o architektonische, planerische<br />

• Freiraumsicherung<br />

<strong>und</strong> soziale Einbindung in beste- 44.d Einbindung in Verkehrs·<br />

hende Strukturen (Angepasstheit konzept<br />

an bestehende Strukturen)<br />

44.e Freiflächen nicht in Rand·<br />

o vielfältige Freiflächen<br />

lage des Gebietes<br />

o Biotopflächenfaktor mln. 0.3 44,f Nutzungsform der Frei·<br />

(30% Biotopflächen) flächen zum Teil offen<br />

o ausgewogenes Angebot an<br />

lassen<br />

privaten, halb·öffentlichen,<br />

öffentlichen Freiflächen sowie<br />

Naherholungsgebieten <strong>und</strong> gute<br />

Zugänglichkeit dieser Flächen<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 139


Umsetzung ,...- ~ ~ _<br />

5. fördem"g des Wissens<br />

Ziele Kriterlell Allforclel'llllgell Massuhmellvorschläge W.<br />

5.! Förderung des ökologischen Kenntnis der Baustoffe bezüglich Einbau von ökologischem Know- 51.a Fortbildung der Architektln-<br />

Bewusstseins <strong>und</strong> Wissens Ökobilanz, Inhaltstoffe how in die Planung nen<br />

im Baubereich<br />

51.b ökologische Leistungsbeschreibung<br />

(NPK, (RB<br />

mit ökologischen Informationen-ergänzen)<br />

Transparenz der Baustoffe bzgl. Deklarationspflicht 51.c Angabe der eingesetzten<br />

ihrer Inhaltsstoffe<br />

Inhaltsstoffe (Deklarationsraster<br />

SIA, Sicherheitsdatenblätter)<br />

............................................. ···1<br />

Kenntnis <strong>und</strong> Akzeptanz der Konsequente <strong>und</strong> transparente 51.d Fortbildung der Mitarbeite-<br />

Abfalltrennung auf der Baustelle Abfalltrennung rinnen<br />

· ................................................<br />

Mitsprachemöglichkeiten Arbeit- grösstmögliche persönliche <strong>und</strong> 51.e Freie Gestaltungsmöglichnehmer<br />

kollektive Gestaltungsmöglich- keiten der Mieter in Mietkeiten<br />

verträgen berücksichtigen<br />

5.2 Förderung des Wissens • individueller Ressourcenbedarf • «Vermeiden - Vermindern - Ver- 52.a «Vermeiden - Verminder -<br />

um die Wechselwirkungen<br />

werten!» (Bsp. Abfälle)<br />

Verwerten» muss zu einer<br />

zwischen Wissen, Werten,<br />

• Bedürfnisse der Menschen <strong>und</strong><br />

der Gesellschaft<br />

• Wissen um Bedürfnisse, Urteil,<br />

allgemein anerkannten<br />

Handlungen, Bedürfnissen<br />

ob nötig oder nicht.<br />

Norm werden.<br />

<strong>und</strong> Rahmenbedingungen • Werthaltungen betreffend eigene<br />

(nicht nur im Baubereich!) Bedürfnisse <strong>und</strong> derjenigen der • Wissen um Rechtfertigungen,<br />

52.b Reflektion, Erkenntnisse<br />

Gesellschaft<br />

Urteil ob gerechtfertigt oder<br />

über eigentliche «(ondition<br />

nicht.<br />

Humaine» fördern, eigene<br />

• Erklärungsmuster für individuel-<br />

Bedürfnisse sollen nicht<br />

les <strong>und</strong> kollektives Verhalten<br />

mehr wert sein als diejenigen,<br />

die zur Erhaltung<br />

einer ges<strong>und</strong>en <strong>Umwelt</strong><br />

nötig sind (<strong>Umwelt</strong> =Teil<br />

von mir)?<br />

52.c Verb<strong>und</strong>enheit mit menschlicher<br />

<strong>und</strong> natürlicher<br />

<strong>Umwelt</strong> fördern (intensive<br />

Erlebnisse, Wissen um<br />

natürliche Abläufe)<br />

52.d Reflektion, Erkenntnisse<br />

über eigene Erklärungsmuster<br />

fördern (Ethische<br />

Reflektion, Gesellschaftskritik)<br />

5.3 Modellwirkung des • Bekanntheitsgrad • Öffentlichkeitsarbeit 53.a neue Technologien ein-<br />

Projektes<br />

• Grössenordnung<br />

• Pilotprojekte<br />

setzen<br />

53.b Messprojekt als Erfolgskontrolle<br />

• Integration in der Umgebung<br />

• Angepasstheit der verwendeten<br />

Technik<br />

140 UNS-FaHstudie<strong>'95</strong>


__________________________________________Umsetzung<br />

5.5 Massnahmenevaluation<br />

In diesem Kapitel werden die verschiedenen Massnahmen<br />

innerhalb eines Zieles miteinander verglichen.<br />

Jede Massnahme wird unter drei verschiedenen<br />

Gesichtspunkten betrachtet:<br />

Wirkungszusammenhang<br />

In diesen Spalten werden die Synergien rsp. die<br />

Konflikte jeder dieser Massnahmen im Hinblick auf<br />

die Umsetzung weiterer <strong>Umwelt</strong>ziele aufgezeigt<br />

(In den Tabellen mit den Spalten «+»rsp. «-» gekennzeichnet).<br />

Kosten<br />

Angaben zur Art der Kosten. Dabei wurden die folgenden<br />

Begriffe verwendet:<br />

, Substitutionskosten: Kosten beim Ersatz von einem<br />

Produkt A <strong>durch</strong> ein Produkt B (setzt sich zusammen<br />

aus den Einsparungen für A <strong>und</strong> den neuen<br />

Kosten für B).<br />

4> Investitionskosten: Kosten <strong>durch</strong> EinfÜhrung eines<br />

neuen Produktes, einer neuen Technologie oder<br />

einer neuen Art <strong>und</strong> Weise des Umgangs mit einer<br />

bestehenden Sache.<br />

• Unterhaltskosten: Kosten, welche beim Einsatz des<br />

Produktes X während seiner Lebensdauer entstehen.<br />

.. Verwaltungskosten: Kosten, um eine verwaltungstechnische<br />

Massnahme umzusetzen <strong>und</strong> dann auch<br />

<strong>durch</strong>zusetzen (Kontrollen etc.).<br />

.. Planerisch-konzeptionelle Mehrarbeit: Aufwandfaktor<br />

bei der Planung.<br />

.. Mit versus werden die neuen Kosten von den <strong>durch</strong><br />

die Massnahme wegfallenden, bisherigen Kosten<br />

getrennt (Investitionskostcn verSUS Kosten für Öl)<br />

heisst: neue Ausgaben <strong>durch</strong> die Investition in<br />

etwas; aber gleichzeitig geringere Kosten für Öl).<br />

Machbarkeit<br />

Bemerkung zur Durchführbarkeit (technisch, politisch,<br />

sozial, ökonomisch).<br />

Für Sie als Entscheidungsträger sind diese drei<br />

Kriterien resp. ihre Aussagen ein Teil der Abwägung.<br />

Die nächsten Schritte für Sie sind dann, basierend<br />

auf dieser Abwägung, die Entscheidung <strong>und</strong> Implementation.<br />

Unter dem Stichwort Fazit werden Einschätzungen<br />

aus unserer Perspektive, d.h. der Sicht von<br />

<strong>Umwelt</strong>wissenschaftlerInnen, wiedergegeben.<br />

Die nachfolgenden Tabellen halten sich an die<br />

Numerierung <strong>und</strong> Reihenfolge der vorangegangenen<br />

Tabelle mit den Zielen, Kriterien, Anforderung <strong>und</strong><br />

Massnahmen. Die Resultate der Evaluation werden<br />

aus Platzgründen in Stichworten wiedergegeben.<br />

1. Zielbereich l.ebensq.uditdr<br />

1.1 Ge.nnulheit<br />

Massllallme<br />

+<br />

Wirkllllgszusammellilull KosteIl Macllllarirleit<br />

Il.a<br />

Giftklassefreie<br />

Baustoffe<br />

• Einfachere Entsorgung<br />

• Gewässerschutz<br />

• Luftqualität<br />

• Evtl. Dauerhaftigkeit<br />

(zoB. unbehandeltes Holz)<br />

Substitutionskosten,<br />

(höher/tiefer möglich)<br />

Produktabhängig<br />

(zoB. Holz in Innenräumen)<br />

Il.b<br />

Formaldehydfreie<br />

Baustoffe<br />

• Luftqualität im Inn~nraum<br />

verbessert<br />

• Störfälle weniger gravierend<br />

• Schutz der Ozonschicht<br />

• Evtl. Probleme mit Ersatzstoffen<br />

(z.B. Isocyanat in<br />

Spanplatten)<br />

• Dauerhaftigkeit<br />

Substitutionskosten<br />

Viele Alternativen vorhanden,<br />

Produkt- <strong>und</strong> anwendungsabhängig<br />

Il.c<br />

Baustoffe mit selbständiger<br />

Regulierung<br />

des Innenraumklimas<br />

• Luftqualität im Innenraum<br />

• Lüftungsanlagen redimensionieren<br />

• Evtl. erhöhte Brandgefahr Substitutionskosten, sinkend Alternativen vorhanden<br />

<strong>durch</strong> Wegfall von Lüftungs- (zoBo Isolation aus Altpapier)<br />

anlagen<br />

Fazit.: Bestes Ergebnis <strong>durch</strong> Kombination aller Massnahmen. Eine Umsetzung sollte möglich sein; es können<br />

technische Probleme (Dauerhaftigkeit, Brandschutz) auftreten.<br />

UNHalIstudie <strong>'95</strong> 141


umsetzung<br />

_<br />

1.2 Angenehmer SehtdIpegel<br />

Massnahme<br />

+<br />

WirklIngszusammenhang Kosten Machharkeit<br />

12.a Sinnvolle Anordnung<br />

der Gebäude sowie der<br />

Nutzungen innerhalb<br />

der Gebäude<br />

• Wohlbefinden, geringere<br />

Personalausfallquote<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit<br />

Generell machbar, in frühem<br />

Planstadium zu berücksichtigen<br />

12.b Schallschutzfenster<br />

• Wohlbefinden, vgl. 12.a<br />

Substitutionskosten (teurer<br />

als normale Fenster)<br />

Generell machbar<br />

(Kosten beträchtlich)<br />

12.c Störende Lärmquellen • Wohlbefinden, vgl. 12.a<br />

im Gebäude vermeiden<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit<br />

Generell machbar<br />

12.d Arealinterne Verkehrs- • Standortattraktivität<br />

begrenzung<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• evtl. Luftqualität<br />

Baukosten, Verwaltungskosten,<br />

Unterhaltskosten<br />

möglich, eingeschränkt<br />

<strong>durch</strong>: Bequemlichkeit der<br />

Bewohner, Belieferung der<br />

Betriebe<br />

12.e Arealexterne Verkehrs- • Standortattraktivität<br />

einschränkungen (z.B. (Wohnen)<br />

Tempolimit auf der<br />

Hardbrücke/pfingstweidstrasse)<br />

•<br />

• Luftqualität<br />

Freizeitmöglichkeiten<br />

• Verlagerung des Problems<br />

Planungskosten,<br />

Baukosten,<br />

Verwaltungskosten<br />

Politische Akzeptanz fraglich<br />

Fazit: Die Symptombekämpfung (z.B. Schallschutzfenster) sind generell einfacher zu realisieren, eine<br />

Ursachenbekämpfung wäre aber effektiver <strong>und</strong> hätte auch weitere entlastende Effekte (z.B.auf die Luftqualität).<br />

1.3 InteresSlulte freizeitmöglichkeiren<br />

Massnanme<br />

+<br />

Wirkllllgszusammenhang Kosten Machbarkeit<br />

13.a Erholungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Begeg-<br />

• Evtl. Synergien zu natur-<br />

nahem Areal<br />

nungszentren schaffen • Standortattraktivität<br />

• Evtl. Widersprüche zu<br />

naturnahem Areal<br />

• Mehr Bauten nötig<br />

Baukosten (Infrastruktur),<br />

evtl. Unterhaltskosten<br />

Generell machbar (Bedarfsplanung<br />

einbeziehen)<br />

1.4 Identifilunion mit dem Quartier<br />

MasslIlInme<br />

+<br />

Wlrllungszusammenhang Kosten Macbbarlleit<br />

14.a Begegnungszentren • Freizeitmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> kulturelle Zentren<br />

schaffen<br />

• Standortattraktivität<br />

• Mehr Bauten nötig<br />

Baukosten (Infrastruktur),<br />

evtl. Unterhaltskosten<br />

Generell machbar (Nachfrage<br />

prüfen)<br />

14.b Orientierungspunkte<br />

hervorheben, bzw.<br />

schaffen<br />

• <strong>Umnutzung</strong> bestehender<br />

Gebäude<br />

• Standortattraktivität<br />

Planungs- <strong>und</strong> Baukosten<br />

(Integration von Alt in Neu)<br />

sofern vorhanden möglich<br />

142<br />

UNS'<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


---- umsetzung<br />

1.5 Angenehmes Stadtklima<br />

Massnallllle<br />

+<br />

Wirkungsmsamlllenllang Kosten Macllbarkeit<br />

Is.a<br />

Luftzugang nicht<br />

verbauen<br />

• Luftqualität, Klima<br />

• evtl. Lärmschutz<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit, Planungskosten,<br />

Baukosten, Unterhaltskosten<br />

Generell machbar, Berücksichtigung<br />

bei der Planung<br />

Is.b<br />

Is.c<br />

Grünräume mit ausreichender<br />

Vegetation<br />

Architektonische Massnahmen,<br />

um Düseneffekte<br />

zu vermeiden<br />

• Luftqualität<br />

• Naturnahes Areal<br />

• freizeitmöglichkeiten<br />

• Standortattraktivität<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Beschattung je nach<br />

Nutzung des Gebäudes<br />

erwünscht<br />

• Evtl. Lärmschutz<br />

Planungskosten, Baukosten,<br />

Unterhaltskosten<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit<br />

Machbar<br />

Generell machbar, Berücksichtigung<br />

bei der Planung<br />

Fazit: Bei der Umsetzung der baulichen Massnahmen muss darauf geachtet werden, dass kein Konflikt mit<br />

dem Lärmschutz entsteht.<br />

1.6 Ökologisch sinnvolle Arcllitektlu' <strong>und</strong> Ästhetik<br />

Massnalillle<br />

+<br />

WirkuDgszlISllllllllenhang<br />

Kosten<br />

Machbarkeit<br />

16.a Baukonstruktionstyp<br />

mit ökologisch unbedenklichen<br />

Auswirkungen<br />

wählen<br />

• Luftqualität<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Ressourcenschonung<br />

• Gewässerschutz<br />

• Bodenschutz<br />

• gestalterische freiheiten<br />

eingeschränkt<br />

Planungskosten, Substitutionskosten<br />

möglich aber:<br />

• Willensfrage<br />

• Wissensfrage<br />

• Erfahrungsfrage<br />

• Akzeptanz<br />

Fazit: Eine geschickte Umsetzung unterstützt zusätzlich viele weitere ökologische Anliegen.<br />

UNHalIstudie <strong>'95</strong> 143


Umsetzung ~ _<br />

2. Zielbereich natürlicher Stoffhalshalt I miadmale <strong>Umwelt</strong>belastllng<br />

2.1 Ressolrcensdumung (allgemein)<br />

Massuahme Wir!luullszusammeuhaull Kosteu Machbarltelt<br />

+ -<br />

21.a Erneuerbare Energie- - Luftqualität - Dach·/ Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten, Generell machbar (lange<br />

träger verwenden:<br />

- Energetische Unabhängig· -Ästhetik?<br />

Unterhaltskosten versus Amortisationszeit)<br />

Stromkosten<br />

- Photovoltaik keit<br />

- Graue Energie<br />

• Entsorgung<br />

• Sonnenkollektoren • Luftqualität - Konflikt mit Dach·/ Investitionskosten, Unter· Generell machbar<br />

Fassadenbegrünung<br />

• Energetische Unabhängighaltskosten<br />

versus Kosten<br />

keit<br />

für Öl/Gas<br />

• Angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

- Ästhetik<br />

• Biomasse • Energetische Unabhängig- - Luftqualität Anlagekosten, Unterhalts' Generell machbar (Verfügkeit<br />

kosten, Kosten für Verwer· barkeit des entsprechenden<br />

- evtl. Gerüche<br />

tung der Biomasse versus<br />

- Denzentralisierung<br />

Brennstoffes oder Gärgases)<br />

Kosten für Öl/Gas<br />

- (02·neutral<br />

- Abfallverwertung . .. ........<br />

............ .............<br />

• Wind • Luftqualität • Ästhetik? Hohe Investitionskosten, Bedingt machbar (starke<br />

Unterhaltskosten versus geographische Abhängigkeit)<br />

• Energetische Unabhängig- • Angenehme räumliche<br />

Stromkosten<br />

keit<br />

Gestaltung<br />

• Graue Energie<br />

• Lärmbelastung<br />

• Blitzgefahr<br />

• Wasser • Luftqualität .~·aqüäi:Ok~systeme Anlagekosten, Unterhalts- Generell machbar (Gewässer)<br />

kosten versus Stromkosten<br />

• Energetische Unabhängig·<br />

keit<br />

• Geothermie • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>· Hohe Investitionskosten, Bedingt machbar (stark Stan·<br />

wasser Unterhaltskosten versus dortabhängig)<br />

Stromkosten<br />

21.b Erneuerbare Materia- • (02- neutral • Billigholz aus Tropen Substitutionskosten möglich, aber Holz kann<br />

lien verwenden<br />

nicht für jede Konstruktion<br />

(z.B. Holz)<br />

• Förderung der Holzwirt- - Förderung von Monokul·<br />

eingesetzt werden<br />

schaft<br />

turen<br />

• Lange Nutzungsdauer<br />

(Holzschutzmittel)<br />

Fazit: Es sind viele alternative Möglichkeiten vorhanden! Jedes Projekt muss individuell energetisch optimiert<br />

werden. Das Umfeld hat einen grossen Einfluss darauf, welche Möglichkeit(en) in einem bestimmten<br />

Fall die Beste(n) ist (sind).<br />

MasSllabme<br />

+<br />

Wlrkuullszusammellhaug<br />

Kostell<br />

Mac:bbllrkelt<br />

22.a Rückgriffauf lokale<br />

Ressourcen<br />

• Graue Energie<br />

• Erhaltung v. Arbeitsplätzen<br />

• Klimaveränderung<br />

- Nicht alle Ressourcen vor·<br />

handen<br />

Substitutionskosten<br />

Bedingt machbar (Abhängig<br />

von den Ressourcen)<br />

22.b Computergestützte<br />

Logistik<br />

• Graue Energie<br />

• Luftqualität<br />

• Verringerung des Verkehrs<br />

• Lärmpegel<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit, Investitions·<br />

kosten versus Arbeitskosten<br />

Schwierig <strong>durch</strong>setzbar<br />

(Konkurrenzkampf in Transportbranche)<br />

Fazit: Schwierig Umzusetzen zum jetztigen Zeitpunkt (tiefe Transportkosten, beschränkte lokale Ressourcen)<br />

- man braucht eine Erhöhung der Transportkosten, damit dies überhaupt attraktiv wird.<br />

144 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Umsetzung<br />

2.3 Ressourcenschenumg bei Marerialhersrellung<br />

Massnabme WirkllngsZllSilmmenbang Kosten Macililarkeit<br />

+<br />

23.01 Erneuerbare Materialen • (0 2- neutral • Billigholz aus Tropen Substitutionskosten Möglich,aber Holz kann nicht<br />

verwenden (Holz)<br />

• Förderung der Holzwirt- • Förderung von Monobei<br />

jeder Konstruktion eingeschO1ft<br />

kulturen<br />

setzt werden<br />

• Lange Nutzungsdauer<br />

(Holzschutzmittel)<br />

23.b <strong>Umnutzung</strong> bestehen- • Identifikation mit Quartier • Evtl. Nachbesserungen älte- Renovationskosten versus Bedingt machbar (abhängig<br />

der Bauten <strong>durch</strong><br />

rer Gebäude punkto Neubaukosten vom Bauwerk)<br />

Nutzungsflexibilität,<br />

• Integration<br />

Wärmedämmung <strong>und</strong><br />

Modulartig <strong>Bauen</strong> • Nutzungs<strong>durch</strong>-mischung Schallschutz nötig<br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Komfortansprüche<br />

prüfen<br />

• Weniger Bauabfälle<br />

23.c Langlebige Bau- • Entsorgung • Dauerhaftigkeit z.T. Substitutionskosten versus Generell machbar<br />

materialien: witte- beschränkt (Holz) Unterhaltskosten<br />

rungs-, hitze- <strong>und</strong><br />

alterungsbeständig<br />

23.d Lange Nutzung der • Entsorgung • Nutzungsflexibilität evtl. höhere Unterhaltskosten Bedingt machbar (abhängig<br />

Gebäude, hohe Aus-<br />

• Architektur/Ästhetik<br />

von Bauwerk <strong>und</strong> Nutzungsnutzung<br />

entwicklung)<br />

• angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

23.e Baustoffe mit geringer • Klimaveränderung Substitutionskosten Generell machbar<br />

grauer Energie<br />

• Luftqualität<br />

• Förderung der Lokalwirtschaft<br />

23.f Rückbaugerecht • Recycling • <strong>Umnutzung</strong> bestehender Planerisch-konzeptionelle Bedingt machbar (abhängig<br />

<strong>Bauen</strong>, geringe Kom-<br />

• Entsorgung (weniger Depo-<br />

Bauten? Mehrarbeit von fallspezifischen<br />

plexität, Verb<strong>und</strong>nieraum<br />

benötigt)<br />

•. Nutzungsflexibilität?<br />

Nutzungsansprüchen)<br />

materialien vermeiden<br />

• Verbrauch unproblemati' • Langlebigkeit der Gebäude<br />

scher Materialien<br />

• Architektur/Ästhetik<br />

23.g Materialtrennung beim • Entsorgung (weniger Depo- • Mehraufwand Höhere Kosten <strong>durch</strong> Mehr- Generell möglich, vgl. Kon-<br />

Abbruch nieraum nötig) aufwand, Einsparungen zepte zur Bauabfallbewirt<strong>durch</strong><br />

geringere Entsorgungs- schaftung (z.B. SBV)<br />

• Auswirkungen Boden/<br />

Wasser geringer<br />

kosten <strong>und</strong> Erträgeaus Recycling:<br />

Weniger Kosten, jedoch<br />

• Recycling<br />

abhängig vom Grad des Rückbaues<br />

• Förderung des<br />

ökologischen Bewusstseins<br />

23.h Verhältnis Stabilität- • Nutzungsflexibilität • Nutzungsbedingte Anwen- Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />

Materialmenge<br />

dungen Mehrarbeit<br />

• Lange Nutzung der Gebäu-<br />

hwie23.f)<br />

optimieren nach baude<br />

statischen<br />

Gesichtspunkten<br />

23.i Recyclingmaterial ein- • Entsorgung (weniger Depo- • Dauerhaftigkeit Substitutionskosten<br />

setzen<br />

nieraum nötig)<br />

• evtl. problematische<br />

• Förderung des<br />

Inhaltsstoffe<br />

ökologischen Bewusstseins<br />

• Auswaschung (Belastung<br />

für Boden/Wasser)<br />

Möglich, aber stark von der<br />

Art des Produktes abhängig<br />

Fazit: Durch entsprechende Planung kann unnötiger Materialaufwand vermieden werden. Beachtung ist den<br />

Rückbaumöglichkeiten <strong>und</strong> der Dauerhaftigkeit zu schenken.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 145


umsetzung<br />

_<br />

2.4 Resso,m::ensdlOnllng bei der EnergieprodIktion<br />

Musnahme Wirkungszusammenhang Kosten Machbarkeit<br />

+ -<br />

24.a Fernwärme • Ressourcenschonung • Abhängigkeit Anschlusskosten (v.a. bei Bedingt machbar (stark<br />

vorh. Häusern), Investitions-<br />

• Luftqualität<br />

standortabhängig)<br />

kosten versus Kosten für Öl<br />

• Ausnützung von Abwärme<br />

24.b Passive Solarnutzung • Minimierung des Energie- • Vernetzung von Lebens- Planerisch-konzeptionelle Generell machbar (Muss<br />

verbrauches räumen? Mehrarbeit, evtl. höhere bei Planung in frühem<br />

Investitionskosten versus<br />

• Tageslichtnutzung • Gebäudeteiligkeit?<br />

Stadium berücksichtigt<br />

Kosten für Strom/Öl werden)<br />

• Lärmschutz<br />

24.c Sonnenkollektoren • Luftqualität Konflikt mit Dach-/ Investitions kosten, Unter- Generell machbar<br />

• Energetische Unabhängig-<br />

Fassadenbegrünung haltskosten versus Kosten<br />

keit<br />

• Angenehme räumliche<br />

für Öl/Gas<br />

Gestaltung<br />

• Ästhetik<br />

24.d Photovoltaik • Luftqualität • Dach-/Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten, Generell machbar (lange<br />

• Energetische Unabhängig-<br />

Unterhaltskosten versus Amortisationszeit)<br />

• Ästhetik?<br />

keit<br />

Stromkosten<br />

• Graue Energie<br />

• Entsorgung<br />

24.e Wärme-Kraft-Koppe- • Luftqualität • nicht-erneuerbare Energie Investitionskosten versus Möglich, v.a. bei grösseren<br />

lung (Prozessenergie)<br />

Kosten für Öl<br />

Bauten rentabel<br />

• Energieverbrauch<br />

24.f Erdwärme • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>- Hohe Investitionskosten Bedingt machbar (stark<br />

wasser versus Kosten für Öl standortabhängig)<br />

• Energetische Unabhängig-<br />

keit<br />

Fazit: Viele Alternativen vorhanden, aber zum Teil noch mit beschränkter Wirtschaftlichkeit! Das Umfeld hat<br />

grossen Einfluss auf die Art der Umsetzung.<br />

146 UNS-fallstudie <strong>'95</strong>


___________________~<br />

Umsetzung<br />

Massllallme<br />

+<br />

Wlrkllllgs:msammeuug<br />

Kastell<br />

25.a Umwandlungseffizienz • Minimierung des Energie·<br />

erhöhen<br />

verbrauches<br />

Entwicklungskosten,<br />

Forschungskosten, Substi·<br />

tutionskosten versus Kosten<br />

für Strom/Öl<br />

bedingt machbar<br />

(Forschungsbedarfl<br />

25.b Wärmerückgewinnung • Luftqualität<br />

• Problem oft Wärmeabzug,<br />

nicht Zufuhr (Bürogebäude)<br />

• Transportverluste<br />

Investitionskosten versus<br />

Kosten für Strom/Öl<br />

Genereli machbar, z.T. ge·<br />

setzlich vorgeschrieben (KVA)<br />

25.c Erhöhte Wärme- • Dach·/ Fassadenbegrünung • Luftqualität in Innen- Investitionskosten versus<br />

dämmung bei Fenstern räumen Ue nach Material) Kosten für Strom/Öl<br />

<strong>und</strong> Wänden • Schallpegel<br />

• z.T. Verbrauch nicht er·<br />

neuerbarer Ressourcen<br />

(z.B. Steinwolle)<br />

• Chemische Zusätze zur<br />

Bindung der Fasern<br />

25.d Transparente Wärme· • evtl. Schallpegel • evtl. Angenehme räumliche Planerisch·konzeptionelle<br />

dämmung<br />

Gestaltung<br />

Mehrarbeit, evtl. höhere<br />

(Beschattung)<br />

• angenehmes Stadtklima<br />

Investitionskosten versus<br />

• Lüftungsanlagen redimen'<br />

• evtl. Ästhetik<br />

Kosten für Strom/Öl<br />

sionieren<br />

Generell machbar<br />

Generell machbar (Muss in<br />

frühem Stadium berücksich·<br />

tigt werden)<br />

25.e Passive Solarnutzung • Minimierung des Energie·<br />

verbrauches<br />

• Tageslichtnutzung<br />

• Vernetzung von Lebensräu·<br />

men?<br />

• Gebäudeteiligkeit?<br />

• Lärmschutz<br />

Planerisch·konzeptionelle<br />

Mehrarbeit, evtl. höhere<br />

Investitionskosten versus<br />

Kosten für Strom/Öl<br />

Generell machbar (Muss in<br />

frühem Stadium berücksich·<br />

tigt werden)<br />

25.f Optimierung Fenster- • Wärmerückgewinnung • Nutzungsflexibilität Planerisch·konzeptionelle<br />

grösse/Kühllast/Heizla machbar, wo.sie gebraucht Mehrarbeit, evtl. höhere<br />

st je nach Nutzung wird Investitionskosten versus<br />

Kosten für Strom/Öl<br />

25.g Tageslichtnutzung • Passive Solarnutzung • Optimierung Fenster- evtl. Investitionskosten<br />

grösse/etc.<br />

(grössere Fenster) versus<br />

Kosten für Strom/Öl<br />

• Wärmedämmung<br />

25.h Gebäudeautomatisie- • Wärmerückgewinnung • Wirksamkeit nimmt stark Investitionskosten versus<br />

rung ab, wenn System nicht im Kosten für Strom/Öl<br />

optimalen Bereich läuft<br />

25.1 Energiespeicherung • Luftqualität • Eingriffe in Boden (gering) Planerisch·konzeptionelle<br />

(kurzfristig <strong>und</strong><br />

Mehrarbeit, Investitionssaisonal)<br />

• Erdwärme<br />

kosten versus Kosten für<br />

• Gebäudeautomatisierung<br />

Strom/Öl<br />

Generell machbar<br />

(Nachfrageprognose)<br />

Generell machbar<br />

Generell machbar<br />

(z.B. Metron Gebäude in<br />

Brugg/neues Maschinenbau'<br />

gebäude Clausiusstr. ETH)<br />

Z.T. möglich<br />

25.k Energieeffizienz im<br />

Verkehr erhöhen<br />

<strong>durch</strong>: Förderung des<br />

ÖV, Beschränkung Pri·<br />

vatverkehr, ...<br />

• Lärmpegel<br />

• Weniger Parkplätze<br />

• Luftqualität<br />

• Förderung des<br />

ökologischen Bewusstseins<br />

• COrAusstoss verringert<br />

I • Individuelle Mobilität ein·<br />

geschränkt<br />

• Arbeitsplätze<br />

Flächenverbrauch<br />

Planungskosten, Realisie·<br />

rungs· <strong>und</strong> Umsetzungs·<br />

kosten, Unterhaltskosten<br />

versus Kosten für Individual·<br />

verkehr<br />

Möglich, aberz.T. schwierig<br />

<strong>durch</strong>setzbar<br />

Fazit: Massnahmen im Bereich Verkehr sind sehr schwierig umzusetzen. Bei der Gebäudeplanung ist so vor~<br />

zugehen, dass möglichst wenig technische Installationen nötig werden (d.h. passive Solarnutzung, Beschat~<br />

tung, etc.).<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 147


umsetzung<br />

_<br />

2.6 Geringere Emissionen<br />

Massnabme<br />

+<br />

WirkungszlISammenhang Kosten Macbbarkeit<br />

26.a Baustoffe wählen, die<br />

weiterverwendbar oder<br />

unschädlich vernichtbar<br />

sind, auf PVC verzichten<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Recycling<br />

• Deponieraum<br />

Substitutionskosten Ue nach<br />

Baustoff teurer)<br />

In den meisten Fällen machbar<br />

(Angebotsabhängig)<br />

2.7 Bodenschutz (qualitativ, Spoden als Biozön.ose)<br />

Massnallme<br />

+<br />

Wirkungszusammenllang Kosten Machharkeit<br />

27.a Sanierung der Alt- • Bodenschutz<br />

lasten <strong>und</strong> Vermeidung<br />

von zukünftigen Altlasten<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Standortattraktivität<br />

• Grösserer Aushub<br />

• Deponieraum<br />

• Risiko Gr<strong>und</strong>wasserverschinutzung<br />

bei Sanierung<br />

Sanierungkosten<br />

Vollständige Sanierungen<br />

wirtschaftlich nicht tragbar)<br />

27.b Vorsichtsmassnahmen • qual. Gewässerschutz<br />

bei Bauprozess <strong>und</strong><br />

während der Betriebsphase<br />

• Bodenschutz<br />

Planerisch-konzeptionelle<br />

Mehrarbeit, Investitionskosten,<br />

evtl. Ausbildungskosten<br />

Generell machbar, vorgeschrieben<br />

(organisatorisches<br />

Problem)<br />

27.c keine schweren Bau- • Bodenverdichtung vermaschinen,<br />

kleines meiden<br />

Gewicht pro Auflagefläche<br />

Baukosten<br />

Möglich, aber nicht bei jedem<br />

Bauprojekt<br />

Fazit: Das Problem des Bodenschutzes ist v.a. während der Bauphase zu beachten. Wichtig ist es für all jene<br />

Flächen, die Freiflächen bleiben. Das Altlastenproblem ist stark Situationsabhängig.<br />

2.8 Bodenschutz (quan.titativ)<br />

Massnshme<br />

+<br />

Wirkoogszusammenhsng Kosten Msclibarkelt<br />

28.a Kiesplätze statt<br />

Asphaltplätze<br />

28.b Flächenverbrauch<br />

minimieren<br />

28.c Flächenrecycling<br />

• Naturnahes Areal • Qualitativer Unterhaltskosten versus Bau- Z.T. machbar<br />

Gewässerschutz (v.a. bei kosten<br />

• Gr<strong>und</strong>wassererhaltung<br />

Unfällen)?<br />

• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />

pflanzen<br />

• pflege<br />

• Wenig versiegelter Boden<br />

• Rollstuhlgängigkeit?<br />

• Naturnahes Areal • evtl. Raumplanung evtl. höhere Baukosten ver- Möglich, sofern Bauordnung<br />

sus geringere Landkosten<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserschutz • Ästhetik, Wohnlichkeit<br />

es zulässt<br />

(Hochhaus)<br />

• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />

pflanzen<br />

• Verkürzung Verkehrswege<br />

• Naturnahes Areal • Umzonung evtl. höhere Baukosten ver- Möglich, je nach Situation<br />

sus geringere Landkosten<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserschutz • Ästhetik, Wohnlichkeit<br />

(Hochhaus)<br />

• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />

pflanzen<br />

• evtl. Denkmalschutz<br />

148<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________________Umsetzung<br />

2.9 Gewiisserschutz (quantitativ)<br />

Massnabme Wirkungszusammenbang Kosten Macbllarkeit<br />

+ -<br />

29.a Bodenversiegelung • Naturnahes Areal • Qualitativer Unterhaltskosten versus Bau- Richtlinie des AGW über die<br />

niedrig (Kiesplätze,<br />

Gewässerschutz (Unfälle) kosten<br />

• Gr<strong>und</strong>wassererhaltung<br />

Versickerung von Meteowas-<br />

Rasengittersteine)<br />

ser<br />

• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong> • Pflege<br />

pflanzen<br />

• Rollstuhlgängigkeit<br />

• Quantitativer Bodenschutz<br />

29.b Meteorwassernutzung • Ressourcenschonung • Evtl. Nutzungsflexibilität Planerisch-konzeptionelle Möglich, Frage der Akzeptanz<br />

Mehrarbeit, Investitionskosten<br />

(Haustechnik) versus<br />

Kosten für Wasser<br />

29.c Versickerung von Me- • Lebensraum für Pflanzen, • Platzverbrauch Baukosten, Unterhaltskosten Muss situationsbezogen<br />

teorwasser<br />

<strong>und</strong> Tiere<br />

• Sicherheit für Kinder<br />

abgeklärt werden<br />

• Kann ästhetisch ansprechend<br />

wirken, Höhere<br />

Lebensqualität<br />

29.d Wird Gr<strong>und</strong>wasser- Planerisch-konzeptionelle Muss situationsbezogen<br />

leiter bei Bau ange- Mehrarbeit abgeklärt werden<br />

schnitten, muss unter<br />

dem F<strong>und</strong>ament des<br />

Gebäudes eine Sickerpackung<br />

eingebaut<br />

werden<br />

29.e Anzahl Untergeschos- • Weniger Aushub • Einschränkung der Wirt- Planerisch-konzeptionelle<br />

se dem Gr<strong>und</strong>wasser- schaftlichkeit Mehrarbeit, Wirtschaftlichkeit<br />

spiegel anpassen<br />

versus Baukosten<br />

• Nutzungsflexibilität<br />

29,f Wasserverbrauch sen- • Ressourcenschonung Mehreinnahmen für Wasser- politisch schwer <strong>durch</strong>ken<br />

<strong>durch</strong> entspr. versorgung (öffentliche setzbar, Anreiz schaffen<br />

Lenkungsabgabe<br />

Hand)<br />

.....<br />

MÖglich<br />

Fazit: Planerisch sind hier viele Verbesserungen möglich; problematisch ist, dass das Gut «Wasser» praktisch<br />

gratis ist.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 149


Umsetzung_~<br />

_<br />

2.10 Gewiissem:hutz (qualitativ)<br />

Massnahme<br />

+<br />

WirkungszusammenMlIIg<br />

Kosten<br />

Machliarkeit<br />

210.a Abwasser in ARA • Bodenschutz<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

Investitionskosten, Baukosten,<br />

Unterhaltskosten<br />

Gesetzlich vorgeschrieben<br />

(GSchG)<br />

210.b Altlastensanierung<br />

• Bodenschutz<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Standortattraktivität<br />

• Grösserer Aushub<br />

• Deponieraum<br />

• Risiko der Gr<strong>und</strong>wasserverschmutzung<br />

bei Sanierung<br />

• sanierungsaufwand<br />

Sanierungkosten<br />

Totalsanierung meist wirtschaftlich<br />

nicht tragbar<br />

(abhängig von Art der<br />

Verschmutzung, Geländenutzung,<br />

...)<br />

210.c Emissionsverminderung<br />

• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Naturnahes Areal<br />

evtl. Investitionskosten<br />

Möglich <strong>und</strong> z.T. gesetzlich<br />

vorgeschrieben (GSchG)<br />

210.d Verwendung von biolo- • Ges<strong>und</strong>heit<br />

gisch gut abbaubaren<br />

Produkten<br />

• Luftqualität der Innenräume<br />

• Aufwand für gleiche Reinigungsleistung<br />

evtl. grösser<br />

Substitutionskosten<br />

Generell machbar<br />

210.e 'Vorsichtsmassnahmen<br />

beim Bauvorgang<br />

(Ölabscheider, sammelstellen....)<br />

• Bodenschutz<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Gewässerschutz<br />

• Förderung des ökologischen<br />

Bewusstseins<br />

• Evtl. Verlängerung der Bau-.<br />

zeit<br />

Ausbildungskosten<br />

Generell machbar<br />

210.f Richtlinien des AGW<br />

über Baustellenabwässer<br />

einhalten<br />

• Bodenschutz • Evtl. Graue Energie evtl. Baukosten Generell machbar<br />

Fazit: Vieles ist gesetzlich geregelt, aber kann nicht konsequent vollzogen werden.<br />

2.11 Gewässerschutz (Biozönose - Vielfalt <strong>und</strong> Standortgerechtigkeit)<br />

Massnahme<br />

+<br />

Wirkungszusammenhang Kosten Machharkeit<br />

211.a Naturnahe Gewässerverbauung<br />

• Quantitat. Gewässerschutz<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Standortattraktivität<br />

• Evtl. Problem mit Altlasten<br />

• Platzbedarf<br />

Renaturierungskosten<br />

Möglich, situationsabhängig<br />

Fazit: Umsetzung ist sehr wichtig - sie zeigt dann, wie effektiv dieses Ziel erreicht wird.<br />

150 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


--------------------------------- Umsetzung<br />

2.12 Luftqualitiit<br />

Massnalime WirklingszlIsammenliang Kosten Macliilarkeit<br />

+ -<br />

212.a Verkehrsreduktion an. • Ges<strong>und</strong>heit Verwaltungskosten Politische Akzeptanz nicht<br />

sonnenreichen Tagen<br />

gegeben, Vollzugskonflikt<br />

(Privatverkehr) • Lärm<br />

• Förderung des ökol. Bewusstseins<br />

212.b Förderung des Fuss- • Ges<strong>und</strong>heit • Evtl. weniger Grünflächen Planerisch-konzeptionelle Neue Wege generell machbar,<br />

<strong>und</strong> Fahrradverkehrs<br />

Mehrarbeit, Baukosten<br />

• Lärmbelastung<br />

Umfunktionierung von<br />

Strassen evtl. schwierig<br />

• Wopnlichkeit im Quartier<br />

• Standortattraktivität<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

212.c Emissionsverminde- • Ges<strong>und</strong>heit Investitionskosten Generell machbar z.T. gesetzrung<br />

der Ozon-<br />

(Entstickungsanlagen)<br />

• Standortattraktivität<br />

lich vorgeschrieben<br />

vorläufersubstanzen<br />

• Schutz Ozonschicht<br />

212.d Förderung des ÖV • Lärmpegel • (Individuelle Mobilität ein- Planungskosten, Realisie- Möglich,aber abhängig vom<br />

geschränkt) rungs- <strong>und</strong> Umsetzungs- politischen Willen<br />

• Weniger Parkplätze<br />

kosten, Unterhaltskosten<br />

• Ressourcenschonung<br />

versus Kosten für Individualverkehr<br />

• Förderung des<br />

ökologischen Bewusstseins<br />

• CO 2 -Ausstoss verringert<br />

212.e Emissionsarme • CO 2 -Ausstoss verringert Substitutionskosten, Investi- Z.T. gesetzlich vorgeschrie-<br />

Feuerungen (nur wenn besserer tionskosten ben (LRV)<br />

Wirkungsgrad)<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Weniger ozonbildende<br />

Stoffe<br />

• Evtl. Standortattraktivität<br />

Fazit: Im Bereich Verkehr sind die Umsetzungen stark vom politischen Willen abhängig (zur Zeit sehr<br />

schwierig!),<br />

2.13 Schutz der Ozonschicht<br />

Massnalime<br />

+<br />

WirkllugszlIsammenilang<br />

Kosten<br />

Macililarlteit<br />

213.a Verwendung von<br />

Ersatzstoffen<br />

• evtl. Recycling<br />

Substitutionskosten<br />

Möglich, produkteabhängig<br />

213.b Verwendung von<br />

nichtozonschädigenden<br />

Baumaterialien<br />

in der Erstellungs-,<br />

Nutzungs- <strong>und</strong><br />

Abbruchphase<br />

213.c Ersatz/Nichteinsatz<br />

von Kühl- <strong>und</strong> Klimaanlagen<br />

sowie Materialienmit<br />

FCKW<br />

• Probleme mit Ersatzstoffen Substitutionskosten Möglich, abhängig von<br />

Produkteangebot<br />

• evtl. problematische Ersatz- Substitutionskosten, Unter- Möglich, produkteabhängig<br />

stoffe in den Geräten haltskosten<br />

Fazit: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) sind gesetzlich verboten (oder werden es in naher Zukunft).<br />

Bei den Ersatzprodukten muss darauf geachtet werden, dass man nicht andere/neue Probleme schafft.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 151


umsetzung<br />

_<br />

2.14 Keine amhropogen verursachte Klimaveriinderung<br />

Massnallme Wirkungszusammenbang Kosten Macllbarkeit<br />

+ -<br />

214.a Ersatz fossiler Energi- • Ressourcenschonung • Konflikt mit Dach-/ Investitionsko3ten <strong>und</strong> Unter- Generell machbar<br />

en <strong>durch</strong> erneuerbare<br />

Fassadenbegrünung haltskosten versus Kosten für<br />

Energien:<br />

• Luftqualität<br />

• Angenehme räumliche<br />

Öl/Gas<br />

• Sonnenkollektoren<br />

Gestaltung<br />

• Ästhetik<br />

• Photovoltaik • Ressourcenschonung • Dach-/Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten Generell machbar, lange<br />

<strong>und</strong> Unterhaltskosten versus Amortisationszeit<br />

• Ästhetik?<br />

Kosten für Strom<br />

• Graue Ene~gie<br />

• Entsorgung<br />

• Erdwärme • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>- Investitionskosten versus Bedingt machbar (stark<br />

• Ressourcenschonung<br />

wasser Kosten für Öl standortabhängig)<br />

• Fernwärme • Ressourcenschonung Anschlusskosten (v.a. bei Bedingt machbar (stark<br />

vorh. Häusern), Investitions- standortabhängig)<br />

• Luftqualität<br />

kosten versus Kosten für Öl<br />

• Ausnützung von Abwärme<br />

214.b COrLenkungsabgabe • externe Kosten • Internationale Absprachen Verwaltungskosten politisch schwierig <strong>durch</strong>notwendig<br />

• Energieverbrauch<br />

setzbar<br />

• Ressourcenschonung<br />

• Luftqualität<br />

• evtl. Förderung des ökologischen<br />

Bewusstseins<br />

Fazit: Für eine.COz-Abgabe ist zur Zeit eine politische Durchsetzbarkeit nicht absehbar.<br />

3. Zielbereich Wirtschaftlichkeit<br />

3.1 Interftalisierune der externen Kosten<br />

Massnallme Wirkungszusammenbang Kosten Macbbarkeit<br />

+ -<br />

3l.a Einbezug externer • Energieverbrauch • wirtschaftliche Tragbarkeit Verwaltungskosten wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch<br />

Kosten in die betrieb-<br />

für umweltbelastende<br />

• Ressourcenschonung<br />

schwierig <strong>durch</strong>setzbar<br />

liche Kostenrechnung<br />

Betriebe kritisch<br />

• Förderung des ökologischen<br />

Bewusstseins<br />

• Gewässerschutz<br />

• Luftqualität<br />

Fazit: vergleiche Aussagen zur Machbarkeit!<br />

3.2 Angemessene Kapitalverzinsll"g<br />

Massnalime WIrkungszusammenbang Kosten Macllbarkelt<br />

+ -<br />

,<br />

32.a Staatliche Förderungs- • Ressourcenschonung Investitionskosten, Förder- Möglich<br />

massnahmen für<br />

kosten für den Staat<br />

ökologisches <strong>Bauen</strong> • Bodenschutz<br />

• Gewässerschutz<br />

• Förderung des ökologischen<br />

Wissens<br />

152 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________________Umsetzung<br />

3.3 Erhaltung der Anzahl <strong>und</strong> Qualität der Arheitsplätze<br />

Massnahme<br />

+<br />

Wirkllllgszilsammenbang<br />

Kosten<br />

Macbbarkeit<br />

33.a Marketingstrategien<br />

für potentielle Arbeitgeber<br />

in wohnungsdominierten<br />

Areal<br />

entwickeln<br />

• Standortattraktivität<br />

• Nutzungs<strong>durch</strong>mischung<br />

• <strong>Umwelt</strong>schonung<br />

• Energieschonung<br />

• Entwicklung/Ausbreitung<br />

von umweltfre<strong>und</strong>lichen<br />

Betrieben<br />

Marketingkosten<br />

Generell machbar (in Form<br />

von Publicity, Öko- <strong>und</strong><br />

Geschäftsberichten)<br />

4. Zielhereich Attraktives, räumliches Umfeld zum Leben, Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen (Nutzllngsarten)<br />

4.1 Erhaltung der Sta'l'l.dortattraktivität<br />

Massnabme<br />

+<br />

Wirkllngszilsammenbang<br />

Kosten<br />

Macbbarkeit<br />

41.a Erschliessung mit ÖV<br />

(Tram, Bus)<br />

• Angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

• Modellwirkung<br />

• Förderung des ökologischen<br />

Bewusstseins<br />

• Luftqualität<br />

• Lärm<br />

Planungskosten, Realisierungs-<br />

<strong>und</strong> Umsetzungskosten,<br />

Unterhaltskosten<br />

versus Kosten für Individualverkehr<br />

Generell machbar<br />

41.b Förderung der Velowege<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Angenehmer Schallpegel<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Luftqualität<br />

• Angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

• Bodenversiegelung?<br />

Planungs-, Projektierungs<strong>und</strong><br />

Baukosten<br />

Generell machbar<br />

41.c periphere Parkplätze<br />

• Verringerung arealinterner<br />

Verkehr<br />

• Lärm<br />

• zentrale GTÜnräume<br />

• Zulieferung Betriebe etc_<br />

Planungskosten<br />

Generell machbar<br />

Fazit: Massnahmen mit grossen Synergieeffekten. Frage ist, ob die Standortattraktivität wirklich vorwiegend<br />

<strong>durch</strong> Massnahmen im Bereich des Verkehrs erhalten werden kann.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 153


umsetzung,<br />

----'_<br />

4.2 Ausgepriigte Niltzilftgsdirdimisdumg<br />

Massnahme Wirkungszusammenllang Kosten Macilbarkeit<br />

+ -<br />

42.a Stadt-<strong>und</strong> Arealleitbild • Angenehmes Stadtklimaa • Nutzungsflexibilität ein- Planungskosten Generell machbar<br />

entwickeln<br />

schränken<br />

• Architektur/Ästhetik<br />

• Angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

42.b Offene Verhandlungen • Erhaltung der Arbeits- • Relativ wenig Effizienz Zeitaufwendig . Möglich, aber Willensfrage<br />

mit Interessengruppen plätze?<br />

• Erhaltung der Standortattraktivität<br />

42.c Wohnbauförderung, • Erhaltung der Standortat- Subventionskosten Möglich, aber auf die Sub-<br />

Sozialer Wohnungsbau traktivität ventionierung der Stadt<br />

angewiesen<br />

• Zugänglichkeit für<br />

verschiedene Gruppen<br />

42.d Strukturen, die Aus- • Freizeitmöglichkeiten • Evtl. Lärm/Verkehr Baukosten (Infrastruktur), Generell machbar<br />

tausch schaffen<br />

evtl. Unterhaltskosten<br />

(öffentliche Plätze,<br />

• Angenehme räumliche<br />

Beizen, ...)<br />

Gestaltung<br />

• Quartierbezug<br />

42.e Modulbauweise • Standortattraktivität Planerisch-konzeptionelle Möglich<br />

Mehrarbeit<br />

• Nutzungsflexibilität<br />

Fazit: Stadt sollte die Impulse in diese Richtung geben, anschliessend sind starke Kooperationen zwischen<br />

den verschiedenen Gruppen <strong>und</strong> Interessierten notwendig.<br />

154 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________________Umsetzung<br />

4.3 NatRrnahes Areal<br />

Massnahme Wirkungsmsammenhang Kosten Machharkeit<br />

+ -<br />

43.a Wege <strong>und</strong> Plätze mit • Gewässerschutz • Haltbarkeit <strong>und</strong> Belastbar- Unterhaltskosten versus Möglich aber: Frage der<br />

Kies oder Mergel<br />

keit begrenzt Baukosten Akzeptanz<br />

• Biozönose<br />

• Versickerung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserdeposition<br />

prüfen<br />

• Angenehme räumliche Ge·<br />

staltung<br />

(Altlasten)<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Rollstuhlgängigkeit<br />

• Standortattraktivität<br />

43.b Rasengittersteine ver· • Biozönose • Haltbarkeit <strong>und</strong> Belastbar· Unterhaltskosten versus Generell machbar<br />

wenden<br />

keit begrenzt<br />

Baukosten<br />

• Gewässerschutz<br />

• beschränkte Nutzungs·<br />

• Freizeitmöglichkeiten?<br />

möglichkeiten<br />

43.c Unterschiedliche Nut· • Bodenschutz qualitätiv Planerisch·konzeptionelle Generell machbar<br />

zungsintensitäten <strong>und</strong><br />

Mehrarbeit<br />

-frequenzen auf • Biozönose<br />

Ruderalflächen planen • Angenehme räumliche Ge·<br />

staltung<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

43.d Selbsterhaltung der • Standortattraktivität Planerisch-konzeptionelle Generell machbar (Frage der<br />

Ruderalflächen auf·<br />

Mehrarbeit versus Unterhalts' Akzeptanz)<br />

gr<strong>und</strong> von Nutzung,<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

I kosten<br />

keine intensive pflege<br />

43.e Ruderalflächen des • Biozönose Planerisch·konzeptionelle Unklare technische Umset·<br />

Hauptbahnhofes <strong>und</strong> Mehrarbeit, Baukosten zung<br />

des SEW·Areal über<br />

bestehende Industriegeleise<br />

verbinden<br />

Fazit: Es handelt sich um einfache, gut umsetzbare Massnahmen, hier können Eigentümer resp. Verantwortliche<br />

Schwerpunkte setzen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 155


umsetzung,<br />

_<br />

4.4 Angenehme räumliche Gestaltung<br />

Massnahme Wirkungszusammenbang Kosten Macbbarkeit<br />

+ -<br />

44.a In entsprechende • Angenehmes Stadtklima • Nutzungsflexibilität <strong>und</strong> Planungskosten Generell machbar (politische<br />

Wohnzonen einordnen,<br />

Durchmischung geringer<br />

Frage)<br />

Gestaltungspläne etc.<br />

• Angenehmer Schallpegel<br />

• Standortattraktivität<br />

44.b Bei Etappierung akti· • Gewässerschutz • Erschwert Bauprozess Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />

ves Suchen <strong>und</strong> Öffnen Mehrarbeit, Baukosten<br />

von Freiflächen • Bodenschutz • Widerspricht baulic~en<br />

Massnahmen zum Lärmschutz?<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Naturnahes Areal<br />

• Grünraum<br />

44.c Stadtleitbild • Angenehmes Stadtklima Planungskosten Generell machbar<br />

entwickeln<br />

• Angenehme räumliche Gestaltung<br />

• Einbindung ins Verkehrskonzept<br />

44.d Einbindung ins Ver- • Stadtklima Planungskosten Generell machbar<br />

kehrskonzept<br />

• Luftqualität<br />

• Lärmpegel<br />

• Förderung ÖV<br />

• Standortattraktivität<br />

44.e Freiflächen nicht in • Nutzungs<strong>durch</strong>mischung • Wohnungen sollten nicht an Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />

Randlage des Gebietes<br />

den Rand gedrängt werden Mehrarbeit<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

• Standortattraktivität<br />

• Lärmschutz?<br />

44.f Nutzungsform der • Nutzungsflexibilität "Planung ist abgeschlossen Planerisch-konzeptionelle Möglich, aber Frage der<br />

Freiflächen teilweise<br />

Mehrarbeit<br />

Akzeptanz, Konflikte<br />

offen lassen<br />

• Freizeitmöglichkeiten<br />

zwischen verschiedenen<br />

• Naturnahes Areal<br />

Nutzungsinteressen<br />

156 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________________umsetzung<br />

5. Zielbereich förderung des Wissens<br />

5.1 förde.rung des ökologischen Bewusstseins <strong>und</strong> Wissens im Btlllbereich<br />

Massllahme Wirikullgszusammenhallg KosteIl Machbarkeit<br />

+ -<br />

51.a Fortbildung der Einbezug der Aspekte Ausbildungskosten Möglich, Frage der<br />

Architektinnen<br />

• Ges<strong>und</strong>heit<br />

• Ressourcenschonung<br />

)) Angenehmes Stadtklima<br />

• Angenehme räumliche<br />

Gestaltung<br />

• Angenehmer Schall pegel<br />

• Schutz der Ozonschicht<br />

• Standortattraktivität<br />

Organisation <strong>und</strong> des Willens<br />

der Architekten<br />

51.b ökologische Leistungs- Beitrag zur Förderung aller Planungskosten Generell machbar<br />

beschreibung ökologischen Massnahmen<br />

51.c Angabe der eingesetz- • Kann helfen, den Massnah- Verwaltungskosten Schwer <strong>durch</strong>setzbar,<br />

ten Inhaltsstoffe menbereich Ges<strong>und</strong>heit zu Betriebsgeheimnisse<br />

(Deklarationsraster SIA verwirklichen (FCKW)<br />

D093, ...)<br />

51.d Fortbildung der Mit- • Abfall-jRecyclingproble- • Mehraufwand Ausbildungskosten Möglich ,aber Frage der Orgaarbeiterinnen<br />

matik nisation, des Willens der Planungs-<br />

<strong>und</strong> Baufirmen <strong>und</strong><br />

• Deponieraum<br />

der Mitarbeiter<br />

• Ressourcenschonung<br />

51.e Freie Gestaltungsmög- • Standortattraktivität evtl. Unterhaltskosten Möglich, aber eine Frage<br />

lichkeiten der Mieter<br />

)) Freizeitmöglichkeiten<br />

ansteigend<br />

des Willens auf Seiten der<br />

in Mietverträgen<br />

Vermieter<br />

berücksichtigen<br />

Fazit: Grösstes Problem ist die Umsetzungsstrategie; diese Massnahmen beinhalten viele Synergien zu<br />

weiteren Zielen/-bereichen.<br />

5.2 förderung des Wissens um die Wechse.lwirkungen zwischen Wissen, Werten, Handlungen, Bedürfnissen <strong>und</strong><br />

Rahmenbedingungen (nicht nur im Baubereich)<br />

Massllahme Wirikungszusammenhang Kosten Machharkeit<br />

+ -<br />

52.a


umsetzung -:- _<br />

5.3 Modellwirlnmg des Projektes<br />

Massllabme Wirkullgszusammellhallg Kostell Machharkeit<br />

+ -<br />

53.a neue Methoden produkteabhängig evtl. nicht vorhersehbare Entwicklungskosten, Sub- methoden- <strong>und</strong> produkte<strong>und</strong><br />

Technologien Auswirkungen stitutionskosten, evtl. Aus- abhängig<br />

einsetzen<br />

bildungskosten<br />

53.b Messprojekt als • Zielerreichung, Monitoring Arbeitskosten, Planungs- Generell machbar<br />

Erfolgskontrolle<br />

kosten<br />

Fazit: Dies sind 2 Beispiele für mögliche Modellwirkungen.<br />

5.6 Kontakradressen<br />

SBV Schweizerischer Baumeisterverband Tel. 01 25881 11<br />

Weinbergstrasse 49 Fax 01 25883 35<br />

CH-8035 Zürich<br />

TFB Technische Forschungs- <strong>und</strong> Beratungs- Tel. 0628877272<br />

stelle der Schweizerischen Zementindustrie Fax 062893 1627<br />

Lindenstrasse 10<br />

CH-5103 Wildegg<br />

SIA Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Tel. 01283 15 15<br />

Architektenverein Fax 01 201 63 35<br />

Seinaustrasse 16<br />

CH-8002 Zürich<br />

VSZ Verband der Schweizerischen Tel. 01 361 96 50<br />

Ziegelindustrie Fax 01 361 02 05<br />

Obstgartenstrasse 28<br />

CH-8006 Zürich<br />

FSK Schweizerischer Fachverband für Sand Tel. 031 3262626<br />

<strong>und</strong> Kies Fax 0313262629<br />

Bubenbergplatz 9<br />

Postfach<br />

CH-3001 Bem<br />

AGW Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Tel. 012593202<br />

des Kantons Zürich Fax 01 2594299<br />

Walchetor<br />

CH-8090 Zürich<br />

IPBau B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen Tel. 0313222111<br />

BeIpstrasse 53<br />

CH-3003 Bem<br />

ZIP-Bau Zentrum für integrierte Planung im Tel. 01 76331 15<br />

Bauwesen Fax 01 371 8024<br />

ETH-Hönggerberg<br />

CH-8093 Zürich<br />

IFIB Institut für industrielle Bauproduktion 49(0)721 6082165<br />

Prof. N. Kohler, Universität Karlsruhe 49(0)721 661115<br />

UNS ETH <strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozial- Tel. 016326446<br />

wissenschaften Fax 01 632 1029<br />

<strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />

Voltastrasse 65<br />

CH-8044 Zürich<br />

ARV Abbruch-, Aushub- <strong>und</strong> Recycling-Verband Tel. 01813 7656<br />

Gerbergasse 10 Fax, 01 813 76 70<br />

CH-8302 Kloten<br />

VSS Vereinigung Schweiz. Strassenfachleute Tel. 012516914<br />

Seefeldstrasse 9 Fax 012523130<br />

CH-8008 Zürich<br />

SMART<br />

Impulse für die Optimierung von Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> Bauprozess.<br />

KontaktsteIlen: SBV: H. Heer, F. Schmid<br />

SIA: P. Rechsteiner<br />

5.7 Glossar Werkblatt<br />

Ausserhalb der LM 95. Beim Erstellen der Tabellen<br />

zeigte sich, dass es Massnahmen gibt, die unabhängig<br />

vom ~ Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess zu realisiereIl<br />

sind. Für diese Massnahmen ist in der Tabelle<br />

«Bauphasen - Massnahmen» die sechste Spalte<br />

mit dem Titel «Ausserhalb des LM 95» eingeführt<br />

worden.<br />

LM 95. Abkürzung für das Leistungsmodell 95 der<br />

~ SIA. Der SIA will mit diesem Modell das qualitative<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliche <strong>Bauen</strong> verbessern. Planem<br />

wird es so ermöglicht, mit Professionalität zu arbeiten.<br />

Das LM 95 verfolgt dabei die folgenden vier<br />

Gr<strong>und</strong>prinzipien:<br />

• Teamorientierte Zuordnung der Planungsaufgaben.<br />

Der Auftraggeber sucht nur noch einen Ansprechpartner,<br />

das Planungsteam. Alles weitere ist<br />

in der Eigenverantwortung dieses Teams.<br />

• Entscheidungsorientierte Phasengliederung. Abgestimmt<br />

auf den Entscheidungsablauf des Auftraggebers<br />

umfasst das LM 95 sämtliche Lebenszyklen<br />

eines Gebäudes. Die einzelnen Phasen sine<br />

dabei so aufgebaut, dass sie in sich geschlossen realisiert<br />

werden können <strong>und</strong> das Auftreten von Planungsleichen<br />

praktisch ausgeschlossen wird.<br />

• Modularer <strong>und</strong> ergebnisorientierter Leistungsbeschrieb.<br />

Für die verschiedenen Phasen gibt es<br />

Leistungspakete, welche spartenübergreifend, ergebnisorientiert<br />

<strong>und</strong> funktional aufgebaut sind.<br />

Diese Leistungspakete oder -module müssen dem<br />

jeweiligen Projekt angepasst werden <strong>durch</strong> Auftraggeber<br />

<strong>und</strong> Auftragnehmer.<br />

• Leistungsorientierte Honorierung.<br />

Der SIA unterscheidet in diesem Modell fünf verschiedene<br />

Phasen: ~ Strategische Planung, ~ Vorstudien,<br />

~ Projektierung, ~ Realisierung, ~ Nutzung.<br />

Nutzung. Dies ist die fünfte <strong>und</strong> letzte Phase aus dem<br />

~ LM 95. Sie umfasst die Bewirschaftung <strong>und</strong> den<br />

Rückbau.<br />

158<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


---------------- umsetzung<br />

Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess. Der Ablauf des Planungs<strong>und</strong><br />

Bauprozesses wird in verschiedenen Publikationen<br />

in allgemeiner Form dargestellt, ist allerdings<br />

einem ständigen Wandel unterworfen. Unsere Betrachtungen<br />

sind vom Entwurf für das sogenannte<br />

Leistungsmodell 95 (--t LM 95) der SIA ausgegangen.<br />

Darin werden fünf Phasen unterschieden.<br />

Projektierung. Sie ist die dritte Phase des --t LM 95<br />

<strong>und</strong> umfasst die Vorprojekte <strong>und</strong> die Bauprojekte.<br />

Realisierung. Dabei handelt es sich um die vierte<br />

Phase des --t LM 95 <strong>und</strong> sie beginnt mit der Vorbe-'<br />

reitung der Ausführung, geht über zur Ausführung<br />

<strong>und</strong> Inbetriebsetzung <strong>und</strong> endet mit dem Abschluss<br />

des Bauprojektes.<br />

SIA. Abkürzung für den Schweizerischen Ingenieurnd<br />

Architektenverband.<br />

Strategische Planung. Sie ist die erste Phase des<br />

--t LM 95 <strong>und</strong> umfasst die Definition der Rahmenbedingungen,<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Ziele sowie erste<br />

Lösungsansätze.<br />

Vorstudien. Dabei handelt es sich um die zweite Phase<br />

des --t LM 95 <strong>und</strong> sie umfasst die Projektdefinition<br />

sowie den Nachweis der Machbarkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit.<br />

Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich<br />

(1993): Altlastenbearbeitung: Einführung in die Altlastenpraxis<br />

des Kantons Zürich, Zürich.<br />

Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich<br />

(1995): Ihre Altlast ist kein Einzelfall, Zürich.<br />

Bank, D. (1993): Basiswissen, <strong>Umwelt</strong>technik: Wasser, Luft, Abfall,<br />

Lärm, <strong>Umwelt</strong>recht. Würzburg: Vogel Verlag.<br />

Baudirektion des Kantons Zürich (1990): Luftprogramm für den<br />

Kanton Zürich. Zürich.<br />

BMFT Technologieregister zur Sanierung von Altlasten (TE­<br />

RESA) (1990): <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt Berlin.<br />

Brunner, P. H. & Stämpfli, D. (1989): Entsorgung von Baurestmassen:<br />

Stoffflussanalyse einer Sortieranlage für Bausperrgut.<br />

Abt. S+E, EAWAG, Dübendorf.<br />

B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen (1987): Heizsysteme für Energiesparhäuser:<br />

Impulsprogramm Haustechnik. Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen (1992): Recycling - Verwertung<br />

<strong>und</strong> Behandlung von Bauabfällen. IP Bau, Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1990):<br />

Handbuch Umweitverrräglichkeitsprüfung UVP. Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1991):<br />

Boden <strong>und</strong> UVP. Mitteilungen zur UVP, Nr. 6., Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1994):<br />

Altlastenkonzept für die Schweiz. Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz I: Natur- <strong>und</strong><br />

Heimatschutz, Artenschutz, Tierschutz, Raumplanung, Enteignung,<br />

Fuss- <strong>und</strong> Wanderwege. Bern: EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz ll: Wasserbau, ­<br />

wirtschaft, Verkehrswege, Energien, Kernenergie, <strong>Umwelt</strong>schutz,<br />

Gewässerschutz. Bern:EDMZ.<br />

B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz IlI: Luft- <strong>und</strong><br />

Lärmschutz, Verkehr mit Giften, Landwirtschaft, Forstwesen,<br />

Jagd <strong>und</strong> Fischerei.<br />

Chemiewinkel University of Amsterdam, Onderzoeks- en Adviescentrum<br />

Chemie Arbeid Milieu (1994): Proceedings of the Workshop<br />

Life Cycle Assessment and the Working Environment.<br />

Arristerdam.<br />

Ems, F. et al. (1989): Wärmedämmstoffe - Der Versuch einer<br />

ganzheitlichen Betrachtung. Arbeitsgruppe Wärmedämmstoffe,<br />

Muttenz.<br />

Gugumus, F. et al. (1987): Lichtschutzmittel, Antioxidamien,<br />

PVC-Stabilisatoren, Antistatika, Flammschutzmittel, Gleitmittel,<br />

Farbmittel, Weichmacher, Füllstoffe, Textilglasfasern, Kohlenstoff-<br />

<strong>und</strong> Aramidfasern. Kunststoffe. München: Carl Hanser Verlag.<br />

Häberli, R. (1991): Boden Kultur: Vorschläge für eine haushälterische<br />

Nutzung des Bodens in der Schweiz. Nationales Forschungsprogramm,<br />

Liebefeld-Bern.<br />

HBT Solararchitektur .(1991): Energie- & Schadstoffbilanzen<br />

(Tagung vom 7.3.1991). ETH Zürich.<br />

lE-Symposium (1995): Fabrik-<strong>Umnutzung</strong> - Die Alternative zum<br />

Neubau. Schlussbericht zumIE-Symposium vom 12. Januar 1995<br />

im Kongresshaus Zürich.<br />

Kasser, U. & Amman, D. (1992): Deklarationsraster für ökologische<br />

Merkmale von Baustoffen. Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />

Architekten-Verein (SIA), Zürich.<br />

Kohler, N. et al. (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />

Gebäuden während ihrer Lebensdauer. Koordinationsgruppe des<br />

B<strong>und</strong>es für Energie- lind Ökobilanzen, Karlsruhe.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

159


Umsetzung<br />

_<br />

Landesanstalt für <strong>Umwelt</strong>schutz Baden-Württemberg (1993):<br />

Handbuch Mikrobiologische Bodenreinigung, Band 7. Baden­<br />

Württemberg.<br />

Meier, R. & Walter, F. (1991): <strong>Umwelt</strong>abgaben für die Schweiz.<br />

Chur/Zürich: Verlag Rüegger.<br />

Ragonesi, M. (1993): Bautechnik der Gebäudehülle. In Bau <strong>und</strong><br />

Energie, Band 4., Zürich: vdf.<br />

Reichmann, H. (1994): <strong>Umwelt</strong>abgaben. Europäische Hochschulschriften,<br />

Reihe V: Volks- <strong>und</strong> Betriebswirtschaft, Vol. 1522. Peter<br />

Lang.<br />

Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1993):<br />

Elektrizität im Hochbau. Zürich.<br />

Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1985):<br />

Energie im Hochbau. Zürich.<br />

Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1989):<br />

Schadstoffarmes <strong>Bauen</strong>. Zürich.<br />

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />

(1993): Der Biotopflächenfaktor BFF. Berlin.<br />

Steiger, P. (1995): Hochbaukonstruktion nach ökologischen<br />

Gesichtspunkten (Entwurf). Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />

Architekten-Verein, Zürich.<br />

Stritz, A. (1995): Bilanzierung von Baumaterielien (Schlussbericht).<br />

LES, ETH Zürich.<br />

Sukopp, H. & Wittig, R. (1993): Stadtökologie. Stuttgarr: Gustav<br />

Fischer Verlag.<br />

Suter, J. (1995): Sanierungsziele bei Altlasten. Schweizer Ingenieur<br />

<strong>und</strong> Architekt (SIA), Nr. 13:7-10.<br />

<strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt Berlin (UBA) (1986): Branchentypische Inventarisierung<br />

von Bodenkontaminationen - ein erster Schritt zur<br />

Gefährdungsabschätzung für ehemalige Betriebsgelände. <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt,<br />

Deutschland.<br />

Zimmermann, M. (1986): Handbuch der passiven Sonnenenergienutzung.<br />

Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein<br />

(SIA), Zürich.<br />

Brunner, P. H. & Stämpfli, D. (1989): Entsorgung von Baurestmassen,<br />

Stoffflussanalyse einer Sorrieranlage für Bausperrgut. Abt.<br />

S+E, EAWAG, Dübendorf.<br />

Ems, F. et al. (1989): Wärmedämmstoffe - Der Versuch einer ganzheitlichen<br />

Betrachtung, 2nd ed., (S.46). Muttenz: Arbeitsgruppe<br />

Wärmedämmstoffe.<br />

Handbuch Mikrobiologische Bodenreinigung (1993): Band 7. Landesanstalt<br />

für <strong>Umwelt</strong>schutz Baden-Württemberg.<br />

Kasser, U. & Amman, D. (1992): Deklarationsraster für ökologische<br />

Merkmale von Baustoffen. Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />

Architekten-Verein, Zürich.<br />

Kohler, N. et al. (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />

Gebäuden während ihrer Lebensdauer, 1st ed. Karlsruhe: Koordinationsgruppe<br />

des B<strong>und</strong>es für Energie- <strong>und</strong> Ökobilanzen.<br />

Steiger, P. (1995): Hochbaukonstruktion nach ökologischen<br />

Gesichtspunkten (Entwurf). Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />

Architekten-Verein (SIA), Zürich.<br />

Zimmermann, M. (1986): Handbuch der passiven Sonnenenergienutzung.<br />

Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein<br />

(SIA), Zürich.<br />

LiteratlIr alls Variantenbewertllngsteil<br />

Baeriswyl, M. (1995): <strong>Umwelt</strong>belastungsminderung <strong>durch</strong> Ökokühlschränke?<br />

Semesterarbeit, Abteilung Umwelmaturwissenschaften,<br />

ETH Zürich.<br />

Heijungs, R. et al (1992): Environmental Life Cycle Assessment of<br />

Products. Centre of Environmental Sience, Leiden.<br />

Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Bewertungsmethoden in<br />

Ökobilanzen - ein Überblick.In: GAlA 3 no 4:227-238.<br />

Hofstetter, P. (1993): Überblick über Bewerrungsmethoden in<br />

Ökobilanzen, Laboratorium für Energiesysteme, Zürich.<br />

Saaty, T. L. (1977): A Scaling Method for Priorities in Hierarchical<br />

Structures, Journal of Mathematical Psychology 15:234-281.<br />

SETAC (1992): A conceptual framework for life-cycle assessment,<br />

Workshop Sandestin, Brüssel.<br />

Ulrich, H. & Probst, G. (1991): Anleitung zum ganzheitlichen<br />

Denken <strong>und</strong> Handeln: Ein Brevier für Führungskräfte. Bern,<br />

Stuttgarr: Paul Haupt.<br />

Universität Karlsruhe (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />

Gebäuden während ihrer Lebensdauer.<br />

Von Winterfeldt, D. & Edwards, W. (1993): Decision Analysis and<br />

Behavioral Research, Cambridge.<br />

Literatllr Werkblatt<br />

Bank, D. (1993): Basiswissen, <strong>Umwelt</strong>technik: Wasser, Luft, Abfall,<br />

Lärm, <strong>Umwelt</strong>recht. Würzburg: Vogel Verlag.<br />

160<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Inhalt<br />

1. Definition <strong>und</strong> Methodik<br />

2. Ziele, Annahmen <strong>und</strong> Vorgehen<br />

3. Ergebnisse<br />

4. Überprüfung der Glaubwürdigkeit<br />

der Ergebnisse<br />

5. Schlussfolgerungen<br />

163<br />

165<br />

170<br />

179<br />

180<br />

AlItorinnen<br />

Sandro Buss<br />

Ivo Mellzillger<br />

OIaf Tietje (Tutor)<br />

Allfballend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen ArbeitsgYllppen (Teilprojekugrllppen1.l, 1.2, l.4 <strong>und</strong> 1.10)<br />

Roger Bätscher Patrick Mathys Christoph Schreyer<br />

Jiirg Bondere: Matthias Nabholz Patrick Steinemann<br />

Salldro Buss Werller Meier Rolf Frischkllecht (Tutor)<br />

Mireille Faist Ivo Mellzinger Michael Redle (Tutor)<br />

Malt Gröbly Michael Pistor OIaf Tietje (Tutor)<br />

Michael Koueky<br />

Petra Remmele<br />

Lena Itseher<br />

Sonja Riiegg


Ökobilanz.<br />

_<br />

162 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

1.<br />

1.1 ist eine Ölwhilanz?<br />

Eine Ökobilanz ist ein Instrument zur Ermittlung<br />

der ökologischen Auswirkungen eines Produktes<br />

oder einer Dienstleistung. Für eine Ökobilanz wird<br />

der gesamte Lebenszyklus eines Produktes oder<br />

einer Dienstleistung untersucht, um spezifische<br />

Auswirkungen jeder Lebensphase auf die <strong>Umwelt</strong><br />

zu erfassen. Ein Lebenszyklus umfasst sowohl die<br />

Rohstoffgewinnung, als auch die Verarbeitungs-,<br />

Nutzungs- <strong>und</strong> Entsorgungsphase. Ökobilanzen werden<br />

häufig zum Vergleich verschiedener Produkte<br />

oder Dienstleistungen gleichen Nutzens hinsichtlich<br />

ihrer ökologischen Verträglichkeit eingesetzt. Für<br />

die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> war die Identifikation der umweltverträglichsten<br />

Gestaltungsvariante aufgr<strong>und</strong> vorher<br />

Jefinierter Bewertungskriterien primäres Ziel.<br />

Zur Illustration mag der Vergleich von Sandwichverpackungen<br />

aus Aluminium <strong>und</strong> Papier als einfaches<br />

Beispiel dienen (vgl. Heijungs, 1993). Diejenige<br />

Verpackung, die während ihres Lebenszyklus'<br />

die geringsten Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> ­<br />

gemessen am Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen,<br />

an der toxischen Wirkung auf Menschen, an<br />

Stör- <strong>und</strong> Unfällen, Ozonzerstörungspotential, Lärm<br />

etc. - zeigt, ist vom ökologischen Standpunkt aus<br />

vorzuziehen. Die Ökobilanzierung ist ein mächtiges,<br />

aber komplexes Instrument, das ein besseres Verständnis,<br />

das Setzen von Prioritäten, die Bewertung<br />

von Alternativen <strong>und</strong> sogar die Integration ins<br />

Geschäftsmanagement erlaubt (Hofstetter & Braunschweig,<br />

1994, S. 227). Eine Ökobilanz beschäftigt<br />

sich vornehmlich mit technischen Aspekten von<br />

<strong>Umwelt</strong>belastungen. Soziale <strong>und</strong> ökonomische Gesichtspunkte<br />

werden nur statistisch berücksichtigt,<br />

Jm die tatsächlich verbrauchten bzw. benötigten<br />

Mengen der beteiligten Produkte <strong>und</strong> Leistungen<br />

zu quantifizieren. Es werden nur <strong>Umwelt</strong>schäden<br />

betrachtet, die sich aus Stoff- bzw. Energieflüssen<br />

ergeben. Positive ökologische Qualitäten wie z.B.<br />

das subjektive Erleben einer speziellen Grünraumgestaltung<br />

werden nicht beurteilt.<br />

Die Ziele der <strong>Fallstudie</strong> liegen u.a. darin, dass<br />

Methoden entwickelt oder angewendet werden, die<br />

eine umfassende interdisziplinäre Bewertung des<br />

Falles, d.h. der zukünftigen baulichen Gestaltung<br />

unterstützen <strong>und</strong> so zur Integration von verschiedenen<br />

disziplinären Wissensbereichen beitragen. Eine<br />

dieser Methoden ist die Ökobilanz. Der Versuch<br />

einer umfassenden, quantitativen ökologischen Bi-<br />

lanzierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Gestaltungsvarianten<br />

schien daher sinnvoll. Immerhin ist<br />

die Ökobilanz ein weitgehend formalisiertes Verfahren,<br />

das quantitative <strong>und</strong> überprüfbare Resultate<br />

liefert. Es wird aktuell in vielen Bereichen angewendet.<br />

Ob die grossen Erwartungen, die im allgemeinen<br />

an eine Ökobilanz <strong>und</strong> im besonderen in die<br />

Anwendung im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> gesetzt wurden,<br />

im grossen <strong>und</strong> ganzen erfüllt werden, mögen<br />

die LeserInnen entscheiden.<br />

Ökohilanz<br />

Ökobilallz muss als Oberbegriff verstanden werden,<br />

unter dem mehr als nur ein spezielles Verfahren<br />

zusammengefasst wird. Verschiedene Ökobilanzen<br />

unterscheiden sich vor allem in der Wahl des Aufbaus<br />

<strong>und</strong> der Methoden zur Bewertung. Der Aufbau einer<br />

Ökobilanz beruht im allgemeinen auf vier aufeinanderfolgenden<br />

Stufen: Zieldefinition, Ökoinventar<br />

(Sachbilanz), Wirkungsbilanz <strong>und</strong> Vollaggregation<br />

(Bilanzbewertung). Gewisse Schulen fügen eine Verbesserungsanalyse<br />

als weiteren Schritt an (Heijungs,<br />

1992). Andere führen die Klassifikation als eigene<br />

Stufe ein (SETAC, 1992).<br />

Die Zie!defillitioll:<br />

Auf dieser ersten Stufe werden die funktionalen Einheiten<br />

(also beispielsweise eine Sandwichverpakkung<br />

oder ein Bauteil), die bilanziert werden sollen,<br />

festgelegt. Hier werden auch die Systemabgrenzungen<br />

vorgenommen - in unserem Fall: das SEW-Areal<br />

(die genauen zeitlichen, räumlichen <strong>und</strong> sachlichen<br />

Abgrenzungen sind in Abschnitt. 2.2 Annahmen dargestellt).<br />

Das Ökoillvelltar (die Sachbilallz):<br />

In diesem Schritt werden die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

im Lebenszyklus der funktionalen Einheit ermittelt<br />

<strong>und</strong> zusammengestellt. Für eine Sandwich-Verpakkung<br />

aus Papier heisst das etwa das Sammeln von<br />

Daten über die Mengen an Holz, Bleichmittel, Chlor<br />

<strong>und</strong> Säuren etc., die pro Verpackung verbraucht<br />

werden. Ebenso müssen der benötigte allgemeine<br />

Energieverbrauch <strong>und</strong> die resultierenden Beeinträchtigungen<br />

der Systeme Boden, Wasser <strong>und</strong> Luft<br />

ermittelt werden. Im Beispiel der Verpackung aus<br />

Papier hat die Nutzungsphase wohl keine (bzw. vernachlässigbare)<br />

Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong>. Bei<br />

der Verbrennung oder während des Recyclings<br />

dagegen entstehen verschiedene Emissionen wie<br />

Kohlendioxid, Schwefeloxide, Stickoxide oder auch<br />

Abwärme.<br />

Klassifikatioll:<br />

In dieser Phase geht es um die Definition von funktionalen<br />

Zusammenhängen (quantitativ wie qualita-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 163


Ökobilanz<br />

_<br />

tiv) zwischen einer Vielzahl von Stoffen <strong>und</strong> einer<br />

überschaubaren Anzahl von <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

wie Ressourcenverbrauch, Humantoxizität, Ökotoxizität,<br />

Treibhauseffekt, Ozonschichtzerstörung,<br />

saurer Regen, Eutrophierung, Radioaktivität usw.<br />

Bei der Herstellung einer Aluminium-Sandwichverpackung<br />

werden beispielsweise der Rohölverbrauch<br />

<strong>und</strong> die Produktion von Kohlendioxid <strong>und</strong> festen<br />

Abfällen bilanziert. Schadstoffe, die aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

Eigenschaften (z.B. ihrer Giftigkeit) zu unterschiedlich<br />

grossen Schäden an Ökosystemen führen, werden<br />

quantitativ entsprechend gewichtet.<br />

Die Wirkungsbilanz:<br />

besteht darin, aus der Zusammenstellung der für die<br />

Erstellung des Produktes (funktionale Einheit) notwendigen<br />

Prozesse (Ökoinventar) ihre gesamte<br />

Grösse zu quantifizieren <strong>und</strong> ihre Beiträge zur<br />

<strong>Umwelt</strong>beeinträchtigung (entsprechend der Klassifizierung)<br />

aufzuaddieren.<br />

Die Vol/aggregation (Bilanzbewertitng):<br />

ist die Zusammenfassung der verschiedenen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(Klassen) <strong>durch</strong> Normalisierung<br />

<strong>und</strong> Gewichtung. Die wichtigsten Typen der Bilanzbewertung<br />

werden weiter unten diskutiert.<br />

Man unterscheidet verschiedene Aggregationsverfahren<br />

in Ökobilanzen: die Stoffflussmethode (ökologische<br />

Knappheit), die Immissionsgrenzwertmethode<br />

<strong>und</strong> die wirkungsorientierte Klassifizierung (Hofstetter<br />

& Braunschweig, 1994, S. 229). Auf die EPS-Methode<br />

(<strong>Umwelt</strong>rechnungsmethode), die in Schweden von<br />

Industrie <strong>und</strong> Hochschulen entwickelt wurde, <strong>und</strong><br />

auf die ABC-Methode (Hallay et a1., 1992; Geiger et<br />

a1., 1992). (Abkürzung für Klassen von Beurteilungskriterien<br />

mit unterschiedlicher <strong>Umwelt</strong>relevanz)<br />

wird hier nicht eingegangen, u.a. weil diese teilweise<br />

auf den drei ersterwähnten Methoden aufbauen.<br />

Gemeinsam an diesen Methoden ist das Bemühen<br />

um die Integration der Bewertungskriterien, die aus<br />

der Quantifizierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen abgeleitet<br />

werden. Die ökologische Relevanz wird dabei<br />

sowohl <strong>durch</strong> naturwissenschaftliche als auch <strong>durch</strong><br />

gesellschaftliche Kriterien bestimmt.<br />

Methode der ökologische Knappheit (Stoffflussmethode):<br />

Die Stoffflussmethode setzt voraus, dass die Höhe<br />

eines Gesamtflusses (zum Beispiel eine Jahresfracht,<br />

gegenwärtiger Fluss) eines Stoffes <strong>und</strong> der umweltpolitisch<br />

als kritisch oder gerade noch als tolerierbar<br />

empf<strong>und</strong>ene Fluss (kritischer Fluss) die ökologische<br />

Relevanz bestimmen (Hofstetter & Braunschweig,<br />

1994, S. 230). Die anthropogenen Flüsse, die <strong>durch</strong><br />

den Gegenstand oder die zu untersuchende Dienst-<br />

leistung verursacht werden, dürfen die natürlichen<br />

Flüsse nicht in dem Masse beeinflussen, dass sie aus<br />

dem Gleichgewicht geraten. Die Aufnahmekapazität<br />

oder die Pufferfähigkeit der verschiedenen Ökosysteme<br />

darf nicht überschritten werden.<br />

Aus dem Verhältnis des gegenwärtigen Flusses zu<br />

dem kritischen Fluss werden Ökofaktoren gebildet.<br />

Falls der Ökofaktor für einen bestimmten Stoff grösser<br />

als eins ist (wie für die Stickoxide in der Schweiz),<br />

heisst dies, dass die tolerierbare Schwelle schon<br />

heute überschritten ist. Gegenstände oder Dienstleistungen,<br />

die Stickoxidemissionen verursachen,<br />

werden somit <strong>durch</strong> viele <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />

bewertet, die aus dem Produkt von Ökofaktor <strong>und</strong><br />

Emission berechnet wurden. Die Addition der <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />

ist die Vollaggregation.<br />

Der kritische Punkt dieser Methode ist die Festlegung<br />

des tolerierbaren Stoffflusses, also derjenigen<br />

maximalen Belastungsmenge, die in den betroffenerl<br />

<strong>Umwelt</strong>kompartimenten (Boden, Wasser, Luft) noch<br />

keine inakzeptablen Schäden anrichtet. Auf rein<br />

naturwissenschaftlicher Basis können diese oftmals<br />

nicht eindeutig quantifiziert werden. In der Praxis<br />

bestimmen oft umweltpolitische Vorgaben diese kritischen<br />

Stoffflüsse.<br />

Immissionsgretlzwertmethode:<br />

Hier werden Schadstoffemissionen in ein <strong>Umwelt</strong>kompartiment<br />

unter bezug auf (gesetzliche) Immissionsgrenzwerte<br />

für Boden, Wasser oder Luft untereinander<br />

gewichtet <strong>und</strong> aggregiert (Hofstetter &<br />

Braunschweig, 1994, S. 229). Für jedes Kompartiment<br />

wird die Summe des Verhältnisses zwischen<br />

Emission [g/Produkt] einer Substanz <strong>und</strong> ihrem<br />

Immissionsgrenzwert [g/m 3 ] gebildet. Daraus ergibt<br />

sich das <strong>durch</strong> die Aktivität belastete Volumen<br />

[m 3 Boden, Wasser oder Luft/Produkt]. Derselbe<br />

Liter Boden, Wasser oder Luft darf nur mit einen<br />

Schadstoff belastet werden.<br />

Die Festlegung der Grenzwerte unterliegt einer<br />

gewissen Willkür, wie die unterschiedlichen Masse<br />

in verschiedenen Ländern (Beispiel: maximale<br />

Arbeitsplatzkonzentration) zeigen. Die Grenzwerte<br />

basieren nicht nur auf medizinisch-wissenschaftlichen<br />

Kriterien, sondern auch auf technisch-politischen<br />

Realisierbarkeitsüberlegungen <strong>und</strong> Vorsorgeaspekten.<br />

Auswirkungsorientierte Klassifizierung (CML):<br />

Zunächst werden die zu berücksichtigenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(Klassen) definiert <strong>und</strong> für jede<br />

Auswirkung der spezifische Beitrag der entsprechenden<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen(etwa Schadstoffemissionen)<br />

bestimmt. In einem zweiten Schritt geht es um<br />

die gegenseitige Gewichtung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

für die Bewertung (Hofstetter & Braunschweig,<br />

1994, S. 231).<br />

164<br />

UNS"<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

Die Stofffluss- <strong>und</strong> Immissionsgrenzwertmethode<br />

kommen auch hier zum Tragen, denn es kann noch<br />

nicht für jeden Problemkreis auf naturwissenschaftliche<br />

Kenntnisse zurückgegriffen werden. So werden<br />

im Bereich des biotischen <strong>und</strong> abiotischen Ressourcenverbrauchs<br />

Referenzstoffflüsse <strong>und</strong> im Bereich<br />

Human- <strong>und</strong> Ökotoxikologie Grenzwerte zur Bewertung<br />

verwendet. Durch die Verwendung verschiedener<br />

methodischer Bausteine <strong>und</strong> unterschiedlicher<br />

aktueller naturwissenschaftlicher Daten ist die Objektivität<br />

dieser Bewertungsmethode von der betrachteten<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkung abhängig, sie ist aber<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich relativ hoch (Hofstetter & Braunschweig,<br />

1994, S. 232).<br />

1 Vergleich Bewertungsmethoden<br />

--Iofstetter <strong>und</strong> Braunschweig (1994) schlagen vor,<br />

die aufgeführten Bewertungsmethoden aufgr<strong>und</strong><br />

von Praktikabilität, Objektivität <strong>und</strong> Vollständigkeit<br />

einzuordnen. Dies sind Eigenschaften, die nicht<br />

gleichzeitig vollständig erfüllt sein können. Sie kommen<br />

zu folgender Einteilung:<br />

Die Methode der ökologischen Knappheit<br />

ist am praktikabelsten, hat dafür aber geringe Vollständigkeit<br />

<strong>und</strong> geringe Objektivität, da die Bewertung<br />

stark an gesellschaftlichen Prämissen orientiert<br />

ist. Schwerpunkte werden bei Stoffen <strong>und</strong> Einwirkungen<br />

gesetzt, die heute als problematisch eingestuft<br />

werden oder eine hohe Aktualität haben. Im<br />

Gegensatz zu den anderen Methoden führt die ökologische<br />

Knappheit zu einer Vollaggregation.<br />

Die Methode der Immissionsgrenzwerte<br />

hat die geringste Vollständigkeit, da nicht für alle<br />

umweltschädigenden Einwirkungen Grenzwerte<br />

·xistieren. Dies ist beispielsweise nicht der Fall für<br />

Kohlendioxid, Methan oder Fluorkohlenwasserstoffe<br />

oder den Verbrauch von nicht-erneuerbaren Ressourcen.<br />

Dafür wird dieser Methode grössere Objektivität<br />

bescheinigt, da die Grenzwerte zu einem guten<br />

Teil vor dem Hintergr<strong>und</strong> naturwissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse festgesetzt wurden.<br />

Die auswirkungsorientierte Klassifizierung<br />

ist am aufwendigsten <strong>und</strong> damit am wenigsten praktikabel.<br />

In bezug auf Objektivität <strong>und</strong> Vollständigkeit<br />

schneidet sie jedoch am besten ab.<br />

Da wir möglichst vollständig <strong>und</strong> objektiv bilanzieren<br />

wollten, <strong>und</strong> ausserdem mit dem verfügbaren<br />

EDV-Programm SIMA V2.1 (siehe Abschnitt 2.1.1)<br />

die auswirkungsorientierte Klassifizierung unterstützt<br />

wird, lag es nahe, uns für diese Bewertungsmethode<br />

zu entscheiden.<br />

2. Ziele, Annahmen<br />

1 lieldefinition <strong>und</strong> Struktur<br />

Unser' Ziel war, die zukünftigen Auswirkungen auf<br />

die <strong>Umwelt</strong> <strong>durch</strong> eine Umgestaltung des SEW­<br />

Areals zu quantifizieren. Insbesondere sollten quantitative<br />

Kriterien für die Variantenbewertung für<br />

die Synthesegruppe UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN<br />

bereitgestellt werden <strong>und</strong> für die Synthesegruppe<br />

RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN eine ökologische<br />

Bewertung der Varianten <strong>durch</strong>geführt werden. Auf<br />

diese Art sollte eine Entscheidungshilfe für die<br />

Gestaltung des Areals angeboten werden. Zur Beantwortung<br />

der übergeordneten Frage der umweltnaturwissenschaftlichen<br />

<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>, ob <strong>und</strong> inwiefern<br />

sich ökologische Auswirkungen schon in einer frühen<br />

Phase der Planung erkennen lassen, sollte auf diese<br />

Art ein Beitrag geleistet werden.<br />

Die funktionale Einheit, die hier untersucht werden<br />

soll, sind di


Ökobilanz<br />

_<br />

Informationen über die Art der zu verwendenden<br />

Baumaterialien), um eine gleichermassen differenzierte<br />

wie vollständige Bilanzierung zu erlauben.<br />

Zur Illustration der gewählten Systemgrenzen sei<br />

auf die Abbildung 2.1.1 hingewiesen.<br />

Die Bausteine einer Ökobilanz sind die sogenannten<br />

Prozesse. In die Datenbank des verwendeten<br />

Programms SIMA V2.1 sind eine Vielzahl voneinander<br />

abhängiger Prozesse eingegeben worden. Prozesse<br />

sind einzelne kleine Produktionsschritte oder<br />

einzelne Dienstleistungen. Zu jedem Prozess gehört<br />

eine Reihe von Inputs (z.B. Strombedarf, Holzbedarf<br />

zur Herstellung von Karton, usw.), die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(z.B. atmosphärische Emissionen bei<br />

der Holzverarbeitung) <strong>und</strong> (meistens genau) ein<br />

Output (z.B. 1 kg Verpackungskarton).<br />

Ein Beispiel für einen Prozess, der für die Sandwich-Verpackung<br />

aus Papier benötigt wird, ist die<br />

Holzgewinnung: Der Output dieses Prozesses ist z.B.<br />

eine Tonne Rohholz in einer Papierfabrik, die Inputs<br />

sind der Einsatz von Horizontalgattern, eine Einheit<br />

Auslichten, der Traktortransport bis zum Lastwagen,<br />

das Aufladen des Holzes <strong>und</strong> der Lastwagentransport<br />

bis zur Fabrik (alles bezogen auf eine Tonne Rohholz).<br />

Jeder von diesen Inputs muss als eigener<br />

Prozess definiert sein. So zum Beispiel der Prozess<br />

Produktion<br />

Systemgrenze<br />

Transporte<br />

Variante<br />

Transport mit einem Lastwagen (28 Tonnen), dessen<br />

Output eine Tonne ein Kilometer weit transportiertes<br />

Material ist (l Tonnenkilometer). Ein Input ist<br />

zum Beispiel das Benzin, <strong>und</strong> eine <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />

beispielsweise eine gewisse Menge Stickoxid.<br />

Das Zusammenwirken aller notwendigen Prozesse<br />

führt dann zu einer Papierverpackung. Man kann<br />

sich also den Aufbau wie einen umgekehrten Baum<br />

vorstellen: ganz oben steht die funktionale Einheit,<br />

die sich in verschiedene Äste verzweigt, <strong>und</strong> zwar in<br />

diejenigen Prozesse, die bei der Produktion der<br />

Papier-Verpackung direkt benötigt werden. Jeder<br />

dieser Äste unterteilt sich weiter in Unteräste bis<br />

solche Prozesse erreicht werden, die keine weitere<br />

Verästelung zulassen. Die Baumstruktur lässt sich<br />

jedoch nicht für die Gesamtheit aller Prozesse angeben,<br />

weil einige Prozesse sich direkt oder indirekt<br />

gegenseitig aufrufen.<br />

Die funktionale Einheit unserer Untersuchunt<br />

ist eine Architektur-Variante auf dem SEW-Areal.<br />

Dieser Prozess ruft direkt <strong>und</strong> indirekt weitere Prozesse<br />

auf, zum Teil mehrmals dieselben. Ein einziger<br />

Prozess kann auch von verschiedenen anderen Prozessen<br />

aufgerufen werden. Zur Systematisierung<br />

der Prozessdefinition einerseits <strong>und</strong> wegen der<br />

Datengr<strong>und</strong>lagen andererseits wurde das sogenannte<br />

«Bottom up" (von unten nach oben)<br />

Verfahren angewendet. Zuerst wurden<br />

die Gr<strong>und</strong>prozesse definiert, <strong>und</strong><br />

dann immer weitere Schritte bis zur<br />

funktionalen Einheit. Eine anschaulichere<br />

Beschreibung des Aufbaus<br />

liefert die Abbildung 2.1.2. Aus Platzgründen<br />

wurde nicht der gesamte<br />

Baum aufgezeichnet. Sobald eine gepunktete<br />

Linie eingezeichnet ist,<br />

muss man sich daran anschliessend<br />

dieselbe Struktur vorstellen, die ati<br />

derselben Ebene (nur ein Mal) weitergeführt<br />

worden ist.<br />

Abb 2.1.1 Systetnabgrenzung <strong>und</strong>Struktur der <strong>durch</strong>geführten Ökobifanz.<br />

2.2,1 Zeitliche der<br />

Gehiiudelebensdauer<br />

Wir haben den Bauprozess nicht in<br />

seiner ganzen Vollständigkeit berücksichtigen<br />

können. Dem Planungsaufwand<br />

wurde beispielsweise nicht<br />

Rechnung getragen. Die Altlastensanierung<br />

wurde in diesem Abschnitt<br />

auch nicht berücksichtigt, wohl aber<br />

in jenem über die Variantenbewertung<br />

(UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN).<br />

166 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

r---1 AnteilCHStromniederspamUJg I Transport kOflV. Äl.Jssefl>Utl LKW 281}<br />

Antailf'ho!oJoitaikDadlanlage<br />

I<br />

HTranspcrl kom. Aussenputz Schiene1<br />

rl BaustalieX<br />

AushubFroolladooaupa<br />

I<br />

~ Transp:ll1 Backstein LKW 26 t I<br />

rlTransportAraaI-DeP::flieWandau:ssen 1_<br />

r---1 ElektrizitAtsverbrauch<br />

I---<br />

-----iL~E-i=-"'_·hl_·"_'"""":-_--,I··· -<br />

l...IL-_T_'''_''''''''_···__--'l<br />

r-I W"'M'~X<br />

--l KelJeriParl


Ökobilanz ------ _<br />

nen überarbeitet <strong>und</strong> korrigiert. Zur Flächenberechnung<br />

wurden folgende Annahmen verwendet:<br />

- Die Berechnungen der Flächen erfolgten. gemäss<br />

Angaben der Variantenbeschreibung (Länge,<br />

Breite, Höhe der Stockwerke), für die INN­<br />

Variante mussten ~ur Höhe der Stockwerke<br />

Annahmen getroffen werden, weil keine Angaben<br />

dazu vorhanden waren (UG 3.7 m, EG 4 m,<br />

OG 304m).<br />

- Verwendung der Wandtypen aus dem Entwurf<br />

für die SIA-Dokumentation D0123.<br />

- Die Innenwandflächen wurden in Absprache mit<br />

Fachleuten <strong>und</strong> mit Hilfe der SIA Dokumentation<br />

abgeschätzt.<br />

- Als Fensterfläche gelten 40% der Fassadenfläche<br />

für Wohnen, 30% für die anderen Nutzungetl.<br />

- Die Dicke des Bodens ist generell 20 cm (gernäss<br />

SIA D0123), die Zwischendecken 23 cm (Angabe<br />

der ArchitekturstudentInnen).<br />

- Dächer wurden als Flachdächer angenommen.<br />

- Die Altbaukonstruktionen wurden nicht nach<br />

Nutzungen unterschieden.<br />

Oll Bezüglich der Baumaterialien kann folgendes erwähnt<br />

werden:<br />

- Details der Wandtypen wurden aus der SIA<br />

Dokumentation D0123 gewonnen.<br />

- Die Fensterrahmen seien 8 cm breit, die Fensterflächen<br />

von 2 m 2 ergeben einen Rahmenanteil<br />

von 15% der Fensterfläche (für alle Varianten).<br />

Die Lebensdauer der Fenster samt Rahmen<br />

sei 20 Jahre. Mit einer Rahmendicke von 5.5 cm<br />

<strong>und</strong> einer Dichte von 0.6 t/m 3 für das Holz <strong>und</strong><br />

von 2.5 t/m 3 für das Glas konnten die entsprechenden<br />

Faktoren pro Fensterfläche berechnet<br />

werden (Ragonesi, 1993). (Rahmen: 19.8 kg/m 2<br />

Holz, Fenster: 80 kg/m 2 Glas). Der Aluminiumanteil<br />

wurde aus Mangel an Daten vernachlässigt.<br />

e In jeder Nutzungsgruppe kommen verschiedene<br />

Energieverbrauchszahlen vor. Diese beruhen auf den<br />

unterschiedlichen Nutzungen innerhalb einer Variante.<br />

Da wir aber pro Variante nur 5 Hauptnutzungen<br />

bzw. Altbauten unterscheiden, mussten für<br />

diese 5 Nutzungsgruppen spezifische Energiekennziffern<br />

berechnet werden. Diese wurden auf<br />

der Basis der Bruttogeschossflächen der einzelnen<br />

Nutzungen einer Variante berechnet (gewichteter<br />

Einzelwert).<br />

Die Energieverbrauchsziffern für die Altbautenentsprechen<br />

denjenigen der SIA-Empfehlung 380/1<br />

für die Gebäudenutzung


__________________________________________Ökobilanz<br />

Auswirkung<br />

Humantoxizität<br />

kg (bezogen auf die Weltbevölkerung)<br />

Abiotischer Resourcenverbrauch<br />

(Klassifikation)<br />

dimensionslos<br />

Aquatische Ökotoxizität<br />

m 3<br />

Versauerung<br />

kg<br />

Säureproduktion, angegeben in kg SO,­<br />

Äquivalenten<br />

Eutrophierung<br />

kg<br />

Phosphatäquivalente<br />

0zonschichtzerstörung<br />

kg<br />

Ozonzerstörungsäquivalent normiert auf CFC-11<br />

Treibhauseffekt<br />

kg<br />

Global Warming Potential (bezogen auf C02)<br />

Produktion treibhausrelevanter Stoffe,<br />

ausgedrückt in kg C02 - Äquvalenten. Der<br />

Zeitraum kommt im Integral vor (von 0 bis T).<br />

Photochemische Oxidantien<br />

kg<br />

POCP=photochemical ozone creation potential:<br />

VOC-Emissionen in C2H2-Äquvalentenbezüglich<br />

der Ozonproduktion<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

m 2 y?<br />

Radioaktivität<br />

kBq<br />

Bedeutung<br />

In..., = Stoff i (Wasseremission)<br />

ECA .=ökotoxikologisches Gewicht des Stoffes i<br />

, v, I M,<br />

:::: ~ v so<br />

,/ M so, x nJ i<br />

In..., = Stoff i (Emission) [kg]<br />

In..., = Stoff i (Emission) [kg]<br />

8[0 3 ].<br />

=:2, 'XIn,<br />

, 8[03]CFC_1I<br />

= L GWP,<br />

lb. 2.3.1 Mit dem Programm SIMA V2.J berechnete iikologische Auswirkungen.<br />

x mj<br />

T<br />

Ja,c,(t)dt<br />

o<br />

GWF, =-=T~---<br />

Jaca,c on<br />

(t)dt<br />

o '.<br />

tion z.B. für Alu-Sandwichverpackungen verbraucht<br />

Strom, <strong>und</strong> zur Stromproduktion wird Aluminium<br />

gebraucht). Sima V2.1 basiert auf einer dBase-Datenbank<br />

in Verbindung mit einem Berechnungsmodul<br />

<strong>und</strong> einem Auswertungsprogramm (letztere stehen<br />

beide nur unter OS/2 zur Verfügung). Die Produktionsprozesse<br />

werden u.a. hinsichtlich der folgenden<br />

direkten ökonomischen <strong>und</strong> ökologischen Input<strong>und</strong><br />

OutpUtflüsse charakterisiert: ökonomischer<br />

In- <strong>und</strong> Output, Emissionen (getrennt nach Wasser,<br />

Boden, Luft), Ressourcenverbrauch, radioaktive<br />

Strahlung <strong>und</strong> Abwärme.<br />

Die Berechnung der Ökobilanz besteht:<br />

a)in der Bilanzierung der indirekten In- <strong>und</strong> Outputs<br />

der Prozesse (bei der Stromproduktion wird<br />

Aluminium verbraucht, dieAluminiumproduktion<br />

Körpergewicht, das bis zum zulässigen<br />

Höchstmass mit Schadstoffen belastet ist. Die Zahl<br />

ist noch nicht ausgereift <strong>und</strong> soll nur einen<br />

Anhaltspunkt bieten.<br />

I mi<br />

i Mi<br />

In,= Verbrauch der Resource i<br />

M, = Weltvorrat der Resource i<br />

:::: I.. ECA; x nl w ;<br />

=LPOCP;<br />

xmi<br />

Mat. verbrauch .<br />

Fläche<br />

. RegeneratIon<br />

Jahresproduktion<br />

Während des Prozesses emittierte Radioaktivität.<br />

verbraucht Bauxit, also wird bei<br />

der Stromproduktion - indirekt<br />

- Bauxit verbraucht) <strong>und</strong><br />

b)in der Klassifikation der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(z.B. die Aggregation<br />

der verschiedenen in<br />

die Luft emittierten Stoffe zu<br />

einem Index Luftemissionen ).<br />

Die Entscheidung für SIMA V2.1<br />

erfolgte, weil eine Reihe von Daten<br />

in diesem Programm <strong>durch</strong><br />

die Gruppe Energie-Staffe-<strong>Umwelt</strong><br />

(ESU) des Instituts für Energietechnik<br />

der ETH bereits zur<br />

Verfügung gestellt werden konnte.<br />

Ausserdem konnte die Lizenz<br />

der ETH benutzt werden.<br />

Konzeptionell erstellt das Programm<br />

eine auswirkungsorientierte<br />

Bilanz. Für die Wirkungsbilanz<br />

steht ein Katalog der<br />

Auswirkungen zur Verfügung.<br />

Die für die Bilanzierung verwendeten<br />

Kriterien <strong>und</strong> ihre Berechnungsverfahren<br />

sind in Tabelle<br />

2.3.1 angegeben. Eine detaillierte<br />

Beschreibung ist in Heijungs<br />

(1992) zu finden.<br />

2.3.2<br />

Erfahrungen mit dem<br />

Ökohilanzprogramm<br />

SIMA V2.1<br />

Das Programm SIMA V2.1 hatte<br />

den Vorteil, dass eine Reihe von<br />

Daten im Datenbankteil vorhanden<br />

war. Ohne diesen Anteil wäre<br />

eine Ökobilanz im Rahmen einer<br />

<strong>Fallstudie</strong> nicht möglich gewesen.<br />

Bei der Evaluation von verschiedenen Ökobilanzprogrammen<br />

im Vorfeld der <strong>Fallstudie</strong> wurde von<br />

mehreren Seiten die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit von<br />

SIMA V2.1 kritisiert. Diese Kritik können wir in folgenden<br />

Bereichen nachdrücklich bestätigen:<br />

E> Die Dateneingabe: Sie ist umständlich <strong>und</strong> unübersichtlich.<br />

Fehleingaben sind nur schwer erkennbar.<br />

Dies trägt dazu bei, dass die Fehlersuche<br />

zeitlich, personell <strong>und</strong> nervlich aufwendig ist. Sie<br />

erfolgt unter DOS, einem Betriebssystem, das im<br />

Bereich der <strong>Fallstudie</strong> sonst nicht eingesetzt wird<br />

<strong>und</strong> somit den Ausbildungsbedarf weiter erhöht.<br />

E> Die Berechnung: Sie erfolgt unter OS/2, gleichermassen<br />

ein Betriebssystem, das im Bereich der<br />

<strong>Fallstudie</strong> sonst nicht eingesetzt wird <strong>und</strong> somit<br />

den Ausbildungsbedarf weiter erhöht.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 169


Ökobilanz<br />

81----~/<br />

Abb. 2.3.3 Datenstruktur<strong>und</strong>die Datenquelienfiir die Ökobilanzierungder<br />

Varianten.<br />

.. Die Datenausgabe: Sie erfolgt umständlich <strong>und</strong><br />

unübersichtlich in riesigen Dateien (ebenfalls<br />

unter DOS). Die tatsächlichen Strukturen <strong>und</strong><br />

die Berechnung der Zwischengrässen lassen sich<br />

nur schwer nachvollziehen. Daher ist auch der<br />

Aufwand zur Interpretation der Ergebnisse zeitlich,<br />

personell <strong>und</strong> nervlich gross.<br />

Zur besseren Kontrolle <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse<br />

wurde ein zusätzliches EDV-Programm<br />

(insgesamt ca. 700 Zeilen) erstellt, das die Anwendung<br />

von Sima V2.1 wesentlich verbesserte.<br />

2.3.3 Datengr<strong>und</strong>lage<br />

Die Datenstruktur <strong>und</strong> die Datenquellen sind in<br />

Abbildung 2.3:3 angegeben. Die Beschreibungen<br />

der Architektur-Varianten wurden hinsichtlich der<br />

Nutzungsarten <strong>und</strong> deren Anteile (Bruttogeschossflächen<br />

in Quadratmeter) ausgewertet. Ein Datensatz<br />

des Architekturbüros H. R. Meier gab Auskunft<br />

über die Anzahl <strong>und</strong> Grässe der Bauteile je m Z<br />

Nutzfläche, die SIA-Norm 380/1 über den Verbrauch<br />

während der Betriebsphase (z.B. an Energie). Mit<br />

Hilfe der SIA-Dokumentation 00123 wurden die<br />

Menge <strong>und</strong> Art der Baustoffe je Bauteil abgeschätzt.<br />

Die Datenbank des SIMA-Programms wurde ausgenutzt<br />

für die Bereitstellung von Rohstoff-, Energie-<br />

<strong>und</strong> Transport-Daten bezogen auf die Baumaterialien.<br />

Die Teilprojekte 1.2 (Materialumsatz) <strong>und</strong> 1.4<br />

(Energiebilanz) hatten die Aufgabe, die Daten zusammenzustellen<br />

<strong>und</strong> entsprechend den Annahmen<br />

(z.B. über die Systemgrenzen) aufzubereiten. Zusätilich<br />

sollten Energieverbrauchsszenarien erarbeitet<br />

werden.<br />

3. Ergebnisse<br />

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der<br />

berechneten Wirkungsbilanzen vorgestellt. Die Ergebnisse<br />

der Vollaggregation <strong>und</strong> der Variantenbewertung<br />

anhand zusätzlicher, nicht in die Ökobilanz<br />

integrierter Kriterien sind im Kapitel UMSETZUNG VON<br />

UMlVELTZIELEN dargestellt.<br />

Für eine anschauliche Darstellung der Ergebnisse<br />

wurden sie in den nachfolgenden Graphiken <strong>und</strong><br />

Tabellen normiert (ausser in Tabelle 3.1, in der die<br />

absoluten Beträge stehen), aber noch nicht gewichtet.<br />

Die Normierung wurde vorgenommen, damit die<br />

verschiedenen Kriterien untereinander vergleichbar<br />

sind. So bekommt diejenige Variante, die die grässte<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkung verursacht, den Zahlenwert 1<br />

unabhängig von der ursprünglichen Grässenordnung;<br />

den weiteren Varianten wird jeweils der Bruchteil<br />

von diesem Maximum zugeordnet.<br />

3.1 Grössenordnungen der<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

Untersuchungen, bei denen die Unterschiede zwischen<br />

den Gestaltungsvarianten nicht relevant waren,<br />

wurden jeweils nur für eine Variante gerechnet.<br />

Aus Gründen der Kohärenz blieb diese für alle Einzeluntersuchungen<br />

dieselbe. Wir haben uns weder<br />

wegen ihres Farbattributes noch aufgr<strong>und</strong> positiver<br />

Vorurteile für die Variante Grünraum entschieden,<br />

sondern weil deren Nutzungsverteilung am ausgeglichensten<br />

ist, <strong>und</strong> weil sie beim absoluten Variantenvergleich<br />

einen mittleren Rang einnimmt. In der<br />

Tabelle 3.1 sind die Ergebnisse für die verschiedenen<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen aufgelistet. Die Zahlen<br />

dienen zur Orientierung über die Grässenordnungen<br />

<strong>und</strong> dürfen keinenfalls als exakt angesehen werden<br />

Diese Zahlen - auch diejenigen mit derselben Einheit<br />

- sollten nicht miteinander verglichen werden.<br />

Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich darauf<br />

verweisen, dass eine Gegenüberstellung qualitativ<br />

verschiedener <strong>Umwelt</strong>folgen zweifelhaft ist <strong>und</strong><br />

ein Bewertungsproblem hervorruft. Im Kapitel<br />

UMSETZUNG VON UMlVELTZIELEN wird ein Ansatz<br />

vorgeschlagen, dieser Schwierigkeit zu begegnen.<br />

Risikoanalysen, die beispielsweise klären könnten,<br />

ob die Folgen verschmutzter Luft (Humantoxikologische<br />

Auswirkungen) oder diejenigen anthropogener<br />

Radioaktivität bevorzugt zu vermeiden seien,<br />

wurden hier nicht <strong>durch</strong>geführt.<br />

Für die Grünraum-Variante (mit einem Anteil an<br />

Photovoltaik von 20%) ergaben die Berechnungen<br />

einen Wert von 1.7.10 8 kg COz-Äquivalent für den<br />

Treibhauseffekt über einen Zeitraum von 80 Jahren.<br />

Es kann angenommen werden, dass 95% davon di-<br />

_<br />

170<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

rekt vom COz stammen (siehe Abschnitt 3.3).<br />

Etwa eine Menge der gleichen Grössenordnung<br />

an anthropogenem COz wurde im Jahre<br />

1988 täglich in der Schweiz emittiert (Statistisches<br />

Jahrbuch der Schweiz 1994, S. 80.).<br />

Eine bisher unbeantwortete Frage war, zu<br />

welchem Zeitpunkt der grösste Teil der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

verursacht wird. Wir haben<br />

zur Beantwortung dieser Frage getrennte Wirkungsbilanzen<br />

für die Nutzungsphase <strong>und</strong> für<br />

die Bau-/Abrissphase berechnet. Zu beachten<br />

ist, dass die Bau-/Abrissphase fast ausschliess­<br />

,ich aus der Gebäudeherstellung besteht, da<br />

in der'Abrissphase nur der Transport von den<br />

Materialien zur jeweiligen Deponie berücksichtigt<br />

wurde. Nur Fensterrahmen wurden<br />

rezykliert. Sämtli9he andere Prozesse auf der<br />

Herstellungs- <strong>und</strong> Abrissbaustelle wurden<br />

vernachlässigt. Ausserhalb der Systemgrenze<br />

lagen die <strong>Umwelt</strong>schäden, die während der<br />

Deponierungszeit entstehen. In der Nutzungsphase<br />

ist vor allem der Energieverbrauch<br />

ausschlaggebend. In Abbildung 3.2<br />

sind die Ergebnisse dargestellt.<br />

Auffallend ist, dass für alle Kriterien mehr<br />

als 50% der <strong>Umwelt</strong>beeinträchtigungen während<br />

der Nutzungsphase entstehen. Es soll<br />

an dieser Stelle zur Erläuterung noch einmal<br />

erwähnt werden, dass sich letztere übl;:r einen<br />

Zeitraum von 80 Jahren ausdehnt, während<br />

die Herstellungsphase deutlich kürzer ist. Im<br />

iolgenden Abschnitt «Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen»<br />

wird auf die Ursachen<br />

dieser Verteilung eingegangen.<br />

3.3<br />

Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

Mehr als 10 Schadstoffe fallen bei der Berechnung<br />

der Humantoxizität ins Gewicht. Dabei trägt eine<br />

Vielzahl von Prozessen zu den verschiedenen Stoffemissionen<br />

bei, wovon die wesentlichsten Stickoxide<br />

<strong>und</strong> Schwefeldioxid sind.<br />

Für den Verbrauch abiotischer Ressourcen ist nach den<br />

Berechnungen des Ökobilanzprogramms einzig das<br />

Wasser verantwortlich. Trotzdem der Haushaltswasserverbrauch<br />

nicht berücksichtigt wurde, ist der<br />

Wasserverbrauch während der Nutzung am grössten,<br />

<strong>und</strong> zwar grösstenteils <strong>durch</strong> Kernkraftwerke (Kühlwasser).<br />

<strong>Umwelt</strong>


Ökobilanz, -----------------,----- _<br />

Zur Verminderung der Emissionen könnten Massnahmen<br />

also bei der Zementherstellung ansetzen.<br />

Ein weiterer Verbesserungsschritt beinhaltete die<br />

Reduktion der Oxidantienemission <strong>durch</strong> Verbrennungsprozesse<br />

in Motoren, entweder <strong>durch</strong> neue<br />

Technologien oder <strong>durch</strong> die Verminderung der<br />

Transportwege.<br />

Die Stickoxidemissionen tragen hauptsächlich zur<br />

Eutrophierung des Boden <strong>und</strong> des Wassers bei. Sie<br />

werden zu grossen Teilen <strong>durch</strong> die Verfeuerung von<br />

Holzschnitzeln, beim Verbrauch von Diesel für Lastwagen<br />

<strong>und</strong> bei der Zementherstellung erzeugt. Da<br />

diese Prozesse z.T. eine grosse Rolle während der<br />

Bau-/Abrissphase spielen, erstaunt es nicht weiter,<br />

dass sie einen grossen Anteil am gesamten Eutrophierungspotential<br />

trägt.<br />

Das Potential zur Ozonschichtschädigung wird <strong>durch</strong><br />

zwei FCKWs bedingt. Wärmepumpen verursachen<br />

HCFC-22-Emissionen; die Förderung von Rohöl<br />

sowie Hochseetanker sind verantwortlich für Halon­<br />

1301-Emissionen (Flammschutz). Das Potential ist<br />

also mit Strom- <strong>und</strong> Wärmeenergie sowie Strassentransport<br />

assoziiert.<br />

Obwohl das Kohlendioxid ein geringes Treibhauspotential<br />

besitzt, macht es über 95% des Treibhauseffekts<br />

aus, da es in sehr grossen Mengen in die Luft<br />

emittiert wird. Hauptverantwortlich dafür sind die<br />

Zementherstellung, die Heizölverfeuerung in Kraftwerken,<br />

die Backsteinherstellung, die Erdgasverfeuerung<br />

in der Industrie <strong>und</strong> die Verfeuerung von<br />

Holzschnitzeln (wobei die natürliche COrFixierung<br />

<strong>durch</strong> nachwachsenden Jungwald ausserhalb der<br />

Systemgrenze liegt).<br />

Der Löwenanteil bei der Bildung photochemischer<br />

Oxidantien (dessen Anteil knapp unter 50% während<br />

der Bauphase entsteht) stammt aus den flüchtigen<br />

organischen Kohlenwasserstoffen (ohne Methan).<br />

Die Förderung von Öl <strong>und</strong> Gas (<strong>durch</strong> Abfackeln,<br />

Abblasen) <strong>und</strong> wiederum der Verbrauch von Diesel<br />

für Lastwagen <strong>und</strong> Baumaschinen verursachen diese<br />

hauptsächlich.<br />

Die Flächeninanspruchnahme wird hauptsächlich bei<br />

der Stromgewinnunginduziert. Dazu kommt noch<br />

(mit einem vielfach kleineren Anteil) eine Reihe<br />

bauspezifischer Prozesse: Es sind dies die Flusskies<strong>und</strong><br />

Betonkiesherstellung, sowie die entstehenden<br />

Abfälle in der Inertstoffdeponie.<br />

Für die Entstehung der radioaktiven Emissionen ist<br />

der Stromverbrauch ausschlaggebend, weil ein Teil<br />

des Stroms in Kernkraftwerken hergestellt wird.<br />

Auch die Radioaktivität, die während der Bauphase<br />

entsteht, ist auf den Stromverbrauch zurückzuführen.<br />

Während der Bauphase (falls diese 10 Jahre<br />

dauert) werden insgesamt ca. 7 TJ Strom pro Jahr<br />

verbraucht (Gesamtmenge aus Niederspannung,<br />

Mittelspannung <strong>und</strong> Hochspannung mit Bezug<br />

Schweiz <strong>und</strong> UCPTE (UCPTE = Union pour la coordination<br />

de la production et du transport de I'electricite,<br />

zählt 12 westeuropäische Mitgliederländer,<br />

1994). Dem stehen allerdings etwa 22 TJ pro Jahr<br />

während der Nutzungsphase entgegen, weswegen<br />

letztere die gesamten Auswirkungen dominiert.<br />

Unter der Annahme, dass der Bau- <strong>und</strong> Abrissprozess<br />

insgesamt zehn Jahre dauert, kann man die<br />

Einwirkungen pro Jahr berechnen. Man bekommt<br />

dann das entgegengesetzte Bild zu Abbildung 3.2. In<br />

einem Jahr Baustelle werden bis auf wenige Ausnahmen<br />

mehr (etwa doppelt so hohe) <strong>Umwelt</strong>schäden<br />

angerichtet als in einem Jahr Nutzung.<br />

3.4 Photovoltaik<br />

Inwiefern kann die Photovoltaik die herkömmliche<br />

Stromversorgung ersetzen? Wie lassen sich <strong>Umwelt</strong>"<br />

auswirkungen <strong>durch</strong> Verwendung dieser erneuerbaren<br />

Energieform vermindern? Beim Versuch, diese<br />

<strong>und</strong> weitere Fragen zu beantworten, sind wir auf<br />

erstaunliche Ergebnisse gestossen.<br />

Als erstes wurde eine Abschätzung der maximal<br />

möglichen Photovoltaikanlagefläche für jede Variante<br />

<strong>durch</strong>geführt. Dazu wurden folgende Annahmen<br />

getroffen:<br />

" die Südfassade sei ein Viertel der gesamten oberirdischen<br />

Fassadenfläche;<br />

" die Photovoltaikfläche pro Südfassade sei 0.6 mal<br />

kleiner als die Südfassadenfläche;<br />

" die Photovoltaikfläche pro Dachfläche sei gleich<br />

der Dachfläche selbst.<br />

Mit Hilfe der Abschätzung, dass die Energieproduktion<br />

pro m 2 Photovoltaikpanel <strong>und</strong> pro 80 Jahre<br />

gleich 24'000 MJ sei, konnte berechnet werden, wie<br />

viel Elektrizität pro Variante maximal <strong>durch</strong> Sonnen~<br />

energie bereitgestellt werden könnte. Diese Angabe.<br />

wurde dann für den Split der Energiebereitstellung<br />

gebraucht <strong>und</strong> ist in Tabelle 3.4 aufgeführt.<br />

Für die Variante Grünraum wurden dann 3 Wirkungsbilanzen<br />

mit unterschiedlichem Photovoltaikanteil<br />

berechnet. Unter dem Szenario Photov 0 wurde<br />

nur Niederspannungsstrom (100%) schweizerischer<br />

Herkunft verwendet. Photov 20 steht für 10% Strom<br />

Ell~llte INN GI!. KHS ws<br />

Photovoltaik: Strom ab 3 kWp 10% 17% 21% 12%<br />

Fassadenanlage<br />

,.H _ ...........<br />

Photovoltaik: Strom ab 3 kWp 40% 51% 42% 30%<br />

Flachdachanlage<br />

... ,.,... • ••• H •••••••<br />

eH Strom Niederspannung (Rest) 50% 32% 37% 58%<br />

Summe 100% 100% 100% 100%<br />

Tab. 3.4 maximaler Anteil an Photovoltaik fürjede Variante.<br />

172<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

II1II Photov 0<br />

humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

Ressourcen<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

saurer Regen<br />

Eutrophierung<br />

Treibhauseffekt<br />

photochemische<br />

Oxidantien<br />

<strong>durch</strong> Flachdachanlagen <strong>und</strong> 10% <strong>durch</strong> Fassadenanlagen<br />

(restliche 80% CH Strom Niederspannung)<br />

<strong>und</strong> bei Photov max wurden die Werte der Tabelle<br />

3.4 für die Variante GR verwendet, also 68%-iger<br />

Photovoltaikanteil. Für ein besseres Verständnis der<br />

Ergebnisse, wurde - unter der Bezeoichnung UCPTE<br />

80 - noch ein viertes Szenario berechnet. Bei diesem<br />

Szenario mit 20%-igem Photovoltaikanteil wurde der<br />

restliche Niederspannungsstrom nicht mehr aus der<br />

Schweiz (was dem Szenario Photov 20 entspräche),<br />

sondern aus dem UCPTE bezogen. Der Vergleich der<br />

jeweiligen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen für die Variante<br />

Grünraum ist der Abbildung 3.4 zu entnehmen.<br />

Überraschend dabei ist vor allem, dass - mit Aus­<br />

'lahme der Faktoren Radioaktivität <strong>und</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

- die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen mit<br />

zunehmendem Photovoltaikanteil wachsen. Die Ursache<br />

dafür liegt bei der Herstellung der Photovoltaikzellen.<br />

Diese werden im europäischen Ausland<br />

gefertigt, wo der Strom, der zu Herstellung der<br />

Zellen benötigt wird, zum grossen Teil <strong>durch</strong> die<br />

Verbrennung fossiler Brennstoffe generiert wird <strong>und</strong><br />

damit grosse <strong>Umwelt</strong>auswirkungen zur Folge hat.<br />

In der Schweiz haben Wasser- <strong>und</strong> Kernkraft einen<br />

hohen Anteil an der Stromproduktion, die auf die<br />

meisten <strong>Umwelt</strong>faktoren geringere Auswirkungen<br />

zeigen. Diese Sachlage wird auch <strong>durch</strong> die Berechnung<br />

des vierten Szenarios belegt (Szenario mit<br />

Strom aus europäischer Herkunft (UCPTE 80): die<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen liegen deutlich höher als bei<br />

jedem anderen Szenario.<br />

Warum haben Radioaktivität <strong>und</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

einen gegenläufigen Trend? Die einfache<br />

Erklärung lautet: die Stromherkunftszusam-<br />

Ozonschichtschädigung<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

radioaktive<br />

Emissionen<br />

o Photov 20<br />

0% 20%<br />

.bbo 304 Auswirkungen unterschiedlicher Elektrizitätsquellen für die Grünraumvarianteo<br />

II1II<br />

Photov max<br />

40% 60%<br />

m UCPTE 80<br />

80% 100%<br />

mensetzung der Schweiz hat einen höheren Anteil an<br />

Kernenergie als die restlichen europäischen Länder,<br />

<strong>und</strong> - wie unter Abschnitt 3.3 zu lesen ist - entstehen<br />

diese beiden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen vor allem innerhalb<br />

der Kernenergie-Prozesskette.<br />

3.5 Variafttenvergleich<br />

Ein wichtiges Ziel der <strong>Fallstudie</strong> war es, die Architekturvarianten<br />

miteinander zu vergleichen. In den<br />

Abbildungen 3.5.1, 3.5.2.1 <strong>und</strong> 3.5.3 sind diese Ergebnisse<br />

dargestellt. Um die relative Gewichtung<br />

der Varianten zu verdeutlichen wurde jede <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />

so normiert, dass das jeweilige Maximum<br />

der Varianten «1» beträgt, kleinere Zahlen sind die<br />

entsprechenden Bruchteile davon (radioaktive Emissionen<br />

der Variante WerkStadt = 0.85 bedeutet, dass<br />

diese Variante nur 85% der radioaktiven Emissionen<br />

der Grünraum-Variante (Maximum) verursacht). Verglichen<br />

wurde dreierlei:<br />

.. Vom iJkologischen Standpunkt aus gesehen sind die<br />

Beträge der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Varianten<br />

entscheidend, weil es der Natur gleichgültig ist,<br />

warum <strong>und</strong> wie diese zustande kommen. In Abschnitt<br />

3.5.1 werden die Beiträge der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

der Varianten relativ zueinander<br />

dargestellt (für die Variante Grünraum basierend<br />

auf den Daten in Tabelle 3.1) <strong>und</strong> diskutiert.<br />

.. Vom gesellschaftlich-ökologischen Standpunkt aus gesehen<br />

müssen die Nutzungsmöglichkeiten der<br />

verschiedenen Varianten in die Bewertung einbezogen<br />

werden. Die relativen Beträge wurden daher<br />

<strong>durch</strong> die Bruttogeschossfläche dividiert, um den<br />

Einfluss der Nutzungen abzuschätzen (dies ergibt<br />

die <strong>Umwelt</strong>einwirkugen pro m 2 Bruttogeschossfläche).<br />

.. Vom öOkonomisch-iikologischen Standpunkt aus gesehen<br />

muss der wirtschaftliche Nutzen mitbewertet<br />

werden. Daher wurden die relativen Beträge <strong>durch</strong><br />

die zu erwartenden Renditen der Varianten dividiert.<br />

Damit kann ein Mass für das Verhältnis der<br />

ökologischen Defizite zum wirtschaftlichen Nutzen<br />

dargestellt werden (dies ergibt die <strong>Umwelt</strong>einwirkugen<br />

je erzielte Rendite).<br />

3.5.1 Ökologischer Standpunkt<br />

Auffallend ist zunächst, dass die Unterschiede zwischen<br />

den Varianten ziemlich klein sind. Der grösste<br />

Unterschied liegt mit einem Bruchteil von etwa 0.65<br />

beim Treibhauseffekt (Abb. 3.5.1). Als weiteres halten<br />

wir fest, dass bei dieser ersten Rechnung die<br />

Varianten bei jedem Kriterium dieselbe Rangfolge<br />

beibehalten. Wir müssen also die schwierige Frage,<br />

welches von zwei Übeln (zum Beispiel höhere radio-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 173


Ökobilanz.<br />

_<br />

liillJ<br />

11I<br />

11I<br />

Industrienahe Nutzung<br />

Variante WerkStadt<br />

Grünraumvariante<br />

o Variante Kunsthochschule<br />

liillJ<br />

11I<br />

11I<br />

Industrienahe Nutzung<br />

Variante WerkStadt<br />

Grünraumvariante<br />

o Variante Kunsthochschule<br />

Humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

Ressourcen<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

Humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

Ressourcen<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

Saurer Regen<br />

Saurer Regen<br />

Eutrophierung<br />

Eutrophierung<br />

Ozoschichtzerstörung<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Ozoschichtzerstörung<br />

Treibhauseffek1<br />

Bildung photochemischer<br />

Oxidantien<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Radioak1ive<br />

Emissionen<br />

~-,---r-,---I<br />

I--r--r--'<br />

Treibhauseffek1<br />

Bildung photochemischer<br />

Oxidantien<br />

Radioak1ive<br />

Emissionen<br />

0.5<br />

0.6<br />

0.7<br />

0.8<br />

0.9<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.6<br />

0.7<br />

0.8<br />

0.9<br />

1.0<br />

Abb 3.5.1 Vergleich der Ökobilanzen der Architektur-Varianten (ohne<br />

Berücksichtigung der Bruttogeschossfläche oder der Rendite).<br />

Abb. 3.5.2.1 Vergleich der Ökobilanzen der Architektur-Varianten normiert<br />

aufm 2 Bruttogeschossfläche.<br />

aktive Belastung oder grössere toxische Wirkung auf<br />

Menschen) wir vorziehen sollen, nicht beantworten.<br />

Nun zur Rangfolge: die geringsten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

hat beim Vergleich ohne Normierung<br />

deutlich die Kunsthochschule-Variante, während die<br />

Grünraum-Variante gar bei allen zehn betrachteten<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen am schlechtesten abschneidet.<br />

Da für alle Varianten die gleichen Annahmen<br />

bezüglich der Art der verwendeten Baumaterialien<br />

gemacht wurden, liegt auf der Hand, dass die Menge<br />

verbauter Materialien eine wichtige Einflussgrösse<br />

darstellen muss. Ein Mass für die Menge an Bausubstanz<br />

ist die erstellte Bruttogeschossfläche <strong>und</strong> es ist<br />

einsichtig, dass die Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />

mit zunehmender Nutzfläche grösser werden. Um<br />

diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurden die<br />

Einwirkungen für alle Varianten pro m 2 Bruttogeschossfläche<br />

berechnet (s. Abschnitt 3.5.2).<br />

Nach der Normierung erhalten wir eine veränderte<br />

«Rangliste» (Abb. 3.5.2.1): keine der Varianten hat<br />

ihren Platz beibehalten. Die Beurteilung der Varianten<br />

weist allerdings wiederum die vorher beobachtete<br />

Homogenität in Bezug auf die Rangfolge bei<br />

den Einzelkriterien auf: jede Variante erhält bei allel(<br />

Kriterien den gleichen Rang. Die Kunsthochschule:'<br />

Variante ist vom ersten auf den letzten Platz gerutscht.<br />

Können wir zu diesem Zeitpunkt schon schliessen,<br />

sie sei die umweltschädlichste Variante? Oder hat es<br />

- abgesehen von der Menge an verbautem Material ­<br />

noch andere wichtige Grössen, die die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />

der einen oder anderen Variante beeinflussen,<br />

<strong>und</strong> die vor einer Beurteilung berücksichtigt<br />

werden müssen? Unter anderem seien hier die folgenden<br />

Einflussgrössen erwähnt: die je nach Variante<br />

unterschiedliche Zusammensetzung aus spezifischen<br />

Nutzungsarten <strong>und</strong> die unterschiedliche Zusammen-<br />

3.5.2 Gesellschaftlich·ökologische Standpunkt<br />

In Tabelle 3.5.2 sind die Bruttogeschossflächen<br />

gemäss den Angaben der ArchitekturstudentInnen<br />

aufgelistet.<br />

Variante<br />

Bruttogeschossfläche [m 2 )<br />

Tab. 3.5.2 Bruttogeschossflächen der Varianten.<br />

I GR I KHS I IHN I WS<br />

1183'4971113'6941176'660 1169'825<br />

174 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


----------------------------- Ökobilanz<br />

human~~~~~::~:~<br />

abiotischer<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

0.5<br />

KHS GR INN ws o 0.2 0.4 0.6 0.8<br />

0.6<br />

0.7<br />

l"~····"'~·""~···,,·~·"'~m.~'.~+!..,.~.,,..~.,,~,~x~"..w~ ••,.!,~,.~'''~, ~''''~"..~'«.~"!x~;••~"~~ •..,.~ •."'~'~~"0:.·.··r·m~ ~~.".~<br />

0.6<br />

0.9<br />

..=,<br />

Wohnen<br />

Dienstieistung<br />

saurer Regen<br />

Eutrophierung<br />

haben. Es ist leicht ersichtlich, dass ein Quadratmeter<br />

Wohnfläche in seinem Lebenszyklus grösseren<br />

Schaden anrichten wird als ein Quadratmeter<br />

Museumsfläche (solange nicht ein Installations­<br />

Videokünstler a la Nam June Paik ausstellt). In der<br />

Abbildung 3.5.2.3 sind die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

aufgezeichnet, die <strong>durch</strong> die unterschiedlichen<br />

Nutzungskategorien für die Variante Grünraum entstehen.<br />

Schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass es<br />

noch viel gravierendere Unterschiede als zwischen<br />

den Nutzungskategorien «Museum" <strong>und</strong> «Wohnen"<br />

gibt. Bis zu einem Faktor fünf unterscheiden sich<br />

«Warenhäuser» <strong>und</strong> unterirdische Nurzungen wie<br />

Parkplätze oder Keller.<br />

Abgesehen von den Kriterien Eutrophierung <strong>und</strong><br />

'Ozonschichtzerstörung finden sich auch bei dieser<br />

Aufschlüsselung kaum Unterschiede beim Abschneiden<br />

der Nutzungskategorien zwischen den einzelnen<br />

<strong>Umwelt</strong>kriterien: eine gegebene Nutzungskategorie<br />

schneidet allgemein gut beziehungsweise schlecht<br />

ab. Für die nicht berechneten Varianten WerkStadt,<br />

Industrienahe Nutzung <strong>und</strong> Kunsthochsschule ist<br />

ein analoges Bild zu erwarten, da die Un~erschiede<br />

zwischen den Varianten bei derselben Nutzungs-<br />

Ozonschichtschädigung<br />

Treibhauseffekt<br />

photochemische<br />

Oxidantien<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

radioaktive<br />

Emissionen<br />

iiiiiiiiiiiiiiiiiifi•••~---r+;r===~<br />

!~~~!~~~~~~!~~~!~~:j<br />

Abb. 3.5.2.2 Vergleich der Ökobilanzen von einem Quadratmeter Wohnen,<br />

zur Illustration der Auswirkungen der unterschiedlichen Nutzungsarten<br />

der Varianten.<br />

Museum<br />

Warenhäuser<br />

Kalier<br />

Altbau<br />

oberirdisch<br />

m humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

IJ]<br />

Ressourcen<br />

lZl Ökotoxizität (aquatisch)<br />

ßl saurer Regen<br />

m Eutrophierung<br />

r;;';l<br />

Ozonschicht- schädigung<br />

0 Treibhauseffekt<br />

!il photochemische Oxidantien<br />

IZ!<br />

Flächeninanspruch- nahme<br />

Iil radioaktive Emissionen<br />

setzung aus Nutzungskategorien, was auch die<br />

unterschiedlichen Anteile an Altsubstanzerhaltung<br />

beinhaltet. Im folgenden wird auf diese Aspekte<br />

eingegangen.<br />

Die Nutzung einer Variante setzt sich aus verschiedenen<br />

Kategorien, wie beispielsweise «Wohnen",<br />

«Dienstleistung" oder «Keller", zusammen. Die einzelnen<br />

Kategorien sind an sich wiederum Überbegriffe,<br />

unter denen sich spezifische Nutzungsarten<br />

verstecken, die in Abschnitt 2.2 Annahmen<br />

(Nutzungsverteilungen) definiert wurden. Beispielsweise<br />

umfasst die Nutzungskategorie «Wohnen"<br />

'Iächen, die für Hotels, Gemeinschaftsräume, Schulen<br />

<strong>und</strong> Wohnen geplanrsind. Um zu illustrieren, wie<br />

die Zusammensetzung aus spezifischen Nutzungsarten<br />

die Ökobilanz beeinflussen kann, sei auf die<br />

Abbildung 3.5.2.2 hingewiesen. Sie stellt für jede<br />

Variante die Wirkungsbilanzen für einen Quadratmeter<br />

Wohnen dar.<br />

Es fällt auf, dass die Ergebnisse der Ökobilanz für<br />

einen Quadratmeter der Nutzungskategorie «Wohnen"<br />

zum Teil grosse Unterschiede aufweisen (bis<br />

mehr als 25%). Die Zusammensetzung aus den<br />

spezifischen Nutzungsarten (zum Beispiel Anzahl<br />

Hotels) variiert also von einem Architektur-Projekt<br />

zum anderen <strong>und</strong>wird in der Ökobilanz sichtbar.<br />

Die gleiche Sachlage findet sich eine Ebene höher.<br />

Die Zusammensetzung einer Variante aus den verschiedenen<br />

Nutzungskategorien spiegelt sich in der<br />

Ökobilanz wieder, da die einzelnen Nutzungskategorien<br />

unterschiedliche Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />

Altbau<br />

unterirdisch<br />

Abb. 3.5.2.3 <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der unterschiedlichen Nu!Zungen der<br />

Griinraumvariante.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 175


Ökobilanz<br />

_<br />

Al NEUBAU<br />

B) ALTBAU 15 JAHRE<br />

m<br />

" z :><br />

13<br />

Nutzung des<br />

Neubaus<br />

T4 15<br />

::><br />

Cl!<br />

a: '"<br />

.c<br />

:><br />

~<br />

Q)<br />

'" ::><br />

Z<br />

~ Nutzung des Ul<br />

Neubaus '"<br />

Nutzung des<br />

~<br />

ii<br />

« Altbaus<br />

::><br />

" m Tl T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />

C) ALTBAU 30 JAHRE<br />

m<br />

" z<br />

::><br />

:><br />

Cl!<br />

'"<br />

Cl: .c<br />

:><br />

~<br />

Q)<br />

'" ::> Z<br />

«<br />

Nutzung des ~<br />

8 Neubaus :§ Nutzung des<br />

;:<br />

« Altbaus<br />

" ::> 10 TI T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />

D) ALTBAU 80 JAHRE<br />

m<br />

" z<br />

~<br />

Cl:<br />

~<br />

::><br />

~ Nutzung des<br />

~ Mbaus<br />

" ::> 10 TI T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />

Abb. 3.5.2.4 a, b, c <strong>und</strong> d: Erklärungen zu den Annahmen betreffend Altbau<br />

<strong>und</strong> Umbau (<strong>Umwelt</strong>auswirkungen schematisch dargestellt)<br />

1'0: Anfangder Umgestaltung des SEW-Areals<br />

Tl: Ende der Renovations- bzw. <strong>Umnutzung</strong>sphase<br />

1'2: Ende der Bau/Abrissphase<br />

1'3 bzw 1'5: nach 15 bzw 30 Jahren, Beginn weiterer Umnlltzungen<br />

1'4 bzw 1'6: Ende der weiteren Umnlltzllngsarbeiten<br />

1'7: nach 80 Jahren, Ende der NlItzlingsphase<br />

kategorie gegenüber den Unterschieden zwischen<br />

den Nutzungskategorien ein <strong>und</strong> derselben Variante<br />

zurücktreten.<br />

Nicht aufgetragen in Abbildung 3.5.2.3 sind vier<br />

Nutzungen: Altbau oberirdisch 15 <strong>und</strong> 30 Jahre sowie<br />

Altbau unterirdisch 15 <strong>und</strong> 30 Jahre. Diese wurden so<br />

definiert, dass sie mit de,n restlichen Nutzungen<br />

nicht direkt vergleichbar sind. Dies ist aus Abbildung<br />

3.5.2.4 zu entnehmen, in der die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(Ordinate) schematisch dargestellt sind <strong>und</strong><br />

keineswegs als proportional oder quantitativ exakt<br />

angesehen werden können.<br />

Die schraffierte Fläche steht für die gegenwärtige<br />

(nicht berücksichtigte) Phase <strong>und</strong> beinhaltet den<br />

gesamten Planungsaufwand. TO kennzeichnet den<br />

Zeitpunkt des Einsatzes unserer Ökobilanz, gleichbedeutend<br />

mit dem Beginn der Bauarbeiten. T6<br />

steht für das Ende der Nutzung der Gebäude, was<br />

nicht mit dem Ende der Ökobilanz gleichzusetzen<br />

T6<br />

ist, da diese teilweise noch die Abriss- <strong>und</strong> Entsorgungsphase<br />

mitberücksichtigt. Um dem technologischen<br />

Fortschritt Rechnung zu tragen, wurde<br />

angenommen, dass Bauaktivitäten zu späteren Zeitpunkten<br />

geringere Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />

verursachen als heutzutage.<br />

Um Aussagen über die ökologischen Vorteile (oder<br />

Nachteile) eines Neubaus gegenüber eines Altbaus<br />

zu treffen, müssten die vier Integrale obenstehender<br />

Treppenfunktionen berechnet werden. Zu unserem<br />

grossen Bedauern sind wir dazu nicht in der Lage,<br />

weil die Datenlage dies nicht zulässt. Bei der Definition<br />

der Systemgrenzen wurde die Nutzungsdauer<br />

der Neubauten, die nach dem Abriss vorher genutzter<br />

Altbauten erstellt wurden, als 80 Jahre angenommen.<br />

Die Gesamtbilanzierungszeiten (Altbau <strong>und</strong><br />

Neubau zusammen) wurden so <strong>durch</strong> die Nutzungen<br />

Altbau 15 Jahre <strong>und</strong> Altbau 30 Jahre um 20 bzw.<br />

35 Jahre verlängert. Die ökologischen Auswirkungej<br />

der Varianten mit hohen Anteilen an AIS bzw. A30<br />

werden damit um ca. 1-2% überschätzt (diese Zahlen<br />

beruhen auf der Annahme, dass die <strong>Umnutzung</strong><br />

5 Jahre <strong>und</strong> der Bau-/Abriss-Prozess 10 Jahre dauert).<br />

Die punktierten Linien in der Abbildung 3.5.2.4 sollen<br />

diesen Sachverhalt in Erinnerung rufen.<br />

In Abbildung 3.5.2.5 sind die Nutzungsverteilungen<br />

für die vier Varianten aufgezeichnet.<br />

Auf den ersten Blick fällt der geringe Wohnanteil<br />

<strong>und</strong> der hohe Anteil unterirdischer Nutzungen der<br />

Variante Industrienahe Nutzung auf. Zusätzlich<br />

zeichnet sich diese <strong>durch</strong> einen geringen Anteil an<br />

zu erhaltender Altsubstanz aus. Sie lässt sich also so<br />

charakterisieren, dass Nutzungen mit grossen Auswirkungen<br />

unterrepräsentiert <strong>und</strong> solche mit geringen<br />

Auswirkungen überrepräsentiert sind. Damit<br />

lässt sich ihr gutes Abschneiden in den bisherigen<br />

Varianten-Vergleichen erklären. Ganz anders stellt<br />

sich der Sachverhalt bei der Grünraum-Variant<br />

dar. Hier ist ein über 25%-iger Anteil der Kategorie<br />

«Wohnen» vorgesehen <strong>und</strong> als einzige der Varianten<br />

integriert sie die Nutzungskategorie «Warenhäuser»,<br />

mit der nach unseren Berechnungen die grössten<br />

Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> verb<strong>und</strong>en sind.<br />

ws<br />

INN<br />


___--,-<br />

Ökobilanz<br />

Nutzung Mietfläclle Fr./m' Totai Total Ertrag<br />

Variante GR bestehend neu bestehend neu bestehend neu<br />

Dienstleistung/Verwaltung, Schulen 1 1589 17'672 350 350 556\080 6'185'200 6'741'280<br />

Dienstleistung/Verwaltung: Schulen2. 2246 23'131 320 320 718'848 7'401'984 8'120'832<br />

Wohnen, Hotel 1 0 22'156 260 260 0 5'760'495 5'760'495<br />

Wohnen, Hotel 2 0 13'012 220 220 0 2'862'585 2'862'585<br />

Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen 1 4893 14'569 200 200 978'520 2'913'800 3'892'320<br />

Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen 2 2409 8849 180 180 433'602 1'592'883 2'026'485<br />

Keller, Lager unterirdisch 0 6991 SO SO 0 349'560 349'560<br />

Gemeinschaftsflächen 0 864 0 0 0 0 0<br />

Parkfläche oberirdisch 0 270 2400 2400 0 648'720 648'720<br />

Parkflächen unterirdisch 0 70 2400 2400 0 168000 168'000<br />

Gesamttotal 2'687'050 27'883'227 30'570'277<br />

Tab. 3.5.3 Berechnung des Ertrags am Beispiel der Variante Griinraum.<br />

Für eine Zwischenbilanz können wir festhalten,<br />

dass die Unterschiede zwischen den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

der Varianten nicht auf einen Gr<strong>und</strong> allein<br />

zurückzuführen sind, sondern auf eine Vielzahl von<br />

(zum Teil) verknüpften Ursachen. Ausgehend von<br />

unserer Ökobilanz (<strong>und</strong> ihrer Schar von Annahmen)<br />

heissen unsere Empfehlungen an die Bauplanenden:<br />

Anstrengungen für ökologisches <strong>Bauen</strong> sind besonders<br />

für die Nutzungskategorie «Warenhäuser» notwendig.<br />

Ökologische Einsparungen bei den Nutzungskategorien<br />

«Wohnen» <strong>und</strong> «Dienstleistungen»<br />

erscheinen zudem besonders lohnend. Massnahmen<br />

zur Reduktion der Emissionen von Altbauten sind<br />

dringend empfohlen, was aber nicht gleichbedeutend<br />

ist mit dem Ersatz dieser Gebäude <strong>durch</strong> Neubauten<br />

<strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Verlust des<br />

altertümlichen.Fabrik-Charmes. An dieser Stelle sei<br />

nochmals darauf hingewiesen, dass, obwohl die<br />

Architektur-Varianten spezifisch für das Areal ausge­<br />

.ubeitet wurden, die Angaben zu Nutzungen sowie<br />

SIA-Altbautenspezifikationen nur sehr allgemein<br />

gehalten waren <strong>und</strong> die Berechnungen deshalb auf<br />

eine ganze Reihe von Annahmen gestützt werden<br />

mussten.<br />

3.5.3 Ökonomisch-ökologischer Standpunkt<br />

Innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> wurde die zu erwartende<br />

Nettorendite für jede der vier Varianten berechnet<br />

(siehe Kapitel KURZBERICHTE, Abschnitt 4). Die Berechnungen<br />

stützen sich auf folgende Formel: .<br />

Nettorendite = (Ertrag-K osten)/Anlagekosten.<br />

@ Die Anlagekosten setzen sich wie folgt zusammen:<br />

Investitionskosten<br />

+ Altlastensanierungskosten (= Perimeterfläche<br />

ohne Fläche der bestehende Gebäude * 1/3 *<br />

Fr. 500.-/m 2 )<br />

+ Gr<strong>und</strong>stückskosten<br />

+ Abbruchkosten (= abgebrochene Kubikmeter *<br />

Fr. 50.-/m 3 )<br />

+ Bauzins (= 5.75% der Investitionskosten über<br />

die halbe Bauzeit verzinst)<br />

+ Gr<strong>und</strong>stückszins (= 5.5% der Gr<strong>und</strong>stückskosten<br />

vom Zeitpunkt des Kaufs bis zum <strong>Bauen</strong>de)<br />


Ökobilanz<br />

_<br />

weltauswirkungen) für volle 80 Jahre Neubaunutzung<br />

berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung<br />

3.5.3 dargestellt.<br />

Als erstes ist festzuhalten, dass die Unterschiede<br />

zwischen den Varianten noch geringer geworden sind<br />

<strong>und</strong> dass sich die Rangfolge erneut verändert hat.<br />

Durch die Normierung wird die Benachteiligung<br />

derjenigen Varianten aufgehoben, die einen hohen<br />

Anteil an Altbauten mit 15-jähriger <strong>und</strong> 30-jähriger<br />

Nutzung besitzen. Es sind dies die Varianten Kunsthochschule<br />

<strong>und</strong> Grünraum. Die Variante Industrienahe<br />

Nutzung (INN) belegt neu den letzten Platz.<br />

Es wirkt sich hier ihre relativ geringe Nettorendite<br />

aus. Aufgr<strong>und</strong> der korrigierenden Funktion dieser<br />

Normierung - <strong>und</strong> nicht weil wir ökonomische<br />

Aspekte überbewerten wollen - halten wir diese Art<br />

des Variantenvergleichs für die sinnvollste.<br />

Die Ergebnisse der Ökobilanz wurden von zwei<br />

weiteren Synthesegruppen in ihren Untersuchungen<br />

zur Variantenbewertung verwendet. die Synthesegruppe<br />

RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN integrierte<br />

die berechneten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen in die MAUD,<br />

die mit Vertretern der verschiedenen Interessengruppen<br />

<strong>durch</strong>geführt wurde. Die Synthesegruppe<br />

UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN versuchte eine integrierte<br />

Variantenbewertung mit Hilfe von ökologischen,<br />

ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Kriterien.<br />

Humantoxikologische<br />

Auswirkungen<br />

Verbrauch abiotischer<br />

Ressourcen<br />

Ökotoxizität<br />

(aquatisch)<br />

Saurer Regen<br />

Eutrophierung<br />

Ozoschichtzerstörung<br />

Treibhauseffekt<br />

Bildung photochemischer<br />

Oxidanlien<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Radioaktive<br />

Emissionen<br />

Illil<br />

11I<br />

11I<br />

Illil<br />

0.5<br />

Industrienahe Nutzung<br />

Variante WerkStadt<br />

Grünraumvariante<br />

Variante Kunsthochschule<br />

0.6<br />

0.7<br />

Abb. 3.5.3 Vanantenverg/eich aufNettorendite normiert.<br />

0.8<br />

0.9<br />

1.0<br />

4.1<br />

Wie in Abschnitt 2.3


__________________________________________Ökobilanz<br />

4.2 Indirekte Datenkontrolle.:<br />

Resultatsanalysen<br />

Wie wir in Abschnitt 2.1 «Zieldefinition <strong>und</strong> Struktur»<br />

gesehen haben, ist die Bilanz ein äusserst komplex<br />

aufgebautes hierarchisches System <strong>und</strong> die<br />

Amahl involvierter Prozesse beachtlich. Diese Tatsache<br />

führt dazu, dass die Resultate sehr schwer zu<br />

interpretieren <strong>und</strong> zu überprüfen sind. Sehr viel Zeit<br />

wurde infolgedessen investiert, um die Resultate der<br />

Bilanzen nachvollziehen zu können. Dies geschah<br />

zum einen mit Hilfe von verschiedenen Methoden<br />

zur Reduktion der Komplexität <strong>und</strong> zum anderen<br />

mit Plausibilitätsbetrachtungen. Die Komplexität in<br />

einem hierarchischen System wächst mit der Anzahl<br />

von Ebenen <strong>und</strong> Elementen. Je tiefer also die betrachtete<br />

Ebene, desto weniger komplex <strong>und</strong> desto<br />

leichter verständlich sind die Ergebnisse. Eine sehr<br />

;infache, aber effiziente Methode war es folglich,<br />

entlang eines aufsteigenden Astes des Systems (vgl.<br />

Abbildung 2.1.2) auf verschiedenen Ebenen Ökobilanzen<br />

zu berechnen. Dieses Vorgehen wurde<br />

unterstützt <strong>durch</strong> mehrere Hilfsprogramme, die im<br />

Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> entwickelt wurden <strong>und</strong> es<br />

ermöglichte, detaillierte Informationen über Elemente<br />

einer Berechnung abzufragen. Beispielsweise<br />

konnten die involvierten Subprozesse einer Berechnung<br />

entsprechend der Wichtigkeit ihres Beitrages<br />

zu einer betrachteten <strong>Umwelt</strong>auswirkung geordnet<br />

werden. Die Plausibilitätsbetrachtungen, die zur<br />

Überprüfung der Resultate angestellt wurden, steIlen<br />

eine Umkehrung des Prinzips dar, nach dem<br />

Sensitivitätsanalysen <strong>durch</strong>geführt werden. Einzelne<br />

Elemente in einer Bilanzierung wurden verändert<br />

<strong>und</strong> es wurde beobachtet, ob die erwartete, plausible<br />

Änderung des Resultates eintraf oder nicht. Bei<br />

, Nichteintreffen wurden die entsprechenden Berech­<br />


Ökobilanz '-- -'- _<br />

von den gesellschaftlichen Bedürfnissen <strong>und</strong> Wünschen<br />

erfolgen kann.<br />

Wesentliche Unterschiede in der ökologischen Verträglichkeit<br />

sollten sich dann aufgr<strong>und</strong> der Verwendung<br />

unterschiedlicher Baumaterialien, Konstruktionsweisen<br />

<strong>und</strong> Installationen ergeben. Hier kann<br />

die Methode der Ökobilanzierung ihre Mächtigkeit<br />

eindrücklich unter Beweis stellen. Leider hat sich<br />

uns diese Möglichkeit entzogen, da wir aufgr<strong>und</strong> der<br />

fehlenden Angaben für alle Varianten die Verwendung<br />

identischer Baumaterialien <strong>und</strong> Konstruktionsweisen<br />

annehmen <strong>und</strong> die Installationen gänzlich<br />

ausser Betracht lassen mussten.<br />

Trotz der ungünstigen Datenlage (Verarbeitung<br />

vieler Daten, aber für einige weitere interessante<br />

Fragen reichten sie trotzdem nicht aus), der <strong>durch</strong><br />

die Systemdefinition entstandenen Unsicherheiten<br />

<strong>und</strong> der Problematik der Vergleichbarkeit konnten<br />

einige interessante Erkenntnisse gewonnen werden,<br />

die immerhin in indirektem Zusammenhang mit der<br />

ursprünglichen Fragestellung stehen. Dazu zählen<br />

die Untersuchungen zu den Schlüsselschadstoffen<br />

<strong>und</strong> Schlüsselverursachern negativer Auswirkungen<br />

auf einzelne <strong>Umwelt</strong>parameter, der Vergleich der<br />

Bau- <strong>und</strong> Nutzphase, sowie die Ausführungen zur<br />

Stromerzeugung. Da<strong>durch</strong> werden Ansatzpunkte für<br />

Verbesserungen aufgezeigt. Grosses Potential hat der<br />

umfassende Einsatz von Ökobilanzen auf der Ebene<br />

von Baumaterialien <strong>und</strong> Bauteilen, beispielsweise<br />

<strong>durch</strong> den Vergleich von Lehm gegenüber Beton<br />

oder von massiver Betonwand gegenüber Holzwand<br />

in Leichtbauweise. Hier können direkt Empfehlungen<br />

an Hersteller, Bauunternehmungen <strong>und</strong> Bauherren<br />

zu ökologischer Bauweise abgegeben werden,<br />

die auch eine grössere Allgemeingültigkeit besitzen<br />

als der Vergleich spezifischer Überbauungsvarianten.<br />

Unseres Erachtens sollte die Ökobilanz der Gestaltungsvarianten<br />

<strong>durch</strong> den Vergleich eines umgenutzten<br />

renovierten Altbaus mit einem Neubau <strong>und</strong><br />

<strong>durch</strong> die Untersuchung verschiedener Ausbaustandards<br />

ergänzt werden. Mit dem Instrument der<br />

Ökobilanz verfügen wir über ein äussert mächtiges<br />

Hilfsmittel, das auch im Bereich baulicher Aktivitäten<br />

ein grosses Potential bietet. Durch die der<br />

Methode inhärente, umfassende Betrachtungsweise<br />

werden neue Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung<br />

aufbereitet; die eine vollständigere Beurteilung<br />

erlauben.<br />

glichen werden? Ist 50% mehr Radioaktivität schlimmer<br />

als ein 50% höherer Beitrag zur Eutrophierung?<br />

Wenn sich nicht für alle <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

dieselbe Rangfolge der Varianten ergibt, bleibt die<br />

Gesamtreihenfolge unentschieden. Der Leser wird<br />

aber - nach der Sichtung des vorgelegten Bilanzmaterials<br />

- in die Lage versetzt, sich ein eigenes<br />

Urteil zu bilden. Im Kapitel UMSETZUNG VON UMWELT­<br />

ZIELENwird ein Ansatz vorgeschlagen, dieser Schwierigkeit<br />

zu begegnen.<br />

Wir können zudem festhalten, dass die Unterschiede<br />

zwischen den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der<br />

Varianten nicht auf eine einzige Bilanzgrösse zurückzuführen<br />

sind, sondern auf eine Vielzahl von (zum<br />

Teil) verknüpften Ursachen. Unsere Empfehlungen<br />

an die Bauplanenden für ein ökologisches <strong>Bauen</strong> ergeben<br />

sich aus den oben genannten Ergebnissen<br />

(insbesondere Abschnitt 3.2).<br />

5.3 Vorgehen<br />

Die Aufspaltung der Studenten in eine Gruppe, die<br />

für die Beschaffung der Daten zuständig war, <strong>und</strong><br />

eine andere, welche die eigentliche Bilanzierung<br />

<strong>durch</strong>zuführen hatte, verursachte Schwierigkeiten.<br />

Die zeitliche Koordination, die Einigung über die<br />

Systemdefinition <strong>und</strong> die formalen Anforderungen<br />

<strong>durch</strong> das EDV-Programm waren die wichtigsten<br />

davon.<br />

5.2 Zum Variantenvergleich<br />

Eine Bewertung der vier Architekturvarianten 1m<br />

Hinblick auf ihre ökologische Verträglichkeit ist<br />

möglich. Es stellt sich jedoch folgendes Problem:<br />

Wie sollen die <strong>Umwelt</strong>kriterien untereinander ver-<br />

180<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Ökobilanz<br />

Literatur<br />

Baeriswyl, M. (1995): <strong>Umwelt</strong>belastungsminderung <strong>durch</strong> Ökokühlschränke?,<br />

Semesterarbeit, Abteilung für Umwelenaturwissenschaften,<br />

ETH: Zürich.<br />

B<strong>und</strong>esamt für Ges<strong>und</strong>heitswesen (1994): <strong>Umwelt</strong>radioaktivität<br />

<strong>und</strong> Strahlendosen in der Schweiz (1993), Fribourg.<br />

B<strong>und</strong>esamt für Statistik (1994): Statistisches Jahrbuch der<br />

Schweiz, Zürich: Verlag NZZ.<br />

Geiger, C. & Stahlmann, V. (1992): Öko-Bilanz <strong>und</strong> Öko-Controlling<br />

- Allgemeine Einführung <strong>und</strong> praktisches Beispiel, dargestellt<br />

an der Neumarkter Lammsbräu. Neumarkt.<br />

Hallay, H. (1992): Öko-Controlling. Frankfurt: Campus-Verlag.<br />

Heijungs, R. et al (1992): Environmental Life Cycle Assessment<br />

of Products. Centre of Environmental Science, Leiden.<br />

Heijungs, R. (1993) Ecological Economics. Centre of Environmental<br />

Science, Leiden.<br />

Heijungs, R. (1994): A generic method for the identification of<br />

option for cleaner produets. Ecological Economics, 10: 69-81.<br />

Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Bewertungsmethoden in<br />

Jkobilanzen - Ein Überblick. In: GAlA 3/4: 227-238.<br />

Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Evaluation <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />

von Bewertungsmethoden für Ökobilanzen - Erste<br />

Ergebnisse. HSG, Institut für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie. St. Gallen.<br />

Hofstetter, P. (1993): Überblick über Bewertungsmethoden in<br />

Ökobilanzen, Laboratorium für Energiesysteme, Zürich.<br />

NOVEM (1994): Beginning LCA; A Guide into Environmental<br />

Life Cycle Assessment.<br />

Preisig, H. & Viriden, K. (1994): Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s.<br />

SIA Dokumentation, Zürich.<br />

Schmidt, M., Giegrich, J., Hilty, L.M. (1994): Experiences with<br />

ecobalances and the development of an interactive software tool.<br />

In: Hilty, L.M. et al. (Hrsg.): Informatik für den <strong>Umwelt</strong>schutz:<br />

8. Symposium, Hamburg. Marburg: Metropolis.<br />

SETAC (1992): A conceptual framework for life-cycle assessment,<br />

Workshop Sandestin, Brüssel.<br />

Ulrich, H. & Probst, G. (1991): Anleitung zum ganzheitlichen<br />

Denken <strong>und</strong> Handeln: Ein Brevier für Führungskräfte. Bem,<br />

Stuttgart: Paul Haupt.<br />

Universität Karlsruhe (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />

Gebäuden während ihrer Lebensdauer.<br />

Ton Winterfeldt, D. & Edwards, W. (1993): Decision Analysis and<br />

Behavioral Research, Cambridge.<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 181


Inhalt<br />

1. Einleitung 185<br />

2. Ziele 185<br />

3. Vorgehen 186<br />

4. Die Suche nach den Rahmenbedingungen 186<br />

5. Szenarien: Vom Ist-Zustand zum «Ökoplus» 190<br />

6. Verknüpfung der Rahmenbedingungen 194<br />

7. Soft-Modellierung des Systems<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» 196<br />

8. folgerungen 205<br />

Autorlnllen<br />

Raffael Pulli<br />

Dieter Schwickert<br />

Johannes Heeb (Tutor)<br />

Monika Heer (Tutorin)<br />

Kathrin Peter (Tutorin)<br />

Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgmppe (S}/nthesegmppe A3)<br />

Daniel Aegerter<br />

Patrick HäuptIi<br />

Roger Bätscher<br />

Leua Itschner<br />

Christian Casper<br />

Patrick Mathvs<br />

Francesca Cheda<br />

Simoue Müller<br />

AugeIique Dardei<br />

Raffael Pulli<br />

Matthias Gabathuler<br />

David Schönbächler<br />

Andreas Gerecke<br />

Dieter Schwickert<br />

Urs Weibel<br />

Dominik Wirz<br />

Johannes Heeb (Tutor)<br />

Monika Heer (Tutorin)<br />

Michaela Merz (Tutoriu)<br />

KaUlriu Peter (Tutorin)<br />

Michaelll.edie (Tutor)


Rahmenbedingungen, ~ _<br />

184 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________Rahmenbedingungen<br />

1. Einleitung 2.<br />

Beim Thema «Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />

stellt sich unmittelbar die Frage nach dem «Nutzen<br />

<strong>und</strong> Schaden der Bautätigkeit». Mit der Ermittlung<br />

von relevanten Rahmenbedingungen sollten Steuerungsgrössen<br />

für die «Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen»<br />

<strong>und</strong> «Zielfindung der Bauherrschaft" erarbeitet<br />

werden.<br />

<strong>Umnutzung</strong> <strong>und</strong> Umbau bestehender Gebäude<br />

<strong>und</strong> Areale gewinnen zunehmend an Bedeutung<br />

infolge Renovationsbedarf, neuer Nutzungsforderungen<br />

<strong>und</strong> der Bodenknappheit. Die ökonomischen<br />

Aspekte werden als «Selbstverständlichkeit» in die<br />

Betrachtung miteinbezogen. Als Folge der mit dem<br />

<strong>Bauen</strong> verb<strong>und</strong>enen Stoffflüsse müssen heute vermehrt<br />

auch die ökologischen Aspekte betrachtet<br />

werden, um ihnen den notwendigen Stellenwert<br />

,uweisen zu können.<br />

Bei der Verwirklichung von Bauvorhaben sind<br />

neben den Bedürfnissen <strong>und</strong> Vorstellungen der Bauherrschaft<br />

die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen,<br />

rechtlichen <strong>und</strong> ökologischen Aspekte in die Betrachtung<br />

miteinzubeziehen.<br />

Die für das System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» relevanten<br />

Rahmenbedingungen waren zu ermitteln.<br />

Die heutige Situation, als «Ist-Zustand» bezeichnet,<br />

war <strong>durch</strong> das Aufzeigen der möglichen Einflussgrössen<br />

<strong>und</strong> deren Abhängigkeiten auf das<br />

System zu analysieren. Im Vergleich mit dem aus<br />

ökologischer Sicht wünschbaren Zustand, dem<br />

«Ökoplus», sollten die massgebendenRahmenbedingungen<br />

für ökologisches <strong>Bauen</strong> formuliert<br />

werden.<br />

Zusammenfassend wurden die folgenden Fragen<br />

formuliert:<br />

.. Welche Rahmenbedingungen haben speziell für<br />

ökologisches <strong>Bauen</strong> einen relevanten Einfluss?<br />

.. Wie sind diese Rahmenbedingungen miteinander<br />

verknüpft, wie hängen sie voneinander ab (Interdependenzen)?<br />

.. Wie müssten sie allenfalls verändert werden, damit<br />

ökologisch gebaut wird?<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

185


Rahmenbedingungen<br />

3.<br />


______________________________________Rahmenbedingungen<br />

vervollständigen. Die Relevanz der Rahmenbedingungen<br />

für ein ökologisches <strong>Bauen</strong> war anhand<br />

einer vierstufigen Skala mit den Ausprägungen sehr<br />

starker, ziemlich starker, wenig <strong>und</strong> kein Einfluss zu<br />

bewerten.<br />

Die Ergebnisse der Umfrage wurden statistisch<br />

ausgewertet. Für alle Rahmenbedingungen wurde<br />

die Relevanz für das System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>"<br />

ermittelt. Die Relevanz entspricht dem Mittelwert<br />

des Einflusses. Für die Beurteilung wurde auch<br />

die Streuung der Angaben über die Breite der<br />

Einflussskala berücksichtigt. Mit Hilfe einer Rangliste<br />

gelang es, die wichtigsten Rahmenbedingungen<br />

zu bezeichnen <strong>und</strong> zur weiteren Bearbeitung<br />

bereitzustellen. Jede Kategorie musste vertreten<br />

sem.<br />

4.3 Ergebnisse<br />

4.3.1 Ergebnisse des Brtlin!~tm'minas<br />

Das Resultat des Brainstormings umfasst eine Liste<br />

von 46 Rahmenbedingungen, welche sich sieben<br />

Kategorien zuordnen liessen.<br />

Gesellschaft<br />

@ Bevölkerungsstruktur<br />

@ demografische Entwicklung<br />

@ Einkommen<br />

@ Bildungsstand<br />

@ Erholungsbedürfnisse/Freizeit<br />

@ Frauenbeteiligung<br />

@ Lebensstil<br />

@ Nachfrage nach kulturellen Einrichtungen<br />

@ allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

@ Wohnformen<br />

Politik<br />

@ aktive Bevölkerungsgruppen<br />


Rahmenbedingungen<br />

Technik<br />

EI Baumaterialangebot<br />

EI Behandlungsmöglichkeiten von Altlasten<br />

EI Recyclingmöglichkeiten des Abbruchmaterials<br />

e Stand der Energietechnik<br />

Wirtschaft<br />

EI Bau-/Planungskosten<br />

EI Kapital (verfügbare Geldmittel)<br />

.. Materialkosten<br />

.. Nachfrage nach Dienstleistungs-/Industrieflächen<br />

• Nachfrage nach Wohnflächen<br />

.. Rentabilität des Bauwerks<br />

.. Unterhaltskosten des Bauwerks<br />

• Wirtschaftliche Entwicklung<br />

.. konjunkturelle Entwicklung<br />

.. Wirtschaftssektoren<br />

Wissen/Instrumente<br />

• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />

der Architekten<br />

• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />

der Baubranche<br />

• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />

der Bauherren<br />

lI> Forschung <strong>und</strong> Lehre für ökologisches <strong>Bauen</strong><br />

e Integration <strong>und</strong> Koordination von ökologischen<br />

Anliegen im Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess<br />

4.4 Diskussion<br />

Das Brainstorming diente dazu, möglichst zu einem<br />

frühen Zeitpunkt eine umfassende Darstellung der<br />

Rahmenbedingungen zum System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Bauen</strong>» zu erhalten. Das Brainstorming hat dies geleistet.<br />

Nach kurzer Zeit war eine Liste vorhanden,<br />

welche einen Überblick über mögliche Rahmenbedingungen<br />

ermöglichte. Da zu diesem Zeitpunkt<br />

der Begriff der Rahmenbedingung jedoch noch nicht<br />

scharf definiert war, wies diese Liste grosse Heterogenitäten<br />

auf. Das Brainstorming allein genügte<br />

nicht, erst die vertiefte Auseinandersetzung <strong>und</strong> der<br />

weitere Prozess brachten zunehmende Konkretisierungen<br />

der Rahmenbedingungen.<br />

Die Delphi-Umfrage ist dazu geeignet, sich einen<br />

Überblick über ein schwer überschaubares Problem<br />

<strong>durch</strong> die Befragung von ExpertInnen zu verschaffen.<br />

Die übliche mehrmalige Befragung der Ex<br />

pertInnen erfordert jedoch mehr Zeit als uns zur<br />

Verfügung stand. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde ein abgekürztes<br />

Verfahren gewählt, welches aufgr<strong>und</strong> der<br />

z.T. unklaren Fragestellungen bei einem Teil der<br />

ExpertInnen Kritik hervorrief. Die Ergebnisse der<br />

Umfrage vervollständigten das Bild an möglichen<br />

<strong>und</strong> relevanten Rahmenbedingungen zum Thema<br />

<strong>und</strong> boten wertvolle Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen bei<br />

der Auswahl. ..<br />

_<br />

4.3.2 Ergehnisse der Delphi·Methode<br />

Der Fragebogen wurde Dozentinnen der ETH,<br />

TutorInnen der <strong>Fallstudie</strong>, VertreterInnen der Bauverbände,<br />

von Firmen sowie politischer Parteien<br />

zugeschickt. Der Rücklauf der Fragebogen war trotz<br />

kurz bemessenen Zeitrahmens von einer Woche mit<br />

74 Prozent (34 von 46) erfreulich hoch.<br />

Diese wurden fünf Kategorien zugeordnet. Kategorien<br />

<strong>und</strong> Rahmenbedingungen sind im folgenden<br />

Kapitel beschrieben.<br />

Wir möchten an dieser Stelle den an der Delphi­<br />

Umfrage beteiligten Fachleuten nochmals herzlich<br />

für ihren Beitrag danken.<br />

4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten<br />

Rahmenbedingungen<br />

Die zur weiteren Untersuchung ausgewählten Kategorien<br />

<strong>und</strong> Rahmenbedingungen sind in Tab. 4.3.3<br />

ersichtlich.<br />

188<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____~-----------------~-----------------Rahmenbedingungen<br />

Kategorie Rahmenhedingung Beschreibung<br />

Wissen Angewandtes ökologisches Wissen von In Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung vermitteltes oder in der Praxis erlerntes Wissen der<br />

Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen<br />

Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen über ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, das in<br />

der Praxis angewandt wird.<br />

Angewandtes ökologisches Wissen der<br />

Bauherren<br />

Integration <strong>und</strong> Koordination von<br />

ökologischen Anliegen<br />

Wissen der Bauherren über ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, das in der Praxis<br />

angewandt wird.<br />

Der Einbezug von ökologischen Anliegen der interessierten <strong>und</strong> betroffenen<br />

Bevölkerungsgruppen sowie externer Fachleute in den Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess.<br />

Die Art <strong>und</strong> Weise wie ökologische Anliegen aller Beteiligten im Planungs<strong>und</strong><br />

Bauprozess <strong>durch</strong> die Gesamtleitung koordiniert <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />

Recht Lenkungsabgaben Lenkungsabgaben haben den Zweck, das Verhalten der Wirtschaftsakteure in<br />

eine bestimmte Richtung zu steuern. Sie entsprechen dem Verursacherprinzip,<br />

sind marktwirtschaftlieh <strong>und</strong> überlassen die Kaufentscheidungen den einzelnen<br />

Unternehmungen <strong>und</strong> Haushalten.<br />

Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung<br />

Grossräumige Raumplanung<br />

<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

Unter der Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung werden hier alle den Bau- <strong>und</strong> Planungsprozess<br />

betreffenden Gesetze, Normen <strong>und</strong> Richtlinien verstanden. Die<br />

nationale <strong>und</strong> kantonale Raumplanungs- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung wird<br />

ausgenommen.<br />

Unter grossräumiger RaulTIplanung werden hier die aus Art. 22quater B<strong>und</strong>esverfassung<br />

abgeleiteten Gesetze <strong>und</strong> Instrumente der Raumplanung bis auf<br />

die Stufe der Richtpläne verstanden. Die kommunale Umsetzung gehört in die<br />

Rahmenbedingung der «Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung».<br />

Die Gesamtheit der von Art. 24bis, sexies, septies B<strong>und</strong>esverfassung abgeleiteten<br />

Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen auf B<strong>und</strong>es-, Kantons- <strong>und</strong> Gemeindeebene <strong>und</strong><br />

ebenso die Naturschutzgesetzgebung (NHG).<br />

Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Gesamtheit der Kosten, die bei einem Bauprojekt zwischen der Idee <strong>und</strong><br />

der Fertigstellung anfallen. Dazu gehören die Kosten für die Planung, die Altlastensanierung,<br />

den Abbruch alter Gebäude, sowie für den Bau selber.<br />

Rentabilität<br />

Kapital<br />

Die Rentabilität ergibt sich aus dem Verhältnis von Ergebnis (Gewinn, Cash Flow,<br />

Nutzen) <strong>und</strong> den eingesetzten Mitteln (Kosten). Man unterscheidet Brutto- <strong>und</strong><br />

Nettorendite.<br />

Das Kapital ist einer der drei Produktionsfaktoren: Arbeit, Boden, Kapital Unter<br />

Kapital im weiteren Sinn versteht man die Gesamtheit aller materiellen <strong>und</strong><br />

immateriellen Werte, die in einem Unternehmen für die Produktion benötigt<br />

werden. Im folgenden verstehen wir unter Kapital eine engere Definition, die nur<br />

die vorhandenen Geldmittel umfasst.<br />

Gesellschaft/Politik Diaiogfähigkeit Die Fähigkeit <strong>und</strong> der Wille zum Dialog zwischen Behörden, Interessengemeinschaften<br />

<strong>und</strong> Beteiligten im Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise<br />

wie die Dialogführung stattfindet.<br />

Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

Lebensstil<br />

Der Bildungs- <strong>und</strong> Informationsstand der Bevölkerung bezüglich <strong>Umwelt</strong>themen<br />

<strong>und</strong> deren Hintergründe, ebenso wie die Gewichtung dieser Themen auf der<br />

individuellen Wertskala.<br />

Der Begriff Lebensstil umfasst die Art <strong>und</strong> Weise wie der Mensch sein Dasein<br />

gestaltet. Dazu gehören sowohl die Art des Wohnens, des Arbeitens <strong>und</strong> der<br />

Freizeitgestaltung wie auch die Umsetzung des allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />

ins tägliche Leben.<br />

Technik Energietechnik Unter der Rahmenbedingung Energietechnik verstehen wir den Entwicklungsstand<br />

von Energiespartechnologien (z.B. Wärmedämmung, Heizungstechnik,<br />

Beleuchtung) <strong>und</strong> von Technologien zur Nutzung von erneuerbaren Energien<br />

(z.B. solare Wasservorwärmung, Photovoltaik).<br />

Baumaterialien<br />

Tabelle 4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten Rahmenbedingungen.<br />

Baumaterialien sind alle Stoffe, die im Bauprozess eingesetzt werden, sei es<br />

direkt in der Bausubstanz oder als Hilfsmittel im Bauprozess.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 189


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

s. Szenarien: etwa 30 Jahren verwirklichbaren Massnahmen aufzuzeigen<br />

(Abschnitt 7.4.1).<br />

Neben der Betrachtung der heute geltenden Rahmenbedingungen<br />

(Ist-Zustand) wurde versucht,<br />

einen visionären Idealzustand (


________________________________________Rahmenbedingungen<br />

fortsetzung der «Beschreibung der Rahmenbedingungen im Ist-Zustand»<br />

Kategorie Rahmenbedingung Beschreihung<br />

Grossräumige Raumplanung<br />

............................................................. .. I<br />

<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

Das Instrument der Richtpläne dient kaum der direkten ökologischen Beeinflussung<br />

des <strong>Bauen</strong>s. Möglichkeiten dazu zeigen sich beim Ausscheiden von<br />

Bauzonen: Kleine Bauzonen fördern die Entwicklung nach innen <strong>durch</strong> verdichtetes<br />

<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Nutzungsvielfalt auf engstem Raum.<br />

Die Prinzipien der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung (Verursacherprinzip, Vorsorgeprinzip)<br />

sind heute weitgehend verankert. Zur Zeit sind aber die Grenzen der<br />

bisherigen Politik mit Geboten <strong>und</strong> Verboten augenfällig, dringend wäre die<br />

Einführung von Lenkungsabgaben <strong>und</strong> vorgezogenen Entsorgungs-, Deponie<strong>und</strong><br />

Altlastgebühren (Koller, 1994. S. 116). Das <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz befindet<br />

sich momentan in Beratung, so dass eventuell Lenkungsabgaben <strong>und</strong> eine<br />

Regelung über Altlasten eingeführt werden.<br />

Der Rechtsvollzug ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich <strong>und</strong> zum Teil<br />

ungenügend. Eine <strong>durch</strong>gehende Koordination zwischen den Kantonen <strong>und</strong><br />

unter den Ämtern fehlt, <strong>und</strong> die Vermittlung zwischen Verwaltung <strong>und</strong> Bauherrschaft<br />

oder ArchitektInnen ist meist viel zu gering.<br />

Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Baukosten (Stand 1994) sind infolge der niederen Hypozinsen <strong>und</strong> Landpreise<br />

<strong>und</strong> der schwachen Baukonjunktur vergleichsweise eher tief. Die Entsorgungskosten<br />

eines Gebäudes haben, obwohl sie bei der Planung angegeben<br />

werden müssen, keinen Einfluss auf die Baukosten, da bis jetzt noch keine<br />

vorgezogene Entsorgungsgebühr existiert. Die Kosten für ökologische Baumaterialien<br />

sind höher als für herkömmliche.<br />

Gesellschaft/Politik<br />

Technik<br />

Die Investitionskosten von konsequent ökologisch erstellten <strong>Bauen</strong> sind in<br />

der Regel teurer (5-10%).<br />

............................................................ .. I<br />

Rentabilität<br />

Die höheren Investitionskosten für ökologische Bauten drücken auf die Rentabilität.<br />

Ein Imagegewinn <strong>durch</strong> ökologisches <strong>Bauen</strong> kann als nachhaltiger<br />

Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten gesehen werden. Dies kann für<br />

einen Bauherrn gewichtiger werden als eine monetär ausgedrückte Rendite.<br />

Kapital<br />

Dialogfähigkeit<br />

Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

Lebensstil<br />

Energietechnik<br />

Zur Zeit sind noch keine anwendungsreifen Instrumente vorhanden, um<br />

die Kosten während des ganzen Lebenszyklus' des Gebäudes zu berechnen. Es<br />

ist möglich, dass eine ökologischere Bauweise angesichts der explodierenden<br />

Entsorgungskosten bereits heute rentabler sein könnte. (Ein Problem sind die<br />

enorm langen Zeiten zwischen Erstellung <strong>und</strong> Entsorgung. So sind z.B. die über<br />

die Lebensdauer kumulierten Betriebs- <strong>und</strong> Unterhaltskosten eines Baus grösser<br />

als die Investitionskosten.)<br />

Zur Zeit berücksichtigen die Banken bei der Kreditvergabe für Bauten mehrheitlich<br />

keine ökologischen Anforderungen. Bei einzelnen Angeboten, die ökologische<br />

Anliegen berücksichtigen, wie z.B. bei zinsvergünstigten Krediten für<br />

Energiesparinvestitionen bei der Zürcher Kantonalbank, ist die Nachfrage überraschenderweise<br />

eher gering (Koller, 1994, S. 109).<br />

Die Dialogfähigkeit wird <strong>durch</strong> die fehlende Bereitschaft, eine gemeinsame<br />

Lösung zu finden (z.B. Frontenbildung Stadt-Kanton, Stadt-Bauherrschaft),<br />

<strong>durch</strong> Vorurteile gegenüber anderen Personen, das unnachgiebige Festhalten an<br />

den eigenen Interessen <strong>und</strong> oft auch <strong>durch</strong> unverständliche Fachsprachen stark<br />

erschwert.<br />

Eine Sensibilisierung der Bevölkerung hat aufgr<strong>und</strong> des in den letzten Jahren<br />

zugenommenen Wissens über <strong>Umwelt</strong>themen <strong>und</strong> deren Hintergründe stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Die Bedeutung ist stark von Einzelereignissen wie Waldsterben,<br />

Schweizerhalle oder Tschernobyl geprägt. Sie verlieren jedoch rasch an Bedeutung,<br />

bevor sie eine Verhaltensänderung bewirken. Andere Probleme wie<br />

Arbeitslosigkeit, Drogen können das <strong>Umwelt</strong>thema - vor allem während einer<br />

Rezession - in den Hintergr<strong>und</strong> treten lassen.<br />

Im Allgemeinen besteht ein Unterschied zwischen dem <strong>Umwelt</strong>wissen <strong>und</strong><br />

dessen Umsetzung in den Alltag. Der Lebensstil wird nach wie vor stark von<br />

Statussymbolen der Mobilität, des Konsums <strong>und</strong> des Wohlstandes geprägt. Da<br />

ein ökologisch sinnvoller Lebensstil von der Gesellschaft nicht belohnt wird,<br />

erfordert die Umsetzung des zum Teil vorhandenen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins nach<br />

wie vor einen gewissen Idealismus.<br />

Der heutige Entwicklungsstand der Energietechnik ist je nach Teilgebiet unterschiedlich<br />

weit fortgeschritten. Mit neuen Spartechnologien können schon<br />

heute sehr gute Resultate erreicht werden. Durch Vorschriften <strong>und</strong> Eigeninitiative<br />

fliessen diese Technologien vor allem in neue Gebäude ein. Alte,<br />

bestehende Gebäude werden jedoch erst in ein paar Jahren auf- oder umgerüstet<br />

werden. Das Potential erneuerbarer Energien wird heute relativ schlecht<br />

genutzt, nicht zuletzt wegen den zu billigen nichterneuerbaren Energieträgern.<br />

fortsetzung der «Beschreibung der Rabmenbedingungen im Ist-Zustand» nächste Seite<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

191


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

SChlllSS lIer «Beschreibung lIer Rabmenbellingllngen im ist·Zustand»<br />

Kategorie<br />

Rahmenbedingllng<br />

Baumaterialien<br />

Beschreibung<br />

Trotz der zunehmenden Baustoffvielfalt ist bislang kein breites Spektrum an<br />

ökologischen Produkten auf dem Markt erhältlich. Nur am Rande besetzten<br />

Nischenanbieter dieses Marktsegment (Koller, 1994. S. 112ft). Im Bereich der<br />

Baustoffdeklaration sind mit der SIA Norm D093 Verbesserungen erreicht<br />

worden, eine obligatorische Baustoffdeklaration ist aber nicht in Sicht.<br />

Sek<strong>und</strong>ärbaustoffe werden heute kaum eingesetzt, es werden meist nur die<br />

gesetzlichen Bestimmungen erfüllt. Die Recyclingfähigkeit vieler Baustoffe ist<br />

noch nicht gegeben.<br />

Die StoV (Stoffverordnung) bildet die Gr<strong>und</strong>lage für die Verwendung von Bau·<br />

chemikalien. Es gilt das Prinzip der Vermeidung problematischer Stoffe, wo es<br />

nötig <strong>und</strong> sinnvoll ist. Althergebrachte umweltschädliche Produkte werden<br />

aber immer noch weiter verwendet (VOC, Formaldehyd). Das Wissen über die<br />

ökologischen Folgen vieler Bauchemikalien ist noch unvollständig, <strong>und</strong> das vorhandene<br />

naturwissenschaftliche Wissen entpuppt sich für viele Architektinnen<br />

<strong>und</strong> Planerinnen als schwer verständlich <strong>und</strong> interpretierbar.<br />

Dennoch sind zum Beispiel in der Zementindustrie Bestrebungen zu einer<br />

ökologischeren Zementherstellung erkennbar (weniger Energieeinsatz, andere<br />

Energieträger, Staubfilter usw.), welche aber vor allem wirtschaftlich begründet<br />

sind.<br />

5.1.2 Bewertung des Ist·Zustandes<br />

Die bestehenden Rahmenbedingungen liefern nur<br />

wenige Anreize, ökologisch zu bauen. Das Wissen<br />

über ökologische Anliegen ist in vielen Teilbereichen<br />

vorhanden oder in Erarbeitung, eine Umsetzung<br />

in grossem Stil fehlt jedoch noch weitgehend.<br />

Viele gute Ansätze <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen sind auf Gesetzesstufe<br />

bis jetzt erarbeitet worden.<br />

Koller (1994) kommt in seiner Studie «Ökologischer<br />

Branchenstrukturwandel in der Schweizer<br />

(Hoch)-Baubranche» zum Schluss, dass der Markt<br />

(Banken, Versicherungen, Bauherrschaft etc.) einen<br />

sehr geringen, die Öffentlichkeit (Medien, <strong>Umwelt</strong>schutzorganisationen,<br />

wissenschaftliche Institutionen)<br />

einen intermediären Einfluss hat, während die<br />

Politik (<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung, Umsetzung<br />

des Rechts) dominant ist. Der ökologische Branchenstrukturwandel<br />

ist vor allem politisch induziert. Die<br />

Baubranche scheint weit von einer ökologischen,<br />

langfristig tragfähigen Entwicklung entfernt. Um der<br />

Ökologie zum Durchbruch zu verhelfen, ist eine<br />

Aktivierung des Marktes <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />

unabdingbar. Die zukünftige Rolle der Politik sollte<br />

daher vermehrt auf einer Stärkung der bislang vernac:hlässigten<br />

Bereiche Markt <strong>und</strong> Öffentlichkeit<br />

ausgerichtet werden. Dabei hat eine Forcierung des<br />

marktwirtschaftlichen Druckes im Vordergr<strong>und</strong> zu<br />

stehen.<br />

Daneben ist die Bedeutungslosigkeit der Akteure<br />

auf der Stufe Nutzung/Betrieb ein entscheidender<br />

<strong>und</strong> branchentypischer Faktor. Diese Stufe ist ohne<br />

massgebenden Einfluss, weder der Markt noch die<br />

Politik oder Öffentlichkeit prägen das Verhalten der<br />

EntscheidungsträgerInnen auf der Stufe Nutzung<br />

<strong>und</strong> Betrieb, obwohl diese eigentliche Schlüsselgrössen<br />

darstellen dürften.<br />

5.2 «Ökoplus»·Szenario - der ideale<br />

Rahmen zum ökologischen <strong>Bauen</strong><br />

5.2.1 Vision <strong>und</strong> Bedingungen im «Ökoplus»<br />

Der Entwurf des «Ökoplus»-Szenarios soll den maximal<br />

möglichen Spielraum der Rahmenbedingungen<br />

ausloten. Als Kriterien für dieses Szenario werden<br />

folgende Bedingungen gesetzt:<br />

G Nachhaltigkeit der materiellen Güter (nach Baccini<br />

G<br />

& Bader, 1994).<br />

Die Nutzungsrate von erneuerbaren Ressourcen<br />

darf deren Regenerationsrate nicht übersteigen.<br />

.. Die Nutzungsrate sich erschöpfender Rohstoffe<br />

darf die Rate des Aufbaus substituierender Rohstoffquellen<br />

nicht übersteigen.<br />

G Die Schadstoffemissionen dürfen die Kapazität<br />

des Schadstoffabbaus <strong>durch</strong> die <strong>Umwelt</strong> nicht<br />

übersteigen.<br />

.. <strong>Umwelt</strong>bewusste Gesellschaft.<br />

• Gewährleistung menschlicher, d.h. körperlicher,<br />

seelischer <strong>und</strong> geistiger Gr<strong>und</strong>bedürfnisse.<br />

In den Teilprojekten wurde untersucht, wie sich<br />

die Rahmenbedingungen unter diesen Kriterien<br />

verhalten müssten.<br />

Nachfolgend findet sich eine Ideenskizze, welche<br />

Rahmenbedingungen eine


________________________________________Rahmenbedingungen<br />

5.2.2 Rahmellbedingungen im «Ökoplus>I·Szenario<br />

Kategorie Rahmenbedingllng Beschreibnng<br />

Wissen Angewandtes ökologisches Wissen der In der Ausbildung werden ökologische Aspekte integral in Vorlesungen <strong>und</strong><br />

Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen<br />

Projektvorgaben einbezogen. Durch eine Weiterbildungso(fensive des Staates<br />

<strong>und</strong> der Verbände (SIA, SBV, STV, usw.) hat das angewandte ökologische Wissen<br />

in der Baubranche massiv zugenommen. Anwenderfre<strong>und</strong>liche objekt· <strong>und</strong> pro·<br />

zessbezogene Hilfsmittel <strong>und</strong> die erlassene Deklarationspflicht für Baustoffe<br />

vergrössern die Möglichkeiten der Beschäftigten in der Baubranche. Die Verbände<br />

behalten ihre ökologische Leaderrolle bei, die sie insbesondere mit öko·<br />

logisch verbindlichen Normen, der Weiterbildungsoffensive <strong>und</strong> der grossen<br />

Unterstützung der marktwirtschaftlichen Instrumente in der <strong>Umwelt</strong>schutz·<br />

gesetzgebung übernommen haben.<br />

Angewandtes ökologisches Wissen der<br />

Bauherren<br />

Integration <strong>und</strong> Koordination von<br />

ökologischen Anliegen<br />

Das angewandte ökologische Wissen ist, unterstützt <strong>durch</strong> das grosse Wissen<br />

der Baubranche <strong>und</strong> der Tatsache, dass ökologisches <strong>Bauen</strong> auch billiger ist,<br />

auch bei den Bauherren sehr stark gestiegen. Insbesondere hat das ökologische<br />

Wissen bei den Immobilienfirmen stark zugenommen.<br />

Ökologische Anliegen werden mit prajektorientiertem Management bereits früh<br />

in die Planung einbezogen <strong>und</strong> erhalten so ein viel grösseres Gewicht.<br />

Recht Lenkungsabgaben Die Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren Energieträgern sind so hoch be·<br />

messen, dass der Verbrauch auf ein nachhaltigkeitsfähiges Mass gesunken ist.<br />

Bau, <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung<br />

Grossräumige Raumplanung<br />

<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

Die Bau· <strong>und</strong> Planungsgesetze orientieren sich an den Idealen «Entwicklung<br />

nach Innen» <strong>und</strong> «Urbane Lebensqualität» (grosser Grünraumanteil in der Stadt,<br />

beruhigte Quartierstrassen, Schaffung von Lebensqualität <strong>durch</strong> Mischung der<br />

Nutzungen <strong>und</strong> der Bevölkerungsgruppen etc.). Innerhalb dieser Ideale werden<br />

mehr Freiheiten gewährt. Durch eine erhöhte Dialogbereitschaft werden Lösun·<br />

gen unter Einbezug aller Interessengruppen erarbeitet.<br />

Die geordnete Besiedlung des Landes erfolgt <strong>durch</strong> eine «Entwicklung nach<br />

Innen». Der Siedlungsraum ist qualitativ so aufgewertet, dass der Druck auf die<br />

nicht überbaute Landschaft gering ist. Richtpläne müssen einer UVP unterzogen<br />

werden.<br />

Das Verursacherprinzip <strong>und</strong> die Vermeidung an der Quelle werden konsequent<br />

<strong>durch</strong>gesetzt. Die <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung arbeitet vor allem mit markt·<br />

wirtschaftlichen Instrumenten (Lenkungsabgaben auf Energie <strong>und</strong> VOC, vor·<br />

gezogene Entsorgungs·, Deponie· <strong>und</strong> Altlastengebühren). Der Rechtsvollzug<br />

in den Kantonen ist harmonisiert <strong>und</strong> konsequent. Zukünftige Altlasten <strong>und</strong><br />

Endlagerdeponien werden vermieden, der Vollzug wird strikter <strong>und</strong> konse·<br />

quenter. Die UVP umfasst bei Bauprojekten auch eine Sozial· <strong>und</strong> Standort·<br />

verträglichkeitsprüfung.<br />

Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Planungszeiten sind wegen der Fähigkeit <strong>und</strong> dem Willen zum Dialog kurz.<br />

Vorgezogene Entsorgungsgebühren <strong>und</strong> Lenkungsabgaben lassen ökologische,<br />

rückbau' <strong>und</strong> umnutzungsgerechte Bauweisen rentabler werden. Dank der Lei·<br />

stungshonorierung von Architektlnnen werden nicht mehr möglichst teure <strong>und</strong><br />

materialintensive, sondern möglichst schlanke, einfache, materialschonende<br />

<strong>und</strong> kostenoptimierte Gebäude erstellt.<br />

Rentabilität<br />

Kapital<br />

Die Rentabilität einer ökologischen Bauweise ist grösser, da die Baukosten<br />

wegen Lenkungsabgaben, vorgezogenen Deponiegebühren <strong>und</strong> weiteren tiefer<br />

sind.<br />

Banken werden bei der Kreditvergabe ökologische Anliegen mitberücksichtigen.<br />

Da die Rentabilität einer ökologischeren Bauweise grösser ist, werden die<br />

Banken bereit sein, solche Projekte zu unterstützen.<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> Politik Dialogfähigkeit Der Wille <strong>und</strong> die Fähigkeit zum Dialog sind vorhanden. Organisationsstruk·<br />

turen <strong>und</strong> ·abläufe, z.B. projektorientiertes Qualitätsmanagement, ermöglichen<br />

einen wirkungsvollen Dialog aller Beteiligten.<br />

Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

Lebensstil<br />

Das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein ist in der ganzen Gesellschaft grass. Die Einsicht, dass<br />

nur globale Nachhaltigkeit die Zukunft der kommenden Generationen sichert,<br />

prägt das Handeln im Alltag.<br />

Die Integration ihs Umfeld <strong>und</strong> damit die Identifikation mit dem Quartier ist<br />

grass, nicht zuletzt dank einer Stadtplanung, die wertvollen <strong>und</strong> einladenden<br />

Lebensraum schafft. Gemischte Nutzungen halten die (Berufs)-Mobilität klein.<br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Aufnahme verschiedener Gruppen <strong>und</strong> Wohnformen <strong>und</strong> gesicherte<br />

Freiräume fördern das allgemeine <strong>und</strong> persönliche Wohlbefinden.<br />

Fortsetzung der «Rabmellbedingllngen im


Rahmenbedingungen'<br />

_<br />

Schluss der «Rahmellhedillglllllgell im 'Ökoplus>-Szellario»<br />

Kategorie Rahmenhedingullg Beschreibung<br />

Technik Energietechnik Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren Energieträgern bewirken eine sehr<br />

grosse Effizienz der Energienutzung. Die Nutzung erneuerbarer Energien ist<br />

wirtschaftlich geworden, auf die Subventionierung kann verzichtet werden.<br />

Massnahmen wie die individuelle Heizkostenabrechnung erlauben Energiesparen<br />

auf individueller Ebene.<br />

Baumaterialien<br />

Für Baustoffe existiert eine Deklarationspflicht. Durch die hohen Entsorgungskosten<br />

<strong>und</strong> vorgezogenen Entsorgungsgebühren werden, wo immer möglich,<br />

recyclierbare oder zumindest unschädlich vernichtbare Materialien verwendet.<br />

Sek<strong>und</strong>ärbaustoffe werden optimal eingesetzt <strong>und</strong> problematische Stoffe<br />

(Formaldehyd, PCV, FCKW, etc.) vermieden.<br />

6. Verknüpfung der<br />

Rahmenbedingungen<br />

6.1 Einleitung<br />

Die berücksichtigten Rahmenbedingungen wurden<br />

mittels einer Relevanzmatrix zueinander in Beziehung<br />

gebracht. Die Interpretation erfolgte in graphischer<br />

Form über ein System-Grid (nähere Beschreibung<br />

siehe Abschnitt 6.3). Die Verknüpfung de'r<br />

Rahmenbedingungen ist ein wesentlicher<br />

Teil unserer Arbeit gewesen,<br />

da sie uns ermöglicht hat, die beeinflussenden<br />

oder beeinflussbaren Rahmenbedingungen<br />

zu bestimmen.<br />

6.2 Relevanzmatrix<br />

Die Erstellung einer Relevanzmatrix<br />

erlaubte uns, die Beziehungen zwischen<br />

den Rahmenbedingungen graphisch<br />

auszuwerten. Zur möglichst<br />

differenzierten Bestimmung der einzelnen<br />

Einflussstärken wurde die<br />

Matrix von drei verschiedenen Gruppen<br />

ausgefüllt <strong>und</strong> ihre Ergebnisse<br />

anschliessend zusammengetragen.<br />

Dabei wurden übereinstimmende<br />

Werte direkt übernommen <strong>und</strong> die<br />

Differenzen diskutiert <strong>und</strong> angeglichen.<br />

Die endgültige Version ist in<br />

Abbildung 6.2 dargestellt.<br />

Das Erstellen einer Einflussmatrix<br />

ist eine Möglichkeit, ein System<br />

Über die verschiedenen Einflussfaktoren<br />

zu beschreiben. Einflussfaktoren<br />

sind die Steuerungsgrössen, die<br />

das System zu jedem Zeitpunkt<br />

definieren (Rahmenbedingungen).<br />

Baukosten<br />

Kapital<br />

In der Einflussmatrix wird der Einfluss der einzelnen<br />

Rahmenbedingungen aufeinander dargestellt.<br />

In dieser Matrix erscheint jede Rahmenbedingung<br />

sowohl als Zeilen- wie auch als<br />

Spaltenelement. Der Einfluss jeder Zeilengrösse<br />

auf die Spaltengrössen wird folgendermassen bewertet:<br />

o= kein Einfluss<br />

1 = geringer Einfluss<br />

2 = starker Einfluss<br />

3 = sehr starker Einfluss<br />

Abb. 6.2 Einflussmatrix (Relevanzmatrix).<br />

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______________________________________Rahmenbedingungen<br />

Beispiel: Die Rahmenbedingung Baumaterialien<br />

hat einen sehr starken Einfluss auf die Rahmenbedingung<br />

Baukosten (Einflussstärke 3), hingegen<br />

kaum einen Einfluss auf die Rahmenbedingung<br />

Dialogfähigkeit (Einflussstärke0).<br />

Es werden nur direkte Einflüsse betrachtet, indirekte<br />

werden ausdrücklich ausgeschieden.<br />

Die Relevanzmatrix ermöglicht das Berechnen<br />

einer Spalten- <strong>und</strong> Zeilensumme für jede Rahmenbedingung.<br />

Die Zeilensumme ist ein Mass für die<br />

Aktivität einer Rahmenbedingung, d.h. sie entspricht<br />

dem gesamten Einfluss einer Rahmenbedingung<br />

auf alle anderen.<br />

Die Spaltensumme ergibt das Total der Beeinflussung<br />

<strong>durch</strong> die anderen, welche als Passivität bezeichnet<br />

wird (vgl. Scholz et al., 1995, S. 154-160,<br />

Zürich: vdf).<br />

6.3 System·Grid<br />

Ein System-Grid ist eille graphische Darstellungsform<br />

der Einflussmatrix. Es wird ein <strong>durch</strong> die<br />

Achsen Aktivität <strong>und</strong> Passivität definiertes Koordinatensystem<br />

erstellt. Die Rahmenbedingungen<br />

werden anhand ihrer Zeilen- <strong>und</strong> Spaltensummen<br />

als Koordinaten eingezeichnet. Durch den Punkt x<br />

mit den Koordinaten (x, x) wird ein Fadenkreuz<br />

gelegt, das das System-Grid in die vier Bereiche<br />

aktiv, passiv, puffernd <strong>und</strong> ambivalent unterteilt,<br />

wobei x = Gesamtaktivität plus Gesamtpassivität<br />

dividiert <strong>durch</strong> die Anzahl der Rahmenbedingungen.<br />

Diese Vierteilung des Koordinatensystems ermöglicht<br />

die Zuteilung der Rahmenbedingungen in die<br />

vier Sektoren mit folgender Bedeutung:<br />

aktiv: Wenig beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />

nit grossem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />

passiv: Stark beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />

mit geringem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />

ambivalent: Stark beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />

mit grossem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />

puffernd: Wenig beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />

mit geringem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />

(vgl. Scholz et al, 1995, S. 154-160, Zürich: vdf).<br />

Das Ergebnis dieser graphischen Auswertung ist<br />

im System-Grid der Abbildung 6.3 dargestellt.<br />

Resultat des erstellten System·Grids:<br />

Als besonders aktiv können die Rahmenbedingungen<br />

«Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein», «<strong>Umwelt</strong>schutzgesetze»<br />

sowie das «Kapital» angesehen werden.<br />

Passiv können die «Baukosten», die «Rentabilität»,<br />

das «Ökologische Wissen der Bauherren», die «Baumaterialien»<br />

sowie der «Lebensstil» genannt werden.<br />

Puffernd sind die «GrossräumigeRaumplanung»,<br />

die «Baugesetze», die «Energietechnik», die<br />


Rahmenbedingungen --'- _<br />

schiedenen Bewertungsvorschläge der Beziehungen<br />

<strong>und</strong> das Diskutieren der Diskrepanzen erhalten die<br />

Beteiligten ein einheitliches Bild des Systems,<br />

wo<strong>durch</strong> eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage für das Weiterarbeiten<br />

mit den Rahmenbedingungen geschaffen<br />

wird.<br />

Durch das Ausserachtlassen von indirekten Einflüssen<br />

wird einerseits das System vereinfacht, andererseits<br />

gehen gewisse Informationen verloren.<br />

Zudem stellt das absichtliche Ausklammern der indirekten<br />

Beziehungen ein Problem dar, da oft erst<br />

nach langer Diskussion festgelegt werden kann, ob<br />

ein bestimmter Einfluss direkt oder indirekt ist.<br />

System-Grid<br />

Das System-Grid stellt eine Möglichkeit dar, die<br />

Relevanzmatrix graphisch zu interpretieren. Dies<br />

erleichtert das Lesen der Beeinflussungsstärke einer<br />

Rahmenbedingung auf das System wesentlich. Die<br />

ersichtlichen Resultate dienten als Basis zur Erstellung<br />

des EDV-Modells, das die Modellierung verschiedener<br />

Szenarien ermöglichen soll. Die Grössen<br />

«Kapital», «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» <strong>und</strong><br />

«<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung» sind diejenigen Faktoren,<br />

die den Prozess am meisten beeinflussen.<br />

Mit fortschreitendem Testen der verschiedenen<br />

Szenarien <strong>und</strong> ihrer Steuerung <strong>durch</strong> die einzelnen<br />

Rahrnenbedingungen im Modell wurden die Beziehungen<br />

den tatsächlichen Anforderungen angepasst.<br />

Aussagen über die Richtigkeit dieser Beziehungen<br />

werden erst am Ende der ModelIierung machbar<br />

sein.<br />

7. Soft·Modellierung des Systems<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />

7.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur<br />

Methodik der Systemdynamik<br />

«Mental-Models» bestimmen Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse<br />

in einem oft unterschätzten Ausmass.<br />

In inter- bzw. transdisziplinären Forschungs<strong>und</strong><br />

Entwicklungsprojekten muss davon ausgegangen<br />

werden, dass von den verschiedenen am Projekt<br />

beteiligten Personen unterschiedliche, sich zum<br />

Teil gar widersprechende «Mental-Models» in den<br />

Arbeitsprozess eingebracht werden. Es stellt sich die<br />

Frage, inwieweit diese verschiedenen Modellvorstellungen<br />

heute transparent gemacht, d.h. kommuniziert<br />

<strong>und</strong> bewertet werden.<br />

Oft scheitert das Vermitteln <strong>und</strong> Diskutieren die!<br />

ser Modellvorstellungen am Fehlen einer gemeinsamen<br />

Sprache. «System Dynamik» <strong>und</strong> die darauf<br />

basierenden Modellbildungs~ <strong>und</strong> Siinulationsmethoden<br />

könnten einen Beitrag leisten, dieses für<br />

Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse bedeutende<br />

Problem zu lösen. Im Vordergr<strong>und</strong> des systemdynamisehen<br />

Arbeitens liegt die Betrachtung der<br />

Systemstruktur, weil diese das Verhalten des<br />

Systems in entscheidendem Mass bestimmt. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

können dabei «Hard-Systems» oder auch<br />

«Soft-Systems» bearbeitet werden.<br />

«System Dynamik» bietet eine auf die funktionelle<br />

Betrachtung von Systemen ausgerichtete<br />

«Einheitssprache». Systeme werden mit Hilfe der<br />

Modellbausteine «Speicher», «Flüsse» <strong>und</strong> «Steuerparameter»<br />

sowie der zwischen diesen Bausteinen<br />

existierenden Funktionsbeziehungen dargestellt<br />

<strong>und</strong> definiert. Systeme werden auf diese Weise nicht<br />

länger von aussen (im Sinne einer Grey- oder Black<br />

box) betrachtet. D)ese als ModelIierung bezeichnete<br />

Methodik ermöglicht es, eigene Modellvorstellungen<br />

funktionell <strong>und</strong> für andere GesprächspartnerInnen<br />

verständlich darzustellen. Selbstverständlich<br />

können auch neue Modellvorstellungen <strong>und</strong> -konzepte<br />

auf diese Weise entwickelt werden. Der grosse<br />

Vorteil dieser Art, Modelle zu beschreiben, liegt<br />

im funktionalen Ansatz. Er zwingt die am transdisziplinären<br />

Forschungs- oder Entwicklungsprozess<br />

beteiligten Personen, ihre Systemvorstellungen in<br />

einer für alle verständlichen «Modellierungsspraehe»<br />

darzustellen <strong>und</strong> zu erläutern. Fachbegriffe<br />

werden auf diese Weise für fachfremde Personen mit<br />

Inhalt <strong>und</strong> Funktion gefüllt. Die weiterführende<br />

Arbeitsmethode der Simulation bietet weitere interessante<br />

Aspekte: Die dynamischen Konsequenzen<br />

von Modellvorstellungen können dargestellt <strong>und</strong><br />

bewertet werden. Interessant scheint der Einsatz<br />

196<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________Rahmenbedingungen<br />

von Modellbildung <strong>und</strong> Simulation als Moderationsinstrument.<br />

7.2 Entwicklung des Soft-Modells «<strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />

Die ModelIierung des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />

erfolgte mit dem Programm Stella n. Dieses stellt<br />

eine benutzerfre<strong>und</strong>liche Oberfläche für die systemdynamische<br />

Bearbeitung von Fragestellungen zur<br />

Verfügung (siehe Kasten 7.2).<br />

Mit Hilfe dieses Programmes sollte in dieser<br />

<strong>Fallstudie</strong> die zeitliche Veränderung der Rahmenbedingungen<br />

aufgezeigt <strong>und</strong> Möglichkeiten des<br />

steuernden Eingreifens im Hinblick auf das ökologische<br />

<strong>Bauen</strong> sichtbar gemacht werden. Die<br />

Modellbildung <strong>und</strong> Simulation ermöglichte es, Ent­<br />

Nicklungstendenzen abzuschätzen <strong>und</strong> den Handlungsbedarf,<br />

respektive die Handlungsmöglichkeiten<br />

auf dem Weg zum ökologischen Erstellen von<br />

Bauten aufzuzeigen.<br />

Die Entwicklung des Modells des Systems «<strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» erfolgte in zwei Phasen:<br />

'" In der ersten Phase wurde im Teilprojekt «Bilanzierung<br />

<strong>und</strong> ModelIierung» die Grobstruktur des<br />

Modells «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» erstellt. Wichtige<br />

Erkenntnisse aus der Relevanzmatrix <strong>und</strong> dem<br />

daraus abgeleiteten System-Grid wurden bereits in<br />

dieser Phase im Modell berücksichtigt.<br />

e In der zweiten Phase wurde diese Grobstruktur von<br />

der Synthesegruppe überarbeitet <strong>und</strong> verfeinert.<br />

Dazu wurden zuerst die einzelnen Module in<br />

Gruppen (zusammengesetzt aus den jeweiligen<br />

Teilprojekt-Spezialisten) diskutiert <strong>und</strong> überarbeitet:<br />

Weitere Verkriüpfungen wurden ergänzt, andere<br />

eher unwichtige Beziehungen zugunsten einer<br />

besseren Übersicht weggelassen. Die einzelnen<br />

Beziehungen im Modul wurden quantitativ so<br />

gewichtet, dass das Modul an sich einigermassen<br />

realistische Werte rechnete. Nachdem jedes Modul<br />

überarbeitet <strong>und</strong> geeicht war, wurden die einzelnen<br />

Module miteinander verknüpft. Das so entstandene<br />

System musste nun nochmals so angepasst<br />

werden, dass sich dessen Variablen in einem<br />

sinnvollen Bereich bewegten. Alle Modellgrössen<br />

werden in relativen Modelleinheiten dargestellt.<br />

7.3 Erläuterungen zum Modellaufbau<br />

7.3.1 Die Module im Überblick<br />

Eine detaillierte Beschreibung der gesamten<br />

Modellstruktur würde den Rahmen dieser Arbeit<br />

sprengen. Die Vorstellung des Modelles beschränkt<br />

sich daher auf eine zusammenfassende Darstellung<br />

der verschiedenen Modellmodule (s. dazu Tabelle<br />

7.3.1, nächste Seiteh Zusätzlich wird das Modul<br />

«<strong>Umwelt</strong>wissen» exemplarisch im Detail vorgestellt.<br />

Kasten 7.2 Das Programm Stella JI.<br />

Exemplarische<br />

Beschreibung des Moduls<br />

<strong>Umwelt</strong>wissen<br />

Die zentralen Grössen des<br />

Moduls «<strong>Umwelt</strong>wissen»<br />

sind das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»<br />

<strong>und</strong> das<br />

«anwendbare Wissen».<br />

Das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»<br />

wird<br />

<strong>durch</strong> fünf Faktoren beeinflusst:<br />

l.Je höher der Anteil an<br />

anwendbarem Wissen<br />

ist, desto stärker nimmt<br />

das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

zu.<br />

2.Ebenso sorgt das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

in der<br />

Bevölkerung selbst dafür,<br />

dass es vor allem<br />

bei geringer Ausprägung<br />

aufgr<strong>und</strong> von Multiplikatoreffekten<br />

zunimmt.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

197


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

Modul l!escllreillunl: Zentrale Grössen<br />

Bautechnik<br />

<strong>Umwelt</strong>wissen<br />

Energie<br />

Ökonomie<br />

Recht & Politik<br />

<strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

(Ausgabe-Modul)<br />

Das Modul «Bautechnik» stellt die Zusammenhänge zwischen<br />

dem technisch-ökologischen Wissen als Input <strong>und</strong> dem Baupreis<br />

sowie diversen ökologischen Parametern als Output dar.<br />

Das Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen» stellt die Zusammenhänge zwischen<br />

«Allgemeinem <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» <strong>und</strong> «anwendbarem<br />

Wissen» dar (Siehe Abb. 7.3.1).<br />

Als zentrale Output-Grössen werden in diesem Modul der Verbrauch<br />

von erneuerbarer sowie von nicht erneuerbarer Energie<br />

berechnet.<br />

Im Modul «Ökonomie» werden die wirtschaftlichen <strong>und</strong> finanziellen<br />

Aspekte im Bauprozess betrachtet.<br />

Das Modul «Recht & Politik» versucht, die Wirkungskette «Politik<br />

- <strong>Umwelt</strong>relevantes Recht - Vollzug» miteinander in Beziehung<br />

zu setzen.<br />

Im Modul «<strong>Umwelt</strong>auswirkungen» wird das zentrale Ausgabemodul<br />

des Modells berechnet. Es wurde versucht, typische Indikatorwerte<br />

für ökologisches <strong>Bauen</strong> aus den verschiedenen<br />

Modulen zusammenzustellen.<br />

Input: Technisch-ökologisches Wissen<br />

Output: Baupreis<br />

Input: Erfahrungswissen, Forschung, Brutto-Inland-Produkt<br />

(BIP), Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas, Information usw.<br />

Output: Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein, Anwendbares <strong>Umwelt</strong>wissen<br />

Input: Energiepreise, finanzielle Steuerungsinstrumente,<br />

Stand der Technik, allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

Output: Verbrauch von nicht erneuerbaren <strong>und</strong> erneuerbaren<br />

Energien<br />

Input: Bruttoinlandprodukt, Baupreis, Bodenpreise, Nutzfläche,<br />

Beitrag externer Kosten usw.<br />

Output: Ertrag<br />

Input: BIP, Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein, Anwendbares <strong>Umwelt</strong>wissen,<br />

Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas<br />

Output: <strong>Umwelt</strong>relevantes Recht, Vollzug, Information,<br />

Anreize, Lenkungsabgaben<br />

Input: Verteilungsschlüssel (Verhältnis von erneuerbaren zu<br />

nicht erneuerbaren Energien), ökologische Materialauswahl,<br />

Gesamtenergieverbrauch pro überbaute Fläche<br />

Output: Ökologie beim <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Betrieb als Indikator<br />

Tab. 7.3.1 Die einzelnen Module im Überblick.<br />

3.Je höher das BIP (als Indikator der Konjunkturlage)<br />

ist, umso besser geht es der Bevölkerung wirtschaftlich<br />

<strong>und</strong>umso eher beschäftigt sie sich mit<br />

der <strong>Umwelt</strong>problematik.<br />

Neue<br />

Forschungsprojekte<br />

Information<br />

Rückkopplung<br />

I---~--.p~<br />

......- ......----<br />

Abb. 7.3.1 Das Modul .<strong>Umwelt</strong>wissen» in der Darsteffung von SIe/la (die Bedeutungen der<br />

verschiedenen Symbole werden im Kasten 7.2 erläutert).<br />

4. Die erwähnten Einflussgrössen können völlig<br />

nebensächlich werden bei bestimmten Ereignissen,<br />

wie z.B. bei Ausbruch eines Krieges. Solche<br />

Einflüsse werden über den Faktor «Stellenwert<br />

des <strong>Umwelt</strong>themas» berücksichtigt.<br />

Einflüsse, die den «Stellenwert des<br />

<strong>Umwelt</strong>themas» positiv beeinflussen,<br />

sind ebenfalls denkbar.<br />

S.Auch die Information, welche über<br />

Medienberichte <strong>und</strong> Informationskampagnen<br />

vermittelt wird, trägt zu<br />

einem verstärkten <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

bei.<br />

Das «anwendbare Wissen» wird aus<br />

verschiedenen Quellen generiert:<br />

1. Einerseits aus dem Erfahrungswissen,<br />

welches von Generation zu Generation<br />

weitergegeben wird, andererseits<br />

aus dem Forschungswissen.<br />

2. Das Lancieren von Forschungsprojekten<br />

hängt seinerseits wieder von<br />

der Wirtschaftslage (BIP), vom «anwendbaren<br />

Wissen» selber <strong>und</strong> vom<br />

«allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» ab.<br />

3. Das bereits vorhandene Wissen kann<br />

auch wieder vergessen <strong>und</strong> daher<br />

nicht mehr angewendet werden.<br />

Zur Illustration wird in der Abbildung<br />

7.3.1 das Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen» graphisch<br />

dargestellt.<br />

198 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


----------------------------- Rahmenbedingungen<br />

7.3.2 Vernetzung unter den Modulen<br />

Die Module wurden wie folgt miteinander verknüpft:<br />

Abb. 7.3.2: Schematische Darstellung der Verknüpfungen der Module im<br />

il1adel! untereinander.<br />

gen verstanden. Sie sind abhängig vom Vollzug<br />

<strong>und</strong> vom umweltrelevanten Recht <strong>und</strong> werden im<br />

Modul «Recht & Politik» erzeugt. Sie beeinflussen<br />

alle Module ausser dem Modul «Ökonomie".<br />

7.Gleich wie die «Anreize» sind auch die<br />

«Lenkungsabgaben» aufgebaut, das heisst,<br />

sie hängen von den gleichen Grössen ab.<br />

Sie beeinflussen allerdings nur gerade<br />

das Energiemodul.<br />

8.Die «Nutzfläche» hängt direkt von der<br />

Nutzungsziffer <strong>und</strong> der Arealfläche ab<br />

<strong>und</strong> wird im Modul «Ökonomie" erzeugt.<br />

Sie beeinflusst das Modul «Energie".<br />

9.Die «Änderung des Durchschnittsverbrauchs»<br />

wird im Modul «Bautechnik" modelliert<br />

<strong>und</strong> hängt einzig von der ökologischen<br />

Materialauswahl ab. Sie beeinflusst eben"<br />

falls das Modul «Energie".<br />

lO.Die «Information» hängt vom «Vollzug» ab<br />

<strong>und</strong> wird im Modul «Recht & Politik»<br />

erzeugt. Sie beeinflusst das «<strong>Umwelt</strong>­<br />

WIssen".<br />

Die Vernetzung erfolgte über 9 Grössen (Abb. 7.3.2):<br />

l.Das «Bruttoinlandprodukt» ist eine Inputgrösse,<br />

die frei verändert werden kann <strong>und</strong> von der Zeit<br />

abhängt. Es hat direkte Einflüsse auf die Module<br />

«Ökonomie", «<strong>Umwelt</strong>wissen" <strong>und</strong> «Recht &<br />

Politik».<br />

2.Der «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas» ist eine Grösse,<br />

die anzeigt, wie stark sich die Bevölkerung mit<br />

der <strong>Umwelt</strong>problematik beschäftigt. Sie kommt<br />

vor in den Modulen «<strong>Umwelt</strong>wissen" <strong>und</strong> «Recht<br />

& Politik" <strong>und</strong> ist eine frei veränderbare, von der<br />

Zeit abhängige Inputgrösse.<br />

3.Das «allgemeine Umwe!tbewusstsein» ist abhängig<br />

vom «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas», vom BIP <strong>und</strong><br />

vom «anwendbaren Umwe!twissen» <strong>und</strong> wird im<br />

Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen" modelliert. Es beeinflusst<br />

alle Module ausser das Modul «Ökonomie"<br />

<strong>und</strong> ist deshalb eine zentrale Grösse im gesamten<br />

Modell.<br />

4.Das «anwendbare <strong>Umwelt</strong>wissen» wird direkt<br />

beeinflusst <strong>durch</strong> die Forschung <strong>und</strong> das Erfahrungswissen<br />

<strong>und</strong> wird im Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen»<br />

modelliert. Durch diese Grösse werden die<br />

Module «Recht & Politik» sowie «Bautechnik"<br />

verändert.<br />

S.Der «Vollzug» ist abhängig von der Art der Politik<br />

<strong>und</strong> dem relevanten <strong>Umwelt</strong>recht. Er hat einen<br />

Einfluss auf das Modul «Ökonomie" <strong>und</strong> wird im<br />

Modul «Recht & Politik" modelliert.<br />

6.Unter «Anreizen» werden im besprochenen Modell<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich subventionsähnliche Zahlun-<br />

7.4 Sensitivitätsanalyse<br />

Bei der Sensitivitätsanalyse wird der Einfluss einzelner<br />

Grössen des Modells auf Veränderung anderer<br />

Grössen untersucht. Eine umfassende Sensitivitätsanalyse<br />

wurde für das Modell in der vorliegenden<br />

Form nicht vorgenommen. Die AutorInnen sind sich<br />

bewusst, dass ihr Modell etliche Ansatzpunkte zu<br />

Kritik bietet. Insbesondere die Verknüpfungen der<br />

einzelnen Modellvariablen <strong>und</strong> -parameter haben<br />

stark intuitiven Charakter. Sie sind nur teilweise in<br />

wissenschaftlichen Daten begründet.<br />

Weiter soll darauf hingewiesen werden, dass alle<br />

folgenden Ergebnisse rein qualitativen Charakter<br />

haben <strong>und</strong> die Darstellung der Resultate in relativen<br />

Modelleinheiten erfolgt.<br />

Im folgenden werden einige Abhängigkeiten innerhalb<br />

eines einzelnen Moduls, bzw. im gesamten<br />

System visualisiert. Auch wenn dies nicht als Gesetz<br />

für eine vollständige Sensitivitätsanalyse betrachtet<br />

werden darf, wird aus den Beispielen die Systemdynamik<br />

zumindest teilweise ersichtlich.<br />

7.4.1 Betrachtung eines abgekoppelten Systemteils<br />

am Beispiel des Moduls Energie<br />

Untersucht wird exemplarisch die Sensitivität einer<br />

einzigen Systemgrösse, nämlich des Verbrauchs von<br />

erneuerbarer Energie, bezüglich Veränderungen anderer<br />

modulinterner GrÖssen. Das Modul «Energie"<br />

wird dazu vom restlichen Modell entkoppelt <strong>und</strong><br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

199


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

isoliert betrachtet. Die Fragestellung lautet nun:<br />

Wie wird die ausgewählte Kenngrösse «erneuerbare<br />

Energie» beeinflusst <strong>durch</strong>:<br />

8 das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»,<br />

8 Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren<br />

Energieträgern,<br />

8 den Ressourcenpreis erneuerbarer Energie.<br />

Die drei Grössen werden während der einzelnen<br />

Simulations<strong>durch</strong>gänge konstant gehalten, in fünf<br />

aufeinanderfolgenden Durchgängen jedoch schrittweise<br />

<strong>und</strong> gleichmässig vom Minimal- auf den Maximalwert<br />

erhöht. Zu bemerken ist, dass die hier <strong>und</strong><br />

im folgenden angesprochenen Minimal- <strong>und</strong> Maximalwerte<br />

den für den entsprechenden Parameter<br />

systembedingt festgelegten Unter- <strong>und</strong> Obergrenzen<br />

gleichzusetzen sind. «Minimal» ist dabei im qualitativen<br />

Sinne als «fehlend», «gering», «klein» oder<br />

«unbedeutend», «Maximal» als «gross» oder «bedeutend»<br />

zu verstehen.<br />

Einfluss des «allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins»<br />

auf den Verbrauch erfteuerbarer Energien<br />

Zunächst wurde der Einfluss des «allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins»<br />

auf den Verbrauch erneuerbarer<br />

Energien untersucht. Die Grafik (Abb. 7.4.1) zeigt<br />

die Entwicklung des Verbrauchs an erneuerbarer<br />

Energie bei unterschiedlichem Niveau des «allgemeinen<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstseins».<br />

Verbrauch<br />

erneuerbarer<br />

Energie in<br />

relativen<br />

Modelleinheiten<br />

0.00<br />

7.50<br />

15.00<br />

Effekt des Energiesparens bzw. -verschwendens als<br />

Folge des hohen bzw. tiefen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />

überhand.<br />

Einfluss einer Lenlumgsabgabe auf den Verbrauch<br />

erneuerbarer Energien<br />

Die Lenkungsabgabe hat eine schnellere Substitution<br />

des Verbrauchs fossiler <strong>durch</strong> erneuerbare<br />

Energie zur Folge. Fehlt eine Lenkungsabgabe,<br />

erfolgt die Substitution erst spät <strong>und</strong> verzögert aufgr<strong>und</strong><br />

ökonomischer Effekte: Verteuerung der fossilen<br />

Energie <strong>und</strong> Verbilligung der erneuerbaren<br />

Energie (Durchbruch dank technischem Fortschritt<br />

<strong>und</strong> steigender Nachfrage).<br />

Schliesslich wurde die Frage gestellt nach dem<br />

Einfluss, den der Preis auf den Verbrauch erneuerbarer<br />

Energie hat. Dieser verändere sich dabei allein<br />

aufgr<strong>und</strong> ökonomischer Gesetzmässigkeiten vor.<br />

Angebot <strong>und</strong> Nachfrage. Bei tiefem Preisniveau der<br />

erneuerbaren Energie ist der Verbrauch hoch. Der<br />

Effekt der SubStitution tritt früher ein.<br />

fazit<br />

Die Modellsimulationen erlaubten Rückschlüsse auf<br />

die Sensitivität des Verbrauchs erneuerbarer Energie<br />

bezüglich der drei Einflussgrössen. Dabei fallen<br />

unter anderem folgende Punkte auf:<br />

• Unterschiedliches <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

führt nach einem<br />

Zeitraum der Grössenordnung<br />

von 30 Jahren zu einem Un­<br />

22.50<br />

Abb. 7.4.1 Verbrauch erneuerbarer Energie bei variierendem «allg; <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» (null bei 1, gross<br />

bei 5) während den nächsten 30Jahren.<br />

Kurve 1 entspricht dem «fehlenden» <strong>Umwelt</strong>bewusstsein,<br />

Kurve 5 dem «maximalen» <strong>Umwelt</strong>bewusstsein.<br />

Im Fall 1 tritt nach einigen Jahren die<br />

Substitution von fossiler <strong>durch</strong> erneuerbare Energie<br />

aus ökonomischen Gründen ein, was sich in einem<br />

Knick der Kurve äussert. Die Gesamttendenz des<br />

Energieverbrauchs ist stark steigend. Im Fall 5 (<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

gross) tritt der Substitutionseffekt<br />

früher <strong>und</strong> stärker ein (im Prinzip schon zur Zeit<br />

t = 0). Die generelle Zunahme verläuft dafür flacher.<br />

Bei allen Kurven dominiert in den ersten Jahren<br />

der Effekt der Substitution, im Verlauf nimmt der<br />

terschied im Verbrauch von<br />

50 Prozent,<br />

e die Höhe der Lenkungsabgabe<br />

zu einer Differenz VOl'<br />

etwa 30 Prozent <strong>und</strong><br />

• der Preis zu einem Unter-<br />

30.00 schied von 75 Prozent.<br />

Jahre<br />

Dieser Direktvergleich legt den<br />

Schluss nahe, dass der Verbrauch<br />

von erneuerbarer Energie<br />

im Modell vom Marktpreis<br />

am stärksten beeinflusst w'ird, weniger stark vom<br />

«allgemeinen Umwe!tbewusstsein» <strong>und</strong> kaum von einer<br />

Lenkungsabgabe. Dieses Verhalten entspricht der<br />

Gewichtung dieser Faktoren, wie sie im Modul<br />

«Energie» festgelegt wurden.<br />

7.4.2 Betrachtung der Bedeutung modulexterner<br />

Systemgrössen auf den Verbrauch erneuerbarer<br />

Energie als Beispiel<br />

Im zweiten Schritt wird nun der Einfluss von Variablen<br />

ausserhalb des oben untersuchten Moduls<br />

200 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________Rahmenbedingungen<br />

«Energie» betrachtet. Die Fragestellung<br />

lautet: Wie beein­<br />

. flussen<br />

e das BIP (Konjunkturlage),<br />

e der «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»<br />

(in der Gesellschaft)<br />

<strong>und</strong><br />

4» die . <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

(Verschärfung!Deregulierung)<br />

den «Verbrauch erneuerbarer<br />

Energie»? Erstmals werden<br />

nun die Kalkulationen des<br />

gesamten Modells miteinbezogen.<br />

Einzig die drei genannten<br />

Grässen werden dabei eine<br />

nach der anderen bei konstanren<br />

Werten festgehalten.<br />

Die Simulation zeigte, dass<br />

die Grässe «Verbrauch erneuerbarer<br />

Energien» ähnlich sensitiv<br />

auf Veränderungen bei<br />

der Konjunktur, dem «<strong>Umwelt</strong>-<br />

SteIlenwert» <strong>und</strong> in der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

reagiert.<br />

Was im ersten Augenblick erstaunt,<br />

ist bei näherer Betrachtung<br />

der Modellstrukturen<br />

erklärbar. Die drei betrachteten<br />

Grässen wirken nämlich auf<br />

ähnlichen Wegen auf den «Verbrauch<br />

erneuerbarer Energien»<br />

eIn:<br />

• BIP <strong>und</strong> «<strong>Umwelt</strong>-Stellenwert»<br />

wirken beide über die Grässe<br />

·· ..····...·····..·····················T·· :<br />

Sensitivitätsanaly e: :<br />

...y~r~r:t


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

wirken wie erwähnt beide Variablen auf das «Allgemeine<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein» , welches die Ökologie­<br />

Grösse über verschiedene Beziehungsketten stark<br />

beeinflusst. Die Kurven 1 <strong>und</strong> 5 verlaufen daher<br />

divergent <strong>und</strong> bestimmen massgeblich den Zustand<br />

nach dreissig Jahren.<br />

Die <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung hingegen wird<br />

bloss als Teil des umweltrelevanten Rechts aufgefasst,<br />

das seinerseits auf weitere Variablen empfindlich<br />

reagiert. Somit ist der Einfluss der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />

in diesem Modell relativ gering,<br />

die Kurven 1 bis 5 bewegen sich nahezu parallel <strong>und</strong><br />

in engem Wertebereich.<br />

Mit diesen Sensitivitätsüberlegungen wurden bereits<br />

einige Möglichkeiten, aber auch wesentliche<br />

Grenzen des Soft-Modells aufgezeigt. Bei der folgenden<br />

spielerischen Betrachtung einiger Szenarien<br />

sind diese stets in Erinnerung zu behalten.<br />

7.5<br />

Szenariobetrachtungen<br />

Mit dem besprochenen Modell<br />

für die Bauwirtschaft können<br />

nun verschiedene Szenarien<br />

<strong>durch</strong>gespielt <strong>und</strong> verglichen<br />

werden. Die Simulation soll<br />

jeweils die nächsten 30 Jahre<br />

umfassen. Fünf ausgewählte<br />

Kenngrössen des Modells werden<br />

dabei in ihrer zeitlichen<br />

Entwicklung (stets in der gleichen<br />

Skala) dargestellt. Es sind<br />

dies:<br />

e Vollzug,<br />

.. Ertrag,<br />

.. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»,<br />

.. Energieverbrauch <strong>und</strong><br />

.. «Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb».<br />

Darstellung in<br />

relativen<br />

Modelleinheiten<br />

0.00<br />

Bemerkung: Eine Szenariobetrachtung ergibt erst<br />

dann einen Sinn, wenn verschiedene Szenarien miteinander<br />

verglichen werden können. Eine isolierte<br />

Betrachtung einer einzelnen Grafik liefert noch<br />

keine brauchbaren Informationen. Dies entspricht<br />

dem Wesen des Soft-Modellings, das keine absoluten<br />

Resultate liefert, sondern nur relative Aussagen, also<br />

Vergleiche zulässt. Die folgenden Resultate <strong>und</strong><br />

Interpretationen basieren auf dem Soft-Modell<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />

7.5.1 Szenario «Realo»<br />

Das Szenario «Realo» (vgl. Abb. 7.5.1) geht von<br />

den heute herrschenden Rahmenbedingungen aus.<br />

Es wird angenommen, dass sich diese über die nächsten<br />

30 Jahre kaum verändern werden. Einzig das<br />

«technische Wissen», die «externen Kosten für CO Ze<br />

Emissionen» <strong>und</strong> das Bruttoinlandprodukt steigd<br />

mit der Zeit leicht an. Die Kosten für erneuerbare<br />

Energien dagegen halbieren sich in den 30 Jahren,<br />

<strong>und</strong> die Kosten für nicht erneuerbare Energien<br />

steigen auf das Dreifache an.<br />

m •••wm.w•.w •.•• w .•~wt····..,··w w w w w. +<br />

7.50<br />

, .<br />

22.50<br />

30.00<br />

Jahre<br />

Abb. 7.5.1 «Realo»·Szenario (I. Vollzug, 2. Ertrag, 3. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein», 4. Energie<br />

verbrauch, 5. «Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb»).<br />

5<br />

15.00<br />

Folgende Input-Grössen konnten zur Bildung der<br />

Szenarien variiert werden:<br />

.. «Technisches Wissen»,<br />

Cl «Dialogfähigkeit»,<br />

.. Raumplanungsgesetze,<br />

.. Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebtmg,<br />

e <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung,<br />

e «Externe Kosten COz»,<br />

11 «Internalisierungsgrad,>,<br />

.. Nutzungsziffer,<br />

e Ressourcenpreis erneuerbarer Energien,<br />

e Ressourcenpreis nicht erneuerbarer Energien,<br />

Cl «Erfahrungswissen»,<br />

.. «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»,<br />

e Bruttoinlandprodukt.<br />

Unter diesen Rahmenbedingungen verhält sich das<br />

System sehr konservativ. Der Energieverbrauch<br />

steigt weiterhin stetig an. Die Ökologie-Grösse<br />

erfährt die stärkste Steigerung.<br />

7.5.2 Szenario «Ökoplus»<br />

Aus ökologischer Sicht sind Verbesserungen der<br />

heutigen Rahmenbedingungen denkbar: umweltrelevante<br />

Gesetze werden verschärft, der gesellschaftliche<br />

Stellenwert der <strong>Umwelt</strong>problematik<br />

nimmt zu, gleichzeitig soll sich aber auch die Wirtschaftslage<br />

positiv entwickeln. Bei «Ökoplus» (vgl.<br />

Abb. 7.5.2) handelt es sich also um ein äusserst<br />

optimistisches Szenario.<br />

202 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________Rahmenbedingungen<br />

Im Vergleich zum «Realo»­<br />

Szenario stellt sich eine deutliche<br />

Verbesserung der «Ökologie<br />

<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Betrieb» eines<br />

Gebäudes (Kurve 5 in Abb.<br />

7.5.2) ein. Ausserdem lässt sich<br />

ein Anstieg des <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />

sowie des Vollzugs<br />

erkennen, während der Energieverbrauch<br />

sinkt. Die veränderten<br />

Rahmenbedingungen<br />

haben also tatsächlich eine<br />

Optimierung des Systems gebracht.<br />

Diese Resultate entsprechen<br />

den Erwartungen<br />

(vgl. Bemerkungen dazu in der<br />

Diskussion, Abschnitt 7.6).<br />

Neben den beiden Szenarien<br />

.Realo» <strong>und</strong> «Ökoplus» ist eine<br />

Reihe von weiteren Entwicklungen<br />

denkbar. Im folgenden<br />

werden drei weitere Szenarien<br />

aufgestellt, bei denen jeweils<br />

eine konkrete Entwicklung<br />

simuliert werden soll.<br />

7.5.3 Szenario «Deregulierung»<br />

Die Deregulierung in der <strong>Umwelt</strong>schut~gesetzgebungist<br />

ein<br />

aktuelles politisches Postulat.<br />

Wie würde sich eine solche<br />

Entwicklung in unserem Modell<br />

auswirken? Zur Beantwortung<br />

dieser Frage wird ein<br />

Abbau der Gesetze simuliert,<br />

r;eteris paribus (auf der Basis<br />

Jes «Realo»-Szenarios).<br />

Überraschenderweise verhält<br />

sich das System kaum anders<br />

als im «Realo»-Szenario (vgl.<br />

Abb. 7.5.3). Das System spricht<br />

auf die Veränderung dieser einzelnen<br />

Grösse nur schwach an.<br />

0.00<br />

7.50<br />

M::~~Z~~~~:~ .......::~:_3=~,<br />

15.00<br />

22.50<br />

I<br />

30.00<br />

Jahre<br />

Abb. 7.5.2


Rahmenbedingungen<br />

_<br />

7.5.5 Szenario «Aufschwung»<br />

0.00<br />

Wie verhältsich das System bei<br />

einem Aufschwung? Dieser<br />

wird <strong>durch</strong> ein sehr optimistisches<br />

Wirtschaftswachstum<br />

(BIP steigt steil an) simuliert<br />

(vgl. Abb. 7.5.5). Einher geht<br />

hier nun eine positive Entwicklung<br />

im «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»,<br />

mit der Überlegung,<br />

dass sich die Leute <strong>Umwelt</strong>schutz<br />

leisten können, solange<br />

es ihnen wirtschaftlich gut<br />

geht. Der Gipfel des Aufschwungs<br />

wird ebenfalls nach 15 Jahren <strong>durch</strong>schritten,<br />

nach 30 Jahren herrscht ebenfalls wieder der<br />

Ausgangszustand.<br />

Der Aufschwung wirkt sich auf das System günstig<br />

aus. Die Ökologie-Kurve steigt steil an. Der Ertrag<br />

der Bauwirtschaft steigt trotz Realisierung von<br />

<strong>Umwelt</strong>schutztechniken enorm an. Das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />

in der Bevölkerung nimmt zu. Der<br />

Energieverbrauch kann (trotz Wachstum!) gesenkt<br />

werden. Der Aufschwung ist nicht nur aus ökonomischer,<br />

sondern auch aus ökologischer Sicht positiv<br />

zu werten.<br />

Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Diskussion<br />

Trotz teilweise unsicherer Datengr<strong>und</strong>lagen konnten<br />

in der Arbeit mit dem «Stella»-Modell für die Bauwirtschaft<br />

neue Aussagequalitäten gewonnen werden.<br />

Als Synthese der Arbeit mit dem Modell seien<br />

abschliessend mögliche Handlungsstrategien zum<br />

Erreichen einer ökologischen Bauweise postuliert.<br />

Die Thesen sind im Sinne von Denkanregungen zu<br />

verstehen.<br />

Thesen<br />

1. Das allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein ist in Bezug<br />

auf die Ökologie eine zentrale Grösse im System<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Es kann über die Bildung<br />

bewusst gefördert werden. Wichtig auf dem Weg<br />

zu einer ökologischen Bauwirtschaft ist daher eine<br />

gezielte Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung aller beteiligten<br />

Akteure.<br />

2. Der Einfluss der Konjunktur auf das ökologische<br />

<strong>Bauen</strong> ist der zweite entscheidende Faktor. Ein<br />

wirtschaftlicher Aufschwung kann ökologisches<br />

<strong>Bauen</strong> begünstigen, eine Rezession erschwert es<br />

massIv.<br />

3. Die Veränderung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

führt am schnellsten zu einer Ver-<br />

Darstellung i,'+- ""'=~J,'''=-~:::::= .<br />

relativen<br />

Modelleinheiten<br />

~5;; ; " .<br />

7.50<br />

15.00<br />

22.50<br />

30.00<br />

Jahre<br />

Abb. 7.5.5 Szenario «Aufschwung» (1. Vollzug, 2. Ertrag, 3. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» ,<br />

4. Energieverbrauch, 5. «Ökologie Baum & Betrieb»).<br />

änderung der Ökologie im Bauprozess. Lenkungsabgaben<br />

auf ökologisch schädlichen Produkten<br />

(z.B. fossiler Energie) können eine Substitution<br />

mit nachhaltigen Produkten beschleunigen.<br />

4. Wird die Substitution auf diese Weise, d.h. mittels<br />

Lenkungsabgaben, beschleunigt, läuft sie sanfter<br />

ab, als wenn sie später allein aufgr<strong>und</strong> der Entwicklung<br />

der Ressourcenpreise von sich aus eintritt.<br />

Mit einer Lenkungsabgabe kann der Umsteigeeffekt<br />

gesteuert werden.<br />

5. Das System verhält sich generell träge <strong>und</strong> reagiert<br />

zum Teil mit grossen Verzögerungen auf die Beeinflussung<br />

von aussen.<br />

6. Eine einzelne Massnahme bewirkt meistens keine<br />

grosse Veränderung im gesamten System. Um<br />

den Bauprozess ökologischer zu gestalten, soll mit<br />

einer Vielzahl von Massnahmen <strong>und</strong> auf mehreren<br />

Ebenen ins System eingegriffen werden.<br />

Diskussion<br />

Die Technik <strong>und</strong> insbesondere der Prozess de~<br />

Soft-Modelling ermöglicht es, Beziehungen <strong>und</strong> Ein<br />

flüsse in einem komplexen System zu verstehen<br />

<strong>und</strong> darzustellen. Auf spielerische Weise ist es möglich,<br />

die Relationen zwischen den einzelnen Systemgrössen<br />

zu ergründen. Bislang verborgene Zusammenhänge<br />

werden im Laufe der ModelIierung<br />

entdeckt, die verschiedenen existierenden «men-'<br />

talen Modelle», die Gr<strong>und</strong>lage für die ModelIierung,<br />

aufeinander abgestimmt, angepasst <strong>und</strong> verfeinert.<br />

Die Sensitivitätsanalyse liefert Informationen über<br />

den Aufbau <strong>und</strong> die Vernetzungen im Modell <strong>und</strong><br />

zeigt nicht zuletzt auch, wo im «mentalen Modell»<br />

zunächst etwas falsch gewichtet oder gar missachtet<br />

wurde. Neben dem Erwerb von Systemkenntnissen<br />

liefert das Soft-Modelling eine ausgezeichnete<br />

Gr<strong>und</strong>lage zur Diskussion über das Verhalten komplexer<br />

Systeme.<br />

Allerdings darf nicht erwartet werden, dass Soft­<br />

Modell-Prozesse quantitative Aussagen über das<br />

204 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________Rahmenbedingungen<br />

System ermöglichen oder exakte Prognosen über<br />

dessen zukünftiges Verhalten zulassen. Selbst ein<br />

ausgeklügeltes Modell wird die Realität nie korrekt<br />

abbilden können. Ein Soft-Modell bleibt ein Hilfsinstrument<br />

für das vertiefte funktional-dynamische<br />

Verständnis komplexer Systeme.<br />

Die Aussagekraft eines Modells ist dann am grössten,<br />

wenn die existierenden Funktionsbeziehungen<br />

so weit wie möglich wissenschaftlich abgestützt werden.<br />

In diesem Sinne wäre das vorgestellte Modell<br />

noch zu überarbeiten. Beim Modellieren besteht<br />

zudem die Gefahr, dass persönliche Erwartungen so<br />

ins Modell einfliessen, dass sie auch erfüllt werden.<br />

Mit einem solchen Modell könnte schliesslich alles<br />

bewiesen werden. Das Arbeiten in Gruppen <strong>und</strong><br />

eine systematische Einbeziehung der Ergebnisse<br />

aus den Teilprojekten kann dazu beitragen, dass<br />

diese Gefahr vermindert wird.<br />

8. folgerungen<br />

8.1 Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>" stellt ein äusserst komplexes<br />

System dar, welches <strong>durch</strong> ein Netz von zahlreichen<br />

Akteuren <strong>und</strong> eine grosse Anzahl von Rahmenbedingungen<br />

charakterisiert wird. Diese sind untereinander<br />

aufvielfältige Weise verknüpft. Unsere Untersuchungen<br />

konnten diese Beziehungen in einigen<br />

Fällen aufzeigen; sie blieben lediglich qualitativer<br />

Natur.<br />

Ausgehend von unseren Informationen aus den<br />

Teilprojekten <strong>und</strong> unseren Erkenntnissen aus dem<br />

Modell kamen wir zu folgenden Schlüssen:<br />

Das ganze System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» ist sehr<br />

träge. Änderungen von Rahmenbedingungen, sei es<br />

in der Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft, wirken<br />

sich gesamthaft nur langsam aus. Viele langwierige<br />

Prozesse (Planungs- <strong>und</strong> Bewilligungsverfahren,<br />

Einführung neuer Techniken, gesellschaftlicher<br />

Wandel) bestimmen das Verhalten des Systems.<br />

Änderungen werden zeitlich entsprechend verzögert.<br />

Zudem können sich Prozessauswirkungen<br />

gegenseitig aufbeben. Dies ist an unserem Soft­<br />

Modell ersichtlich, wo einzelne, starke Veränderungen<br />

im Gesamten fast verschwinden. So konnte auch<br />

keine zentrale Rahmenbedingung für das System<br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>" ermittelt werden.<br />

Dennoch kann gesagt werden, dass das «allgemeine<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein» eine wichtige Stellung<br />

in der Diskussion um relevante Rahmenbedingungen<br />

für ökologisches <strong>Bauen</strong> einnimmt. So vergrössert<br />

sich bei einem hohen <strong>Umwelt</strong>bewusstsein der<br />

Umsetzungswille in Politik <strong>und</strong> Wirtschaft. Das<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein selbst wird <strong>durch</strong> Information,<br />

aber auch <strong>Umwelt</strong>katastrophen beeinflusst. Hier<br />

zeigt sich ein Ansatzpunkt zum Handeln. Durch eine<br />

sehr aktive <strong>und</strong> adressatenorientiert'e Information<br />

seitens der Verwaltung <strong>und</strong> Verbände liesse sich<br />

ein breites Bewusstsein (<strong>und</strong> auch Wissen) für ökologisches<br />

<strong>Bauen</strong> erreichen.<br />

Ökologisches Wissen aller an einem Bauprojekt<br />

beteiligten Personen ist eine wichtige Voraussetzung.<br />

In diesem Bereich besteht ein Handlungsbedarf.<br />

Ein weiterer Schritt in Richtung ökologisches<br />

<strong>Bauen</strong> wäre das Schaffen wirtschaftlicher Anreizsysteme.<br />

Lenkungsabgaben auf Energie <strong>und</strong> Baumaterialien<br />

werden als gute Lösungsansätze angesehen.<br />

Trotz zahlreicher Ideen <strong>und</strong> gesetzlicher Gr<strong>und</strong>lagen<br />

lässt die Umsetzung noch einiges zu wünschen<br />

übrig. Ein Umdenken in der Planung <strong>und</strong> der Baubranche<br />

ist nötig. So ist Initiative <strong>und</strong> Mut zur<br />

Umsetzung gefragt.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

205


Rahmenbedingungen<br />

8.2 Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

für eine ökologische Entwicklung<br />

der Baubranche<br />

Stärkung marktwirtschaftlicher Instrumente<br />

Die Einführung von Lenkungsabgaben auf Energie<br />

<strong>und</strong> vorsorgliche Entsorgungs- <strong>und</strong> Deponiegebühren<br />

sind die Voraussetzung für einen ökologischen<br />

Branchenstrukrurwechsel (Koller, 1994,<br />

S. 102ff).<br />

Die Bauwirtschaft hat einen relativ hohen Anteil<br />

des Faktors Arbeit. Deshalb wäre sie bei der Einführung<br />

einer Energielenkungsabgabe (mit aufkommensneutraler<br />

Rückverteilung über die Arbeitgeberbeiträge<br />

an die Sozialversicherungen) eine<br />

potentielle Gewinnerbranche (BUWAL, 1994, S. 21).<br />

Eine «ökologische Steuerreform" hätte auch positive<br />

Einflüsse auf die Beschäftigungslage (Bach et al.,<br />

1995).<br />

führungsrolle. der Verbände<br />

Die Verbände haben z.T. bereits sehr konstruktiv<br />

an ökologischen Zielen mitgearbeitet, wie z.B. der<br />

SBV im Entsorgungsbereich. Trotzdem übernehmen<br />

sie in einigen Bereichen noch nicht die Führungsrolle,<br />

die ihnen zustehen würde, dies insbesondere<br />

in den Bereichen Weiterbildung, Normenwesen <strong>und</strong><br />

bei der Stärkung marktwirtschaftlicher Instrumente.<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

In der Ausbildung von Planerinnen <strong>und</strong> ArchitektInnen<br />

müssen ökologische Aspekte viel stärker gewichtet<br />

werden. Es muss sowohl ein umfassendes<br />

Verständnis für ökologische Zusammenhänge als<br />

auch Fachwissen zu einzelnen ökologischen Teilaspekten<br />

vermittelt werden. Ökologie darf nicht<br />

mehr nur das Thema einzelner DozentInnen sein,<br />

wie dies zur Zeit der Fall ist.<br />

Weiterbildung ist angesichts der Strukturprobleme<br />

<strong>und</strong> des bevorstehenden Strukturwandels (Ökologie,<br />

Umbauten, Dienstleistungen) zentral. Die begonnenen<br />

Anstrengungen in diesem Bereich sind weiterzuführen<br />

<strong>und</strong> auszubauen (Schubert, 1994).<br />

Im Bereich der Ökologie erfordern die Verbreitung<br />

der (vorhandenen <strong>und</strong> zu erwartenden) prozess- <strong>und</strong><br />

objektbezogenen Hilfsmittel sowie der Ausbau von<br />

ganzheitlichen <strong>und</strong> fächerübergreifenden Weiterbildungen<br />

ein sehr grosses Engagement der Verbände<br />

<strong>und</strong> eine Weiterführung der Impulsprogramme<br />

(Wei terbildungsoffensive).<br />

Baccini, P., Bader, H.P. (1994): Regionaler Stoffhaushalt <strong>und</strong><br />

Abfallwirtschaft (Vorlesungsskript). Zürich, Dübendorf: Lehrstuhl<br />

für Stoffhaushalt <strong>und</strong> Enrsorgungstechnik, ETH Zürich.<br />

Bach, S. et al. (1995): Wirtschaftliche Auswirkungen einer ökologischen<br />

Steuerreform. Sonderheft DIW 153. Hamburg: Duncker<br />

<strong>und</strong> Humbolt.<br />

Bossei, H. (1994): Modellbildung <strong>und</strong> Simulation: Konzepte,<br />

Verfahren <strong>und</strong> Modelle zum Verhalten dynamischer Systeme:<br />

Braunschweig: Vieweg.<br />

BUWAL (1994): COz-Abgabe: Mehr Markt -<br />

<strong>Umwelt</strong>material Nr. 15. Bern: Buwal.<br />

_<br />

bessere <strong>Umwelt</strong>.<br />

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (1994): Ökosteuer:<br />

Sackgasse oder Königsweg. Hamburg: Greenpeace.<br />

Koller, F. (1994): Ökologischer Branchenstrukturwandel in der<br />

Schweizer (Hoch-)Baubranche. Hochschule St. Gallen, Institut<br />

für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie.<br />

Mauch S. P., Iren R., von Weizsäcker, E. U. & Jesinghaus, J. (1992):<br />

Ökologische Steuerreform: Europäische Ebene <strong>und</strong> Fallbeispie!<br />

Schweiz. Zürich: Verlag Rüegger.<br />

Meadows, D. H., Meadows, D. L. & Randers, J. (1993): Die neuen<br />

Grenzen des Wachstums: die Lage der Menschheit: Bedrohung<br />

<strong>und</strong> Zukunftschancen. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />

Meadows, D. L. (1974): Wachstum bis zur Katastrophe? Stuttgart:<br />

Deutsche Verlags-Anstalt GmBH.<br />

Scholz, R.W., Koller, T., Mieg, HA & Schmidlin, C. (1995):<br />

Perspektive Grosses Moos: 'Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />

Zürich: vdf.<br />

Schriftenreihe des B<strong>und</strong>esministers für Raumordnung, Bauwesen<br />

<strong>und</strong> Städtebau (1987): <strong>Bauen</strong> in der Schweiz <strong>und</strong> in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland. Schriftenreihe Städtebauliche Forschung<br />

Heft Nr. 03. Bonn.<br />

Schubert R. (1994): Weiterbildung in wettbewerbsfähiger Wirtschaft.<br />

Schweizer Ingenieur <strong>und</strong> Architekt Nr. 39. S.765 ff.<br />

SIA (1995): Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s. SIA D 0122. Zürich,<br />

SIA.<br />

206<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Inhalt<br />

1. Einleitung 209.<br />

2. Die"Methodik der Szeoll.rioanalyse<br />

Uberblick 210<br />

3. Vorgehen 212<br />

4. Resultate 217<br />

5. Bewertung der Wünschbarkeit<br />

der Varianten 222<br />

6. Diskussion <strong>und</strong> Methodenkritik 223<br />

7. Schlussfolgerungen 224<br />

AlltorInnen<br />

Katharina Zwicker<br />

Mare Sehärli (Tutor)<br />

Aufbauend allfden Ergebnissen der wissellschafltichen Arbeitsgmppe (Synthesegrllppe B)<br />

Danlei Mn<br />

Thomas Hertach<br />

Reto Baumgartner<br />

Thomas Hulliger<br />

Andrea Christoffel<br />

Marion Lautner<br />

Ariane Datz<br />

Andreas Mädel'<br />

Mireille ehloe faist<br />

Thomas Meuier<br />

Andre fuhreI'<br />

Stefan Rubli<br />

Patrick Geissmann<br />

Sonja Riiegg<br />

Stefan Heim<br />

Manja Van Wezemael<br />

Katharilla Zwicker<br />

Andreas Hofer (Tntor)<br />

Daniel Kühler (Tntor)<br />

Mare Schärli (Tutor)<br />

Roland W. Scholz (Tntor)<br />

Olaf Weber (Tntor)


Szenarioanalyse<br />

_<br />

208 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________Szenarioanalyse<br />

1. Einleitung<br />

Ziel<br />

Im Verlauf der <strong>Fallstudie</strong> stellte sich die Frage nach<br />

einer differenzierten Beurteilung verschiedener Planungsvarianten<br />

nach ökologischen, ökonomischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Kriterien. Für die Szenarioanalysegruppe<br />

stand dabei die Frage der Umsetzbarkeit<br />

der vier für die <strong>Fallstudie</strong> ausgewählten Varianten<br />

Griinraum, Kunsthochschule, WerkStadt <strong>und</strong> Industrienahe<br />

Nutzung im Zentrum. Welches der betrachteten<br />

Projekte hat die besten Chancen, später einmal verwirklicht<br />

zu werden? Lassen sich überhaupt Unterschiede<br />

feststellen? Sind die Variantenbeschreibungen<br />

det


Szenarioanalyse<br />

2. Die Methodik der Szenarioanalyse<br />

im Überblick<br />

2.1 Die Idee der Szenarioanalyse<br />

Eine Szenarioanalyse liefert Aussagen über zukünftige<br />

Entwicklungen <strong>und</strong> Zustände. Der Untersuchungsgegenstand<br />

wird in einer Szenarioanalyse<br />

als ein sich veränderndes System betrachtet. Dieses<br />

System kann der Automarkt sein, die Region Grosses<br />

Moos oder, wie in unserer <strong>Fallstudie</strong>, ein Areal <strong>und</strong><br />

dessen Umfeld. Im Gegensatz zu einer Prognose<br />

extrapoliert eine Szenarioanalyse nicht gegenwärtige<br />

Trends. Vielmehr versucht der Analytiker, das<br />

System möglichst genau zu beschreiben <strong>und</strong> zu verstehen.<br />

Ausgehend von der so erworbenen Systemkenntnis<br />

untersucht er dann mögliche zukünftige<br />

Entwicklungen.<br />

Die Beschäftigung mit einem komplexen System<br />

erfordert Fachwissen aus ganz verschiedenen Gebieten.<br />

In einer Szenarioanalyse werden diese Kenntnisse<br />

<strong>und</strong> Daten miteinander in Beziehung gesetzt.<br />

So ermöglicht es eine Szenarioanalyse, Wissen unterschiedlichster<br />

Art zu integrieren.<br />

Grob lässt sich eine Szenarioanalyse in zwei<br />

Schritte aufteilen: Als erstes wird ein Modell des<br />

Systems gebildet, dann werden Systemzustände<br />

untersucht.<br />

gesteuert (oder zumindest beeinflusst) werden kann.<br />

(Die Modellbildung entspricht den Schritten 1 bis 7<br />

in der Beschreibung der Methodik, Abschnitt 2.2)<br />

2.1.2 Systemzustiiflde<br />

Um unterschiedliche zukünftige Systemzustände<br />

zu ermitteln, überlegt sich die Analytikerin, welche<br />

Ausprägungen die Einflussfaktoren annehmen können.<br />

Der Grünraum auf dem SEW-Areal kann zum<br />

Beispiel gross oder klein, von hoher oder von tiefer<br />

Qualität sein, der Zeitgeist eher ökologisch oder<br />

eher materialistisch. Anschliessend wird untersucht,<br />

welche Ausprägungen der verschiedenen Einflussfaktoren<br />

gleichzeitig vorkommen können. In unserem<br />

Beispiel wäre nicht zu erwarten, dass ein<br />

materialistischer Zeitgeist <strong>und</strong> ein grosser, qualitativ<br />

hochstehender Grünraum auf dem SEW-Areal<br />

gleichzeitig verwirklicht werden. Diese Unter<br />

suchung wird als «Konsistenzanalyse» bezeichnet.<br />

Ein Szenario entsteht, wenn jedem Einflussfaktor<br />

eine der möglichen Ausprägungen zugewiesen<br />

wird. Als konsistent werden Szenarien bezeichnet,<br />

wenn alle ausgewählten Ausprägungen miteinander<br />

vorkommen können. Konsistente Szenarien beschreiben<br />

einen der Szenarioanalytikerin logisch<br />

erscheinenden möglichen Zustand des Systems.<br />

(Zu diesem Teil gehören die Schritte 8 <strong>und</strong> 9 in der<br />

Beschreibung der Methodik, Abschnitt 2.2)<br />

_<br />

2.1.1 Modellhildullg<br />

In der Szenarioanalyse werden Systeme <strong>und</strong> ihre<br />

Dynamik mittels Einflussfaktoren beschrieben<br />

(vgl. Abb. 2.1.1). Einflussfaktoren sind Grössen,<br />

die für den Zustand <strong>und</strong> die Entwicklung des<br />

System wichtig sind. Das muss aber nicht heissen,<br />

dass alle Einflussfaktoren das System stark beeinflussen.<br />

Es können unter anderem Merkmale<br />

gewählt werden, die nur sehr schwachen Einfluss<br />

auf das System ausüben, aber für die Analytikerin<br />

interessant sind. Mögliche Einflussfaktoren werden<br />

oft mit einem Brainstorming gesammelt. Ein<br />

Beispiel für einen «passiven» Einflussfaktor ist<br />

die Grösse der Freiflächen auf dem SEW-Areal.<br />

Ein starker Einfluss auf das Areal wird in der<br />

vorliegenden Analys~ dagegen dem Einflussfaktor<br />

Zeitgeist zugeschrieben.<br />

Mit mathematischen Methoden wird anschliessend<br />

untersucht, welche Beziehungen zwischen<br />

den Einflussfaktoren bestehen. Die Hauptfrage<br />

ist, ob ein Faktor A einen anderen Faktor B beeinflusst<br />

oder nicht. Aus einer Betrachtung der<br />

verschiedenen direkten <strong>und</strong> indirekten Einflüsse<br />

wird im Rahmen einer Szenarioanalyse abschätzbar,<br />

über welche Einflussfaktoren das System<br />

System<br />

(Untersuchungsobjekt)<br />

Abb. 2.1.1 Schema des Systemmodells, wie es in einerSzenarioanalyse erarbeitet<br />

wird. Die Buchstaben Abis J bezeichnen die Einflussfaktoren mit den jeweils<br />

zugehörigen Ausprägungen al, a2 bisjl,j2. Aus Platzgründen wurden zu den<br />

Einflussfaktoren nur je zwei Ausprägungen dargestellt, obwohl auch mehr<br />

definiert werden können.<br />

Ein Szenario entsteht, wenn jedem Einflussfaktor eine Ausprägung zugewiesen<br />

wird. Als Beispiel ist in der Abbildungdas Szenario mitder Zusammensetzung<br />

al, b2, cl, dl, e2,/2, gl, hl, il,j2 dargestellt. Das Szenario beschreibt einen<br />

Zustanddes Systems.<br />

210<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------~------------------------ Szenarioanalyse<br />

2.1.3 Anwendungen<br />

Die Szenarioanalyse hilft, sich realistische Vorstellungen<br />

von künftigen Entwicklungen zu machen.<br />

Zudem gewinnt die Analytikerin Wissen darüber,<br />

wie das System funktioniert.<br />

Damit hilft die Szenarioanalyse, mögliche erwünschte<br />

Entwicklungen zu erkennen. Gleichzeitig<br />

gibt sie Hinweise darauf, wie ein solcher Zustand<br />

erreicht werden könnte.<br />

2.2 Die Schritte einer Szenarioanalyse<br />

Im folgenden werden die Schritte einer Szenarioanalyse<br />

kurz skizziert. Wei tergehende Hinweise <strong>und</strong><br />

Erklärungen finden sich in Missler-Beer (1993) <strong>und</strong><br />

Götze (1993). Eine anschauliche Einführung in die<br />

11ethodik anhand eines Beispiels findet sich in<br />

Hassler & Schärli (1995/96).<br />

Schritt 1: Zielsetzung<br />

Das Ziel, welches <strong>durch</strong> eme Szenarioanalyse erreicht<br />

werden soll, muss zuerst definiert werden.<br />

Sollen mögliche Zukünfte beschrieben werden? Will<br />

man die Szenarien, welche aufgestellt werden, bewerten?<br />

Oder sollen Handlungsstrategien entwickelt<br />

werden, um bestimmte zukünftige Entwicklungen<br />

zu fördern? Die wichtigsten Begriffe, die bei einer<br />

Zielformulierung verwendet werden, müssen gemeinsam<br />

diskutiert, erklärt <strong>und</strong> festgehalten werden.<br />

Schritt 2: Systemeigenschaften<br />

Die Diskussion der Systemeigenschaften dient dazu,<br />

die Strukturen des Systems kennenzulernen <strong>und</strong> die<br />

~zenarioanalytikerinmit möglichen Systemveränderungen<br />

vertraut zu machen.<br />

Diesen Schritt kann man in zwei wesentliche<br />

Punkte unterteilen. Zum einen geht es um die<br />

Vorhaben, zum anderen um die Stärken <strong>und</strong>Schwächen,<br />

welche für den Untersuchungsgegenstand, das<br />

«System», wichtig sind.<br />

Bei den Vorhaben werden grössere, für das System<br />

relevante Ideen oder Projekte gesammelt, welche<br />

von einzelnen Personen, Vereinen, politischen Organen<br />

oder auch aus der Privatwirtschaft kommen<br />

können. Ein solches Vorhaben wäre z.B. eine der<br />

untersuchten Planungsvarianten.<br />

Bei der Stärken-Schwächen-Analyse werden Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Eigenheiten des Systems zusammengetragen.<br />

Diese werden dann als Stärke, Schwäche<br />

oder, wenn sie sowohl als Stärke als auch als<br />

Schwäche wirken können, als ambivalent eingestuft.<br />

Als Schwäche des Systems «Sulzer-Escher Wyss-<br />

Areaj" könnte beispielsweise der schlechte Ruf des<br />

Kreises 5, in dem das Areal liegt, eingestuft werden.<br />

Schritt 3: Einflussfaktoren<br />

Zuerst werden die für das System wichtigen Einflussgrössen<br />

zusammengetragen. Einflussfaktoren<br />

sind wichtige Kenngrössen, die den Zustand <strong>und</strong> die<br />

Dynamik des Systems beschreiben. Es müssen hierbei<br />

sowohl interne als auch externe Einflussgrössen<br />

berücksichtigt werden. Als Beispiel für einen internen<br />

Einflussfaktor sei die Grösse der Grünflächen,<br />

als Beispiel für einen externen Einflussfaktor der<br />

Zeitgeist genannt. Wichtig ist, in einem ersten<br />

Schritt eine möglichst umfassende Menge von Einflussgrössen<br />

zu bestimmen. In einem nächsten<br />

Schritt wird dann die Liste der Einflussfaktoren<br />

auf einen Satz von r<strong>und</strong> zwanzig Einflussgrössen<br />

reduziert, die für das System als wichtig erachtet<br />

werden. Die Szenarioanalysegruppe der <strong>Fallstudie</strong><br />

konnte hier auf das Wissen, welches in den Teilprojekten<br />

erworben wurde, zurückgreifen.<br />

Schritt 4: Einflussmatrix<br />

Diese Einflussgrössen werden anschliessend in einer<br />

Einflussmatrix auf ihre gegenseitige Beeinflussung<br />

überprüft, wobei zunächst nur direkte Einflüsse<br />

beachtet werden. Beispielsweise beeinflusst der<br />

herrschende Zeitgeist die Art der Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gesetze,<br />

welche erlassen werden.<br />

Die Aktivität eines Einflussfaktors wird als Summe<br />

aller Wirkungen auf das System bestimmt. Analog<br />

wird die Passivität eines Einflussfaktors ermittelt,<br />

indem seine Abhängigkeit von allen anderen Einflussfaktoren<br />

aufaddiert wird. Die Passivität ist somit<br />

ein Mass dafür, wie stark ein Einflussfaktor vom<br />

restlichen System beeinfluss wird.<br />

Schritt 5: System-Grid<br />

Das System-Grid dient dazu, die Resultate der<br />

Elnflussmatrix graphisch darzustellen. Die Koordinaten<br />

für die Aktivität bzw. Passivität entsprechen<br />

den jeweiligen Zeilen- bzw. Spaltensummen der<br />

Einflussmatrix. Die Horizontale <strong>und</strong> die Vertikale<br />

<strong>durch</strong> den Punkt (n,n) unterteilt das System-Grid in<br />

vier Teilgebiete. Die Zahl n ergibt sich aus der Summe<br />

aller Aktivitäten geteilt <strong>durch</strong> die Anzahl berücksichtigter<br />

Einflussfaktoren.<br />

Dabei haben die vier Teilgebiete folgende Bedeutung:<br />

aktiv: In diesem Feld befinden sich Einflussgrösso:n,<br />

welche einen starken Einfluss auf das System<br />

haben, selber aber nur schwach von den anderen<br />

beeinflusst werden.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

211


Szenarioanalyse ----------- _<br />

passiv: Hier finden sich Einflussgrössen, welche<br />

nur einen schwachen Einfluss auf das System ausüben,<br />

aber selber stark beeinflusst werden.<br />

ambivalent: Dies sind Einflussgrössen, welche<br />

einen starken Einfluss haben, aber auch stark beeinflusst<br />

werden.<br />

puffernd: Entsprechend haben Einflussgrössen,<br />

welche sich in diesem Feld befinden, nur einen<br />

schwachen Einfluss, werden aber selber auch nur<br />

schwach beeinflusst.<br />

Schritt 6: Gerichteter Graph<br />

In einem gerichteten Graphen werden die Beziehungen<br />

der Einflussgrössen untereinander <strong>durch</strong><br />

Pfeile dargestellt. Die Richtung der Pfeile zeigt die<br />

Richtung der Beeinflussung auf.<br />

Schritt 7: MIC·MAC·Analyse<br />

Die MIC-MAC-Analyse ist eine mathematische<br />

Hilfestellung, um die indirekten Einflüsse der<br />

Einflussgrössen aufzuzeigen. Dies ist wichtig, um<br />

auch stark indirekt wirkende Einflussgrössen aufzuspüren,<br />

da sonst eventuell wichtige Erkenntnisse<br />

über die Systemwirkungen verloren gehen.<br />

Mit Hilfe der Schritte 5 bis 7 kann in der Regel<br />

eine Reduktion der Einflussfaktoren auf r<strong>und</strong> zehn<br />

wesentliche Grössen vorgenommen werden.<br />

3. Vorgehen<br />

1 Zielsetzung<br />

Die Szenarioanalyse innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

hatte zum Ziel, die vier Architekturprojekte für das<br />

Sulzer-Escher Wyss-Areal zu bewerten.<br />

3.2 Systemeigenschaften<br />

Um eine bessere Kenntnis des Systems zu erwerben,<br />

wurden die Systemeigenschaften näher bestimmt<br />

<strong>und</strong> in die zwei Kategorien «Stärken" <strong>und</strong> «Schwächen»<br />

eingeteilt. Die Szenarioanalysegruppe versuchte,<br />

Stärken <strong>und</strong> Schwächen aus der Sicht von<br />

zukünftigen Bewohnern <strong>und</strong>/oder Investoren zu<br />

beurteilen. Tabelle 3.2 gibt einen Überblick über<br />

die gef<strong>und</strong>enen Eigenschaften.<br />

Stärken<br />

Standort Zürich<br />

Grösse des Areals<br />

zentrale Lage<br />

gut erschlossen (private <strong>und</strong><br />

öffentliche Verkehrsmittel)<br />

Schwächen<br />

Immissionen (Lärm, Luft)<br />

vorhandene Altlasten<br />

hoher Gr<strong>und</strong>wasserpegel<br />

gehört zu Kreis 5<br />

Tab. 3.2 Stärken <strong>und</strong>Schwächen des Systems Sulzer-Escher Wyss-Areal aus<br />

Sicht der Szenarioanalyse-Gmppe.<br />

Schritt 8: Trendprojektionen<br />

Von den ausgewählten Einflussgrössen werden nun<br />

unterschiedliche Ausprägungen definiert. Diese<br />

können einerseits den Ist-Zustand widerspiegeln,<br />

sollten aber auch die Extremausprägungen der<br />

Einflussgrösse wiedergeben. Um beim weiteren<br />

Vorgehen einen vernünftigen Rahmen nicht zu<br />

sprengen, sollten nicht mehr als drei Ausprägungen<br />

pro Einflussgrösse definiert werden.<br />

In der folgenden Konsistenzmatrix werden dann<br />

die unterschiedlichen Ausprägungen auf gegenseitige<br />

Vereinbarkeit hin geprüft.<br />

Schritt 9: Szenarien <strong>und</strong> Bewertung der Szenarien<br />

Als Szenario versteht man ein Bündel von verschiedenen<br />

Ausprägungen.<br />

Mit Hilfe der Konsistenzmatrix werden alle möglichen<br />

Szenarien auf innere Widersprüche hin geprüft.<br />

Widerspruchsfreie Szenarien nennt man auch<br />

konsistente Szenarien. Dabei können Szenarien,<br />

welche in sich deutliche Widersprüche beinhalten,<br />

ausgeschlossen werden.<br />

3.3<br />

Mit einem Brainstorming versuchte die Szenarioanalysegruppe,<br />

möglichst viele Einflussfaktoren zu<br />

nennen. Anschliessend wurden sie überprüft <strong>und</strong> je<br />

einem von zwölf Überbegriffen zugeordnet.<br />

Die Teilprojektgruppen erhielten den Auftrag,<br />

ihrer Sicht die drei wichtigsten Einflussfaktoren zu<br />

nennen <strong>und</strong> ihre Auswahl zu begründen. Auf diese<br />

Weise konnten die in der Teilprojektphase erworbenen<br />

Kenntnisse in die Szenarioanalyse einbezogen<br />

werden. Dies ergab eine Liste von ca. 35 wichtigen<br />

Einflussfaktoren. Durch Selektion <strong>und</strong> Zusammenfassen<br />

voneinander abhängiger Faktoren wurde diese<br />

Zahl auf 20 reduziert. Einige Einflussfaktoren mussten<br />

gestrichen werden, weil ihre Wirkung auf das<br />

System ungenügend beurteilt werden konnte.<br />

Diese 20 Einflussfaktoren stellten die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die weitere Modellentwicklung dar. In den folgenden<br />

Schritten wurden ihre gegenseitige Abhängigkeit<br />

<strong>und</strong> Auswirkungen aufeinander untersucht.<br />

Darauf aufbauend folgte die Reduktion auf zehn<br />

Faktoren.<br />

Um Missvertändnisse bei der folgenden Bewertung<br />

möglichst zu vermeiden, wurden die Einfluss-<br />

212<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____________________________________________Szenarioanalyse<br />

faktoren so genau wIe<br />

möglich definiert (vgl.<br />

Kasten 3.3).<br />

3.4 Einflussmatrix<br />

Die 20 Einflussfaktoren<br />

aus Abschnitt 3.3<br />

bildeten die Gr<strong>und</strong>lage<br />

der Einflussmatrix. Jedes<br />

der sechs Mitglieder der<br />

Gruppe füllte in einem<br />

ersten Schritt die Matrix<br />

selbständig aus. Anschliessend<br />

wurden die<br />

Werte verglichen. Die<br />

Differenzen wurde so<br />

ange diskutiert, bis die<br />

Gruppe einen Konsens<br />

erreichte. In schwierigen<br />

Fällen wurde der Entscheid<br />

nach dem Mehrheitsprinzip<br />

gefällt.<br />

Für die unter.schiedliche<br />

Bewertung der Einflussstärken<br />

<strong>durch</strong> die<br />

einzelnen Studierenden<br />

gibt es verschiedene<br />

Gründe:<br />

lil andere Bewertung von<br />

schwacher/starker Beeinflussung<br />

lil trotz genauer Definition<br />

unterschiedliche<br />

Interpretation der Einflussfaktoren<br />

Unklarheit bezüglich<br />

des zeitlichen bzw.<br />

räumlichen Rahmens<br />

lil Auseinanderhalten von<br />

indirektem/direktem<br />

Einfluss z.T. schwierig<br />

(indirekter Einfluss<br />

wird als «kein Einfluss»<br />

bewertet)<br />

" z.T. fehlendes FachwIssen.<br />

Das Ergebnis der Gruppendiskussion<br />

ist die<br />

Abb. 3.4 Einflussmatrix für das<br />

System Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />

o= kein direkter Einfluss<br />

1 = schwacher direkter Einfluss.<br />

2 = starker direkter Einfluss<br />

Kasten 3.3 Definitionm der Einflussfaktoren für die Szenarioanalyse Sulzer-Escher H'yss-Areal.<br />

Einflussgrössen 5<br />

E<br />

.c<br />

.g l!! "<br />

c: c:<br />

i!! ,"<br />

N<br />

,"<br />

~


Szenarioanalyse<br />

_<br />

Einflussmatrix (vgl. Abb.<br />

3.4). Diese Matrix diente<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für die weiteren<br />

Schritte der Szenarioanalyse.<br />

3.5 Sysrem-Grid<br />

1) Zeitgeist<br />

2) Einkommensstruktur<br />

3) Wohnqualität<br />

4) Kultur-fFreizeitangebot<br />

5) Nutzungsmischung<br />

6) Verkehrserschliessung<br />

7) Immissionen<br />

8) Altlasten/Sanierungen<br />

9) Mietpreis<br />

10) Bodenpreis<br />

11) Wirtschaftlichkeit für Investoren<br />

12) Attraktivität Standort Zürich<br />

13) Technologieentwick/ung<br />

14) Entwicklung SEW als Firma<br />

15) Baugesetzgebung<br />

16) <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />

17) Energiepreis<br />

18) Lobbies<br />

19) ökolog. <strong>Bauen</strong><br />

20) Planung/Realisierung von<br />

Grünraum<br />

Das System-Grid (Abb.<br />

3.5) zeigt, wie sich ein<br />

Faktor im System verhält.<br />

Die Rangfolge der Aktivität<br />

der einzelnen Einflussfaktoren<br />

wird In<br />

Tabelle 3.5 dargestellt.<br />

Das System-Grid der<br />

direkten Einflüsse macht<br />

deutlich, dass die <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung,<br />

die Baugesetzgebung<br />

<strong>und</strong> der Zeitgeist<br />

das System stark beeinflussen, selbst aber nur<br />

wenig beeinflusst werden. Um eine Veränderung des<br />

Systems zu erreichen, müsste demnach in erster<br />

Linie hier angesetzt werden. Am passivsten verhält<br />

sich erwartungsgemäss die Planung <strong>und</strong> Gestaltung<br />

des Grünraumes. Eher untergeordnete Bedeutung<br />

kommt der Einkommensstruktur zu. Die Nutzungsmischung<br />

ist sowohl stark aktiv als auch passiv.<br />

Die Rangliste der Aktivitäten (Tab. 3.5) diente im<br />

weiteren als Entscheidungshilfe zur Reduktion der<br />

Einflussfaktoren auf zehn GrÖssen. Bei der Interpretation<br />

des System-Grids ist es jedoch wichtig zu<br />

beachten, dass auch passive Faktoren für das System<br />

von grosser Bedeutung sein können.<br />

IEinkommensslruklur I<br />

Entwicklung SEW<br />

als Firma<br />

24 :iS<br />

~<br />

:><br />

~


__________________________________________Szenarioanalyse<br />

360 i<br />

'S; •<br />

330 16<br />

~ «<br />

300<br />

• 13<br />

270 • 15 •<br />

12 • 5<br />

240 • 18<br />

• 10<br />

17<br />

• •<br />

210 • 11<br />

180<br />

14 20 •<br />

150<br />

41<br />

•<br />

120 .9 8<br />

19<br />

90 • ..6 •<br />

2<br />

• •<br />

60 4<br />

7 3<br />

30 Passivität<br />

0<br />

0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360<br />

,bb. 3.7 System-Grid der indirekten Einflüssefür das System Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />

Rang<br />

indirekt·<br />

Einfillssfaktor<br />

Rang<br />

indirekt.<br />

Einflllssfaktor<br />

1 <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung 11 Altlasten/Sanierungen<br />

..........................<br />

2 Zeitgeist 11 Entwicklung Sulzer-<br />

Escher Wyss als Firma<br />

2 Technologieentwicklung<br />

13 Planung/Realisierung<br />

2 Baugesetzgebung<br />

von Grünraum<br />

2 Energiepreis<br />

13 Mietpreis<br />

...<br />

6 Nutzungsmischung<br />

7 Lobbies<br />

8 • Attraktivität des Standortes<br />

Zürich<br />

8 Bodenpreis<br />

, ... " .................... - ...........<br />

10 Wirtschaftlichkeit für<br />

Investoren 20 Immissionen<br />

15 ökologisches<br />

........<br />

<strong>Bauen</strong><br />

- .......<br />

15 Verkehrserschliessung<br />

15 Einkommensstruktur<br />

18 Kultur-/Freizeitangebot<br />

19 Wohnqualität<br />

Tab. 3.7 Rangfolge der Aktivität der Einflussfaktoren für das System<br />

Sulzer-Escher Wyss-Areal (indirekte Einflüsse).<br />

dass die Lobbies in vielfältiger Weise über schwache<br />

<strong>und</strong> mittelstarke Einflüsse in das System <strong>und</strong> seine<br />

Dynamik einbezogen sind. Betrachtet man die Aktivität<br />

(Tab. 3.5), liegen die Lobbies gar in der vorderen<br />

Hälfte.<br />

1) Zeitgeist<br />

2) Einkommensstruktur<br />

3) Wohnqualität<br />

4) Kultur-/Freizeitangebot<br />

5) Nutzungsmischung<br />

6) Verkehrsersch/iessung<br />

7) Immissionen<br />

8) Altlasten/Sanierungen<br />

9) Mietpreis<br />

10) Bodenpreis<br />

11) Wirtschaftlichkeitfür Investoren<br />

12) Attraktivität Standort Zürich<br />

13) Technologieentwicklung<br />

14) Entwicklung SEW als Firma<br />

15) Baugesetzgebung<br />

16) <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />

17) Energiepreis<br />

18) Lobbies<br />

19) ökolog. <strong>Bauen</strong><br />

20) Planung/Rea/isienmg von<br />

Grünraum<br />

nach ihren indirekten<br />

Einflüssen, sind in der<br />

Tabelle 3.7 dargestellt.<br />

Insgesamt wird <strong>durch</strong><br />

diese Analyse die Aussage<br />

der Szenarioanalyse der<br />

<strong>Fallstudie</strong> '94 «Perspektive<br />

Grosses Moos» (vgl.<br />

Scholz et al., 1995, S. 172)<br />

bestätigt, dass systemimmanente<br />

<strong>Umwelt</strong>faktoren<br />

als passive Elemente<br />

zu betrachten sind.<br />

3.7.1 Reduktion auf 10<br />

Einflussfaktoren<br />

Bei der Reduktion der<br />

Einflussfaktoren wurden<br />

vier Gr<strong>und</strong>sätze beachtet:<br />

• Jede der Grosskategorien Ökonomie, Ökologie <strong>und</strong><br />

Soziales soll weiterhin vertreten bleiben.<br />

• Einflussfaktoren können unter einem Oberbegriff<br />

zusammengefasst werden.<br />

• Die zu vergleichenden Varianten sollen aufgr<strong>und</strong><br />

der Wahl der Faktoren in ausreichender Genauigkeit<br />

beschrieben werden können.<br />

• Schliesslich werden aktive Faktoren gegenüber<br />

passiven vorgezogen.<br />

Konkret wurden die Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />

neu unter dem Begriff «Gesetzgebung» zusammengefasst.<br />

Ebenso erfolgte ein Zusammenschluss zwischen<br />

der Attraktivität des Standortes Zürich <strong>und</strong> der<br />

Wirtschaftlichkeit für Investoren als «Attraktivität<br />

des Standortes Zürich für Investoren». Altlasten/<br />

Sanierung fanden beim «Bodenpreis» Berücksichtigung.<br />

Kultur-/Freizeitangebot <strong>und</strong> Wohnqualität<br />

wurden neu vereint als «Lebensqualität» definiert.<br />

Die zehn ausgewählten Einflussfaktorten sind im<br />

Kasten 3.7.1 zusammengesfasst.<br />

3.7 MIC·MAC·Analyse<br />

Die MIC-MAC-Analyse untersucht ausschliesslich<br />

die indirekten Einflüsse. Dies ist notwendig, um<br />

auch starke indirekte Einflüsse sichtbar zu machen,<br />

welche vom System-Grid nicht erfasst werden.<br />

Im Fall des Sulzer-Escher Wyss-Areals brachte<br />

der Einbezug der indirekten Wirkungen nur kleine<br />

Verschiebungen. Bemerkenswert ist, dass die Altlasten/Sanierung<br />

zum passivsten Einflussfaktor werden<br />

(vgl. Abb. 3.7). Die Einflussfaktoren, geordnet<br />

Kasten 3.7.1 Ausgewählte Einflussfaktoren.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 215


Szenarioanalyse<br />

_<br />

Einflussfaktoren Auspriigungen 3.8 Trendprojekticmen<br />

Gesetzgebung (Bau- <strong>und</strong><br />

<strong>Umwelt</strong>gesetzgebung)<br />

Zeitgeist<br />

Technologieentwicklung<br />

Energiepreis<br />

Nutzungsmischung<br />

Lobbies<br />

Attraktivität des Standortes<br />

Zürich für Investoren<br />

Bodenpreis (nach der<br />

Altlastensanierung)<br />

Planung/Realisierung von<br />

Grünraum<br />

Lebensqualität (Wohnqualität<br />

<strong>und</strong> Kultur-/Freizeitangebot)<br />

• Verschärfung dieser Gesetze mit ökologischem Schwerpunkt<br />

• Nur Verschärfung im Baugesetzbereich<br />

• Lockerung in beiden Bereichen<br />

• Bereitschaft zu ökologischen Veränderungen im Sinn der Grünen<br />

Partei<br />

• Bereitschaft zu ökonomischen Veränderungen im Sinn der Freisinnig-demokratischen<br />

Partei<br />

• Bereitschaft zu sozialen Veränderungen im Sinn der Sozialdemokratischen<br />

Partei<br />

• innovativ<br />

• nicht innovativ<br />

• steigt stark an<br />

• bleibt gleich<br />

• minimale Anforderung gemäss Gestaltungsplan<br />

• optimale Nutzungsmischung gemäss Teilprojektlinie 2<br />

. . .<br />

• starke Lobby für den Ausbau des Dienstleistungsplatzes Zürich<br />

• starke Lobby für eine Mischnutzung<br />

• starke Öko-Lobby<br />

• für private Investoren attraktiv<br />

• für private Investoren nicht attraktiv<br />

• hoch im Vergleich zu ähnlichen Standorten in der Region Zürich<br />

• tief im Vergleich zu ähnlichen Standorten in der Region Zürich<br />

, ... , ,. . .......<br />

• wenig Grünraum<br />

• grosser Grünraum ohne Erfüllung der ökologischen Qualitätsziele<br />

gemäss Teilprojekt 1.8<br />

• grosser Grünraum mit Erfüllung der ökologischen Qualitätsziele<br />

gemäss Teilprojekt 1.8<br />

• geringe Lebenqualität<br />

• hohe Lebensqualität<br />

Tab. 3.8 Fürdie Konsistenzmatrix ausgewählte Einflussfaktoren mitden zugewiesenen Ausprägungen.<br />

Es lassen sich zu jedem Einflussfaktor<br />

Ausprägungen definieren.<br />

Ausprägungen veranschaulichen,<br />

wie sich die einzelnen Einflüsse<br />

in Zukunft entwickeln können<br />

(vgI. Abschnitt 2.1.3). So lassen<br />

sich Trends darstellen. Das Ziel<br />

der Szenarioanalysegruppe war<br />

es, in einer Gruppendiskussion<br />

für jeden Einflussfaktor zwei bis<br />

drei möglichst gegensätzliche,<br />

aber trotzdem wahrscheinliche<br />

Ausprägungen zu definieren. Dabei<br />

stellte sich heraus, dass gewisse<br />

Einflussfaktoren nochmals<br />

genauer definiert werden mussten,<br />

vor allem hinsichtlich de<br />

räumlichen Ausdehnung (Zeitgeist<br />

im Raum Zürich, Lebensqualität<br />

im Quartier, etc.). Tabelle<br />

3.8 gibt einen Überblick über die<br />

Einflussfaktoren <strong>und</strong> deren genaue<br />

Definitionen, wie sie von<br />

der Szenarioanalysegruppe verwendet<br />

wurden.<br />

Einllussfaktor<br />

......_....-----_._...._ ........_.><br />

§ "<br />

~ '§<br />

".~<br />

~<br />

~<br />

-g<br />

i<br />

"g<br />

~<br />

I<br />

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'"<br />

i I iIJ m ~<br />

a: §<br />

jj ~<br />

i ~<br />

~ I<br />

>- w z CD a.<br />

"<br />

Ausprägungen<br />

Gesetzgebung<br />

Verschärfung ökologisch<br />

Verschärfung Baugeselze<br />

Lockerung<br />

Zeitgeist<br />

ökologische Veränderungen<br />

ökonomische Veränderungen<br />

soziale Veränderungen<br />

Technologieentwicklu Innovativ<br />

nicht innovativ<br />

Energieprais<br />

k an<br />

leibt gleich<br />

Nutzungsmischung minimale Anforderungen<br />

optimale Nutzungsmischung<br />

Lobbles<br />

Ausbau Dienstleistungen<br />

FOrderung Mischnutzung<br />

Attraktivität Standort fOr rivate Inv. gOnstig<br />

fOr private lnv. ni-eht gOnstig<br />

reis<br />

hoch<br />

lief<br />

g/ReaJ.·GrQnraum wenig Grünraum<br />

grosser GrOnraum mit Erf. QuaL-Ziel<br />

grosser Grünraum ohne Erf. Qual.·Ziel<br />

Lebensqualität<br />

geringe Lebansqualität<br />

hohe labensqualität<br />

-1<br />

1<br />

2 -1 1<br />

1 -1 2<br />

·1 1 0 1<br />

1 0 0 0<br />

1 0 0 1 0<br />

0 0 1 0 0<br />

-1 0 1 -1 0 -1<br />

1 0 0 2 0<br />

1 0 0 1 0<br />

·1 -1 1 0 0<br />

1 0 1<br />

Abb. 3.9 Konsistenzmatrix.<br />

Die Zahlen haben folgende<br />

Bedeutung:<br />

-1 = inkonsistent,<br />

d.h. die beiden Ausprägungen<br />

können nicht<br />

gleichz-eitig auftreten<br />

o = unabhängig,<br />

d.h. die beiden Ausprägungen<br />

haben keinen<br />

Zusammenhang<br />

1 = fördernd,<br />

d.h. die beiden Ausprägungen<br />

beeinflussen sich<br />

gegenseitig positiv<br />

2 = bedingend,<br />

dh. die beiden Ausprägungen<br />

können nur<br />

gleichzeitig auftreten<br />

216 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________~<br />

3.9 Die Gr<strong>und</strong>lage zur Bewertung der<br />

Szenarien: die Konsistenzmatrix<br />

Die Konsistenzmatrix zeigt, welche Kombinationen<br />

von Ausprägungen zusammen vorkommen können<br />

<strong>und</strong> welche nicht (siehe Schritt 8 «Trendprojektionen»<br />

im Abschnitt 2.2). Die mathematische Auswertung<br />

der Konsistenzmatrix liefert eine Liste der<br />

konsistenten <strong>und</strong> der nicht-konsistenten Szenarien.<br />

Die nicht-konsistenten Szenarien enthalten Kombinationen<br />

von Ausprägungen, welche sich nach der<br />

Beurteilung der Szenarioanalysegruppe gegenseitig<br />

ausschliessen. Solche Szenarien werden gemäss<br />

unseren Annahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

nie eintreffen. Im Gegensatz dazu stellen die konsistenten<br />

Szenarien zukünftige Zustände dar, die<br />

in sich widerspruchsfrei sind. Diese Szenarien haben<br />

viel bessere Chancen, später einmal Realität zu<br />

ierden.<br />

Die Konsistenzmatrix wurde von der ganzen Gruppe<br />

gemeinsam ausgefüllt. Dabei ergaben sich zum<br />

Teil lange <strong>und</strong> heftige Diskussionen. Insbesondere<br />

der Zusammenhang zwischen Altlastensanierung,<br />

Bodenpreis <strong>und</strong> Standortattraktivität war umstritten.<br />

Die vollständige Konsistenzmatrix ist in Abbildung<br />

3.9 dargestellt.<br />

4.<br />

Resultate<br />

4.1 Szenarien (ar die vier<br />

Planungsvarianten<br />

Szenarioanalyse<br />

Die Varianten lassen vieles offen. Es ist deshalb möglich,<br />

verschiedene Annahmen über ihre weitere Ausgestaltung<br />

zu treffen. Beim Zusammenstellen der<br />

Variantenszenarien wurde versucht, diejenigen Ausprägungen<br />

der Einflussfaktoren zu finden, welche<br />

den einzelnen Varianten am besten entsprachen.<br />

Die Wahl der Annahmen sollte nachvollziehbar<br />

sein. Um dies zu erreichen, versuchte die Szenarioanalysegruppe,<br />

die Hauptstossrichtungen der einzelnen<br />

Varianten zu bestimmen. Dazu gehören z.B. ökologische,<br />

wirtschaftsfre<strong>und</strong>liche oder andere Ansätze<br />

in den Variantenbeschreibungen. Diese' Ansätze<br />

wurden als Leitlinien bei der Konkretisierung der<br />

Varianten verwendet. Einen Überblick über die<br />

Variantenszenarien bietet die Tabelle 4.1.<br />

4.1.1 Argumente zur Zuweisung der Ausprägungen<br />

1. Einflussfaktor «Gesetzgebung"<br />

Gemäss den Angaben des Teilprojekts 1.8 «Ökosystem<br />

Areal» (vgI. Kapitel KURZBERICHTE) bieten<br />

Variantenszenario Yariantenszenario Yariantenszenario Variantenszenario<br />

GrünraullI Kunsthochschule WerkStadt Industrienahe Nutzung<br />

Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit Nur Verschärfung im Bau- Verschärfung der Gesetze mit Lockerung in beiden<br />

ökologischem Schwerpunkt gesetzbereich ökologischem Schwerpunkt Bereichen<br />

zeitgeist Bereitschaft zu sozialen Ver- Bereitschaft zu ökologischen Bereitschaft zu ökologischen Bereitschaft zu ökonomiänderungen<br />

oder sozialen oder wirt- oder sozialen Veränderungen sehen Veränderungen<br />

schaftlichen Veränderungen<br />

Technologieentwicklung innovativ nicht innovativ innovativ innovativ<br />

Energiepreis steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt<br />

gleich gleich gleich gleich<br />

Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung minimale Anforderungen<br />

gemäss Gestaltungsplan<br />

Lobbies starke Öko-Lobby starke Lobby für Misch- starke Öko-Lobby oder starke starke Lobby für einen<br />

nutzung Lobby für Mischnutzung Ausbau des Dienstleistungsplatzes<br />

Zürich<br />

Attraktivität des Standorts für private Investoren für private Investoren für private Investoren für private Investoren<br />

zürich für Investoren attraktiv attraktiv attraktiv attraktiv<br />

Bodenpreis hoch tief hoch tief<br />

Planung/Realisierung grosser Grünraum ohne wenig Grünraum grosser Grünraum ohne wenig Grünraum<br />

von Grünraum Erfüllung der Qualitätsziele Erfüllung der Qualitätsziele<br />

gemäss IP 1.8 gemäss IP 1.8!<br />

Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität tiefe Lebensqualität<br />

Tab. 4.1 Überblick über die Variantenszenanen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 217


Szenarioanalyse<br />

_<br />

Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt am meisten unversiegelte<br />

Flächen. Die Teilprojektlinie 2 (Architektur <strong>und</strong><br />

Raumplanung) bezeichnet Grünraum als ökologisch<br />

beste der vier Varianten. Aufgr<strong>und</strong> dieser Bewertungen<br />

folgt, dass Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt besser auf<br />

eine Verschärfung der ökologischen Gesetze vorbereitet<br />

sind als Kunsthochschule <strong>und</strong> Industrienahe<br />

Nutzung. Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt erhielten daher<br />

die Ausprägung


---------------------------- Szenarioanalyse<br />

8. Einflussfaktor «Bodenpreis»<br />

Für grosse Grünflächen sind umfangreiche Sanierungen<br />

des Bodens nötig (Teilprojekt 1.6.). Damit es<br />

sich lohnt, den Boden zu sanieren, muss der Bodenpreis<br />

höher sein als die Sanierungskosten. Ohne<br />

Sanierung aber ist eine Neubebauung des Areals<br />

nicht möglich.<br />

Für Varianten mit grossem Grünraumanteil sind<br />

deshalb höhere Bodenpreise anzusetzen.<br />

9. Einflussfaktor «Planung/Realisierung Vim Griinraum»<br />

Die vom Teilprojekt 1.8. angestrebten Qualitätsziele<br />

werden von keiner der vier Varianten erreicht. Der<br />

einzige Unterschied liegt in der Grösse der unversiegelten<br />

Fläche (Teilprojekt 1.8., 2.2.).<br />

Deshalb wählten wir für Griinraum <strong>und</strong> WerkStadt<br />

je kompatible Ausprägung «grosser Grünraum ohne<br />

Erfüllung der Qualitätsziele», für Kunsthochschule <strong>und</strong><br />

Industrienahe Nutzung dagegen «wenig Grünraum».<br />

1O. Einflussfaktor «Lebensqualitiit»<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Definition der Lebensqualität schneidet<br />

Industrienahe Nutzung am schlechtesten ab: sowohl<br />

Wohnanteil als auch Kultur-/Freizeitangebot<br />

sind hier am kleinsten. Das entspricht einer geringen<br />

Lebensqualität.<br />

Zwischen Griinraum, Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStadt<br />

gibt es nur geringe Unterschiede (Teilprojekt 2.2.).<br />

Die Lebensqualität wurde bei diesen drei Projekten<br />

als gut eingestuft.<br />

Konsistenzanalyse<br />

a) Variantenszenario Griinraum<br />

Beschreibung<br />

Der Schwerpunkt dieses Szenarios liegt auf verstärktem<br />

<strong>Umwelt</strong>bewusstsein. Verschärfte <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong><br />

Baugesetze, Bereitschaft zu ökologischen Veränderungen,<br />

eine starke «grüne» Lobby <strong>und</strong> viel Grünraum<br />

beschreiben eine Gesellschaft, die <strong>Umwelt</strong>schutzforderungen<br />

ernst nimmt.<br />

Weiter wird eine starke Nutzungsmischung mit<br />

hoher Lebensqualität angestrebt. Die Technologieentwicklung<br />

ist innovativ, der Bodenpreis <strong>und</strong> die<br />

Attraktivität Zürichs sind hoch.<br />

Konsistenzanalyse<br />

In diesem Szenario gibt es zwei Inkonsistenten:<br />

Eine verschärfte <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Baugesetzgebung<br />

steht im Konflikt mit einer hohen Standortattrakti-<br />

vität für private Investoren. Bei hohen Bodenpreisen<br />

ist es nicht zu erwarten, dass viel Grünraum geplant<br />

wird.<br />

Die erste Inkonsistenz (Gesetzgebung vs. Attraktivität)<br />

ist nur vorhanden, solange <strong>Umwelt</strong>schutz vor<br />

allem mit Kosten in Verbindung gebracht wird. Die<br />

Szenarioanalysegruppe hielt jedoch eine Überwindung<br />

dieses Vorurteils in den nächsten Jahren für<br />

unrealistisch.<br />

Die Ausprägung «hoher Bodenpreis» ist dagegen<br />

problematisch. Der Zusammenhang zwischen Altlastensanierungen<br />

<strong>und</strong> Bodenpreis ist zwar vernünftig,<br />

wird aber von vielen anderen Einflüssen<br />

überlagert.<br />

b) Variantenszenario Kunsthochschule<br />

Beschreibung<br />

Die Kultur hat in Kunsthochschule, wie schon <strong>durch</strong><br />

den Namen zum Ausdruck kommt, eine grosse Bedeutung.<br />

Dieser Schwerpunkt kommt im Variantenszenario<br />

Kunsthochschule nirgends richtig zur Geltung.<br />

Am ehesten drückt er sich in der hohen Lebensqualität<br />

<strong>und</strong> in Förderung <strong>und</strong> Erhaltung einer optimalen<br />

Mischnutzung aus.<br />

Über den Zeitgeist macht das Szenario keine Aussage.<br />

In gesetzlicher Hinsicht wird eine Verschärfung<br />

angenommen. Die Technologieentwicklung ist nicht<br />

innovativ. Die Attraktivität Zürichs für Investoren<br />

ist hoch, der Bodenpreis tief. Grünraum wird wenig<br />

geplant.<br />

Konsistenzanalyse<br />

In diesem Szenario bestehen Wahlmöglichkeiten, da<br />

die Ausprägung des Einflussfaktors «Zeitgeist» nicht<br />

festgelegt wurde. Trotzdem lässt sich kein konsistentes<br />

Unterszenario bilden.<br />

Die Ausprägung «wenig Grünraum» ist sowohl<br />

inkonsistent mit einer optimalen Mischnutzung als<br />

auch mit einer starken Lobby, die sich für gemischte<br />

Nutzungen einsetzt. Weiter sind die verschärften<br />

Baugesetze mit einer hohen Attraktivität Zürichs<br />

für Investoren unverträglich. Auch hier nahm die<br />

Szenarioanalyse an, dass sich die Haltung der Investoren<br />

nicht so bald ändern werden.<br />

Der kleine Grünraum fällt bei der Konsistenzanalyse<br />

dieses Szenarios stark ins Gewicht. Dahinter<br />

steht die Annahme, dass zu einer guten Nutzungsmischung<br />

auch ein grosser Grünraum gehört. Beachtet<br />

werden muss in diesem Zusammenhang, dass die<br />

Bezeichnung «klein» sich auf den Vergleich mit den<br />

anderen Varianten bezieht.<br />

Die Wahl der Ausprägung «verschärfte Gesetze» ist<br />

eine Annahme, die nicht zwingend aus der Variantenbeschreibung<br />

folgt. Die Inkonsistenz zwischen<br />

strengen Baugesetzen <strong>und</strong> Attraktivität für private<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

219


Szenarioanalyse'-- ~ ~ _<br />

Investoren wird von Vertretern der Wirtschaft immer<br />

wieder betont. Ob das stimmt, muss dahingestellt<br />

bleiben, solange sich die Investoren tatsächlich so<br />

verhalten.<br />

c) Variantenszenario WerkStadt<br />

Beschreibung<br />

Das' Szenario für WerkStadt ist weitgehend identisch<br />

mit dem Szenario für Grünraum. Die beiden einzigen<br />

Unterschiede betreffen die Einflussfaktoren<br />

«Zeitgeist» <strong>und</strong> «Lobbies». Zusätzlich zu den bei<br />

Grünraum gewählten Ausprägungen «Bereitschaft<br />

zu ökologischen Veränderungen» bzw. «starke Öko­<br />

Lobby» sind hier auch «Bereitschaft zu sozialen<br />

Veränderungen» bzw. «(Lobby für) Mischnutzung<br />

(Bauamt II»> möglich.<br />

Konsistenzanalyse<br />

Auch hier herrscht weitgehend Übereinstimmung<br />

mit Grünraum. Allerdings ergibt sich eine neue<br />

Inkonsistenz zwischen der Förderung der Mischnutzung<br />

<strong>und</strong> dem hohen Bodenpreis.<br />

Wie schon bei Grünraum erwähnt, ist die Ausprägung<br />

«hoher Bodenpreis» problematisch. Sie wurde<br />

gewählt, weil bei WerkStadt ein hoher Altlasten­<br />

Sanierungsbedarf besteht. Andere mögliche Einflüsse<br />

wurden vernachlässigt.<br />

d) Variantenszenario Industrienalle Nutzung<br />

Beschreibung<br />

Die /ndustrienahe Nutzung ist geprägt <strong>durch</strong> die industrienahe<br />

Produktion. Entsprechend wurden für<br />

das Variantenszenario eine innovative Technologieentwicklung,<br />

geringe Lebensqualität, ein wirtschaftsfre<strong>und</strong>licher<br />

Zeitgeist, nur geringe Nutzungsmischung<br />

<strong>und</strong> eine hohe Attraktivität Zürichs für<br />

private Investoren angenommen.<br />

Weiter wurde angenommen, dass in einem Umfeld,<br />

das im konventionellen Sinn wirtschaftsfre<strong>und</strong>lich<br />

ist, nur wenig Grünraum geschaffen <strong>und</strong> die ökologisch<br />

relevanten Gesetze gelockert werden. Da<strong>durch</strong><br />

sinkt die Lebensqualität.<br />

Der Bodenpreis wurde wegen des geringen Altlasten-Sanierungsbedarfs<br />

als relativ tief angenommen.<br />

In einem allgemein wirrschaftsfre<strong>und</strong>lichen<br />

Klima erfolgt ein Ausbau des Dienstleistungsplatzes<br />

Zürich.<br />

Konsistenzanalyse<br />

Das Variantenszenario zu /ndustrienahe Nutzung ist<br />

als einziges in vollem Umfang konsistent (vgl. Tab.<br />

4.2).<br />

4.3 Vergleich der Variantenszenarien<br />

Allgemein<br />

Die Szenarien zu Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt sind<br />

sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich nur bei den<br />

Einflussfaktoren Zeitgeist <strong>und</strong> Lobbies, wo bei<br />

WerkStadt jeweils eine zusätzliche Ausprägung möglich<br />

ist.<br />

Ähnlichkeiten mit den Variantenszenarien Grünraum<br />

<strong>und</strong> WerkStadtweist auch das Variantenszenario<br />

Kunsthochschule auf. Unterschiede gibt es bei der<br />

Technologieentwicklung, beim Bodenpreis <strong>und</strong> bei<br />

der Planung <strong>und</strong> Realisierung von Grünraum.<br />

Variantenszenario K Variantenszenario K Variantenszenario K<br />

Griillrllilltl Kllllsthochschllle WerkStlldt<br />

Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit 1 Nur Verschärfung im Bau- 3 Verschärfung der Gesetze mit 6<br />

ökologischem Schwerpunkt gesetzbereich ökologischem Schwerpunkt<br />

Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung 4<br />

..<br />

Lobbies starke Lobby für Misch- 5 starke Öko-Lobby oder starke 7<br />

nutzung<br />

Lobby für Mischnutzung<br />

Attraktivität des Standorts für private Investoren 1 für private Investoren 3 für private Investoren 6<br />

Zürich für Investoren attraktiv attraktiv attraktiv<br />

Bodenpreis hoch 2 hoch 7<br />

8<br />

Planung/Realisierung von grosser Grünraum ohne 2 wenig Grünraum 4 grosser Grünraum ohne 8<br />

Grünraum Erfüllung der Quaiitätsziele 5 Erfüllung der Quaiitätsziele<br />

gemäss TP 1.8 gemäss TP 1.8<br />

Tab. 4.2 Übersicht iiber die lnkonsistenz-en der Variantensz-enarien. Es sind nur diejenigen Einf/ussfaktoren bzw. Ausprägungen aufgefiihrt, welche fiir<br />

die Inkonsistenzen verantwortlich sind. In der Spalte K sindjeweils die Ausprägungen mit derselben Ziffer bez-eichnet, die sich gegenseitig ausschliessen, resp.<br />

inkonsistent sind.<br />

220 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


---~------------------------ Szenarioanalyse<br />

Das Variantenszenario /ndustrienahe Nutzung unterscheidet<br />

sich stark von allen anderen Szenarien.<br />

Übereinstimmungen gibt es bei Planung <strong>und</strong> Realisierung<br />

von Grünraum <strong>und</strong> beim Bodenpreis mit<br />

dem Variantenszenario Kunsthochschule, bei der Technologieentwicklung<br />

mit den Variantenszenarien<br />

Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt, bei der Attraktivität des<br />

Standorts Zürich mit allen Variantenszenarien.<br />

Konsistenz: Variantenszenario /ndustrienahe Nutzung><br />

Varianrenszenario Grünraum > Variantenszenario<br />

WerkStadt > Variantenszenario Kunsthochschule.<br />

Für die einzelnen konsistenten Szenarien ergeben<br />

sich folgende Änderungen:<br />

Konsistentes Szenario Grünraum+ wie Variantenszenario<br />

Grünraum, aber tiefer Bodenpreis <strong>und</strong> tiefe<br />

Attraktivität Zürichs für private Investoren.<br />

Konsistentes Szenario Kunsthochschule+ wie Variantenszenario<br />

Kunsthochschule, aber tiefe Attraktivität<br />

Zürichs für private Investoren <strong>und</strong> viel Grünraum<br />

mit Erfüllung der Qualitätsziele.<br />

Konsistentes Szenario WerkStadt+ wie Variantenszenario<br />

WerkStadt, aber tiefer Bodenpreis <strong>und</strong> tiefe<br />

Attraktivität Zürichs für private Investoren.<br />

4.4 Konsistente Szenarien zu den<br />

Varianten<br />

Drei der vier Variantenszenarien, die wir erstellten,<br />

ind nicht konsistent. Wie lassen sich diese Variante1lsze1larie1l<br />

in konsiste1lte Szenarie1l zu den Variantetl<br />

umwandeln?<br />

Die konsistenten Szenarien zu den Varianten sollten<br />

den ursprünglichen' Variantenszenarien möglichst<br />

ähnlich sein. Solche Szenarien liessen sich mit<br />

Hilfe der Liste der konsistenten Szenarien leicht<br />

bestimmen. Zu einigen Variantenszenarien fanden<br />

wir mehrere gleich ähnliche konsistente Szenarien.<br />

In diesen Fällen wählten wir dasjenige konsiste.nte<br />

Szenario, das bei der additiven Bewertung der Konsistenz<br />

am besten abschnitt (vgl. auch Tab. 4.4).<br />

Konsistentes Szenario Konsistentes Szenario Konsistentes Szenario<br />

Gl'iilll'lIllm+ Klllistliocllscllule+ Wel'lISladt+<br />

Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit Nur Verschärfung im Baugesetz- Verschärfung der Gesetze mit<br />

ökologischem Schwerpunkt bereich ökologischem Schwerpunkt<br />

Zeitgeist Bereitschaft zu sozialen Ver- Bereitschaft zu ökologischen oder Bereitschaft zu ökologischen oder<br />

änderungen sozialen oder wirtschaftlichen sozialen Veränderungen<br />

Veränderungen<br />

Technologieentwicklung innovativ nicht innovativ innovativ<br />

........... ~ ..<br />

Energiepreis steigt stark an oder bleibt gleich steigt stark an oder bleibt gleich steigt stark an oder bleibt gleich<br />

Nutzungsmiscllung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung<br />

Lobbies starke Öko-Lobby starke Lobby für Mischnutzung starke Öko-Lobby oder starke Lobby<br />

für Mischnutzung<br />

Attraktivität des Standorts Zürich für private Investoren nicht attraktiv für private Investoren nicht attraktiv für private Investoren nicht attraktiv<br />

für Investoren<br />

Ilodenpreis tief tief tief<br />

Planung/Realisierung von GlÜnrallm grosser Grünraum ohne Erfüllung grosser Grünraum mit Erfüllung grosser Grünraum ohne Erfüllung<br />

der Qualitätsziele gemäss TP 1.8 der Qualitätsziele gemäss TP 1.8 der Qualitätsziele gemäss TP 1.8<br />

Lebensqllalität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität<br />

Tab. 4.4 Konsistente Szenarien zu den Varianten Grünraum, Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStadt.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 221


Szenarioanalyse<br />

5. Bewertung der Wiinschbarkeit<br />

der Varianten<br />

5.1 Methodik<br />

Eine Bewertung der Wünschbarkeit der Varianten<br />

wurde mit Hilfe des computergestützten Entscheidungshilfe-Programms<br />

MAUD (The London School<br />

of Economics, 1986) <strong>durch</strong>geführt. Das MAUD­<br />

Programm unterstützt die Entscheidungsfindung bei<br />

der Auswahl zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten.<br />

Es geht davon aus, dass Personen<br />

Handlungsoptionen anhand bestimmter Kriterien<br />

beurteilen. Als erstes werden diese Kriterien festgelegt.<br />

Anschliessend beurteilt der Befragte, wie<br />

weit die verschiedenen Handlungsoptionen diesen<br />

Kriterien entsprechen. In einem weiteren Schritt legt<br />

er mit Hilfe einer computergestützten Abfrage fest,<br />

welches Gewicht, die einzelnen Kriterien erhalten<br />

sollen. Aus diesen Angaben bestimmt das MAUD­<br />

Programm die vom Befragten aus gesehen beste<br />

Wahl. (Eine ausführliche Beschreibung des Programms<br />

MAUD findet sich im Kapitel RAUM~NuT­<br />

ZUNGS- VERHANDLUNGEN, Abschnitt 4).<br />

net) weicht dagegen in den folgenden Punkten von<br />

der Bewertung der Variantenszenarien ab:<br />

• Biotopflächenfaktor: es wird bei KUllsthochschule+<br />

von einer grossen Fläche ausgegangen, deshalb<br />

verbessert sich der Wert auf 3.4.<br />

• Rendite: <strong>durch</strong> tiefere Attraktivität <strong>und</strong> tiefe<br />

Bodenpreise werden die Renditen schlechter.<br />

Deshalb sinkt der Wert bei allen +-Szenarien.<br />

• Leerstandrisiko: Dieser Faktor verhält sich unterschiedlich,<br />

je nachdem ob Büroräume oder Wohnungen<br />

betroffen sind. Für Büroräume wird er eher<br />

grösser, für Wohnungen dagegen eher kleiner,<br />

wenn der Standort Zürich weniger attraktiv ist<br />

oder wenn die Bodenpreise sinken. Deshalb wurde<br />

mangels genauerer Daten keine Änderungen vorgenommen.<br />

e Nutzungsmischung: bei tiefen Bodenpreisen werden<br />

wahrscheinlich die öffentliche Hand oder<br />

Genossenschaften mehr eingreifen. Deshalb sind<br />

bessere Nutzungsmischungen möglich.<br />

e Integration: die bessere Nutzungsmischung bewirkt<br />

bei WerkStadt+ <strong>und</strong> Griillraum+ eine verstärkte<br />

Integration in den Kreis 5.<br />

5.3 Ergebnisse<br />

_<br />

5.2 Vorgehen Gewichtung der. Bewertullgskriterien<br />

Bewertet wurden nicht die Varialltellsze1larie1l, sondern<br />

die kOllsistelltell Szcllarie1l zu den Varianten. Die<br />

Bewertungskriterien <strong>und</strong> die Beurteilung der Varianten<br />

anhand dieser Kriterien wurden von der Raumllutzullgsverhalldlullg<br />

übernommen <strong>und</strong> angepasst.<br />

Die Bewertung der <strong>Umwelt</strong>belastung beruht auf<br />

einer provisorischen Version der Ökobilanz. Tabelle<br />

5.2 enthält die Bewertung der sieben Variantenszenarien:<br />

Die Bewertung der Varianten in den ersten vier<br />

Spalten wurde unverändert übernommen. Die Bewertung<br />

der konsistenten Szenarien (mit + bezeich-<br />

Die Kriterien wurden aus der Sicht von <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftern<br />

<strong>durch</strong> die Szenarioanalysegruppe<br />

mit Hilfe des Programmes MAUD gewichtet.<br />

Daraus ergab sich<br />

Kriterium<br />

Gewicht die in der Tabelle<br />

<strong>Umwelt</strong>belastung<br />

51%<br />

5.3.1 dargestellte<br />

Rendite<br />

Biotopflächenfaktor<br />

Nutzungsmischung<br />

Integration<br />

Leerstandsrisiko<br />

16%<br />

12%<br />

9%<br />

7%<br />

5%<br />

Reihenfolge<br />

Bewertung.<br />

der<br />

Tab. 5.3.1 Ge"iJi)ichtung<br />

der Bewertungskriterien.<br />

Industrienahe Werkstadt Kunst!loc!l· Grünraum Werkstadt+ Kunst!loc!l· Grünraum+<br />

Nutzung sc!lule schule+<br />

Iliotopfliic!lenfaktor 2.6 3.2 2.4 3.4 3.2 3.4 3.4<br />

<strong>Umwelt</strong>belastllng 5.0 5.0 4.4 5.0 5.0 4.4 5.0<br />

Rendite 3.8 4.4 3.6 4.4 4.0 3.0 4.0<br />

i.eerstandrisiko 6.0 7.4 8.0 7.6 7.6 8.0 7.6<br />

Nutzungsmischung 3.0 4.6 4.6 7.2 5.4 5.0 7.4<br />

Integration in den Kreis 5 5.0 8.0 8.0 7.0 8.4 8.0 7.4<br />

Tab. 5.2 Bewertung der Variantenszenarien.<br />

Die Bewertung erfolgte aufeiner Skala von null bis neun. Dabei ist nulljeweils das negative Ende der Skala (Biotopflächenfaktor tief <strong>Umwelt</strong>belastung<br />

hoch. Rendite tief Leerstandrisiko hoch. Nutzungsmischung gering. Integration in den Kreis 5 tief), neun das positive (Biotopflächenfaktor hoch. <strong>Umwelt</strong>belastung<br />

tief Rendite hoch. Leestandrisiko tief Nutzungsmischung optimal, Integration in den Kreis 5 gut).<br />

222 UNS· <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------~---- Szenarioanalyse<br />

Die <strong>Umwelt</strong>belastung wurde ganz klar am stärksten<br />

gewichtet. Interessant ist, dass die Rendite an<br />

zweiter Stelle auftritt. Dies zeigt, welche Bedeutung<br />

den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugemessen<br />

wurde. Das Leerstandsrisiko wurde als wenig<br />

wichtig betrachtet; dies steht aber im Widerspruch<br />

mit der Gewichtung der Rendite.<br />

Wünschharkeit der Varianten nach MAUD<br />

Aus den angegebenen Gewichtungen berechnetete<br />

MAUD unsere Präferenzen bezüglich der Varianten<br />

(vgl. Tab. 5.3.2).<br />

6. Diskussion<br />

Das ursprüngliche Ziel der Szenarioanalysegruppe<br />

bestand darin, die vier Varianten nach ökologischen,<br />

ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Kriterien zu bewerten.<br />

Im Laufe der Arbeit wurde daraus eine Bewertung<br />

,der Realisierbarkeit <strong>und</strong> der Wünschbarkeit der<br />

Varianten. Über die inhaltlichen Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

der einzelnen Projekte dagegen können aufgr<strong>und</strong><br />

der Szenarioanalyse selbst keine Aussagen gemacht<br />

werden. Deshalb setzte die Szenarioanalysegruppe<br />

für diese Bewertung das Entscheidungshilfe-Programm<br />

MAUD ein.<br />

Szenario<br />

Grünraum<br />

Grünraum+<br />

Werkstadt<br />

Werkstadt+<br />

Industrienahe Nutzung<br />

Kunsthochschule+<br />

Kunsthochschule<br />

Interpretation<br />

Präferenz-Wert<br />

0.96<br />

0.92<br />

0.90<br />

0.88<br />

0.62<br />

0.27<br />

0.21<br />

Tab. 5.3.2 Wünschbarkeit<br />

der Varianten.<br />

Die Zahlen sind Indices<br />

für die Stärke der Präferenzen.<br />

Der Wert 1<br />

entspricht der besten<br />

der betrachteten Varianten<br />

in Bezug auf alle<br />

Kriterien, der Wert 0 der<br />

schlechtesten.<br />

Die Unterschiede, die zwischen den vier ersten<br />

Varianten (Grünraum, Grünraum+, WerkStadt, Werk­<br />

Stadt+) bestehen, sind sehr klein verglichen mit der<br />

Unsicherheit bei der Bewertung. Deshalb können<br />

die ersten vier Varianten als gleichwertig betrachtet<br />

werden.<br />

Wegen der besseren Rendite <strong>und</strong> der geringeren<br />

<strong>Umwelt</strong>belastung schneidet die Variante Industrienahe<br />

Nutzung besser ab als die Variante Kunsthoch­<br />

'chule. Deren schlechtes Abschneiden hängt mit der<br />

.iinseitigkeit der Variante <strong>und</strong> dem kleinen Grünraumanteil<br />

zusammen. Es ist auch möglich, dass<br />

unsere Bewertungskriterien die Qualitäten dieser<br />

Variante bezüglich Kultur gar nicht erfasst haben.<br />

Diese Reihenfolge entspricht der Wünschbarkeit<br />

der einzelnen Varianten aus Sicht von <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftern,<br />

gibt aber keine Auskunft über ihre<br />

Realisierbarkeit.<br />

Mangelnde Daten, mangelndes fachwissen<br />

Bei der Arbeit an der Szenarioanalyse wurde bald<br />

klar, dass die Beschreibungen der Varianten viele<br />

Fragen offenlassen, wenn eine differenzierte Bewertung<br />

erfolgen soll. Über die konkrete Gestaltung<br />

der Freiflächen sind zum Beispiel keine Angaben<br />

vorhanden, ebensowenig über die Art der Energieversorgung.<br />

Aus der Sicht der Szenarioanalysegruppe<br />

sind diese Informationen jedoch wesentlich <strong>und</strong> sollten<br />

deshalb in Planungsprojekten gr<strong>und</strong>sätzlich ent~<br />

halten sein. Aufgr<strong>und</strong> dieser Informationslücken wan<br />

die Szenarioanalysegruppe oft gezwungen, Annahmen<br />

zu treffen. Dabei wurde versucht, diese Annahmen<br />

im Sinn der Autoren der jeweiligen Varianten<br />

zu treffen. Trotzdem floss hier unser Bild von den<br />

Varianten mit ein. Unter anderem könnten auch<br />

die Bezeichnung der Varianten (


Szenarioanalyse<br />

einflossen. Wir definierten Lebensqualität als Zusammenfassung<br />

von Wohnqualität <strong>und</strong> Kultur-/Freizeitangebot.<br />

Die Wohnqualität ihrerseits wird vor<br />

allem von der Nutzungsmischung bestimmt. Das bedeutet,<br />

dass ein lebendiges, <strong>durch</strong>mischtes Stadtquartier<br />

die höchste Lebensqualität aufweist. Diese<br />

Ansicht ist zwar nachvollziehbar, muss aber noch<br />

lange nicht für jedermann zutreffen.<br />

Definitionen von Einflussfaktoren <strong>und</strong> Ausprägungen<br />

Einige Definitionen für die Einflussfaktoren <strong>und</strong><br />

Ausprägungen, wie sie in den Abschnitten 3.2 <strong>und</strong><br />

3.5 dargestellt werden, erwiesen sich zu einem späteren<br />

Zeitpunkt als problematisch. Die Abkürzung<br />

«Bodenpreis» zum Beispiel verleitete dazu, statt<br />

über den Preis «verglichen mit ähnlichen Lagen in<br />

Zürich» über den absoluten Bodenpreis zu diskutieren.<br />

Auch der Einflussfaktor «Zeitgeist» erwies<br />

sich als nicht ganz so selbsterklärend, wie am Anfang<br />

angenommen wurde. Es macht einen rechten Unterschied,<br />

ob man unter Zeitgeist die Stimmung in<br />

einem Quartier, einer Stadt oder in einem Staat<br />

versteht.<br />

Entscheidungsfindung <strong>und</strong> Gruppendiskussionen<br />

Wie andere <strong>Fallstudie</strong>ngruppen auch, verbrachten<br />

wir einen grossen Teil unserer Zeit mit dem Austausch<br />

<strong>und</strong> der Diskussion von Meinungen <strong>und</strong><br />

Informationen. Bis alle vierh<strong>und</strong>ert Felder der Einflussmatrix<br />

ausgefüllt waren, dauerte es einige St<strong>und</strong>en.<br />

Obwohl wir immer wieder Pausen einlegten,<br />

zeigte sich phasenweise die Müdigkeit recht deutlich.<br />

So fielen am Schluss die Entscheidungenverstärkt<br />

nach dem Mehrheitsprinzip.<br />

Schwierigkeiten bereitete die Umstellung von der<br />

Einfluss- zur Konsistenzmatrix. Beim Ausfüllen der<br />

Einflussmatrix lautet die Frage, ob A einen grossen,<br />

kleinen oder gar keinen Einfluss auf B habe. In der<br />

Konsistenzmatrix dagegen wird eingetragen, ob A<br />

<strong>und</strong> B sich gegenseitig ausschliessen, nicht beeinflussen,<br />

fördern oder bedingen. Es geht also bei der<br />

Konsistenzmatrix um eine gegenseitige, nicht um<br />

eine kausale (einseitige) Betrachtungsweise. Trotzdem<br />

blieben wir oft bei der Frage hängen, wie wir<br />

damit umgehen sollten, dass A zwar B sehr stark<br />

fördert, B dagegen kaum Einfluss auf A hat.<br />

7. Schlussfolgerungen<br />

7.1 Aussagen über die Varianten<br />

Die Variantenszenarien unterscheiden sich sowohl<br />

hinsichtlich der Ausprägungen als auch der Konsistenz.<br />

Das Mass der Konsistenz eines Szenarios sagt<br />

aber nichts über dessen Wünschbarkeit aus! Die<br />

Konsistenzanalyse bewertet einzig die innere Widersprüchlichkeit<br />

von Szenarien. Die Wünschbarkeit<br />

eines Szenarios dagegen hängt bei gegebener<br />

Situationsanalyse - von den Päferenzen des jeweiligen<br />

Betrachters ab.<br />

Die Szenarioanalysegruppe erwartete, dass sich<br />

die Projekte der Architekturstudenten (Grünraum,<br />

WerkStadt, Kunsthochschule; vgl. Kapitel DER FALL,<br />

Abschnitt 5) untereinander nicht, vom Vorschlag, der<br />

im Auftrag der Sulzer-Escher Wyss erarbeitet wurde<br />

(Industrienahe Nutzung), aber stark unterscheide!<br />

würden. Diese Erwartung hat sich überraschenderweise<br />

nur teilweise bestätigt.<br />

Das Variantenszenario Industrienahe Nutzung unterscheidet<br />

sich deutlich von den übrigen Szenarien.<br />

Auffällig ist, dass es das einzige vollständig konsistente<br />

Szenario ist. Dies könnte auf die grössere<br />

Erfahrung der Planenden zurückzuführen sein.<br />

Entgegen unseren Erwartungen gibt es auch zwischen<br />

den Variantenszenarien GrünTaum, Kunsthoche<br />

schule <strong>und</strong> WerkStadt Unterschiede. Während die<br />

Variantenszenarien Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt fast<br />

identisch sind, weicht das Variantenszenario Kunsthochschule<br />

ab: Es ist deutlich inkonsistenter. Aufgr<strong>und</strong><br />

der Szenarioanalyse dürfte Kunsthochschule nur<br />

schwer realisierbar sein. Es ist aber auch möglich,<br />

dass unser System von Einflussfaktoren <strong>und</strong> Ausprägungen<br />

die Qualitäten von Kunsthochschule nicht<br />

erfassen kann, besonders im Bereich der Kultur.<br />

Wie im Methodenkapitel erwähnt, liefert eint<br />

Konsistenzanalyse eine Liste aller im betrachteten<br />

Modell möglichen konsistenten Szenarien. Unter<br />

diesen konsistenten Szenarien befinden sich sowohl<br />

«wirtschaftsfre<strong>und</strong>liche» Szenarien als auch «grüne»<br />

Szenarien. Ein Beispiel für ein «grünes» Szenario<br />

wäre eine leicht abgewandelte Version des Variantenszenarios<br />

GrünTaum (mit tiefem statt hohem Bodenpreis<br />

<strong>und</strong> tiefer statt hoher Attraktivität Zürichs),<br />

ein Beispiel für ein «wirtschaftsfre<strong>und</strong>liches» Szenario<br />

das Variantenszenario Industrienahe Nutzung.<br />

_<br />

7.2 Aussagekraft der Analyse<br />

Die Szenarioanalyse, die im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />

«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» <strong>durch</strong>geführt wurde, untersucht<br />

das System SEW-Areal aus der Sicht von Studierenden<br />

der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften. Andere<br />

224<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________5zenarioanalyse<br />

Analytiker hätten wohl teilweise die Schwerpunkte<br />

anders gewählt. Die vorliegende Szenarioanalyse<br />

kann nicht in einem naturwissenschaftlichen Sinn<br />

als objektiv betrachtet werden. Trotzdem stellt sie<br />

einen ersten Schritt zur Bewertung der Realisierbarkeit<br />

der untersuchten Architekturvarianten dar.<br />

Allerdings muss dabei beachtet werden, dass diese<br />

Bewertung auf der gr<strong>und</strong>legenden Annahme beruht,<br />

dass inkonsistente Entwicklungen viel weniger<br />

wahrscheinlich seien als konsistente. Einerseits ist<br />

diese These einleuchtend, wo starke Widersprüche<br />

bestehen. Andrerseits ist klar, dass wir in einer Welt<br />

voller Widersprüche leben. «Konsistenz» ist deshalb<br />

zur Beurteilung der Realisierbarkeit der Architekturvarianten<br />

nur bedingt geeignet. Entsprechend vorsichtig<br />

müssen die Resultate unserer Szenarioanalyse<br />

bewertet werden.<br />

Die Szenarioanalysegruppe befasste sich mit der<br />

Jewertung der Varianten aus zwei verschiedenen<br />

Blickwinkeln. Mittels einer Szenarioanalyse wurde<br />

die Realisierbarkeit der Projekte untersucht, mit<br />

dem Entscheidungshilfe-Programm MAUD deren<br />

Wünschbarkeit aus der Sicht der Szenariogruppe.<br />

Ein Vergleich der Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen<br />

zeigt, dass zwischen Wünschbarkeit <strong>und</strong><br />

Realisierbarkeit ein Spannungsfeld besteht. Oft ist<br />

das, was von der Szenarioanalysegruppe aus gesehen<br />

wünschbar wäre, nicht machbar <strong>und</strong> umgekehrt.<br />

Während die Realisierbarkeit vor allem von den<br />

vorgegebenen wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen abhängt, wird die<br />

Wünschbarkeit von verschiedenen Interessenvertretern<br />

ganz unterschiedlich beurteilt. Die Szenarioanalysegruppe<br />

beschränkte sich auf die Wünschbarkeit<br />

aus ihrer eigenen Perspektive. Dieses<br />

Teilresultat muss daher zu den Ergebnissen der<br />

Raumnutzungsverhandlungs-Gruppe in Beziehung ge­<br />

,etzt werden. Die Raumnutzungsverhandlungen<br />

untersuchten unter anderem die Interessen <strong>und</strong><br />

Präferenzen der Akteure, die auf die zukünftigen<br />

Nutzung <strong>und</strong> Gestaltung des SEW-Areals Einfluss<br />

nehmen.<br />

Die Wünschbarkeit eines Projekts aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />

Sicht hängt nicht nur vom<br />

Projekt selber, sondern auch von dessen Umsetzung<br />

ab. Die Art der Energieversorgung, die Wahl der<br />

Baumaterialien <strong>und</strong> ähnliche Fragen spielen bei der<br />

Bewertung eine zentrale Rolle. Da Angaben dazu in<br />

den Beschreibungen der Varianten fehlten, wurden<br />

diese Punkte im Rahmen der Szenarioanalyse zum<br />

Teil nicht berücksichtigt. Mit diesen Problemen,<br />

welche in der Szenarioanalyse nicht berücksichtigt<br />

wurden, beschäftigten sich im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />

aber die Gruppen Ökobilanzen <strong>und</strong> Umsetzung<br />

von <strong>Umwelt</strong>zielen (vgl. Die Kapitel ÖKOBJLANZ <strong>und</strong><br />

UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN).<br />

Die Ergebnisse der Szenarioanalyse müssen daher<br />

in engem Zusammenhang mit den Untersuchungen<br />

der übrigen Synthesegruppen gesehen werden. Einige<br />

Fragen, auf die im Rahmen der Szenarioanalyse<br />

nicht näher eingegangen werden konnte, werden<br />

dort vertieft behandelt.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

225


Szenarioanalyse<br />

_<br />

Literatur<br />

Forschungsverb<strong>und</strong> Lebensraum Stadt (Hrsg.) (1994): Szenarien<br />

<strong>und</strong> Handlungswege. Mögliche Zukünfte der Stadt: Stadt, Mobilität<br />

un Kommunikation im Jahr 2020 - Konsequenzen für Politik<br />

<strong>und</strong> Verwaltung. Berlin: Ernst & Sohn.<br />

Götze, U. (1993): Szenario-Technik in der strategischen Unternehmensplanung.<br />

Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.<br />

Hassler, S. & Schärli, M.A. (1995/96): Reliabilität <strong>und</strong> Validität der<br />

Szenarioanalyse Grosses Moos. Zürich: Diplomarbeit ETH.<br />

Missler-Behr M. (1993). Methoden der Szenarioanalyse. Wiesbaden:<br />

Deutscher Universitäts-Verlag GmbH.<br />

Scholz, R.W. & Koller, T. & Mieg, H. & Schmidlin, C. (1994): Perspektive<br />

Grosses Moos. Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />

Zürich: vdf.<br />

Scholz, R.w. & Koller, T. & Mieg, HA (1995): Research, Education,<br />

and Knowledge Transfer with Case Studies. In R. Carstensson<br />

(ed.), Proceedings of the International Conference «The<br />

Renewal of Environmental Education in Europe", Stockholm:<br />

Nordplan.<br />

The London School of Economics and Political Science (1986):<br />

Decision Analysis Unit. ABrief Description of MAUD. London.<br />

226 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


1. Einleitung<br />

2.<br />

Stellenwert 229<br />

3. Ergebnisse 231<br />

4. Schlussfolgerungen<br />

AutorInnen<br />

Martin Ceccon<br />

Sonja Kahlmeier<br />

Ellen Meyrat-Schlee (Tutorin)<br />

johano W. Schregenberger (Tutor)<br />

Olaf Weber (Tutor)<br />

Allfbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgroppe (Synthesegrllppe Al):<br />

Sandro Buss<br />

Dominik Käuferle<br />

Martin Ceccon<br />

Monika Mebold<br />

Thomas Gloor<br />

Mauhias Nebholz<br />

Karin Iten<br />

jean Paterna<br />

Dominiql1e jeker<br />

Robert Sallteld<br />

Sonja Kall.lmeier<br />

Simon Schären<br />

Daniel Seipelt<br />

Faul Sicher<br />

Heinz Waldmann<br />

Ellen Meyrat·Schlee (Tlltorin)<br />

jol1anll W. Schregenberger (Tutor)<br />

Olaf Weber (Tutor)


Zielbildung<br />

_<br />

228 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________________________Zielbildung<br />

1.<br />

Der vorliegende Abschnitt beschäftigt sich zum<br />

einen mit dem Bereich «Nutzen <strong>und</strong> Schaden»,<br />

andererseits erfolgt eine detaillierte Analyse ökologischer<br />

<strong>und</strong> anderer Zielsetzungen der Hauptakteure<br />

bezogen auf das Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />

Betrachtet man den gesamten Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess,<br />

so ist die Phase der BedÜrfnisermittlung <strong>und</strong><br />

Zielbildung von entscheidender Bedeutung für den<br />

Erfolg des Bauprojektes (Wiegand, 1991). Will man<br />

den Bauprozess ökologisch ausrichten, muss man<br />

ökologische Anliegen bereits bei der Formulierung<br />

der Ziele berücksichtigen.<br />

Wir wollten an dem Fallbeispiel des Industriestandorts<br />

Sulzer-Escher Wyss (SEW):<br />

$ die geltenden Rahmenbedingungen für das SEW­<br />

Areal aufzeigen,<br />

die Ziele der SEW sowie anderer Akteure für das<br />

SEW-Areal in Zürich erfassen,<br />

$ den Prozess analysieren, wie SEW bei der Zielbildung<br />

vorging,<br />

$ den Prozess analysieren, der zum «Privaten Gestal"<br />

tungsplan Escher Wyss Gebiet» geführt hat <strong>und</strong><br />

$ darstellen, welche der gesetzten Ziele im Gestaltungsplan<br />

nicht zum Ausdruck kommen.<br />

Ausserdem beschreiben wir eine Vorgehensalternative<br />

für den Aushandlungsprozess, welcher ökologischen<br />

Anliegen mehr Rechnung tragen <strong>und</strong> generell<br />

zu ganzheitlicheren Lösungen führen könnte.<br />

2.<br />

Die für die Arbeit verwendeten Informationen<br />

wurden <strong>durch</strong> Leitfadeninterviews sowie Literatur<strong>und</strong><br />

Quellenstudium beschafft. Zusätzlich wurden<br />

Resultate aus einigen Teilprojekten verwendet.<br />

Leitfadeninterview<br />

Das Leitfadeninterview wird zu der Gruppe der teilstandardisierten<br />

Interviews gezählt. Dabei kann der<br />

Strukturierungsgrad der Interviews stark variieren.<br />

Mit teilstrukturierten Interviews ist nach Friedrichs<br />

(1985) die Möglichkeit gegeben, Situationsdeutun- .<br />

gen i'n offener Form zu erfragen, Fragen nach<br />

Handlungsmotiven <strong>und</strong> Fragen zu «Zweck-Mittel­<br />

Vorstellungen» zu stellen. Diese Art der Befragung<br />

stellt eine Methodik dar, welche sowohl Informationen<br />

über die Ziele der beteiligten Hauptakteure<br />

als auch Informationen über die Entstehung des<br />

Gestaltungsplans liefern kann. Der verwendete Leitfaden<br />

gibt dem Interview zwar einen engen Rahmen<br />

zur Vereinfachung der Auswertung, bietet aber den<br />

Befragten auch die Möglichkeit, ihre Ansichten <strong>und</strong><br />

Erfahrungen frei artikulieren zu können.<br />

Die Objektivität der Interviews muss relativiert<br />

werden. Es wurden sieben Interviews von zwei<br />

Zweiergruppen <strong>durch</strong>geführt. Da<strong>durch</strong> können sich<br />

Unterschiede in der Art der Fragestellung ergeben.<br />

Da keine Vorgespräche <strong>und</strong> ausführlichen Recherchen<br />

vorgenommen wurden, war die von Friedrichs<br />

(1985) verlangte Kenntnis über die Befragten nicht<br />

im gewünschtem Masse gegeben. Von den untersuchten<br />

bzw. erfassten Institutionen (siehe Tab. 2)<br />

wurde jeweils ein Vertreter interviewt, weshalb von<br />

den erfassten Aussagen nicht direkt auf die offizielle<br />

Haltung der vertretenen Gruppe geschlossen werden<br />

kann. Trotzdem konnten einige interessante Informationen<br />

aus den Interviews gewonnen werden. Die<br />

Aussagen der Befragten konnten zu einem grossen<br />

Teil <strong>durch</strong> Erkenntnisse aus dem Literatur- <strong>und</strong><br />

Quellenstudium bestätigt werden.<br />

Organisation/Institution<br />

SEW Zürich<br />

Stadt Zürich, Bauamt 11<br />

Schauspielhaus Zürich<br />

Schweizerische Bankgesellschaft<br />

KraftWerk<br />

Quartierverein<br />

Technopark Zürich<br />

Vertreter/Funktion<br />

Direktionsmitglied<br />

Abteilungsleiter<br />

Direktionsmitglied<br />

Direktionsmitglied<br />

Vorstandsmitglied<br />

Präsident<br />

Leitender Angestellter<br />

Tab. 2 Von der Synthesegruppe A2 interviewte Personen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

229


Zielbildung<br />

_<br />

Zusätzlich wurden Ergebnisse aus einer im<br />

Rahmen des Teilprojekts 4.3 «Recht <strong>und</strong> Vollzug»<br />

(siehe ORGANISATION) <strong>durch</strong>geführten Interviewreihe<br />

verwendet. Dort wurden insgesamt zehn Vertreter<br />

aus den vier Bereichen Verwaltung, Bauherrschaft<br />

<strong>und</strong> Architekten, kritische Interessengemeinschaften<br />

<strong>und</strong> externe Experten befragt. Das Gespräch<br />

bestand aus zwei Teilen, einem Leitfadeninterview<br />

<strong>und</strong> einem geschlossenen Fragebogen. Der geschlossene<br />

Fragebogen wurde für die Netzwerkanalyse<br />

verwendet. Dieser Fragebogen enthielt die folgenden<br />

zwei Fragen:<br />

1. Welches sind Ihrer Meinung nach die relevanten<br />

Handlungsträger inner- <strong>und</strong> ausserhalb der Verwaltung<br />

auf dem Weg vom Richtplan über den<br />

Nutzungsplan bis zur Baubewilligung?<br />

2. Mit welchen anderen Verwaltungsstellen oder Interessengruppen<br />

arbeiten Sie bereits zusammen?<br />

Die Befragten hatten nun die Möglichkeit bezüglich<br />

aller anderen Akteure diese zwei Fragen zu beantworten,<br />

indem sie sich jeweils für eine der von uns<br />

gegebenen vier Antworten (sehr relevant, relevant,<br />

wenig relevant, nicht relevant respektive sehr starke<br />

Zusammenarbeit, starke Zusammenarbeit, geringe<br />

Zusammenarbeit, keine Zusammenarbeit) entschieden.<br />

Die Auswertung der so erhaltenen Matrizen<br />

erfolgte mittels EDV am Institut für Politikstudien,<br />

Interface in Luzern.<br />

Die Interpretation <strong>und</strong> Synthese der offenen Interviews<br />

erwies sich nach Angaben der Teilprojektgruppe<br />

als schwierig <strong>und</strong> war innerhalb des gegebenen<br />

Zeitrahmens nicht möglich. Zudem konnten<br />

wichtige Akteure wie beispielsweise das Bauamt II<br />

nicht interviewt werden. Gewisse Einschränkungen<br />

der Validität <strong>und</strong> Objektivität der Ergebnisse ergeben<br />

sich sowohl aufgr<strong>und</strong> von Ungenauigkeiten <strong>und</strong><br />

Unvollständigkeiten in der Fragenformulierung, als<br />

auch <strong>durch</strong> das verwendete Auswertungsprogramm.<br />

Literatur' <strong>und</strong> Quellenstudium<br />

Eine Zusammenstellung der verwendeten Literatur<br />

findet sich im Literaturverzeichnis. Es sei vermerkt,<br />

dass einige für die Bearbeitung unserer Fragestellungen<br />

wichtige Quellen, z.B. Sitzungsprotokolle der<br />

SEW oder der Stadt nicht zugänglich waren.<br />

Durch die Gegenüberstellung subjektiver Einzeiaussagen<br />

konnten die Ergebnisse objektiviert werden.<br />

Ein zusätzlicher Beitrag zur Objektivität leistet die<br />

Transparenz der Datengewinnung.<br />

Wissenschaftlichkeit<br />

Die Synthesegruppe A2 «Zielbildung der Bauherrschaft»<br />

konnte sich in die für sie neue Thematik<br />

gut einarbeiten, so dass wissenschaftliche Aussagen<br />

möglich wurden. Durch Teamarbeit konnte vor allem<br />

hinsichtlich der Strukturierung der AufgabensteIlung<br />

<strong>und</strong> der Ergebnisse ein eigenständiger methodischer<br />

Beitrag geleistet werden. Als Vorgehensweise<br />

wurde die klassische Methode der Hypothesenformulierung,<br />

Überprüfung <strong>durch</strong> selbst entworfene<br />

Leitfadeninterviews sowie eine Literarurauswertung<br />

(soweit zugänglich <strong>und</strong> im gegebenen Zeitrahmen<br />

möglich) gewählt. Es gelang uns dabei, die Ergeb<br />

nisse sinnvoll einzuordnen <strong>und</strong> zu gliedern.<br />

Schwierigkeiten ergaben sich <strong>durch</strong> die ursprünglich<br />

gewählte Ausgangsfragestellung, da firmeninterne<br />

Zielbildungsprozesse für Aussenstehende<br />

praktisch nicht einsehbar sind. Auch der Begriff<br />

«Bauherrschaft» erwies sich im Zusammenhang mit<br />

dem SEW-Areal als nicht passend, da die SEW zwar<br />

Gr<strong>und</strong>besitzerin ist, zur Zeit jedoch keine eigenen<br />

Bauvorhaben auf dem Areal verfolgt. Eine eigentliche<br />

Bauherrschaft war zum Zeitpunkt der Untersuchung<br />

nicht vorhanden. Gleichermassen schwierig<br />

wurde da<strong>durch</strong> eine eindeutige Festlegung der<br />

Sys temgrenzen.<br />

Mögliche Verallgemeinerungen<br />

Obwohl uns bewusst ist, dass die vorgenommenen<br />

Analysen exemplarischen Charakter haben <strong>und</strong> sich<br />

am konkreten Fall «SEW-Areal» orientieren, ver<br />

muten wir, dass derartige Zielbildungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse<br />

generell in der in Abschnitt 3.3<br />

beschriebenen Weise ablaufen. Weitere Verallgemeinerungen<br />

wurden auch in Abschnitt 4 formuliert. Das<br />

im Laufe der Arbeit entwickelte <strong>und</strong> angewendete<br />

Begriffsinstrumentarium kann auch zur Untersuchung<br />

einer ähnlich gelagerten Thematik verwendet<br />

werden.<br />

Objektivität<br />

Die Analysen wurden mehrheitlich im Bereich der<br />

qualitativen Empirie <strong>durch</strong>geführt. Eine quantitative<br />

Auswertung wäre angesichts der beschränkten<br />

Zahl der Interviews <strong>und</strong> der da<strong>durch</strong> mangelnden<br />

Repräsentativität nicht sehr sinnvoll gewesen. Quantitative<br />

Analysen zum Bereich Zielbildung finden<br />

sich im Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN.<br />

230<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------------- Zielbildung<br />

3.<br />

Bedürfnisse, Visionen <strong>und</strong> Leitbilder begründen<br />

die Ziele der Bauherrschaft. Aufgr<strong>und</strong> herrschender<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> gesetzter Ziele ergeben<br />

sich die Projektanforderungen (vgl. Abb. 3). Die Projektanforderungen<br />

legen im Kern alle - also auch die<br />

ökologischen - Parameter des Bauprozesses <strong>und</strong> der<br />

Nutzung fest.<br />

Rahmenbedingungen<br />

aufgr<strong>und</strong> von Situation,<br />

Planungsvorgaben, Gesetzen,<br />

Normen, Richtlinien <strong>und</strong> Stand der<br />

Technik<br />

Mindestanforderungen<br />

(z.B. Grenzwerte)<br />

Standardanforderungen<br />

Projektamorderungen<br />

Ziele<br />

aufgr<strong>und</strong> von Leitbildern<br />

<strong>und</strong> Bedürfnissen<br />

Höhere Anforderungen<br />

(als Stossrichtung)<br />

Abb.3 Wie etttstehen Projektanforderungen? (verändert nach: Leitlinien zur<br />

Erneuerung von ETH-Gebäuden, ZIPBau, ETH 1995)<br />

SEW-Areal <strong>und</strong> die angrenzende Umgebung, nicht<br />

aber auf den gesamten Kreis 5.<br />

3.1.1 Wichtige Rahmenbedingungen für das SEW·Areal<br />

Standort<br />

Das Industriequartier bildet ein in sich stark abgeschlossenes,<br />

räumlich funktionales Gefüge, das<br />

<strong>durch</strong> die Pfingstweidstrasse <strong>und</strong> die Hardbrücke<br />

zerschnitten wird. Auffällig sind die Industriebauten<br />

auf geschlossenen, unzugänglichen Arealen. Dienstleisrungsbauten<br />

stehen heute zwar nicht mehr auf<br />

abgeschlossenen Arealen, nehmen aber weder Bezüge<br />

zum Aussenraum noch zu den Nachbarbauten auf.<br />

Die Zwischenräume werden vorwiegend als Parkplätze<br />

genutzt. Weitere Kennzeichen des Quartiers<br />

sind die sehr weit sichtbaren Gebäude der Migros<br />

<strong>und</strong> der SEW-Bürogebäude, sowie die Kamine der<br />

Molkerei Toni <strong>und</strong> der Kehrichtverbrennungsanlage.<br />

In jüngster Zeit finden industrielle <strong>Umnutzung</strong>en<br />

statt. Das Gebiet hat nicht mehr Stadtrandfunktion,<br />

sondern wird <strong>durch</strong> die stetige Vergrösserung der<br />

Stadt Zürich zunehmend zur Kernzone (Stadtplanungsamt,<br />

1995).<br />

3.1<br />

Unter Rahmenbedin~<br />

gungen verstehen wir<br />

Ziele<br />

im folgenden eine<br />

Menge allgemeiner<br />

<strong>und</strong> situativer Gegebenheiten<br />

sowie externer<br />

Anforderun­<br />

Projektanforderungen<br />

gen (Schalcher et al.,<br />

1994).<br />

Für die SEW werden die Rahmenbedingungen<br />

v.a. <strong>durch</strong> ökonomische <strong>und</strong> betriebsstrukturelle<br />

Faktoren sowie <strong>durch</strong> gesetzliche Bestimmungen gesetzt.<br />

Zudem können sich aus städtischen Konzepten<br />

wie z.B. dem «Entwicklungskonzept Zürich-West»<br />

Rahmenbedingungen für einen Bauherrn ergeben,<br />

da ein privater Gestalrungsplan den städtischen<br />

Behörden zur Bewilligung vorgelegt werden muss.<br />

Wie ein Interview mit einem Vertreter des Bauamtes<br />

II gezeigt hat, war das oberste Ziel der Stadt im Fall<br />

SEW jedoch das Weiterbestehen der Firma Sulzer­<br />

Escher Wyss in Zürich, weshalb die Konzepte der<br />

Stadt in den Verhandlungen an Gewicht einbüssten.<br />

Im folgenden werden die zur Zeit für das SEW-Areal<br />

wesentlichen Rahmenbedingungen dargelegt. Die<br />

Bezeichnung «Quartier» bezieht sich dabei auf das<br />

Verkehrsstruktur<br />

Der motorisierte Individualverkehr ist <strong>durch</strong> die<br />

Zubringerstrassen in Ost-West-Richtung bestimmt.<br />

Sie nehmen nicht nur quartierinternen, sondern auch<br />

innerstädtischen <strong>und</strong> übergeordneten Verkehr auf.<br />

Die Tramlinien 4 <strong>und</strong> 13 sowie die S-Bahn-Station<br />

Hardbrücke erschliessen das Quartier im Norden<br />

resp. im Süden mit öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />

Zusätzlich erschliesst werktags ein Bus das Quartier<br />

(Stadtplanungsamt, 1995).<br />

Bevölkerungsstruktur<br />

Im Industriequartier Escher-Wyss gab es 1990 insgesamt<br />

807 Privathaushalte, davon waren 419 (52%)<br />

I-Personenhaushalte, 174 (21%) Paare ohne Kinder<br />

<strong>und</strong> 152 (19%) Familienhaushalte. Die restlichen<br />

Haushalte von 8% teilen sich in Wohngemeinschaften<br />

<strong>und</strong> Alleinerziehende auf. Von den 1559Personen,<br />

die im Industriequartier leben, sind 658 (42%)<br />

Ausländer. Im städtischen Durchschnitt sind es<br />

26.8%. Von den 1559 Personen gehen 983 (63%)<br />

einer Erwerbstätigkeit nach. Davon arbeiten 140<br />

(14%) Personen auch im gleichen Quartier. Demzufolge<br />

arbeiten 843 (86%) der Quartierbewohner in<br />

einem anderen Stadtteil oder auswärts. Im Gegensatz<br />

dazu pendeln 11 '804 Personen täglich ins Industriequartier,<br />

d.h. r<strong>und</strong> sieben mal mehr als Quartierbewohner<br />

(Kanton Zürich, 1994).<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 231


Zielbildung ---,- _<br />

Soziales Milieu<br />

Die ehemalige Drogenszene im Letten beeinflusst<br />

noch heute die soziale Situation im Kreis 5. Mit dem<br />

Vorhandensein illegaler Drogenmärkte, dem Bevölkerungsschw<strong>und</strong>,<br />

dem wachsendem Anteil ausländischer<br />

Staatsangehöriger, der überproportionalen<br />

Zunahme der Arbeitsplätze im Verhältnis zum<br />

Wohnanteil <strong>und</strong> der daraus folgenden hohen Fluktuation<br />

von Besuchenden <strong>und</strong> vorbeigehenden<br />

Personen wird dem Quartier ein negatives Image<br />

verliehen. Dies wird von SEW als negative Rahmenbedingung<br />

wahrgenommen.<br />

Nutzungsstruktur<br />

Die wachsende Industrie führte zu einer Trennung<br />

von Industrie <strong>und</strong> Wohnquartieren. Es entstanden<br />

zahlreiche Blockrandbebauungen (Arbeitersiedlungen)<br />

mit Innenhöfen. Die räumliche Bindung der<br />

Wohnsiedlung an den Arbeitsort wurde mit dem<br />

Ausbau des Verkehrsnetzes überflüssig. Heute wird<br />

deshalb das Gebiet zwischen Europa- <strong>und</strong> Hardbrücke<br />

<strong>durch</strong> die Nutzung von Arbeitsplätzen geprägt,<br />

die Wohnnutzung hingegen beeinflusst das<br />

Gebiet nur am Rande. In der letzten Zeit werden<br />

vermehrt «Backoffices» von Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />

auf den ehemaligen Industriearealen erstellt<br />

(Stadtplanungsamt, 1995).<br />

Büro- <strong>und</strong> Wohnungsmarkt<br />

Gewerbebau oder Dienstleistungsbauten waren zur<br />

Zeit der Untersuchung nur bedingt attraktiv, dies<br />

aufgr<strong>und</strong> der relativschlechten Lage auf dem Büromarkt<br />

mit 6% Leerstandsquote <strong>und</strong> tiefen Mietpreisen.<br />

Der Wohnungsmarkt wäre deshalb eine<br />

attraktive Option, insbesondere in der Stadt Zürich.<br />

Trotz erhöhter Wohnungsbautätigkeit in den letzten<br />

Jahren wird eine Wohnungsschwemme so schnell<br />

nicht eintreten. Wie aus einem Artikel der Neuen<br />

Zürcher Zeitung (22.12.1994) entnommen werden<br />

kann, wird die Aussage vor allem mit den folgendei<br />

zwei Argumenten belegt:<br />

1. Sinkende Baulandpreise <strong>und</strong> Erstellungskosten<br />

ermöglichen einen günstigeren Wohnungsbau<br />

ohne Qualitätseinbusse bei der Bausubstanz. Da<br />

Das Sulzer-Escher W;yss-Areal.<br />

Bild:COMET<br />

232<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________Zielbildung<br />

- im Gegensatz zur Büroflächennachfrage - die<br />

Wohnungsnachfrage hochgradig preiselastisch ist,<br />

wird bei sinkenden Angebotspreisen die Nachfrage<br />

nach Wohnraum steigen.<br />

2.Nach wie vor besteht ein bedeutender, verdeckter<br />

Nachfrage-Überhang für Wohnungen mit einem<br />

guten Preis-/Leistungsverhältnis, der aus der unzureichenden<br />

Wohnungsproduktion der achtziger<br />

Jahre resultiert.<br />

Der Durchschnittspreis vor allem der grossen Wohnungen<br />

wird aber voraussichtlich noch zurückgehen<br />

(Wuest <strong>und</strong> Partner, 1995).<br />

Veränderung der Produktilmsstruktur<br />

Seit einiger Zeit verlieren industrielle Produktionsbetriebe,<br />

so auch die SEW, viele Arbeitsplätze an den<br />

asiatischen <strong>und</strong> nordamerikanischen Wirtschaftsaum.<br />

Gründe dafür sind einerseits tiefe Lohnkosten<br />

in den asiatischen Ländern <strong>und</strong> andererseits der tiefe<br />

Dollarkurs. Die Weltwirtschaftslage zwingt die SEW<br />

zur Neuorganisation der Fertigung. Vor allem den<br />

Bereich Hydro (Turbinen etc.) hat die SEW auf dem<br />

Platz Zürich in den letzten Jahren mehr <strong>und</strong> mehr<br />

abgebaut <strong>und</strong> konzentriert sich seit Anfang 1995 auf<br />

den Bereich Turbo (Kompressoren etc.).<br />

Angestrebt wird generell die sogenannte «industrienahe<br />

Produktion» anstelle der bisherigen klassischen<br />

Produktion. Dies bedeutet z.B. eine räumlich<br />

enge Koppelung von Dienstleistung, Forschung,<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Produktion zur raschen <strong>und</strong> marktkonformen<br />

Umsetzung von Inventionen <strong>und</strong> Innovationen<br />

wie dies z.B. mit dem Technopark Zürich<br />

angestrebt wird. Für diese Art der Produktion wird<br />

weniger Platz benötigt. Die SEW zieht sich auf<br />

ein kleineres -Stammareal zurück, wo<strong>durch</strong> ein Teil<br />

des SEW-Areals für andere Nutzungen frei wird. Für<br />

Jie Umstrukturierung werden finanzielle Mittel<br />

benötigt, die <strong>durch</strong> die Abgabe des nicht benutzten<br />

Areals im Baurecht, <strong>durch</strong> Landverkauf oder Vermietung<br />

eigener Liegenschaften gewonnen werden<br />

sollen.<br />

Das Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz (PBG) des Kantons<br />

Zürich erlaubt mit den Sonderbauvorschriften <strong>und</strong><br />

privaten oder öffentlichen Gestaltungsplänen Abweichungen<br />

von der Regelbauweise <strong>und</strong> der im<br />

Zonenplan festgehaltenen Nurzungsart. Durch den<br />

privaten Gestaltungsplan der SEW wird das SEW­<br />

Areal, welches gemäss der Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung<br />

(BZO) in der Industrie- <strong>und</strong> Gewerbezone liegt,<br />

auch für andere Nutzungsformen zugänglich, so z.B.<br />

für Wohnen, Grünräume oder industrienahe Dienstleistungen.<br />

<strong>Umwelt</strong>vertriiglichkeit<br />

Für bestimmte Bauten <strong>und</strong> Anlagen wie bspw. für<br />

mehr als 300 Parkplätze (auf dem Gesamtareal sind<br />

nach dem Gestaltungplan maximal 1500 möglich)<br />

ist ausserdem eine <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung<br />

vorgeschrieben. Sie muss jedoch erst von künftigen<br />

Bauherren aufdem SEW-Areal <strong>durch</strong>geführt werden.<br />

Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage bildet die Verordnung über<br />

die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung (UVPV). Auch<br />

das <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz (USG) ist hier zu beachten.<br />

Urm <strong>und</strong> Luft<br />

Durch den beträchtlichen Transitverkehr auf den<br />

umliegenden Strassen ergibt sich eine hohe Lärmbelastung.<br />

Auch die beiden Bahnviadukte sind eine<br />

erhebliche Lärmquelle. Der Gesetzgeber regelt die<br />

Lärmbelastung in der Lärmschutzverordnung (LSV).<br />

Der Grossteil der Schadstoffimmissionen, die auf<br />

das Areal einwirken, werden <strong>durch</strong> den motorisierten<br />

Verkehr verursacht. Die Kehrichtverbrennungsanlage<br />

bzw. Industrieanlagen <strong>und</strong> die Feuerungsanlagen<br />

der Wohnsiedlungen tragen im Verhältnis<br />

zum Verkehr einen geringeren Beitrag zu den Immissionen<br />

bei. Einzig für die Schadstoffe Schwefeldioxid<br />

(S02) <strong>und</strong> Kohlenmonoxid (CO) werden die<br />

Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung (LRV)<br />

eingehalten. Für die übrigen Schadstoffe (NO x , HC,<br />

COz, 03) muss versucht werden, über geeignete<br />

Mittel (z.B. Massnahmepläne) die Grenzwerte einzuhalten.<br />

Die lufthygienischen Rahmenbedingungen<br />

werden im speziellen <strong>durch</strong> die LRV gesetzt (Stadtplanungsamt,<br />

1995).<br />

In Industriearealen ist generell mit Altlasten zu<br />

rechnen. In den bisherigen Untersuchungen wurden<br />

auf dem SEW-Areal übermässige Konzentrationen<br />

von Schwermetallen, CKW's (leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe),<br />

hydraulischen Ölen <strong>und</strong> PAK<br />

(polyaromatische Kohlenwasserstoffe) festgestellt.<br />

Zusätzlich ist im Umkreis von einem Kilometer um<br />

die Kehrichtverbrennungsanlage generell mit einer<br />

erhöhten Schwermetallbelastung zu rechnen. Neben<br />

den gesetzlichen Rahmenbedingungen wie bspw.<br />

der Verordnung über Schadstoffe im Boden (VSBo)<br />

existieren sowohl Konzepte des BUWAL als auch<br />

ein neues Zürcher Abfallgesetz (siehe Literaturverzeichnis).<br />

Gewiisserschut1.<br />

Das Planungsgebiet befindet sich über dem Gr<strong>und</strong>wasserstrom<br />

des Limmattales im Gewässerschutz-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

233


Zielbildung,<br />

-------------__----------------<br />

bereich A (starker Schutz). R<strong>und</strong> 700 Meter stromabwärts<br />

beginnt die Gr<strong>und</strong>wasserschutzzone S (Trinkwasserfassung)<br />

der städtischen Wasserversorgung.<br />

Der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel liegt zwischen 2 <strong>und</strong> 5 m<br />

unter der Erdoberfläche. Die Entwässerung des<br />

Areals erfolgt heute zum grössten Teil im Mischsystem.<br />

Entlang der Hardturmstrasse führt ein<br />

Meteorwasserkanal direkt in die Limmat. Der Gestaltungsplan<br />

für das SEW-Areal regelt den Umgang<br />

mit Gr<strong>und</strong>wasser, bspw. wird die Erhaltung des<br />

Gr<strong>und</strong>wasservolumens gefordert. Die Abwasserbehandlung<br />

bzw. -einleitung wird im Entwässerungskonzept<br />

des Gestaltungsplans festgelegt. Zusätzlich<br />

müssen im Bereich Gewässerschutz nebst dem B<strong>und</strong>esgesetz<br />

über den Schutz der Gewässer (GschG)<br />

auch die Allgemeine Gewässerschutzverordnung, die<br />

Verordnung über Abwassereinleitungen <strong>und</strong> die<br />

Verordnung über den Schutz der Gewässer vor<br />

wassergefährdenden Flüssigkeiten berücksichtigt<br />

werden.<br />

Denkmalschutz<br />

Das Verwaltungsgebäude, die alte Maschinenfabrik,<br />

der Hochkamin <strong>und</strong> die Schiffbauhalle werden als<br />

historisch wertvolle Bauten bezeichnet <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong><br />

des Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzgesetzes unter Denkmalschutz<br />

gestellt.<br />

3.1,2 fazit<br />

Qualitäten des Imlrusltrit!aUilrtiit!rs<br />

Die zentrumsnahe Lage verleiht dem SEW-Areal ein<br />

besonderes Stadtentwicklungspotential. Zum einen<br />

bietet die S-Bahn-Station Hardbrücke Standortvorteile<br />

für Firmen mit einem grossen Einzugsgebiet<br />

der Angestellten. Zum andern erzeugt die Verknüpfung<br />

der Eisenbahn mit dem übergeordneten<br />

<strong>und</strong> stadtinternen Strassennetz besonders gute<br />

Bedingungen für Güterumschlag <strong>und</strong> -verteilung.<br />

Durch die <strong>Umnutzung</strong>ssituation im Quartier<br />

(Steinfels-Areal, SEW-Areal) entstehen Nischen für<br />

vielfältige, jedoch nicht ertragreiche Nutzungen.<br />

Galerien, Theater <strong>und</strong> Konzertveranstaltungen<br />

haben sich in den umliegenden Industriegebäuden<br />

etabliert. Einzelne kulturelle Betriebe wie das Cinemax<br />

(Steinfels-Areal) haben sich entschlossen, auf<br />

dem Industriegelände zu bleiben, andere wie bspw.<br />

das Schauspielhaus Zürich beabsichtigen, auf das<br />

SEW-Areal zu ziehen. Diese Zwischennutzungen<br />

haben ihre eigenen Qualitäten <strong>und</strong> tragen zur<br />

Attraktivität des Quartiers bei.<br />

Die nicht sehr intensive Nutzung bietet auch<br />

Nischen für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere. Die Nähe zur<br />

Limmat als Grün- <strong>und</strong> Freiraumachse ist als Erho-<br />

lungsraum nicht zu unterschätzen <strong>und</strong> bildet für die<br />

städtische Bevölkerung eine grosse Chance (Stadtplanungsamt,<br />

1995).<br />

Defizite<br />

des lndllstriequartiers<br />

In der Abgeschlossenheit des Industriequartiers<br />

fehlen quartierinterne öffentliche Freiräume. Vorhandene<br />

Freiräume sind eingezäunt oder nur einer<br />

Gruppe von Nutzern zugänglich (Schrebergärten,<br />

Sportplätze). Die allgemein zugänglichen Freiräume<br />

befinden sich nur in den Randlagen (J osefswiese,<br />

Hardhof, Limmatuferweg). Das Erhohlungsraumpotential<br />

Limmat wird nur wenig ausgenutzt. Die<br />

heterogene Besiedelung des Quartiers schafft kein<br />

einprägsames Bild. Positive Orientierungsmerkmale<br />

<strong>und</strong> attraktive Räume für die Arbeitenden <strong>und</strong> Woh<br />

nenden fehlen ebenfalls. Plätze <strong>und</strong> Nischen für<br />

Kurzzeiterholung der Arbeitenden sind kaum vorhanden.<br />

Damit scheint eine Identifikation mit dem<br />

Quartier schwer möglich.<br />

Es existiert kein <strong>durch</strong>gängiges Netz von Fuss<strong>und</strong><br />

Radwegen, <strong>und</strong> wenn sie vorhanden sind, dann<br />

sind sie bis auf wenige Ausnahmen unattraktiv oder<br />

gefährlich. Ein grosser Mange! besteht auch in der<br />

Feinerschliessung des Quartiers mit dem öffentlichen<br />

Verkehr. Die Gunst der Groberschliessung<br />

<strong>durch</strong> die S-Bahn-Station Hardbrücke kann wegen<br />

der dort nicht optimalen Tram- <strong>und</strong> Busanschlüsse<br />

nicht genutzt werden. Die Verbindungen zu den<br />

anderen Stadtteilen sind somit nicht gut ausgebildet.<br />

Die Versorgung mit Gütern für den täglichen Bedarf<br />

der Wohnbevölkerung <strong>und</strong> auch der Arbeitenden<br />

wird grösstenteils <strong>durch</strong> die Nachbarquartiere gewährleistet.<br />

234<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


-- Zielbildung<br />

Das Industriequartier ist stark beeinträchtigt <strong>durch</strong><br />

vielerlei Arten von Immissionen wie bspw. Luftschadstoff-<br />

<strong>und</strong> Lärmimmissionen aus dem Individualverkehr<br />

oder aber <strong>durch</strong> Altlasten. Aus diesen<br />

Gründen werden die <strong>Umwelt</strong>belastungen des Quartiers<br />

längerfristig problematisch sein (Stadtplanungsamt,<br />

1995).<br />

3.2<br />

lie.linl11e.ntar verschiedener Akteure<br />

Rahmen·<br />

bedingungen<br />

Projeklanforderungen<br />

Zusammenfassend<br />

kann der Begriff<br />

«Ziel» als ein im<br />

Kopf repräsentierter,<br />

zukünftiger Zustand<br />

der Welt, der <strong>durch</strong><br />

eine Handlung erreicht<br />

werden soll,<br />

definiert werden.<br />

Alles absichtsvolle Handeln ist <strong>durch</strong> Ziele bestimmt<br />

<strong>und</strong> <strong>durch</strong> Motive begründet, die dem jeweiligen<br />

Ziel einen Wert beimessen, um dessentwillen es als<br />

erstrebenswert gilt (Slade, 1994; Lee et al, 1989).<br />

In den Individualzielen kommen Ansprüche von<br />

Personen zum Ausdruck. Die Individualziele sind<br />

die Basis aller weiteren Ziele, insbesondere von<br />

Gruppen <strong>und</strong> Organisationen, aber auch für Projekte.<br />

Ziele sind mit weniger Konflikten realisierbar, wenn<br />

sich die persönlichen Ziele wichtiger projektbeteiligter<br />

Einzelpersonen <strong>und</strong> die projektbezogenen Ziele<br />

der Organisation aufeinander abstimmen lassen.<br />

Der Übergang von Individualzielen zu Gruppenzielen<br />

wird <strong>durch</strong> verschiedenste Interessen <strong>und</strong><br />

einer Vielfalt von Faktoren (siehe weiter unten)<br />

beeinflusst. Während viele Faktoren lediglich passiv<br />

auf die Zielbildung einwirken, versuchen Menschen<br />

Übergeordnete Ziele<br />

generelle Verhaltensvorstellungen wie z.B. Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Leitgrässen<br />

wie z.B. Rendite <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

. Wirtschaftliche Nutzungsziele <strong>Umwelt</strong>ziele Sozialziele<br />

Ziele<br />

Anzustrebende Art Anzustrebendes Anzustrebendes<br />

Anzustrebender der Nutzung des Verhalten Verhalten<br />

Gewinn, die Art der SEW-Areals, z.B. gegenüber der gegenüber Be- <strong>und</strong><br />

Umsetzung <strong>und</strong> industrienahe natürlichen <strong>Umwelt</strong>, Anwohnerinnen <strong>und</strong><br />

allgemeine Art des Nutzung z.B. Grünraum dem sozialen<br />

geschäftlichen schaffen Umfeld auf dem<br />

Verhaltens<br />

SEW-Areal<br />

Abb. 3.2 Für die Einteilung der Ziele verwendete Zielhierarchie.<br />

)<br />

Akteur warum verwendete Quellen<br />

SEW Gr<strong>und</strong>besitzer <strong>und</strong> • Literatur<br />

potentieller Investor • Zeitungsartikel<br />

• Interviews<br />

Stadt Zürich Bewiliigungsinstanz • Literatur<br />

• In terviews<br />

Schweizerische Beispiel für potentiel- • Literatur<br />

Bankgesellschaft len Kreditgeber • Interview<br />

• Teilprojekt 4.1<br />

(Promotion)<br />

Schauspielhaus, Beispiele für • Zeitungsartikel<br />

Technopark Investoren • Interviews<br />

• Teilprojekt 4.1<br />

(Promotion)<br />

Quartierverein Beispiel für Betroffene • Literatur<br />

• Interview<br />

KraftWerk Beispiel für pressure • Literatur<br />

group<br />

• In terviews<br />

Schweizerischer B<strong>und</strong> Beispiel für <strong>Umwelt</strong>- • Interview<br />

für Naturschutz (SBN) verband<br />

Tab. 3.2 Zusammenstellung der im Zielinventar beriicksithtigten Akteure,<br />

den Gr<strong>und</strong>für ihre Berücksichtigung <strong>und</strong> die verwendeteten Quellen.<br />

die Zielbildung aktiv zu beeinflussen. Sie formulieren<br />

Ziele für die Gruppe <strong>und</strong> bringen diese vor.<br />

«Letztlich werden alle Ziele von Menschen<br />

gesetzt, basieren daher auf persönlichen Erwartungen<br />

<strong>und</strong> sind von Wertungen abhängig."<br />

(Scheifele, 1991, S. A.3l)<br />

Nachfolgend werden die Ziele verschiedener Akteure<br />

zusammengestellt, verglichen <strong>und</strong> diskutiert.<br />

Die Ziele sind dabei für jeden Akteur separat in fünf<br />

Kategorien geordnet worden (vgJ. Abb. 3.2).<br />

Die Ziele werden, wo sie konkret genug erfasst<br />

werden konnten, aus dem Blickwinkel der Planerinnen<br />

<strong>und</strong> Planer dargestellt. Leitbilder u.ä. sind in<br />

diesem Zusammenhang Rahmenbedingungen für<br />

die Planerinnen <strong>und</strong> Planer<br />

<strong>und</strong> werden deshalb in separaten<br />

Abschnitten behandelt.<br />

Es wird ausserdem aufgezeigt,<br />

wo die Ziele einander entsprechen<br />

oder widersprechen, <strong>und</strong><br />

wo aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher<br />

Ziele der Akteure Konflikte<br />

abzusehen sind.<br />

Die obenstehende Zusammenstellung<br />

(Tab. 3.2) zeigt<br />

eine Übersicht über die berücksichtigten<br />

Akteure, den<br />

Gr<strong>und</strong> für ihre Berücksichtigung<br />

<strong>und</strong> die Art der<br />

Informationsquellen. Genaue<br />

Quellenangaben finden sich<br />

am Ende jedes Abschnittes<br />

des Zielinventares.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 235


Zielbildung<br />

_<br />

Ziele von SEW<br />

Das SULZER-Leitbild <strong>und</strong> die vier diesem Leitbild<br />

beigelegten Gr<strong>und</strong>satzdokumente «Personal»,<br />

«Führung <strong>und</strong> Zusammenarbeit», «Qualitätsmanagement»<br />

<strong>und</strong> «<strong>Umwelt</strong>» setzen den weltweit verbindlichen<br />

Rahmen für die Geschäftstätigkeit <strong>und</strong> die<br />

Kultur des SULZER-Konzerns. Sie bilden die Rahmenbedingungen,<br />

innerhalb welcher SEW die Ziele<br />

für die <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals bilden kann. Im<br />

folgenden werden deshalb die wesentlichen Punkte<br />

des Leitbildes kurz zusammengefasst.<br />

Das Leitbild geht vom Bild eines marktorientierten,<br />

international erfolgreichen Technologiekonzerns<br />

aus. Angestrebt wird die Wertsteigerung<br />

für Aktionäre, K<strong>und</strong>en, Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter. Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Gewinnstreben<br />

bilden die Gr<strong>und</strong>lage der Zielerreichung. Dabei<br />

konzentriert sich SULZER auf ausgewählte Wachstumsgeschäfte.<br />

K<strong>und</strong>enorientierung <strong>und</strong> langfristige<br />

Partnerschaft gehören ebenso zur Unternehmenskultur<br />

wie die umfassende Qualität in allen Tätigkeiten.<br />

K<strong>und</strong>enbedürfnisse sollen wirtschaftlich<br />

optimal erfüllt werden, das heisst unter geringstmöglichem<br />

Einsatz von Ressourcen aller Art. Neben<br />

der Wirtschaftlichkeit soll auch Menschlichkeit<br />

angestrebt werden. Die Interessen des Einzelnen<br />

sollen mit denen des Unternehmens mittels einer<br />

leistungsorientierten, partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />

in Einklang gebracht werden. Der<br />

SULZER-Konzern will bei der Unterstützung einer<br />

nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft<br />

führend sein <strong>und</strong> zu den <strong>Umwelt</strong>schutzbemühungen<br />

von nationalen <strong>und</strong> lokalen Behörden beitragen. Der<br />

<strong>Umwelt</strong> soll eine hohe Priorität in den täglichen<br />

Entscheidungsprozessen zugeordnet werden; Entscheidender<br />

übergeordneter Faktor bleibt aber<br />

die Rentabilität. Langfristig wird eine tragfähige<br />

Entwicklung angestrebt, das heisst die heutigen<br />

Anforderungen sollen erfüllt werden, ohne die<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lagen für zukünftige Generationen zu<br />

untergraben. Um ganzheitlich umweltgerechte Produkte<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen anbieten zu können,<br />

wird auch nach umweltgerechten Produkti6nsverfahren<br />

gesucht. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus<br />

der Produkte beachtet. Ein offener Dialog über <strong>Umwelt</strong>fragen<br />

mit Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

sowie mit der Öffentlichkeit wird insbesondere an<br />

den Standorten von SULZER gefördert (SULZER,<br />

1993). Erster Gr<strong>und</strong>satz des Leitbildes ist die Wirtschaftlichkeit<br />

bezüglich der Rendite. Die Hierarchie<br />

der Ziele ergibt sich aufgr<strong>und</strong> der Stellung der SEW<br />

als Industrieunternehmen. Gesamthaft betrachtet<br />

sind die Ziele konsistent im Sinne des Weiterbestehens<br />

von SEW innerhalb bestehender Rahmenbedingungen.<br />

Nachfolgend wird versucht, die wesentlichen<br />

arealbezogenen <strong>und</strong> umnutzungsbezogenen Ziele<br />

der SEW, die in Interviews mit Persönlichkeiten<br />

aus der Führungsetage genannt wurden oder in einer<br />

Reihe von Zeitungsartikeln zum Ausdruck kommen,<br />

darzustellen.<br />

Übergeordnete Ziele<br />

EI Produktion am bisherigen Standort aufrechterhalten<br />

[2,6]<br />

• Oberstes Ziel für SEW-Areal: Wertschöpfung<br />

(Generierung von Cash <strong>durch</strong> Verkauf von Land<br />

<strong>und</strong> die Erwirtschaftung von Gewinn <strong>durch</strong> Bau/<br />

Vermietung/Baurechtsvergabe an Dritte) [2]<br />

EI Zürcher Standort: vorhandene Stärken <strong>und</strong> Potentiale<br />

besser nutzen (hohe Standards in Ausbildung,<br />

Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, verbesserte Innovation<br />

<strong>und</strong> Technologietransfer) [6]<br />

Wirtschaftliche Ziele, bezogetl aufdas SEW-Areal<br />

EI Technologiekonzern, weg von der traditionellen<br />

Industrie zu moderner Technologie [2,4]<br />

EI Durch SEW-Areal-<strong>Umnutzung</strong> Mindest-Net Cash­<br />

Flow von <strong>durch</strong>schnittlich 10 Mio. Fr.-/Jahr erwirtschaften<br />

[2]<br />

EI Bei SEW-Areal-<strong>Umnutzung</strong> Erträge <strong>durch</strong> minimale<br />

Investitionen <strong>und</strong> Betriebskosten maximieren<br />

[2]<br />

EI Kosten für Erschliessung des Areals <strong>und</strong> Einschränkungen<br />

<strong>durch</strong> Auflagen (Grünflächen,<br />

Freiräume, Baumalleen) gering halten [3]<br />

EI Strukturanpassungen der Firma mit dem gewonnenem<br />

Kapital aus Baurechtsverträgen auf dem<br />

SEW-Areal [3]<br />

EI Produktivität, Innovation <strong>und</strong> produkteorientierte<br />

Zusammenarbeitskultur im Industriestandort Zürich<br />

verbessern [3,4]<br />

EI In Zürich Erhalt von Bausubstanz (Denkmal<br />

schutz) in angemessenes Verhältnis bringen zum<br />

Aufwand des Erhalts [1]<br />

Nutzungsbezogene Ziele, bezogen aufdas SEW-Areal<br />

EI Bis 2001-2006 den Anteil der Produktion von SEW<br />

auf 25 bis 30% reduzieren (1991: 36%) [4]<br />

EI Auf SEW-Areal Tätigkeiten zu höheren technologischen<br />

Inhalten auf kleinerem Raum verdichten,<br />

mit den Partnern hochqualifiziertes technisches<br />

Know-How erarbeiten. K<strong>und</strong>enattraktive Hightech-Produkte<br />

<strong>und</strong> -Dienstleistungen anbieten<br />

[2,6]<br />

EI 50'000 m 2 des SEW-Areals für die eigene Produktion<br />

behalten [3]<br />

EI Verkauf von Y, des freiwerdenden Gebietes auf<br />

dem SEW-Areal (finanzielles Polster für eine<br />

ges<strong>und</strong>e Firma in der Stadt Zürich schaffen),<br />

Käufer finden [1,5]<br />

236<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


__________________________...,._-------------Zielbildung<br />

• III des freiwerdenden Gebietes auf dem SEW-Areal<br />

im Baurecht abgeben, Investoren finden [3,5]<br />

• Auf SEW-Areal Raum schaffen für interdisziplinäre<br />

Nutzungen, die auf die Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />

industrieller Güter <strong>und</strong> auf die industrienahe<br />

Forschung ausgerichtet sind [7]. In unmittelbarer<br />

Umgebung von SEW Platz für innovative kleine<br />

Unternehmen auf dem Areal schaffen [3]<br />

• 60% des Areals sollen der zukünftigen modernen<br />

Produktionen zugeordnet werden, 40% Mischzonen<br />

mit Wohnameil [4]<br />

• Auf SEW-Areal neben der industriellen <strong>und</strong> industrienahen<br />

Produktion auch Wohn- <strong>und</strong> kulturelle<br />

Nutzungen, Gewerbe sowie Ansiedlung von<br />

Dienstleistungsbetrieben ermöglichen [3,6,7]<br />

• Arealnutzungen sollen Synergien <strong>und</strong> Arbeitsteilung<br />

zwischen den angesiedelten Technologiefirmen<br />

<strong>und</strong> SEW entfalten, deshalb nicht zuviel<br />

Wohnraum [1]<br />

e Sollzustand der <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals bis<br />

etwa ins Jahr 2021 erreichen [4]<br />

• allgemein Vielfältigkeit in der Nutzung, keine<br />

Monokulturen von Geschäftshäusern in Zürich [1]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

• Ökologie unter Berücksichtigung der Rentabilität<br />

[2]<br />

e Verbesserung von P&R-Möglichkeiten an der Peripherie<br />

des Stadtkerns von Zürich [1]<br />

Sozialziele<br />

e Auf SEW-Areal Wohnanteil gebrauchen für Studentenunterkünfte,<br />

Buisness-Wohnen, Dozentenwohnungen,<br />

jedoch nicht für Utopien wie Kraft­<br />

Werk 1 [1]<br />

• In Zürich mehr öffentliche Plätze schaffen [1]<br />

• In Zürich Wohnmöglichkeiten/-qualität verbessern<br />

[1]<br />

e Urbanerer, lebensfre<strong>und</strong>licherer, belebterer Kreis<br />

5 (z.B. <strong>durch</strong> Theater, Künstlerateliers, Restaurants<br />

etc.) [1,2]<br />

Durch Sonderbauvorschriften oder einen Gestaltungsplan<br />

werden r<strong>und</strong> 100'000 m 2 des SEW-Areals<br />

für rentablere Nutzungen wie bspw. Dienstleistungen<br />

frei. Der Gr<strong>und</strong>stückspreis für Dienstleistungen<br />

lag zur Zeit der Analyse um vier- bis fünfmal, der für<br />

Mischnutzungen r<strong>und</strong> zwei mal höher als der für<br />

Industrieland. Wenn die SEW r<strong>und</strong> 90'000 Quadratmeter<br />

verkaufen würde, könnte sie 180 Millionen<br />

Franken erlösen (Tages Anzeiger, 1993). Sulzer sah<br />

aber 1993 vor, je III des Areals zu verkaufen, im<br />

Baurecht abzugeben <strong>und</strong> für den Eigenbau zu verwenden.<br />

Aus den sogenannt «nicht betriebsnotwendigen<br />

Liegenschaften» sollte dabei mindestens<br />

ein Net Cash-flow von <strong>durch</strong>schnittlich 10 Mio. Fr.<br />

pro Jahr erwirtschaftet werden (Sulzer-Escher Wyss<br />

AG, 1995).<br />

Quellen:<br />

[11 Interview Direktionsmittglied 1 SEW<br />

[21 Interview Direktionsmittglied 2 SEW<br />

[31 Tagesanzeiger vom 26.11.1993 (Ferrari, 1993)<br />

[4] Tagesanzeiger vom 22.10.1991 (Hasler, 1991)<br />

[5] Tagesanzeiger vom 24.3.1987 (Wigdorovits, 1987)<br />

[6] Neue Zürcher Zeitung vom 16.3.1995<br />

[7] Neue Zürcher Zeitung vom 26.11.1993 (Schär, 1993)<br />

Ziele der Stadt Zürich<br />

Übergeordnete Ziele<br />

e Lebenschancen künftiger Generationen sichern [2]<br />

e Standortattraktivität fördern [4]<br />

e Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes erhalten<br />

[4]<br />

e SEW muss in Zürich bleiben können [2]<br />

Die übergeordneten Ziele der Stadt kommen insbesondere<br />

auch im Entwicklungskonzept der Stadt<br />

Zürich zum Ausdruck (siehe Kasten unten).<br />

Wirtschaftliche Ziele<br />

• Hohe Arbeitsplatzdichte [1,2]<br />

e Ansiedlung von neuen Technologien [1]<br />

• Kosten, die der Stadt aus der <strong>Umnutzung</strong> eines<br />

grösseren Gebietes wie SEW-Areal erwachsen,<br />

sollen künftig besser berücksichtigt werden [2]<br />

Nutzungsbezogene Ziele<br />

e Gebiete mit mässigen Landpreisen für das produzierende<br />

Gewerbe erhalten [4]<br />

• Öffnung des SEW-Areals [2]<br />

• Umwandlung von geeigneten Industriegebieten in<br />

Mischzonen mit hohem Wohnungsanteil [2,4]<br />

e Wohnungsbau auf dem SEW-Areal (wünschbar,<br />

machbar, sinnvoll) [2]<br />

• Erhaltung der Stadtgestaltsqualität (architektonischer,<br />

historischer <strong>und</strong> städtebaulicher Wert) [4]<br />

• Erhaltung der schützenswerten Bausubstanz [4]<br />

• Kleinmanhattan an den Orten ehemaliger Industrie<br />

brachen [1]<br />

• Mischnutzung [2]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

• Freiflächen schaffen [1,2,4]<br />

• Verdichtet bauen/Schutz der offenen Landschaft<br />

[1,2,4]<br />

• Naturschutzobjekte erhalten [4]<br />

• Vernetzung der städtischen Ausgleichsflächen [3]<br />

• Prinzip der Nachhaltigkeit beachten [3,4]<br />

• Geschlossene Kreisläufe fördern [4]<br />

• Verbesserung der <strong>Umwelt</strong>situation [4]<br />

• Ökologische Aufwertung der Siedlungsräume [4]<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

237


Zielbildung<br />

_<br />

Sozialziele<br />

3 Ausgewogenes Angebot von Arbeitsplätzen<br />

in den verschiedensten<br />

Wirtschaftssektoren (insbesondere<br />

Erhalt von Arbeitsplätzen<br />

in der Industrie <strong>und</strong> dem produzierenden<br />

Gewerbe) [2,4]<br />

3 Leichte Zunahme der Wohnbevölkerung<br />

[1,2,3,4]<br />

3 Soziale Integration von Randgruppen/Minoritäten<br />

im Quartier<br />

[1,4]<br />

Das Entwicklungskonzept der Stadt<br />

gibt die Richtung an, die der<br />

Stadtverwaltung für die zukünftige<br />

Stadtentwicklung vorschwebt. Obwohl<br />

keine eigentlichen Ziele formuliert<br />

werden, kommen doch ein?<br />

ge Bedingungen zum Ausdruck, die<br />

für die Formulierung von projektbezogenen<br />

Zielen wichtig werden<br />

können.<br />

Quellen:<br />

[Ij Interview Bauamt I<br />

[2] Interview Bauamt Il<br />

[3] Interview <strong>Umwelt</strong>schurzfachstelle<br />

[4] Ziele der Stadtentwicklung, 1995<br />

Die Ziele der SBG, einer der drei<br />

Schweizer Grossbanken, sind in unserem<br />

konkreten Fall nicht auf das<br />

SEW-Areal bezogen, sondern allgemeingültig.<br />

Übergeordnete Ziele<br />

3 bedeutendste Schweizer Universalbank<br />

werden <strong>und</strong> weltweit zu<br />

den führenden Finanzinstituten<br />

gehören [2]<br />

Wirtschaftliche Ziele<br />

3 Kosten-Nutzen-Aspekt als oberstes<br />

Ziel [1]<br />

e Dienstleistungen nach den Bedürfnissen<br />

von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

Markt ausrichten<br />

e langfristige Entwicklungen unter<br />

Voraussetzung der Rentabilität<br />

frühzeitig erfassen [2]<br />

e hohe Qualität bei der Erbringung<br />

der Dienstleistungen<br />

238<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------------ Zielbildung<br />

e verbesserte Produktivität [2]<br />

e systematischer Einbezug ökologischer Betrachtungen<br />

in die Kreditprüfung zur Realisierung zusätzlicher<br />

Unternehmenschancen <strong>und</strong> zur Ermittlung<br />

erhöhter Risikopotentiale [3]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

e Betriebseinrichtungen <strong>und</strong> Abläufe ökologisch<br />

sinnvoll gestalten [2]<br />

Sozialziele<br />

'9 Menschliche Verb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> persönliche Wertschätzung<br />

der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

[2]<br />

e Offenheit gegenüber allen politischen Gruppierungen<br />

im Rahmen der demokratischen Gr<strong>und</strong>sätze<br />

[2]<br />

Jie Projekte der K<strong>und</strong>en von Kreditgebern müSsen<br />

also in erster Linie rentieren, Kosten-Nutzen­<br />

Überlegungen Stehen im Vordergr<strong>und</strong>. Ausserdem<br />

müssen sie mit den allgemeinen Richtlinien des<br />

Kreditgebers kompatibel sein. In den allgemeinen<br />

Richtlinien werden auch die ökologische Aspekte<br />

berücksichtigt. Diese haben im Leitbild keinen<br />

hohen Stellenwert, können aber in der Geschäftspraxis<br />

relativ wichtig sein. So wird bspw. Altlasten<br />

grosse Aufmerksamkeit gewidmet <strong>und</strong> ökologisch<br />

bedenkliche Grossprojekte (z.B. AKWs) werden mit<br />

besonderer Vorsicht behandelt. Der Zeithorizont<br />

für ein Projekt entspricht der pay back time eines<br />

Kredites.<br />

Ein Geldgeber wird bei seiner Zielbildung vom<br />

ganzen Umfeld beeinflusst. Auch die öffentliche<br />

Meinung spielt bei der Zielbildung eine Rolle.<br />

Que/len:<br />

,11 Interview Direktionsmitglied SBG<br />

[21 SBG: Wir machen mit, 1994<br />

[31 SBG: Geschäftsbericht, 1994<br />

lide von Investoren<br />

Allgemeine Ziele von Investoren sind jeweils am<br />

Anfang des Abschnittes aufgelistet. Für Beispiele<br />

von SEW-Areal-bezogenen Zielen wurden Vertreter<br />

der Technopark AG <strong>und</strong> des Schauspielhauses zu<br />

ihren Zielen befragt.<br />

Übergeordnete Ziele<br />

'9 Planung an den Bedürfnissen orientieren, um<br />

Leerstand zu vermeiden [5]<br />

Beispiel Technopark:<br />

'9 Wirtschaftsförderung [2]<br />

Wirtschaftliche Ziele<br />

'9 Wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigen (Bodenpreissteigerung,<br />

Mietpreissteigerung, Arbeitsplatzsicherung)<br />

[5]<br />

'9 Die Kosten für Vorbereitungsarbeiten müssen<br />

quantifizierbar sein [5]<br />

@ Unterhaltsarme Bauweise [5]<br />


Zielbildung ~ _<br />

Handlungsspielraum für solche Investitionen nicht<br />

sehr finanzstarker Investoren wie der Schauspielhaus<br />

AG zu klein. Das Hauptaugenmerk richtet sich<br />

deshalb auf möglichst kostengünstige Lösungen.<br />

Ökologische Anliegen werden nur in die Diskussion<br />

einbezogen, wenn sie sich ohne Mehraufwand realisieren<br />

lassen.<br />

Quellen:<br />

[1] Interview Geschäftsführer Schauspielhaus<br />

[2] Interview Geschäftsführer Technopark<br />

[3] Tagesanzeiger vom 22.10.1991<br />

[4] Neue Zürcher Zeitung vom 24./25.6.1995<br />

[5] Teilprojekt 4.1 (Promotion)<br />

Ziele des Quartiervereins Zürich, Kreis 5<br />

Übergeordnete Ziele<br />

€I Der Kreis 5 soll zu einer idealen Umgebung für das<br />

Gewerbe, sowie für die Wirtschafts-, Kultur- <strong>und</strong><br />

Bildungsinstitute werden. [3]<br />

€I Der Kreis 5 soll eine blühende «Kleinstadt» an der<br />

Limmat werden [3]<br />

Wirtschaftliche Ziele<br />

Oll marktwirtschaftliche Anreize für «Wohnen» <strong>und</strong><br />

«Wirtschaft» schaffen [3]<br />

.. Standort für die Wirtschaft attraktiver machen [2]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

Oll Neue Grünflächen <strong>und</strong> Naherholungsräume schaffen<br />

[1,3]<br />

co Verbesserung des öffentlichen Verkehrsnetzes [1]<br />

Sozialziele<br />

co Verbesserung der Wohnqualität [2]<br />

co Der Kreis 5 soll wieder zur attraktiven Familienwohnlage<br />

Zürichs werden [3]<br />

e Voraussetzungen für eine optimale Sozialkontrolle<br />

im Quartier schaffen [3]<br />

.. Ausgeglichene Quartiergliederung [3]<br />

Der Quartierverein setzt sich für ein Quartier ein,<br />

das wirtschaftlich floriert <strong>und</strong> soziale Lebensqualität<br />

bietet (Wohnqualität, Sicherheit, Grünräume, familienfre<strong>und</strong>lich<br />

etc.). Er will dies mit mehr Mitbestimmung<br />

in der Stadtverwaltung erreichen.<br />

Quellen:<br />

[1] Interview mit dem Präsidenten<br />

[2] Tagblatt der Stadt Zürich vom 29. Juni 1995<br />

[3] 108. Jahresbericht des Quartiervereins Zürich, Kreis 5 - Industriequartier<br />

Ziele VOll KraftWerk<br />

Übergeordnete Ziele<br />

e Wenn Wachstum, dann in der Stadt [3]<br />

co Zusammenbringen/Näherbringen von verschiedenen<br />

Lebensformen wie Arbeiten, Wohnen, Freizeit<br />

[3]<br />

e 700 Menschen sollen im Escher-Wyss Areal wohnen,<br />

arbeiten <strong>und</strong> ihre kulturelle Eigenart leben<br />

können [1]<br />

e Haushalt, Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft sollen<br />

sowohl personell als auch funktionell <strong>und</strong> örtlich<br />

zusammengefasst werden. Dazu sollen Einheiten<br />

a350-500 Personen gebildet werden [1]<br />

Wirtschaftliche Ziele<br />

.. Finanzierung <strong>durch</strong> ein WIR-Punktesystem [2]<br />

Nutzungsbezogene Ziele (Auszug)<br />

e Es sollen Grosshaushalte entstehen, die mehrheitlich<br />

mit regionalen Ressourcen auskommen.<br />

(regionale Bauernhöfe) [1]<br />

co stabiles Gewerbe innerhalb des neuen Quartiers<br />

[2]<br />

co Es wird folgender Verteilschlüssel für das zukünftige<br />

neue Quartier vorgeschlagen:<br />

54% Wohnfläche<br />

31 % Arbeitsfläche<br />

15% Öffentliche Fläche [1]<br />

e Nutzungsmischung [2]<br />

.. In der <strong>und</strong> um die Schiffbauhalle herum soll em<br />

Quartierzentrum entstehen [1]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

e Die PendlerInnenproblematik soll <strong>durch</strong> das Verhältnis<br />

zwischen Arbeitsplätzen <strong>und</strong> Wohnplätzen<br />

verbessert werden [1]<br />

e Im direkten Austausch mit Bauernhöfen der<br />

gion sollen die Nahrungsmittel für das Quartier<br />

möglichst selbst beschafft werden [1]<br />

.. Hard- <strong>und</strong> Software-Lösungen von ökologischen<br />

Problemen finden. (Hardware wären die Häuserformen,<br />

Software wären die Prozesse, die in diesen<br />

Häusern ablaufen) [3]<br />

co Kostenwahrheit im Bereich Energie [3]<br />

e An Stelle von teuren «Öko-Gags» (z.B. Solarmobil)<br />

sollen die sozialen Ursachen der Naturzerstörung<br />

bekämpft werden [1]<br />

Sozialziele<br />

.. Sozialverträglichkeit [2]<br />

e Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner sollen sich gleichberechtigt<br />

selbst verwalten<br />

co Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Restaurants,<br />

Werkstätten sollen allen Quartierbewohnern<br />

zur Verfügung stehen [1]<br />

240<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________~_Zielbildung<br />

• Es soll eine konkrete Alternative für Arbeitslose<br />

geschaffen werden [1]<br />

• Es soll ein Raum zur Entfaltung <strong>und</strong> der Begegnung<br />

entstehen [1]<br />

ilI Es soll keine Insel entstehen, sondern ein mit der<br />

Stadt <strong>und</strong> der Welt verwobenen «Werkplatz» <strong>und</strong><br />

Kreuzungspunkt [1]<br />

. Die Gruppe KraftWerk versteht ihr Projekt als<br />

Diskussionsvorschlag für eine andere Art der <strong>Umnutzung</strong><br />

ehemaliger Industrieareale, als möglichen<br />

Ausweg aus der «heutigen ökonomischen, ökologischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Sackgasse». Den bei <strong>Umnutzung</strong>en<br />

bisher meist resultierenden Mix aus<br />

Dienstleistung, Produktion <strong>und</strong> Wohnen halten sie<br />

für nicht überzeugend (Blum et aL, 1993, S. 6).<br />

Gewünscht werden ferner vollzugsfre<strong>und</strong>liche<br />

Gesetze <strong>und</strong> ein Verfahrensmanagement in der<br />

Verwaltung.<br />

Quellen:<br />

[1) Interview mit einem Vertreter des SBN<br />

3.2.1 Beziehungen zwischen Zielen<br />

Die verschiedenen Ziele innerhalb eines Zielsystems<br />

stehen in unterschiedlicher Beziehung<br />

zueinander.<br />

f)udlen:<br />

"1 BIum Martin et al., 1993<br />

[21 Interview Vorstand Verein KraftWerk<br />

[3) Interview Gründungs- <strong>und</strong> Vereinsmitglied von KraftWerk<br />

Ziele des Schweizerischen B<strong>und</strong>es für Naturschutz<br />

Übergeordnete Ziele<br />

G sinnvoller Konsens zwischen Natur belassen <strong>und</strong><br />

intensiver Nutzung [1]<br />

Nutzungsbezogene Ziele<br />

ilI architektonisch <strong>und</strong> städtebaulich gute <strong>durch</strong>mischte<br />

Nutzung, vor allem Defizite ausgleichen<br />

[1]<br />

<strong>Umwelt</strong>ziele<br />

• Spontaneität der Natur erlauben [1]<br />

ilI wenig Bodenversiegelung [1]<br />

möglichst viel Natur erhalten <strong>und</strong> schaffen [1]<br />

(vgL Kapitel RAUM-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN)<br />

Sozialziele<br />

ilI langfristige Qualität, Allgemeininteressen sollen<br />

nicht zugunsten der Privatinteressen unter die<br />

Räder kommen [1]<br />

Das Interview wurde von einer anderen Gruppe<br />

erarbeitet <strong>und</strong> geführt. Deshalb standen andere<br />

Fragestellungen als die der Ziele im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Trotzdem können einzelne Ziele abgeleitet werden.<br />

Erkennbar wird eine <strong>durch</strong>aus scharfe, aber nicht<br />

polarisierende Vertretung von Naturschutzanliegen.<br />

Es wird eher auf ausgleichende Lösungen abgezielt.<br />

Der SBN wünscht sich als zusätzliche Handlungsmöglichkeit<br />

ein Rekursrecht innerhalb des Siedlungsgebietes<br />

<strong>und</strong> ein Beschwerderecht innerhalb<br />

der Bauzone bei zonenkonformen Bauvorhaben.·<br />

Zur Erläuterung werden im folgenden elfilge Beispiele<br />

für die verschiedenen Beziehungen, die<br />

zwischen den oben aufgelisteten Zielen bestehen,<br />

dargestellt.<br />

Harmonische Ziele<br />

Harmonische Ziele verschiedener Akteure finden<br />

sich vor allem auf der übergeordneten Ebene, wo sie<br />

meist den Charakter relativ allgemein gehaltener<br />

«Leitsätze» haben. So sind sowohl die SEW, die<br />

Stadt <strong>und</strong> der Quartierverein als auch die Investoren<br />

<strong>und</strong> Kreditgeber an der Konkurrenzfähigkeit des<br />

Wirtschaftsstandortes Zürich interessiert. Der SBN<br />

steht diesem Ziel indifferent gegenüber. Ebenso<br />

ist Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> ein für alle<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

241


Zielbildung ...:...... _<br />

Akteure anzustrebendes Ziel <strong>und</strong> auch der Begriff<br />

«<strong>Umwelt</strong>verträglichkeit» wurde zumindest in den<br />

Interviews von allen als Ziel genannt.<br />

Unabhängige Ziele<br />

Allgemein lässt sich sagen: je konkreter die Ziele<br />

eines einzelnen Akteurs ausformuliert sind, desto<br />

eher kann ein Ziel unabhängig von den anderen erreicht<br />

werden. Der Gr<strong>und</strong> dieser Zielunabhängigkeit<br />

liegt in der gegenseitigen Abstimmung der Ziele bei<br />

der Ausformulierung. Ist ein Abgleich bei der Konkretisierung<br />

der Ziele nicht möglich, besteht jedoch<br />

die Möglichkeit, dass Zielkonflikte entstehen. Ausgehend<br />

von der Beobachtung, dass alle im Zielinventar<br />

der einzelnen Akteure aufgeführten Ziele<br />

mehr oder weniger miteinander vernetzt sind, konnten<br />

keine vollständig unabhängigen Ziele gef<strong>und</strong>en<br />

werden. So ist offensichtlich, dass die Realisierung<br />

eines Ziels finanzielle Mittel bindet, welche somit<br />

zur Erreichung anderer Ziele nicht mehr zur<br />

Verfügung stehen. Begibt man sich jedoch auf die<br />

Realisierungsstufe, d.h. auf das Niveau des Gestaltungsplans,<br />

so tritt eine unüberschaubare Fülle von<br />

unabhängigen· Projektanforderungen zutage (siehe<br />

auch Abb. 3 Wie entstehen Projektanforderungen).<br />

Die Realisierung. unabhängiger Ziele anderer Akteure<br />

setzt bei SEW den Willen der Entscheidungsträger<br />

<strong>und</strong> Ausführenden voraus, diese zusätzlich zu<br />

den eigenen umzusetzen.<br />

Konkurrierende Ziele<br />

Das Zielinventar beinhaltet eine Vielzahl gegenläufiger<br />

Ziele von verschiedenen Akteuren. So wollte die<br />

SEW ursprünglich eine dem Markt entsprechende<br />

Nutzung, d.h. diejenige Nutzung, die am meisten<br />

Rendite abwirft. Die gleiche Zielsetzung verfolgen<br />

die Kreditgeber <strong>und</strong> Investoren. Die Stadt hingegen<br />

strebt in erster Priorität eine Mischnutzung mit festgelegtem<br />

Wohnungs-, Arbeits- <strong>und</strong> Freiflächenanteil<br />

an. Auch KraftWerk strebt auf dem SEW-Areal eine<br />

Mischnutzung an, wobei das Schwergewicht noch<br />

wesentlich stärker als bei der Stadt auf einem hohen<br />

Wohnungsanteil liegt. Da die Rendite der verschiedenen<br />

Nutzungsarten unterschiedlich hoch ausfällt,<br />

konkurrieren diese Ziele. Im Laufe des Verhandlungsprozesses<br />

hat die SEW ihre diesbezügliche<br />

Haltung jedoch revidiert <strong>und</strong> zieht heute eine<br />

Mischnutzung ebenfalls vor.<br />

Widersprüchliche Ziele<br />

Auf den von uns betrachteten Zielniveaus der einzelnen<br />

Akteure sind keine sich widersprechenden<br />

Ziele gef<strong>und</strong>en worden. Je konkreter die Realisie-<br />

rung eines Zieles jedoch wird, desto kleiner wird<br />

der Spielraum für Alternativen <strong>und</strong> Interpretationen.<br />

Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

die Zide widersprüchlich werden. Gemäss den Aussagen<br />

eines Direktionsmitgliedes der SEW gab es<br />

firmenintern zu keiner Zeit Zielkonflikte. Betrachtet<br />

man jedoch die Ziele der verschiedenen Akteure<br />

untereinander, finden sich <strong>durch</strong>aus z.T. deutliche<br />

Widersprüche. So strebt bspw. KraftWerk einen<br />

Wohnanteil von 54% an. SEW wollte jedoch nur<br />

einen gewissen Teil von den 40% Mischzone für<br />

Wohnungen nutzen.<br />

3.2.2 fazit<br />

Je allgemeiner die Ziele formuliert sind, desto<br />

grösser ist die Übereinstimmung unter den Zielen<br />

der verschiedenen Akteure. Je konkreter <strong>und</strong> hand~<br />

lungsorientierter die Ziele formuliert wurden, dest"<br />

schwieriger erscheint der Konsens. Besonders was<br />

die allgemeiner gefassten übergeordneten Ziele<br />

anbelangt, ist unter den untersuchten Akteuren ein<br />

beträchtlicher Zielkonsens zu beobachten; wohl<br />

auch deshalb, weil die Akteure einem gemeinsamen<br />

Kultur- <strong>und</strong> Wirtschaftsraum zuzuordnen sind. Differenzen<br />

treten dort zu Tage, wo Ziele operationalisiert<br />

oder konkretisiert werden sollen. Damit ein Ziel<br />

realisiert werden kann, müssen nebst einer differenzierten<br />

Beschreibung des Ziels die Massnahmen <strong>und</strong><br />

Mittel zu seiner Erreichung möglichst präzise festgelegt<br />

werden. Der Gr<strong>und</strong> für unterschiedliche Handlungskonzepte<br />

bei gleichen Zielen liegt in der unterschiedlichen<br />

Gewichtung der übergeordneten Ziele<br />

<strong>durch</strong> die verschiedenen Akteure (vgl. Kapitel RA UM­<br />

NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN). Es bestehen unterschiedliche<br />

Zielhierarchien. So formulieren sowohl<br />

Sulzer als auch die Stadt Zürich die Nachhaltigkeit<br />

als eines ihrer Ziele; SEW unterstellt ihre Bemü<br />

hungen um Nachhaltigkeit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip,<br />

während die Stadt Zürich das Ziel der Nachhaltigkeit<br />

den Zielen des G·emeinwesens nach<br />

sozialem, ökonomischem <strong>und</strong> kulturellem Gleichgewicht<br />

unterordnet. Beim SBN dagegen wird das Ziel<br />

«Möglichst viel Natur erhalten <strong>und</strong> schaffen» weder<br />

wirtschaftlichen noch sozialen Aspekten untergeordnet.<br />

Auch in anderen Bereichen lassen sich unterschiedliche<br />

Gewichtungen der Ziele feststellen.<br />

3.3 Zielbildungsprozess<br />

arealbezogenen<br />

SEW für<br />

Um den Zielbildungsprozess bei SEW analysieren<br />

<strong>und</strong> werten zu können, ist es sinnvoll, zuerst einige<br />

gr<strong>und</strong>legende Vorstellungen über die Bildung von<br />

Zielen darzustellen. Dabei sollen zuerst Beweg-<br />

242<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________-'-<br />

Zielbildung<br />

gründe für die Entstehung von Zielen <strong>und</strong> mögliche<br />

Faktoren, die diesen Prozess beeinflussen, dargestellt<br />

werden. Anschliessend werden die für SEW<br />

ausschlaggebenden Beweggründe behandelt. Es<br />

wird auch auf die Beeinflussung <strong>durch</strong> andere<br />

Akteure eingegangen.<br />

3.3.1 Allgemeines zum Zielbildungsprozess<br />

Werte als wichtiger Ausgangspunkt<br />

Zielbildungsprozess<br />

den<br />

Werthaltungen sind von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung<br />

für den Zielbildungsprozess. Sie werden <strong>durch</strong> die<br />

Sozialisation <strong>durch</strong> die Gesellschaft geprägt. Abhängig<br />

von den Werthaltungen der am Prozess Beteiligten<br />

werden ihre unterschiedlichen Interessen stärker<br />

oder schwächer verfolgt. Werthaltungen wirken da­<br />

Jei direkt auf Handlungen einzelner, auf das Wissen<br />

(Selektivität der Informationen) <strong>und</strong> auf die Wahrnehmung<br />

der Konsequenzen des eigenen Handeins.<br />

Bezogen auf Werte <strong>und</strong> Verhalten sind vom Teilprojekt<br />

3.2 (Wissen <strong>und</strong> Werte) folgende Thesen<br />

formuliert worden:<br />

Gesellschaftliche Werte sind gr<strong>und</strong>sätzlich sehr<br />

stabil; Änderungen erfolgen in einem sehr langen<br />

Zeithorizont. Individuelle Werte werden vor allem<br />

im Rahmen der Sozialisation ausgebildet. Verschiebungen<br />

individueller Werte sind aber auch im späteren<br />

Leben noch möglich. Solche Wertverschiebungen<br />

werden <strong>durch</strong> einschneidende Einflüsse auf<br />

das Leben von Personen ausgelöst.<br />

Neue Erkenntnisse, die sowohl <strong>durch</strong> eigene<br />

Erfahrung gewonnen als auch von Fremdpersonen<br />

übermittelt sein können, wirken verschieden auf die<br />

Veränderung von Werten. Bestätigt eine Erkenntnis<br />

die eigene Werthaltung, wirkt sie verfestigend auf<br />

Jie bisherige Werthaltung. Widerspricht eine Erkenntnis<br />

aber der eigenen Werthaltung, wird die<br />

Erkenntnis erfasst, ohne die Werthaltung zu verändern.<br />

N eben persönlichen Wertvorstellungen<br />

haben auch äussere Faktoren wie Werthaltungen des<br />

Arbeitgebers, des Verbandes etc. einen Einfluss auf<br />

das persönliche Verhalten (Teilprojekt 3.2, 1995).<br />

Entstehung<br />

Beeinflussung von Zielen<br />

Slade (1994) hat verschiedenste Beweggründe formuliert,<br />

die zu Zielen führen können, so bspw.<br />

Bedürfnis-Befriedigung, Erreichen einer Leistung<br />

oder Bewältigung von Problemen. Dabei spielen<br />

immer auch Pflichten <strong>und</strong> Verantwortung gegenüber<br />

der Gesellschaft <strong>und</strong> der <strong>Umwelt</strong> eine Rolle. Ziele<br />

können sowohl basierend auf rationalen Überlegungen<br />

als auch aus emotionalen Gründen enstehen. Die<br />

Beeinflussung der Zielbildung kann auf verschie-<br />

denste Art <strong>und</strong> Weise erfolgen (Bandura, 1989; Lee<br />

et al., 1989; SIade, 1994).<br />

Beeinflussung der Zie/bildung:<br />

e Rahmenbedingungen<br />

.. Feedback, d.h. Wahrnehmung der eigenen Leistung<br />

e fremdbestimmte, nicht eigene Ziele (z.B. Zielsetzung<br />

<strong>durch</strong> legitimierte Autoritäten, <strong>durch</strong> peeroder<br />

pressure groups)<br />

I) Zieleinbezogenheit (Einbezug in vorgegebene<br />

Ziele)<br />

.. Zielakzeptanz (Akzeptanz fremder Ziele)<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

243


Zielbildung<br />

_<br />

• Anreize, Belohnungc:n, Bestrafungen<br />

lO die Öffentlichkeit der Zielverpflichtung<br />

.. das Vorgehen bei Zielaushandlung (Partizipation,<br />

Kooperation)<br />

.. Autoritäts- <strong>und</strong> Gruppendruck<br />

• Informationen<br />

@ Wissen<br />

Auch einflussreiche Persönlichkeiten <strong>und</strong> Organisationen<br />

in verschiedenster Funktion können eine<br />

mehr oder minder starke Wirkung auf die Zielbildung<br />

ausüben (Selchert, 1992).<br />

Methoden zur Unterstützung der Zielbildung<br />

Eine eigentliche Methode für die Zielbildung gibt es<br />

nicht. Verschiedene Planungsmethoden betrachten<br />

die Zielbildung aber als Planungsvoraussetzung wie<br />

bspw. die «Bauliche Wertanalyse» (Wiegand, 1989)<br />

oder beinhalten Ansätze zur Unterstützung der<br />

Zielbildung wie bei der «Kooperativen Planung».<br />

Bisher wurde bei der Planung grösserer Projekte<br />

oft das sogenannte «DEAD»-Prinzip angewendet:<br />

DEcide, Announce and Defend. Dabei traf bspw.<br />

ein Bauherr die Entscheidung über ein Projekt, kündigte<br />

diese der Öffentlichkeit an <strong>und</strong> verteidigte<br />

sie anschliessend. Kooperative Planung ist eine<br />

Methode, die über reine Information <strong>und</strong> Anhörung<br />

der Öffentlichkeit hinausgeht. Sie ist eine Methode,<br />

die den Einbezug vieler Akteure <strong>und</strong> die Integration<br />

der unterschiedlichen Ansichten zum Ziel hat. Dabei<br />

ist nicht gemeint, dass einfach jedermann einbezogen<br />

werden muss, sondern es werden lediglich<br />

Meinungsträger, organisierte Gruppen (sog. pressure<br />

groups oder intermediäre Organisationen), Wirtschaft<br />

sowie Staat oder öffentliche Ämter angesprochen.<br />

Sie beinhaltet die kooperative Problembearbeitung,<br />

Erfahrungs- <strong>und</strong> Informationsaustausch<br />

<strong>und</strong> die gemeinsame Vereinbarung von Leitbildern<br />

<strong>und</strong> Zielen am «R<strong>und</strong>en Tisch». Die Projekte werden<br />

mit Hilfe von Kooperationsnetzen <strong>und</strong> Partnerschaften<br />

realisiert (Seile, 1992).<br />

3.3.2 Der Zielbildungsprozess der SEW<br />

Ausgangslage<br />

Die weltweite Überkapazität im Bereich der Produktion<br />

löste zunehmenden Konkurenzdruck aus. Ende<br />

der 70er Jahre nahm bei SE~ der Platzbedarf der<br />

Fertigung langsam ab. Der Rückgang des Platzbedarfs<br />

wurde <strong>durch</strong> die Zunahme der Leistungsstärke<br />

der Maschinen verstärkt. Zudem richtete<br />

sich die SEW vermehrt auf High Tech-Produkte mit<br />

hoher Wertschöpfung aus.<br />

Durch den geringeren Platzbedarf wurde auf dem<br />

Areal nicht betriebsnotwendiges Land frei, welches<br />

SEW ertragreich nutzen wollte. Um einen Beitrag<br />

an den Unternehmenserfolg leisten zu können,<br />

beschloss SEW, je einen Drittel des nicht mehr<br />

genutzten Landes zu verkaufen, im Baurecht abzugeben<br />

<strong>und</strong> für den Eigenbau zu verwenden.<br />

Bei SEW war der entscheidende Beweggr<strong>und</strong> für<br />

die Ausarbeitung eines Gestaltungsplanes das Erreichen<br />

einer möglichst hohen Rendite, wie auch ein<br />

Interview mit einem Direktionsmitglied der SEW<br />

bestätigte. Auch andere Beweggründe wie Prinzipien<br />

«


___--'-<br />

Zielbildung<br />

3.3.3 fazit der Analyse des lielbildungsprozesses<br />

der SEW<br />

In der Fachliteratur wird von Autoren darauf hingewiesen,<br />

dass in den frühen Phasen der Planung das<br />

Ausrnass möglicher Optimierung am grössten ist (vgl.<br />

dazu Wiegand, 1991). Die frühen Phasen umfassen<br />

dabei die Definition der Rahmenbedingungen,<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Ziele sowie erste Lösungsansätze.<br />

Verglichen mit den enormen Auswirkungen der<br />

frühen Phasen auf Nutzen, Kosten, Akzeptanz,<br />

Planungs- <strong>und</strong> Realisierungszeiten sind die Aufwendungen<br />

für die Gr<strong>und</strong>lagenerarbeitung meist<br />

sehr klein. Durchschnittlich dürfte der Aufwand für<br />

die frühen Planungsleistungen bei maximal 0.8% der<br />

späteren Baukosten liegen. Deshalb besteht in dieser<br />

Phase das beste Verhältnis von Aufwand <strong>und</strong> möglicher<br />

positiver Wirkung. Mit anderern Worten: Ein<br />

angemessener Einsatz von Mitarbeitern bzw. Honoraren<br />

für externe Planer <strong>und</strong> Berater in der Anfangsphase<br />

lohnt sich meist sehr. Die Praxis der Bearbeitung<br />

während der frühen Phasen entspricht deren<br />

Bedeutung meist in keiner Weise (Wiegand, 1991).<br />

werden konnte. Informationen für die Zielbildung<br />

stellten einerseits ein Baujurist <strong>und</strong> die beigezogene<br />

Architektengemeinschaft zur Verfügung, andererseits<br />

erhielt die SEW diverse Unterlagen von kontaktierten<br />

Ämtern. Es wurde zudem eine Raumverträglichkeitsstudie<br />

von Basler & Hoffmann erstellt.<br />

Nachdem die Ziele mit der Geschäftsleitung abgestimmt<br />

wurden, bezog SEW eine Architektengemeinschaft,<br />

Coop als Landbesitzerin eines kleinen<br />

Gr<strong>und</strong>stücks auf dem SEW-Areal (siehe DER FALL,<br />

Abschnitt 3.2) <strong>und</strong> die Stadt Zürich mit ein.<br />

Beeinflussung der lielbildung<br />

Eine Beeinflussung der eigenen Zielbildung <strong>durch</strong><br />

Interessengruppen (Anwohner, Presse etc.) hat nach<br />

Angaben eines interviewten Direktionsmitgliedes<br />

der SEW nicht stattgef<strong>und</strong>en. Ebensowenig sind<br />

Wünsche potentieller Investoren bei der Zielbildung<br />

miteingeflossen, da die Promotion erst nach dem<br />

Vorliegen des Gestaltungsplanes erfolgte. Auch die<br />

Wünsche der Stadt waren bei der Zielfestlegung<br />

nicht relevant.<br />

Ziele können im Laufe der Zeit an veränderte<br />

Rahmenbedingungen angepasst werden. So könnte<br />

bspw. eine Veränderung der Konjunkturentwicklung,<br />

des Immobilienmarktes, der Konkurrenzfähigkeit<br />

des Werkplatzes Schweiz oder im Prozedere der<br />

Baubewilligung eine Überarbeitung der Ziele der<br />

SEW zur Folge haben.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Mängel sind einerseits die oft<br />

geringen Anstrengungen bei der Gr<strong>und</strong>lagenerarbeitung<br />

<strong>und</strong> die qualitativ unzureichende<br />

Form der Bearbeitung. Mögliche Ursachen sind<br />

dabei Überschätzen des eigenen Informationsstandes,<br />

Unterschätzen der Vernetzung eines<br />

Projektes, Vorherrschen einer einseitigen Fachausbildung<br />

oder auch der Mangel an Lösungswissen<br />

(Wiegand, 1991).<br />

Der eigentliche Zielbildungsprozess bei SEW fand<br />

rein firmenintern im kleinen Kreis statt. Es liess<br />

sich nicht feststellen, wieviel Zeit <strong>und</strong> Mittel für<br />

diese Planungsphase aufgewendet wurden. Deshalb<br />

sind diesbezüglich für SEW keine weitergehenden<br />

Schlussfolgerungen möglich. Gr<strong>und</strong>sätzlich stellt<br />

die Definition klarer, arealbezogener Ziele, wie sie<br />

bei der SEW stattfand, eine gute Ausgangslage für<br />

eine weitergehende kooperative Planung dar (vgl.<br />

Abschnitt 3.4.5).<br />

3.4 Gestaltungsplan<br />

Einleitend wird der Ablauf des Aushandlungsprozesses,<br />

in dem es zum heutigen Gestaltungsplan<br />

kam, analysiert. Ausserdem soll in diesem Abschnitt<br />

analysiert werden, welche Ziele der verschiedenen<br />

Akteure im «Privaten Gestaltungsplan Escher-Wyss<br />

Gebiet" nicht explizit berücksichtigt wurden. Dafür<br />

werden die in Abschnitt 3.2 zusammengestellten<br />

Ziele der Interessengruppen mit dem Gestaltungsplan<br />

verglichen.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

245


Zielbildung<br />

_<br />

3.4.1 Gr<strong>und</strong>züge<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich regelt der Gestaltungsplan die Nutzungsweisen<br />

auf dem SEW-Areal. Nebst einem<br />

Bereich für die produzierende Industrie sieht der<br />

Gestaltungsplan Einrichtungen für industrielle <strong>und</strong><br />

industrienahe Nutzungen, d.h. für eine interdisziplinäre<br />

Forschung, Entwicklung <strong>und</strong> Produktion<br />

industrieller Güter vor. Die dritte Nutzungsweise<br />

umfasst Wohnungen, Gewerbe- <strong>und</strong> Dienstleistungsbetriebe,<br />

wobei Banken, Versicherungen <strong>und</strong><br />

Büroabteilungen der öffentlichen Hand ausgenommen<br />

bleiben. Eine zweite Hauptstossrichtung beschäftigt<br />

sich mit planungs- <strong>und</strong> bau technischen<br />

Anforderungen an zukünftige Gebäude. In einem<br />

dritten Teil wird die Gestaltung der Gebäude <strong>und</strong><br />

Freiräume festgelegt. Dabei' müssen die zentralen<br />

Freiräume hohe gestalterische <strong>und</strong> ökologische<br />

Anforderungen erfüllen, öffentlich zugänglich <strong>und</strong><br />

von Altlasten befreit sein. Zudem sind Bauten,<br />

Anlagen <strong>und</strong> Umschwung im Hinblick auf den<br />

ökologischen Ausgleich im Sinne der Natur- <strong>und</strong><br />

Heimatschutzverordnung zu optimieren. Ein letzter<br />

Abschnitt beschäftigt sich mit der Erschliessung<br />

des SEW-Areals. Dabei werden sowohl der nicht<br />

motorisierte Verkehr (Fussgänger, Fahrrad) <strong>und</strong> der<br />

öffentliche Verkehr als auch der Individualverkehr<br />

geregelt. Darunter fallen auch Regelungen über die<br />

Parkierung. Der <strong>Umwelt</strong>schutz wird explizit unter<br />

den Teilaspekten Lärmschutz, Energie, Abwasser,<br />

Abfälle <strong>und</strong> Altlasten behandelt.<br />

3.4.2 Entstehung<br />

Beurteilung<br />

der Akteure<br />

Verhandlungsprozesses aus Sicht<br />

Mit einem Gestaltungsplan wird ermöglicht, von<br />

der Regelbauweise abzuweichen, wobei der Gestaltungsplan<br />

für bestimmte, genau umgrenzte Gebiete<br />

Zahl, Lage, äussere Abmessungen sowie Nutzweise<br />

<strong>und</strong> Zweckbestimmung der Bauten bindend festlegt<br />

(Art. 83 ff PBG). Ein Gestaltungsplan ist also gewissermassen<br />

ein «Mini-Zonenplan». Entsprechend<br />

bedarf er der Zustimmung des für den Erlass von<br />

Bau- <strong>und</strong> Zonenordnungen zuständigen Organs. Im<br />

Rahmen der von uns <strong>durch</strong>geführten Interviews<br />

wurden die Vertreter der verschiedenen Interessengruppen<br />

befragt, wie sie den Prozess zum Gestaltungsplan<br />

erlebt haben. Im folgenden sind ihre<br />

Aussagen kurz zusammengefasst.<br />

Für SEWwar der Prozess zum Gestaltungsplan recht<br />

aufwendig. Vor allem der zeitliche Aufwand gab<br />

immer wieder Anlass zu internen Diskussionen, ob<br />

der Weg des Gestaltungsplans denn wirklich der<br />

richtige sei. Die intensive Diskussion mit der Stadt<br />

wird als «gut» bezeichnet, die Vielzahl beteiligter<br />

Ämter <strong>und</strong> Kontaktpersonen wurden aber als störend<br />

empf<strong>und</strong>en. SEW würde eine einfachere administrative<br />

Lösung sehr begrüssen. Ideal wär für sie eine<br />

rollenden Planung, die Rücksicht nimmt auf Veränderungen<br />

der Wirtschafts- <strong>und</strong> Investorenlage.<br />

Dafür müsste der Gestaltungsplan flexibler ausgelegt<br />

werden können.<br />

Kooperative Planung stellt für SEW zwar eine Voraussetzung<br />

zur Zielerreichung dar, steht für sie aber<br />

im Konflikt mit dem Wunsch nach rascher Planung<br />

<strong>und</strong> Verhandlung. Aus dem Interview schliessen<br />

wir, dass der Vertreter der SEW unter dem Begriff<br />

«Kooperation» wahrscheinlich eher Partizipation<br />

versteht, d.h. zielgruppenbezogene Informations<strong>und</strong><br />

Beteiligungsangebote. Zudem wird Kooperation<br />

lediglich als Voraussetzung zur Zielerreichung ein~<br />

gesetzt <strong>und</strong> nicht als Instrument zur kooperativeI\<br />

Problembearbeitung von gemeinsamer Leitbild- <strong>und</strong><br />

Zieldefinition bis zur kooperativen Realisierung von<br />

Projekten verstanden. Der Einbezug weiterer Interessengruppen<br />

in den Verhandlungsprozess wird zwar<br />

in Erwägung gezogen, diese müssten jedoch klar<br />

<strong>und</strong> konkret formulierte Ziele vertreten können.<br />

Diese Folgerung wird <strong>durch</strong> die Aussage eines<br />

weiteren Direktionsmitgliedes der SEW unterstützt,<br />

der angab, die SEW wolle, obwohl der Einbezug der<br />

Öffentlichkeit in den Planungsprozess angestrebt<br />

werde, ihre Eigeninteressen maximal wahrnehmen<br />

<strong>und</strong> die Mitsprache auf Rahmenbedingungen beschränken<br />

(Interviews mit Direktionsmitgliedern<br />

der SEW, 1995).<br />

Das Hochbauamt 11 hat aufgr<strong>und</strong> seiner Funktion<br />

als Verwaltungsstelle der Stadt Zürich anfangs eine<br />

eher passive, abwartende Position eingenommen~<br />

Erst bei den Absprachen für den endgültigen Gestal!<br />

tungsplan überprüft die Stadt die im Plan formulierten<br />

Ziele der SEW darauf, ob sie mit den eigenen<br />

Zielen vereinbar sind. Allfällige Widersprüche werden<br />

anschliessend in einem bilateralen, iterativen<br />

Prozess bereinigt. Die Stadt würde einen kooperativen<br />

Planungsprozess begrüssen, will die Initiierung<br />

aber dem Gr<strong>und</strong>eigentümer überlassen. Der Vertreter<br />

des Bauamtes II betonte insbesondere die<br />

Vorteile eines solchen Vorgehens. Seiner Meinung<br />

nach wäre eine Beteiligung möglichst vieler Akteure<br />

vorteilhaft, da so jeder kleine Gewinne machen<br />

würde <strong>und</strong> deshalb eine Volksabstimmung eher verhindert<br />

würde.<br />

KraftWerk hatte von Anfang an eine schwierige<br />

Verhandlungsposition, da es weder politisch noch<br />

wirtschaftlich grossen Rückhalt hat. Aus der Sicht<br />

des Interviewpartners verhärteten sich trotz gutem<br />

246<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


--------------'----------------<br />

Zielbildung<br />

Verhandlungsstart die Fronten bereits nach kurzer<br />

Zeit aufgr<strong>und</strong> von Kommunikationsproblemen. So<br />

würde sich ein von uns interviewter Vertreter in der<br />

Entwicklungsplanung denn auch eine mehr inhaltliche<br />

als politische Diskussion wünschen. Der Planungsprozess<br />

sollte generell demokratisiert werden.<br />

KraftWerk war bei der Durchsetzung seiner Interessen<br />

ganz auf seine eigene Initiative angewiesen,<br />

wurden aber mit Ausnahme der SVP-Kampagne<br />

gegen ein Vorgängerprojekt nicht behindert. Generell<br />

ist der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit Kraft­<br />

Werk sehr wichtig, sie möchten die Öffentlichkeit<br />

über Vorhaben informieren <strong>und</strong> «aufwecken".<br />

Nach Aussage des Präsidenten des Quartiervereins<br />

nahm SEW wegen der Krise in der Maschinenindustrie<br />

die Aussprache mit dem Quartiervereill<br />

schon sehr früh auf <strong>und</strong> war immer mit ihm in Kon­<br />

"akt. Die Zusammenarbeit mit der SEW wurde als<br />

gut bezeichnet. Dem gegenüber wirft der Quartierverein<br />

der Stadt zu kurzfristiges Denken <strong>und</strong><br />

mangelnde Kommunikation vor. Es wäre besser<br />

gewesen, sich zu Beginn der Planung abzusprechen<br />

<strong>und</strong> ein gemeinsames<br />

Leitbild zu entwerfen. Die<br />

Arch<br />

kooperative Zielaushandlung<br />

wird als zentrales Bauherr<br />

Bauamt I<br />

Element bei der Gestaltung<br />

Gestaltk<br />

eines solchen Pro­<br />

Invest<br />

jekts betrachtet. Deshalb<br />

Kraftwerk<br />

möchte der Quartierverein<br />

Kreisarch<br />

einen R<strong>und</strong>en Tisch mit Medien<br />

anderen Quartieren <strong>und</strong> ORL<br />

der Stadt zur Lösung anstehender<br />

SBN<br />

Probleme schaf­<br />

Sozialamt<br />

SPA<br />

fen. Damit könnte auch<br />

UFS<br />

eine bessere Koordination<br />

erreicht werden.<br />

Legende zu den Abb. 3.4.3.1 <strong>und</strong>3_4.3.2.<br />

Abb. 3.4.3.1 Beurteilungdergegenseitigen Relevanz.<br />

Architekten~ welche den Gestaltungsplan SEW ersteHt haben ..<br />

Bauamt Ider Stadt Zürich<br />

SEW<br />

Fachkommission Gestaltungsplan im Gemeinderat der Stadt<br />

Zürich<br />

SBG<br />

Verein Kraftwerk<br />

Kreisarchitekt Kreis 5<br />

Institut für Orts-Regional- <strong>und</strong> Landesplanung der ETH Zürich<br />

. Schll'eizerischer JiiIlidfÜrNaturschutz<br />

Sozialamt der Stadt Zürich<br />

.• StadtlllaI1ungsallltZÜrich •• ·<br />

Umweitschutzfachstelle der Stadt Zürich<br />

\<br />

IINVESTf-'IATHf~<br />

IBAUlERRI<br />

/<br />

IGESTCTKI<br />

I<br />

I7:K=R:=:EI~SA""'R""C""H""'1<br />

Abb. 3.4.3.2 Gradder Zusammenarbeit.<br />

3.4.3 Beziehungen. zwischen ausgewählten Akteuren<br />

Um die Relevanz der einzelnen Handlungsträger<br />

<strong>und</strong> den Grad ihrer Zusammenarbeit analysieren<br />

zu können, wurde vom Teilprojekt 4.3 (Recht <strong>und</strong><br />

Vollzug) eine Befragung einiger am Planungs- <strong>und</strong><br />

Bauprozess beteiligter Akteure <strong>durch</strong>geführt (vgl.<br />

Abschnitt 2). Die Resultate können aufgr<strong>und</strong> der<br />

geringen Anzahl Befragter aber kein statistisch signifikantes<br />

Ergebnis liefern. Zudem wollte das Bauamt<br />

II keine Stellungnahme abgeben. Die Auswertung<br />

der Netzwerkanalyse zeigen die Abbildungungen<br />

3.4.3.1 <strong>und</strong> 3.4.3.2. Die verwendete Software rückt<br />

diejenigen Akteure näher zusammen, die sich gegenseitig<br />

für relevant halten (Abb. 3.4.3.1) <strong>und</strong> eine sehr<br />

starke Zusammenarbeit (Abb. 3.4.3.2) aufweisen.<br />

Da<strong>durch</strong> werden die relevantesten Akteure bzw. die<br />

am engsten zusammenarbeitenden Akteure ins Zentrum<br />

der Graphik gerückt. Um die Übersichtlichkeit<br />

der Graphik nicht zu gefährden, wurden jeweils nur<br />

die relevantesten bzw. am engsten zusammenarbeitenden<br />

Akteure berücksichtigt (Teilprojekt 4.3,<br />

1995).<br />

Die Relevanz <strong>und</strong> Stärke der Zusammenarbeit<br />

wurde von den einzelnen Gruppen zum Teil recht<br />

unterschiedlich bewertet <strong>und</strong> gewichtet. Es stellte<br />

sich aber heraus, dass von allen Befragten das Bauamt<br />

II, der Bauherr sowie die Investoren als die relevantesten<br />

Akteure bezeichnet wurden. Im Bereich<br />

der Zusammenarbeit sind die Architektengemeinschaft<br />

<strong>und</strong> das Stadtplanungsamt am stärksten ins<br />

«Arbeitsbeziehungsnetz» eingeflochten.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 247


Zielbildung<br />

_<br />

Stadt<br />

Aufgr<strong>und</strong> der allgemeinen Formulierung der Ziele<br />

der Stadtentwicklung 1995 ergeben sich kaum<br />

Widersprüche zu den im Gestaltungsplan aufgeführten<br />

Zielen. Erst die konkrete Umsetzung der Ziele<br />

der Stadtentwicklung 1995 auf das SEW-Areal mit<br />

seinem Gestaltungsplan dürfte genauer zeigen, weIche<br />

Ziele die Stadt nicht umsetzen konnte. Das<br />

Interview mit einem Vertreter des Bauamts II hat<br />

in dieser Beziehung einige nicht umgesetzte Ziele<br />

der Stadt aufgezeigt. Der von SEW gesetzte Schwerpunkt<br />

der industrienahen Nutzung wurde akzeptiert,<br />

um die Attraktivität des Standortes Zürich für SEW<br />

aufrecht zu erhalten. Dennoch wurde die von der<br />

Stadt gewünschte Nurzungs<strong>durch</strong>mischung erreicht.<br />

Besonders bedauert wurde die von SEW <strong>durch</strong>gesetzte<br />

Aufteilung des Areals, welche die Kernzone<br />

der industrienahen Nutzung vorbehält <strong>und</strong> die<br />

Wohnzonen an den Rand des Areals rückt. Zudem<br />

hätte sich die Stadt eine Öffnung des Areals zum<br />

Escher-Wyss-Platz hin gewünscht. Dies wurde jedoch<br />

<strong>durch</strong> das Festhalten der SEW an ihrem<br />

Stammhaus an der Ecke zum Escher-Wyss-Platz<br />

verunmöglicht.<br />

3.4.4 Nicht herücksichtigte Anforderungen<br />

Die folgende Zusammenstellung stützt sich auf<br />

verschiedene Unterlagen <strong>und</strong> auf die Interviews. Dabei<br />

wird versucht, v.a. aus der Sicht der Interviewten<br />

darzustellen, welche ihrer ursprünglichen Gruppenziele<br />

nicht im Gestaltungsplan umgesetzt wurden.<br />

Berücksichtigt wurden nur Akteure, die explizite<br />

Ziele für das SEW-Areal formuliert oder im Interview<br />

Angaben zu nicht umgesetzten Zielen gemacht<br />

hatten.<br />

SEW<br />

Die Nicht-Zulassung von Banken, Versicherungen<br />

<strong>und</strong> Büroabteilungen von öffentlichen Verwaltungen<br />

auf dem SEW-Areal führt nach Ansicht der SEW zu<br />

Rentabilitätseinbussen <strong>und</strong> wird deshalb eindeutig<br />

bedauert. Aus demselben Gr<strong>und</strong> hätte sich SEW<br />

auch gesamthaft einen höheren Dienstleistungsanteil<br />

gewünscht, dies umso mehr, als auch die<br />

Arbeitsvorbereitung der heutigen Produktion eine<br />

Dienstleistung darstellt. Was die zentralen Freiräume,<br />

die Denkmalsc.hurzauflagen <strong>und</strong> den ökologischen<br />

Ausgleich betrifft, muss die SEW Auflagen<br />

erfüllen, die weitergehen als ursprünglich von ihr<br />

vorgesehen. Nach Meinung von SEW sei ökologischer<br />

Ausgleich nur sinnvoll, wenn er einfacher<br />

zu handhaben <strong>und</strong> finanziell tragbar ist. Auch die<br />

Forderung nach mehr Parkplätzen konnte die SEW<br />

nicht <strong>durch</strong>setzen.<br />

Investor<br />

Gemäss Interview mit einem Vertreter des Schauspielhauses<br />

könnte die Schauspielhaus AG alle ihre<br />

Nutzungen im Rahmen des Gestaltungsplans realisieren.<br />

Es wird jedoch deutlich gemacht, dass ausser<br />

bei der Schiffbauhalle keine Nutzung von Altsubstanz<br />

vorgesehen ist, da diese nicht ihren Anforderungen<br />

entspricht. Auch die Schiffbauhalle würde<br />

nicht weiter genutzt, stünde sie nicht unter Denkmalschutz.<br />

Man erwartet bei der architektonischen<br />

Realisierung noch einige Schwierigkeiten, so kommt<br />

bspw. mit den unter Denkmalschutz stehenden, einfach<br />

verglasten Fensterscheiben eine Beheizung der<br />

Schiffbauhalle nicht in Frage.<br />

Technopark<br />

Der von uns interviewte Vertreter des Technoparks<br />

Zürich bemängelt insbesondere die nach wie vor<br />

bestehende Trennung der Arbeitsbereiche Dienstleistung,<br />

Produktion, Industrie <strong>und</strong> Gewerbe. Diese<br />

verhindert nach Aussage des Interviewpartners unter<br />

Umständen die Ansiedlung bestimmter K<strong>und</strong>en wie<br />

bspw. des Nachrichtenmagazins CASH.<br />

KraftWerk<br />

KraftWerk strebt mit sowohl personell als auch funktionell<br />

<strong>und</strong> örtlich zusammengefassten Haushalten,<br />

248<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___~<br />

Zielbildung<br />

Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft eine noch weitergehende<br />

Nutzungs<strong>durch</strong>mischung an, die als Gr<strong>und</strong>idee<br />

nicht umgesetzt wurde. Auch der von KraftWerk<br />

vorgeschlagene Verteilschlüssel für das Areal (54%<br />

Wohnfläche, 31 % Arbeitsfläche <strong>und</strong> 15% Öffentliche<br />

Fläche) wurde nicht berücksichtigt. Damit ist insbesondere<br />

der Wohnanteil deutlich höher als im<br />

Gestaltungsplan vorgesehen (mind. 5% des Gesamtareals<br />

ohne Stammareal). Der Pendlerproblematik<br />

soll mit einem Verhältnis von 1: 1 zwischen Arbeits<strong>und</strong><br />

Wohnplätzen begegnet werden. Mit der Zuteilung<br />

der Schiffbauhalle zur industrienahen Nutzung<br />

kann das von KraftWerk dort geplante Quartierzentrum<br />

nicht verwirklicht werden.<br />

3,4,5 Fazit<br />

Bei der Entstehung des vorliegenden Gestaltungs­<br />

,Aanes zum SEW-Areal fanden bilaterale Verhandlungen<br />

zwischen SEW <strong>und</strong> der Stadt Zürich statt.<br />

Gemäss dem Interview mit einem Vertreter des<br />

Bauamts n war das wichtigste Ziel der Stadt, SEW<br />

in Zürich behalten zu können. Diese Ausgangslage<br />

gab" SEW eine starke Position im Verhandlungsprozess.<br />

SEW konnte ihre wichtigen Anliegen <strong>durch</strong>setzen,<br />

obwohl diese mit den Zielen der Stadt Zürich<br />

stellenweise nur schwer in Einklang zu bringen<br />

waren. Auf der anderen Seite konnte auch SEW<br />

einige Ziele nicht umsetzen. Diese Erkenntnisse<br />

wurden anhand des Vergleichs der ursprünglichen<br />

Ziele der verschiedenen Interessengruppen mit den<br />

im Gestaltungsplan enthaltenen Anforderungen<br />

erhärtet. Dennoch kann gesagt werden, dass sowohl<br />

SEW wie auch die Stadt ihre Ziele mehrheitlich<br />

verwirklichen konnten. Ziele anderer Interessengruppen<br />

(wie etwa KraftWerk) sind nur dann einq;eflossen,<br />

wenn es einer Interessengruppe gelang,<br />

.:inen der Hauptverhandlungspartner davon zu überzeugen,<br />

ihre Ziele in den Verhandlungen zu vertreten.<br />

der Entstehung des Gestaltungsplanes aktiv teilnehmen<br />

zu lassen (vgl. Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VER­<br />

HANDL UNGEN).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich soll der Weg zum Verhandlungstisch<br />

für alle offen sein. Es ist aber sinnvoll,<br />

Individualinteressen zusammenzufassen,<br />

zu organisieren <strong>und</strong> <strong>durch</strong> Interessensvertreter in<br />

die Gesprächsr<strong>und</strong>en einzubringen. Zusammenarbeit<br />

ist unserer Meinung nach eine gr<strong>und</strong>legende<br />

Voraussetzung zur Definition <strong>und</strong> Umsetzung<br />

langfristiger gesellschaftlicher Ziele.<br />

Dies gilt insbesondere für langfristige wirtschaftliche<br />

Entwicklungen <strong>und</strong> die Umsetzung eines<br />

ganzheitlichen <strong>Umwelt</strong>schutzes. Für eine fruchtbare<br />

Zusammenarbeit verschiedenster Interessensgruppen<br />

bei der Ausarbeitung eines Gestaltungsplans<br />

stellt unseres Erachtens die von Seile<br />

(1994) beschriebene Kooperative Planung eine<br />

gute Methode dar. Sie kann nicht nur eine<br />

verbesserte Kommunikation <strong>und</strong> Beteiligung,<br />

sondern eine echte Kooperation verschiedener<br />

Interessensgruppen erreichen.<br />

Der Verhandlungsprozess kann <strong>durch</strong> Schwierigkeiten<br />

beim Erreichen eines Konsens in die Länge<br />

gezogen werden. Die Praxis aber zeigt, dass bei der<br />

Betrachtung des gesamten Planungsprozesses ein<br />

anfänglicher Mehraufwand wettgemacht werden<br />

kann; dies sowohl <strong>durch</strong> kurze <strong>und</strong> reibungslose<br />

3,4,6 Vorgehelisalterilativen<br />

In den bisherigen Ausführungen beurteilten wir<br />

den Zielbildungs- <strong>und</strong> Planungsprozess. Nachfolgend<br />

beschreiben wir einen Planungsprozesses<br />

<strong>und</strong> die dafür nötigen Voraussetzungen, welcher<br />

insbesondere im Bereich der Bedürfnisermittlung<br />

<strong>und</strong> Zieldefinition Verbesserungen bringen kann.<br />

Die im Gestaltungsplan festgesetzten Anforderungen<br />

beeinflussen die nachfolgenden Entscheidungsprozesse<br />

für das Bauvorhaben entscheidend. Ziele,<br />

die nicht ausdrücklich im Gestaltungsplan aufgeführt<br />

sind, werden später kaum mehr berücksichtigt.<br />

Es erscheint uns deshalb von grosser Wichtigkeit,<br />

möglichst viele Interessensgruppen im Prozess<br />

UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

249


Zielbildung<br />

Bewilligungsverfahren als auch <strong>durch</strong> das Ausbleiben<br />

von Einsprachen nach der Baubewilligung. Damit<br />

sinkt das Risiko, dass ein Bauvorhaben verzögert<br />

oder im schlimmsten Fall gar nicht ausgeführt werden<br />

kann. Durch die zeitlichen Beschleunigung des<br />

Bewilligungsverfahrens ist gleichzeitig auch eine<br />

Kostensenkung möglich. Prominentes Beispiel für<br />

Bauverzögerungen infolge mangelhafter Kooperation<br />

ist die Gleisüberbauung Wipkingen der Firma Heinrich<br />

Hatt-Haller AG. Nach einer verspäteten <strong>und</strong><br />

ungenügenden Information seitens der Bauherren<br />

formierte sich aus dem Kreis der Quartierbevölkerung<br />

vehementer Widerstand gegen das Projekt.<br />

Dies führte zu mehrmaliger Ablehnung der Baupläne<br />

<strong>und</strong> zu einer Verzögerung des Baubeginns um mehrere<br />

Jahre.<br />

Die Kooperative Planung soll aber nicht nur Zeit<br />

<strong>und</strong> Geld einsparen, sondern auch den Informationsfluss<br />

unterstützen. Durch die Berücksichtigung<br />

verschiedenster Interessensgruppen soll vermehrt<br />

Fachwissen in den Planungsprozess einfliessen. Dieses<br />

Fachwissen kann aufgr<strong>und</strong> der oft komplexen<br />

Problemstellungen gar nicht von einer Institution<br />

alleine geliefert werden. Der Austausch von verschiedenen<br />

Sichtweisen soll zudem das vernetzte<br />

Denken fördern <strong>und</strong> den Planungshorizont erweitern.<br />

Da<strong>durch</strong> kann die Qualität des «Produktes»<br />

verbessert <strong>und</strong> ein Schritt in Richtung ganzheitlicher<br />

Lösungen getan werden.<br />

Kooperation soll auf freiwilliger Basis beruhen<br />

<strong>und</strong> darf nicht erzwungen werden.<br />

Ämter können die Kooperation fördern, indem sie<br />

andere zur Teilnahme motivieren <strong>und</strong> eine Plattform<br />

für die Kooperation schaffen. Eine Verwaltung, die<br />

nur wartet, bis Baugesuche eingereicht werden, wird<br />

nie kreativ in das Geschehen eingreifen können. Es<br />

ist aber wichtig, dass auch Gr<strong>und</strong>eigentümer Bereitschaft<br />

zur Kooperation zeigen <strong>und</strong> dafür Initiative<br />

ergreifen. Voraussetzung bildet das Schaffen von<br />

Anreizen <strong>und</strong> das Erkennen der Vorteile der kooperativen<br />

Planung. Kooperative Planung ist allerdings<br />

überall dort das falsche Instrument, wo die Interessengruppen<br />

aufIhrer Maximalposition beharren, <strong>und</strong><br />

keine Bereitschaft zeigen, Kompromisse einzugehen.<br />

4<br />

Obwohl bereits an verschiedener Stelle auf Schwierigkeiten,<br />

die während der Bearbeitung unserer<br />

Fragestellung aufgetreten sind, hingewiesen wurde<br />

(siehe Abschnitt 2), möchten wir an dieser Stelle<br />

doch einige zusammenfassende Thesen formulieren.<br />

Die Thesen gründen auf einer Gesamtübersicht über<br />

diverse Aussagen in Interviews sowie auf verschiedenen<br />

Unterlagen <strong>und</strong> Literatur zum Thema. Die<br />

Gültigkeit der Thesen kann mit verschiedenen<br />

qualitativen <strong>und</strong> quantitativen Methoden genauer<br />

überprüft werden.<br />

These 1: Entscheidung in den frühen Phasen<br />

Die frühen Phasen der Planung ist für das Endprodukt<br />

enorm entscheidend. In diesen Phasen werden<br />

die Eckpfeiler für das Projekt gesetzt. Ziele, di(<br />

nicht bereits in den frühen Phasen der Planung<br />

berücksichtigt werden, lassen sich zu einem späteren<br />

Zeitpunkt nur schwer integrieren. Ökologische Eckpfeiler<br />

sollen deshalb bei Projektbeginn gesetzt<br />

werden.<br />

These 2: Optimierung <strong>durch</strong> Mehraufwand inden<br />

frühen Phasen<br />

Der Aufwand, welcher für die frühen Planungsphasen<br />

betrieben wird, ist im Verhältnis zu ihren<br />

Auswirkungen oft zu gering. Das Endergebnis kann<br />

bereits mit einer kleinen Steigerung des personellen<br />

<strong>und</strong> finanziellen Aufwandes in den frühen Planungsphasen<br />

verbessert werden. Das Ausmass möglicher<br />

Optimierungen ist am Anfang am grössten.<br />

These 3: Zieldifferenlen <strong>durch</strong> unterschiedliche<br />

Zielhierarchien<br />

Auf der Ebene übergeordneter Ziele herrscht<br />

ein weitgehender Konsens zwischen verschiedenen<br />

Interessengruppen. Die Differenzen werden umso<br />

grösser, je konkreter die übergeordneten Ziele ausformuliert<br />

ist. Diese Differenzen ergeben sich dabei<br />

aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Zielhierarchie bei<br />

den verschiedenen Interessengruppen.<br />

_<br />

These 4: Stellenwert ökologischer Ziele<br />

Bei


__________________________________________Zielbildung<br />

These 5: Unterschiede persönlicher <strong>und</strong> betrieblicher<br />

<strong>Umwelt</strong>anliegen<br />

Der Stellenwert der <strong>Umwelt</strong>anliegen zeigt eine mehr<br />

oder weniger starke Diskrepanz zwischen öffentlichen<br />

Äusserungen <strong>und</strong> Firmenleitbildern. Dabei<br />

wird der Ökologie in mündlichen Aussagen meist<br />

mehr Gewicht beigemessen als in schriftlichen.<br />

These 6: lie,lbil,du1llg als Eraebll!is von Einzelinitiativen<br />

Die firmeninterne Zielbildung ist oft von der Initiative<br />

Einzelner abhängig <strong>und</strong> wird deshalb <strong>durch</strong><br />

deren Einstellung massgeblich geprägt.<br />

These 7:<br />

Definition von Kooperation<br />

Kooperation wird von den betrachteten Akteuren<br />

Jnterschiedlich definiert. Während für die einen bereits<br />

Verhandlungen mit einer weiteren Interessengruppe<br />

Kooperativität bedeutet, verstehen andere<br />

darunter den Einbezug sämtlicher Gruppen, die<br />

Interesse an einer Teilnahme haben.<br />

AGW (1993): Altlastenbearbeitung: Einführung in die Altlastenpraxis<br />

des Kantons Zürich. Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau<br />

des Kantons Zürich.<br />

AGW (1995): Achtung Abfall, Altlasten. Amt für Gewässerschutz<br />

<strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich.<br />

Bandura, A. (1989): Self-Regulation of Motivation and Action<br />

Through Internal Standards and Goal Systems. In L.A. Pervin<br />

(Eds.), Goal Concepts in Personality and Social Psychologiy<br />

(pp. 19-86)..Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.<br />

Blum, M. & Hofer, A. et al. (1993): KraftWerk 1. Projekt für das<br />

Sulzer-Escher Wyss Areal. Zürich: Paranoia City.<br />

BUWAL (1992): Abfallkonzept für die Schweiz. Ziele, Mass-<br />

. nahmen, Wirkung; BUWAL Schrifenreihe <strong>Umwelt</strong> Nr. 173, Dokumentationsdienst<br />

B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft,<br />

3003 Bern.<br />

BUWAL (1994): Altlastenkonzept für die Schweiz. BUWAL<br />

Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong> 220, Dokumentationsdienst B<strong>und</strong>esamt<br />

für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft, 3003 Bern.<br />

Ferrari, L. (26.11.1993): Das verbotene Fabrikareal soll zugänglich<br />

werden. Die Pläne für die neue Nutzung des Escher-Wyss-Areals<br />

liegen jetzt vor. Tages Anzeiger, 101 (276), S. 19.<br />

Friedrichs, J. (1985): Methoden empirischer Sozialforschung.<br />

Opladen: Westdeutscher Verlag.<br />

Hasler, T. (22.10.1991): Sulzer-Escher-Wyss plant ihre Zukunft:<br />

Der Technopark soll im April 1992 eröffnet werden - Gestaltungsplan<br />

steht noch aus. Tages Anzeiger, 99 (245), S. 29.<br />

Kanton Zürich (1994): Statistisches Jahrbuch des Kantons Zürich.<br />

Zürich: Statistisches Amt des Kantons Zürich.<br />

Lee, T.W., Locke, E.A. & Latham, G.P. (1989): Goal Setting<br />

Theory and Job Performance. In L.A. Pervin (Eds.), Goal<br />

Concepts in Personality and Social Psychologiy, (291-326). Hillsdale:<br />

Lawrence Erlbaum Associates.<br />

Neue Zürcher Zeitung (22.10.1994): Im Spannungsfeld von Zinsen<br />

<strong>und</strong> Einkommen. SBG Studie zu den Schweizer Immobilienpreisen.<br />

Zürich: NZZ-Verlag.<br />

Neue Zürcher Zeitung (16:3.1995): Die Zukunft des Escher-Wyss­<br />

Gebiets. Neue Zürcher Zeitung, Pressemitteilung der Stadt, 216<br />

(63), S. 55.<br />

Neue Zürcher Zeitung (24./25.6.1995): Neue Schauspiel AG für<br />

dritte Werkzentrum-Variante. Neue Zürcher Zeitung, Redaktion,<br />

216 (144), S. 54.<br />

Quartierverein Zürich 5 - Industriequartier (1995): 108. Jahresbericht.<br />

Zürich: Quartierverein Zürich 5 - Indusrriequartier.<br />

Schalcher, H.R. et al. (1994): Projektmanagement <strong>und</strong> Investitiomplanung.<br />

Vorlesungs unterlagen ETH Abt. H, 7. Sem. Institut<br />

für Bauplanung <strong>und</strong> Baubetrieb, Zürich: ETHZ.<br />

Schär, S. (26.11.1993): Die Nutzungsabsicht für das Zürcher<br />

Escher-Wyss-Areal. Neue Zürcher Zeitung, 214 (276), S. 56.<br />

Scheifele, D.R. (1991): Bauprojektablauf. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Modelle<br />

für eine effiziente Ablaufplanung im Bauwesen. Schriftenreihe<br />

der Gesellschaft für Projektmanagement. Rheinland: Verlag<br />

TÜV.<br />

Schweizerische Bankgesellschaft (1994): Geschäftsbericht. Bericht<br />

des Verwaltungsrats an die Generalversammlung. SBG<br />

Schweiz.<br />

Schweizerische Bankgesellschaft (1994): Wir machen mit. Unser<br />

gemeinsamer Weg in die Zukunft. SBG Schweiz.<br />

Selchert, F.W. (1992): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre.<br />

(4 ed.). München: R. Oldenburg Verlag.<br />

Seile, K. Hrsg. (1992): Vom «sparsamen Umgang" zur «Vision<br />

offener Räume". Stadtentwicklung <strong>und</strong> Freiraumpolitik. Bau-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

251


Zielbildung<br />

_<br />

steine für kooperative Problemlösung. Werkbericht Nr. 29 der<br />

Arbeitsgruppe Bestandsverbesserung.<br />

SeIle, K. (1994): Was ist bloss mit der Planung los? Erk<strong>und</strong>ungen<br />

auf dem Weg zum Kooperativen Handeln. Ein Werkbuch. Dortm<strong>und</strong>er<br />

Beiträge zur Raumplanung, Nr 69.<br />

SEW (1995): Stellungnahme von Sulzer-Escher Wyss AG zum<br />

.Privaten Gestaltungsplan Escher Wyss-Gebiet". Sulzer-Escher<br />

Wyss AG: Zürich.<br />

Slade, S. (1994): Goal-based decision making. Hillsdale: Lawrence<br />

Erlbaum Associates.<br />

Stadtplanungsamt (1995): Entwurf zum Zwischenbericht "Entwicklungsplan<br />

Zürich-West". Zürich: Stadtplanungsamt.<br />

SULZER (1993): Leitbild <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze.Winterthur: SULZER<br />

Konzern-Information.<br />

Sulzer-Escher Wyss AG (1995): Konzeptpapier Mission-Vision­<br />

Strategie-Aktionsplan. Zürich: SEW.<br />

Umbau (13.6.1995): Altlasten lasten schwer. Unabhängige Zeitung<br />

der <strong>Fallstudie</strong> 95, Nr. 6, S. 1.<br />

Werner, H. (29.6,1995): Starke Quartiere machen eine starke<br />

Stadt. Tagblattder Stadt Zürich, 159 (148), S. 1.<br />

Wiegand, J. (1989): Vom Spezialisten zum Generalisten - vom<br />

Generalisten zum Spezialisten. Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong><br />

Architekt, 107 (19), S. 501-505.<br />

Wiegand, J. (1991): Aller Anfang ist wichtig (schwer). Projektmanagement<br />

der Null-Phasen. Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong><br />

Architekt, 109 (48), S. 1155-1159.<br />

Wigdorovits, S. (24.3.1987): Bei den Industriezonen geht es um<br />

Geld <strong>und</strong> Arbeitsplätze. Tages Anzeiger, S. 21.<br />

Wuest <strong>und</strong> Partner (1995): Bau- <strong>und</strong> Immobilienmarkt Schweiz,<br />

Monitoring 1994. Verlag Wuest <strong>und</strong> Partner. Zürich.<br />

Ziele der Stadtentwicklung (1995), Zürich.<br />

ZIPBau (1995): Leitlinien zur Erneuerung von ETH-Gebäuden.<br />

Zentrum für integrierte Planung im Bauwesen. IB ETH Hönggerberg.<br />

Verordnung über Schadstoffe im Boden (VSBo), vom 9.6.1986,<br />

SR 814.12<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG), vom<br />

24.1.91, SR 814.20<br />

Allgemeine Gewässerschutzverordnung B<strong>und</strong>esrat (AGSchV),<br />

vom 19.6.1972, SR 814.201<br />

Verordnung über Abwassereinleitungen B<strong>und</strong>esrat, vom<br />

8.12.1975, SR 814.225.21<br />

Verordnung über den Schutz der Gewässer vor wassergefährdenden<br />

Flüssigkeiten (VWF), vom 28.9.1981, SR 814.226.21<br />

Luftreinhalte-Verordnung (LRV), vom 16.12.85, SR 814.318.142.1<br />

Lärmschutz-Verordnung (LSV), vom 15.1286, SR 814.41<br />

Kanton Zürich<br />

Gesetz über die Abfallwirrschaft (Abfallgesetz) vom 25. Sept.<br />

1994,712.1<br />

Einführungsgesetz zum Gewässerschutzgesetz vom 8. Dez. 1974,<br />

711.1<br />

Gesetz über die Raumplanung <strong>und</strong> das öffentlich Baurecht<br />

(Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz) vom 7. Sept. 1975,700.1<br />

Stadt Zürich<br />

Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung (BZO)<br />

Berichte aus folgenden Teilprojekten:<br />

TP 1.8: Ökosystem Areal (Einflussfaktoren)<br />

TP 2.2: Raumplanung<br />

TP 3.1: Organisation (Schlüsselfaktoren)<br />

TP 3.2: Wissen <strong>und</strong> Werte (Thesen)<br />

TP 4.1: Promotion<br />

TP 4.3: Recht <strong>und</strong> Vollzug (Netzwerkanalyse)<br />

Gesetzestexte<br />

AufB<strong>und</strong>esebene (nach SR geordnet)<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über den Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz (NHG), vom<br />

1.7.1966, SR 451<br />

Verordnung über den Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz (NHV), vom<br />

16.1.1991, SR 451.1<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über die Raumplanung (RPG), vom 22.6.1979, SR<br />

700<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über den <strong>Umwelt</strong>schutz (USG), vom 7.10.83, SR<br />

814.01<br />

Verordnung über die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung (UVPV), vom<br />

19.10.1988, SR 814.011<br />

Technische Verordnung des B<strong>und</strong>esrates über Abfalle (TVA), vom<br />

10.12.1990, SR 814.015<br />

252<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


---- ------------ Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />

einbezogen <strong>und</strong> weniger stark berücksichtigt werden<br />

jedoch die Kosten, die <strong>durch</strong> mangelhafte Akzeptanz<br />

oder <strong>durch</strong> späteren Widerstand, sowie vor allem<br />

<strong>durch</strong> unzureichend entfaltete Sachkompetenz in<br />

der Planung entstehen.<br />

turstudenten erarbeitete Alternativen, die gleichermassen<br />

am Gestaltungsplan orientiert sind, jedoch<br />

zusätzliche Gestaltungsqualitäten nutzen (siehe Kapitel<br />

DER FALL). Hier gilt es von den positiven Ideen<br />

zu lernen.<br />

Am stärksten irritiert auf diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

zweifelsfrei die Gegenüberstellung der Ergebnisse<br />

der Szenarionanalyse mit den Ergebnissen der Variantenbewertung<br />

(vgl. Tabelle 6.3.1). Die am meisten<br />

präferierte Variante Grünraum besitzt bezogen auf<br />

die Realiserung die geringste logische Wahrscheinlichkeit.<br />

Die am schlechtesten bewertete Variante<br />

Industrienahe Nutzung besitzt aus der Sicht der Szenarioanalytiker<br />

die höchste Realisierungswahrscheinlichkeit.<br />

Auch wenn der wissenschaftliche Gehalt<br />

diese Aussage nicht überbewertet werden sollte,<br />

wird <strong>durch</strong> sie der schmale Grad zwischen Chance<br />

<strong>und</strong> Gefahr deutlich, die bei der Arealentwicklung<br />

gegeben sind.<br />

B) Die Angst vor kooperativen Prozessen abhauen!<br />

Die ausführlichen Interviews, Statements, Workshopdiskussionen<br />

usw. der Hauptakteure machten<br />

zu Beginn der <strong>Fallstudie</strong> zweifelsfrei klar, dass von<br />

Seiten der Eigner <strong>und</strong> von der Stadt Zürich Raumnutzungsverhandlungen<br />

nicht gewünscht wurden.<br />

Für diese Haltung gibt es sicherlich eine Reihe von<br />

Ursachen. Als wesentlich muss erachtet werden, dass<br />

(freiwillige) Kooperation mit unerwünschter <strong>und</strong><br />

lästiger Partizipation verwechselt wird. Es besteht<br />

Unsicherheit <strong>und</strong> Reserviertheit, da das Verhältnis<br />

von entscheidungsunterstützenden Raumnutzungsverhandlungen<br />

zu traditionellen demokratischen<br />

Strukturen nicht geklärt erscheint <strong>und</strong> ein Kontrollverlust<br />

befürchtet wird.<br />

Auch scheinen negative Erfahrungen mit harzigem<br />

Feilschen auf Nebenkriegsschauplätzen sowie mit<br />

wenig sachorientierten <strong>und</strong> personen- wie positionenorientierten<br />

Diskussionen vorzuliegen. Nicht-<br />

C) Kompetenzgewinnung <strong>durch</strong> Raum-Nutzungs-<br />

Verhandlungen<br />

Raum-Nutzungs-Verhandlungen sollen Entscheidungsprozesse<br />

<strong>durch</strong> Kompetenzgewinnung stützen. Folgende<br />

Gesichtspunkte wären zum Gegenstand von<br />

Raumutzungsverhandlungen zu machen:<br />

@ Die Erweiterung des Verhandlungsraumes <strong>durch</strong><br />

kooperative Problemlösung, in der z.B. Ideen der<br />

@<br />

positiv beurteilten Varianten einbezogen werden<br />

Die Optimierung von bio-ökologischer Qualität zur<br />

Steigerung der Lebensqualität <strong>und</strong> zum (immobilien-)wirtschaftlichen<br />

Nutzen<br />

@ Die Energie- <strong>und</strong> Stoffflussoptimierung (Ökobilanz)<br />

hilft die Kostenkalkulation beim Rückbau<br />

<strong>und</strong> in der Nutzungsphase zu optimieren<br />

@<br />

Die Reduktion des sozialen Konfliktraumes <strong>durch</strong><br />

verstärkten Einbezug von Nutzer- <strong>und</strong> Bevölkerungsinteressen.<br />

7.6<br />

Die Visionen zum Fall spannen, wie das Kapitel<br />

RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN, einen weiten Bogen.<br />

Ob dieser Boden <strong>und</strong> die Konzeption Raum­<br />

Nutzungs-Verhandlungen in der Zukunft für die <strong>Umnutzung</strong><br />

von Industriearealen <strong>und</strong>/oder die ökologische<br />

Problemlösung in der Schweiz von Nutzen sein<br />

wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Eher skeptischen<br />

Urteilen (siehe etwa Knoepfel, 1995, siehe<br />

auch das Kapitel METHODEN in diesem Band) stehen<br />

positive Erfahrungen in Deutschland, den USA, den<br />

Niederlanden aber auch in der Schweiz gegenüber<br />

(siehe Renn <strong>und</strong> Webler, 1995; Rey, 1995, Weidner,<br />

1995). Wichtig ist, dass die Methode nicht als Allheilmittel<br />

betrachtet wird. Es gilt sie situationsangemessen<br />

als «ein das Projektmanagement unterstützenden<br />

Projektdialog» zu begreifen, der zu einer<br />


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284<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


Inhalt<br />

1. Zielsetzung: Werben für<br />

nachhaltige Entwicklung 287<br />

2. Das Thema: Nachhaltige Entwicklung 289<br />

3. Die Methode: Marketing 290<br />

4. Die Produkte:<br />

Der Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt<br />

<strong>und</strong> das Nachhaltigkeits-Video 292<br />

Alltorenlmu!rI<br />

Jörg Bonderer<br />

Andreas Götschmann<br />

Nathalie Gysi<br />

Trimurti Inan<br />

Michael KOllcky<br />

Nedim U1usoy<br />

Ivo Willimann<br />

Andreas Witschi<br />

Armin Heitzer (Tutor)<br />

Harall! A. Mieg (Tutor))<br />

AIl(ballend allf den Ergebnissen der wissenschaftlidll!rl Arbeitsgmppe (Synthesegrllppe C)<br />

Jörg Bonderer<br />

Trimurti Inan<br />

Christophe Diemand<br />

Nguyen Merzollga<br />

Andreas Götschmann<br />

Gianni Pezzatti<br />

NaUlalie Gysi<br />

Katharina Stehler<br />

Sascha Iqbal<br />

Nedim U1usoy<br />

Ivo Willimann<br />

Andreas Witschi<br />

Andreas Balthasar (Tutor)<br />

Armin HeHzer (Tutor)<br />

Harald A. Mieg (Tutor)


Ideenwerkstatt<br />

_<br />

286 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___-'-<br />

Ideenwerkstatt<br />

1.<br />

Die Ideenwerkstatt war in der ursprünglichen Konzeption<br />

diejenige Synthese, die für eine Entwicklung<br />

von Visionen zuständig sein sollte. Sie diente als<br />

Freiraum, um Frag411 zu stellen, die andere Gruppen<br />

nicht anzuschneiden wagten oder ungewöhnliche<br />

neuartige Leitbilder zu entwerfen. Kurz: die Ideenwerkstatt<br />

sollte etwas «anderes» machen.<br />

Die Idee der Ideenwerksratt ist weder neu noch<br />

anders. Sie fand sich unter dem Titel «Fragestellungswerkstatt»<br />

bereits in der <strong>Fallstudie</strong> 1994 «Perspektive<br />

Grosses Moos». Das Gr<strong>und</strong>konzept war<br />

der Zukunftswerkstatt entnommen (vgl. Jungk <strong>und</strong><br />

Müllert, 1985). Die Zukunftswerkstatt ist ein Verfahren<br />

zur Gestaltung langfristiger öffentlicher Planungen<br />

unter Einbezug der «Betroffenen». Tatsächlich<br />

hat 1992 im Kreis 5, in dem sich auch das Sulzer­<br />

Escher Wyss-Areal befindet, eine Zukunftswerkstatt<br />

mit Anwohnern stattgef<strong>und</strong>en (Kasten 1.1). Sie stand<br />

unter dem Titel «Lebensqualität» <strong>und</strong> wurde von<br />

Frau Stadträtin Dr. Ursula Koch geleitet.<br />

Der Auftrag an die Ideenwerkstatt bestand darin, Kasten 1.1 Arbeitsphasen der Zukunftswerkstatt «Lebensqualität im<br />

mit der Methode der Zukunftswerkstatt das Konzept Kreis 5».<br />

der nachhaltigen Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

zu dessen Umsetzung zu<br />

ergründen. Nachhaltige<br />

Entwicklung (Sustainable<br />

Development) ist ein Begriff,<br />

der zu Beginn des<br />

letzten Jahrh<strong>und</strong>erts m<br />

der Forstwirtschaft geprägt<br />

wurde. Als Konzept<br />

wurde der ursprüngliche<br />

Begriff von der UN-Kommission<br />

für <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />

Entwicklung in einen globalen<br />

Kontext gestellt<br />

(World Comission, 1987).<br />

Der Begriff umfasst dabei<br />

solche Aspekte wie inter<strong>und</strong><br />

intragenerationellen<br />

Wohlstand für alle, schonenden<br />

Umgang mit <strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> Ressourcen u.a.<br />

Die Idee der nachhaltigen<br />

Entwicklung harrt noch<br />

der konkreten Umsetzung.<br />

Das B<strong>und</strong>esamt für<br />

<strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft<br />

(BUWAL) hatte<br />

eine eigene Studie in<br />

Auftrag gegeben, um mög- Abb. 1 Kinderzeichnung, die für die Animation des UNS-Video-Filmes «Nachhaltigkeit» verwendet wurde.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 287


ldeenwerkstatt ---------- _<br />

liche Umsetzungen - «Operationalisierungen» - abschätzen<br />

zu können (Infras, 19


_______...,-<br />

Ideenwerkstatt<br />

2. Das<br />

1 Definition<br />

Die klassische Definition für eine nachhaltige Entwicklung<br />

findet sich im sogenannten Br<strong>und</strong>tlandt­<br />

Bericht, der 1983 von der UN-Kommission für <strong>Umwelt</strong><br />

<strong>und</strong> Entwicklung in Auftrag gegeben wurde<br />

(World Comission 1987). Darin heisst es:<br />

«Sustainable development is development that<br />

meets the needs of the present without compromising<br />

the ability of future generations to meet<br />

their own needs."<br />

Zu deutsch: «Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung,<br />

die die Bedürfnisse der Gegenwart<br />

befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />

Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht<br />

befriedigen können."<br />

Auf UN-Ebene schuf dieser Begriff der «nachhaltigen<br />

Entwicklung" eine Verknüpfung von <strong>Umwelt</strong>-,<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Entwicklungspolitik <strong>und</strong> schaffte<br />

somit ein gemeinsames Ziel für divergierende Interessengruppen.<br />

Denn <strong>Umwelt</strong>politik ist ein Anliegen<br />

der reichen Industriestaaten der Nordhemisphäre.<br />

Entwicklungspolitik ist hingegen ein besonderes<br />

Anliegen der armen Entwicklungsländer. Seither hat<br />

es viele weitere Definitionen (Kasten 2.1) <strong>und</strong> Versuche<br />

gegeben, den Begriff der nachhaltige Entwicklung<br />

enger zu fassen <strong>und</strong> praktikabel zu machen.<br />

Bei Gesprächen mit Personen, die sich selbst nicht<br />

intensiv mit <strong>Umwelt</strong>fragen beschäftigen (Passanten<br />

bei der Strassenbefragung der Videogruppe, Architekturstudierende)<br />

stellte sich heraus, dass obige<br />

Definitionen nicht genügen, um das Konzept der<br />

nachhaltigen Entwicklung verständlich zu machen.<br />

So abgedroschen der Begriff für uns <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftler<br />

mittlerweile erscheinen mag, er ist<br />

noch nicht bis in die Köpfe der Allgemeinheit vorgedrungen.<br />

Als hilfreich zur Erklärung des Begriffs<br />

erwies sich die klassische, forstwirtschaftliehe Definition<br />

bzw. der Vergleich mit einem Bankkonto, wo<br />

jeweils nur die Zinsen genutzt werden sollten. Daher<br />

benutzten wir für das Video folgende Umschreibung:<br />

«In der Forstwirtschaft gibt es ein altes Prinzip<br />

der Waldpflege: Man fällt nur gerade so viele<br />

Bäume, wie wieder nachwachsen. Auf diese Weise<br />

bleibt der Waldbestand erhalten. Dies nennt<br />

man noch heute nachhaltige Bewirtschaftung."<br />

Interviews<br />

Wir stellten die Frage, was nachhaltige Entwicklung<br />

für sie bedeute, den Experten aus den Bereichen<br />

Ökologie, <strong>Bauen</strong>, Politik, Hochschule <strong>und</strong> öffent-<br />

Kasten 2.1 Nachhaltigkeitlnachhaltige Entwicklung: Definitionen aus der<br />

Literatur.<br />

licher Planung. Es zeigte sich, dass immer wieder die<br />

Bedeutung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> ökologischen Dimension für eine nachhaltige<br />

Entwicklung betont wurde (vgl. Kasten 2.2). Geladen<br />

war auch Frau Dr. Ursula Koch, Stadträtin <strong>und</strong><br />

Leiterin des Bauamts n der Stadt Zürich. Sie kam -<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

289


Ideenwerkstatt<br />

ausgehend vom Thema «nachhaltige Entwicklung"<br />

<strong>und</strong> dem Sulzer-Escher Wyss-Areal - recht schnell<br />

auf «Urbanität» zu sprechen. Frau Koch: «Urbanität<br />

heisst, dass auf kleinstem Raum die verschiedensten<br />

Sachen passieren: Man arbeitet, wohnt, kauft ein,<br />

geht ins Kino, besucht Konzerte, sitzt in der Beiz.<br />

Das ist Urbanität, etwas ganz anderes also als einfach<br />

dichtes <strong>Bauen</strong>.» Damit wird direkt die Schaffung von<br />

Lebensqualität als soziale Dimension für eine nachhaltige<br />

Entwicklung angesprochen.<br />

3.<br />

Das Ziel der Synthesearbeit stand bald fest: Wir wollten<br />

für nachhaltige Entwicklung werben <strong>und</strong> hierfür<br />

geeignete Instrumente schaffen. Die Methode unserer<br />

Synthesearbeit stand demnach fest: es ging um<br />

Marketing.<br />

1.<br />

_<br />

Der Ursprung der Marketing-Idee lässt sich nicht<br />

genau definieren. Jedoch lassen sich entsprechende<br />

Strategien Ende der vierziger Jahre in den USA ausmachen.<br />

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges setzte in<br />

Europa ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Dieser<br />

brachte ein noch nie dagewesenes Angebotsdefizit<br />

mit sich. Als Folge des technischen Fortschrittes <strong>und</strong><br />

der Spezialisierung wuchs das Angebot weit stärker<br />

als die Nachfrage <strong>und</strong> überflügelte diese seit den<br />

sechziger Jahren.<br />

Die europäischen Unternehmer standen so einem<br />

Problem gegenüber, mit dem sich ihre Kollegen in<br />

den USA schon seit den vierziger Jahren auseinandergesetzt<br />

hatten.<br />

Als Abhilfe gegen diesen Missstand wurde damals<br />

die Idee des Marketings entwickelt.<br />

Was<br />

Marketing umfasst Planung <strong>und</strong> Realisation der<br />

Gestaltung, Preispolitik, Kommunikation sowie des<br />

Vertriebes von Ideen, Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen.<br />

Mit diesem Mittel sollen Bedürfnisse von Einzelpersonen<br />

<strong>und</strong> Organisationen befriedigt werden, um<br />

Austauschprozesse zu ermöglichen oder diese<br />

erleichtern.<br />

Ausgangspunkt des Marketing ist die Orientierung<br />

am Markt <strong>und</strong> nicht an den eigenen Produktionsmöglichkeiten.<br />

Es geht also nicht in erster Linie<br />

Kasten 2.2 Nachhaltigkeit/ nachhaltige Entwicklung: Definitionen der befragten<br />

Bau-, Planungs- <strong>und</strong> Wirtschaftsexperten.<br />

Abb. 3.1: Die Teile der Marketingpolitik.<br />

290 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


________________________________________Ideeriwerkstatt<br />

darum, Produkte zu verkaufen, sondern es sollen<br />

vielmehr die Bedürfnisse des Marktes erforscht, <strong>und</strong><br />

davon ausgehend optimale Produkte entwickelt<br />

werden.<br />

butionspolitik. Das Ziel ist es, den K<strong>und</strong>en die gewünschten<br />

Produkte zur richtigen Zeit, in gewünschter<br />

Menge, zum richtigen Preis am gewünschten Ort<br />

zu liefern.<br />

Instrumente des Ml1irk&1ltiJ'ill<br />

Marketing umfasst die Preispolitik, die Distributionspolitik,<br />

die Produktepolitik <strong>und</strong> dIe Kommunikationspolitik<br />

(Abb. 3.1):<br />

Je nach Unternehmung sind die einzelnen Teile<br />

der Marketingpolitik unterschiedlich stark ausgeprägt.<br />

Unternehmen, die das Schwergewicht auf die<br />

Preispolitik legen, werben vor allem mit ihren Preisen.<br />

Eine Möglichkeit besteht darin, mit besonders<br />

niedrigen Preisen zu werben, wie dies beispielsweise<br />

Discounter tun. Eine genau entgegengesetzte Strategie<br />

besteht darin, die eigenen Preise beträchtlich<br />

höher anzusetzen als diejenigen der Konkurrenz. So<br />

wird versucht, den K<strong>und</strong>en mit dem (vermeintlich)<br />

exklusiven Charakter des Produktes zu ködern.<br />

In der Produktepolitik werden drei Ebenen des<br />

Produktbegriffes unterschieden:<br />

I) Kernprodukt<br />

I) formales Produkt<br />

I) erweitertes Produkt.<br />

Das Kernprodukt ist gleichbedeutend mit dem Nutzen,<br />

den der Kauf eines Produktes bringt, z.B. ist<br />

der Nutzen eines Glases Coca Cola (hoffentlich)<br />

das Durstläschen. Dasformale Produkt umfasst neben<br />

der physischen Einheit (die Flasche mit Coca Cola),<br />

die gekauft wird, auch noch das Styling, den Markennamen,<br />

die Qualität uryd die Verpackung des<br />

Produktes.<br />

Zum erweiterten Produkt gehören zusätzliche<br />

Dienstleistungen wie Gratisinstallationen, Schulung<br />

<strong>und</strong> Beratung, Garantien, kostenlose Lieferung <strong>und</strong><br />

die Abgabe von Informationsmaterial.<br />

Alle Ebenen müssen bei der Lancierung eines<br />

Produktes berücksichtigt werden. So kann beispielsweise<br />

das Design ausschlaggebend für Kauf oder<br />

Nichtkauf eines Produktes sein. Meist wird nicht<br />

nur ein Produkt, sondern gleichzeitig eine Botschaft<br />

verkauft. So werben zum Beispiel Zigarettenfirmen<br />

mit Klischees wie «Der Geschmack von Freiheit <strong>und</strong><br />

Abenteuer», da sich die Zigaretten selbst nur sehr<br />

wenig unterscheiden. Botschaften zu entwickeln, die<br />

beim Konsumenten (unterschwellige) Bedürfnisse<br />

wecken, ist ein Instrument der Kommunikationspolitik.<br />

Nebst Werbung gehören aber auch die Verkaufsförderung<br />

(Sonderverkäufe), der persönliche<br />

Verkauf <strong>und</strong> Publicity (Werbung um öffentliches<br />

Vertrauen) dazu.<br />

Alle Aktivitäten, die mit der Verteilung der Produkte<br />

zusammenhängen, bezeichnet man als Distri-<br />

3.2.<br />

Nebst den bekannten Formen von Marketing gibt<br />

es auch das sogenannte Sozio-Marketing. Darunter ist<br />

ein Marketing für soziale Ideen bzw. Ziele zu verstehen.<br />

Durch spezifische Formen der Kommunikation<br />

werden Personengruppen so beeinflusst, dass eine<br />

bestimmte Verhaltensweise bewirkt wird. Es kommt<br />

darauf an, die Zielgruppe davon zu überzeugen, dass<br />

es sich lohnt, eine bestimmte Leistung zu erbringen.<br />

Die Arbeit der Synthesegruppe C liegt im Feld<br />

dieser Art von Marketing. Die Zielgruppe soll von<br />

der Idee der Nachhaltigkeit überzeugt werden, eben<br />

mit Hilfe von Marketing. Das Vorgehen kann im<br />

nachfolgenden Schema dargestellt werden (Kasten<br />

3.2):<br />

Kasten 3.2 Der Marketing-Prozess (nach Seiler 1992,<br />

S.35, leicht verändert).<br />

Anhand spezifischer Literatur wurde der Fachbegriff<br />

«Nachhaltigkeit» studiert. Es wurden verschiedene<br />

Definitionen betrachtet <strong>und</strong> daraus das für die<br />

Synthesegruppe C Wesentliche festgehalten.<br />

Mittels der Methode des Brainstormings wurden<br />

anschliessend Ideen zur Umsetzung der Nachhaltigkeit<br />

auf dem SEW-Areal gesammelt.<br />

Zu diesen Ideen <strong>und</strong> zum Begriff der N achhaltigkeit<br />

wurden zusätzlich Experten befragt. Diese<br />

Experten-Hearings lieferten neue Ideen <strong>und</strong> Inputs<br />

für die weiterführende Arbeit.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> war es dann nötig, sich<br />

mögliche Produkte auszudenken. Die wiederum im<br />

Brainstorming gewonnen Ideen, wurden dann mit<br />

dem Nahhaltigkeits-Zoo konkret.<br />

Phase 2: Markt analysieren<br />

Um herauszufinden, ob es mögliche Interessenten<br />

für den Nachhaltigkeits-Zoo gäbe, wurde Herr Otro<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

291


ldeenwerkstatt .........c.........c _<br />

Erb vom SBV eingeladen <strong>und</strong> um eine Stellungnahme<br />

gebeten. Er war positiv überrascht vom Nachhaltigkeits-Zoo<br />

<strong>und</strong> fand es gr<strong>und</strong>sätzlich eine gute<br />

Idee.<br />

Herr WesseIs vom Departement UMNW, der ebenfalls<br />

eingeladen wurde, war an einer Darstellung<br />

des Nachhaltigkeits-Zoos interessiert. Die Produkte<br />

der Ideenwerkstatt wurden dann an der Messe für<br />

<strong>Umwelt</strong>technik (MUT) im Oktober 1995 in Basel<br />

vorgestellt<br />

Produkte: Nachhaltig"<br />

keits"Zoo"Werbeprospekt<br />

In der ersten Synthesephase führte die Gruppe ein<br />

Brainstorming zu möglichen Produkten <strong>durch</strong>. In der<br />

darauffolgenden Auswertung fanden die Ideen eines<br />

NachhaItigkeits-Zoo-Werbeprospektes <strong>und</strong> eines<br />

Nachhaltigkeits-Videos am meisten Anklang.<br />

Phase 3: Marketing-Strategie erarbeiten<br />

Mit Herrn Dr. Martin Müller, Brugg, wurde als nächstes<br />

ein Marketing-Spezialist eingeladen. Er gab allgemeine<br />

Erklärungen zu Marketing mit erläuternden<br />

Beispielen.<br />

Phase 4: Marketing-Minel bestimmen<br />

In dieser Phase ging es darum aus den vier Mitteln,<br />

Produkt-, Preis-, Distributions- sowie Kommunikationspolitik,<br />

zu wählen. Für die Synthesegruppe C<br />

am wesentlichsten waren die Kommunikationspolitik<br />

<strong>und</strong> die Produktpolitik.<br />

Mit Hilfe zweier Produkte sollte der Nachhaltigkeits-Zoo<br />

dem Zielpublikum bekannt gemacht werden.<br />

Einerseits wird mit Hilfe eines Prospekts für den<br />

Nachhaltigkeits-Zoo in der Öffentlichkeit geworben,<br />

andererseits wird in einem Video die Idee der Nachhaltigkeit<br />

dargestellt. Zielpublikum des letzteren<br />

sind Architekturstudierende der ETH Zürich.<br />

Phase 5: Umsetzung<br />

Hierzu schlagen wir einen eigenen Abschnitt auf:<br />

1<br />

Der Nachhaltigkeits-Zoo ist ein fiktiver Vorschlag<br />

für die <strong>Umnutzung</strong> des Sulzer-Escher Wyss-Areals,<br />

einem teilweise brachliegenden Industrieareal in<br />

Zürich. Das Wort «Zoo» hat dabei nichts mit Tiererr<br />

zu tun. Diese Bezeichnung soll lediglich darauf hinweisen,<br />

dass Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher auf dem<br />

Gelände willkommen sind. In erster Linie ist der<br />

Nachhaltigkeits-Zoo aber als Wohn-, Arbeits- <strong>und</strong><br />

. Freizeitraum gedacht. Nebst der Vermittlung einer<br />

umweltverträglichen Lebensweise wurden auch<br />

wohnsoziologische Anliegen in die Entwicklung miteinbezogen.<br />

Mit der Vernetzung des menschen- <strong>und</strong> umweltgerechten<br />

<strong>Bauen</strong>s versuchten wir, einer idealen<br />

Bauweise näherzukommen. Wir trugen verschiedene<br />

Ideen zusammen <strong>und</strong> packten diese in einen Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt.<br />

Zu einem menschengerechten<br />

Lebensraum gehören dabei nebst<br />

Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsmöglichkeiten auch ein breites<br />

Freizeitangebot. Im Nachhaltigkeits-Zoo wird diesem<br />

Bedürfnis mit einem Kulturzentrum <strong>und</strong> einer<br />

Sporthalle Rechnung getragen. Weiter soll eine<br />

erlebnisreiche Gestaltung des Grünraumes insbe-'<br />

sondere den Ansprüchen der Kinder genügen.<br />

Sowohl bei der Errichtung wie auch beim Unterhalt<br />

des Nachhaltigkeits-Zoos wird auf die Material<strong>und</strong><br />

Energieeffizienz geachtet. Hier<strong>durch</strong> findet der<br />

Aspekt der <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit seine Berücksichtigung.<br />

Die vorbildliche <strong>Umnutzung</strong> einer Industriebrache<br />

soll aber noch nicht genügen. Mit der Integration<br />

einer Bildungs- <strong>und</strong> Forschungsstätte in den<br />

Nachhaltigkeits-Zoo ist zudem der Gr<strong>und</strong>stein zur<br />

Weiterverbreitung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der umwelt-<br />

<strong>und</strong> sozialverträglichen Bauweise als Beitrag zu<br />

einer nachhaltigen Entwicklung gelegt.<br />

Zur Umsetzung der Idee einer nachhaltigen Entwicklung<br />

müssen verschiedene Interessen von Betroffenen<br />

<strong>und</strong> Beteiligten Berücksichtigung finden.<br />

Eine Interessenabwägung <strong>und</strong> ein Interessenausgleich<br />

sind deshalb eine unabdingbare Voraussetzung<br />

für eine nachhaltige Entwicklung. Im folgen-<br />

292<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_________________________________________ldeenwerkstatt<br />

den soll dieser Abwägungsprozess anhand eines<br />

Textauszugs zum glashauscafe aus dem Werbeprospekt<br />

nachgezeichnet werden (Kasten 4.1)<br />

Die Verwendung exotischer Pflanzen vermag möglicherweise<br />

Verw<strong>und</strong>erung auszulösen. Eine nachhaltige<br />

Lebensweise geht eher mit einer saison<strong>und</strong><br />

standortgerechten Ernährungsweise einher. Der<br />

Anbau von exotischen Früchten muss denn auch als<br />

ein Entgegenkommen an den Lebensstandard der<br />

Moderne gesehen werden. Die eigene Produktion<br />

von Südfrüchten soll aber dahingehend ein Hinweis<br />

sein, dass ein hoher Lebensstandard mit weit geringerem<br />

Energieaufwand erreicht werden kann.<br />

Ein wichtiges Anliegen bei der Konzeption eines<br />

Wintergartens muss sein, dass für dessen Errichtung<br />

möglichst wenig <strong>und</strong> für den Unterhalt keine fossilen<br />

Energieträger benötigt werden. Dies kann aus<br />

folgendem ethischen Exkurs abgeleitet werden:<br />

Die fossilen Energieträger entstammen heute<br />

einem global verfügbaren aber begrenzten Ressourcen-Pool.<br />

Industriestaaten haben daran ebenso teil<br />

wie Entwicklungsländer. Aufgr<strong>und</strong> der Begrenztheit<br />

ist ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Ressourcen<br />

gefordert. Die Nutzung fossiler Energieträger<br />

bedarf deshalb der Regelung. Dabei ist der<br />

Deckung elementarer Bedürfnisse Vorrang vor den<br />

Wünschen zu geben, deren Entbehrung tragbar sind.<br />

Das Glashauscafe gehört sicherlich in die letztere<br />

Kategorie.<br />

Da die Nachhaltigkeit das Handeln als ethisch verantwortungsvolle<br />

Person beinhaltet, gebietet sie den<br />

Industrieländern, den Verbrauch fossiler Energie<br />

stark einzudämmen. Hier<strong>durch</strong> erhalten jene Erdteile<br />

vermehrt Zugang zu diesen Ressourcen, deren<br />

Infrastrukturen heute nicht ausreichen, um die elementaren<br />

Lebensbedürfnisse der Menschen zu<br />

sichern. Ein vollständiger Verzicht auf fossile Enerwäre<br />

aber selbst in einem Nachhaltigkeits-Zoo<br />

(noch) nicht möglich. Dies würde insbesondere bei<br />

der Errichtung oder Renovation der Infrastruktur<br />

einen zu gravierenden Einschnitt in die Handlungsfähigkeit<br />

der Menschen bedeuten.<br />

Eine sorgfältige Abwägung zwischen dem erhofften<br />

Nutzen <strong>und</strong> dem zu betreibenden Aufwand<br />

ist im Nachhaltigkeits-Zoo immer erforderlich. Die<br />

Bilanz hängt dabei wesentlich von der Ausnützungsziffer<br />

einer Einrichtung ab. Eine multifunktionelle<br />

Nutzung ist deshalb stets anzustreben. Dem wird<br />

auch im beschriebenen Wintergarten Rechnung<br />

getragen, indem er sowohl als Aufenthaltsraum wie<br />

auch als Nahrungsproduktionsstätte dient.<br />

Unser Werbeprospekt (vgl. Abb. 4.1) ist sicher<br />

professionell aufgemacht. Die Zusammenarbeit mit<br />

dem Graphikbüro SPECTER in Zürich machte<br />

dies möglich. Des weit~ren gelang der Einbezug<br />

wichtiger Teilprojektresultate in den Prospekt. Zum<br />

Kasten 4.1 Auszug aus dem Werbeprospekt: Thema Glashaus.<br />

Beispiel wird die <strong>Umnutzung</strong> bestehender Gebäude<br />

auf dem Areal - ein wichtiges Resultat des Teilprojektes<br />

1.5. - eingehend beschrieben. Im Prospekt<br />

werden aber nicht einfach Resultate vorgestellt. Vielmehr<br />

werden sie mit Bildern <strong>und</strong> Erlebnisberichten<br />

veranschaulicht <strong>und</strong> zueinander in Beziehung gesetzt.<br />

Was könnte man besser machen? Man könnte<br />

einen zweiten, kürzeren Werbeprospekt produzieren.<br />

Der jetzige Prospekt ist zu lang. Auch interessierte<br />

Personen werden ihn kaum ganz <strong>durch</strong>lesen<br />

- geschweige denn sich anmelden. Mittels des kürzeren<br />

Prospekts könnte der ausführlichere Werbeprospekt<br />

bestellt werden. Dies ist ein gängiger Weg<br />

in der Werbebranche.<br />

4.2. Nachhaltigkeirs-Video<br />

Ursprünglich bestand die Absicht, mittels Video den<br />

Nachhaltigkeits-Zoo zu visualisieren. Schon bald<br />

stellten wir fest, dass unsere Vision noch nicht so<br />

konkret war, als dass sie in Bilder zu fassen gewesen<br />

wäre. So änderte sich unser Vorhaben wie folgt:<br />

'" Der Video spricht in erster Linie Architekturstudierende<br />

an. Die filmische Ästhetik wurde auf<br />

Fortsetzung nach der nächsten Doppe/seite -?<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

293


ldeenwerkstatt<br />

_<br />

Abb. 4.1 Nachhaltigkeits-Zoo-Prospekt.<br />

Die Abbildung zeigt den Werbeprospekt zum Projekt Nachhaltigkeitszoo. Die oberen Abbildungen zeigen die Vorderseite, die unteren die Rückseite des im Originalformat<br />

21x93 cm grossen Prospekts. Gefaltet besitzt er die Grösse einer Textspalte. Der Leser wird schrittweise <strong>durch</strong> das Projekt Nachhaltigkeitszoo<br />

gejüht1<strong>und</strong> mit den gr<strong>und</strong>legenden Ideen bekanntgemacht. Interessenten für den Prospekt ko'nnen sich an das <strong>Fallstudie</strong>nbüro (Tel. 01/6326446) wenden.<br />

294 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_______________________________________Ideenwerkstatt<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 295


Ideenwerkstatt<br />

_<br />

Abb, 4.2.1 Standbild(Sulzer-Escher Wyss-Areal) <strong>und</strong>Animation (Kinderzeichnungen) zum Thema <strong>Umwelt</strong>,<br />

Sprecher-Text: «Architektur verändert <strong>Umwelt</strong>en, unseren Boden, die Luft, das Wasser, unsere Lebens- <strong>und</strong><br />

Arbeitswelten, Nachhaltige Entwicklung bedeutet: Vorhandenes nutz.en, ohne es zu zerstö'ren,,,<br />

Abb, 4.2.2 Standbild (Sulzer-Escher Wyss Areal) <strong>und</strong>Animation (Kinderzeichnungen) zum Thema Energie.<br />

Sprecher-Text: «<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Wohnen verbraucht Energie. Allein in einem Kubikmeter Beton stecken 2.7 Gigajoule.<br />

Dies entspricht der Energie von 100 kg Steinkohle - oder 1 Tonne normalem Sprengstoff. Nachhaltigkeit<br />

bedeutet hier: Haushalten, Energiesparen, erneuerbare Energien nutz.en.»<br />

die Architekturstudierenden ausgerichtet. Der<br />

Video soll in der Architektur-Ausbildung an der<br />

ETH eingesetzt werden.<br />

e Der Video vermittelt einen ersten Einstieg ins<br />

Thema «nachhaltige Entwicklung». Die Darstellung<br />

folgt den drei Themenbereichen der Architekturausbildung:<br />

<strong>Umwelt</strong>,<br />

Energie <strong>und</strong> Gestaltung.<br />

• Der Video regt zu einer<br />

vertieften Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema<br />

«nachhaltige Entwicklung»<br />

an <strong>und</strong> weckt Lust,<br />

diesen Aspekt in Planung<br />

<strong>und</strong> Bau umzusetzen. Er<br />

soll auch für andere<br />

Baufachleute interessant<br />

sem.<br />

Uns war von vornherein klar,<br />

dass für uns diese Aufgabe<br />

ohne kompetente fachliche<br />

Unterstützung nicht lösbar<br />

gewesen wäre. Eine Person<br />

mit dem nötigen Know-how<br />

fanden wir im ArchitekJ<br />

turstudenten Klaus-Michael<br />

Vetter, der schon mehrere'<br />

Videos realisiert hat. Seine<br />

Verbindungen zum Fernsehen<br />

eröffneten uns Möglichkeiten<br />

einer weiteren Vermarktung.<br />

Ein grobes Konzept, das auf vier Bildebenen basierte,<br />

diente uns als Gr<strong>und</strong>lage für das Sammeln von<br />

Bildmaterial. Die vier Bildebenen sind:<br />

• Travellings <strong>durch</strong> das Sulzer-Escher Wyss-Areal:<br />

Hierbei wurde die beeindruckende Architektur<br />

des Areals in Szene ge-<br />

setzt.<br />

e Animation von Standbildern<br />

aus den Travellings:<br />

Sie erfolgt zu den drei<br />

Themen von <strong>Umwelt</strong>,<br />

Energie <strong>und</strong> Gestaltung<br />

(vgl. Abb. 4.2.1-4.2.3). Di6<br />

Animation benutzt Kinderzeichnungen<br />

<strong>und</strong> graphische<br />

Architektur-Vorlagen.<br />

e Statements zu nachhaltiger<br />

Entwicklung von Passanten:<br />

Ein eigenes Team der<br />

Synthesegruppe C machte<br />

mit einer Super-VHS­<br />

Kamera Interviews auf<br />

der Strasse. Die Befragten<br />

sollten - anhand eines vorbereiteten<br />

Zettels - eine<br />

Definition von Nachhaltigkeit<br />

vorlesen <strong>und</strong> sodann<br />

ihre Meinung äusssern.<br />

• Man sieht ein Loft, in<br />

dem ein Fernseher läuft.<br />

Eine Fernsehzuschauerin<br />

296<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________________Ideenwerkstatt<br />

eine Architekturstudendn<br />

- wechselt von passivem<br />

Zuschauen ins aktive<br />

Gestalten: Zuerst wechselt<br />

sie nur Kanäle. Zu sehen<br />

sind Ausschnitte aus dem<br />

Film Koyaanisqatsi, der<br />

in eindringlichen Bildern<br />

die Urbanisierung unserer<br />

Welt zeigt. Dann wischt sie<br />

mit einem Tuch über den<br />

Bildschirm. Zuletzt sieht<br />

man sie an ihrem Schreibtisch,<br />

über Planungsskizzen<br />

gebeugt, arbeiten.<br />

Die Aufnahmen erstellten<br />

wir in fernsehgerechter Beta­<br />

Qualität. Die Kosten für den<br />

lideo konnten über ein entsprechendes<br />

Marketing z.T.<br />

wieder aufgebracht werden.<br />

Der Video wurde in einer<br />

Vorversion am 24.-27. Oktober<br />

1995 auf der Messe für<br />

<strong>Umwelt</strong>technik in Basel gezeigt <strong>und</strong> warb dort für<br />

die ETH <strong>und</strong> den Studiengang <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />

Ein Fazit:<br />

Diese Arbeits ermöglichte es uns, einige Aspekte einer<br />

nachhaltigen Entwicklung zu visualisieren, sowie<br />

einen ersten einblick ins Videoschaffen als Marketing-Mittel<br />

zu erhalten. Nachteilig hat sich die kurze<br />

Zeit ausgewirkt. Der enorme Zeitdruck <strong>und</strong> der Anspruch<br />

auf Professionalität verunmöglichte jegliches<br />

videotechnische Experimentieren unsererseits.<br />

Wir haben die Architekturstudierenden zum Zielpublikum<br />

gewählt, weil bei ihnen ein grosser Effekt<br />

zu erwarten ist <strong>und</strong> da<strong>durch</strong> das Problem an der Wurzel<br />

angegangen wird. Interessant ist nun, mit welcher<br />

Wirkung der Video eingesetzt werden kann.<br />

Abb. 4.2.3. Standbild (Sulzer-Escher Wyss-Areal) zum Thema Gestaltung. Sprecher-Text: «<strong>Bauen</strong> ist<br />

Gestalten. Jede Sek<strong>und</strong>e wird 1 m 2 Schweiz versiegelt <strong>und</strong> verbaut. Nachhaltig <strong>Bauen</strong> heisst: Altes mit seinem<br />

Charme möglichst zu erhalten <strong>und</strong>gezielt den Ansprüchen der Gegenwart anzupassen. Eine neue Qualität des<br />

Gestaltms. »<br />

Literatur<br />

Bussmann, K., Coutalides, R., Jenny, A., Kobe, U., Scheibier, Y.,<br />

Sigg, R.Z. (1993): Visiotopia: Nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten<br />

für Wetzikon (Kurzbericht, Oktober 1993). Universität<br />

Zürich: Nachdiplomstudiengang in <strong>Umwelt</strong>lehre.<br />

Enquete Kommission Des Deutschen B<strong>und</strong>estages (1988): Schutz<br />

der Erdatmosphäre: Eine internationale Herausforderung, Zwischenberichr.<br />

INFRAS (1995): Elemente für ein Konzept der nachhaltigen Entwicklung.<br />

Interdepartementaler Ausschuss Rio (IDARio), Zürich.<br />

Jungk, R. & Müllert, N. (1981): Zukunftswerkstätten. Hamburg:<br />

Hoffmann & Campe.<br />

Koch, U. & Wiener, D. (1992): Lebensqualität im Kreis 5. Dokumentation<br />

einer Zukunftswerkstatt vom 2. bis 4. Oktober 1992<br />

in der Schule für Gestaltung, Zürich, mit Bewohnerninnen <strong>und</strong><br />

Bewohnern des Kreises 5 <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

der Stadtverwaltung.<br />

Meadows, D. H., Meadows, D. L., Randers, J. (1994): Die neuen<br />

Grenzen des Wachstums. Hamburg: RohwoIt.<br />

Minsch, J. (1993): Nachhaltige Entwicklung Idee - Kernpostulate:<br />

Ein ökologisch.ökonomisches Referenzsystem für eine Politik des<br />

ökologischen Strukturwandels in der Schweiz (IWÖ-Diskussionsbeitrag<br />

Nr. 14, November 1993). lWÖ: Institut für Wirtschaft <strong>und</strong><br />

Ökologie der Hochschule Sr. Gallen.<br />

Müller, M. (1995) «Gr<strong>und</strong>begriffe des Marketing», Vortrag anlässlieh<br />

der <strong>Fallstudie</strong> UNS.<br />

Ninck, M. (1994). Nachhaltigkeit - ein Plastikwort? Diplomarbeit<br />

ETH Zürich.<br />

Pearce D.W., Turner R.K. (1990): Economics ofNatural Resources<br />

and the Environment. Harvester Wheatsheaf, New York.<br />

Schlicksupp, H. (1989): Innovation, Kreativität <strong>und</strong> Ideenfindung<br />

(3. Aufl.). Würzburg: Vogel Buchverlag.<br />

Seiler, A. (1992): «Marketing, Erfolgreiche Umsetzung in die<br />

Praxis», Zürich: Orell Füssli-Verlag.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

297


Inhalt<br />

1. Ökosystem Areal 301<br />

~t Bauchemie 3013<br />

3. Information, Wissen <strong>und</strong> Ausbildung 314<br />

4. Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum 318


Kurzberichte<br />

_<br />

300 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____________-'-<br />

~__.,__-------------Kurzberichte<br />

Autorinnen<br />

Mirjam Graf<br />

Thomas Hertach<br />

Dani Meier<br />

Heinz Waldmann<br />

Urs Weibel<br />

Peter Frischknecht (Tutor)<br />

Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojekrgruppe 1.8<br />

Mirjam Graf<br />

Thomas Hertach<br />

Dani Meier<br />

leinz Waldmann<br />

Urs Weibel<br />

Peter FrischlUiecht (Tutor)<br />

1.1 Einleitung<br />

Grün in der Stadt erfüllt bioklimatische, naturschützerische,<br />

ästhetische <strong>und</strong> baufunktionale<br />

Zwecke. So verschieden die Funktionen sind, so<br />

haben auch die verschiedensten Nutzer unterschiedliche<br />

Ansprüche. Im allgemeinen sind Grün- <strong>und</strong><br />

Freiflächen in urbanen Systemen begrenzt. Deshalb<br />

sollten bereits zu Beginn des Planungsprozesses die<br />

verschiedensten Ansprüche integriert <strong>und</strong> koordiniert<br />

werden. Voraussetzungen dazu sind Aufnahme<br />

<strong>und</strong> Bewertung bestehender Flora <strong>und</strong> Fauna sowie<br />

die Erstellung siedlungsspezifischer Grünraum- <strong>und</strong><br />

Naturschutzkonzepte.<br />

<strong>Umnutzung</strong>en von ehemaligen Industriearealen<br />

bieten dabei spannende Möglichkeiten. Zum einen<br />

bestehen industrietypische Freiflächen, welche zum<br />

Teil über die Geschichte des Areals <strong>und</strong> seiner<br />

Nutzung Aufschluss geben. Zum anderen entstehen<br />

bei der <strong>Umnutzung</strong> andere Ansprüche an die Grünraumgestaltung.<br />

Wie kann dabei eine ökologische<br />

Wertschöpfung <strong>durch</strong> die <strong>Umnutzung</strong> realisiert<br />

werden?<br />

Weg zu unseren Beurteilungskrirerien<br />

• Quellenbeschaffung<br />


Kurzberichte ~ _<br />

1.3 Bewertung Vernetzung<br />

a) interne Vernetzung<br />

1.3.1 Bewertungssystem<br />

Kriterium<br />

Industrie/Gewerbe<br />

Qualitätsziel<br />

locker bebaute Gebiete<br />

Naturnähe 30% 35%<br />

Einheimische Pflanzen 67% 67%<br />

Sp.~lltan:,e~etati~n.. 5%<br />

Wilde Bereiche nmIn. 4yon 6. Elemente pro Par~elle vorhande~ .<br />

Extreme Standortverhältnisse<br />

10% 5%<br />

.Bi~t~p.~~ch.ellf~ktor ..<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

Dachbegrünung<br />

Multifunktionalität<br />

Vernetzung ....................<br />

Potentialerhaltung<br />

Literatur:<br />

Mischzonen<br />

0.3<br />

100% der unversiegelten Fläche<br />

0.3<br />

80% der bewachsenen Dächer sind spontan oder einheimisch:extensiv<br />

begrünt<br />

Das Qualitätsziel, das erreicht werden sollte, hängt<br />

von der Grösse des bewerteten Raumes ab.lm SEW­<br />

Areal sollten entweder 6 von 8 möglichen Nutzungen<br />

oder 5 von 8 mit je mindestens 15% Flächenanteil<br />

(der unversiegelten Fläche) vorkommen. Die Faktoren<br />

«Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere» <strong>und</strong> «Wasserhaushalt,<br />

Klima <strong>und</strong> Lufthygiene» sind immer<br />

vorhanden.<br />

.3. :,on.6 Vernetzungsp'~nkten lTIüss~n vo~handen s~in..<br />

Während des Bauprozesses sind mindestens so viele<br />

der oben genannten Qualitätsziele zu erreichen, wie<br />

im Ausgangszustand erfüllt waren. Biotoptypen gefährdeter<br />

Arten müssen erhalten bleiben.<br />

Ökoskop (Hrsg.) (1995): Grünflächenbereich in Industriegebieten. Kurzbericht.<br />

Gelterkinden.<br />

2 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz (Hrsg.),<br />

(1993): Der Biotopflächenfaktor BFF. Berlin.<br />

3 Eigene Angaben: Die verwendeten Zahlen sind Schätzungen <strong>und</strong> müssten<br />

mit Untersuchungen bzw. <strong>durch</strong> Literaturstudium erhärtet werden.<br />

Multijunktionalität<br />

Bei einer optimalen Nutzung des Freiraumes erfüllt<br />

eine Fläche nicht nur eine Funktion. Wir schlagen<br />

vor, eine Bewertung nach der Anzahl der Funktionen,<br />

die im Raum vorkommen, '<strong>durch</strong>zuführen.<br />

Folgende Funktionen werden bewertet:<br />

.. passive Erholung (Ruheplätze, Spazierwege, usw.)<br />

• aktive Erholung (Spielplätze, Sportplätze, Schrebergärten,<br />

...)<br />

" Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere<br />

• Mobilität (Verbindungswege zwischen Gebäuden,<br />

Parkplätze, Velowege, ...)<br />

• Repräsentation/Erscheinungsbild (Formen <strong>und</strong><br />

Farbenvielfalt, Einbettung ins Quartier, kulturelles<br />

Erbe)<br />

" Kommunikation<br />

• Naturerlebnis<br />

• Wasserhaushalt, Klima, Lufthygiene<br />

Lit.<br />

2<br />

3<br />

" Im Areal existiert kein <strong>durch</strong>gehender*,<br />

naturnaher Grünraum -? 0 Punkte<br />

" Im Areal existiert in einer Richtung ein<br />

<strong>durch</strong>gehender*, naturnaher Grünraum<br />

-? 1 Punkt<br />

• Im Areal existieren in mindestens 2 Richtungen<br />

<strong>durch</strong>gehende*, naturnahe Grünräume<br />

-? 2 Punkte<br />

b) Vernetzung gegen aussen<br />

CI Es existieren keine erreichbaren**,<br />

gleichartigen Lebensräume in der Umgebung<br />

-? 0 Punkte<br />

CI<br />

Es existiert ein erreichbareru, gleichartiger<br />

Lebensraum in der Umgebung<br />

-? 1 Punkt<br />

CI Es existieren mindestens 2 erreich<br />

bareu, gleichartige Lebensräume in der<br />

Umgebung -? 2 Punkte<br />

c) Kopplung<br />

CI Es existiert ein oder kein <strong>durch</strong>gehender*,<br />

naturnaher Grünraum im Areal, der<br />

von aussen erreichbar u ist -? 0 Punkte<br />

" Mindestens ein <strong>durch</strong>gehender*, naturnaher<br />

Grünraum im Areal ist von der<br />

Umgebung erreichbar u -? 2 Punkte<br />

Ziel: 3 der 6 möglichen Punkte müssen erreicht<br />

sein!<br />

* Durchgehend:<br />

'" Keine Absätze >5 cm*u<br />

'" Keine versiegelten Flächen breiter<br />

>2 m***<br />

U<br />

Erreichbar:<br />

• Für Igel, Zaun- <strong>und</strong> Mauereidechse<br />

als Indikatorarten u *<br />

*U Zahlen nicht geprüfte Vorschläge<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente im SEW-Areal<br />

" Ruderal-, Restflächen<br />

" Strassen-, Allee-, Einzelbäume<br />

• Naturnaher Gebrauchsrasen<br />

CI Ritzenvegetation (Mauern, Plätze <strong>und</strong> Wege)<br />

" Offenes Versickerungssystem<br />

• Gepflanzte Sträucher <strong>und</strong> Gebüsche<br />

• Wildes Grün<br />

• Gebäudebegrünung, nischenreiche Gebäude<br />

" Mietergärten<br />

e Brachen<br />

'" an Klima <strong>und</strong> Boden angepasstes Repräsentationsgrün<br />

302 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


____________________________'--<br />

Kurzberichte<br />

1.3.2 lst·lllstt:md des SEW·Areals<br />

Mit einer kurzen Begehung haben wir die heute vorhandenen Biotope auf dem SEW-Areal aufgenommen:<br />

Flächen- Fläche FlächentYll Besonderheiten Anzahl Ökoskop Lage<br />

Nr. (m 2 ) Arten -Code<br />

1a 15 .. UngepfIe~teRestfIäche .. 10 ü1<br />

q2<br />

1b 5 2 Einzelbäume<br />

el<br />

2a 70 ..Ungepflegte RestfIäche. 10 ül **<br />

2b 30 5 Einzelbäume 1 e2 **<br />

3a 35 .. Ungepflegte .Restfläche 30 ü2 *<br />

3b 15 2 Einzelbäume 1 e2 *<br />

4 65 Ruderalfläche 20 r2 **<br />

5 100 Ruderalfläche 25 r2 *<br />

6 70 Ruderalfläche 20 r2 **<br />

7 3600 Ruderalfläche >40 r2 **<br />

8 450 Ruderalfläche 20 r2 **<br />

9 1500 Ruderalfläche 20 r1 .*<br />

10 120 Rasen


Nicht<br />

H H'" H H ~.i.cht.allf&.elloIllIllen<br />

•<br />

• H ~<br />

Ziel<br />

Kurzberichte<br />

_<br />

Variante Indlstrienahe Nltzung<br />

Naturnähe 5.84% Ziel nicht erreicht Naturnähe Nicht bewertbar<br />

Einheimische pflanzen Nicht bewertbar Einheimische pflanzen Nicht bewertbar<br />

......................... .. .............................. ................. .... ......<br />

.i\lt~ .ge\V~~hs~rJe .El~lll.e~t~ .. 0.24% Ziel nicht erreicht i\lt~ .~~\Va~~s~rJeEl~llle~t~ .. Nicht bewertbar<br />

•<br />

.Sp'o~t~rJye~~t~tio.n ... 5.69% Ziel erreicht .Sp()~t~rJve~~t~tio.n .. .................. ................... 1.06% ......... Ziel nicht erreicht<br />

.... ............... ......<br />

........ Wilde Bereiche Nicht bewertbar<br />

...... ......................... .................................................. Wilde Bereiche<br />

..............<br />

Nicht bewertbar<br />

Extreme Standortverhältnisse 5.69% Ziel nicht erreicht ................................... Extreme Standortverhältnisse ...... ........ .......................<br />

Nicht bewertbar<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

100% Ziel erreicht Arealtypische Stadtlandschafts·<br />

elemente<br />

Nicht bewertbar<br />

pach~~&.riirJ~ng bewertbar pac~~e&.riin~ng . Nicht bewertbar<br />

H<br />

.B.iotopflä~~enfa~t()r .. Nicht bewertbar Biotopflächenfaktor 1)0.23 2) 0.29<br />

.................... . . . . . . . . . . . . . . . . ... .<br />

Ziel nicht erreicht<br />

Multifunktionalität ~utzu~g~n H<br />

nicht erreicht Multifunktionalität Nicht bewertbar<br />

VerrJetzllllg 1 Punkt Ziel nicht erreicht yernetzu ll &. .. 1 Punkt Ziel nicht erreicht<br />

Potentialerhaltung Nicht bewertbar Potentialerhaltung Nicht bewertbar<br />

Begründungfür die Nichtbewertbarkeit des Ist-Zustandes:<br />

1) Variante «normale Dachbegrünung»<br />

2) Variante «maximale Begrünung»<br />

BewertullgskriteriWll<br />

Fehlende DetaIls<br />

Wilde Bereiche .. H ..<br />

pachb~griirJ~lIg do.<br />

Einheimische pflanzen .. ~i~l<strong>und</strong> .Met~od.e. ~~iÖ.k.o.sko.p a~w.ei~he.nd ..<br />

Biotopflächenfaktor<br />

.................................<br />

Daten fehlen<br />

Potentialerhaltung Bewertung bei Ist-Zustand nicht sinnvoll<br />

1.3.4 Bewertung der Varianten<br />

Variante GranfaR,"<br />

Naturnähe<br />

Einheimische pflanzen<br />

i\lt~g~\Vachs~lIe .EI~lll.e~t.e ..<br />

Spollt~nye&.~t~tion H<br />

Wilde Bereiche<br />

Extreme Standortverhältnisse<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

pach~egriirJung ..<br />

Biotopnä~hen~aktor ..<br />

Multifunktionalität<br />

Vernetzun&.<br />

Potentialerhaltung<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

1.46 % Ziel nicht erreicht<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

0.38 Ziel erreicht<br />

Nicht bewertbar<br />

2 Punkte Ziel nicht erreicht<br />

Nicht bewertbar<br />

Variante K,msthochsdalle<br />

Naturnähe<br />

Einheimische Pflanzen<br />

Alte gewachsene Elemente ..<br />

Spontanvegetation ..<br />

Wilde Bereiche<br />

Extreme Standortverhältnisse<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

Dach~~gr~lI~rJg<br />

Biotopfläc~enfaktor ..<br />

Multifunktionalität<br />

Vern.etzun&. ..<br />

Potentialerhaltung<br />

Variante WerkStadt<br />

Naturnähe<br />

Einheimische Pflanzen<br />

Alte gewachsene Elemente.<br />

Spontanvegetation ..<br />

Wilde Bereiche<br />

Extreme Standortverhältnisse<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

Dac~~~gr~nung ..<br />

Biotop~ächenfa~t()r ..<br />

Multifunktionalität<br />

yerlletzllll&. ..<br />

Potentialerhaltung<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

1.06%<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

..................<br />

0.26<br />

Nicht bewertbar<br />

I Punkt<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

1.33%<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

Nicht bewertbar<br />

0.35<br />

Nicht bewertbar<br />

1 Punkt<br />

Nicht bewertbar<br />

Ziel nicht erreicht<br />

Ziel nicht erreicht<br />

Ziel nicht erreicht<br />

Ziel nicht erreicht<br />

Ziel erreicht<br />

Ziel nicht erreicht<br />

304<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> '9S


_________________________________________Kurzberichte<br />

Begründungfür die Nichtbewertbarkeit der Varianten:<br />

Die Varianten sind für eine Bewertung zuwenig detailliert<br />

ausgearbeitet. Die fehlenden Details für die<br />

Bewertungskriterien sind im folgenden aufgelistet:<br />

Naturnähe<br />

Einheimische pflanzen<br />

~ltegel'l~ch~ene ~lell1~n.te ..<br />

Wilde Bereiche<br />

Multifunktionalität<br />

yer.netzu.n~ ....<br />

Potentialerhaltung<br />

1.3.5 Vergleich der Varianten<br />

Varianrenvergleich<br />

fehlende DetalJs<br />

Anteil der naturnahen Vegetation<br />

an der Gesamtarealfläche<br />

...............................<br />

Anteil der mit einheimischen Pflanzenarten<br />

bestockten Flächen<br />

Anteil alter Bäume<br />

Vorhandensein der Elemente auf den<br />

Parzellen<br />

.Extr.eme Standortv~r~ältnIsse ~~hrs~o~f~ .un.dW.asselV~rso.rgun.g ..<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />

Detailgestaltung der Grunraumtypen<br />

Dachbegrunung<br />

Anteil der spontan oder einheimisch­<br />

..ext~nsi~ ~egrünten D~cherd<br />

Angaben über Funktion Wasserhaus­<br />

.. ~alt, ~lilll~ .un.d ~ufthy~ien~ ...<br />

.. . [)~tail~estalt~~~ de~~rün.r~urntype~ d<br />

Potential während der Bauphase <strong>und</strong><br />

im Endzustand aufgr<strong>und</strong> der Unterlagen<br />

nicht erfassbar<br />

Annahmen für die Bewertung der Varianten:<br />

• Spontanvegetation: Ruderalflächen sind naturnah,<br />

Gehölzflächen sind nicht berücksichtigt.<br />

• Biotopflächenfa'ktor: Wege, Plätze hart sind versiegelte<br />

Flächen; Wege, Plätze unversiegelt sind halboffene<br />

Flächen; Vorgarten, Rasen, Spielwiesen,<br />

Park <strong>und</strong> Ruderalflächen sind Vegetationsflächen<br />

mit Bodenanschluss; nicht berücksichtigt werden<br />

konnten die Regenwasserversickerungsfläche <strong>und</strong><br />

Vertikalbegrünungen.<br />

• Vernetzung: Das Areal ist <strong>und</strong> bleibt für die Indikatorarten<br />

über das Industriegeleise erreichbar.<br />

Der langgezogene Vegetationsgürtel der Variante<br />

Grünraum ist <strong>durch</strong>gehend.<br />

Variante SllOntanvege- lliotopfliichen· Vemetzung Rang<br />

tation (%) faktor (Punkte)<br />

Grünraum 1.46 0.38 1<br />

INN 1.06 I) 0.23 2) 0.29 5/3<br />

Kunsthoch- 1.06 0.26 4<br />

schule<br />

WerkStatt 1.33 0.35<br />

fazit zum Variantenvergleich<br />

Das Datenmaterial für einen umfassenden Vergleich<br />

der verschiedenen Varianten im Bereich der unver-<br />

siegelten Flächen ist unzureichend. Trotzdem lässt<br />

sich eine provisorische Rangierung der Projekte<br />

vornehmen, in welcher die Variante Grünraum am<br />

besten abschneidet. Allerdings erfüllt auch sie nur<br />

eines der drei bewerteten Qualitätsziele.<br />

Die Idee einer Vernetzung mit der Limmat ist nur<br />

unzureichend <strong>durch</strong>dacht, da zwei gr<strong>und</strong>sätzlich verschiedene<br />

Biotoptypen verb<strong>und</strong>en werden sollen,<br />

was kaum Sinn ergibt (vergleiche hierzu Abschnitt<br />

1.4.2).<br />

1.4 Hauptthesen<br />

1.4.1 Ökologische liele<br />

Ökologische Ziele bezüglich Freiflächen müssen<br />

gesetzlich in Planungswerten festgelegt werden. Die<br />

Planungswerte haben sich an einem quantitativen<br />

Bewertungssystem zu orientieren.<br />

Ökologische Ziele bezüglich Freiflächen umfassen<br />

folgende Nutzungsbereiche:<br />

• passive Erholung<br />

• aktive Erholung<br />

• Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere<br />

• Mobilität<br />

.. Repräsentation/Erscheinungsbild<br />

.. Kommunikation<br />

Wasserhaushalt, Lufthygiene <strong>und</strong> Klima<br />

• Naturerlebnis<br />

Die ökologische Qualität der Freiflächen darf während<br />

des Bauprozesses das Niveau des Anfangszustandes<br />

nicht unterschreiten.<br />

1.4.2 Ölwmax<br />

Erfüllung der 11 Qualitäuziele unseres<br />

Bewertungssystems<br />

Eine Erfüllung der Qualitätsanforderungen bedarf<br />

besonderer Steuerung. Wir formulieren folgende<br />

These:<br />

Die Erreichung des Ökomax ist nur möglich,<br />

wenn die nötigen gesetzlichen Bestimmungen<br />

vorliegen <strong>und</strong> die ökologischen Anliegen in den<br />

Entscheidungsgremien vom Beginn der Planung<br />

über die Baubegleitung bis zum Unterhalt detailliert<br />

umschrieben sind <strong>und</strong> berücksichtigt<br />

werden!<br />

Arealspezifische Optimierungshinweise:<br />

Biotopflächenfaktor: Die im privaten Gestaltungsplan<br />

des SEW-Areals vorgeschriebenen Freiflächenziffern<br />

von 10 bis 25%, je nach Baufeld, sind <strong>durch</strong> einen<br />

Biotopflächenfaktor von 0.3 zu ersetzen. Dies ver-<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 305


Kurzberichte<br />

_<br />

Klima <strong>und</strong> den Boden angepasstes Repräsentationsgrün<br />

verhindert z.B. das Installieren von Moorbeeten<br />

<strong>und</strong> hochalpinen Schuttflächen. Die Pflanzen müssen<br />

aber nicht ausschliesslich einheimisch sein.<br />

Vernetzung: Im Areal sind <strong>durch</strong>gehende, naturnahe<br />

Grünräume zu schaffen, die aus der Umgebung<br />

erreichbar sind. Anzustreben ist ein Biotopverb<strong>und</strong>system<br />

zwischen den Ruderalflächen des Hauptbahnhofes<br />

<strong>und</strong> des SEW-Areals mit den bestehenden<br />

Industriegeleisen. Die Pfingstweidstrasse wäre zu<br />

diesem Zweck für Mauereidechsen <strong>durch</strong>lässig zu<br />

gestalten (Unter-/Überführung). Das Meteorwasser<br />

ist auf dem Areal in einem offenen System versickern<br />

zu lassen. Die offene Wasserführung lässt viele interessante<br />

Gestaltungsmöglichkeiten zu. Das offene<br />

Versickerungssystem könnte mit einem Überlauf an<br />

die Limmat angeb<strong>und</strong>en werden. Eine Unterfüh~<br />

rung der Hardturmstrasse wäre dazu nötig. In diesel<br />

Form macht eine Vernetzung zwischen Limmat <strong>und</strong><br />

SEW-Areal Sinn.<br />

Eine Optimierung des Umgangs mit Biotopen oder Ruderalflächen istgleichermassen<br />

ein Thema von <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>. Diese Aspekte werden vom<br />

Biotopflächenindex nicht etfasst.<br />

hindert z.B. eine vollständige Unterkellerung des<br />

Areals, <strong>und</strong> Gebäudebegrünungen werden als anrechenbare,<br />

naturhaushalt-wirksame Flächen anerkannt.<br />

Hartbeläge müssen begründet werden. Die<br />

Mehrzahl der Nutzungen ist mit dem heutigen<br />

Wissen auf teilversiegelten Flächen möglich.<br />

Arealtypische Stadtlandschaftselemente: Die arealdominierenden<br />

Stadtlandschaftselemente sind aufgr<strong>und</strong><br />

der Nutzung Ruderalflächen <strong>und</strong> Brachen. Durch die<br />

<strong>Umnutzung</strong> sind, neben den Ruderalflächen, andere<br />

arealtypischen Stadtlandschaftselemente (vgL<br />

Bewertungssystem) anzustreben. Eine höhere Biotopvielfalt<br />

kann, je nach Ausgestaltung, eine ökologische<br />

Wertschöpfung sein. Ruderalflächen müssen<br />

sich <strong>durch</strong> die Nutzung erhalten <strong>und</strong> dürfen nicht<br />

gepflegt werden. Dazu sind unterschiedliche Nutzungsintensitäten<br />

<strong>und</strong> -frequenzen auf diesen Flächen<br />

zu planen. Dies könnte z.B. auf dem unversiegelten<br />

Parkplatz des Technoparkes <strong>durch</strong> zeitliche<br />

Änderung der Parkfeldanordnung erreicht werden.<br />

Auf den wenig <strong>und</strong> nicht genutzen Ruderalflächen<br />

ist der Sukzession freier Lauf zu lassen, so dass wildes<br />

Grün entsteht. Gepflanzte einheimische Sträucher<br />

<strong>und</strong> Bäume sind v.a. als Gestaltungselemente<br />

sinnvoll. Der naturnahe Gebrauchsrasen muss sich<br />

auch aufgr<strong>und</strong> seiner Nutzung (Spiel- <strong>und</strong> Tobeplatz)<br />

selbst erhalten <strong>und</strong> darf nicht intensiv gepflegt<br />

(Biozide, Dünger, Bewässerung) werden. An das<br />

1.S Steuerungsfaktoren<br />

1. Gesetze<br />

Raumplanungsgesetz (RPG), Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz<br />

des Kantons Zürich (PBG) (Freiflächenziffer),<br />

Bau- <strong>und</strong> Zonenverordnung der Stadt Zürich (BZO),<br />

Zivilgesetzbuch (ZGB), Einführungsgesetz zum ZGB<br />

(Grenzabstände für Bäume <strong>und</strong> Sträucher), Natur<strong>und</strong><br />

Heimatschutzgesetz (NHG), Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzverordnung<br />

(NHV), Gewässerschutzgesetz<br />

(GSchG) (Versickern unverschmutzter Abwässer<br />

nach kantonalen Anordnungen), Stoffverordnung<br />

(StoV) (Streusalz, Herbizidverbot)<br />

2. Räumliche Begebenheiten<br />

Klimafaktoren <strong>und</strong> Bodenbeschaffenheit sowie die<br />

Umgebung (Quartiergestalt, Stadtbild) beeinflussen<br />

wesentlich, welche Biotoptypen an einem bestimmten<br />

Standort sinnvoll erscheinen.<br />

3. Ausführung, Pflege, Nutzung<br />

Die Ausführung (= Realisierung) des Projektes füllt<br />

letzte Lücken der Planung. Diese müssen im Sinne<br />

der Planung ausgeführt werden, um das Gesamtprojekt<br />

nicht zu gefährden (Baubegleitung). Auch<br />

eine geglückte Realisierung kann bei ungeeigneter<br />

Pflege oder übermässiger/falscher Nutzung rasch<br />

verändert <strong>und</strong> das Planungskonzept verwässert werden.<br />

4. Werthaltungen (von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung)<br />

Abhängig von den Werthaltungen der Beteiligten<br />

werden unterschiedliche Interessen stärker oder<br />

306 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________________________Kurzberichte<br />

schwächer verfolgt (Finanzen, Ruderalfächen, Parkplätze,<br />

Hecken, ...).<br />

5. Wissen von Gestaltern, Behörden etc.:<br />

Viele ökologisch sinnvolle Massnahmen sind leicht<br />

realisierbar <strong>und</strong> kostenneutral oder gar rentabel.<br />

Häufig fehlen Informationen oder es sind Vorurteile<br />

vorhanden.<br />

6. Ansprüche von Gestaltern, Behörden, etc.:<br />

Verschiedene Beteiligte stellen an ein Projekt unterschiedliche<br />

<strong>und</strong> teilweise sich widersprechende<br />

Anforderungen.<br />

7. Zusammensetzung von Entscheidungsgremien:<br />

Sie beeinflusst, welche Ansprüche letztlich zum<br />

Tragen kommen. Betroffene, die nicht im Entscheidungsgremium<br />

vertreten sind, können ihre<br />

Ansprüche <strong>und</strong> Interessen kaum realisieren.<br />

Adam, K., Nohl, W., Valentin, W. (1986): Bewertungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

für Kompensationsmassnahmen bei Eingriffen in die Landschaft.<br />

Landesamt für Agrarordnung. Düsseldorf.<br />

Bauamt I <strong>und</strong> II der Stadt Zürich (Hrsg.), (1990): Grün am Bau:<br />

Vorschläge für Hausbesitzer <strong>und</strong> Mieter, Architekten <strong>und</strong> Handwerker,<br />

Zürich.<br />

Bernowitz, K., Leutert, F. (1991): Vegetationskartierung der Stadt<br />

Zürich 1987/8, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Breuste, J. (1994): Urbanisierung des Naturschutzgedankens. Diskussion<br />

von gegenwärtigen Problemen des Stadrnaturschutzes.<br />

In: Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftsplanung 26 (6). Stungart: Eugen<br />

Ulmer.<br />

B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (1995): Begrünte<br />

Dächer, Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong> Nr. 216. Gewässerschurz, Landschaftsschutz.<br />

Bern: EDMZ.<br />

Dokumentation Natur <strong>und</strong> Landschaft (1992): Untersuchungen<br />

zu Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege im besiedelten Bereich.<br />

Literaturnachträge bis 1992. Sonderheft 20, Bibliographie Nr. 66.<br />

Eichenberger, R., Eichberger, M., Rüdisüli, H. (1992): Durchgrünte<br />

Arbeitswelt, Gartenbauamt der Stadt Zürich.<br />

Fellenberg, G. (1991): Lebensraum Stadt. Zürich: vdf.<br />

Gartenbauamt Stadt Zürich (1989): Inventar der kommunalen<br />

Natur- <strong>und</strong> Landsthaftsschutzobjekte.<br />

Gilbert, O.L. (1994): Städtische Ökosysteme. Radebeul: Neumann<br />

Verlag.<br />

Huber, B. (et al.) (1989); Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Aussenraum. Eine<br />

Untersuchung über Nutzung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohnquartieren.<br />

ORL-Bericht 75. Zürich: vdf<br />

Ineichen, S. (1990): Naturleitbild Stadt Zürich.<br />

Jacsman, J. (1995): Zum ökologischen Ausgleich im Siedlungsraum.<br />

In: Schweizer Ingenieur <strong>und</strong> Architekt, 3/95, S. 31-34.<br />

Kowarik, 1. (1989): Einheimisch oder nichteinheimisch? In: Garten<br />

<strong>und</strong> Landschaft, 5/89, S. 15-18.<br />

Kuhn, U., Meier, C., Nievergelt, B., Pfändler, U. (1992): Naturschutz-Gesamtkonzept<br />

für den Kanton Zürich. Zürich.<br />

Meier, C., Pabst, B. (1985): Amphibien-Inventar der Stadt Zürich<br />

<strong>und</strong> Verzeichnis, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Neumayer, R. (1988): Reptilien in der Stadt Zürich: Verbreitung,<br />

Verzeichnis <strong>und</strong> Bewertung, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Ökoskop (Hrsg.), (1995): Erfassung <strong>und</strong> Bewertung der Natur im<br />

Siedlungsraum. Methode - Ziele - Literatur. Gelterkinden.<br />

Rüdisüli, H.P., C. V. (1989): Aussenräume sind Lebensräume - Bericht<br />

über das Pilotprojekt 1988/89, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Schiess-Bühler C. (1988): Wildtiere in Zürich, Spurentaxation,<br />

Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Schiess-Bühler C. (1986): Ornithologisches Inventar der Stadt<br />

Zürich, Zürcher Kantonalverband für Vogelschutz.<br />

Schwarze M., Rüdisüli H.P. (1992): Grünraum in der Stadt ­<br />

Erhalten, Gestalten <strong>und</strong> Nutzen. NFP 29, Stadt <strong>und</strong> Verkehr.<br />

Zürich.<br />

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />

(Hrsg.), (1993): Der BiotopflächenfaktOf BFF. Berlin.<br />

Stutz, H.P. (1985): Die Fledermäuse der Stadt Zürich, Situationsaufnahme<br />

<strong>und</strong> Schutzkonzept, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />

Sukopp, H., Winig, R. (Hrsg.) (1993): Stadtökologie. Stuttgart:<br />

Gustav Fischer Verlag.<br />

<strong>Umwelt</strong>behörde Hamburg (Hrsg.): Grünvolumenzahl <strong>und</strong> Bodenfunktionszahl.<br />

Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong>behörde Heft Nr. 9. Hamburg.<br />

Valentien, C., Kroitzsch, M. (et al.), (1993): Freiflächen an öffentlichen<br />

Gebäuden. Rahmenkonzepte für München, Kempten <strong>und</strong><br />

Forchheim. Bayrisches Landesamt für <strong>Umwelt</strong>schutz, Schriftenreihe<br />

Heft 119. München.<br />

Wittig, R., Zucchi, H. (Hrsg.), (1993): Städtische Brachflächen <strong>und</strong><br />

ihre Bedeutung aus der Sicht der Ökologie, <strong>Umwelt</strong>erziehung <strong>und</strong><br />

Planung. Geobot. Kolloq. 9. Frankfurt.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

307


Kurzberichte<br />

_<br />

Autor<br />

Lllcio Carlllcci (Tutor)<br />

Aufbauend allf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojektgruppen 1.3 <strong>und</strong> 1.9<br />

Anlle Desdollx<br />

Andreas Gerecke<br />

Johannes KoUOllall<br />

Oll Kramer<br />

Martin Schmid<br />

Jeall·Charles Paterna<br />

Lucio Carlucci (Tutor)<br />

2.1 Ziele <strong>und</strong> fragestellungen<br />

Gegenstand der Teilprojektsgruppe «Bauchemie<br />

<strong>und</strong> Innenraum» war die Anwendung problemträchtiger<br />

Baustoffe. Einerseits sollte der Bereich der<br />

Bauchemie <strong>durch</strong> eine Literaturstudie zu einzelnen<br />

Stoffgruppen fachlich angegangen werden. Andererseits<br />

sollte das Umfeld der Produktion <strong>und</strong> der Verwendung<br />

solcher Stoffe erkannt <strong>und</strong> beschrieben<br />

werden.<br />

Folgende Fragen standen für diese Arbeit im<br />

Vordergr<strong>und</strong>:<br />

• Wie sehen aktuelle Problemstellungen der Bauchemie<br />

aus, bezüglich Auswirkungen auf <strong>Umwelt</strong>systerne<br />

<strong>und</strong> Menschen bei Produktion, Anwendung<br />

<strong>und</strong> Rückbau?<br />

• Welche Rahmenbedingungen sind gegeben in<br />

Form von Gesetzen, Richtlinien, Empfehlungen,<br />

Finanzen, Forschung etc.? Wie könnten diese<br />

verbessert werden?<br />

'" Wo liegen die Differenzen zwischen einem fiktiven<br />

Ideal-Zustand <strong>und</strong> dem Ist-Zustand?<br />

• Welche bereits existierenden Alternativen kommen<br />

dem Ideal-Zustand näher als der Ist-Zustand?<br />

2.2 Methoden<br />

Der Teilprojekttutor stellte der Gruppe zu Beginn<br />

der Arbeit ausführliche Literatur zur Verfügung.<br />

Ebenfalls vorbereitet waren Kontakte zu Firmen<br />

bzw. Personen aus der Bauchemie~Branche sowie<br />

zu engagierten Architektinnen. Zur Beschaffung<br />

<strong>und</strong> Verarbeitung von Informationen wurden also<br />

folgende Methoden verwendet:<br />

'" Literaturstudium<br />

• Informationsgespräch mit der Direktion einer grossen<br />

Baustoffherstellerin <strong>und</strong> Firmenr<strong>und</strong>gang<br />

'" Expertenbefragung einer ausübenden Architektin<br />

mit grosser Kompetenz in Bauökologie <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />

• Diskussionen in der Teilprojektgruppe<br />

Diese vier Ansätze ermöglichten den Studierenden<br />

die Analyse bauchemischer Probleme aus verschiedenen<br />

Perspektiven.<br />

Einstieg ins Thema<br />

In der ersten Arbeitssitzung eröffneten die Studierenden<br />

einander die Fragestellungen, welche aus der<br />

Projektarbeit «Bauchemie» für die Synthesegruppen<br />

beantwortet werden sollten. In der folgenden Diskussion<br />

kamen sie jedoch zu folgendem Schluss:<br />

Die Resultate dieser Teilprojektarbeit liefern keine<br />

direkte Beantwortung von Fragen aus Synthesegruppen,<br />

da sich etwa Fragen zur Innenraumbelastung<br />

erst zu späterem Zeitpunkt vertieft beantworten<br />

lassen. Sie sind vielmehr ein Werkzeug zur weiteren<br />

Ausgestaltung der vier Gestaltungsvarianten der<br />

SEW-Arealumnutzung.<br />

Fallheispie.le<br />

Die Teilprojektgruppe einigte sich darauf, das ausserordentlich<br />

weite Thema «Bauchemie» anhand<br />

von Fallbeispielen anzugehen. Dazu sollten Bau-<br />

308<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------------- Kurzberichte<br />

aktuelle Problemstellung ( Rahmenbedingungen )<br />

IST-ZUSTAND<br />

I<br />

I<br />

I<br />

~l/<br />

IIDEAL-ZUSTANDI<br />

Abb. 2.2 Einheitliches Untersuchungs-Schema für die behandelten Fallbeispiele:<br />

Nach einem Studium der <strong>Umwelt</strong>- bzw. Ges<strong>und</strong>heitsproblematik<br />

der Stoffe <strong>und</strong> der geltenden Rahmenbedingungen erfolgte die Beurteilung<br />

des Ist-Zustandes. Ausgehendvon einem Anforderungskatalog wurden ökologische<br />

Bewertungskriterien formuliert. Würden alle diese Kriterien eingehalten,<br />

so wäre der Ideal-Zustand erreicht. Nach der Beschreibung des<br />

Ist- <strong>und</strong> des Idealzustandes wurden Alternativen gesucht, welche den Ist­<br />

Zustand näher in Richtung Idealzustand bewegen.<br />

stoffe oder Chemikalien aus Baustoffen nach einem<br />

einheitlichen Schema untersucht werden. Die Wahl<br />

fiel auf Betonzusatzstoffe, Formaldehyd <strong>und</strong> Holzschutzmittel.<br />

Betonzusatzstoffe sind hauptsächlich in Rückbau<br />

<strong>und</strong> Entsorgung bezüglich <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />

problematisch. Formaldehyd <strong>und</strong> Holzschutzmittel<br />

wirken sich in Innenräumen negativ auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />

der Raumbenützer aus.<br />

Das einheitliche Untersuchungs-Schema ist in<br />

Abbildung 2.2 dargestellt.<br />

2.3 Resultate<br />

2.3.1 Ökologische Kriterien für Baustoffe<br />

Die folgende Liste von «Anforderungen <strong>und</strong> Bewerrungskriterien<br />

für Baustoffe» wurde zum einen Teil<br />

aus Schwarz (1995) entnommen <strong>und</strong> zum anderen<br />

<strong>durch</strong> die Studierenden ergänzt. Ökologischen Kriterien<br />

sind umfassend zu betrachten. Sie beinhalten<br />

den gesamten Lebenszyklus des eingesetzten Baustoffes<br />

(Herstellung, Anwendung, Entsorgung).<br />

Giftklassefrei. Dies bedeutet weder ungiftig noch<br />

giftfrei. Die Bezeichnung besagt, dass die Giftigkeit<br />

des Produktes so gering ist, dass es bei Einhalrung<br />

der notwendigen Arbeitsschutzmassnahmen bei der<br />

Anwendung (z.B. gut lüften) <strong>und</strong> nach dem Aushärten<br />

(Nutzungsphase) zu keinen ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Beeinträchtigungen kommen sollte, auch dann nicht,<br />

wenn man sich dauernd in den betroffenen Räumen<br />

aufhält. Dieses Kriterium ist gültig für alle üblichen<br />

Anstrich-, Klebe- <strong>und</strong> Dichtungsarbeiten im Innenbereich<br />

(Farben, Lacke, Lasuren, Kleber, Kitte <strong>und</strong><br />

Fugenmasen).<br />

Ohne Wirkstoffe. Wirkstoffe sind häufig giftig <strong>und</strong><br />

gehören deshalb zu den ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> umweltgefährdenden<br />

Stoffen.<br />

Formaldehydfrei. Formaldehyd verursacht in erster<br />

Linie Raumluftprobleme. Wichtig für den Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />

ist es, nicht Einzelemissionen, sondern<br />

die Summe der Formaldehydemissionen aus den<br />

verschiedenen Baumaterialien <strong>und</strong> Einrichtungsgegenständen<br />

zu bewerten.<br />

Kein PVC. Mit der Verwendung von PVC oder PVC­<br />

Komponenten sind unüberblickbare Ges<strong>und</strong>heitsrisiken<br />

<strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gefahren verb<strong>und</strong>en, vor allem bei<br />

der Herstellung, Entsorgung <strong>und</strong> im Brandfall. Auch<br />

zum Recycling von gebrauchten PVC-Produkten<br />

(z.B. alten Bodenbeläge oder Dachfolien) sind noch<br />

viele Fragen offen. Die meisten Baumaterialien sind<br />

heute PVC-frei erhältlich. Als Ersatzstoffe bieten<br />

sich Holz, Linoleum, Kork, Fliesen, Rauhfasertapeten<br />

<strong>und</strong> Metalle an.<br />

Ohne FCKW <strong>und</strong> H-FCKW. Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe<br />

(FCKW's) <strong>und</strong> Hydrierte-Fluor-Chlor­<br />

Kohlenwasserstoffe (H-FCKW's) wirken als ozonabbauende<br />

Gase in der Stratosphäre.<br />

Weiterverwendbar, sonst unschädlich vernichtbar. Unschädlich<br />

vernichtbar stellt das wichtigste Entsorgungskriterium<br />

für Stoffe <strong>und</strong> Bauteile dar, die<br />

vorwiegend aus brennbarem Material bestehen. Ein<br />

Baumaterial ist unschädlich vernichtbar, wenn bei<br />

der Verbrennung keiner der nach der Stoffverordnung<br />

festgelegten Höchstwerte überschritten<br />

wird. Alle Produkte aus PVC-Kunststoff sind nicht<br />

unschädlich vernichtbar (Chlorkomponenten!).<br />

Inertstoffqualität. Das Leitkriterium Inertstoffqualität<br />

ist das wichtigste Entsorgungskriterium für alle nicht<br />

brennbaren Materialien.<br />

Bauweise. In Standard-Bauten, das heisst, wenn nicht<br />

unbedingt erforderlich, sollten keine Baukonstruktionen<br />

angewendet werden, die ökologisch bedenkliche<br />

Baustoffe erfordern, um die Statik zu erfüllen.<br />

Deklarationspflicht. In Zukunft sollen keine Baustoff-Produkte<br />

mehr verwendet werden, bei denen<br />

ökologisch relevante Inhaltsstoffe nicht deklariert<br />

sind.<br />

2.3.2 Betonzusatzstoffe<br />

Anforderungen ",nd 'verwendung<br />

Folgende Betonzusatzstoffe werden verwendet:<br />

41 Verflüssiger zur Verbesserung der Betoneigenschaften<br />

bezüglich Wasserbedarf, Ansteifverhalten <strong>und</strong><br />

Geschmeidigkeit.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

309


Kurzberichte<br />

_<br />

11 Erhärtungsbeschleuniger für Beton <strong>und</strong> Mörtel.<br />

Höhere Frühfestigkeiten lassen sich <strong>durch</strong> den<br />

gezielten Einsatz von Beschleunigern erreichen.<br />


________________________________________Kurzberichte<br />

Binde-, Desinfektions- <strong>und</strong> Konservierungsmittel<br />

verwendet werden. Entsprechend wird es bei der<br />

Herstellung vieler Baumaterialien eingesetzt, wie<br />

z.B. Spanplatten <strong>und</strong> Sperrhölzer, Tischlerplatten,<br />

Furniere, Weichfaserplatten, Parkettriegel, Ortsschäume<br />

(Füllstoffe), Spachtelmassen, Klebstoffe,<br />

Farben, Lacke, Lasuren, Tapeten, Teppiche mit<br />

Schaumrücken, Isoliermaterialien.<br />

Problemstellungen<br />

Belastung <strong>durch</strong> EmmissiOtl von Formaldehyd aus Baustoffen.<br />

Die wichtigsten Emissionsquellen für Formaldehyd<br />

in Innenräumen sind Pressspanplatten.<br />

Weitere Quellen sind wärmedämmende Ortsschäume<br />

<strong>und</strong> aminoplast-versiegelte Lacke.<br />

Formaldehyd kann bei chronischer Exposition bereits<br />

in geringen Konzentrationen die Ges<strong>und</strong>heit<br />

gefährden. Die häufigsten Symptome sind Reizungen<br />

der Atemwege, Allergien <strong>und</strong> «diffuse Symptome»<br />

wie Konzentrationsschwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Müdigkeit. Formaldehyd ist auch eine Leitsubstanz<br />

bezüglich des «Siek Building Syndrome» (SBS), bei<br />

welchem derartige Symptome auftreten (Da<strong>und</strong>erer,<br />

1990/1; S<strong>und</strong>eIl 1994). Ausserdem ist Fomaldehyd<br />

eines der wirksamsten bekannten Mutagene. In den<br />

USA wird es auch als krebserregend eingestuft, im<br />

EG-Raum als krebsverdächtig (Schwarz, 1991).<br />

Konzentrationen in Innenräumen steigen mit zunehmender<br />

Temperatur, zunehmender Luftfeuchtigkeit<br />

<strong>und</strong> abnehmender Luftwechselrate (Kuhn 1983).<br />

Die Halbwertszeiten der Formaldehyd-Konzentrationen<br />

in Innenräumen liegen zwischen einem <strong>und</strong><br />

vier Jahren (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1).<br />

Verarbeitung VOll Formaldehyd. Das Deutsche B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsamt<br />

nennt eine Reihe von Berufen, in<br />

denen Beschäftigte mit Formaldehyd belastet sein<br />

können (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1). Inwiefern dies bei der<br />

Herstellung von Baustoffen der Fall ist, muss in den<br />

jeweiligen Produktionsbetrieben abgeklärt werden.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Maximale Arbeitsplatz-Konze1ltratiollen (MAK-Werte):<br />

0.5 ppm im EG-Raum, 1 ppm in der Schweiz. Selbst<br />

bei Einhaltung der heute gültigen MAK-Werte ist<br />

jedoch eine ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdung der Arbeiter<br />

nicht auszuschliessen (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1; HenschIer,<br />

1994).<br />

Weitere Richtwerte sind: MIK-Werte (Maximale<br />

Immisionskonzentrationen, Deutschland) 0.06 ppm<br />

für Kurzzeitbelastungen <strong>und</strong> 0.02 ppm für Dauerbelastungen;<br />

WHO, Konzentrationen über 0.08 ppm<br />

geben zu Besorgnis Anlass.<br />

Alternativen<br />

Alternativen für Spanplatten, welche keine Gefährdung<br />

für die Raumluft darstellen, sind Massivholz,<br />

verleimte Massivholzplatten, Tischlerplatten, kunstharzfreie<br />

Holzfaserplatten, magnesitgeb<strong>und</strong>ene Platten,<br />

Gipsspanplatten, zementgeb<strong>und</strong>ene Platten,<br />

Vollgipsplatten <strong>und</strong> Gipskarton-, Gipsfaser-, Gipsleichtbauplatten<br />

(Schwarz, 1995). Isocyanatgeb<strong>und</strong>ene<br />

Spanplatten «


Kurzberichte ---------------------------------<br />

Inhaltsstoffe weitgehend unbekannt (Da<strong>und</strong>erer,<br />

1990/3).<br />

Verwendungszweck<br />

Der Verwendungszweck von Holzschutzmitteln ist,<br />

das Holz vor Zerstörung <strong>durch</strong> Schimmelpilze oder<br />

Insekten zu schützen. Die tragende Funktion des<br />

Holzes im Bauwerk ist somit länger gewährleistet.<br />

Problemstellungen<br />

Wirkstoffe von Holzschutzmitteln befinden sich<br />

hauptsächlich in den obersten 3 Millimetern des behandelten<br />

Holzes. Die Ausgasung von Lösemitteln<br />

<strong>und</strong> Wirkstoffen stellt den Haupteintrag in die <strong>Umwelt</strong><br />

bzw. den Innenraum dar.<br />

Toxikologisch relevante Wirkstoffe in Holzschutzmitteln<br />

sind Pentachlorphenol (PCP) <strong>und</strong> Lindan<br />

. (g-Hexachlorcyclohexan). PCP gilt als eine der grössten<br />

Dioxinquellen in der <strong>Umwelt</strong>. Lindan ist ein<br />

Insektizid, das seit 1971 wegen seiner hohen Neurotoxizität<br />

in der Schweiz verboten ist. Die zwei Stoffe<br />

adsorbieren an Staubpartikel, welche als Schwebstaub<br />

(auch lungengängige Fraktionen!) oder als<br />

sedimentierter Grobstaub vorliegen. Für PCP wird<br />

von einer <strong>durch</strong>schnittlichen Halbwertszeit von<br />

3 Jahren ausgegangen. Die Ausgasung erfolgt zu<br />

50% in den ersten fünf Monaten. Der Rest verteilt<br />

sich auf 10 bis 20 Jahre. So können auch Jahrzente<br />

nach der Holzschutzmittelanwendung noch sehr<br />

hohe Konzentrationen an Schadstoffen im Hausstaub<br />

nachweisbar sein. Auch Spanplatten enthalten PCP<br />

in hohen Konzentrationen.<br />

Holz als umweltfre<strong>und</strong>licher Baustoffwird <strong>durch</strong> den<br />

Einsatz von Holzschutzmitteln zu Sondermüll!<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen <strong>durch</strong> Holzschutzmittel.<br />

Erste Reaktionen bei chronischer Exposition<br />

sind unspezifische Symptome, welche auf Erkrankungen<br />

der tieferen Atemwege zurückzuführen sind.<br />

Das Lungenepithel wird geschädigt, was die Luft­<br />

Blut-Schranke <strong>durch</strong>lässiger für die Schadstoffe<br />

macht. Eine bleibende Überempfindlichkeit des<br />

Zentralnervensystems kann so eintreten (Multiple<br />

Chemical Sensitivities).<br />

Akute neurotoxische Symptome sind bei Personen<br />

zu erwarten welche sich während der ersten drei<br />

Monate nach, oder bei der Ausbringen der Holzschutzmittel<br />

in den Räumlichkeiten aufhielten.<br />

Symptome sind Schwindel, Übelkeit, Erbrechen <strong>und</strong><br />

Schwitzen, als Folge von Reizungen <strong>und</strong> Schädigungen<br />

des Hirnstammes (zentrales vegetatives<br />

Nervensystem). Betroffen sind auch das Hormon-,<br />

Stoffwechsel- <strong>und</strong> Immunsystem.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Die Stoffverordnung (StoV) verlangt eine Zulassungsbewilligung<br />

für Hersteller, eine Fachbewilligung<br />

für Anwender (ausgenommen Eigengebrauch)<br />

<strong>und</strong> die Rücknahmepflicht für Abgeber von Holzschutzmitteln.<br />

Die EMPA-Richtlinie Holzschutz im Bauwesen empfiehlt<br />

für KOhstruktionshölzer in geheizten <strong>und</strong>/oder<br />

gut belüfteten Räumen sowie für Wandtäfer <strong>und</strong><br />

Bodenbeläge ohne erhöhte Feuchteeinwirkung lediglich<br />

einen lasierenden Anstrich ohne Wirkstoffe,<br />

d.h. keine konventionellen Holzuschutzmittel.<br />

Alternativen.<br />

Sanierung<br />

Chemische Alternativen für Holzschutzmittel gibt<br />

es kaum. Verschiedene Stoffe wurden untersucht<br />

oder bereits vertrieben (Furmecyclox, Pyrethriode,<br />

Chlorthalonil, Dichlofluanid, Aluminium oder Kupfer-HDO,<br />

Dichlofluanid etc.). Ihre Wirkung auf<br />

Mensch <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> sind jedoch ähnlich negativ wie<br />

die konventionellen Biozide in Hozschutzmitteln.<br />

Für die Sanierung Holzschutzmittel-belasteter<br />

Innenräume müssen die Quellen beseitigt <strong>und</strong><br />

anschliessende der Staub als wichtiges Depot entfernt<br />

werden. Es können auch hoch abdichtende<br />

Anstriche (Diffusionssperren) auf behandeltes Holz<br />

appliziert werden. Eine Nachuntersuchung nach der<br />

Sanierung ist als Erfolgskontrolle unbedingt erforderlich.<br />

Idealziusti'llld gemiiss ökologischen Kriterien<br />

Die Kriterien «Giftklassefrei» <strong>und</strong> «Ohne Wirkstoffe»<br />

sind auf Holzschutzmittel nicht anwendbar.<br />

Die Wirkstoffe (Fungizide <strong>und</strong> Pestizide) in den<br />

Holzschutzmitteln können erhebliche ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Folgen für Anwender <strong>und</strong> Bewohner haben.<br />

Der unspezifische «R<strong>und</strong>umschlag» der eingesetzten<br />

Wirkstoffe <strong>und</strong> die daraus resultierenden Risiken<br />

stehen in keinem Verhältnis zu den beabsichtigen<br />

Effekten. Das Kriterium «\Veiterverwendbar, sonst<br />

unschädlich vernichtbar» ist für das mit Holzschutzmitteln<br />

behandelte Holz nicht mehr erfüllt. Das behandelte<br />

Holz wird dem Rückbau entzogen <strong>und</strong><br />

muss als Sondermüll entfernt werden. Das Kriterium<br />

«Deklarationspflicht» ist auf Gr<strong>und</strong> der unklaren<br />

Lösungsmittelkombinationen, die viele Hersteller<br />

nicht deklarieren, ebenfalls nicht erfüllt.<br />

Der Einsatz von Holzschutzmitteln in Innenräumen<br />

ist nicht verantwortbar. Für Holz-Aussenbauten<br />

kann der Einsatz unter Umständen erforderlich sein.<br />

Der Schutz von Holz vor Pilz- <strong>und</strong> Bakterienbefall in<br />

Innenräumen kann <strong>durch</strong> Steuerung von relativer<br />

312<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


_____________________________---------------Kurzberichte<br />

Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Luftwechselzahl <strong>und</strong><br />

direkter Sonneneinstrahlung auf ökologisch sinnvollere<br />

Art erfolgen.<br />

2.4 Diskussion zur Umsetzung<br />

Wer zahlt, befiehlt! Der Bauherr ist letztendlich<br />

entscheidend in der Frage, welche Chemie in sein<br />

Gebäude kommt. Die Architektin kann jedoch bereits<br />

beim Planen <strong>und</strong> später in der Ausführung<br />

Bauökologie einfliessen lassen. Dies auch ohne das<br />

Thema explizit mit dem Bauherrn anzugehen. Leider<br />

erscheint Bauökologie in der Ausbildung der<br />

Architekten nur am Rande, <strong>und</strong> eine Fortbildung in<br />

diesem Bereich beruht auf Eigeninitiative. Öffentliche<br />

Aufklärung kann dazu beitragen, dass der<br />

Bauherr selbst ökologische Anforderungen stellt.<br />

Schneller <strong>und</strong> noch schneller! Zeit ist Geld; <strong>Bauen</strong> muss<br />

schnell gehen. Produkte, die den Bauprozess verlangsamen,<br />

haben keine reellen Marktchancen. Bauchemiehersteller<br />

kämpfen mit ihren Ökoprodukten<br />

gegen dieses Marktgesetz. Hier müsste eine kräftige<br />

Regulierung nachhelfen, beispielsweise über Verwendungsbeschränkungen<br />

oder -verbote.<br />

Interessenabwägungen. Ob eine (Bau-)Chemikalie ökologisch<br />

bedenklich ist, steht nicht im einzelnen in<br />

der StoV (Stoffverordnung, 1992). Dementsprechend<br />

gibt es keine Listen verbOtener Baustoffe. Von Fall<br />

zu Fall wird eine Interessensabwägung vorgenommen<br />

um abgeklärt, ob die Verwendung gewisser<br />

Stoffe gerechtfertigt ist oder nicht. Dieses Vorgehen<br />

lässt zu viel Spielraum offen.<br />

Positiver Vorbildcharakter! Projekte von Grossbauherren<br />

(z.B. Banken, Migros) <strong>und</strong> öffentlichen Bauherren<br />

(Stadt, Kanton etc.) berücksichtigen immer<br />

stärker Ökologie im Bau. Der Privatbau wird davon<br />

teilweise angesteckt. Es ist zu hoffen, dass dieser<br />

Trend anhält.<br />

Literatur<br />

Da<strong>und</strong>erer, M. (1990): Handbuch der <strong>Umwelt</strong>gifte, Band 1, Toxikologische<br />

Einzelsstoffinformationen 1I1- Formaldehyd, ecomed,<br />

Landsberg.<br />

Da<strong>und</strong>erer, M. (1990): Handbuch der <strong>Umwelt</strong>gifte, Band 3, ecomed,<br />

Landsberg.<br />

Henschler, D. (1994): Ges<strong>und</strong>heitsschädliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische<br />

Begründung von MAK-Werten,<br />

VCH Weinheim.<br />

Kuhn, M. (1983): Verunreinigung der Raumluft <strong>durch</strong> Materialien,<br />

Dissertation ETH Nr. 7324.<br />

Leisse, B. (1994): Risiken chemisch geschützten Holzes Ein<br />

Überblick, Fachzeitschrift «Baubiologie» 4/94, S. 12-17.<br />

Schwarz, ]. (1991): Ökologie im Bau. Bem <strong>und</strong> Stuttgart: Verlag<br />

Paul Haupt.<br />

Schwarz, ]. (1995): Ökologische Leitkriterien im Bauwesen,<br />

Arbeitspapier zum ETH-Seminar vom 20.4.<br />

Stoffverordnung: Verordnung über umweltgefahrdende Stoffe<br />

(StoV), Stand 1.Juli 1992, SR 814.013.<br />

S<strong>und</strong>elI, ]. (1994): On the Associaton between Building Ventilation<br />

charcteristics, some Indoor Environmental Exposures, some<br />

Allergie Manifestationsand Subjective Symptome Reporrs, Fachzeitschrift<br />

«Indoor Air», Supplement 2/94.<br />

Wanner, H.U., Monn, C. (1994): Verunreinigungen der Raumluft,<br />

Skript zur Vorlesung <strong>Umwelt</strong>hygiene I, Abt. XB, ETH Zürich.<br />

Immissionen <strong>durch</strong> unsachgemässe Nutzung von Innenräumen sind hier<br />

nicht Gegenstand der Diskussion.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

313


Kurzberichte ---------------------------- _<br />

Autoren<br />

Daniel Aegerter<br />

Andre Fuhrer<br />

Daminik Käuferle,<br />

Saris Pezzatti<br />

J. W. Schregenberger (Tutor)<br />

Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlicheIl Teilprojektgruppe 3.3<br />

Dal1iel Aegerter<br />

Andre Fuhrer<br />

Daminik Käuferle,<br />

Saris Pezzaui<br />

J.W. Schregenberger (Tutor)<br />

3.1<br />

Die Teilprojektsgruppe 3.3<br />

Fragen:<br />

untersuchte folgende<br />

'" Welches ökologische relevante Wissen <strong>und</strong> welche<br />

ökologische Problemlösungskompetenz sollten<br />

Planerinnen <strong>und</strong> Architekten besitzen? Was heisst<br />

überhaupt Ökologie <strong>und</strong> ökologisches <strong>Bauen</strong>?<br />

'" Welche anwendungsorientierte Instrumente eXIstieren<br />

für ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>?<br />

'" Welches für ökologisches <strong>Bauen</strong> relevante Wissen<br />

wird in der Ausbildung verwendet?<br />

'" Welche Organisationen, Schulen etc. bieten für<br />

ökologisches <strong>Bauen</strong> relevante Weiterbildungen an?<br />

11> Warum wird das ökologische Wissen bei der Bearbeitung<br />

von Bauprojekten nur teilweise angewendet?<br />

Die Beantwortung dieser Fragen erfolgte einerseits<br />

mit Literaturstudium <strong>und</strong> andererseits mit qualitativen<br />

Interviews mit vier Experten der Baubranche:<br />

.. J.w. Schregenberger, ETH Zürich<br />

.. A. Cotti, Schweizerischer Baumeisterverband<br />

(SBV), Zürich<br />

e D. Kündig, dip!. Arch. ETH, SIA<br />

.. A. Henz, Prof. für Architektur, ETH Zürich<br />

An dieser Stelle danken wir unseren Interviewpartnern<br />

sehr herzlich.<br />

Ökologie ist zunächst elll wertefreier Begriff <strong>und</strong><br />

bedeutet im wissensschaftlichen Sinn das Zusammenspiel<br />

von Lebendigem <strong>und</strong> Unbelebten in unserer<br />

Mitwelt (wobei die natürliche, soweit heute<br />

überhaupt noch vorhanden, <strong>und</strong> die kulturelle Mitwelt<br />

getrennt betrachtet werden können). Eine genaue<br />

Definition findet sich in Schwarz (1992, S. 167).<br />

Das <strong>Bauen</strong> greift <strong>durch</strong> Ver- oder Gebrauch von<br />

Raum <strong>und</strong> Ressourcen sehr gewichtig <strong>und</strong> nachhaltig<br />

verändernd in natürliche Stoffflüsse ein. Es kann<br />

deshalb als wichtiger Einflussfaktor auf die Öko:<br />

logie, oder sogar als Teil der Ökologie, bezeichnet<br />

werden. Solche Einflüsse können eine grosse ökologische<br />

Relevanz haben, sich vor- oder nachteilig<br />

auswirken, erst dann erhalten sie eine Wertung.<br />

So gesehen sind Kriterien für ökologisch optimiertes<br />

<strong>Bauen</strong> einfach aufzustellen <strong>und</strong> einleuchtend:<br />

Natürliche Mitwelt:<br />

e Minimierung unnatürlicher Stoffflüsse<br />

Oll Minimierung des direkten Einflusses auf natürliche<br />

Prozesse<br />

'" geschlossene Stoffkreisläufe<br />

Oll kompromisslose Verwendung erneuerbarer EnergIe<br />

Kulturelle Mitwelt:<br />

.. Schaffung kultureller Werte<br />

.. Maximierung des Nutzens für Benutzer <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

314<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


______________________________________~Kurzberichte<br />

Diese Kriterien sollten die langfristigen ökologischen<br />

Ziele bilden, an denen alle Beteiligten im<br />

Bau- <strong>und</strong> Planungsprozess ihr Handeln überprüfen<br />

können.<br />

Der Begriff Ökologie hat sich im Volksm<strong>und</strong> etabliert<br />

<strong>und</strong> wird von vorn herein stark gewertet. Er<br />

ist vorbelastet. Dass Ökologie sehr schwierig zu definieren<br />

ist <strong>und</strong> von verschiedenen Menschen unterschiedlich<br />

gewertet wird, hat gewichtige Nachteile<br />

für die Umsetzung:<br />

e Es findet eine fragwürdige Trennung zwischen<br />

ökologischem <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> nichtökologischem <strong>Bauen</strong><br />

statt.<br />

@ Worum es beim «ökologischen <strong>Bauen</strong>» geht, wird<br />

sehr interessenabhängig, nicht problembezogen,<br />

formuliert.<br />

@ Mit «Ökologie» kann auch für relativ unökologische<br />

Produkte geworben werden.<br />

Der BegriffÖkologie muss in allen Teilbereichen des<br />

<strong>Bauen</strong>s geschärft <strong>und</strong> evtl. ersetzt werden. Beispiele:<br />

@ Baustoffökologie: Eine Wärmedämmung oder ein<br />

Fenster mit hohem k-Wert ist nicht von vornherein<br />

ökologisch, sonder primär «gut isolierend».<br />

"Solarzellen, die zur Energieerzeugung auf einem<br />

Einfamilienhaus (schlechte Ausnützungsziffer unökologisch)<br />

montiert werden, sind nicht «ökologisch»,<br />

sondern sparen lediglich fossile Energieträger<br />

ein.<br />

e Ein Kühlschrank, der ohne FCKWs auskommt,<br />

schont das Höhenozon, frei von negativen Einflüssen<br />

auf die <strong>Umwelt</strong> braucht er deshalb noch lange<br />

nicht zu sein.<br />

<strong>Bauen</strong> kann nicht ökologisch sein, sondern höchstens<br />

ökologisch optimiert, da es im heutigen Ausrnass<br />

die natürlichen Systeme dramatisch beeinflusst. Wir<br />

verwenden deshalb in der Folger den Begriff «ökologisch<br />

optimiertes <strong>Bauen</strong>». Der Begriff Ökologie<br />

soll wertefrei verwendet oder nach Möglichkeit sparsam<br />

verwendet werden.<br />

3.4<br />

Diese sehr verschiedenen Aspekte würden einen<br />

sehr breiten Wissensstand von Architektinnen, Planern<br />

<strong>und</strong> Bauausführenden zum Thema Ökologie<br />

voraussetzen. Dieser «... ist im allgemeinen ungenügend<br />

<strong>und</strong> <strong>durch</strong> Widersprüche gekennzeichnet»<br />

(Koller, 1994, S. 148, Kohler, 1992, S. 147).<br />

Wissen über Einzelaspekte allein führt zu keiner<br />

ökologischen Handlung. Wissen muss breit abgestützt<br />

werden.<br />

Was ist ökologisch relevantes Gr<strong>und</strong>lagenwissen?<br />

Müsste entschieden werden, welche Inhalte (ökologisch<br />

relevantes Gr<strong>und</strong>lagenwissen) vermittelt<br />

werden sollten, hätten folgende Punkte Priorität:<br />

e Massendenken (Massenbilanzen analog zu Energiebilanzen)<br />

(Technikum Winterthur, S. 1-6, 1-7)<br />

" Verstehen von Stoffkreisläufen<br />

" Verstehen qualitativer Aspekte des Planens <strong>und</strong><br />

<strong>Bauen</strong>s.<br />

Wissen zu diesen Gebieten ist heute zwar weitgehend<br />

vorhanden, jedoch meist in hochtheoretischer<br />

Form <strong>und</strong> nie unumstritten. Es muss daher<br />

in verständlicher <strong>und</strong> für den Praktiker nützlicher<br />

Form angeboten werden. Wissenschaftliche Vollständigkeit<br />

ist selten bis nie möglich oder sogar ganz<br />

unmöglich (Kohler, 1992, S. 147). Es muss betont<br />

werden, dass Wissen nur eine Voraussetzung für ökologisches<br />

Handeln ist, nicht unbedingt die wichtigste.<br />

Stärker ins Gewicht fallen Werte <strong>und</strong> Visionen,<br />

dass man überhaupt ökologisch bauen will. Die<br />

entscheidende Vorreiterrolle müssen hier die Bauherren,<br />

v.a. aber auch Architekten <strong>und</strong> Ingenieure<br />

übernehmen. «Schon heute wären Architekten <strong>und</strong><br />

Ingenieure <strong>durch</strong> ihre Nähe zur Bauwirtschaft in der<br />

Lage, diese in 50% der Fälle von unkonventionellem,<br />

ökologischem <strong>Bauen</strong> zu überzeugen» (Koller,<br />

1994, S. 117).<br />

3.3 Was ist ökologisch optimiertes <strong>Bauen</strong>?<br />

Um zu verstehen, was ökologisch relevantes Wissen<br />

für Leute aus der Bau- <strong>und</strong> Planungsbranche ist,<br />

lohnt es sich, kurz vor Augen zu führen, was ökologisch<br />

optimiertes <strong>Bauen</strong> alles beinhalten kann <strong>und</strong><br />

soll. Unter dem Begriff «Ökologisch <strong>Bauen</strong>» existieren<br />

eine Vielzahl von Definitionen (vgl. Technikum<br />

Winterthur, S. 15), deren Kriterien von verschieden<br />

Akteuren auf unterschiedliche Weise aufgestellt<br />

werden. Bei der Betrachtung solcher Kriterienkataloge<br />

ist es deshalb wichtig, sich die Sichtweise des<br />

jeweiligen Akteurs zu vergegenwärtigen.<br />

3.5 Ausbildung für Architekten<br />

Ingenieure an ETH <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote<br />

Hochschulen<br />

<strong>und</strong> fachverbände<br />

Ist·Zustand<br />

Ob Ökologie als Thema eingebracht oder aufgenommen<br />

wird, ist stark von der Einzelinitiative der<br />

Professoren, DozentInnen <strong>und</strong> der Studierenden<br />

abhängig. Einzelne Vorlesungen <strong>und</strong> Kurse über<br />

Ökologie werden heute angeboten, vor allem in<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

315


Kurzberichte<br />

_<br />

der Weiterbildung. Es handelt sich dabei fast ausschliesslich<br />

um sehr fachspezifische Einzelaspekte<br />

(z.B. ökologische Dämmstoffe, Lüftungstechnik<br />

usw.). «Bauökologische Fragen sind weder an den<br />

Hochschulen noch an den Höheren technischen<br />

Lehranstalten oder Gewerbeschulen in die Lehrgänge<br />

integriert» (Schwarz, 1992, S.181).


___________________________________________Kurzberichte<br />

1994, S. 152). Dieser Haltung ist zu entgegnen, dass<br />

diese Probleme auch eine Flucht nach vorne auslösen<br />

können.<br />

Haltung der Verbände<br />

Die Verbreitung des ökologischen Wissens ist stark<br />

von der Haltung der bisher relativ passiven Verbände<br />

abhängig. Sie definieren die Normen <strong>und</strong> sind sehr<br />

wichtige Akteure in der Weiterbildung. Mit den<br />

Weiterbildungen FORM <strong>und</strong> SMART sind zwei innovative<br />

Programme angelaufen die Chancen für den<br />

Einbezug ökologischer Ziele bieten, aber die weitere<br />

Entwicklung ist schwer abzuschätzen.<br />

3.8 Ausblick<br />

Jas heute noch in kleinen Kreisen akkumulierte<br />

Wissen über Bau <strong>und</strong> Baustoffökologie ruft noch vermehrtem<br />

Engagement im Bereich Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung,<br />

nach Standardisierung <strong>und</strong> Vereinfachung<br />

<strong>und</strong> nach Vertiefung <strong>und</strong> Spezialisierung. Vielerorts<br />

sind Arbeiten im Gang, aus welchen umfangreiche<br />

Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> griffige Planungshilfsmittel<br />

entstehen werden. Es ist heute absehbar, dass in<br />

wenigen Jahren «ökologisierte" Ausschreibungstexte,<br />

klar definierte Beurteilungsmethoden <strong>und</strong> ein<br />

grösseres Wissen über Baustoffe <strong>und</strong> Baustoffflüsse<br />

zur Verfügung stehen werden. Wie rasch die ökologischen<br />

Anliegen im schweizerischen Bauwesen<br />

Fuss fassen (<strong>und</strong> dann auch wirklich umgesetzt<br />

werden), hängt aber von einigen Ungewissheiten ab:<br />

e Wie entwickelt sich die «Nachfrage» nachökologischen<br />

Bauleistungen? Verstärkt sich die Tendenz<br />

noch, dass öffentliche <strong>und</strong> private Bauherrschaften<br />

hohe Anforderungen an die ökologische Qualität<br />

stellen?<br />

e Verändern sich die ökonomischen Randbedingungen?<br />

Werden <strong>Umwelt</strong>abgaben wie die Energie<strong>und</strong><br />

COrSteuer oder Abgabe auf Lösungsmittel<br />

ihre lenkenden Effekte entfalten?<br />

e Werden Normen <strong>und</strong> Vorschriften entstehen, die<br />

einen ökologischen Minimalstandard erzwingen?<br />

All diese Bereiche sind im Fluss <strong>und</strong> beeinflussbar.<br />

Architekten <strong>und</strong> Ingenieure definieren mit ihrer<br />

Arbeit Qualität <strong>und</strong> Umfang der Stofflüsse im Bauwesen<br />

massgeblich. Sie können sich der Verantwortung<br />

nicht entziehen, sich der Herausforderung<br />

ökologischen <strong>Bauen</strong>s zu stellen. (Binz, 1994, S. 986)<br />

literatur<br />

Binz, A. (1994): Baustoffökologie. Schweizer Ing. <strong>und</strong> Arch., Nr. 47<br />

vom 17.11.94.<br />

Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.) (1992): Baukultur<br />

- Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum S. interdisziplinären<br />

Symposium an der Universität Zürich im April 1992. Zürich: vdf.<br />

Kohler, M. (1992): Ökologische Optimierung im Lebenszyklus<br />

eines Gebäudes. In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A.,<br />

(Hrsg.) (1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband<br />

zum S. interdisziplinären Symposium an der Universität Zürich im<br />

April 1992. Zürich: vdf.<br />

Koller, F. (1994): Ökologischer Branchenstrukturwandel in der<br />

Schweizer (Hoch-)Baubranche. Teilstudie des Forschungsprojektes<br />

"Ökologie <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmern<br />

<strong>und</strong> Branchen in der Schweiz». IWÖ, Institut für Wirtschaft <strong>und</strong><br />

Ökologie.<br />

Schwarz,]. (1992): Ökologie in der Baupraxis - Wege vom Wissen<br />

zum Handeln. In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.)<br />

(1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum<br />

S. interdisziplinären Symposium an der Universität Zürich im<br />

April 1992. Zürich: vdf.<br />

Technikum Winterthur: Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s, Versuch<br />

einer gesamtheitlichen Betrachtung in der Ausbildung von<br />

Architekturstudentinnen <strong>und</strong> -studenten am Technikum Winterthur,<br />

Ingenieurschule. SIA Dokumentation D 0122.<br />

Vogel, M. (1992): Bauherren im Clinch mit ökologischen Forderungen.<br />

In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.)<br />

(1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum<br />

S. interdisziplinären Symposium an der Universität ZÜrich im<br />

April 1992. Zürich: vdf.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

317


Kurzberichte<br />

!!II<br />

I<br />

_<br />

Autor<br />

Thomas MeUier<br />

Aufballend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojektgrllppe 4.1<br />

Stephan Fischer<br />

Nathalie Gysi<br />

Patrick Häuptli<br />

Monika Mebold<br />

Thomas Meuier<br />

Monika Heer (Tutorin)<br />

1 Einführung<br />

In den Fragestellungen der Synthesegruppen nahmen<br />

ökonomische Aspekte eine wichtige Stellung<br />

ein. In der FS <strong>'95</strong> bestand eine Hauptaufgabe der<br />

Teilprojekte darin, Gr<strong>und</strong>lagen zu erarbeiten, die<br />

darauf von allen Synthesegruppen genutzt werden<br />

konnten. Die für die Arbeit in den Synthesegruppen<br />

wichtigen Gr<strong>und</strong>lagen zu Fragen der Ökonomie<br />

wurde in der FS <strong>'95</strong> <strong>durch</strong> zwei Teilprojektgruppen<br />

erarbeitet (Vgl. Kapitel ORGANISATION):<br />

• Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum<br />

@ Makroökonomie (volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen)<br />

Die Teilprojektgruppe Promotion bestand aus fünf<br />

StudentInnen <strong>und</strong> einer Tutorin <strong>und</strong> arbeitete vier<br />

Wochen zusammen. Im Rahmen der FS <strong>'95</strong> wird<br />

unter dem Begriff «Promotion» das Vermarkten von<br />

Investitionen im Immobilienbereich verstanden. Die<br />

Arbeit dieses Teilprojekts konzentrierte sich auf die<br />

betriebswirtschaftlichen Aspekte des <strong>Umnutzung</strong>sprojektes<br />

auf dem Sulzer-Escher Wyss-Areal. Zwei<br />

Themenbereiche wurden dabei vertieft untersucht:<br />

@ Variantenvergleich: Welche Wertschöpfung könnten<br />

die vier Planungsvarianten <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> der<br />

frei werdenden Industrieflächen erreichen?<br />

@<br />

Rahmenbedingungen der Promotion: Welche Überlegungen<br />

machen sich potentielle Investoren zum<br />

Sulzer-Escher Wyss-Areal?<br />

Im folgenden Bericht soll ein kurzer Einblick in die<br />

Arbeit des Teilprojekts ermöglicht werden.<br />

4.2 Ziele<br />

Die Mitglieder der Teilprojektgruppe brachten<br />

verschiedene Fragestellungen aus ihren Synthesegruppen<br />

mit. Die Fragestellungen aus den einzelnen<br />

Synthesegruppen wurden vor Beginn der Teilprojektarbeit<br />

formuliert. Auf dieser Basis wurde ein<br />

gemeinsames Ziel der Teilprojektgruppe erarbeitet<br />

(Kasten 4.2). Im Zentrum stand der Renditen­<br />

Vergleich der vier Varianten. Darüberhinaus sollte<br />

die Denkweise eines Investors qualitativ erfasst<br />

werden. Mit diesen Gr<strong>und</strong>lagen konnten die von<br />

den Synthesegruppen gestellten Fragen angegangen<br />

werden.<br />

Zur Erreichung der angestrebten Ziele wurde das<br />

folgende Vorgehen gewählt:<br />

1. Schritt:<br />

Erstellen einer Rendite-Abschätzung für die vier<br />

vorgegebenen Varianten mit Hilfe von Tabellenkalkulation<br />

(Variantenvergleich).<br />

2. Schritt:<br />

Durch systematisches Verändern der~ingesetzten<br />

Parameter (z.B. Mietpreise, Landpreis ~tc.) soll daraufhin<br />

ein Verständnis der wichtigsten Faktoren der<br />

Arealpromotion erreicht werden.<br />

3. Schritt:<br />

Als weiterer Schritt werden, ausgehend von den<br />

Erfahrungen der Rendite-Abschätzung, die Rahmenbedingungen<br />

einer Promotion diskutiert, z.B. Stand-<br />

318<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


------------_-<br />

Kurzberichte<br />

ort (Lebensqualität, Erschliessung, ... ), Rendite, Angebot<br />

etc.<br />

Die Rendite-Abschätzung nimmt innerhalb der Teilprojektarbeit<br />

eine zentrale Stellung ein. Sie ist der<br />

Ausgangspunkt für die weitereil Überlegungen, z.B.<br />

welche Faktoren die Promotion eines Areals entschei'dend<br />

beeinflussen.<br />

4.3<br />

Die zentrale Zielgrösse der Promotion ist die Rendite,<br />

genauer gesagt die Nettorendite. An ihr wird<br />

die Attraktivität einer Anlage für einen Investor<br />

gemessen. Einen GrQssteil der zur Verfügung stehenden<br />

Zeit beanspruchte die Ausarbeitung einer Rendite-Berechnung<br />

mit Hilfe von Tabellenkalkulation.<br />

Dabei wurde (für jede Variante) die zu erwartende<br />

Nettorendite für einen potentiellen Investor ermittelt.<br />

Die Nettorendite berechnet sich wie folgt:<br />

Nettorendite =<br />

Nettoertrag<br />

Alk<br />

nage osten<br />

(Mieteinnahmen - Verwaltungskosten - Unterhalt- Rückstellungen)<br />

(Investitionskosten +Landkosten +Altlasten +Abbruchkosten +Bauzins +Landzins)<br />

Aus der Formel lässt sich ableiten, welche Daten<br />

zur Berechnung der Nettorendite benötigt werden.<br />

Einerseits brauchen wir Angaben darüber, was der<br />

Bau <strong>und</strong> Unterhalt der projektierten Flächen kostet.<br />

Andererseits müssen die Einnahmen, die aus der<br />

Vermietung der Flächen resultieren, kalkuliert werden.<br />

Zur Vereinfachung wurde in Abweichung zu<br />

den ursprünglichen Varianten eine etappenweise<br />

Realisierung des geplanten Bauvorhabens bewusst<br />

vernachlässigt. Den Vergleich der Varianten beinträchtigt<br />

diese Vereinfachung nicht. Die Kalkulation<br />

sollte - dem gewählten Vorgehen entsprechend ­<br />

so aufgebaut werden, dass verschiedene Szenarien<br />

eingegeben werden konnten.<br />

Der Ablauf der Rendite-Berechnung ist in Abb. 4.3<br />

schematisch dargestellt. Zur Erläuterung der Abbildung<br />

wird im folgenden kurz auf die einzelnen<br />

Arbeitsschritte eingegangen.<br />

Kasten 4.2 Gemeinsame Ziele des Tei/projekts «Promotion: Kapita/ <strong>und</strong><br />

Raum».<br />

Kategorien zusammengefasst <strong>und</strong> die Flächen anhand<br />

eines eigenen Kriterienkatalogs in Lagen erster<br />

<strong>und</strong> zweiter Qualität eingeteilt. Tab. 4.3.1 (siehe<br />

nächste Seite) zeigt als Beispiel die Bilanzierung für<br />

die Variante Werkstadt.<br />

Mierfliichen lind Volumen<br />

In einem nächsten Schritt geht es darum,<br />

aus den bilanzierten Bruttogeschossflächen<br />

sowohl die Mietflächen als auch<br />

das Volumen der gebauten Räume zu<br />

ermitteln. Diese Daten erlauben eine<br />

Prognose von Mieteinnahmen <strong>und</strong> Baukosten. Zur<br />

Errechnung der Mietflächen wurden von der Bruttogeschossfläche<br />

prozentuale Abzüge (15-25%) für<br />

Treppenhäuser etc. gemacht. Das Volumen der<br />

gebauten Räume ergibt sich aus dem Produkt von<br />

Bruttogeschossfläche <strong>und</strong> mittleren Geschosshöhe.<br />

Hier wurden, abhängig von der Nutzung, mittlere<br />

Geschosshöhen von 3.5-5.5 meingesetzt.<br />

Brut!<br />

Tabelle 4.3.1<br />

••chossflächen<br />

BlIanzlerung<br />

1~-4-+:--l-<br />

:l~ill~<br />

Flächenbilanzierllllg<br />

Vor Beginn der FS wurde für jede der vier Varianten<br />

eine Dokumentation erstellt, die die projektierten<br />

Flächen, aufgeschlüsselt nach Nutzungen, auflistet.<br />

Davon ausgehend wurden, als erster Schritt der Rendite-Abschätzung,<br />

für jede Variante diese Flächen<br />

bilanziert. Dazu wurden ähnliche Nutzungen in<br />

Tabelle 4.3.2<br />

Abb. 4.3 Ab/aufder Rendite-Berechnung.<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 319


Kurzberichte<br />

_<br />

Nutzung llruttogescbossfläche 00 2<br />

best.<br />

neu<br />

Dienstleistung/Verwaltung, Schulen: 3'768 25'419<br />

Qualität 1<br />

Dienstleistung/Verwaltung, Schulen: 3'676 9'802<br />

Qualität 2<br />

Wohnen, Hotel:Qualität 1 1'095 29'823<br />

Wohnen, Hotel:Qualität 2 6'219<br />

Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen: 5'588 10'289<br />

Qualität 1<br />

Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen: 6'312. 7'388<br />

Qualität 2<br />

Keller, La~er unterirdisch .. 6'702 9'686<br />

Gemeinschaftsflächen 1'225 928<br />

Parkplätze.oberirdisch. 418 4'632<br />

Parkplätze unterirdisch 0 6'989<br />

Total 28'783 111'175<br />

Aussenflächenversiegelt .. 43'180<br />

Aussenflächen unversiegelt 9'300<br />

Tab. 4.3.1 BilanzierungderBruttogeschossf/ächen der Variante WerkStadt.<br />

Im Unterschied zur ursprÜnglichen Dokumentation der Varianten wurdet!<br />

ähnliche Nutzunget! zusammengefasst.<br />

Einflilssgrössen<br />

Die berechneten Mietflächen <strong>und</strong> Volumen wurden<br />

als vorgegeben betrachtet <strong>und</strong> im Verlauf der Arbeit<br />

nicht mehr verändert. Sie bilden die Gr<strong>und</strong>lagen<br />

der Kalkulation. Alle übrigen benötigten Daten wurden<br />

als Einflussgrössen betrachtet, d.h. als variable<br />

Grössen, die in die Rechnung «hineingesteckt» werden<br />

müssen. Für die Rendite-Abschätzung wurden<br />

29 Einflussgrössen benötigt. Sie wurden definiert<br />

<strong>und</strong> auf einen Gr<strong>und</strong>wert gesetzt, der dem aktuellen<br />

Stand entspricht. So entstand ein Gr<strong>und</strong>szenario,<br />

dessen Einflussgrössen die aktuelle Situation am<br />

ehesten wiedergeben. Die benötigten Einflussgrössen<br />

<strong>und</strong> die im Gr<strong>und</strong>szenario eingesetzten Beträge<br />

sind in Tab. 4.3.2 zusammengestellt.<br />

Durch die gezielte Veränderung der Einflussgrössen<br />

können verschiedene Szenarien, z.B. höhere<br />

Baukosten oder sinkende Landkosten, gerechnet<br />

werden. So wurden die Einflussgrössen im Laufe<br />

der Arbeit systematisch verändert <strong>und</strong> ihre direkte<br />

Auswirkung auf die Nettorendite quantifiziert (vgl.<br />

Vorgehen).<br />

Eluflussgrösseu bestehend neu Eiuheit<br />

Tab. 4.3.2 Inputgrössen des Gr<strong>und</strong>szenarios.<br />

Landkosten 1500 Fr./m 2<br />

Baukosten unterirdisch 300 300 Fr./m 3 Mietpreise, Zinsen, Unterhalt etc. sind pro<br />

Altlastensanierung 500 1) Fr./m 2<br />

Jahr angegeben. Die eingesetzten Beträge<br />

Abbruchkosten 50 Fr./m 3<br />

sollen die Situation auf dem SEW-Areal<br />

Baukosten Dienstleistung 400 2) 500 Fr.jm3<br />

repräsentieren <strong>und</strong> basieren z. T. auf den<br />

Baukosten Wohnen 550 31 450 Fr./m 3<br />

Erfahrungen der beteiligtet! Tutorin.<br />

Baukosten Gewerbe 350 400 Fr./m 3<br />

Er/äutenmgen zum besseren Verständnis:<br />

.c Bạ .c u "k::.o,.s,t.e"n, ..K"e.IIe::r 1 ·1·· .,3.5:.0, 1 ,3.,5.0,. I F.. rr../,.m, ..,3 .<br />

Baukosten Gemeinschaftflächen 350 450 Fr./m 3<br />

BaukostenParkfplätze oberirdisch 350 350 Fr./m 3<br />

Baukosten Aussenflächen unversiegelt 100 Fr.jm2<br />

Baukosten Aussenflächen versiegelt. I 1..6..0 +.......... j j Fr./m 2<br />

Mietpreis Dienstleistun~:Qualitätl.. 350 350 Fr.jm2<br />

Mietpreis Dienstleistung: Qualität 2 320 320 Fr.jm2<br />

Mietpreis Wohnen: Qualität 1 264 4 ) 264 4 ) Fr./m 2<br />

MietpreisiVohnen:Qualität2 216 41 216 41 Fr.jm2<br />

Mietpreis GeIVerbe: Qualität 1 . 200 200 Fr.jm2<br />

Mietpreis Gewerbe: Qualität2 180 180 Fr.jm2<br />

Mietpreis Parkplätze 2400 Fr IPorknlot7<br />

MietpreisKeIler 50 Fr./m 2<br />

Landzins 5.50%<br />

%<br />

Bauzins 5.75 %<br />

%<br />

Hypothekarzins 5.50%<br />

Anteil Verwaltungskosten . 4.00%<br />

%der Mieteinnahmen<br />

Unterhalt bestehender Gebäude 7.00%<br />

%der Mieteinnahmen<br />

Unterhalt neuer Gebäude 5.00%<br />

%der<br />

RÜckstellungen 0.1%<br />

%der Investitionskosten<br />

Leerstand Mietfl~che 2%51<br />

(% unvermietete Fläche)<br />

Eigenkapital 60%<br />

%der Anlagekosten<br />

I) Die Kosten fiir die Altlasten sindwillkÜrlidl.<br />

Es wurde hypothetisch angenommen,<br />

dass ca. Ifi der Flächen, auf denet! keine<br />

Gebäude stehenbleibet!, saniert werden<br />

mÜssen. Diese Aussaget! sind nicht <strong>durch</strong><br />

gutachterfiche Analysen abgestÜtzt,<br />

dem dienen nur zur Illustration einer<br />

Rellditeberednung.<br />

2) Ein Teil der Gebäude, die stehet! bleiben,<br />

werden heute schon al.r BÜros benutzt.<br />

Dantrll ergebell sich geringere Kostet! als<br />

bei einem Neubau.<br />

3) Die Gebäude, die stehen bleibell, sind<br />

nicht auf Wohnen ausgelegt. Ein Umbau<br />

kommt daher etwas teurer als ein Neubau<br />

(oder bringt andemfalls Welliger Nieteinnahmen).<br />

4) Bei den Wohnungsmietet! wurde fÜr<br />

100m 2 (4-Zi-Wohnung) Fr. 2200.­<br />

(Qualität 1) resp. Fr. 1800.- (Qualität<br />

2) pro Monat eingesetzt. Dabei wurde<br />

davon ausgegangen, dass die Wohnungsmieterz<br />

eher zurtlckgehen.<br />

5) Der Leerstand wurde fÜr alle Flächen<br />

5% gesetzt, wobei er bei Wohnungell geringer<br />

<strong>und</strong> bei BÜroflächen höher sein<br />

dÜrfte.<br />

320 UNS- <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>


___________---,-<br />

Kurzberichte<br />

Verlmti"fung<br />

In einem weiteren' Arbeitsschritt mussten die erarbeiteten<br />

Daten, mit Hilfe von Tabellenkalkulation,<br />

miteinander verrechnet werden. Eine Verknüpfung<br />

der bestimmten Flächen <strong>und</strong> Volumen mit den Einflussgrössen<br />

lieferte schlussendlich die anvisierten<br />

Ergebnisse: Kosten, Erträge <strong>und</strong> die daraus berechnete<br />

Rendite für eine Bebauung des Areals.<br />

Nun konnten die Einflussgrössen verändert <strong>und</strong> die<br />

daraus resultierende Änderung der Rendite direkt<br />

beobachtet werden.<br />

Mit dem erarbeiteten Modell wurden nun die vier<br />

Varianten miteinander verglichen.<br />

Ergebnisse<br />

Das Teilprojekt «Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum"<br />

lieferte Ergebnisse auf drei Ebenen, welche den<br />

Schritten des Vorgehens entsprechen:<br />

@ Renditeabschätzung: Welche Rendite errechnet sich<br />

anhand unseres Modells für jede Variante?<br />

@ Wichtigste EinflussgriJssen: Welche Grössen beeinflussen<br />

unser Modell am meisten, worauf reagiert<br />

es am sensitivsten?<br />

EI Diskussion des Standorts: Welche Ansicht könnte ein<br />

potentieller Investor vom SEW-Areal haben?<br />

Renditenvergleich<br />

Die Ergebnisse der Rechnung für das Gr<strong>und</strong>szenario<br />

sind in Tab. 4.4.1 zusammengestellt. Für die vier<br />

Varianten ergeben sich erhebliche Unterschiede in<br />

der Rendite. Die Reihenfolge nach abnehmender<br />

Rendite lautet: Grünraum > Werkstadt > industrienahe<br />

Nutzung> Kunsthochschule. Aber: Mit den<br />

getroffenen 'Annahmen ist die Rendite aller Varianten<br />

für einen potentiellen Investor unattraktiv. Die<br />

Bruttoanfangsrendite müsste, konservativ gerechnet,<br />

alles in Mio, Fr. Griinramn WerkSladl lnduslrienahe Kunslhoch·<br />

Nmzung schule<br />

Aufwand bis 514 459 500 420<br />

<strong>Bauen</strong>de<br />

Laufende Koslen 12.0 10.1 n.5 9.6<br />

Mieleinnahmen 29;9 26.5 25.5 2D.9<br />

Wohnungen 8.0 7.6 2.9 5.8<br />

14.7 12.3 . 13.0 11.0<br />

Gewerbe 5.1 5.2 7.1 2.1<br />

0.6 0.8 2.1 1.3<br />

Lager, Keller 0.3 0.6 0.4 0.7<br />

Bruttorendile 5.9% 5.8% 5.1% 5.0%<br />

Tab. 4.4.1 Ergebnisse mit den Annahmen des Gmndsz.enarios (vgl. Tab. 4.3.2).<br />

ca. 1% höher sein als der Hypothekarzins, d.h. etwa<br />

6.5%. Diese Aussage basiert auf einem heute gültigen<br />

wirtschaftlichen Umfeld. Unsere Abschätzung<br />

deutet darauf hin, dass es schwierig werden könnte,<br />

die angestrebte Rendite mit einer der untersuchten<br />

Varianten zu erreichen.<br />

Die Reihenfolge der Varianten kommt v.a. <strong>durch</strong><br />

die Unterschiede in der Bruttogeschossfläche zustande<br />

(vgl. Kapitel DER FALL). Daneben spielt aber<br />

auch die Nurzungsverteilung innerhalb des Areals<br />

eine Rolle, da anhand einer Kriterienliste teurere<br />

<strong>und</strong> weniger teure Lagen unterschieden wurden.<br />

Nachtrag: Auch wenn die Hypothekarzinssenkungen<br />

des Herbstes 1995 eingerechnet werden (Hypothekarzins<br />

5%) ändert sich das Bild nur geringfügig. Die<br />

Nettorenditen der Varianten erhöhen sich um ca.<br />

0.2-0.3%. Sie liegen dann zwischen 2.7% <strong>und</strong> 3.7%,<br />

immer noch deutlich unter dem angestrebten Zielwert<br />

von ca. 6%.<br />

Wichtigste Einfllilssgrömm<br />

Um die Sensitivität der Berechnung abzuschätzen,<br />

wurde jeweils eine Inputgrösse gegenüber dem<br />

Gr<strong>und</strong>szenario systematisch verändert <strong>und</strong> die Rendite<br />

neu bestimmt. Den grössten Einfluss auf die<br />

Rendite zeigten, wie erwartet, die folgenden Grössen:<br />

EI Mietpreise<br />

@) Baukosten<br />

@) Leersta.nd<br />

i) Hypothekarzins<br />

EI Eigenkapital<br />

Entgegen unseren Erwartungen aber reagierte die<br />

Rendite weniger sensitiv auf Landkosten <strong>und</strong> Kosten<br />

der Altlastensanierung. Die Landkosten fallen<br />

bei der relativ hohen Ausnutzung von ca. 2.0 etwas<br />

weniger ins Gewicht. Die angenommenen Kosten für<br />

die Altlastensanierung auf einem Drittel des Areals<br />

von ca. 20 Mio. Fr. beeinflussen die<br />

Anlagekosten von ca. 500 Mio. Fr<br />

auch nicht stark. Die Bestimmung<br />

der wichtigsten Einflussgrösen erfolgte<br />

v.a. im Hinblick auf die Sze­<br />

1<br />

narioanalyse, wo diese Resultate weiterverwendet<br />

wurden.<br />

Es ist schon hier ersichtlich, dass<br />

die Nettorendite nicht von einer Einflussgrösse<br />

allein massgeblich verändert<br />

werden kann. Will man eine<br />

verbesserte Rendite erreichen <strong>und</strong><br />

nur eine Einflussgrösse verändern, so<br />

muss man diese in utopische Höhen<br />

(oder Tiefen) schrauben. Fragt man<br />

sich also, wie das oben geschilderte<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />

321


Kurzberichte<br />

_<br />

Resultat - eine unbefriedigende Rendite aller Varianten<br />

- zustande kommt; gibt es keine einfache.<br />

Antwort.<br />

Positiv-Negativ-Liste<br />

Zwei der wichtigsten Einflussgrössen, nämlich Mietpreise<br />

<strong>und</strong> Leerstand, hängen stark von Standortfaktoren<br />

des Areals ab. Eine aktuelle Beurteilung<br />

dieser Standortfaktoren wurde in einer Positiv-Negativ-Liste<br />

zusammengefasst (Tab. 4.4.2). Diese Liste<br />

enhält die zentralen Argumente zur Promotion des<br />

Areals, die auch ein Investor bei seinem Investitionsentscheid<br />

einbezieht. Mit diesen Argumenten kann<br />

eine Promotion des Areals erfolgen.<br />

Neben der prognostizierten Rendite sind diese<br />

qualitativen Aspekte, die sich auch in der Rendite<br />

niederschlagen können, beim Investitionsentscheid<br />

nicht zu vernachlässigen.<br />

4.5 Schlussfolgerungen<br />

Wie schon erwähnt ergaben die Berechnungen verschiedener<br />

Szenarien tendenziell niedrige Renditen.<br />

Worauf ist dies zurückzuführen? Beim Versuch, dies<br />

zu klären, stösst man darauf, dass dies nicht an einem<br />

einzelnen Parameter liegen kann. Vielmehr scheinen<br />

im Moment viele Rahmenbedingungen so zusam-<br />

Beurteilungskrilerien eines Investors: Positiv·Negaliv·Liste<br />

+ -<br />

•.. gute Erschliessung<br />

"".,,- ...................<br />

•· bewilligter . Gestaltungsplan<br />

- ......................<br />

• entwicklungsfähiges Quartier<br />

• städtische Infrastrukturen<br />

• hohe Ausnutzungsziffer<br />

• zeitlicher Vorsprung gegenüber<br />

anderen Grossprojekten<br />

• urbaner Charakter<br />

• Durchmischung der Nutzungsformen<br />

• Schauspielhaus bringt Leute auf<br />

das Areal<br />

• Verkehrslärm<br />

• kein familienfre<strong>und</strong>L Quartier<br />

• Steuerfuss<br />

Landpreis<br />

politisch-rechtliches Umfeld<br />

• Sanierungsrisiko<br />

• Störung <strong>durch</strong> Industrienutzung<br />

• Verschiedene Eigentümer<br />

Tab. 4.4.2 Positiv-Negativ-Liste des Standorts Escher Wyss. Unterschiedliche<br />

Beurteilungen desselben Aspektes stehen aufder gleichen Zeile. Landpreis<br />

<strong>und</strong>politische Lage wurden als ambivalent eingestuft <strong>und</strong> keinem der<br />

beiden Pole zugerechnet.<br />

menzuspielen, dass die angestrebte Nettorendite<br />

mit den untersuchten Varianten kaum realisiert werden<br />

kann. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören<br />

die aktuellen Mietansätze, die Rückstellungen für<br />

Unterhalt <strong>und</strong> Erneuerung sowie die Leerstände, die<br />

aufgr<strong>und</strong> des wirtschaftlichen Umfelds eingerechnet<br />

werden müssen. Eine Promotion des Areals anhand<br />

der untersuchten Varianten ist im Moment also<br />

schwierig <strong>und</strong> bedarf neuer Ideen. Auch aus ökologischer<br />

Sicht ist die Ausgangslage klar. In dieser<br />

Situation sind, mehr denn je, Konzepte gefragt, die<br />

(fast) nichts kosten, der <strong>Umwelt</strong> aber dennoch<br />

Gewinn bringen.<br />

Die Rendite steht naturgemäss im Zentrum der Aufmerksamkeit der<br />

Investoren. Im Zuge einer Arealentwicklung istjedoch das Interesse an der<br />

Rendite mit den Interessen anderer «Ansprechgruppen» abzugleichen (vgl.<br />

Kapitel RAUM-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN)<br />

Kleinwefers, H. & Pfister, R. (1993): Die Schweizerische Volkswirtschaft.<br />

Frauenfeld: Huber.<br />

Nägeli & Hungerbühler (1988): Handbuch des Liegenschaften­<br />

Schätzers. Zürich: Schulthess.<br />

Schütz, B. (1995): Kennziffernmodell zur Beurteilung von Immobilieninvestitionen.<br />

Chur, Zürich: Rüegger.<br />

SIA (1990): Liegenschaftsbewertung - Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Methoden.<br />

SIA Dokumentation D 047. Zürich.<br />

Wüest, H., Schweizer, M. & Gabathuler, Ch. (1990): Bauland<br />

Schweiz. Zürich: Wüest & Gabathuler.<br />

322<br />

UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>

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