Fallstudie '95 Umwelt und Bauen: Wertschöpfung durch Umnutzung
Fallstudie '95 Umwelt und Bauen: Wertschöpfung durch Umnutzung
Fallstudie '95 Umwelt und Bauen: Wertschöpfung durch Umnutzung
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<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
I<br />
<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>:<br />
Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong><br />
Herausgegeben von:<br />
Roland W. Schoh:, Sandro Bösch, Theo Koller, Harald A. Mieg, Jirg Stilnzi<br />
Die vorliegende Untersuchung <strong>und</strong> der Druck des Ilandes wrden<br />
finiinzieillinterstiitzt von:<br />
• Schweizerischer Baumeisterverband (SIlV)<br />
• Technische Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der Schweizerischen<br />
Zementindustrie (TFIl)<br />
• Schweizerische Ilankgesellschaft (SIIG)<br />
• Sulzer-Escher Wyss AG<br />
11<br />
Hochschulverlag AG an der ETH Zürich
Impressum<br />
_<br />
Herausgeber<br />
Gesamtredaktion<br />
Umschlaggestaltung<br />
Ideen <strong>und</strong> Gestaltung<br />
der Zeichnungen<br />
Fachliche Beratung<br />
Satz <strong>und</strong> Layout<br />
Roland W. Scholz, Sandro Bösch, Theo Koller,<br />
Harald A. Mieg, jürg Stünzi<br />
Unter Mitarbeit von Christine Bächtiger<br />
Daniel Zobrist<br />
Transform Communications AG, Bern<br />
Foto: Photoswissair<br />
Stefanie von Grünigen<br />
Otto Erb, Alldreas Hofer<br />
Peter Nadler<br />
<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften (UNS)<br />
ETH Zürich<br />
<strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />
Voltastrasse 65<br />
CH-8044 Zürich<br />
Tel.: 01-6326446<br />
© 1996<br />
vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich<br />
ISBN 3728122270<br />
Der Verlag dankt dem Schweizeris.chen Bankverein<br />
für die Unterstützung zur Verwirklichung seiner Verlagsziele.
__________________________________Inhaltsverzeichnis<br />
Vorworte 6<br />
Spannungsfeld Industrieareale-<strong>Umwelt</strong>-<strong>Bauen</strong> 14<br />
Methoden der <strong>Fallstudie</strong> 31<br />
Die Organisation der <strong>Fallstudie</strong> 71<br />
Der Fall: Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 83<br />
Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen 103<br />
Ökobilanz der Varianten 161<br />
Rabmenbedingungen des Systems<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» 183<br />
Szenarioanalyse 207<br />
Zielbildung der Bauherrscbaft 227<br />
Raum-Nutztul.gs-Verhandlungen 253<br />
Ideenwerkstatt zur Nachhaltigkeit 285<br />
Ausgewählte Kunberichte 299<br />
Vorworte 6<br />
Dank 10<br />
Sllannul1gsfeld Industrieareale-<strong>Umwelt</strong>-<strong>Bauen</strong> . . . . . . . . . . . 14<br />
I. Ein «reales, komplexes, gesellschaftlich<br />
relevantes Problem» 17<br />
2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 18<br />
3. Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
4. Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Realisation<br />
Ökologischen <strong>Bauen</strong>s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
5. Architektonische Planungsstudien 20<br />
6. Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
7. Für wen sind die Ergebnisse der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> von<br />
Interesse? 22<br />
8. Was sind die wesentlichen Ergebnisse der<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
9. Perspektiven. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
Methoden der <strong>Fallstudie</strong> 31<br />
1. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
l.l Zum Verhältnis von Gegenstand <strong>und</strong> Methode. . . . . . . 33<br />
1.2 Analytische <strong>und</strong> synthetische Methoden . . . . . . . . . . . 34<br />
1.3 «Das Brunswiksche Linsenmodell» 36<br />
2. Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Inhaltsverzeichnis -<br />
2.1 Formative Szenarioanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
2.2 Raum-Nutzungs-Verhandlungen....... . . . . . . . . . . 42<br />
2.3 Ökobilanz ... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
2.4 Multiattributive Entscheidungstheorie ,.. SO<br />
2.5 ModelIierung dynamischer Systeme 53<br />
2.6 Weitere Methoden 58<br />
2.6.1 Stoffflussanalyse , , . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
2.6.2 Methoden der integrativen Risikobewertung . . . . . . . . 60<br />
2.6.3 Ideenwerkstatt 65<br />
2.6.4 Synthese-Moderation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 66<br />
Die Organisation der <strong>Fallstudie</strong> 71<br />
1. Vorgeschichte <strong>und</strong> Vorgaben ,... 73<br />
2. Die Vorbereitung ..... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />
3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 76<br />
4. Ablauforganisation der <strong>Fallstudie</strong> , . . . 78<br />
5. Die didaktische Konzeption der <strong>Fallstudie</strong> 80<br />
6, Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
Der Fall: Das Sulzer·Escher Wyss·Areal . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />
1. Einleitung ... , . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 85<br />
2. Das SEW-Areal gestern 85<br />
2.1 Die Entstehung des Technologiekonzerns Escher Wyss 85<br />
2.2 Das Industriequartier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />
3. Die Diskussion um die Zukunft des SEW-Areals . . . . . . 91<br />
3.1 Die bestehenden Planungsinstrumente .... , . . . . . . . 91<br />
3.1.1 Gestaltungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.1.2 Sonderbauvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.2 Die Verhandlungspartner .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.2.1 Die Gr<strong>und</strong>eigentümer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.2.2 Die Stadt .... , . , .. , ..... , . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
3.3 Ein unerwarteter Vorschlag: Kraftwerkl ... ,....... 92<br />
4 Der Gestaltungsplan SEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />
4.1 Chronologie des Gestaltungsplans 92<br />
4.2 Was schreibt der Gestaltungsplan vor? ,.. 92<br />
5. Varianten für die Umsetzung des Gestaltungsplanes .. 94<br />
5.1 Die Variante «Grünraum» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />
5.2 Die Variante «Kunsthochschule» . , , , 95<br />
5.3 Die Variante «WerkStadt» , , . . . . 96<br />
5.4 Die Variante «Industrienahe Nutzung» , ,.... 97<br />
Umsetzung VOll <strong>Umwelt</strong>zielen ., ,......... 103<br />
1. Einleitung .. , , . . . . . . . . . . . . . . .. 105<br />
2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden 106<br />
2.1 Vorgehen <strong>und</strong> Gruppenprozess ; . . . . . . . . . .. 106<br />
2,1.l Vorbemerkungen , , , 106<br />
2,1.2 Synthesephase 1 ,........ 106<br />
2.1.3 Teilprojektphase ,..................... 106<br />
2.1.4 Synthesephase 2 107<br />
2.2 Zur Integration der verschiedenen TP-Resultate<br />
(das Bahnhof-Modell) , . . . . . . .. 107<br />
2.3 Das ZKAM·Modell , . . . . . . . .. 107<br />
2.4 Die Variantenbewertung , , . . . . . .. 109<br />
2.4.1 Die Gewichte der Kriterien für die<br />
Variantenbewertung , , . . . . . .. 109<br />
2.4.2 Beschreibung der Bewertungskriterien 109<br />
2.4.3 Erhebungsmethoden ... ,..................... 110<br />
3. Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion , 111<br />
3.1 Allgemeine Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111<br />
3.1.1 Die Liste der <strong>Umwelt</strong>ziele ,...... 111<br />
3.1.2 Die ZKAM-Liste III<br />
3.1.3 Verknüpfung mit den Bau- <strong>und</strong> Planungsphasen 112<br />
3.1.4 Massnahmenevaluation 112<br />
3.1.5 Eine detailliertere Evaluation:<br />
die Kosten-Wirksamkeitsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . .. 113<br />
3.2 Arealbezogene Resultate ,............ 118<br />
3.3 Variantenbezogene Resultate , . . .. 122<br />
4. Rückblick auf unsere Arbeit , . . . . . .. 125<br />
4.1 Folgerungen aus den Ergebnissen , . . . . . .. 125<br />
4.1.1 Aus den allgemeinen Resultaten. . . . . . . . . . . . . . . .. 12"<br />
4.1.2 Aus den arealbezogenen Resultaten ..... ,........ 125<br />
4.1.3 Aus den variantenbezogenen Resultaten. . . . . . . . . .. 126<br />
4.1.4 Bedeutung dieser Arbeit für die Umsetzung<br />
von <strong>Umwelt</strong>zielen ,....... 126<br />
4.2 Methodenkritik , ,....... 127<br />
4.2.1 ZKAM·Modell . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 127<br />
4.2.2 Massnahmenevaluation 127<br />
4.2.3 Variantenbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 127<br />
4.3 Das Vorgehen im Rückblick 129<br />
4.3.1 Brainstorming , . . . . . .. 129<br />
4.3.2 Integration des Teilprojektwissens , . . . . . .. 129<br />
4.3.3 Umsetzung der Syntheseidee , , . . . . . .. 129<br />
5. Werkblatt «<strong>Bauen</strong> & Ökologie» , ,....... 130<br />
5.1 Vorspann , ,....... 130<br />
5.2 <strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele <strong>und</strong> Massnahmen für<br />
die <strong>Umnutzung</strong> von Industriebrachen . . . . . . . . . . . .. 130<br />
5.2.1 Adressaten, Ziele , . , , . . . . .. 13f<br />
5.2.2 Gebrauchsanweisung , , , , . .. 131<br />
5.3 Bauphasen <strong>und</strong> Massnahmen ,............... 132<br />
5.4 Ziele, Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen . , .. 134<br />
5.5 Massnahmenevaluation , , ,.. 141<br />
5.6 Kontaktadressen , ,.,..... 158<br />
5.7 Glossar Werkblatt ,........ 158<br />
Ökobilanz der Varianten .... ,....................... 161<br />
1. Definition <strong>und</strong> Methodik , ,. 163<br />
l.l Was ist eine Ökobilanz? , . . . . . . . .. 163<br />
1.2 Die Ökobilanz der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> . . . . . . . . . . . . . . . .. 163<br />
1.3 Komponenten der Ökobilanz 163<br />
1.4 Unterschiedliche Bewertungsmethoden . . . . . . . . . . .. 164<br />
1.5 Vergleich der Bewertungsmethoden 165<br />
2 Ziele, Annahmen <strong>und</strong> Vorgehen , ,..... 165<br />
2.i Zieldefinition <strong>und</strong> Struktur 165<br />
2<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________InhaItsverzeichnis<br />
2.2 Annahmen................................. 166<br />
2.2.1 Zeitliche Aufteilung der Gebäudelebensdauer . . . . . .. 166<br />
2.2.2 Weitere Annahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 167<br />
2.3 Vorgehen.................................. 168<br />
2.3.1 SIMA V2.1: Das für die Ökobilanz verwendete<br />
Instrument 168<br />
2.3.2 Erfahrungen mit dem Ökobilanzprogramm SIMA V2.1. 169<br />
2.3.3 Datengr<strong>und</strong>lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170<br />
3 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170<br />
3.1 Grössenordnungen der <strong>Umwelt</strong>einwirkungen 170<br />
3.2 Aufteilung in Bau- <strong>und</strong> Nutzungsphase . . . . . . . . . . .. 171<br />
3.3 Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen 171<br />
3.4 Photovoltaik............................... 172<br />
3.5 Variantenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 173<br />
3.5.1 Ökologischer Standpunkt .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. 173<br />
3.5.2 Gesellschaftlich-ökologische Standpunkt 174<br />
3.5.3 Ökonomisch-ökologischer Standpunkt 177<br />
4. Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Ergebnisse 178<br />
4.1 Glaubwürdigkeit der Daten 178<br />
4.2 Indirekte Datenkontrolle: Resultatsanalysen . . . . . . .. 179<br />
5. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179<br />
5.1 Zur Ökobilanz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 179<br />
5.2 Zum Variantenvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 180<br />
5.3 Zum Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 180<br />
Rahmellbedillgullgen des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> BalIeIl" ... 183<br />
1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185<br />
2. Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185<br />
3. Vorgehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186<br />
4. Die Suche nach den Rahmenbedingungen ... . . . . . .. 186<br />
4.1 Was sind Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . .. 186<br />
4.2 Vorgehen.................................. 186<br />
4.3 Ergebnisse................................. 187<br />
4.3.1 Ergebnisse des Brainstormings. . . . . . . . . . . . . . . . .. 187<br />
4.3.2 Ergebnisse der Delphi-Methode 188<br />
4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten<br />
Rahmenbedingungen .. , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188<br />
4.4 Diskussion................................ 188<br />
5. Szenarien: Vom Ist-Zustand zum «Ökoplus» 190<br />
5.1 Ist-Zustand............................. . .. 190<br />
5.1.1 Beschreibung der Rahmenbedingungen im Ist-Zustand 190<br />
5.1.2 Bewertung des Ist-Zustandes 192<br />
5.2 «Ökoplus»-Szenario - der ideale Rahmen zum<br />
ökologischen <strong>Bauen</strong>. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192<br />
5.2.1 Vision <strong>und</strong> Bedingungen im «Ökoplus» . . . . . . . . . . .. 192<br />
5.2.2 Rahmenbedingungen im «Ökoplus»-Szenario 193<br />
6. Verknüpfung der Rahmenbedingungen 194<br />
6.1 Einleitung.............................. . .. 194<br />
6.2 Relevanzmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 194<br />
6.3 System-Grid 195<br />
6.4 Methodenreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195<br />
7. Soft-Modeliierung des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» .. 196<br />
7.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur Methodik der<br />
Systemdynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 196<br />
7.2 Entwicklung des Soft-Modells «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» . .. 197<br />
7.3 Erläuterungen zum Modellaufbau . . . . . . . . . . . . . . .. 197<br />
7.3.1 Die Module im Überblick 197<br />
7.3.2 Die Vernetzung unter den Modulen. . . . . . . . . . . . . .. 199<br />
7.4 Sensitivitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199<br />
7.4.1 Betrachtung eines abgekoppelten Systemteils<br />
am Beispiel des Moduls Energie 199<br />
7.4.2 Betrachtung der Bedeutung modulexterner<br />
Systemgrössen auf den Verbrauch erneuerbarer<br />
Energie als Beispiel 200<br />
7.4.3 Betrachtung von Einflüssen ausgewählter<br />
Systemgrössen auf die Schlüsselgrösse<br />
«Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb» 201<br />
7.5 Szenariobetrachtungen 202<br />
7.5.1 Szenario «Realo» : . . .. 202<br />
7.5.2 Szenario «Ökoplus» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 202<br />
7.5.3 Szenario «Deregulierung» 203<br />
7.5.4 Szenario «Rezession» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203<br />
7.5.5 Szenario «Aufschwung» ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 204<br />
7.6 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Diskussion 204<br />
8. Folgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205<br />
8.1 Ergebnisse <strong>und</strong>Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 205<br />
8.2 Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen für eine<br />
ökologische Entwicklung der Baubranche 206<br />
SzenilriOilllillvse 207<br />
1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 209<br />
2. Die Methodik der Szenarioanalyse im Überblick ..... 210<br />
2.1 Die Idee der Szenarioanalyse ... . . . . . . . . . . . . . . .. 210<br />
2.1.1 Modellbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 210<br />
2.1.2 Systemzustände 210<br />
2.1.3 Anwendungen.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 211<br />
2.2 Die Schritte einer Szenarioanalyse 211<br />
3. Vorgehen ; . . . . . . . .. 212<br />
3.1 Zielsetzung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 212<br />
3.2 Systemeigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 212<br />
3.3 Einflussfaktoren 212<br />
3.4 Einflussmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 213<br />
3.5 System-Grid 214<br />
3.6 Gerichteter Graph 214<br />
3.7 MIC-MAC-Analyse 215<br />
3.7.1 Reduktion auf 10 Einflussfaktoren 215<br />
3.8 Trendprojektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 216<br />
3.9 Die Gr<strong>und</strong>lage zur Bewertung der Szenarien:<br />
die Konsistenzmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 217<br />
4. Resultate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 217<br />
4.1 Szenarien für die vier Planungsvarianten 217<br />
4.1.1 Argumente zur Zuweisung der Ausprägungen . . . . . .. 217<br />
4.2 Konsistenzanalyse der Variantenszenarien 219<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
3
Inhaltsverzeichnis<br />
_<br />
4.3 Vergleich der Variantenszenarien .... . . . . . . . . . . .. 220<br />
4.4 Konsistente Szenarien zu den Varianten. . . . . . . . . .. 221<br />
S. Bewertung der Wünschbarkeit der Varianten . . . . . . .. 222<br />
5.1 Methodik... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 222<br />
5.2 Vorgehen.................................. 222<br />
5.3 Ergebnisse................... . . . . . . . . . . . . .. 222<br />
6. Diskussion <strong>und</strong> Methodenkritik 223<br />
7. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 224<br />
7.1 Aussagen über die Varianten 224<br />
7.2 Aussagekraft der Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 224<br />
Zielbildung der Ilauherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 227<br />
1. Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 229<br />
2. Methoden, Bewertung <strong>und</strong> Steilenwert der Ergebnisse. 229<br />
3. Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 231<br />
3.1 Rahmenbedingungen 231<br />
3.1.1 Wichtige Rahmenbedingungen für das SEW-Areal . . . .. 231<br />
3.1.2 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 234<br />
3.2 Zielinventar verschiedener Akteure 235<br />
3.2.1 Beziehungen zwischen Zielen. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 241<br />
3.2.2 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 242<br />
3.3 Zielbildungsprozess der SEW für die<br />
arealbezogenen Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 242<br />
3.3.1 Allgemeines zum Zielbildungsprozess 243<br />
3.3.2 Der Zielbildungsprozess der SEW . . . . . . . . . . . . . . .. 244<br />
3.3.3 Fazit der Analyse des Zielbildungsprozesses der SEW. 245<br />
3.4 Gestaltungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 245<br />
3.4.1 Gr<strong>und</strong>züge 246<br />
3.4.2 Entstehung 246<br />
3.4.3 Beziehungen zwischen ausgewählten Akteuren. . . . .. 247<br />
3.4.4 Nicht berücksichtigte Anforderungen 248<br />
3.4.4 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 249<br />
3.4.5 Vorgehensalternativen . . . . . . . .. 249<br />
4. Schlussfolgerungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 250<br />
Raum·Nutzungs·Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 253<br />
1. Gegenstand <strong>und</strong> Ziele 255<br />
2. Die <strong>Umnutzung</strong>sproblematik 255<br />
3. Ansätze kooperativer Mitwirkungsverfahren . . . . . . .. 256<br />
3.1 Planungszelle <strong>und</strong> Bürgergutachten 256<br />
3.2 Das Mitwirkungsmodell C.E.A.T.. :...... . . . . . . . .. 257<br />
3.3. Kooperativer Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 257<br />
4. Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen der<br />
Raum-Nutzungs-Verhandlungen 259<br />
4.1 Zum Begriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 259<br />
4.2 Akteure <strong>und</strong> ihre Motivation 259<br />
4.3 Modelle für Verhandlungsprozesse . . . . . . . . . . . . . .. 260<br />
4.4 Folgen «falsch» geführter Verhandlungen 262<br />
4.5 Ziele von Raum-Nutzungs-Verhandlungen . . . . . . . . .. 263<br />
5. Fragestellungen <strong>und</strong> Hypothesen . . . . . •. . . . . . . . .. 265<br />
5.1 Datengr<strong>und</strong>lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 265<br />
5.2 Der Explorations-Parcours ... _. . . . . . . . . . . . . . . .. 266<br />
5.3 Welche Daten liefert der Explorations-Parcours? ..... 268<br />
6. Auswertung <strong>und</strong> Ergebnisse .. _. . . . . . . . . . . . . . . .. 271<br />
6.1 Quantitative Auswertungen 271<br />
6.1.1 Welche statistischen Auswertungen sind sinnvoll? 271<br />
6.2 Ergebnisse................................. 271<br />
6.2.1 Welche Kriterien werden von den Interessengruppen<br />
zur Beurteilung verwendet? ..... . . . . . . . . . . . . . .. 271<br />
6.2.2 Wie werden die Kriterien von den Interessengruppen<br />
gewichtet 273<br />
6.2.3 Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den<br />
Beurteilungskriterien? 276<br />
6.3 Wie werden die vier Varianten bewertet? . . . . . . . . . .. 276<br />
6.4 Reliabilität der erhobenen Bewertungen 277·<br />
6.5 Methodische Probleme sozialpsychologischer<br />
Untersuchungen zu Raum·Nutzungs-Verhandlungen .. 278<br />
7. Vision Raum-Nutzungs-Verhandlungen 279<br />
7.1 Die konzeptionelle Vision .<br />
7.2 Die diagnostische Vision 280<br />
7.3 Die politikwissenschaftliche Vision 281<br />
7.4 Die umweltnaturwissenschaftliche Vision . . . . . . . . .. 282<br />
7.5 Die Vision des Falls. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 282<br />
7.6 Rahmenbedingungen der Visionen 283<br />
Ideenwerkstau zur Nachhaltigkeit 285<br />
1. Die Zielsetzung: Werben für nachhaltige Entwicklung. 287<br />
2. Das Thema: Nachhaltige Entwicklung 289<br />
2.1 Definition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 289<br />
2.2 Interviews................................. 289<br />
3. Die Methode: Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 290<br />
3.1. Marketing <strong>und</strong> die Idee der K<strong>und</strong>enorientierung .. . .. 290<br />
3.2. Der Marketing-Prozess <strong>und</strong> die Geschichte der<br />
Synthesegruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 291<br />
4. Die Produkte: Der Nachhaltigkeits'Zoo-Werbeprospekt<br />
<strong>und</strong> das Nachhaltigkeits-Video . . . . . . . . . . . . . . . . .. 292<br />
4.1 Der Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt .<br />
4.2. Nachhaltigkeits-Video _ _. . . .. 293<br />
Ausgewählte Kunberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 299<br />
1. Ökosystem Areal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />
1.1 Einleitung... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />
1.2 Projektgegenstand . _. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301<br />
1.3 Bewertung ... _. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 302<br />
1.3.1 Bewertungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 302<br />
1.3.2 Ist-Zustand des SEW-Areals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 303<br />
1.3.3 Bewertung des Ist-Zustandes (Im Planungsgebiet) 304<br />
1.3.4 Bewertung der Varianten 304<br />
1.3.5 Vergleich der Varianten 305<br />
1.4 Hauptthesen 305<br />
1.4.1 Ökologische Ziele 305<br />
1.4.2 Ökomax. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 305<br />
1.5 Steuerungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . .. 306<br />
4<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________yorwort<br />
2. Bauchernie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 308<br />
2.1 Ziele <strong>und</strong> Fragestellungen 308<br />
2.2 Methoden... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 308<br />
2.3 Resultate.................. . . . . . . . . . . . . . . .. 309<br />
2.3.1 Ökologische Kriterien für Baustoffe 309<br />
2.3.2 Betonzusatzstoffe 309<br />
2.3.3 Formaldehyd.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 310<br />
2.3.4 Holzschutzmittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 311<br />
2.4 Diskussion zur Umsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 313<br />
3. Information, Wissen <strong>und</strong> Ausbildung 314<br />
3.1 Einleitung.............................. . .. 314<br />
3.2 Was ist Ökologie? 314<br />
3.3 Was ist ökologisch optimiertes <strong>Bauen</strong>? . . . . . .. 315<br />
3.4 Was ist ökologisch relevantes Wissen? . . . . . . . . . .. 315<br />
3.5 Ausbildung für Architekten <strong>und</strong> Ingenieure an der<br />
ETH <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote der Hochschulen<br />
<strong>und</strong> Fachverbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 315<br />
3.6 Hilfsmittel <strong>und</strong> Instrumente. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 316<br />
3.7 Warum wird vorhandenes ökologisches Wissen<br />
nicht umgesetzt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 316<br />
3.8 Ausblick.................................. 317<br />
4. Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum 318<br />
4.1 Einführung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 318<br />
4.2 Ziele <strong>und</strong> Vorgehen 318<br />
4.3 Die Rendite-Berechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 319<br />
4.4 Ergebnisse................................. 321<br />
4.5 Schlussfolgerungen.......................... 322<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Vorwort<br />
Lasst Träume reg,nen<br />
He/nz PIetscher<br />
lentralpriisidellt des<br />
Schweizerischen<br />
Baumeisterverblmdes<br />
<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> - <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>: Dieses<br />
Spannungsfeld präsentiert sich aus der Sicht der<br />
Bauproduzenten <strong>und</strong> der Studierenden unter ganz<br />
verschiedenen Vorzeichen, <strong>und</strong> dennoch handelt es<br />
sich um ein <strong>und</strong> denselben Vorgang. Unsere <strong>Umwelt</strong><br />
wird <strong>durch</strong> das <strong>Bauen</strong> für die Bedürfnisse des Menschen<br />
verändert. Die Studenten der <strong>Umwelt</strong>wissenschaften<br />
an der ETH Zürich unter der Leitung von<br />
Prof. Dr. Roland W. Scholz haben ein Thema, ein<br />
Problem untersucht, dessen Lösungsansätze uns Produzenten<br />
beeinflussen können. Sie sind geeignet,<br />
uns neue Möglichkeiten für eine umweltgerechtere<br />
Produktion in die Hände zu geben.<br />
Gleichzeitig haben die angehenden Wissenschafter<br />
auch ein Thema angepackt, das zumindest die Hürden<br />
erhöhen kann, die das <strong>Bauen</strong> schon heute behindern<br />
oder sogar verhindern.<br />
Unsere Zielsetzung ist es, so umweltgerecht wie<br />
nur möglich zu bauen, aber eben doch zu bauen, <strong>und</strong><br />
zwar in Ausführungen <strong>und</strong> zu Preisen, die dem wirtschaftlichen<br />
Gedeihen unserer K<strong>und</strong>schaft dienen.<br />
Deshalb wird weitestgehend nur nach Bedarf, nicht<br />
nach Belieben, gebaut. Um diesen Bedarf unter dem<br />
Aspekt der <strong>Umwelt</strong> präziser zu definieren, brauchen<br />
wir die Hilfe der Wissenschaft. Und wir werden ihre<br />
Erkenntnisse gerne anwenden, um diese Produktion<br />
umweltschonend, aber auch machbar zu gestalten.<br />
Wir haben <strong>durch</strong> unsere Mitarbeit in der <strong>Fallstudie</strong>,<br />
die zwar vorwiegend auf die planerischen Vorbedingungen<br />
eingegangen ist, gerne mitgewirkt <strong>und</strong><br />
dabei festgestellt, dass kaum eine Umsetzung der<br />
Ideen <strong>und</strong> der Erkenntnisse in die Planung bei den<br />
Architekturstudenten stattfindet, diese also nicht auf<br />
fruchtbaren Boden fallen.<br />
Deshalb habe ich den Satz geprägt: Lasst eure<br />
Träume regnen! Versucht, das Machbare zu erforschen,<br />
sichtbar zu machen! Versucht, diese Träume<br />
auf die Planer, auf die Gesetzgeber <strong>und</strong> auf die<br />
Materialhersteller <strong>und</strong> die Produzenten regnen zu<br />
lassen! Sie alle sind es, die eure Gedanken <strong>und</strong><br />
Erkenntnisse aufnehmen müssen in die zukünftige<br />
Planung von <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> ihre Realisierung - zum<br />
nachhaltigen Vorteil des Menschen.<br />
Wir hoffen, dass auch wir Produzenten in einer<br />
dritten Phase die Hilfe der <strong>Umwelt</strong>wissenschaft erhalten,<br />
um unsere Produktion so umweltgerecht wie<br />
möglich auszuführen. Es gilt, das vom Standpunkt<br />
der <strong>Umwelt</strong> her Notwendige mit dem Machbaren<br />
<strong>und</strong> ökonomisch Nützlichen zu einer Einheit zu verbinden.<br />
Dann erst werden die fruchtbaren Träume<br />
begabter <strong>und</strong> hochmotivierter Wissenschafter zu erreichten<br />
Zielen.<br />
Horizonte für die Zukunft erweitern<br />
Werfter Andres<br />
Direktor der<br />
Sulzer·Escher Wyss AG<br />
Kurz vor Jahresende 1994, in der Schlussphase der<br />
Verhandlungen über den in der Zwischenzeit (im<br />
November 1995) rechtskräftig gewordenen Privaten<br />
Gestaltungsplan für das «Sulzer-Escher Wyss<br />
Gebiet», wurden wir seitens der ETH angefragt, ob<br />
unser Areal für die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> der Abteilung UNS<br />
zur Verfügung stünde. Mit Interesse, aber auch mit<br />
einiger Skepsis nahmen wir die Gespräche übt<br />
dieses Anliegen der ETH auf. Einerseits teilten wir<br />
die Meinung, dass sich unser Areal angesichts seines<br />
Wandels vom reinen Fabrikareal zum vielseitig<br />
genutzten neuen Stadtquartier für die Studie «<strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />
bestens eignen würde; andererseits schien es uns<br />
auch, dass mit einer Publizität über <strong>Umwelt</strong>fragen<br />
Missverständnisse aufkommen könnten, welche den<br />
Prozess der Genehmigung unseres Gestaltungsplans<br />
möglicherweise stören würden.<br />
Es gelang jedoch problemlos, zwischen unserer<br />
Firma <strong>und</strong> den zuständigen Hochschulorganen klare<br />
Spielregeln über die Durchführung der Studie auf<br />
unserem Gelände, den Zugang zu bei uns vorhandenen<br />
Daten <strong>und</strong> die Öffentlichkeitsarbeit über die<br />
<strong>Fallstudie</strong> festzulegen.<br />
Für die während des Sommersemesters 1995 an der<br />
<strong>Fallstudie</strong> arbeitenden Dozenten, Studenten <strong>und</strong><br />
_<br />
6<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------,----------------- Vorwort<br />
Tutoren haben wir in grösserem Umfang Räumlichkeiten<br />
in unseren betrieblichen Gebäuden <strong>und</strong> vor<br />
allem auch sachk<strong>und</strong>ige Mitarbeiter als Gesprächs<strong>und</strong><br />
Auskunftspartner zur Verfügung gestellt. Mit<br />
den <strong>Fallstudie</strong>nteilnehmern der ETH konnten wir<br />
sehr gute persönliche Kontakte <strong>und</strong> einen sicher<br />
gegenseitig befruchtenden Dialog aufbauen.<br />
Den <strong>Umwelt</strong>fragen sind bereits während der mehrjährigen<br />
Planungszeit unseres Gestaltungsplanes<br />
mannigfaltige Überlegungen gewidmet worden.<br />
Viele Aspekte, wie Grün- <strong>und</strong> Freiflächen, Lärm<strong>und</strong><br />
Immissionsschutz, Gewässerschutz, Altlastenbeseitigung,<br />
Energie- <strong>und</strong> Verkehrsfragen u.a., haben<br />
ihren Niederschlag im Gestaltungsplan gef<strong>und</strong>en.<br />
Durch die breitgefächerten Untersuchungen <strong>und</strong> die<br />
vielseitige Thematik der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> hat sich aber<br />
auch unsere Optik nochmals erweitert <strong>und</strong> konnte<br />
<strong>durch</strong> wertvolle Ideen bereichert werden.<br />
Der Ablauf der <strong>Fallstudie</strong> konnte sich dank der<br />
guten Zusammenarbeit aller Beteiligten harmonisch<br />
in die letzte Etappe der Arbeiten für unseren Gestaltungsplan<br />
einfügen. Letztlich ergab sich auch eine<br />
positive Publizitätswirkung <strong>und</strong> Sensibilisierung der<br />
Öffentlichkeit für unser Projekt.<br />
Vor allem glauben wir, dass sich aus der Auswertung<br />
der Studie, wie sie im vorliegenden Buch<br />
enthalten ist, in Zukunft bei der schrittweisen Realisierung<br />
der Um- <strong>und</strong> Neunutzung der von unserer<br />
Firma nicht mehr industriell benötigten Arealteile<br />
mannigfache Anregungen <strong>und</strong> Ansätze bieten werden,<br />
damit wir dieses langfristige Projekt, getreu<br />
unserem Firmenleitbild, mit sowohl wirtschaftlicher<br />
wie auch ökologischer «Nachhaltigkeit» verwirklichen<br />
können.<br />
Ich beglückwünsche alle <strong>Fallstudie</strong>n-Mitarbeiter<br />
zu der erfolgreichen Arbeit. Sie haben sich in der<br />
kurzen zur Verfügung stehenden Zeit <strong>und</strong> trotz über<br />
~rosser Fülle an Daten <strong>und</strong> Problemen im Zusammenhang<br />
mit unserer Arealplanung hervorragend in<br />
die Sache eingearbeitet. Es stehen heute wesentliche<br />
Aussagen zur Verfügung, als Ansatzpunkte<br />
für eine ökologisch optimale Realisierung des Gestaltungsplanes<br />
<strong>durch</strong> zukünftige Investoren <strong>und</strong><br />
Nutzer auf dem Gelände des «Sulzer-Escher Wyss<br />
Gebietes».<br />
Direktor des<br />
Immohilienfomb der<br />
11ltragjSchwe.izerische<br />
Bankgesellschaft<br />
man<br />
Als Investor <strong>und</strong> Vertreter einer Grossbank wurde<br />
ich von Professor Scholz angefragt, ob ich mich an<br />
der <strong>Fallstudie</strong> SEW-Areal beteiligen würde. Meine<br />
anfängliche Skepsis gegenüber dem «grünlastigen»<br />
Ansatz wich bald der Erkenntnis, dass ich noch etliches<br />
zu lernen habe. Verständnis war aufzubringen<br />
für die anfänglichen Berührungsängste der Studierenden<br />
gegenüber den «Bossen» aus Wirtschaft <strong>und</strong><br />
Politik. Verständnis auch für die zum Teil übersetzten<br />
ökologischen Forderungen <strong>und</strong> Wünsche,<br />
Verständnis, dass offenbar die Investitions- <strong>und</strong> Folgekosten<br />
der Ökologie nebensächlich <strong>und</strong> ohnehin<br />
vom Investor zu tragen seien. Die Studenten haben<br />
wohl andererseits auch etwas gelernt. Man kann, <strong>und</strong><br />
soll mit uns reden, denn wir haben für <strong>Umwelt</strong>fragen<br />
<strong>durch</strong>aus Verständnis. Unsere Bank hat seit 1978<br />
eine Energiefachstelle, seit 1988 den ersten <strong>Umwelt</strong>beauftragten<br />
einer Bank überhaupt <strong>und</strong> seit 1994<br />
ist die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung bei Kreditgeschäften<br />
standardisiert. Den Studenten wurde auch<br />
das ewige Dilemma zwischen Wünschbarem <strong>und</strong><br />
Machbarem bewusst. Nachhaltigen, integralen <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
wünschen alle, seine Kosten jedoch<br />
möchte niemand tragen. Uns Investoren ist <strong>durch</strong>aus<br />
bewusst, dass uns <strong>Umwelt</strong>schutz etwas kostet, wir<br />
fragen uns aber, weshalb nur wir dafür bezahlen<br />
sollen. Es ist uns aber auch bewusst, dass bei langfristiger<br />
Betrachtung die Dinge etwas anders liegen.<br />
Bei integraler Betrachtung <strong>und</strong> unter dem Gesichtspunkt<br />
der Nachhaltigkeit kann ein Investment in die<br />
<strong>Umwelt</strong> auch ökonomisch <strong>durch</strong>aus positiv sein. Die<br />
Kosten werden auf eine viel grössere Periode verteilt<br />
<strong>und</strong> wenn man das Wohlbefinden der Nutzer/Mieter<br />
mitberücksichtigt, kleineren Sanierungsbedarf dazuzählt<br />
oder gar an de.n Rückbau denkt, kann mehr<br />
in die <strong>Umwelt</strong> investiert werden. Es ist, wie immer,<br />
eine Frage des Masses. Wenn sich jedoch der Bodenpreis<br />
wegen <strong>Umwelt</strong>wünschen um über Fr. 1000.<br />
pro Quadratmeter erhöht, ist das unbesehen jenseits<br />
von Gut <strong>und</strong> Böse, es ist einfach nicht machbar aus<br />
Sicht einer vernünftigen Investition.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 7
Vorwort ~<br />
_<br />
An der Studie hat uns besonders gefallen, dass sie<br />
praxisbezogen war <strong>und</strong> immer möglichst integral<br />
gedacht <strong>und</strong> gehandelt wurde Das scheint uns der<br />
einzige Weg zu sein, um ein optimales Resultat zu<br />
erzielen. Jeder muss den anderen verstehen <strong>und</strong> von<br />
seinen hochgesteckten Zielen etwas abrücken, dann<br />
ist es möglich, dem <strong>Umwelt</strong>gedanken, der Vorsorge<br />
<strong>und</strong> Nachhaltigkeit den ihr gebührenden Platz<br />
zukommen zu lassen.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> war anspruchsvoll, vielleicht etwas<br />
zu anspruchsvoll, so ist es natürlich, dass nicht alle<br />
Fragen abschliessend beantwortet werden konnten.<br />
Wir würden wünschen, dass auf eingeschlagenem<br />
Wege weiter geschritten wird, andere Projekte im<br />
ähnlichen Sinne angegangen werden, im Interesse<br />
aller.<br />
giseher Ausrichtung) <strong>und</strong> die Standortqualität (Grösse,<br />
Verkehrstechnische Erschliessung, Umfeld <strong>und</strong><br />
Synergien). Dazu kommen weiter als Kriterien die<br />
Baureife, Termine, Bau- <strong>und</strong> Folgekosten.<br />
Die Auseinandersetzung mit <strong>Umwelt</strong>zielen <strong>und</strong><br />
Zielen der Bauherrschaft im Zusammenhang mit<br />
Nutzungsszenarien für das diskutierte Areal führte<br />
zu interessanten Ansätzen. Die offenen Diskussionen<br />
<strong>und</strong> das systematische Vorgehen hat mich bei<br />
dieser interessanten <strong>Fallstudie</strong> dabei sehr beeindruckt.<br />
Wegweiser zu gegenseitigem Lernen<br />
Beschleunigter Wandel b'll't"fliI'nIDiI't<br />
systematisches Vorgehen<br />
Prof. Dr, A. Henz<br />
Prof. Dr. F. Widmer<br />
Vizepriisident der<br />
Eidgenössischen<br />
Technischen Hochschule<br />
Zürich<br />
Der beschleunigte Wandel in der industriellen Tätigkeit<br />
in der Schweiz hat dazu geführt, dass grössere,<br />
bisher industriell genützte Flächen an meist gut<br />
erschlossenen Standorten im Grossraum Zürich einer<br />
neuen Nutzung zugeführt werden müssen. In die<br />
Abklärungen von neuen Nutzungen solcher Areale<br />
sind auch Standorte für Bildungsinstitutionen <strong>und</strong><br />
Hochschulforschungsstätten einzubeziehen, die oft<br />
noch einen räumlichen Nachholbedarf haben. Im<br />
Zusammenhang mit den vorliegenden Nutzungsabklärungen<br />
für das Sulzer-Escher Wyss-Areal wurden<br />
darum auch konkret Kriterien für Standorte von<br />
Lehr- <strong>und</strong> Forschungsstätten in die Diskussionen<br />
der <strong>Fallstudie</strong> einbezogen <strong>und</strong> beurteilt. Analoge<br />
Kriterien fanden auch Anwendung bei der Überprüfung<br />
des Standortes der nächsten Ausbauetappe für<br />
die ETH Zürich. Im Vordergr<strong>und</strong> stehen dabei die<br />
Qualität des Wissenschaftsbetriebes (Zusammenarbeit<br />
mit Bereichen an anderen Standorten, Reiseaufwand,<br />
Übereinstimmung mit langfristiger strate-<br />
Professor Architektur<br />
<strong>und</strong> Plllmmg, ETH<br />
Anfang November 1994, kurz nach Beginn des ETH<br />
Wintersemesters, wurde ich von Herrn Prof. Dr. R.W.<br />
Scholz an eine Sitzung der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
der ETH Abteilung <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften eingeladen.<br />
Über den «Buschtelegrafen» hatte diese<br />
Kommission erfahren, dass meine Entwurfsklasse<br />
mit 50 Architekturstudentinnen <strong>und</strong> -studenten des<br />
5. <strong>und</strong> 7. Semesters eine "Planungsstudie zur nach!<br />
haItigen Entwicklung des Gebietes Sulzer-Escher<br />
Wyss in Zürich» begonnen hatte. Wir stellten zusammen<br />
fest, dass uns teilweise ähnliche Fragen im<br />
Zusammenhang mit der Umgestaltung von Industriearealen<br />
interessieren. In der Folge entschied<br />
sich die <strong>Fallstudie</strong>nkommission, das Industrieareal<br />
Sulzer-Escher Wyss als Übungsfeld für ihre <strong>Fallstudie</strong><br />
1995 zu wählen. Drei Planungsstudien, welche<br />
an unserer Professur von Gruppen von Architekturstudentinnen<br />
<strong>und</strong> -studenten im Winter 1994/95<br />
erarbeitet wurden, bildeten in der Folge wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>lagen für die Arbeit im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />
Für Architektinnen <strong>und</strong> Raumplaner <strong>und</strong> für<br />
unsere Studierenden der ETH ist die Lektüre des<br />
Berichtes über die <strong>Fallstudie</strong> «Industrieareal Sulzer<br />
Escher Wyss» spannend <strong>und</strong> sehr lehrreich. Die<br />
Arbeit zeigt aber auch, dass noch sehr viel geleistet<br />
8<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-- Vorwort<br />
werden muss, bis die Arbeiten, welche in verschiedenen<br />
Fachgebieten im Zusammenhang mit der<br />
Erneuerung von Industriearealen geleistet werden,<br />
wirklich zusammenpassen <strong>und</strong> sich gegenseitig befruchten<br />
können.<br />
Ich gratuliere allen, die an der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> mitgearbeitet<br />
haben, zum erfolgreichen Abschluss dieser<br />
wegweisenden Studie <strong>und</strong> hoffe, dass an der<br />
ETH in ein oder zwei Jahren eine gemeinsame <strong>Fallstudie</strong><br />
Architektur/<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften<br />
in echter Zusammenarbeit zwischen<br />
diesen Fachgebieten <strong>durch</strong>geführt werden kann!<br />
Umdenken für eine Ökologische<br />
"'roblemlösefähigkeit<br />
Prof. Dr.<br />
Verantwortlicher<br />
Hochschullehrer<br />
fallstudie<br />
W. Scholz<br />
Mit einem Fall aus dem Themenfeld <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Bauen</strong> widmete sich die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> einer Hauptschlagader<br />
anthropogener Energie- <strong>und</strong> Stoffflüsse.<br />
Industrie <strong>und</strong> Gewerbe, in der Vergangenheit Grossverbraucher<br />
von Landflächen, setzen heute zunehend<br />
besterschlossene, innerstädtische Areale frei,<br />
die wieder einer anderweitigen Nutzung zugeführt<br />
werden können. Für das Fallbeispiel, einen r<strong>und</strong><br />
10 ha grossen Anteil des Sulzer-Escher Wyss-Areals,<br />
wurde unter dem Fokus einer umfassenden Wertschöpfung<br />
<strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> eine Problemstellung<br />
formuliert, welche wegen ihrer Offenheit <strong>und</strong><br />
Komplexität ausserhalb des Rahmens traditioneller<br />
Wissenschaften liegt. In der Vorbereitung wurde<br />
sichtbar, dass <strong>durch</strong> die Themenwahl zwei beträchtliche<br />
Hürden programmiert waren.<br />
Zum einen traf man an vielen Stellen auf Vorbehalte<br />
gegen ein umweltnaturwissenschaftliches<br />
Projekt mit studentischer Handschrift <strong>und</strong> zunächst<br />
häufig auf geschlossene Türen.<br />
Zum anderen galt es neben natur-, sozial- <strong>und</strong><br />
wirtschaftswissenschaftlichem Wissen zusätzlich vertiefte<br />
Kenntnisse aus den Bereichen Architektur,<br />
Planung, Bauhandwerk, Baugewerbe <strong>und</strong> Bauinge-<br />
nieurwissenschaften zu integrieren. Beide Hürden<br />
liessen sich überwinden.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> wurde begleitet von einem Prozess<br />
von Einstellungsveränderungen. Die Studierenden<br />
<strong>und</strong> Lehrenden konnten - in unorthodoxem Wechsel<br />
zwischen Vor- <strong>und</strong> Hinterhand - Arealeigner, Investoren<br />
<strong>und</strong> andere Akteure des Falls überzeugen,<br />
dass umweltnaturwissenschaftliches Wissen einen<br />
ernstzunehmenden Wert darstellt. Die Vertreter der<br />
Eigner, der Wirtschaft <strong>und</strong> des Baugewerbes verloren<br />
im Verlauf der Studie nicht nur ihre Skepsis, sondern<br />
trugen mit vielen Anregungen <strong>und</strong> Ideen zum Lehr<strong>und</strong><br />
Forschungsprozess bei <strong>und</strong> wurden somit zu<br />
Trägern der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
Von zentraler Bedeutung für den angestrebten<br />
Integrationsprozess von Erfahrungs- <strong>und</strong> Wissenschaftswissen<br />
sowie des Wissens aus verschiedenen<br />
Disziplinen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Horizonten war<br />
die Weiterentwicklung <strong>und</strong> Konsolidierung der<br />
Fa/lstudienmethoden. Die zur Anwendung gebrachten<br />
Modellansätze organisierten die Projektarbeit <strong>und</strong><br />
trugen wesentlich zur Spezifität <strong>und</strong> Wissenschaftlichkeit<br />
der Aussagen bei.<br />
Die umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n<br />
mit ihren komplexen AufgabensteIlungen <strong>und</strong> dem<br />
Ziel der Entwicklung einer umfassenden Ökologischen<br />
Problemlösefähigkeit verlangen ein Umdenken. Dies<br />
wurde von einem grossen Teil der Studierenden <strong>und</strong><br />
der anderen Trägern der <strong>Fallstudie</strong> erkannt <strong>und</strong> war<br />
meines Erachtens eine wesentliche Voraussetzung<br />
dafür, dass die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> meine Erwartungen<br />
erfüllt <strong>und</strong> teilweise übertroffen hat.<br />
stuj~en:flsch.er<br />
Thomas Hulliger<br />
Student<br />
Handschrift<br />
Mit dem Erscheinen dieses Buches ist die <strong>Fallstudie</strong><br />
<strong>'95</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» auch für uns Berichtschreiberinnen<br />
Vergangenheit. Ein Moment, der<br />
dazu aufruft, zurückzublicken. Angefangen hat das<br />
Projekt <strong>Fallstudie</strong> für die meisten Studentinnen zu<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
9
Dank<br />
_<br />
Beginn des Sommersemesters 95 mit der Begrüssung<br />
im Technopark, gleich neben «unserem» Fall, dem<br />
Industrieareal der Sulzer-Escher Wyss AG. Alles war<br />
ungewiss, die Erwartungen hoch, ebenso die Motivation.<br />
Eine gute Ausgangslage, um in ein arbeitsreiches<br />
Semester zu starten. Zuerst galt es, sich in<br />
den Synthesegruppen auf die konkrete AufgabensteIlung<br />
zu einigen. In engagierten Diskussionen<br />
wurden so Fragestellungen erarbeitet, die einmalig<br />
die Handschrift der beteiligten Studentinnen tragen:<br />
Aufbauend auf der einjährigen Arbeit der studentischen<br />
<strong>Fallstudie</strong>nkommission konnte sich jede einbringen<br />
<strong>und</strong> das Projekt mitgestalten - im Studium<br />
eine einmalige <strong>und</strong> ungewohnte Situation.<br />
In der zweiten Phase ging es darum, das vorhandene<br />
Wissen aus vier Jahren Studium mit spezifischen<br />
Informationen aus dem Baubereich zu ergänzen.<br />
Dieses Gebiet war den meisten von uns<br />
unbekannt, die Arbeit in kleinen Gruppen mit Fachexperten<br />
umso spannender. Die Themenvielfalt<br />
reichte von Altlasten über Renditeberechnungen bis<br />
zu Wohnsoziologie.<br />
Eine Herausforderung war der letzte <strong>Fallstudie</strong>nabschnitt.<br />
Hier ging es darum, die Resultate aus den<br />
einzelnen Teilbereichen so zusammenzubringen,<br />
dass Aussagen zu den im ersten Teil erarbeiteten<br />
Fragen gemacht werden konnten. Diese Fähigkeit,<br />
auch «ökologische Problemlösefähigkeit" genannt,<br />
ist ein wesentliches Ziel der Ausbildung für <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlerinnen.<br />
Innerhalb des Studiums<br />
ist die <strong>Fallstudie</strong> erste grosse Gelegenheit, diese<br />
Fähigkeit zu testen.<br />
Ihren Abschluss fand die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> für die<br />
meisten Studierenden mit der internen Schlussveranstaltung<br />
im Glacegarten, wieder in unmittelbarer<br />
Nähe des Sulzer-Escher Wyss-Areals. Rückblickend<br />
bleibt zu fragen, was neben den Berichten <strong>und</strong> Artikeln<br />
von all der geleisteten Arbeit geblieben ist.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> hat uns die Möglichkeit gegeben<br />
zu lernen, wie man von ein«m groben Projekt zu<br />
einer konkreten Fragestellung kommt, abzuschätzen,<br />
wieviel Aufwand gerechtfertigt werden kann,<br />
mit Unsicherheiten <strong>und</strong> lückenhaften Informationen<br />
umzugehen, die begrenzte Zeit einzuteilen, im<br />
Team zu arbeiten, zu delegieren <strong>und</strong> Verantwortung<br />
zu übernehmen. Geblieben ist sicher auch eine Fülle<br />
von Erfahmngen, die nur in einer solchen, für ein<br />
Studium an der ETH ungewöhnlichen, Veranstaltung<br />
möglich ist. Schliesslich sind Erinnerungen<br />
an die vielen Momente geblieben, die viel Spass<br />
gemacht haben, <strong>und</strong> welche die mühsamen, herausfordernden<br />
<strong>und</strong> anstrengenden Phasen in den Hintergr<strong>und</strong><br />
rücken lassen.<br />
Ein so umfangreiches Projekt wie unsere <strong>Fallstudie</strong><br />
wäre ohne die Hilfe vieler Personen nicht <strong>durch</strong>führbar.<br />
Untenstehende Personen <strong>und</strong> Institutionen<br />
waren an der <strong>Fallstudie</strong> 1995 beteiligt. Sie haben Vorträge<br />
gehalten, Dokumentationsmaterial oder Daten<br />
zur Verfügung gestellt, die Arbeitsgruppen bei fachlichen<br />
Fragen tatkräftig unterstützt oder sie sind bei<br />
der Durchführung von Interviews Rede <strong>und</strong> Antwort<br />
gestanden.<br />
Die Vielzahl der Kontakte führt dazu, dass es<br />
kaum möglich ist, alle Hilfestellungen zu erfassen. In<br />
diesem Sinne möchten wir uns bei all denen entschuldigen,<br />
die uns geholfen haben, aber auf der<br />
Namensliste fehlen. Allen Personen, mit denen wir<br />
in Kontakt getreten sind, möchten wir nochmals ganz<br />
herzlich für Ihren Einsatz danken.<br />
Andres Werner<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
Artega Giovanni<br />
Destructa AG, Zürich<br />
Aschwanden Peter<br />
Debag Zürich, Zürich<br />
Bächler Toni<br />
Schweizerischer Verband der Immobilientreuhänder,<br />
Zürich<br />
Bächtold Hans-Georg<br />
Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />
Zürich<br />
Bättig Christoph<br />
Interface, Institut für Politikstudien, Luzern<br />
Bernasconi-Aeppli Susanne<br />
. Fachkommission Gestaltungsplan im Gemeinderat,<br />
Zürich<br />
Bodmer Guido<br />
Schweizerische Bankgesellschaft, Zürich<br />
Borer Alex<br />
Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Bräm Ueli<br />
Quartierhaus Kreis 5, Zürich<br />
Brennecke Martina<br />
Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Bürge Marcel<br />
Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />
Buser Hans<br />
Ökoskop, Gelterkinden<br />
Cattacin Sandro<br />
Politologie Universität Genf, Geneve<br />
Cotti Anton<br />
Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />
Coutalides Reto<br />
Büro für Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>chemie, Zürich<br />
10<br />
UNS-Falistudie <strong>'95</strong>
---------------------------- Dank<br />
Cutino Serafino<br />
Coop Schweiz, Zürich<br />
Echlin John<br />
Architektur ETH, Zürich<br />
Eger Almut<br />
Hochbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Eggli Rudolf<br />
<strong>Umwelt</strong>schutzfachstelle Stadt Zürich, Zürich<br />
Eiermann Daniel<br />
Ebiox AG, Sursee<br />
Eigenmann Raim<strong>und</strong><br />
Stadtmühle CMZ Zürich, Zürich<br />
Eisterer Horst Heinrich<br />
Hochbauinspektorat Stadt Zürich, Zürich<br />
Eimer Martin<br />
Uptime Object Factory Inc., Zürich<br />
Eppler Fritz<br />
Maler Eppler AG, Zürich<br />
.Jrnst Thomas<br />
Eberhard Recycling AG, Kloten<br />
Eyer Beat<br />
Fischer-Architekten AG, Zürich<br />
Fahrni Fritz<br />
Sulzer AG, Winterthur<br />
Fechtig Roben<br />
Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> ETH, Zürich<br />
Felder Erwin<br />
Wache AG, Zürich<br />
Fercher Martin<br />
Architektur ETH, Naters<br />
Fingerhuth Carl<br />
ehern. Hochbauamt Stadt Basel, Basel<br />
Fischli Klaus<br />
Generalsekretariat SIA, Zürich<br />
Flühler Hannes<br />
Institut für Terrestrische Ökologie ETH, Schlieren<br />
reuler Erich<br />
Stadtküche Zürich, Zürich<br />
Glauser Heinrich<br />
Metron AG, Brugg<br />
Grossmann Beat<br />
Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />
Zürich AGW, Zürich<br />
Gubler Hannes<br />
Verband Schweiz. Ziegelindustrie, Zürich<br />
Gut Rudolf<br />
Hochbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Haas Leo<br />
Toggenburger AG, Winterthur<br />
Hafen Albert<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
Hajnos Nikolaus<br />
Architekturbüro, Zürich<br />
Hartmann Jürg<br />
I+B Architekten, Bern<br />
Heer Walter<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
Hegnauer Christoph<br />
Baupolizei Stadt Zürich, Zürich<br />
Heim Richard<br />
Bauamt II Stadt Zürich, Zürich<br />
Henz Alexander<br />
Architektur ETH, Zürich<br />
Hepperle Erwin<br />
Recht <strong>und</strong> Ökonomie ETH, Zürich<br />
Hettich Urs<br />
Hochbauamt Kanton Bern, Bern<br />
Höhn Eduard<br />
EAWAG,Dübendorf<br />
Hossbach Heidi<br />
Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bern<br />
Huber Martin<br />
Liegenschaftenverwaltung Coop Schweiz, Basel<br />
Hunkeler Fritz<br />
Techn. Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der<br />
Schweiz. Zementindustrie (TFB), Wildegg<br />
Huppenbauer Markus<br />
Theologische Fakultät Uni, Zürich<br />
Imboden Dieter<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften ETH, Zürich<br />
Irzan Ratina T.<br />
Specter GmbH, Zürich<br />
Issler Naegeli Martina<br />
Migros Genossenschafts-B<strong>und</strong>, Zürich<br />
Kälin Adi<br />
Tages-Anzeiger, Zürich<br />
KappeIer Peter<br />
Brunner Erben AG, Wallisellen<br />
Keller Albert<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
KnoepfelIvo<br />
Energietechnik ETH, Zürich<br />
Knöpfli Max<br />
Nuvag <strong>Umwelt</strong>schutz AG, Bürglen<br />
Knörr Marcel<br />
FDP Sekretariat, Zürich<br />
Koch Ursula<br />
Bauamt II Stadt Zürich, Zürich<br />
Kohler Niklaus<br />
Universität Karlsruhe (TH), Karlsruhe<br />
Krayer Thomas<br />
Institut für Baubiologie, Zürich<br />
Kreidler Erwin<br />
Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />
Zürich AGW, Zürich<br />
Kruck Roswitha<br />
Konjunkturforschung KOF ETH, Zürich<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
11
Dank<br />
_<br />
Läderach Rudolf<br />
Debag Zürich, Zürich<br />
Landolt Elias<br />
Geobotanisches Institut ETH, Zürich<br />
Lendi Martin<br />
Recht <strong>und</strong> Ökonomie ETH, Zürich<br />
Leutert Fredy<br />
Ökologiebüro, Stetten SH<br />
Lichtensteiger Leo<br />
Karl Steiner GU AG, Zürich<br />
Lüdin Hans<br />
Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />
Maag Christoph<br />
Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Kanton<br />
Zürich AGW, Zürich<br />
Manz Eduard<br />
Tiefbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Martelli Kathrin<br />
Bauamt I Stadt Zürich, Zürich<br />
Massler Hermann<br />
Hochbauamt Kanton Zürich, Zürich<br />
Mathys Alexander<br />
Mathys AGV, Zürich<br />
Meier Hans<br />
Abfuhrwesen Stadt Zürich, Zürich<br />
Meier Hansruedi<br />
Architekturbüro Meier, Zürich<br />
Merz Annemarie<br />
Sozialamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Meyer Urs<br />
Planpartner AG, Zürich<br />
Minsch Jürg<br />
Institut für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie (IWÖ) Hochschule<br />
St. Gallen, St. Gallen<br />
Mooser Pierre Michel<br />
Cepter Ltd., Zürich<br />
Moretti Walter<br />
Novavox AG, Zürich<br />
Müller Martin<br />
Temum <strong>Umwelt</strong>management, Brugg<br />
Müller Marcel<br />
Schauspielhaus AG, Zürich<br />
Müller Erich<br />
Sulzer AG, Winterthur<br />
Nüesch Jakob<br />
Präsidium ETH, Zürich<br />
Oechslin Konrad<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
P. M.<br />
KraftWerk I, Zürich<br />
Pfändler Harry<br />
Restaurant Villagio, Zürich<br />
Pfister Heinz<br />
BUWAL, Bem<br />
Pleisch Peter<br />
Dr. Pleisch AG, Bäretswil<br />
Pletscher Heinz<br />
Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />
Plüss Adrian<br />
Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />
Ponti Silvio<br />
Sika AG, Zürich<br />
Portmann Wemer<br />
IG Kreis 5, Zürich<br />
Reinhard Caspar<br />
Schweizer Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein SIA,<br />
Zürich<br />
Reuter Daniel<br />
EVP Sekretariat, Zürich<br />
Rey Charlotte<br />
Steinmann-Rey, Oberdorf<br />
Richi (Jun.) Jakob<br />
Kies- <strong>und</strong> Sandwerk Richi, Weiningen<br />
Riesen Theodor<br />
Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bem<br />
Rindlisbacher Brigitte<br />
Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bem<br />
Ringger Heinrich<br />
Pressestelle Uni, Zürich<br />
Rock Susanne<br />
Architektur ETH, Zürich<br />
Rohrer Josef<br />
Schweizerischer B<strong>und</strong> für Naturschutz SBN, Basel<br />
Rosse Francis<br />
Gartenbauamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Rossi Angelo<br />
Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />
Zürich<br />
Ruh Hans<br />
Theologie Uni, Zürich<br />
Rusterholz Sandor<br />
Flumroc AG, Flums<br />
Schaerer Rene<br />
Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Basel<br />
Schalcher Hans-Ruedi<br />
Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> ETH, Zürich<br />
Schatt Paul<br />
Hochbauamt Kanton Zürich, Zürich<br />
Schaub Dominik<br />
SP Sekretariat, Zürich<br />
Schmid Samuel<br />
Coop Schweiz, Basel<br />
Schmid Felix<br />
Schweizerischer Baumeisterverband SBV, Zürich<br />
Schmid Kar! Otta<br />
Stadtplanungsamt Stadt Zürich, Zürich<br />
Schmitt Herbert W.<br />
ZZ Zürcher Ziegeleien, Zürich<br />
12<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_______________________"--<br />
Dank<br />
Schubert Renate<br />
Wirtschaftsforschung ETH, Zürich<br />
Schulin Rainer<br />
Institut für Terrestrische Ökologie ETH, Schlieren<br />
Schuppisser Santiago<br />
Schweizer Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein SIA, Eigg<br />
Schütz Ha~s Jakob<br />
Coop Schweiz, Zürich<br />
Schwarz Jutta<br />
<strong>Umwelt</strong> + Wirtschaft + Energie, Zürich<br />
Schweizer Max<br />
Schweizer Max AG, Zürich<br />
Specker Heinz<br />
Technopark Immobilien AG, Zürich<br />
Spillmann Werner<br />
Ernst Basler & Partner AG, Zollikon<br />
Staehelin Johannes<br />
Atmosphärenphysik ETH, Zürich<br />
ütark Daniel<br />
Muldenzentrale AG, Zürich<br />
Steinfels Eric<br />
Steinfels AG, Zürich<br />
Stocker Monika<br />
Sozialamtes Stadt Zürich, Zürich<br />
Stofer Bernard<br />
Büro für Baubiologie, Solothurn<br />
Streiff Thomas<br />
Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, Zürich<br />
Studer Erwin W.<br />
profact AG, Zürich<br />
Teutsch Rene<br />
Schweiz. Fachverband für Sand <strong>und</strong> Kies (FSK), Bern<br />
Trachsler Heinz<br />
Koordinationsstelle für <strong>Umwelt</strong>schutz KofU Kanton<br />
Zürich,· Zürich<br />
Tropeano Ruggero<br />
Tropeano <strong>und</strong> Pfister Architekten, Zürich<br />
Trüeb Lydia<br />
Bauamt Ir Stadt Zürich, Zürich<br />
Vallot Philippe<br />
Abteilung Raum <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> EMD, Bern<br />
Vanoni Willy<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
Vetter Klaus<br />
Videoproduktion, Zürich<br />
Von Ah Christoph<br />
Architektur ETH, Winterthur<br />
Von Waldkirch Thomas<br />
Technopark, Zürich<br />
Wagner Bernhard<br />
Schweizerische Bankgesellschaft, Zürich<br />
Wakefield Alan<br />
Architektur ETH, Gränichen<br />
Waldispühl sen. Urs<br />
Maurerlehrhallen, Sursee<br />
Watter Jörg<br />
Züblin Anlagen <strong>und</strong> Projekte AG, Zürich<br />
Weber Ha.ns Ueli<br />
Ökozentrum Zürich, Zürich<br />
Wehrli Hans Jörg<br />
Sulzer-Escher Wyss AG, Zürich<br />
Weller Willi P.<br />
Verband Schweiz. Ziegelindustrie, Zürich<br />
Wenk Felix<br />
KWH Bautechnologen AG, Zürich<br />
Werner Helmuth<br />
Quartierverein Kreis 5, Zürich<br />
Wesseis Hans-Peter<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften ETH, Zürich<br />
Widmer Hans<br />
Oerlikon-Bührle Holding AG, Zürich<br />
Widmer Fritz<br />
Planung ETH, Zürich<br />
Wiegand Jürgen<br />
Planconsult AG, Basel<br />
WitzigArnold<br />
Industriebauten-Engineering AG, Zürich<br />
Wüthrich Thomas<br />
GP Sekretariat, Zürich<br />
Zibell Barbara<br />
Orts-, Regional- <strong>und</strong> Landesplanung ORL ETH,<br />
Zürich<br />
Ziegler Mark<br />
Industriebauten-Engineering AG, Zürich<br />
Zumbrunnen Alexander<br />
Architektur ETH, Küsnacht<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
13
Inhalt<br />
1. Ein ((reales, komplexes, gesellschaftlich<br />
relevantes Problem» 17<br />
2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal 18<br />
3. Nachhaltigkeit 19<br />
4. Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Realisation<br />
Ökologischen <strong>Bauen</strong>s 20<br />
5. Architektonische Planungsstudien 20<br />
6. Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit 21<br />
7. Für wen sind die Ergebnisse der<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> von Interesse? 22<br />
8. Was sind wesentlichen Ergebnisse<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>? 23<br />
9. Perspektiven 28<br />
Amor<br />
Roland W. Scholz
Einleitung<br />
_<br />
16 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------------ Einleitung<br />
1. Ein «retlles. 1(()fn,,'eX~!S,<br />
gesellschaftlich<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> des Studienganges <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
beschäftigt sich mit einem «realen,<br />
komplexen, gesellschaftlich relevanten Problem"<br />
(Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong> Schmiedlin, 1995), bei<br />
dem <strong>Umwelt</strong>aspekte im Zentrum stehen. Die Suche<br />
nach dem Fall erfolgte in diesem Jahr über einen<br />
Themen-Wettbewerb (siehe Kapitel ORGANISATION,<br />
Abschnitt 2). An diesem beteiligten sich Studenten<br />
<strong>und</strong> Dozenten verschiedener Hochschulen, Firmen,<br />
Gemeinden <strong>und</strong> Behörden. In die engere Prüfung<br />
<strong>und</strong> zur Abstimmung kamen schliesslich zwei<br />
Themen:<br />
Einleitung<br />
_<br />
2. Das Sulzer-Escher Wyss-Areal<br />
Im Raum Zürich gibt es eine grössere Anzahl von<br />
Industriearealen, die bereits frei geworden sind oder<br />
für die eine <strong>Umnutzung</strong> geplant oder zu erwarten ist.<br />
Das Sulzer-Escher Wyss-Areal befindet sich mitten in<br />
Zürich im Kreis 5 (Abb. 2). Als ehemaliger Hinterhof<br />
des Hauptbahnhofs geriet der Kreis 5 in den letzten<br />
zehn Jahren in den Fokus verschiedener Interessengruppen.<br />
Der Letten, der sich in unmittelbarer Nähe<br />
des SEW-Areals befindet, gelangte (vor dessen Räumung)<br />
<strong>durch</strong> das Drogenproblem zu unerwünschtem<br />
Ruhm.<br />
Im nordwestlichen Teil des 16.45 ha grossen SEW<br />
Areals befindet sich der im Jahre 1990 fertiggestellte<br />
Technopark. In dem zu Anfang der achtziger Jahre<br />
konzipierten über 60'000 Quadratmeter (BGF, inkl.<br />
Dachfläche) grossen Gebäudekomplex sollten privatwirtschaftliche<br />
«high-tech orientierte» Forschung,<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Produktion ihren Platz<br />
finden.<br />
Die Idee des Technoparks bestimmte auch die<br />
Konzeption des Privaten Gestaltungsplans Sulzer<br />
Escher Wyss. Nach mehrjährigen, harten <strong>und</strong> wiederholt<br />
unterbrochenen Verhandlungen zwischen den<br />
Gr<strong>und</strong>eigentümern <strong>und</strong> der städtischen Baubehörde,<br />
über arealbezogenen Sonderbauvorschriften wurde<br />
schliesslich in Form eines privaten Gestaltungsplan<br />
eine tragfähige Einigung erzielt. Der Gestaltungsplan<br />
hat seither die politischen <strong>und</strong> rechtlichen Hürden<br />
überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wurde am 11. November 1995<br />
rechtskräftig. Der Gestaltungsplan gewährt, bei<br />
gr<strong>und</strong>sätzlicher Beibehaltung der Zonenordnung für<br />
das Sulzer-Escher Wyss-Areal grössere planerische<br />
Freiheiten <strong>und</strong> ermöglichte den verhandelnden Parteien<br />
Stadt Zürich <strong>und</strong> Arealeigner einen Kompromiss<br />
Abb. 2 Das Sulzer-Escher Wyss-Areal als Eckpfeiler des Industriequartiers zwischen Limmat <strong>und</strong> Eisenbahntrassee, 1600 m nordwestlich des Hauptbahnhofs,<br />
Luftbild: Photoswissair.<br />
'<br />
18 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-------- Einleitung<br />
(vgl. Kapitel ZIELFlNDUNG). Wesentlich an der gef<strong>und</strong>en<br />
Problemlösung ist die Zielsetzung, den Standort<br />
für industrielle <strong>und</strong> industrienaheProduktion zu erhalten,<br />
ihn aber für andere Nutzungsformen, insbesondere<br />
Wohnen, zumindest stückweise zu öffnen.<br />
Insgesamt 8.5 ha stehen gegenwärtig der <strong>Umnutzung</strong><br />
zur Verfügung.<br />
Der Immobilienmarkt, der sich an einer Vorstellung<br />
von einem stetigen, unbegrenzten <strong>und</strong> ständig<br />
akzelerierenden Wachstum orientierte, gerät aber<br />
seiteiniger Zeit unter (schweren) Druck. Ursache ist<br />
die gegenwärtige Wirtschaftskrise. Diese ist nicht<br />
von einer lokalen oder kurzfristigen Depression<br />
gezeichnet, sondern kann als strukturelle Krise bezeichnet<br />
werden. Begleitet wird sie von Produktionsverlagerungen,<br />
qualitativem technologischen Wandel,<br />
Verkleinerung des Arbeitsmarktes, Anzeichen<br />
sozialer Polarisierung usw. Dies trifft, wenn auch<br />
jeitverzögert <strong>und</strong> bislang weniger hart als andere<br />
Wirtschaftszentren, auch den Standort Zürich. Sichtbares<br />
Zeichen sind Leerstände von Dienstleistungs<strong>und</strong><br />
Industriegebäuden, auch im Kreis 5 <strong>und</strong> auf dem<br />
SEW-Areal.<br />
Unter besonderem Druck steht in dieser Situation<br />
die schweizerische Bauindustrie. Um Bauten überhaupt<br />
zu realisieren, müssen erhebliche Preisabschläge<br />
gemacht werden. «Im Durchschnitt sanken<br />
die Baukosten seit Ausbruch der Krise 1990/91 um<br />
20%, in einzelnen Bereichen zu 35%" (SBV).<br />
Ein Preisverfall <strong>durch</strong> Überangebot bestimmt aber<br />
auch die Gr<strong>und</strong>stückspreise. Dies betrifft insbesondere<br />
die ehemaligen Industrieareale. Hinzu kommen<br />
die Kosten für die Beseitigung der Gebrauchsspuren<br />
<strong>und</strong> der ökologische Narben der Vergangenheit. Am<br />
schwersten wiegen die Altlasten, die als erheblicher<br />
Kosrenfaktor zu kalkulieren sind.<br />
Man darf es somit wohl mit einigem Recht als<br />
mtizyklisches Verhalten bezeichnen, wenn sich<br />
die umweltnaturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> mit<br />
der ökologische Wertschöpfung bei der <strong>Umnutzung</strong><br />
von Industriearealen beschäftigt. Die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
möchte einen Beitrag zur Findung überzeugender<br />
Wege der <strong>Umnutzung</strong> von Industriearealen liefern,<br />
<strong>und</strong> dazu beitragen, dass der Preisverfall im <strong>Bauen</strong><br />
nicht von einem Verfall der <strong>Umwelt</strong>qualität begleitet<br />
wird.<br />
3. Nachhaltigkeit<br />
Erfreulicherweise hat sich in der Schweizerischen<br />
Grossindustrie das Konzept «Nachhaltigkeit als Prinzip<br />
unternehmerischen HandeIns» (Krauer, 1994, S.45)<br />
<strong>durch</strong>gesetzt. Qualität ist in diesem Rahmen neu<br />
zu definieren. «Umfassende Qualität bedeutet, K<strong>und</strong>enbedürfnisse<br />
wirtschaftlich optimal zu erfüllen,<br />
das heisst unter geringstmöglichem (Hervorhebung<br />
<strong>durch</strong> den Autor) Einsatz von Ressourcen aller Art"<br />
(Fahrni, 1993). Die Geschäftsleitung der SULZER<br />
AG hai sich in dieser Hinsicht hohe Ziele gesetzt:<br />
«Sulzer will bei der Unterstützung einer nachhaltigen<br />
Entwicklung der Gesellschaft führend sein <strong>und</strong><br />
zu den <strong>Umwelt</strong>schutzbemühungen von nationalen<br />
<strong>und</strong> lokalen Behörden beitragen." (Sulzer, 1993, S. 5)<br />
Auch wenn das Nachhaltigkeitsprinzip im schweizerischen<br />
Recht (noch) nicht beim Namen genannt<br />
wird, sind etwa das im <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz geforderte<br />
Vorsorgeprinzip (USG Art. 1 Abs. 2) <strong>und</strong> die<br />
im Raumplanungsgesetz enthaltene haushälterische<br />
Bodennutzung Bestimmungsgrössen der Nachhaltigkeit.<br />
«Damit Massnahmen <strong>und</strong> Produkte auch für die<br />
Nachwelt verträglich sind, müssen diese die ökologische,<br />
wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Dimension<br />
berücksichtigen" (Interdepartementaler Ausschuss<br />
Rio, 1995, S. 22). Grosse potentielle Bauvorhaben,<br />
wie städtebauliche Reintegration <strong>und</strong> Transformation<br />
von Industriearealen stehen in der Prioritätenliste<br />
zu einer Nachhaltigen Siedlungsentwicklung (Stadt<br />
Zürich, 1995) an oberer Stelle. Sie sind zumindest<br />
potentiell Hauptschlagadern von baubezogenen<br />
Stoff- <strong>und</strong> Materialkreisläufen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
19
Einleitung--'----<br />
_<br />
4. Bewertungg Steuerung <strong>und</strong><br />
Realisation Ökologischen Haurens<br />
Dem stark verbreiteten Wunsch nach Nachhaltigkeit<br />
im Allgemeinen steht noch e\n vergleichsweise schwaches<br />
Wissen darüber zur Verfügung, was Nachhaltigkeit<br />
im Konkreten bedeutet. Unklarheit besteht im<br />
Besonderen darüber wie mit dem Verhaltenspostulat<br />
«Think globally, act locally» im Einzelnen umzugehen<br />
ist, etwa wie eine lokale bauliche Tätigkeit zu bewerten<br />
ist.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> widmet sich Fragen der Bewertung,<br />
Steuerung <strong>und</strong> Realisation ökologischen<br />
<strong>Bauen</strong>s am Beispiel der (Um-)Nutzung von freiwerdenden<br />
Industrieflächen. Folgende Fragen werden<br />
bearbeitet:<br />
• Was heisst ökologisch bauen? Wie lässt sich <strong>Bauen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Umnutzung</strong> aus ökologischer Sicht bewerten?<br />
Wie können Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung in ein Bewertungsmodell<br />
integriert werden? Diese Fragen<br />
definieren das Bewertungsproblem.<br />
• Lassen sich in einer frühen Phase einer Planung<br />
Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung so bestimmen, dass<br />
eine Steuerung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen möglich<br />
wird? (Problembereich Steuerung).<br />
• Welche Anforderungen ergeben sich aus der Sicht<br />
einer <strong>Umwelt</strong> von morgen an das <strong>Bauen</strong> von heute?<br />
Wie können umweltbezogene Zielsetzungen bei<br />
einem Bauvorhaben erreicht werden? (Diese Fragen<br />
umreissen das Handlungsproblem).<br />
5. Architektonische<br />
Planungsstudien<br />
Die Bedeutung ökologischer Aspekte für Architektur,<br />
Planung <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, sowie die Chance, die<br />
das Sulzer-Escher Wyss Quartier für eine «nachhaltige<br />
Stadtentwicklung» bietet, wurde auch von Alexander<br />
Henz, Professor für Architektur <strong>und</strong> Planung, ETH<br />
Zürich, gesehen. Im Rahmen von Entwurfsarbeiten<br />
mit Studierenden im Hauptstudium entstanden in<br />
seiner Klasse 16 Entwürfe zu dem o.g. privaten Gestaltungsplan,<br />
in der Ökologie <strong>und</strong> Nachhaltigkeit<br />
berücksichtigt wurden (vgl. Henz, 1995).<br />
Eine Auswahl von drei Planungsvarianten aus<br />
den Studien der Architekturstudenten sowie eine<br />
von der Sulzer-Escher Wyss AG beauftragte Vorstudie<br />
(Fischer Architekten AG/I+B Itten + Brechbühl AG)<br />
dienten als Arbeitsgr<strong>und</strong>lage für Bewertungsfragen!<br />
Die Auswahl des Areals als zu untersuchenden Fall<br />
wurde im wesentlichen <strong>durch</strong> diese Vorarbeiten <strong>und</strong><br />
die grosse Kooperationsbereitschaft von Prof. Henz<br />
motiviert.<br />
20<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Einleitung<br />
6. Prinzipien der ftlllSnltW~nar"E~1t<br />
Die <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n sollen<br />
Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung im Bereich<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftenvereinen. Das Vorgehen<br />
der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> baut auf der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive<br />
Grosses Moos auf.<br />
Ein wesentliches Element ist die Integration von<br />
Wissen (Scholz, 1995). Die Erkenntnisgewinnung<br />
<strong>durch</strong> Synthese ist das eigentliche Forschungsziel. Dabei<br />
zielt die Synthesearbeit nicht nur auf die Integration<br />
von Wissen aus verschiedenen Disziplinen oder<br />
<strong>Umwelt</strong>systemen: wesentlich für eine umfassende<br />
<strong>und</strong> praxisgerechte wissenschaftliche Synthesearbeit<br />
ist die Integration verschiedener Wissenshorizonte.<br />
Diese sind bei Arealeignern, Fachleuten aus dem<br />
Baugewerbe, Wirtschaftsexperten, Studierenden,<br />
Anwohnern <strong>und</strong> anderen Personen vorhanden, die<br />
,it dem Fall <strong>und</strong> fallspezifischen <strong>Umnutzung</strong>sfragen<br />
Erfahrung besitzen. Eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
für diese Wissensintegration war die Bereitschaft<br />
des Schweizerischen Baumeisterverbandes<br />
(SBV) <strong>und</strong> des Schweizerischen Ingenieur- <strong>und</strong><br />
Architektenvereines (SIA), der Stadt <strong>und</strong> des Kantons<br />
Zürich sowie anderer Institutionen, die <strong>Fallstudie</strong><br />
zu unterstützen, indem Türen <strong>und</strong> Schubladen<br />
geöffnet wurden.<br />
Die Arbeit der <strong>Fallstudie</strong> <strong>und</strong> der gewonnene<br />
Erkenntnisgrad in den Aussagen der Synthesegruppen<br />
ist jedoch nicht verständlich, ohne die Ebenen<br />
der Fal/studienarbeit zu betrachten.<br />
Zuoberst steht der Fall in seiner Gesamthaftigkeit,<br />
mit seiner Geschichte, Dynamik<br />
<strong>und</strong> Einzigartigkeit. Der Fall dient<br />
zur Reduktion der Universalität, die<br />
mit dem Thema Industrieareal <br />
<strong>Umnutzung</strong> - <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong><br />
:rknüpft ist. Wissen aus den Bereichen<br />
<strong>Bauen</strong> oder Altlasten werden zusätzlich<br />
einbezogen.<br />
Auf der mittleren Ebene finden<br />
sich die Synthesen. Die fünf Synthesegruppen<br />
der <strong>Fallstudie</strong> widmeten<br />
sich <strong>durch</strong> Wissensintegration den<br />
Fragen zur Bewertung, Steuerung<br />
<strong>und</strong> Handlung im Bereich <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>.<br />
Schliesslich gibt es die Ebene derjal/bezogenen <strong>und</strong><br />
der themenbezogenen (d.h. disziplinären wissenschaftlichen)<br />
Daten.<br />
In den Synthesegruppen arbeiteten 20 Studierende<br />
<strong>und</strong> jeweils vier bis fünf Tutorinnen <strong>und</strong> Tutoren.<br />
Die Teilprojektsgruppen bildeten sich aus Studierenden<br />
der verschiedenen Synthesegruppen, betreut<br />
von einer Fachperson aus Wissenschaft oder Praxis.<br />
Insgesamt waren an der <strong>Fallstudie</strong> neben den 92<br />
Studierenden der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften <strong>und</strong><br />
vier Architekturstudenten über 50 Wissenschafter<br />
<strong>und</strong> 100 Personen aus der Praxis beteiligt, von denen<br />
einige in dem Sinne zu Trägern der <strong>Fallstudie</strong> geworden<br />
sind, dass sie nicht nur zum Ergebnis beigetragen<br />
haben, sondern sich auch mit den Inhalten<br />
<strong>und</strong> Zielen der <strong>Fallstudie</strong> identifizieren. Zu diesen<br />
Trägern gehörte das Kuratorium der <strong>Fallstudie</strong>, denen<br />
Vertreter der Bauverbände <strong>und</strong> der Arealeigner<br />
angehörten (siehe Kapitel ORGANISATION).<br />
UNHallstudie <strong>'95</strong><br />
21
Einleitung<br />
7. Für sind die Ergebnisse<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
Ein Grossprojekt zu einer komplexen umweltnaturwissenschaftlichen<br />
Fragestellung wie die <strong>Fallstudie</strong><br />
<strong>'95</strong> liefert eine Vielzahl von Ergebnissen <strong>und</strong><br />
Typen von Produkten, die für verschiedene Personengruppen<br />
von besonderem Interesse sind.<br />
Aus der Sicht der <strong>Fallstudie</strong> unterscheiden wir drei<br />
verschiedene Produkte. Dies sind:<br />
• das vorliegende Buch,<br />
• die Ergebnisse des Prozesses der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
<strong>und</strong><br />
• Diplomarbeiten <strong>und</strong> Projekte, die in der Folge der<br />
<strong>Fallstudie</strong> entstehen.<br />
Durch die Produkte sollen verschiedene Personengruppen<br />
angesprochen werden:<br />
• Akteure des Falls: Unter den Akteuren <strong>und</strong> Interessenten<br />
des Falls fassen wir alle Personen - auch<br />
alle rechtlichen Personen -, die sich aus professionellem<br />
Interesse oder aus persönlicher Betroffenheit<br />
mit der Arealentwicklung beschäftigen. Zu<br />
dieser Gruppe gehören Eigner, Planer, Behördenvertreter,<br />
Politiker, Nachbarn, Anwohner aus dem<br />
Kreis 5 <strong>und</strong> an der Stadtentwicklung in Zürich<br />
interessierte <strong>und</strong> beteiligte Gruppen <strong>und</strong> Institutionen.<br />
• Bauleute <strong>und</strong> Planer: Dazu rechnen wir Ingenieure<br />
<strong>und</strong> Architekten, Personen aus dem Bauhauptgewerbe,<br />
die Immobilienbranche sowie alle Gruppen<br />
die mit der <strong>Umnutzung</strong> von Industrieflächen (z.B.<br />
Altlastengutachter) zu tun haben. Ein besonderes<br />
Augenmerk richten einige Kapitel des Buches auf<br />
die Ausbildung, insbesondere von Architekten <strong>und</strong><br />
Immobilienhändlern.<br />
• Wissenschafter <strong>und</strong>Didaktiker: Die Kapitel des Buchs<br />
sprechen viele Disziplinen an. Spezialisierte disziplinäre<br />
«Höchstleistungen» stehen jedoch nicht<br />
im Vordergr<strong>und</strong>. Das aus wissenschaftlicher Sicht<br />
Neue <strong>und</strong> Interessante findet sich in den Synthesen<br />
sowie in den Methoden., Die Herausforderung<br />
der Synthesearbeit besteht darin, Methoden <strong>und</strong><br />
Strategien anzuwenden, welche sowohl eine wissenschaftliche<br />
Tiefe gewährleisten als auch den<br />
ganzheitlichen Wesensmerkmalen des Falls oder<br />
Problems gerecht werden.<br />
• Studierende: Die umweltnaturwissenschaftliche<br />
<strong>Fallstudie</strong> zielt auf die Vermittlung der Ökologischen<br />
Problemlösefähigkeit. Die Studierenden sollen<br />
lernen, ausgehend von einer umweltnaturwissenschaftlichen<br />
Analyse der Systeme Wasser, Boden<br />
<strong>und</strong> Luft deren Wechselwirkungen mit der Biosphäre,<br />
Soziosphäre <strong>und</strong> Anthroposphäre verstehen<br />
<strong>und</strong> steuern zu können (vgl. Frischknecht,<br />
1995, S. 7). Nach Votum der Studierenden ist die<br />
<strong>Fallstudie</strong> der Ort, an dem diese Fähigkeit <strong>und</strong><br />
die «eigentliche umweltnaturwissenschaftliche Arbeitsweise»<br />
entwickelt werden soll.<br />
Für alle Leser sei an dieser Stelle eine Warnung<br />
angefügt (vgl. Scholz, 1995):<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> ist ein Lehrstück <strong>und</strong> kein Gesellenstück<br />
oder gar Meisterwerk. Die Inhalte des vorliegenden<br />
Buchs sind von Studierenden im Rahmen<br />
einer Lehrveranstaltung erarbeitet worden, in der<br />
eine besondere Art umweltnaturwissenschaftlicher<br />
Forschung <strong>und</strong> Anwendung erlernt werden sollte.<br />
Der überwiegende Teil des Textes wurde von den<br />
Studierenden geschrieben. Die Leser <strong>und</strong> Leserinnen<br />
sollten dies bei der Lektüre im Kopf behalten<br />
<strong>und</strong> gegebenfalls Nachsicht walten lassen.<br />
_<br />
22<br />
UNs-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
----------------:---------------- Einleitung<br />
8. wesentlichen<br />
<strong>'95</strong>7<br />
Die Einführung in die Ergebnisse folgt nicht der<br />
Kapitelfolge, sondern der vorstehenden Ordnung der<br />
Zielgruppen dieses Bandes.<br />
Akteurbezogene Resultate<br />
. Die Hauptakteure haben mit einer zehnjährigen Planung<br />
einen lang erscheinenden Prozess hinter sich.<br />
Die Geschichte des Areals ist ihnen bestens bekannt.<br />
Sie haben wesentliche Schritte des bisweilen dornenreichen<br />
Wegs bis zum Abschluss des privaten<br />
Gestaltungsplans unmittelbar erlebt.<br />
Weniger bekannt dürften jedoch die Gr<strong>und</strong>lagen·<br />
<strong>und</strong> die Natur der Konflikte <strong>und</strong> Interessenwider<br />
,prüche sein. Das Kapitel ZIELBILDUNG untersucht,<br />
wie sich aus gegebenen <strong>und</strong> wahrgenommenen<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> der Zielbildung der Akteure<br />
die Projektanforderungen ergeben. In diesem Kapitel<br />
wird über Ergebnisse einer Dokumentenanalyse <strong>und</strong><br />
von Leitfadeninterviews berichtet.<br />
Die Analysen zeigen, dass die Sulzer-Escher Wyss AG<br />
<strong>und</strong> die Stadt Zürich ihre Ziele weitgehend in den<br />
Gestaltungsplan einbringen konnten. Sie offenbaren<br />
aber auch einige Gefahrenpunkte <strong>und</strong> Schwachstellen.<br />
So blieb der Planungsprozess lange Zeit<br />
weitgehend in den Händen weniger Personen, obwohl<br />
mit klaren arealbezogenen Zielen eine gute<br />
Ausgangslage für kooperative Planung gegeben wäre.<br />
Verhandlungenerfolgten lediglich bilateral zwischen<br />
den Arealeignern <strong>und</strong> der Stadt.<br />
Das Kapitel ZIELBILDUNG erarbeitet Thesen zur<br />
Optimierung der Projektanforderungen. Es wird<br />
nachdrücklich empfohlen, der Erkenntnis stärker<br />
Rechnung zu tragen, dass die Gr<strong>und</strong>lagen für Stoff<strong>und</strong><br />
Energieflüsse <strong>und</strong> die Qualität eines Gebäudes<br />
in den frühen Phasen der Planung gelegt werden.<br />
Es wird argumentiert, dass erhöhte Aufwendungen<br />
in der frühen Projektphase zu einer Optimierung<br />
führen, die zu späteren Zeitpunkt zurückgezahlt<br />
wird.<br />
Kritisch wird die geringe Kooperationsneigung von<br />
seiten der Arealeigner beurteilt. Die Reserviertheit<br />
resultiert offenbar aus einem befürchteten Kontrollverlust,<br />
dessen Ursache in einer Verwechslung von<br />
(unfreiwilliger <strong>und</strong> als Einschränkung empf<strong>und</strong>ener)<br />
Partizipation von Interessengruppen mit (freiwilliger<br />
<strong>und</strong> den Prozess bereichernder) Kooperation liegt.<br />
Schliesslich wird festgestellt, dass «auf der Ebene<br />
übergeordneter Ziele ein weitgehender Konsens<br />
zwischen den Interessengruppen herrscht» (z.B.<br />
bezogen auf das Ziel Nachhaltigkeit). Beklagt wird<br />
die «Diskrepanz zwischen öffentlichen Äusserungen<br />
<strong>und</strong> Firmenleitbildern», wobei insbesondere der<br />
Ökologie. «in mündlichen Aussagen meist mehr<br />
Gewicht beigemessen wird», als es dann in den<br />
Handlungen der Fall ist.<br />
Neue Ziele <strong>und</strong> neue Produkte wie Nachhaltigkeit<br />
benötigen in der Gesellschaft neue Formen von<br />
(Planungs-)Prozessen.<br />
An der letzten Aussage setzt das Kapitel RAUM<br />
NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN an. Dabei wird der Begriff<br />
Raumnutzungsverhandlungen in zwei zu unterscheidenden<br />
Bedeutungen in der <strong>Fallstudie</strong> verwendet.<br />
• Raumnutzungsverhandlungen werden einerseits<br />
als ein qualifizierter Mediationsprozess begriffen,<br />
in dem Vertreter aller relevanten Interessengruppen<br />
zu einem gemeinsam getragenen Lösungsvorschlag<br />
kommen.<br />
• Andererseits sind Raumnutzungsverhandlungen<br />
ein relevanter (umwelt-)sozialwissenschaftlicher<br />
Untersuchungsgegenstand. Analysiert werden<br />
etwa die Wahrnehmung <strong>und</strong> die Bewertung des<br />
Verhandlungsgegenstandes oder Probleme <strong>und</strong><br />
Barrieren, die sich aus verschiedenen Interessenkonstellationen<br />
ergeben.<br />
Das Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNG widmete<br />
sich vornehmlich dem sozialwissenschaftlichen<br />
Aspekt. Identifiziert wurden vier Interessengruppen,<br />
die in eine Arealpromotion einzubeziehen wären.<br />
Neben der Gruppe Wirtschaft (unterteilt in Eigner<br />
<strong>und</strong> Investoren) <strong>und</strong> der öffentlichen Hand (Stadt<br />
Zürich) wurden die Gruppen der Ökologen <strong>und</strong> die<br />
Bevölkerung analysiert.<br />
In einer empirischen, quasiexperimentellen Untersuchung<br />
wurden 18 Vertreter aus diesen Gruppen<br />
mit einer Reihe von Interviews, Computererhebungen<br />
<strong>und</strong> Objekten konfrontiert. Auf diese Art wurden<br />
die Bewertungen der Planungsvarianten, sowie<br />
die Kriterien <strong>und</strong> die Gewichtungen erfasst, die zu<br />
einer Bewertung geführt haben.<br />
Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild, welches<br />
die Interessenswidersprüche zwischen den Akteursgruppen<br />
transparent macht.<br />
Die Vertreter der Wirtschaft schauen primär auf die<br />
Rentabilität, die <strong>durch</strong> die Rendite bestimmt wird.<br />
Sie sind aber offenbar bereit <strong>und</strong> in der Lage, die<br />
globalen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen, gemessen über eine<br />
Ökobilanz, mitzubetrachten. Ihnen gelingt ein Umdenken<br />
von Dollar auf die gleichermassen abstrakte<br />
Einheit «Ökodollar». Etwas schwieriger zugänglich<br />
<strong>und</strong> von geringerer Bedeutung ist für sie jedoch die<br />
bioökologische Qualität.<br />
Die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen über Stoffflüsse (te. die<br />
Ökobilanzdaten) sind selbstverständlich auch für die<br />
Vertreter der Ökologie von Bedeutung. Ökologen sind<br />
aber traditionell dem «Grün» zugeneigt. Deshalb gewichten<br />
Vertreter dieser Gruppe (im Gegensatz zu<br />
den Vertretern der Wirtschaft) die bioökologische<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 23
Einleitung<br />
_<br />
Qualität sehr hoch. Dabei wird die bioökologische<br />
Qualität über den in der FS <strong>'95</strong> konkretisierten<br />
Biotopflächenindex gemessen (vgl. ÖKOSYSTEM AREAL<br />
im Kapitel KURZBERICHTE).<br />
Die Vertreter der Bevölkerung haben dieses Kriterium<br />
stärker im Blick, da <strong>durch</strong> Grünflächen ein<br />
Stück Lebensqualität geschaffen wird. Für sie ist<br />
jedoch bei der Beurteilung des SEW-Areals der Einbezug<br />
in vorhandene soziale Strukturen am wichtigsten.<br />
Der grösste Unterschied unter den Akteursgruppen<br />
lag in der Bewertung des Einbezugs in die<br />
vorhandenen soziah:!n Strukturen des Kreises 5. Diese<br />
wurde von den Vertretern der Bevölkerung<br />
am stärksten gewünscht, während die Wirtschaftvertreter<br />
sie n.egativ oder überhaupt nicht bewerteten.<br />
Die Bewertung der verschiedenen Varianten offenbart,<br />
dass die als «industrienahe Nutzung» bezeichnete<br />
Variante im Mittel am wenigsten bevorzugt<br />
wurde.<br />
Aber welche Realisierungschancen besitzen die<br />
verschiedenen Varianten? Im Kapitel SZENARIO<br />
ANALYSE wird eine Abschätzung der Realisierungschancen<br />
präsentiert, die Mithilfe einer sogenannten<br />
Konsistenzanalyse im Rahmen einer formativen<br />
Szenarioanalyse <strong>durch</strong>geführt wurde. Auch wenn das<br />
Ergebnis auf vergleichsweise weichen (subjektiven)<br />
Daten aufbaut, so ist das Ergebnis doch recht provozierend.<br />
Die von den Akteuren am wenigsten<br />
gewünschte Alternative besitzt die grösste (logische)<br />
Realisierungswahrscheinlichkeit. Die am meisten<br />
gewünschte Variante be"§itzt die geringsten Realisierungschancen.<br />
Die Ergebnisse wurden in einem Workshop<br />
«Raumnutzungsverhandlungen» mit den Akteuren<br />
am 20. November 1995 diskutiert. Die sozialwissenschaftlichen<br />
Ergebnisse der Raumnutzungsverhandlungen<br />
erschienen den Beteiligten <strong>durch</strong>weg valide.<br />
Auch wurde von Vertretern der Wirtschaft bestätigt,<br />
dass sie <strong>Umwelt</strong>aspekte nachgeordnet <strong>und</strong> vor allem<br />
nach Marktgesichtspunkten einbeziehen.<br />
Aus der Sicht der <strong>Fallstudie</strong> unbefriedigend <strong>und</strong><br />
auch in gewissem Widerspruch zu schriftlich formulierten<br />
Absichtserklärungen erscheint die unübersehbare<br />
Reserviertheit einiger Akteure zu einem<br />
«offenen Dialog über <strong>Umwelt</strong>fragen '" mit der<br />
Öffentlichkeit, insbesondere an den Standorten der<br />
Sulzer» (Fahrni, 1993, S. 5). Ziele einer umfassenden<br />
<strong>und</strong> auch «pareto-optimalen» Wertschöpfung in der<br />
Zukunft sollten sich stärker einer zeitgemässen <strong>und</strong><br />
gerade bei schwierigen Entwicklungsfragen bewährten,<br />
organisierten <strong>und</strong> mediierten Abstimmung <strong>und</strong><br />
Kooperation <strong>und</strong> dem verstärkten Einbezug von<br />
<strong>Umwelt</strong>aspekten bedienen.<br />
Für eine erfolgreiche Promotion sind Visionen <strong>und</strong><br />
neue Ideen notwendig. Ein Element der <strong>Fallstudie</strong>n<br />
ist die Ideenwerkstatt, deren Ziel es ist «etwas anderes<br />
zu machen». Vorgestellt wird ein Nachhaltigkeitszoo,<br />
eine Zukunftsvision in der Kultur <strong>und</strong> Leben auf<br />
dem Sulzer-Escher Wyss-Areal auf das Konzept Nachhaltigkeit<br />
ausgerichtet werden. Der Nachhaltigkeitszoo<br />
weckt Aufmerksamkeit. Dies wurde auf der<br />
Europäischen Messe für <strong>Umwelt</strong>technik (mut) vom<br />
24.-17.10.95 in Basel deutlich, auf der der «Zooführer»<br />
vorgestellt wurde.<br />
Bemerkenswert ist, dass bei der Zukunftsvision<br />
Nachhaltigkeitszoo mitbedacht wird, wie ein solches<br />
Produkt auf dem Markt lanciert werden kann. Dazu<br />
dient die Methode des <strong>Umwelt</strong>marketing, in der<br />
Preis-, Distributions-, Produkte- <strong>und</strong> Kommunikationspolitik<br />
die Schlüssel zum Erfolg darstellen.<br />
Der Reiz von <strong>Umwelt</strong>qualität in umgestalteten<br />
Industriearealen wird an Beispielen demonstriert.<br />
Beeindruckend ist das Bild einer nachhaltigen Symbiose<br />
von Mensch <strong>und</strong> Natur unter Glas (siehe<br />
KapiteIIDEENWERKSTATT), in der deutlich die Einflüsse<br />
des Projekts KraftWerk 1 (Blum et al., 1993)<br />
sichtbar werden.<br />
Ergebnisse {iir den Bereich Ball <strong>und</strong> Planung<br />
Die Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen stellt für die Baubranche<br />
eine grosse Herausforderung dar. Bautätigkeit<br />
kann für die <strong>Umwelt</strong> eine Be- oder eine Entlastung<br />
darstellen. Das Kapitel UMSETZUNG ordnet<br />
die grosse Vielzahl von Zielen, Massnahmen <strong>und</strong><br />
Anforderungen, mit denen <strong>Umwelt</strong>aspekte optimiert<br />
werden können.<br />
Als Entscheidungsraster wird ein WERKBLATT<br />
BAUEN & ÖKOLOGIE vorgestellt. Das Werkblatt soll<br />
Bauherren, Architekten <strong>und</strong> Planern helfen, umweltbezogene<br />
Massnahmen über den gesamten Lebenszyklus<br />
eines Bauwerkes besser zu integrieren. Das<br />
Werkblatt umfasst einen Katalog von 82 Massnahmen.<br />
Erste Rückmeldungen erscheinen ermutigend;<br />
dass sich die aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />
Sicht erstellte «Ziel-Kriterien-Anforderung-Massnahme-Taxonomie»<br />
für die Entwicklung konkreter<br />
Checklisten in Verbänden oder grösseren Unternehmen<br />
als Gr<strong>und</strong>lage eignet. Mit einer Anwendung<br />
des Merkblatts auf das Sulzer-Escher HYss-Areal wird<br />
auch die prinzipielle Praxistauglichkeit des Werkblatts<br />
demonstriert.<br />
Kosten <strong>und</strong> Aufwand stellen eine gesellschaftlich<br />
vereinbarte Bewertungsdimension für <strong>Umwelt</strong>handeln<br />
dar. An den Beispielen Altlasten <strong>und</strong> Rückbau<br />
wird gezeigt, wie verschiedene Strategien der Entsorgung<br />
wirtschaftlich bewertet werden. In einer<br />
Kosten-Nutzen-Analyse wird die ökologischen Zielerreichung<br />
(Wirksamkeit) den Kosten gegenübergestellt.<br />
Es wird gezeigt, dass der Markt noch nicht<br />
die richtigen Signale setzt, <strong>und</strong> suboptimales ökologisches<br />
Handeln preislich belohnt wird.<br />
24<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
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Mit Ökobilanz (eng1. Life Cycle Assessment) wird eine<br />
Gruppe von Verfahren zur Analyse <strong>und</strong> Bewertung<br />
von <strong>Umwelt</strong>einflüssen <strong>und</strong> -auswirkungen bezeichnet<br />
(vgl. Hofstetter <strong>und</strong> Braunschweig, 1994). Die<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> hatte sich als Ziel gesetzt, eine Ökobilanz<br />
für das Areal zu erstellen. Gr<strong>und</strong>lage dazu<br />
bilden die Pläne <strong>und</strong> Nutzungsdarstellungen der<br />
Studien der ArchitektursrudentInnen <strong>und</strong> die mit<br />
den Erläuterungen zum Gestaltungsplan (Sulzer<br />
Escher Wyss, 1994) verknüpfte Studie der «Fischer<br />
Architekten AG".<br />
Damit wurde gleich in doppelter Hinsicht Neuland<br />
betreten. Zum einen wurde bislang noch keine Ökobilanz<br />
für ein Areal erstellt. Zum zweiten erschien es<br />
vermessen, auf der Gr<strong>und</strong>lage von nur holzschnittartig<br />
vorliegenden Planungsentwürfen eine ökologische<br />
Bewertung der Material- <strong>und</strong> Energieflüsse für<br />
den gesamten Lebenszyklus eines Areals vorzunehen.<br />
Um es vorwegzunehmen, trotz einer Reihe von<br />
Abstrichen ist die Zielsetzung mehr als befriedigend<br />
erfüllt worden.<br />
Die Bilanzierung basiert auf der Methode der auswirkungsorientierten<br />
Bilanzierung nach Heijungs<br />
et a1. (1992). In einem äusserst aufwendigen Prozess<br />
konnten folgende Erkenntnisse erlangt werden, die<br />
im Kapitel ÖKOBILANZ dokumentiert sind:<br />
3 Die Erstellung einer auswirkungsorientierten Ökobilanz<br />
in einer derart frühen Phase der Planung ist<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich möglich <strong>und</strong> sinnvoll <strong>und</strong> kann als<br />
erfolgversprechende Strategie für eine ökologische<br />
Optimierung von Bau- <strong>und</strong> Planungsvorhaben betrachtet<br />
werden.<br />
3 Das Problem einer integrativen Bewertung der<br />
verschiedenen Auswirkungen bei Ökobilanzen<br />
ist noch nicht befriedigend gelöst. Jedoch lassen<br />
sich offenbar grössere Unterschiede zwischen Planungsvarianten<br />
klar erkennen.<br />
Jie Planungsunterlagen von Architekturentwürfen<br />
sind nicht auf eine ökologische Bewertung vorbereitet.<br />
Um die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen für den<br />
gesamten Lebenszyklus von Gebäuden zu bewerten,<br />
bedarf es erweiterter Daten <strong>und</strong> einer anderen<br />
Datenorganisation. Diese wurden mit Hilfe der<br />
Architekturstudenten M. Fercher, C. von Ah, A.<br />
Wakefield <strong>und</strong> A. Zumbrunnen sowie der Hilfe von<br />
Herr Eyer aus der Firma Fischer Architekten AG<br />
erstellt.<br />
3 Ein gr<strong>und</strong>sätzliches Problem stellt der Referenzrahmen<br />
der Bewertung dar. Es ist zweifelsfrei möglich,<br />
Planungsvarianten mit gleicher Nutzungsstruktur<br />
zu vergleichen. Unterscheiden sich jedoch<br />
zwei Planungsstudien in der Nutzungsform, so<br />
existiert noch kein geeigneter Referenzrahmen,<br />
um die <strong>Umwelt</strong>au~wirkungenzu bestimmen, die<br />
ersatzweise ausserhalb eines Areals erfolgen. Akzeptiert<br />
man, dass eines der zentralen Probleme<br />
auf dem Weg zu einer Realisation einer nachhaltigen<br />
Gesellschaft die Entkoppelung des Bruttosozialprodukts<br />
vom Ressourcenverbrauch <strong>und</strong> den<br />
damit verb<strong>und</strong>enen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen darstellt<br />
(vgl. Nüesch, 1994; von Weizsäcker, '1994;<br />
Schmidt-Bleek, 1993), erscheint der im Kapitel<br />
ÖKOBILANZ unterbreitete Vorschlag, die ökologischen<br />
Indikatoren auf die Nettorendite zu beziehen,<br />
zumindest näherer Betrachtung würdig.<br />
Die Handlungsspielräume für Ökologie im Bereich<br />
<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> werden <strong>durch</strong> Rahmenbedingungen<br />
begrenzt. In einer 34 Experten einschliessenden<br />
Befragung werden die wichtigsten Rahmenbedingungen<br />
<strong>und</strong> ihre gegenseitige Beeinflussung<br />
im Kapitel RAHMENBEDINGUNGEN vorgestellt.<br />
Eine komplexe Systemanalyse kann <strong>durch</strong> formale<br />
Modellierung transparent werden <strong>und</strong> gewinnen.<br />
Systemverständnis <strong>und</strong> Intuition werden <strong>durch</strong> formale<br />
Analysen gestützt (Scholz, 1994). Das Kapitel<br />
RAHMENBEDINGUNGEN analysiert verschiedene Szenarien<br />
im Rahmen eines System Dynamics Soft Modelling.<br />
Mithilfe von Sensitivitätsanalysen werden die<br />
Einflüsse von Rahmenbedingungen auf <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Bauen</strong> exploriert. Auch wenn der ModelIierung wie<br />
im Kapitel SZENARlOANALYSE vergleichsweise «weiche<br />
Daten" zugr<strong>und</strong>e liegen, so lassen sich verschiedene<br />
bemerkenswerter Thesen ableiten <strong>und</strong> stützen:<br />
3 Eine einzelne Massnahme bewirkt meistens keine<br />
grosse Veränderung im gesamten System. Um den<br />
Bauprozess ökologischer zu gestalten, muss eine<br />
Vielzahl von Massnahmen auf mehreren Ebenen<br />
ins System eingreifen. Diese Aussage deckt sich<br />
qualitativ mit den Ergebnissen der Szenarioanalyse<br />
des BUWAL zum Treibhauseffekt (BUWAL, 1994).<br />
e Das allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein <strong>und</strong> die konjunkturelle<br />
Lage sind die beiden stärksten (<strong>und</strong><br />
nicht als vollkommen unabhängig zu betrachtenden)<br />
Einflussgrössen für das System.<br />
e Lenkungsabgaben auf ökologisch schädliche Produkte<br />
(z.B. fossile Energie) erscheinen innerhalb<br />
des Modells als wirksamste steuerbare Rahmenbedingung.<br />
Das künstlerische Element der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
präsentiert das Nachhaltigkeitsvideo (siehe Kapitel<br />
IDEENWERKSTATT). In bildlich sinnlicher Form werden<br />
Stoffflüsse <strong>und</strong> Energieverbrauch baulicher Tätigkeit<br />
bei der Neugestaltung von Industriearealen vermittelt.<br />
Das Video macht unnachhaltiges Handeln<br />
bewusst. Es macht zugleich betroffen, begeistert,<br />
berührt <strong>und</strong> irritiert. Dies haben verschiedene<br />
Präsentationen gezeigt. Bemerkenswert ist, dass die<br />
Grenze zwischen Begeisterung <strong>und</strong> Zustimmung auf<br />
der einen Seite <strong>und</strong> skeptischer Distanz <strong>und</strong> Ablehnung<br />
auf der anderen in allen Zielgruppen sichtbar<br />
ist. In allen Gruppen, d.h. bei Wissenschaftern,<br />
Angehörigen der Sulzer-Escher Wyss, Studierenden<br />
UNHallstudie <strong>'95</strong><br />
25
Einleitung ~ _<br />
usw. finden sich beide Positionen. Geeignet erscheint<br />
das Video insbesondere für die Architektenausbildung,<br />
indem es einen Zugang zu ökologischen<br />
Gesichtspunkten unterstützen kann.<br />
Hingewiesen sei hier auf das Kapitel KURZBERICHTE,<br />
in welchem eine Auswahl der Teilprojektergebnisse<br />
vorgestellt wird. Das Kapitel BAUCHEMIE präsentiert<br />
eine Kurzeinführung in den Problembereich Innenraumbelastung,<br />
während der Bericht ÖKOSYSTEM<br />
AREAL zeigt, wie schon in der Planungsphase der<br />
Weg von einer Freiflächenziffer zu einer stadtökologischen<br />
Qualität vorzubereiten ist. Last but not<br />
least wird im Kapitel PROMOTION die Gr<strong>und</strong>lagen der<br />
Kosten <strong>und</strong> Ertragsseite vorgestellt, wie sie in professioneller<br />
Weise in die <strong>Fallstudie</strong>narbeit eingegangen<br />
sind. Um Missverständnissen zu begegnen<br />
sei betont, dass diese Aspekte als Basis, jedoch aus<br />
umweltnatur- <strong>und</strong> umweltsozialwissenschaftlicher<br />
Sicht nicht als Ziel einer integralen Bewertung <strong>und</strong><br />
Entwicklung angesehen werden dürfen.<br />
Wissenschaftliche <strong>und</strong> didaktische Resultate<br />
Mit der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> konnten wesentliche Fortschritte<br />
bezüglich einer methodisch, geleiteten, gesamtheitlichen<br />
Problembearbeitung erzielt werden.<br />
Zum Einsatz kam eine Fülle von Methoden, zu<br />
denen Ökobilanzierung, System ·Dynamics Soft<br />
Modelling, EDV-unterstützte Bewertungs- <strong>und</strong> Auswertungstechniken<br />
wie AHP (Analytical Hierarchy<br />
Processing) <strong>und</strong> MAUD (Multiattribute Nutzen Messung),<br />
Raumnutzungsverhandlungen usw. gehören<br />
(vgl. Kapitel METHODEN).<br />
Mithilfe dieser Integrations-Methoden wird der<br />
Übergang von der Ebene der Daten (den Teilprojekten)<br />
zu den im Vordergr<strong>und</strong> stehenden Synthesen<br />
bewerkstelligt. Gr<strong>und</strong>sätzlich bestätigt die <strong>Fallstudie</strong>,<br />
dass eine integrative, genuin interdisziplinäre<br />
Projektarbeit zu komplexen umweltnaturwissenschaftlichen<br />
Fragestellungen möglich <strong>und</strong> fruchtbar<br />
ist. Die Integrations-Methoden unterstützen auch<br />
die interdisziplinäre Kooperation <strong>und</strong> den gegenseitigen<br />
Austausch von Wissen an den beteiligten<br />
Instituten <strong>und</strong> Hochschulen. Dazu gehörten neben<br />
den Instituten des Departements für <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
in der ETH die Departemente Architektur<br />
(Professur Architektur <strong>und</strong> Planung: Henz,<br />
Rock u.a), Maschinenbau, Betrieb <strong>und</strong> Produktion (Institut<br />
für Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsphysiologie: Wanner,<br />
Carlucci u.a.), Bau <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> (Institut für Bauplanung<br />
<strong>und</strong> Baubetrieb: Fechtig, Schalcher, Schregenberger;<br />
Professur für Stoffhaushalt <strong>und</strong> Entsorgungstechnik:<br />
Baccini, Redleu.a.) oder Energie- <strong>und</strong><br />
Verfahrenstechnik (Inst. für Energietechnik: Suter,<br />
Frischknecht, Hofstetter u.a.), von Seiten der Uni<br />
Zürich das Institut für Sozialethik (Ruh, Huppen-<br />
bauer u.a) <strong>und</strong> vom Fachbereich für Architektur<br />
der Universität Karlsruhe, Deutschland (Institut für<br />
Industrielle Bauplanung, Kohler). Gestützt wurde<br />
die Arbeit <strong>durch</strong> die Trägerschaft <strong>und</strong> Mitarbeit von<br />
Verbänden, von denen hier nur der Schweizerische<br />
Baumeisterverband (Pletscher, Erb u.a.), die technische<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle der Schweizerischen<br />
Zementindustrie (TFB: Hunkeler) der<br />
Schweizerische Ingenieur- <strong>und</strong> Architektenverein<br />
(Reinhard, Fischli u.a) benannt seien.<br />
Das Konzept einer Leitung der <strong>Fallstudie</strong> mit<br />
studentischer Mehrheits-Mitbestimmung hat sich<br />
wiederum bewährt. Wie im Jahr 1994 wurde die<br />
FS <strong>'95</strong> von einer Kommission mit etwa zehn studentischen<br />
Mitgliedern <strong>und</strong> fünf Dozenten über ein Jahr<br />
lang vorbereitet <strong>und</strong> während des Sommersemesters<br />
geleitet.<br />
Gleichermassen gelungen ist die Integration<br />
von <strong>Umwelt</strong>sozial- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>naturwissenschafte'<br />
welche die umweltnaturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong><br />
kennzeichnet.<br />
Nicht in allen Bereichen voll befriedigen konnte<br />
hingegen der <strong>Fallstudie</strong>nprozess. Zwar gelang. es,<br />
den Ergebnissen verschiedener Evaluationen zufolge,<br />
während des Semesters nahezu alle beteiligten<br />
Studierende mit hoher Intensität an der <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
zu beteiligen. Trotz wöchentlicher Information<br />
mittels der <strong>Fallstudie</strong>nzeitung «UmBau»<br />
(Abb. 8), intensiver elektronischer Kommunikation<br />
(e-mail, Mosaik), diverser Plenumsveranstaltungen<br />
etc. war es für einen Teil der Studierenden offenbar<br />
schwierig, sich im komplexen Grossprojekt Fall-<br />
Abb. 8 Die <strong>Fallstudie</strong>nzeitung UmBau erschien nahezu wöchentlich. Sie<br />
stellte ein wesentliches Organ zur Information <strong>und</strong> Kommunikation dar<br />
<strong>und</strong> wurde von allen «Trägern» der <strong>Fallstudie</strong> innerhalb <strong>und</strong>ausserhalb<br />
der ETHaufmerksam gelesen, wie aus den vielen Rückmeldungen geschlossen<br />
werden kann.<br />
26<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________Einleitung<br />
studie <strong>'95</strong> einen umfassenden Überblick zu verschaffen.<br />
Zum Teil gerieten Studierende in besondere<br />
Probleme, welche nicht an der Vorbereitungsarbeiten<br />
beteiligt waren oder sich erst bei Beginn der<br />
<strong>Fallstudie</strong> mit der Konzeption <strong>und</strong> den Zielen der<br />
<strong>Fallstudie</strong> beschäftigten.<br />
Man muss davon ausgehen, dass es ohne längere<br />
(äussere <strong>und</strong> innere) Vorbereitung in einem Semester<br />
von 14 Wochen nicht geltngen kann, zu einer<br />
Symbiose von empathischem Systemverständnis,<br />
analytischer Problemdekomposition <strong>und</strong> der Integration<br />
von Erfahrungswissen von Trägern ausserhalb<br />
der Hochschule zu kommen. <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
beinhaltet als Wesenszug das «selbständige Suchen<br />
nach Zielen der Bearbeitung" anstelle des «Lösens<br />
einer wohldefinierten Extremwertaufgabe". Auch<br />
dieses Jahr war das Ziel «Synthese- <strong>und</strong> Integrationsleistung<br />
anstelle von linearer Projektbearbeitung"<br />
jr einen Teil der Studierenden eine Barriere, die<br />
zu hoch war <strong>und</strong> zu Frustration führte. Hier gilt es in<br />
Zukunft geeignete Massnahmen zu ergreifen, die es<br />
den Studierenden ermöglichen <strong>und</strong> die sicherstellen,<br />
vor Beginn der <strong>Fallstudie</strong> geeignete Orientierungen,<br />
Erwartungen, Bereitschaften <strong>und</strong> das nötige Rüstzeug<br />
zu erwerben, die für eine erfolgreiche Arbeit<br />
notwendig sind.<br />
Angeführt werden sollten an dieser Stelle auch<br />
zwei entscheidende Fehler der Projektorganisation.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong>narbeit wurde entlang von fünf<br />
Synthesegruppen organisiert. Jede Synthesegruppe<br />
umfasste knapp 20 Studierende <strong>und</strong> bearbeitete<br />
einen Teilaspekt des Falls, unter ganzheitlichen·<br />
Gesichtspunkten. In der Phase der disziplinär <strong>und</strong><br />
datenorientierten Teilprojektorganisation wurden in<br />
mechanischer Weise (nahezu) jedem Teilprojekt genau<br />
ein(e) Studierende(r) aus einer Synthesegruppe<br />
?;ugeordnet. Diese Massnahme <strong>und</strong> die Grösse der<br />
Jynthesegruppen bedeutete offenbar einen Heimatverlust.<br />
Der Prozess der <strong>Fallstudie</strong>narbeit zeigte,<br />
dass der schon von Miller (1956) in seinem bahnbrechenden<br />
Artikel «The Magical Number Seven, Plus<br />
or Minus Two: Some limits on our Capacity for Processing<br />
Information» formulierte Gr<strong>und</strong>satz, offenbar<br />
auch für die <strong>Fallstudie</strong>narbeit Gültigkeit besitzt.<br />
Gruppen mit zehn oder mehr Personen sind nicht<br />
dauerhaft arbeitsfähig. Sie waren einem fortlaufenden<br />
Teilungs- <strong>und</strong> Neugruppierungsprozess unterworfen.<br />
Dies hat erfreulicherweise dazu geführt, dass<br />
der vorliegende Band, entgegen der Planung, mehr<br />
als fünf Synthesekapitel besitzt. Die unpassenden<br />
Gruppengrössen haben dazu geführt, dass einige<br />
Studierende ins «Offside» gesetzt wurden. Hier gilt<br />
es in Zukunft, eine Organisationsstruktur zu schaffen,<br />
die den offensichtlichen Grenzen menschlicher<br />
Informationsverarbeitung in kooperativen Prozessen<br />
gerecht wird.<br />
Unterschiedlich beurteilt werden mag das sensible<br />
politische Spannungsfeld, mit dem die Studierenden<br />
im Verlauf der <strong>Fallstudie</strong> konfrontiert wurden. Nach<br />
fast zehn Jahren kamen während des Sommersemesters<br />
1995 die Verhandlungen zwischen der Stadt <strong>und</strong><br />
den Eignern zu einem Abschluss. Der Gestaltungsplan<br />
wurde zur Halbzeit der <strong>Fallstudie</strong> im Stadtrat<br />
verabschiedet. Wie empfindsam ein sich bewegendes,<br />
reales Umfeld reagieren kann, konnte im Einzelfall<br />
in Erfahrung gebracht werden <strong>und</strong> war für<br />
die beteiligten Studierenden zweifelsfrei äusserst<br />
lehrreich. Aus didaktischer Sicht ist der Umgang mit<br />
Zielkonflikten ein wesentliches LernzieL Von Seiten<br />
der Sulzer-Escher Wyss wurde grosses Vertrauen<br />
<strong>durch</strong> die Bereitstellung vieler Daten gezeigt, das<br />
von den Studierenden <strong>durch</strong> einen sorgfältigen <strong>und</strong><br />
vertrauensvollen Umgang erwidert wurde.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
27
Einleitung ~ _<br />
9. Perspektiven<br />
Die bisherigen fünf <strong>Fallstudie</strong>n des Departements<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften weisen unterschiedliche<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteile auf (siehe Müller-Herold<br />
<strong>und</strong> N euenschwander 1993; Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong><br />
Schmidlin, 1994, Scholz et al. 1995).<br />
Eine besondere Stärke der <strong>Fallstudie</strong> '94 im Grossen<br />
Moos war der kooperative Prozess mit den Bauern,<br />
in denen es gelang «Erfahrungs- <strong>und</strong> Wissenschaftswissen»<br />
zu ergänzen <strong>und</strong> den «Weg der Seeländer<br />
Bauern» (Aebersold, 1995) zu unterstützen. Die<br />
Arbeit fand regional grosse Resonanz, so dass im<br />
Anschluss an die <strong>Fallstudie</strong> verschiedene Diplomarbeiten<br />
<strong>und</strong> Naturierungsprojekte erfolgreich in Angriff<br />
genommen werden konnten. Die <strong>Fallstudie</strong> '94<br />
war ein Vorbild für den Typ von Umsetzung, den die<br />
<strong>Fallstudie</strong>narbeit verfolgt.<br />
Eine besondere Stärke der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> ist die<br />
Anwendung von Methoden zur komplexen umweltnaturwissenschaftliche<br />
Problemlösung in den Bereichen<br />
Bewertung, Steuerung <strong>und</strong> Handlung. Diese<br />
Methoden ermöglichten die analytische Wissensintegration<br />
über natur-, sozial- <strong>und</strong> ingenieurwissenschaftliche<br />
Aspekte, die für eine umweltnaturwissenschaftliche<br />
<strong>Fallstudie</strong> im Spannungsfeld Industrieareale<br />
- <strong>Umwelt</strong> - <strong>Bauen</strong> notwendig sind. Der<br />
vorliegende Band dokumentiert somit insbesondere<br />
Fortschritte auf dem Forschungsaspekt der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
Im didaktischen Bereich wurden bereits in der<br />
<strong>Fallstudie</strong> '94 (vgl. Koller u.a. e1995, S. 21) in einer<br />
Stärken-Schwächen-Analyse einige Herausforderungen<br />
umweltnaturwissenschaftlicher <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
sichtbar. Eine komplexe umweltnaturwissenschaftliehe<br />
<strong>Fallstudie</strong> muss aus der Sicht der<br />
Studierenden in mehrfacher Hinsicht zum gewünschten<br />
«jahrgangsübergreifenden Prozess» führen.<br />
Die Träger der <strong>Fallstudie</strong>, insbesondere die<br />
Studierenden <strong>und</strong> die <strong>Fallstudie</strong>nkommission müssen<br />
aus den vorangegangenen <strong>Fallstudie</strong>n lernen.<br />
Die Studierenden müssen noch deutlicher die veränderten<br />
Anforderungen, welche <strong>Fallstudie</strong>n an si<br />
stellen, erkennen. Es genügt nicht, sich erst zu<br />
Beginn des Semesters in der gewohnten Lernhaltung<br />
an die Arbeit zu begeben. Die <strong>Fallstudie</strong> greift in<br />
Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung weiter als traditionelle<br />
Lehrveranstaltungen, Übungen oder ein<br />
Berufspraktikum.<br />
Ein Ziel in den kommenden umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n ist es, die Stärken der <strong>Fallstudie</strong><br />
Industrieareal Sulzer-Escher Wyss<br />
<strong>und</strong> Perspektive Grosses Moos zu<br />
verbinden <strong>und</strong> die didaktische Herausforderung,<br />
möglichst alle Studierende<br />
zu erreichen, zu meistern.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> '96: Zentrum Zürich<br />
Nord (ZZN) wird wiederum einen<br />
Schwerpunkt im Bereich <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />
Stadtentwicklung bilden. Dazu stellen<br />
die bisherigen <strong>Fallstudie</strong>n <strong>und</strong> insbesondere<br />
die hier dokumentierte Studr<br />
Industrieareal Sulzer-Escher Wyss bedeutende<br />
Meilensteine dar.<br />
Abb. 9 Lokale <strong>und</strong>nationale Presseresonanz aufdie Umsetzungsstrategie der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive Grosses Moos.<br />
28 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________________________________________---'-Einleitung<br />
literatur<br />
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Zürich: vdf.<br />
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B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen (1991): Recycling. Verwerrung<br />
<strong>und</strong> Behandlung von BauabHillen. Bern: Eidgenössische Drucksachen<br />
<strong>und</strong> Materialzenrrale.<br />
BUWAL (1994): COz-Abgabe: Mehr Markt - bessere <strong>Umwelt</strong>,<br />
Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong>materialien, Ökonomie. BUWAL.<br />
Fahrni, F. (1993): Leitbild <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze, SULZER. Winrerthur.<br />
Fahrni, F. u.a., (1993): SULZER-Gr<strong>und</strong>sätze <strong>Umwelt</strong>, SULZER.<br />
Winrerrhur.<br />
Frischknecht, P. (1995): Wegleirung der ETH <strong>Umwelt</strong>narurwis<br />
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Kohler, N. (1993): Ökologische Optimierung im Lebenszyklus<br />
eines Gebäudes. In: Emmenegger, B. u.a. (Hrsg.). Baukultur<br />
- Wohnkultur Ökologie. Zürich: vdf.<br />
Koller, Th., Mieg, H.A.,Schmidlin, C., Scholz, R.W. (1995):<br />
Was ist <strong>und</strong> was soll die <strong>Fallstudie</strong> '94. In: Scholz RW. u.a. (Hrsg.):<br />
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Zürich: vdf.<br />
Krauer, A. (1994): Nachhaltigkeit als Prinzip unternehmerischen<br />
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Miller, G.A. (1956): The Magical Number Seven, Plus or Minus<br />
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Müller-Herold, U., Neuenschwander, M. (1992): Vom Reden zum<br />
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(1 ed.). Berlin: Birkhäuser.<br />
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um die Formalisten zu schlagen? ETH-UNS: Zürich.<br />
Scholz, R W., Koller, T., Mieg, H. A. (1994): Research, Education,<br />
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Nordplan.<br />
Scholz, R. w., Koller, T., Mieg, H. A., & Schmidlin, C. (Hrsg.).<br />
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Landwirtschaft (1 ed.). Zürich: vdf.<br />
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Stadt Zürich (1995): Lokale Agenda 21. Zürich, Stadt Zürich.<br />
Sulzer-Escher Wyss (1994): Industrie der Zukunft. Escher Wyss<br />
Areal im Wandel. Erläuterungsbericht zum privaten Gestaltungsplan.<br />
Zürich: Sulzer-Escher Wyss.<br />
Sulzer (1993): Leitbild <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze, SULZER: Winrerthur.<br />
Walljasper, J. (1995): Urban Ecology. Resurgence. 170,34.<br />
von Weizsäcker, E.U. (1994): <strong>Umwelt</strong>standorr Deutschland.<br />
Berlin: Birkhäuser Verlag.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
29
Inhalt<br />
1. Einführung 33<br />
2. Methoden 38<br />
2.1 Formative Szenarioanalyse 38<br />
2.2 Raum·Nutzungs·Verhandlungen 42<br />
2.3 Ökobilanz 46<br />
2.4 Multiattributive Entscheidungsanalyse SO<br />
2.5 ModelHerung dynamischer Systeme 53<br />
2.6 Weitere Methoden 58<br />
AutoreIl<br />
Roland W. Scholz<br />
Olaf Tietje<br />
Wir danken unseren Kollegen Armin Heitzer, Harald A. Mieg <strong>und</strong> Ruedi C. Schwarzenbach für ihre kritischen Rückmeldungen zum<br />
vorliegenden Kapitel.
Methoden<br />
_<br />
32 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------ ~ Methoden<br />
1.<br />
1.1<br />
Der Gege1Zstand von <strong>Fallstudie</strong>n im Studiengang<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften der ETH Zürich sind<br />
reale, komplexe, gesellschaftlich relevante Probleme,<br />
bei denen Fragen der Ökologie im Mittelpunkt<br />
stehen HII-defined» problems, vgL Abb. 1.1). '<br />
Dieses Kapitel behandelt zunächst erkenntnistheoretische<br />
Gr<strong>und</strong>lagen von Wissensintegration <strong>und</strong><br />
Synthese in <strong>Fallstudie</strong>n. Damit soll ein Beitrag zum<br />
Verständnis des Typs von Wissenschaftlichkeit geleistet<br />
werden, der sich in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
<strong>durch</strong> <strong>Fallstudie</strong>n realisieren lässt.<br />
Danach werden einige Methoden der Wisse1Zsintef!ration<br />
vorgestellt, die in umweltnaturwissenschaftchen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n zur<br />
• Erkenntnisgewinnung<br />
• Bewertung<br />
• Mediation <strong>und</strong><br />
.. Projektorganisation<br />
eingesetzt werden können. Einige der vorgestellten<br />
Methoden stammen aus anderen Wissenschaftstraditionen<br />
als den Natur- oder <strong>Umwelt</strong>wissenschaften<br />
(z.B. die Methode der Szenarioanalyse) oder sind in<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis als «stand-alone» Techniken<br />
(z.B. die Methode der Ökobilanzierung) einsetzbar.<br />
Die in diesem Kapitel vorgestellten Methoden der<br />
<strong>Fallstudie</strong> dürfen nicht als Kochrezepte oder gar als<br />
«pfannenfertige Produkte» verstanden werden. Es<br />
handelt sich vielmehr um einen «ersten Satz» von<br />
'ufgabe<br />
,usgangs- <strong>und</strong> Zielzustand<br />
bekannt, Anwendung<br />
bekannter<br />
Problemlösemechanismen.<br />
Problem<br />
Bekannter bzw. eindeutig<br />
definierter Ausgangs- <strong>und</strong><br />
Zielzustand, zur<br />
Problemlösung müssen<br />
teilweise neue Methoden<br />
entwickelt werden.<br />
III-defined Problem (eg.<br />
Environmental Problem)<br />
Ausgangszustand kann nur vage<br />
beschrieben werden, das Ziel ist<br />
nicht vollständig bzw. eindeutig<br />
beschreibbar, es ist nicht klar,<br />
welcher Typ von Barriere zu<br />
überwinden ist.<br />
Anwendung bekannter<br />
Lösungsmechanismen<br />
Abb. 1.1 lfIustrative Definition der Begriffe Aufgabe, Problem (i.e. We!I-Defined Problem) <strong>und</strong> l!1-<br />
Defined Problem.<br />
Methoden, die in umweltnaturwissenschaflichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n erfolgreich eingesetzt wurden, <strong>und</strong> die<br />
es weiterzuentwickeln gilt.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> wird als ein Konzept der Lehre,<br />
der Forschung <strong>und</strong> der Anwe1Zdung der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
begriffen. In verschiedenen Artikeln<br />
wurden bereits<br />
• das Verhältnis von Research, Education, and Knowledge<br />
Transfer with Case Studies (SchoIz, Koller, Mieg,<br />
1994)<br />
• die Theorie der <strong>Fallstudie</strong> (SchoIz, 1995) oder<br />
111 die Komplexitätsreduktion <strong>durch</strong> <strong>Fallstudie</strong>1Z (SchoIz,<br />
Mieg <strong>und</strong> Weber, 1995) behandelt.<br />
Das ze1Ztrale Prinzip der <strong>Fallstudie</strong>narbeit ist die<br />
«I1Ztegration VOll WiSSe1Z aus verschiede1Ze1Z Horizo1Zte1Z».<br />
Wir unterscheiden dabei:<br />
co verschiedene Diszipline1Z, wobei die Verbindung<br />
von sozialwissenschaftlichen mit naturwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen <strong>und</strong> Methoden eine<br />
besondere Herausforderung darstellt,<br />
.. verschiedene Systeme wie Wasser, Boden, Luft oder<br />
die Biosphäre, die unterschiedliche Systemcharakteristiken<br />
besitzen,<br />
111 verschiedene Type1Z von Wissen, insbesondere die<br />
Integration von Erfahrungswissen <strong>und</strong> Wissenschaftswissen,<br />
• verschiedene Perspektive1Z, die <strong>durch</strong> unterschiedliche<br />
Interessengruppen oder Sichtweisen gegeben<br />
werden können (z.B. die Betrachtung einer Renaturierung<br />
aus der Sicht eines Anwohners, einer<br />
Gemeinde, eines Kantons, der Schweiz oder aus<br />
globaler Sicht).<br />
Mit der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive Grosses Moos<br />
(Scholz, Koller, Mieg <strong>und</strong> Schmidlin, 1995) konnte<br />
gezeigt werden, dass das Theorie<br />
Praxis-Verhältnis eine neue Qualität<br />
gewinnt, wenn das Wissen der<br />
Landwirte, Bürger, GemeindevertreterInnen<br />
<strong>und</strong> anderer Personen<br />
aus der Region über die Landschaftsentwicklungsprobleme<br />
mit<br />
dem Wissenschaftswissen zusammengebracht<br />
wird. Besonders bemerkenswert<br />
ist dabei, dass nicht<br />
nur ein erweitertes Systemverständnis<br />
gewonnen wurde, sondern<br />
auch konkrete Massnahmen zur<br />
Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen abgeleitet<br />
<strong>und</strong> realisiert werden konnten<br />
(vgL auch Graf <strong>und</strong> Kempf,<br />
1994; Baeriswyl <strong>und</strong> Nufer, 1995).<br />
Wissenschaftshistorisch ist die<br />
Synthese als Strategie der Erkenntnisgewinnung<br />
nicht neu. Die <strong>durch</strong><br />
die umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n aufgeworfenen metho-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 33
Methoden<br />
_<br />
dologischen Fragen greifen auf die f<strong>und</strong>amentale<br />
Komplementarität von analytischen <strong>und</strong> synthetischen<br />
Methoden <strong>und</strong> Typen von Inferenz (d.h. des Schliessens<br />
bzw. Folgerns) zurück, welche die Wissenschaftsgeschichte<br />
in Natur- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften<br />
bis heute begleitet (vgl. Gethmann, 1980,<br />
S. 1332). Die Verknüpfung von Vorstellungen <strong>und</strong><br />
Wahrnehmungen zu einer neuen Erkenntnis ist eines<br />
der Gr<strong>und</strong>prinzipien menschlicher Informationsverarbeitung<br />
<strong>und</strong> des Denkens.<br />
Das Prinzip der Synthese zur Herstellung neuer<br />
Informationen lässt sich insbesondere an der Psychophysiologie<br />
des menschlichen Sehens illustrieren.<br />
Wenn das Licht zweier verschiedener Wellenlängen<br />
gemischt wird, dann sehen wir nicht etwa zwei<br />
Farben sondern eine neue Farbe. Dies ist eine vollkommen<br />
andere Situation als beim Hören, bei dem<br />
es zu einer eher additiven Komposition in der Wahrnehmung<br />
kommt, etwa wenn aus verschiedenen<br />
Tönen ein Akkord entsteht (Lindsay <strong>und</strong> Norman,<br />
1981). Farbeneindrücke resultieren aus einem Wechselspiel<br />
<strong>und</strong> der Synthese von Erregungsgrössen verschiedener<br />
Farbrezeptoren (den Zapfen). Lücken in<br />
den Wahrnehmungsbildern (z.B. am blinden Fleck)<br />
werden über eine Integration von Informationen<br />
benachbarter Rezeptoren erzeugt. Diese Gr<strong>und</strong>idee<br />
liegt auch der Konzeption des Probabilistischen Funktionalismus<br />
von Brunswik (950) zugr<strong>und</strong>e, die wir im<br />
Folgenden vorstellen möchten <strong>und</strong> als ein Rahmenmodell<br />
für die Methoden der Wissensintegration<br />
in umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n betrachten.<br />
Auch dem eiligen <strong>und</strong> auf Anwendung <strong>und</strong> Problemlösung<br />
drängenden Leser sei nachdrücklich<br />
empfohlen, sich in die beiden folgenden methodologischen<br />
Abschnitte einzudenken. Ein Verständnis<br />
der Komplementarität von Synthese <strong>und</strong> Analyse als<br />
wissenschaftliche Prinzipien bei der Lösung unterschiedlicher<br />
Probleme hilft zu erkennen, welche<br />
Methoden für welche Fragen der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
angemessen sind. Das Prinzip der<br />
Synthese - als eine Form von Wissensintegration <br />
ist Gr<strong>und</strong>element einer «eigentlich umweltnaturwissenschaftlichen<br />
Arbeitsweise».<br />
Mit dem Begriff Methode bezeichnen wir allgemein<br />
den Weg, aufdem ein formuliertes Ziel erreicht wird.<br />
Wissenschaften sind nicht nur <strong>durch</strong> ihren Gegenstand,<br />
sondern auch <strong>durch</strong> ihre Methoden charakterisiert.<br />
Dabei sollte das Prinzip der Gegenstandsdominanz<br />
gelten. Darunter ist zu verstehen, dass<br />
die Art des Verfahrens (i.e. die Methode) ganz von<br />
der Art der Fragestellung abhängt. In der Praxis der<br />
Wissenschaft wird bekanntlich gelegentlich umgekehrt<br />
verfahren. Neue Methoden faszinieren <strong>und</strong><br />
Wissenschafter sind selbstverständlich bemüht, diese<br />
in neuen Bereichen anzuwenden. Und es ist auch<br />
zweifelsfrei, dass <strong>durch</strong> eine explorative Anwendung<br />
von Methoden viele neue Erkenntnisfortschritte<br />
erzielt worden sind. Bei einer exploratorischen Anwendung<br />
von Methoden besteht jedoch die Gefahr,<br />
dass es zu einer Überjormungdes Gegenstands <strong>durch</strong> die<br />
Methode kommt (vgl. Bandelt, Scholz <strong>und</strong> Welzel,<br />
1991) <strong>und</strong> ein falsches Gegenstandsverständnis entwickelt<br />
wird. In der wissenschaftlichen Praxis lassen<br />
sich viele Beispiele dafür finden.<br />
Nachdem zu Anfang der siebziger Jahre bestimmte<br />
multivariate statistische Verfahren, wie etwa die<br />
Faktorenanalyse oder die Clusteranalyse, der breiten<br />
Wissenschaftswelt über Softwarepakete zugänglich<br />
gemacht wurden kam, es zu unzähligen «ungeglückten»<br />
Anwendungen (Stelzl, 1982). Ein häufiger<br />
Fehler bei der Anwendung der Clusteranalyse besteht<br />
darin, dass nichthierarchische Strukturen mit<br />
hierarchischen Modellen dargestellt werden. Die<br />
Frage nach der Überformung <strong>durch</strong> Methoden odci<br />
nach der Strukturgültigkeit (vgl. auch BosseI, 1994,<br />
S.36) stellt sich auch für die im Abschnitt 2 vorgestellten<br />
Methoden. Diese basieren in vielen Bereichen<br />
auf einem Systemverständnis, in dem Variable<br />
<strong>und</strong> kausale Ursache-Wirkungsbeziehungen postuliert<br />
werden, obwohl wir uns bewusst sind, dass<br />
sich die Vernetztheit <strong>und</strong> die Strukturen komplexer<br />
Systeme nur bedingt mit diesen Modellen erfassen<br />
lassen. Wie wir aus der Quantenmechanik oder<br />
Neurobiologie wissen (vgl. Spies, 1993), sind diese<br />
Annahmen <strong>und</strong> die eingesetzten Methoden oft übersimplifizierend<br />
<strong>und</strong> verlangen andere Methoden <strong>und</strong><br />
Algorithmen wie z.B. die parallele Informationsverarbeitung<br />
oder die Mustererkennung. Bei der Anwendung<br />
der in Abschnitt 2 vorgestellten Methoden<br />
sollten somit die Grenzen der Methode reflektiert<br />
werden (vgl. Scholz, 1994).<br />
1.2 Analytische <strong>und</strong> synthetische<br />
Methoden<br />
Die Wissensintegration bzw. Synthese wird als<br />
wichtige Methode der <strong>Fallstudie</strong> begriffen. In dem<br />
folgenden historisch-erkenntnistheoretischen Diskurs<br />
stellen wir verschiedene Typen der Synthese vor,<br />
um die Besonderheiten der Synthesearbeit in der<br />
<strong>Fallstudie</strong> besser zu verstehen <strong>und</strong> beschreiben zu<br />
können.<br />
Synthese als Methode der «philosophischen<br />
Betrachtung»<br />
Die Unterscheidung zwischen analytischer <strong>und</strong> sYltthetischer<br />
Methode wurde schon in der Zeit der Hochscholastik<br />
getroffen <strong>und</strong> geht auf Zabarella 0594,<br />
vgl. Gethmann, 1980) zurück. Dabei bezog sich die<br />
34<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------------ Methoden<br />
Unterscheidung bei Zabarella auf ganze Wissenschaften.<br />
Auf der einen Seite standen die synthetisch<br />
verfahrenden (betrachtenden bzw. kontemplativen)<br />
Wissenschaften (wie die Philosophie), in denen<br />
das Wissen um seiner selbst Willen erworben wurde.<br />
Aufder anderen Seite befanden sich die analytischen<br />
Wissenschaften, zu denen die Mathematik <strong>und</strong> die<br />
Naturwissenschaften gehörten. Nach einem lange<br />
Zeit vorherrschenden Verständnis geht dabei die<br />
Mathematik von bekannten Prinzipien (Axiomen)<br />
aus <strong>und</strong> entwickelt über die Beweismethode Folgerungen.<br />
In den Naturwissenschaften hingegen führt<br />
die Analyse zu den verborgenen Ursachen (i.e. den<br />
Naturgesetzen) zurück, um <strong>durch</strong> sie die natürlichen<br />
Wirkungsmechanismen <strong>und</strong> deren Erscheinungen zu erklären.<br />
Die analytische Methode kann von daher<br />
sowohl induktiv als auch deduktiv sein. Entscheidend<br />
für die analytische Methode sind die Prinzipien der<br />
lalytischen Dekomposition: methodis divisionis et<br />
resolutionis (die Methode des Teilens <strong>und</strong> des Auflösens)<br />
mit denen eine Entdeckung (inventio) des<br />
bisher Unbekannten <strong>durch</strong> das Bekannte gesichert<br />
wird. Die analytische Methode wurde von Descartes<br />
(1596-1650) als einzig «rechte Methode» der Philosophie<br />
<strong>und</strong> der Wissenschaften betrachtet.<br />
Die Synthese in der von Zabarella beschriebenen<br />
Form als «betrachtende Philosophie» wird heute in<br />
erster Linie als eine spezielle geisteswissenschaftliche<br />
Methodik (vgJ. Gethmann, 1980) angesehen,<br />
die sich speziell mit vorwissenschaftlichen Erkenntniskategorien<br />
<strong>und</strong> der Unmittelbarkeit der Erfahrungen<br />
beschäftigt (vgJ. Landgrebe, 1959). '<br />
Synthese innerhalb «starker Modelle"<br />
Die Möglichkeiten der synthetischen Methode wurrlen<br />
lange Zeit auf die Darstellung von Sachverhalten<br />
.:schränkt. Für Leibnitz (1646-1716) hingegen war<br />
die synthetische (kombinatorische) Methode die<br />
Vollkommenste, «indem man ihr gemäss von den allgemeinsten<br />
Wahrheiten zu den Zusammengesetzten<br />
herabsteigen kann.» Wichtig war jedoch dabei, dass<br />
die «allgemeinsten Wahrheiten jedoch vorher auf<br />
analytischem Weg gef<strong>und</strong>en sein» müssen (Gethmann,<br />
1980, S. 1334). Die allgemeinsten Wahrheiten<br />
sind dabei etwa Naturgesetze. Wie von Churchman<br />
(1971) formuliert, basiert die Leibnizsche Vorstellung<br />
von Synthese auf einer Behandlung wissenschaftlicher<br />
Fragen, bei denen die «Wahrheit im<br />
Modell liegt».<br />
Als Beispiel für die Synthese innerhalb starker<br />
Modelle kann die kopernikanische Himmelsmechanik<br />
betrachtet werden, da die Theorie mit (immer<br />
komplizierter werdenden) Berechnungen <strong>und</strong> zusätzlichen<br />
Annahmen eine Beschreibung immer<br />
neuer Planetenbahnen erlaubte. Auch bei den Ver-<br />
fahren <strong>und</strong> Modellen der dynamischen ModelIierung<br />
ist in gewisser Hinsicht ein starkes Modell gegeben.<br />
Synthese als Vorbereitung höherer begrifflicher<br />
Erkemunis<br />
Die Komplementarität von analytischem <strong>und</strong> synthetischem<br />
Folgern können wir ähnlich verstehen<br />
wie bei Kant (1778) das Verhältnis zwischen Begriff<br />
<strong>und</strong> Anschauung, wenn wir die (synthetische)<br />
Anschauung als Voraussetzung des (analytischen)<br />
theoretischen Begriffs betrachten (Kant, 1724-1804).<br />
Bhatnagar <strong>und</strong> Kanal (1992, S. 32) weisen darauf hin,<br />
dass der «Kantsche Typ von Inferenz» vornehmlich<br />
in den Sozialwissenschaften zu finden ist, da dort<br />
die «Wahrheit» teilweise im Modell <strong>und</strong> teilweise in<br />
den Daten liegt.<br />
In der hypothesenorientierten (<strong>Umwelt</strong>-)Sozialwissenschaftlichen<br />
Fors~hungliegt somit eine ähnliche<br />
Beziehung wie beim Verhältnis zwischen Begriff<br />
<strong>und</strong> -Anschauung vor. Die begriffliche Seite repräsentieren<br />
die sozialwissenschaftlichen Theorien <strong>und</strong><br />
Hypothesen, während die Anschauung <strong>durch</strong> die<br />
Daten der empirischen Untersuchungen oder Experimente<br />
gegeben wird (vgJ. das Kapitel RA UM<br />
NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN). Empirische Bef<strong>und</strong>e<br />
dienen dazu, Theorien zu untermauern, zu differenzieren<br />
oder zu widerlegen.<br />
Synthese als Methode kom"lexer Prohlemlösung<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftliche <strong>Fallstudie</strong>n versuchen<br />
die Wirkungsmechanismen komplexer <strong>Umwelt</strong>systeme<br />
zu verstehen. Die in den umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n zu entwickelnde<br />
Ökologische Problemlösefähigkeit zielt auf neue<br />
Erkenntnisse, um die Wechselwirkungen zwischen<br />
natürlichen <strong>und</strong> sozialen Systemen zu optimieren.<br />
Wir haben weiter oben als Kennzeichen der naturwissenschaftlichen<br />
Methodik das Finden verborgener<br />
Ursachen für bestimmte Phänomene beschrieben.<br />
Besteht nun das Ziel der umweltnaturwissenschaftlicher<br />
Tätigkeit darin, Verständnisgr<strong>und</strong>lagen<br />
für komplexe Systeme zu finden, so ist die Ökologische<br />
Problemlösefähigkeit als analytisch zu betrachten.<br />
Einer solchen Definition folgend, enthält<br />
die <strong>Fallstudie</strong>narbeit analytische Komponenten.<br />
Prinzipien der <strong>Fallstudie</strong>narbeit wie «Analyse <strong>durch</strong><br />
Generalisierung (<strong>und</strong> weniger <strong>durch</strong> Daten)>><br />
(Scholz, 1995, S. 43) oder «Analyse <strong>durch</strong> Synthese»<br />
sind auf diesem Hintergr<strong>und</strong> zu verstehen.<br />
Jedoch ist es die Synthese. <strong>und</strong> nicht die Analyse, welche<br />
als essentielle Methodik der <strong>Fallstudie</strong>narbeit zu betrachten<br />
ist. <strong>Fallstudie</strong>narbeit <strong>und</strong> auch die in Abschnitt 2<br />
vorgestellten Wissensintegrations-Methoden umfassen<br />
jedoch sowohl Analyse als Synthese, was einen<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
35
Methoden<br />
_<br />
Bezug zur HegeIschen Dialektik herstellt oder, wie<br />
es Bhatnagar <strong>und</strong> Kanal (1992, S. 32) ausdrücken:<br />
«The Hegelian model of enquiry seeks to develop<br />
the ability to see the same inputs from<br />
different points of view.»<br />
«Die HegeIsche Erkenntnismethode ist darum<br />
bemüht die Fähigkeit zu entwickeln, ein <strong>und</strong><br />
dieselben Dinge von verschiedenen Seiten zu<br />
betrachten.»<br />
Wichtig ist, dass keine generelle Überlegenheit einer<br />
der vorgestellten Typen von Inferenz bzw. der analytischen<br />
oder der synthetischen Methode postuliert<br />
wird. Trotz einiger Einwände (vgl. Gethmann, 1980)<br />
räumen wir somit den analytischen Methoden keinen<br />
Vorrang ein (vgl. Scholz, 1987, 1994). Wir gehen davon<br />
aus, dass unterschiedliche Formen der Erkenntnis<br />
Komplementaritäten in dem Sinne darstellen,<br />
dass sie andere, aber nicht generell schlechtere<br />
Erkenntnisse erzeugen. Dies gilt inbesondere für<br />
umweltnaturwissenschaftliche Problemstellungen:<br />
«Die wahre Wissenschaft ist analytisch <strong>und</strong> synthetisch<br />
zugleich» (Bachmann, 1828, S. 361).<br />
1.3 «Das Brunswiksche Linsenmodell»<br />
In seinem 1950 veröffentlichten Werk «The Conceptual<br />
Framework of Psychology» liefert Brunswik eine<br />
Theorie der menschlichen Wahrnehmung, die sich<br />
gleichermassen aus wissenschaftstheoretischen wie<br />
entwicklungstheoretischen Postulaten entwickelt.<br />
Brunswik widmete sich der Frage, wie ein Gegenstandsverständnis<br />
organisiert ist. Durch ein tiefes<br />
Studium des menschlichen Wahrnehmungsapparates<br />
(Brunswik, 1936) stimuliert, widmete er sich der<br />
Frage, wie die Menschen die Unmenge von ambiguiden<br />
(i.e. unsicheren bzw. mehrdeutigen) <strong>und</strong> probabilistischen<br />
Informationen verarbeiten <strong>und</strong> daraus<br />
zu vernünftigen Erkenntnissen über die <strong>Umwelt</strong><br />
gelangen. Mit der Theorie des «Probabilistischen<br />
Functional are<br />
(probalistic<br />
stabilization~<br />
achi evement ) \<br />
Initial<br />
focal<br />
variable<br />
causes<br />
Vicarious mediation<br />
(family-hierarchy<br />
of cues, habits)<br />
effects<br />
Terminal<br />
focal<br />
variable<br />
Abb. 1.3.1 Das Brunswiksche Linsenmodell in seiner originalen Gestalt.<br />
Funktionalismus» versucht er die Frage zu beantworten,<br />
wie die unvollständige <strong>und</strong> lückenhafte<br />
menschliche Wahrnehmung <strong>und</strong> Informationsverarbeitung<br />
organisiert ist, damit sie auf effizientem<br />
Wege zu einer sinnvollen Wahrnehmung führt.<br />
Im Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Erkenntnisprozess sind<br />
insbesondere der Gegenstand der Wahrnehmung<br />
<strong>und</strong> das konstruierte Bild in einem erkenntnisfähigen<br />
Subjekt zu unterscheiden. Um mit den unsicheren,<br />
unvollständigen <strong>und</strong> zufällig variierenden<br />
Informationen (cues) der Wahrnehmung (wie z.B.<br />
die Entfernung von einem fremden Gegenstand)<br />
oder der Erkenntnis (wie der Zustand eines Systemes)<br />
zu organisieren, führt Brunswik das Prinzip der<br />
«viearious mediation» (stellvertretende Vermittlung)<br />
eIn.<br />
«Since there is no perceptual cue which would<br />
be available <strong>und</strong>er all circumstances or is completely<br />
trustworthy ..., the perceptual system of<br />
higher organisms must for types of perceptual<br />
attainment develop what the present writer has<br />
suggested calling an «or-collective» or an «orassemblage»<br />
of mutually interchangeable cues<br />
vicariously mediation distance or other situational<br />
circumstances to the organism» (Brunswik,<br />
1950, S. 19).<br />
«Da es kein Wahrnehmungssignal gibt, welches<br />
unter allen Bedingungen verfügbar oder vollkommen<br />
zuverlässig ist ..., muss das Wahrnehmungssystem<br />
höherer Organismen perzeptive<br />
Fertigkeiten entwickeln, welches der Schreiber<br />
dieser Zeilen eine «oder-Vereinigung» bzw. eine<br />
«oder-Verbindung» von gegenseitig austauschbaren<br />
Informationen, die in gegenseitiger Vermittlung<br />
die Entfernung oder andere situative<br />
Gegebenheiten für den Organismus erkennbar<br />
machen.»<br />
Als Rahmenmodell für die Organisation von Wahrnehmung<br />
<strong>und</strong> Erkenntnis nutzt Brunswik das sogenannte<br />
Linsenmodell (vgl. Abb. 1.3.1).<br />
Gegenstand der Analyse ist eine sog. «focal variable»,<br />
d.h. ein interessierender Gegenstand, ein zu<br />
ermittelnder Systemzustand oder ein zu lösendes<br />
Problem. Von dieser «focal variable» gehen nun bestimmte<br />
«cues» (i.e. Informationen) zu einer Linse.<br />
Eine Reihe von «Perzeptoren» sammeln, jeder aus<br />
einer etwas verschobenen Perspektive, diese unsicheren<br />
Informationen. Um zum Ausdruck zu bringen,<br />
dass es sich bei diesen Informationen um mehr<br />
oder weniger zufällige Einzelinformationen handelt,<br />
nannte Brunswik die vom Perzeptorensystem aggregierten<br />
Informationen «stray causes» (umherirrende<br />
Ursachen). Dieser erste auf der linken Seite der<br />
Linse dargestellte Prozess kann als analytischer<br />
Dekompositionsprozess (i.e. methodis divisionis et<br />
36 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
--------------- Methoden<br />
resolutionis) der Gegenstandserfassung oder Erkenntnis<br />
betrachtet werden.<br />
Die gesammelten Informationen werden nun (zur<br />
Illustration siehe Abbildung 1.3.2.) auf der Perzeptorenebene<br />
transformiert, verknüpft, ent- oder verzerrt,<br />
von Rauschen befreit usw. Diese Prozesse<br />
werden in Abbildung 1.3.2. <strong>durch</strong> die graue Ellipse<br />
illustriert. Sie sind Bestandteil des Syntheseprozesses,<br />
der zu einer Zusammenführung <strong>durch</strong> einen Integrationsprozess<br />
<strong>und</strong> zu einer (konstruierten) Wahrnehmung,<br />
Erkenntnis oder Bewertung führt. Wie<br />
<strong>durch</strong> den «Feedbacb-Pfeil in Abbildung 1.3.1 angedeutet,<br />
steht diese Wahrnehmung in Rückkoppelung<br />
zu den zukünftig eingehenden Informationen<br />
oder den zukünftigen Systemzuständen.<br />
Das Brunswiksche Linsenmodell enthält somit<br />
einen dekomponierenden <strong>und</strong> einen integrierenden<br />
Prozess. Esenhält analytische Komponenten, die auf<br />
;iner atomistischen (engl.· molar) Dekomposition<br />
fussen <strong>und</strong> synthetische Komponenten, die aus einer<br />
Verschmelzung unterschiedlicher Perspektiven der<br />
Wahrnehmung resultieren.<br />
Anfang der sechziger Jahre erregte eine Anwendung<br />
des Brunswikschen Linsenmodells auf das<br />
Urteilsverhalten klinischer Psychologen grosse<br />
Aufmerksamkeit. In verschiedenen Arbeiten (vgl.<br />
Meehl, 1960, Goldberg, 1968) konnte gezeigt werden,<br />
dass sich das diagnostische Urteil mit einfacher<br />
additiver linearer Verknüpfung von wenigen erfassten<br />
Merkmalen des Patienten (mit Modellen der<br />
linearen Regression) ausgezeichnet modelllieren<br />
lässt. Es wurde sogar eine Überlegenheit von statistischen<br />
Methoden gegenüber dem Urteil eines einzelnen<br />
Arztes oder Psychologen vermutet, bevor sich<br />
später (vgl. Elstein, Shulman <strong>und</strong> Sprafka, 1978) die<br />
etwas abgeklärtere Sicht <strong>durch</strong>setzte, dass sich <strong>durch</strong><br />
analytische Dekompostion mit nachfolgender fornaler<br />
(statistischer) Synthese andere <strong>und</strong> nicht in<br />
jedem Fall bessere Erkenntnisse gewinnen lassen als<br />
<strong>durch</strong> ganzheitliche Intuition.<br />
Problem/System Perzeptoren Wahrnehmung!<br />
Bewertung!<br />
Erkenntnis<br />
Synthese<br />
Abb. 1.3.2 Das Brunswiksche Linsenmodell in Gr<strong>und</strong>form.<br />
zunehmen <strong>und</strong> neue Erkenntnisse zu erzielen. Auf<br />
diese Art <strong>und</strong> Weise können blinde Flecke gefüllt<br />
bzw. neues Wissen gewonnen werden. Es sei vermerkt,<br />
dass in einer Synthese <strong>und</strong> im Prozess der<br />
Integration der Perzeptoreninformation bzw. von<br />
abgeleiteten Informationen in aller Regel in einem<br />
dritten Schritt intuitive-ganzheitliche Urteilsprozesse<br />
als Teil der Synthese involviert sind.<br />
Bedeutung des Brunswikschen Linsellmodells<br />
für die <strong>Fallstudie</strong><br />
Das Brunswiksche Linsenmodell wird als Schema für<br />
die Wissens- <strong>und</strong> Arbeitsorganisation in <strong>Fallstudie</strong>n<br />
betrachtet. In einem ersten Schritt ist das'zu untersuchende<br />
System bzw. Problem zu explizieren. In<br />
einem zweiten Schritt folgt der Reduktionsprozess<br />
(i.e. die analytische Dekomposition), der eine Modelibildung<br />
<strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen eines wissenschaftlichen<br />
Systemverständnis ermöglicht.<br />
Durch den Übergang von einem konkret gegenständlichen<br />
System oder einem komplexen Problem<br />
auf die «Zeichenebene" (z.B. die Betrachtung einzelner<br />
Variablen) ist es möglich, Verknüpfungen vor-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 37
Methoden<br />
_<br />
2. Methoden<br />
2.1 formative Szenarioanalyse<br />
Wo, walln <strong>und</strong> warum hat sich die Szenarioanalyse<br />
entwickelt?<br />
Der Begriff Szenario geht auf das griechische Szenar<br />
zurück. Eine Szenar oder eine Szene bezeichnet unter<br />
anderem den Schauplatz einer Handlung oder einen<br />
kleinen Abschnitt in einem Bühnenstück.<br />
Die Zukunftsforscher Kahn <strong>und</strong> Wiener brachten<br />
Anfang der fünfziger Jahre den Begriff «scenario>, in<br />
die Wissenschaftssprache. Die Szenariotechnik <strong>und</strong><br />
die Szenarioanalyse wurden dabei zunächst vornehmlich<br />
in der privatwirtschaftlichen Politik- <strong>und</strong> Unternehmensberatung<br />
an der Rand Cooperation <strong>und</strong> am<br />
Batelle Institut entwickelt. Gegenstand der Szenarioanalysen<br />
waren zunächst Fragen der globalen Entwicklung<br />
oder die Zukunftsperspektiven von industriellen<br />
Branchen. In den siebziger Jahren wurde die<br />
Szenariotechnik dann verstärkt in der strategischen<br />
Unternehmensplanung in Grossbetrieben eingesetzt<br />
(vgl. Götze, 1993, S. 43 ff.). Das Fremdwörterbuch<br />
des Dudens (1982) enthält eine zweifelsfrei auf Kahn<br />
<strong>und</strong> Wiener (1968) zurückgehenden Definition:<br />
«Szenario H. (in der öffentlichen u. industriellen<br />
Planung) hypothetische Aufeinanderfolge von<br />
Ereignissen, die zur Beachtung kausaler Zusammenhänge<br />
konstruiert wird.»<br />
Seit einigen Jahren ist der Begriff Szenario zum<br />
Modewort geworden. Er wird in der Wissenschafts<strong>und</strong><br />
Alltagssprache inflationär <strong>und</strong> in unterschiedlichen<br />
Bedeutungen gebraucht. Häufig wird mit<br />
Szenario lediglich irgendein Zukunftsbild bezeichnet.<br />
Auch in neueren wissenschaftlichen Dokumentationen<br />
zur Szenario-Methode (vgl. etwa Kaiser,<br />
1993) finden sich nur wenige Forschungsprojekte, in<br />
denen die SzenaTioanalyse als eine wissenschaftliche<br />
Methode verwendet wird.<br />
Wir möchten im Folgenden <strong>und</strong> im Kontext mit<br />
umweltnaturwissenschaftlichen <strong>Fallstudie</strong>n mit dem<br />
Begriff Szenarioanalyse oder Szenariotechnik eine wissenschaftliche<br />
Methode zur Konstruktion von wohldefinierten<br />
Annahmebündeln verstehen, mit dem<br />
sich Einblick in zukünftige Systemzustände <strong>und</strong> Systemdynamiken<br />
<strong>und</strong> deren Ursachen gewinnen lässt.<br />
Eine wissenschaftliche Szenarioanalyse besitzt ein<br />
Skript oder ein Drehbuch, welches dokumentiert, welche<br />
Schritte im Prozess der Szenariokonstruktion wie<br />
zu <strong>durch</strong>laufen sind <strong>und</strong> wie bestimmte Folgerungen<br />
<strong>und</strong> Schlüsse erzielt worden sind. Will man die Szenarioanalyse<br />
als Forschungsmethode <strong>und</strong> als Methode zur<br />
Wissensintegration bzw. Synthese in den umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n von anderen Verwen-<br />
dungen der Szenarioanalyse absetzen, so kann man<br />
den Begriff Formative Szenarioanalyse verwenden.<br />
Als Einführungsbücher in die Formative Szenarioanalyse<br />
empfehlen wir Götze (1993) <strong>und</strong> Missler<br />
Behr (1993). Praktische Orientierungen finden sich<br />
in v. Reibnitz (1992). Als Beispiele für gut dokumentierte<br />
Szenarioanalysen, in denen <strong>Umwelt</strong>aspekte<br />
zentral sind, seien die Batelle Studie «Szenarien<br />
Chemische Fabrik» (1996), die vom BUWAL in Auftrag<br />
gegebene Studie «Die globale Erwärmung <strong>und</strong><br />
die Schweiz: Gr<strong>und</strong>lagen einer nationalen Stragie»(1994),<br />
die Szenarioanalyse der umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong> Grosses Moos (Scholz<br />
et al. 1995, S. 155-181), die Studien von Hassler <strong>und</strong><br />
Schärli (1995, 1996), sowie die im Kapitel SZENARIO<br />
ANALYSE dokumentierte Studie zum Sulzer-Escher<br />
Wyss-Areal empfohlen.<br />
Welche fragen lassen sich mit der Szenarioanalyse<br />
hehaftdeln?<br />
Szenarien beantworten zwei Arten von Fragen:<br />
1. Wie mag eine hypothetische Situation Schrittfür Schritt<br />
zustande kommen? <strong>und</strong><br />
2. Welche Alternativen gibt es in jedem Stadium für jeden<br />
Teilnehmer, um den weiteren Prozess zu verhindem oder<br />
in eine andere Richtung zu lenken?<br />
Ein Präzisierung des Szenariobegriffs, wie er für die<br />
Konzeption der Formativen Szenarioanalyse anwendbar<br />
ist, liefert folgende Merkmalsliste (i.e. extensionale<br />
Definition, vgl. Götze, 1993, S. 38):<br />
Ein Szenario<br />
a) stellt ein hypothetisches Zukunftsbild eines <strong>Umwelt</strong>systems<br />
<strong>und</strong> den Entwicklungspfad zu diesem<br />
Zukunftsbild dar<br />
b)gibt in Verbindung mitweiteren Szenarien einen Raum<br />
möglicher zukünftiger Entwicklungen des untersuchten<br />
Bereichs an<br />
Störereignis<br />
EnlscheidungspunkV<br />
Intervention<br />
....0----------------_. Zeit<br />
Abb. 2.1.1 Sz.enariotrichter, x-Achse: Zeit, y Achse: Bewertung des Sz.enarios<br />
unter einem relevanten Aspekt.<br />
X Zunkunftsbilder<br />
XE1 Extremalentwicklung 1 (z.B. optimistische Variante)<br />
XE2 Extremalentwicklung 2 (z.B. pessimistische Variante)<br />
XB, XC <strong>und</strong> XD stellen weitere Sz.enarien dar, wobei XC aus einer Intervention<br />
resultiert.<br />
38<br />
UNHallstudie <strong>'95</strong>
-------------------- Methoden<br />
c) wird unter Berücksichtigung der Entwicklung<br />
der (Einfluss-)Faktoren <strong>und</strong> der Zusammenhänge<br />
zwischen diesen transparent<br />
<strong>und</strong> plausibel <strong>und</strong> ist möglichst widerspruchsfrei<br />
d)enthält quantitative wie qualitative Aussagen<br />
e)dient der Prognose <strong>und</strong> strategischen Planung<br />
im Rahmen der Orientierung bzgl.<br />
zukünftiger Entwicklungen, Entscheidungen<br />
<strong>und</strong>/oder der Entscheidungsvorbereitung.<br />
Die Abbildung 2.1.1. zeigt den zukünftigen<br />
Szenariotrichter. Er illustriert, dass die Formative<br />
Szenarioanalyse der Konstruktion des<br />
Raumes möglicher zukünftiger Zustände<br />
dient. Im Fokus des Interesses stehen Interventionen<br />
<strong>und</strong> Störereignisse, die die Zu-<br />
_unftsentwicklung (kausal) beeinflussen können.<br />
Aus welchen Schritten besteht die Szenarioamdyse?<br />
Wir beschreiben als Beispiel die Schritte einer Formativen<br />
Szenarioanalyse (siehe Abb. 2.1.2). Dabei<br />
greifen wir auf die <strong>Fallstudie</strong> '94 zurück; in der eine<br />
Gesamtsynthese angestrebt wurde. Ziele dieser<br />
Szmarioanalyse (siehe Scholzet al., 1995, S. 155) war<br />
ein Verständnis eines komplexen Sytems (i.e. der<br />
Region Grosses Moos), seiner Einflussfaktoren <strong>und</strong><br />
seiner Steuerungsmöglichkeiten.<br />
Schritt 1: Zielsetzung ~ Schritt 2: Schritt 3:<br />
der Szenarioanalyse Systemeigenschaften ~ EInflussfaktoren<br />
I<br />
1<br />
Schritt 6:<br />
Schritt 4:<br />
GerichteterGraph System-Grld EInflussmatrix<br />
1<br />
~ Schritt 5: ~<br />
Schritt 7:<br />
~ Schritt 8: Schritt 9:<br />
Mlc-Mac-Analyse Trendprojektionen<br />
~<br />
Szenarien<br />
Abb. 2.1.2 Die Schritte der Szenarioanalyse.<br />
Energie- Niederschlags- <strong>Umwelt</strong>- Bruttoinland· Aktivsumme<br />
verbraucb menge bewusstsein produkt<br />
Energie-<br />
- 0 2 3 5<br />
verbraucb<br />
Niederscblagsmenge<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
Bruttoinlandprodukt<br />
0 - 0 0 0<br />
......<br />
I 0 - 1 2<br />
3 0 3 - 6<br />
I'assivsumme 4 0 5 4 13<br />
Tab. 2.1 Einflussmatrix für eine fiktive Szenarioanalyse. 1: Der Zeilenfaktor beeinflusst den<br />
Spaltenfaktor schwach, 2: mittlerer Einfluss, 3: Starker Einfluss, 0: Es besteht kein Einfluss<br />
(-: SeibstbeeinflussunglEigendynamik wird nicht beriicksichtigt).<br />
1<br />
Schritt 10:<br />
Strategien<br />
Schritt 1: Zielsetzung der Szenarioanalyse<br />
Am Anfang steht eine Beschreibung der Ziele<br />
(Aufzeigen von möglichen zukünftigen Zuständen)<br />
<strong>und</strong> der angestrebten Erkenntnis (Verstehen eines<br />
Systems aufgr<strong>und</strong> der <strong>durch</strong>dachten Zusammenhänge).<br />
Wichtig ist, dass die Zielkriterien <strong>und</strong> die<br />
,eurteilungsvariablen genau beschrieben werden.<br />
Ein Beispiel für ein Ziel wäre ein umweltverträg-"<br />
Iicher Chemieeinsatz in der landwirtschaftichen<br />
Bodenbewirtschaftung. Überschreitet der Chemieeinsatz<br />
die Aufnahmefähigkeit (carrying capacity)<br />
des Bodens, so kann nicht von <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />
gesprochen werden.<br />
Schritt 2: Systemeigenschaften<br />
Der Szenarioanalytiker muss sich umfassend in das<br />
System <strong>und</strong> seine Dynamik eindenken. Dieser Prozess<br />
kann <strong>durch</strong> verschiedenen Fragestellungen unterstützt<br />
werden. Durch eine Erfassung der Vorhaben<br />
im System oder <strong>durch</strong> eine Stärkm <strong>und</strong> Schwächen<br />
Analyse wird der/die Szenarioanalytikerln an das<br />
System herangeführt <strong>und</strong> lernt wesentliche Eigenschaftendes<br />
Systems kennen.<br />
Schritt 3: Einflussfaktoren<br />
Die Konstruktion der Einflussfaktoren ist der wichtigste<br />
Schritt der Szenarioanalyse! Ziel ist es, die<br />
wichtigsten (internen <strong>und</strong> externen) Einflussfaktoren<br />
zu erfassen, welche direkt auf Systemprozesse<br />
wirken. Um die Einflussfaktoren zu ermitteln,<br />
können verschiedene Methoden angewandt werden<br />
(z. B. Strukturlegetechniken, Delphi-Methoden,<br />
Mind-Mapping usw.). Einflussfaktoren können aus<br />
dem natürlichen System (z.B. Energieverbrauch,<br />
Stickstoffeintrag<br />
etc.), dem sozialen System (z.B.<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein) oder dem<br />
wirtschaftlichen System (z.B. das<br />
Bruttoinlandprodukt) stammen.<br />
Schritt 4: Einflussmatrix<br />
In der Einflussmatrix (Tab. 2.1)<br />
wird dargestellt, welchen Einfluss<br />
die einzelnen Einflussfaktoren<br />
aufeinander haben (z.B. inwieweit<br />
beeinflusst das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
den Energieverbrauch). Dieser<br />
Schritt ist gleichermassen ent-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 39
Methoden<br />
:eti<br />
~ :!2 7<br />
oe:(<br />
6<br />
5<br />
4<br />
aktiv<br />
Brultoinlandprodukt<br />
X<br />
~nergleverbrauCh<br />
ambivalent<br />
dinatensystems <strong>durch</strong> den Median oder das arithmetische<br />
Mittel der Aktiv- bzw. Passivsumme, so<br />
kann man grob zwischen aktiven, passiven, ambivalenten<br />
<strong>und</strong> puffernden Variablen unterscheiden.<br />
Mit dem gerichteten Graph wird die Einflussmatrix<br />
als gerichteter Graph dargestellt. Ein Beispiel<br />
für die Beziehungen, die zwischen den Einflussfaktoren<br />
bestehen liefert Abbildung 2.1.4.<br />
3<br />
2<br />
puffemd<br />
o NIederschlagsmenge •<br />
o 1 2 3 4<br />
Abb. 2.1.3 System-Gndzur Tabelle 2.1.<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
X<br />
5 6<br />
passiv<br />
7 Passivität<br />
scheidend wie die Bestimmung der Einflussfaktoren.<br />
Es ist sorgsam zu überlegen (siehe Hassler <strong>und</strong><br />
Schärli, 1995), welche Bewertungen (z.B. 0: «Kein<br />
Einfluss», 1: «schwacher Einfluss», 2: «starker Einfluss»)<br />
sinnvoll sind.<br />
Ein besonderes Problem entsteht, wenn diese<br />
Grössen <strong>durch</strong> eine Gruppe bestimmt werden. Sind<br />
die Gruppenmitglieder nicht einer Meinung, so<br />
hängt das Ergebnis davon ab, auf welche Art <strong>und</strong><br />
Weise die Beteiligten einen Konsensus herstellen.<br />
Es ist somit wichtig zu entscheiden, wie unterschiedliche<br />
Meinungen zu einer Gruppenmeinung aggregiert<br />
werden.<br />
Das Ausfüllen der Einflussrnatrix erlaubt es, für<br />
jede Einflussgrösse einen ersten Eindruck zu gewinnen,<br />
inwieweit sie andere Einflussgrössen beeinflusst<br />
<strong>und</strong> inwieweit angenommen werden muss,<br />
dass die Einflussvariable von anderen abhängt. Dazu<br />
werden die Aktiv- <strong>und</strong> die Passivsumme berechnet.<br />
Schritt 5: System-Grid <strong>und</strong> Schritt 6: Gerichteter Graph<br />
In diesem Schritt werden Informationen der Einflussmatrix<br />
visualisiert. Das System-Grid (vgl. Abb.<br />
2.1.3) zeigt für jede Variable inwieweit sie andere<br />
Einflussfaktoren beeinflusst bzw. von diesen beeinflusst<br />
wird.<br />
Das System-Grid stellt für jede Variable die Aktiv<strong>und</strong><br />
die Passivsumme in einem Koordinatenkreuz<br />
dar. Unterteilt man den ersten Quadranten des Koor-<br />
Abb. 2.1.4 Beispiel eines<br />
gerichteten Graphen zur<br />
Einflussmatnx aus Tabelle<br />
2.1; dargestellt werden<br />
nurmittelstarke (einfacher<br />
Pfeil) <strong>und</strong> starke<br />
Einflüsse.<br />
Schritt 7: iI1IC-MAC-Analyse<br />
Die MIC-MAC-Analyse liefert einen ersten groben<br />
Einblick in die Systemdynamik. Sie ermittelt in<br />
grober Weise, inwieweit die verschiedenen Einflussfaktoren<br />
in indirekter Weise in das System einbezogen<br />
sind. Ermittelt wird eine Art Vernetzungsrangreihe.<br />
Man erkennt, welche Einflussfaktoren stark in<br />
das System eingebettet sind (vgl. Godet, 1986). Wie<br />
die System-Grid-Methode ist auch die MIC-MAC<br />
Methode ein heuristisches Verfahren.<br />
Schritt 8: Trendprojektionen<br />
Wie bekannt, besteht das Ziel der Szenarioanalyse<br />
darin, mögliche zukünftige Zustände zubeschreiben.<br />
Für jede Einflussgrösse werden der Ist-Zustand<br />
<strong>und</strong> unterschiedliche Ausprägungen beschrieben,<br />
die sie annehmen können. Z.B. kann der Energieverbrauch<br />
«hoch», die Niederschlagsmenge«niedrig», das<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein doch» <strong>und</strong> das Bruttosozialprodukt<br />
«sehr niedrig» sein.<br />
Ein wesentlicher Schritt der Trendprojektion besteht<br />
in der Konsistenzanalyse. In der Konsistenzanalyse<br />
muss geprüft werden, inwieweit die in einem<br />
Szenario angenommenen Ausprägungen von Einflussvariablen<br />
logisch konsistent sind. Dazu gibt es<br />
verschiedene computergestützte Verfahren.<br />
Schritt 9: Szenarioauswahl<br />
Ausgewählt werden nun einige exemplarische Sze<br />
narien, die einer näheren Untersuchung <strong>und</strong> Bewertung<br />
zugeführt werden. Als Voraussetzung für eine<br />
weitergehende Analyse ist in der Regel die Konsistenz<br />
der Ausprägungen der Einflussfaktoren zu<br />
betrachten. Dieser Bearbeitungsschritt wird auch<br />
Konsistenzanalyse genannt. Ziel ist es, mit wenigen<br />
Szenarien den Zukunftsraum in einer Art zu erfassen,<br />
wie es im Szenariotrichter illustriert ist.<br />
Schritt 10: Strategien<br />
Nachfolgend werden Strategien erarbeitet, welche in<br />
einem bestimmten Zeitrahmen die Realisierung von<br />
Zielen innerhalb der Szenarios ermöglichen.<br />
Analyse vers.,s Synthese der Szenarioanalyse<br />
Innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> '94 diente die Methode der<br />
Szenarioanalyse als Synthesetechnik. Mit Hilfe ver-<br />
40<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-------'-------------------------<br />
Methoden<br />
schiedener Verfahren, die in diesem Problem/System<br />
Abschnitt beschrieben werden, soll<br />
das Wissen aus den verschiedenen<br />
disziplinär <strong>und</strong> auf die Systeme <strong>Umwelt</strong>,<br />
Landwirtschaft etc. ausgerichteten<br />
Teilprojekte integriert werden<br />
(d.h. dass Wissen aus allen Teilprojekten,<br />
die für ein Systemverständnis<br />
relevant sind, einbezogen werden).<br />
Fall<br />
Ein Ziel der Szenarioanalyse bestand<br />
S~slem<br />
darin, ein möglichst ganzheitliches<br />
Verständnis des Grossen Moos, seiner<br />
Charakteristiken, Probleme <strong>und</strong> Dy- .<br />
namik zu unterstützen.<br />
Ein weiteres Ziel der Szenarioanalyse<br />
war es somit, mögliche Handlungsstrategien<br />
für das Grosse Moos<br />
bezogen auf verschiedene zukünftige<br />
zenarios zu formulieren. In Zentrum<br />
der Handlungsstrategien stand dabei<br />
die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung der<br />
Region. Das Verhältnis von Analyse <strong>und</strong> Synthese<br />
ist in Abbildung 2.1.5 dargestellt. Die Synthese<br />
wird teilweise <strong>durch</strong> unterschiedliche Repräsentationsformen<br />
<strong>und</strong> verschiedene Algorithmen (z.B. die<br />
MIC-MAC-Analyse) unterstützt.<br />
Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />
Die Frage, welche Ergebnisse von Anwendungen der<br />
Szenariotechnik in der Zukunft zu erwarten sind,<br />
wird von Missler-Behr (1993) in kompakter Weise<br />
beschrieben.<br />
«Die Szenarioanalyse steht ... erst am Anfang<br />
ihrer Verbreitung. Hemmend für ihre Einführung<br />
wirkt sich aus, dass sie ein sehr langwieriger,<br />
arbeits- zeit-, personal- <strong>und</strong> kostenintensiver<br />
Prozess ist. Ausserdem fehlt i.a. das methodische<br />
Wissen für eine Szenarioanalyse.<br />
Indem sich der Planer die Stärken <strong>und</strong><br />
Schwächen des Szenarioprozesses im generellen<br />
<strong>und</strong> der angewandten Methoden im speziellen<br />
klar macht, lernt er gezielt, Unsicherheiten wahrzunehmen,<br />
diese bei der Planung einzuarbeiten<br />
<strong>und</strong> zukunftsgerichtet zu handeln.<br />
Für die erfolgreiche Durchführung einer Szenarioanalyse<br />
ist Gruppenarbeit notwendig. ...<br />
Insgesamt werden <strong>durch</strong> den Szenarioprozess<br />
Kreativität <strong>und</strong> Flexibilität der Planung erhöht.<br />
Das generelle Problembewusstsein wird geschärft.<br />
Mit der Zeit entsteht ein besseres Verständnis<br />
der Umfelder, die Wahrnehmung von<br />
Veränderungen wird sensibilisiert, wo<strong>durch</strong> frühzeitig<br />
Korrekturmassnahmen eingeleitet werden.»<br />
(Missler-Behr, 1993, S. 161)<br />
Perzeptoren<br />
Abb. 2.1.5 Analyse <strong>und</strong>Synthese in der Szenarioanalyse.<br />
Wahrnehmung!<br />
Bewertung!<br />
Erkenntnis<br />
Zukunftsbild<br />
Am entscheidensten ist zweifelsfrei der Prozess der<br />
Szenarioerstellung. Dieser kann, wie in dem Kapitel<br />
zu RAHMENBEDINGUNGEN in diesem Band gezeigt<br />
wird, auch als Einstieg in ein System-Dynamics Modelfing<br />
genutzt werden.<br />
Eine Szenarioanalyse kann mit verschiedenen Zielsetzungen<br />
<strong>durch</strong>geführt werden. Eine Variante besteht<br />
darin, sich inden Raum von Zukunftsszenarien<br />
<strong>und</strong> seine Determinanten (i.e. die Einflussfaktoren)<br />
einzudenken, um zu erkennen, welche Entwicklungen<br />
am wahrscheinlichsten scheinen. Eine Strategieanalyse<br />
kann bei einem solchen Vorgehen darin bestehen,<br />
für die wahrscheinlichsten Szenarien (lokale)<br />
Handlungsoptionen zu konstruieren, um bestimmte<br />
Ziele (z.B. Minimierung des Schadstoffeintrags in<br />
den Boden) zuerrreichen.<br />
Eine andere Variante bestände darin, im Raum der<br />
konsistenten Szenarien Wunschszenarien ausfindig<br />
zu machen <strong>und</strong> nach Bedingungen zu suchen, wie<br />
diese realisiert werden können. Die Suche nach<br />
Wunschszenarien setzt eine Szenariobewertung voraus.<br />
Einige Methoden für eine Szenariobewertung<br />
werden im Abschnitt Multikriterielle Entscheidungstheorie<br />
vorgestellt.<br />
Eine dritte <strong>und</strong> m.E. neue Variante wird im Kapitel<br />
SZENARJOANALYSE in diesem Band vorgestellt. In<br />
dieser Variante werden für bestimmte Planungsentwürfe<br />
«passige» Szenarien (externe Konsistenz)<br />
konstruiert, die ihrerseits auf ihre interne Konsistenz<br />
geprüft werden.<br />
Weitere Varianten sind denkbar <strong>und</strong> sinnvoll. Dabei<br />
sollte insbesondere einer differenzierten Wahrscheinlichkeitseinschätzung<br />
von Annahmebündeln<br />
Aufmerksamkeit geschenkt werden, die <strong>durch</strong> die<br />
Cross-Impact Analyse (vgl. Götze, 1993, S. 163-214)<br />
ermittelt werden könnten.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 41
Methoden<br />
_<br />
Die Anwendung der Szenarioanalyse wirft eine<br />
Reihe von interessanten psychologischen, technischen<br />
<strong>und</strong> erkenntnistheoretischen Forschungsfragen<br />
auf.<br />
Zu den psychologischen Fragen gehört, welche mentalen<br />
Prozesse bei einer Szenarioanalyse aktiviert<br />
werden <strong>und</strong> vor allem, wie sich unterschiedliche<br />
Gruppenentscheidungsregeln bei der Konsensusfindung<br />
auswirken. Soll etwa die Beziehung zwischen<br />
zwei Einflussfaktoren auf einer vierstufigen<br />
Skala beurteilt werden, so liegen in der Regel verschiedene<br />
Meinungen vor. Soll nun ein Gruppenkonsensus<br />
hergestellt werden, so gibt es verschiedene<br />
Entscheidungsregeln, die zu unterschiedlichen<br />
Gruppenmeinungen führen. So kann man sich auf<br />
die häufigste Alternative (den Modalwert) oder die<br />
mittlere Meinung (den Median) einigen (vgl. Crott,<br />
1979, Zuber, 1988). Auch beeinflussen unterschiedliche<br />
Typen von Gruppendiskussionen den Einigungsprozess<br />
(Crott et al., 1991).<br />
Zu den technischen Fragen gehört, auf welchem Skalenniveau<br />
die Einflussmatrix oder eine Konsistenzanalyse<br />
zu führen ist. Oder: Wie sollen die Daten<br />
erhoben werden?<br />
Am wichtigsten jedoch sind zweifelsfrei die<br />
erkenntnistheoretischen Fragen. Lässt sich <strong>durch</strong> eine<br />
Formative Szenarioanalyse eine neue Qualität von Erkenntnis<br />
oder Intuition (vgl. Scholz, 1994) erreichen?<br />
Wie sieht es mit der Validität <strong>und</strong> der Reliabilität der<br />
Ergebnisse aus? (vgl. Hasler <strong>und</strong> Schärli, 1995) Wie<br />
lassen oder sollten Experten in eine Szenarioanalyse<br />
einbezogen werden? (Götze, 1993, S. 226 ff.)<br />
Trotz dieser Fragen ist die Szenarioanalyse sicherlich<br />
eines der wichtigsten Syntheseverfahren der<br />
<strong>Fallstudie</strong>narbeit in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften,<br />
da sie es erlaubt, Wissen<br />
verschiedenen Horizonten <strong>und</strong><br />
Teilprojekten in transparenter<br />
Weise in Beziehung zu<br />
setzen. Die Aussagen einer<br />
Szenarioanalyse sind dabei<br />
semiquantitativ, ihr Vorgehen<br />
hat etwas Holzschnittartiges<br />
jedoch liegt am Gegenstand, da Prognosen über<br />
reale, komplexe Systeme nie exakt sein können.<br />
2.2 Raum·Nutzungs·Verhandlungen<br />
Wo, wann <strong>und</strong> warum hat sich die Konzeption<br />
Raum·Nutzungs·Ver'handlungen entwickelt?<br />
Partizipation, Bürgerbeteiligung, Entbürokratisierung,<br />
Einbezug von Betroffenen sind Schlagworte,<br />
welche in den siebziger Jahren in einigen Ländern<br />
Mitteleuropas <strong>und</strong> insbesondere Deutschland die<br />
Suche nach neuen Formen der Politikberatung begleitet<br />
haben. Bekannter geworden sind besonders<br />
die Konzeption der Planungszelle (DieneI, 1992),<br />
Sozialverträglichkeitsstudien zu Technologien (Jungermann,<br />
Pfaffenberger, Schäfer <strong>und</strong> Wild, 1986),<br />
der kooperative Diskurs (Renn <strong>und</strong> Webler, 1992)<br />
oder das Modell C.E.A.T. (Communaute d'etudes<br />
pour I'amenagement du territoire, siehe Rey, 1995).<br />
Eine nähere Beschreibung dieser Modelle findet sicn<br />
im Kapitel RA Uirf-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN in diesem<br />
Buch.<br />
Die Konzeption Raum-Nutzungs-Verhandlungen geht<br />
auf einen Idee der <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive Grosses<br />
Moos» zurück. Die wesentliche Idee besteht<br />
darin, die unterschiedlichen Ansprüche <strong>und</strong> Interessen<br />
der verschiedenen Parteien bei der Festlegung<br />
der Nutzung für ein Areal als einen Aushandlungsprozess<br />
zu betrachten. Ein Charakterzug der Raume<br />
Nutzungs- VerhandlungeIl der vorgeschlagenen Konzep<br />
tion ist das «bottom up Prinzip». Angeregt wurde<br />
diese Konzeption <strong>durch</strong> die Gr<strong>und</strong>sätze des Landschaftsentwicklungskonzepts<br />
(LEK) von Bolliger<br />
<strong>und</strong> Roux (1993). In der <strong>Fallstudie</strong> '94 Perspektive<br />
Grosses Moos wurden in der Synthesegruppe Raum<br />
Nutzungs- Verhandlungen Pläne für eine Landschaftsentwicklung<br />
eines ländlichen Raums in Zusammenarbeit<br />
von Betroffenen, unter Miteinbezug von<br />
Fachleuten erarbeitet <strong>und</strong> in einem Verhandlungsprozess<br />
modifiziert (Scholz et al, 1995, S. 132, siehe<br />
auch Baeriswyl <strong>und</strong> Nufer, 1995).<br />
In der <strong>Fallstudie</strong> 1995 wurde das Konzept am Beispiel<br />
der <strong>Umnutzung</strong> des Sulzer- Escher Wyss-Areals<br />
weiterentwickelt <strong>und</strong> für den komplexeren innerstädtischen<br />
Planungsprozess angepasst. In Raum-<br />
Nutzungs-Verhandlungen werden die Haupt-Akteure<br />
des Falls einbezogen. Dies sind die Eigner, die<br />
Investoren <strong>und</strong> die zuständigen Verantwortlicher><br />
der Öffentlichen Hand. In Zusammenarbeit m,<br />
Vertretern der Bevölkerung <strong>und</strong> der <strong>Umwelt</strong><br />
erarbeiten sie, innerhalb des rechtlichen Rahmens<br />
Lösungsvorschläge, die den Entscheidungsträgern<br />
zur Unterstützung dienen.<br />
Im Konzept der Raum-Nutzungs-Verhandlungen wird<br />
davon ausgegangen, dass<br />
@l<br />
@l<br />
Ol)<br />
Ol)<br />
bei der Gestaltung eines Raumes<br />
verschiedene Beteiligte (im Folgenden Akteure genannt)<br />
teilweise entgegengesetzte <strong>und</strong> teilweise gleichgerichtete<br />
Interessen besitzen <strong>und</strong><br />
über einen Verhandlungsprozess versuchen, zu einer<br />
Lösung zu kommen,<br />
Ol) "die gegenüber dem status quo zu einer Verbesserung<br />
führt.<br />
Dabei bezeichnet der status quo die Lösung, die sich<br />
die Akteure ohne zu verhandeln, sichern können.<br />
Bezeichnet man den Raum oder die Arealnutzung<br />
42<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
----------------------'----- ~ Methoden<br />
als den Verhandlungsgegenstand, die Beteiligten als<br />
Akteure oder Verhandler, dann liegt mit der gegebenen<br />
Beschreibung genau eine Situation vor, die<br />
in der sozialwissenschaftlichen Konfliktforschung als<br />
Verhandlungssituation bezeichnet wird Orle, 1975;<br />
Crott, 1979; Scholz, 1981; Güth, 1992).<br />
Dem Konzept der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
liegen die Annahmen zugr<strong>und</strong>e, dass<br />
• ökologische Anliegen ein Interesse darstellen bzw.<br />
von einer Interessengruppe repräsentiert werden<br />
<strong>und</strong><br />
CI<br />
dass die Interessen der verschiedenen Gruppen<br />
bezüglich der Nutzung des Raumes auseinandergehen.<br />
In der vorgestellten Konzeption der Raum-Nutzungs<br />
Verhandlungen wird somit der politikwissenschaftliche<br />
Partizipations- <strong>und</strong> Mediationsansatz mit der soziallmd<br />
wirtschaftspsychologischen Verhandlungsfor-<br />
.:hung verb<strong>und</strong>en. Die Konzeption stellt somit<br />
einen Beitrag zur «VersozialwissenschaJtlichung» der<br />
Praxis dar. Aus umweltnaturwissenschaftlicher Perspektive<br />
wurzelt die Konzeption in der Vision, dass<br />
<strong>durch</strong> eine Optimierung sozialer Prozesse der Umgang<br />
mit <strong>Umwelt</strong>ressourcen verbessert werden kann.<br />
Welche Fragen lassen sich mit Raum-Nutzungs<br />
VerhandluJlgen bearbeiten?<br />
Mit Raum-Nutzungs-Verhandlungen wird<br />
1. ein Mediationsverjahren bezeichnet, bei dem Interessen<br />
verschiedener Gruppen bezogen auf ein<br />
Areal oder einer Landschaft über einen moderierten<br />
Verhandlungsprozess integriert <strong>und</strong> zur Entscheidungsunterstützung<br />
im Entwicklungsprozess<br />
verwendet werden können<br />
2. der sozial-, wirtschafts- <strong>und</strong> umwe!tpsychologische<br />
Untersuchungsgegenstand verstanden, der <strong>durch</strong> den<br />
realen Prozess der Interaktion der Akteure bezogen<br />
auf die Gestaltung <strong>und</strong> Realisation eines<br />
Areals oder einer Landschaft gegeben ist.<br />
Ein wesentliches (Hilfs-)Mittel ist die Ermittlung<br />
<strong>und</strong> Kommunikation der Interessen- <strong>und</strong> Bewertungsgesichtspunkte<br />
der Akteure. Diese können das<br />
Mediationsverfahren erleichtern <strong>und</strong> helfen, den<br />
Verhandlungsspielraum auszunutzen. Ziel der Raum<br />
Nutzungs-Verhandlungen ist es, die Wert- <strong>und</strong> Schadschöpfung<br />
zu optimieren, Fehlwahrnehmungen zu<br />
verhindern, pareto-optimale Lösungen zu sichern <strong>und</strong><br />
defektive Interaktionen zu vermeiden.<br />
Aus welchen Schritten bestehen die<br />
Raum-Nutzungs-Verhandlungen?<br />
Wir beschreiben den möglichen Ablauf einer Raum<br />
Nutzungs-Verhandlung im Rahmen einer Mediation.<br />
Es werden folgende Schritte als notwendig erachtet.<br />
Dabei werden sozialwissenschaftliche Erkenntnisse<br />
insbesondere im 4. Schritt benötigt.<br />
Schritt 1:<br />
Der Wille zu kooperativer Problemlösung<br />
Ein rechtlich oder demokratisch legitimierter<br />
Hauptakteur des Falls muss den Willen haben, den<br />
Entscheidungsprozess <strong>durch</strong> einen kooperativen<br />
Diskurs verbessern zu wollen.<br />
Schritt 2:<br />
DerAuftrag an einen qualifizierten Mediator<br />
Die Raumnutzungsverhandlung wird <strong>durch</strong> Auftrag<br />
eines demokratisch <strong>und</strong>/oder rechtlich legitimierten<br />
Mediators eingeleitet. Dieser sollte nicht nur in den<br />
Bereichen der Moderation, sondern auch in den<br />
theoretischen <strong>und</strong> empirischen Konzepten <strong>und</strong> Verfahren<br />
derEntscheidungs- <strong>und</strong> Verhandlungsanalyse<br />
versiert sein.<br />
Schritt 3:<br />
Auswahl der Interessensgruppen <strong>und</strong> Hauptakteure<br />
Der Mediator bestimmt aufgr<strong>und</strong> einer Fallanalyse<br />
<strong>und</strong> theoretischer Erwägungen, welche Interessengruppen<br />
an einer Verbesserung der Lösungsfindung<br />
zu beteiligen sind. Um zu einer sachgerechten <strong>und</strong><br />
fairen Repräsentanz zu kommen, gibt es jedoch kein<br />
Patentrezept. Entscheidend sind hier die kommunikativen<br />
Prozesse <strong>und</strong> auch die Fähigkeit des Mediators,<br />
die unterschiedlichen Qualitäten von Wissen,<br />
welche in verschiedenen Akteursgruppen vorhanden<br />
sind, angemessen einzuschätzen (vgl. Weidner,<br />
1995). In einem geeigneten, situationsangemessen<br />
zu gestaltenden Verfahren sind aus den Interessengruppen<br />
Hauptakteure auszuwählen. Alle Akteure<br />
sollten sich nicht nur <strong>durch</strong> interessensbezogene<br />
Bachkompetenz, sondern auch <strong>durch</strong> die Fähigkeit<br />
<strong>und</strong> die Bereitschaft zu einer kooperativen Konfliktlösung<br />
<strong>und</strong> Entscheidungsfindung auszeichnen.<br />
Die Sachkompetenz von bestimmten Gruppen ist<br />
gegebenenfalls <strong>durch</strong> Berater oder Seminare zu<br />
herzustellen. Dabei sollte die Auswahl des Sachverständigen<br />
<strong>durch</strong> die Akteure selber in einem<br />
kooperativen Prozess mit d.em Mediator erfolgen.<br />
Schritt 4:<br />
Erfassung der Interessen <strong>und</strong> Bewertungen der Hauptakteure<br />
Die spezifischen Interessen <strong>und</strong> die konkreten Bewertungen<br />
von allfällig vorhandenen Planungsvorschlägen<br />
<strong>und</strong> Ideen sollen von allen Hauptakteuren<br />
erhoben werden. Hierzu erscheint ein zweistufiger<br />
Prozess angemessen (vgl. Scholz <strong>und</strong> Weber, 1994).<br />
In teilstrukturierten Interviews werden Entwicklungsideen<br />
<strong>und</strong> Bewertungen erhoben. In einem zweiten<br />
Schritt werden mit einem formativen Verfahren die<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
43
Methoden ~ _<br />
spezifischen Kriterien, Gewichtungen, Toleranzschwellen<br />
oder Minimalbedingungen etc. 'erfasst.<br />
Diese Schritte verlangen ein «entwickeltes professionelles<br />
sozialwissenschaftliches Vorgehen", wobei<br />
Methoden zu entwickeln sind, welche die Akteure<br />
«nahe an den Verhandlungsgegenstand heranbringen".<br />
Als Beispiel für eine Erhebungsmethodik<br />
dient der in Abschnitt 5.2. des Kapitels RAUfrJ-NuT<br />
ZUNGS- VERHANDLUNGEN vorgestellte Exploration-Parcours.<br />
In einem solchen Parcours werden den Akteuren<br />
Photos <strong>und</strong> Modelle vorgelegt, mit denen sie sich<br />
intensiv <strong>und</strong> gegebenfalls in mehreren Sitzungen<br />
auseinanderzusetzen haben. Um an die wirklichen<br />
Interessen- <strong>und</strong> Nutzenprofile heranzukommen, ist<br />
es geboten
__________________________________________Methoden<br />
terschiedliche Perspektiven dar. Überschreitet die<br />
Anzahl der Interessenten eine überschaubareZahl<br />
(n>12), so lassen sich in der Regel Gruppierungen<br />
bilden. Es gilt nun, für die einzelnen Gruppierungen<br />
Vertreter zu bestimmen. Diese Auswahl ist unscharf<br />
<strong>und</strong> die ausgewählten Personen haben im wortwörtlichen<br />
Sinn die Funktion einer «vicarious mediation»<br />
(stellvertretende Vermittlung von Interessen) zu erfüllen.<br />
Handelt es sich bei dem ausgewählten Interessenvertreter<br />
um eine Person, die sich fortlaufend<br />
mit dem Kreis der Betroffenen abstimmt, so ist eine<br />
weitere «Linse fraktal» in die Interessendekomposition<br />
<strong>und</strong> -synthese einzubetten. Dies wird in Abbildung<br />
2.2 für die Gruppe der Wirtschaftsvertreter<br />
illustriert.<br />
Bei allen Objekten mit einer bestimmten Grössenordnung<br />
werden Interessen der Allgemeinheit berührt.<br />
Da <strong>Umwelt</strong> ein Allgemeingut ist, begründet<br />
ies auch, warum Ökologie eine Interessenperspek··<br />
tive ist, die in Raum-Nutzungs-Verhandlungen zu berücksichtigen<br />
ist.<br />
Welche Ergebn.isse können. erwartet werden.?<br />
Erfahrungen in· vielen Bereichen der Gesellschaft<br />
lassen eine verstärkte Bereitschaft zu kooperativen<br />
Problemlösungen erkennen. Dies betrifft nicht nur<br />
die Partizipation im politischen Bereich. Auch im<br />
wirtschaftlichen Bereich haben sich Ansätze als erfolgreich<br />
<strong>und</strong> profitabel erwiesen, Arbeiter, Angestellte,<br />
Meister, Produktionsingenieure, Konsumenten<br />
usw. an der Produktentwicklung zu beteiligen<br />
(siehe Bungard, 1980, Wagner, 1993). Auch lassen<br />
sich Tendenzen zu einer Entbürokratisierung behördlicher<br />
Planungsprozesse erkennen. Diesen Prozessen<br />
ist gemein, dass die Personen an der Produktentwicklungoder<br />
Produktplanung beteiligt werden,<br />
je über die weitestgehenden konkret gegenständlichen<br />
Erfahrungen verfügen (vgl. Ulich, 1992,<br />
S.59ff). Indem das Wissen aus verschiedenen Perspektiven<br />
<strong>und</strong> Wissenshorizonten schon in frühen<br />
Phasen intergriert wird, kann somit eine «built in<br />
quality» erzeugt werden.<br />
Gegen die vorgestellte Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
<strong>und</strong> die Aussagekraft der vorgestellten<br />
Ergebnisse lassen sich eine Reihe von<br />
Bedenken vortragen (vgl. Knoepfel 1995b).<br />
An Raum-Nutzungs-Verhandlungen sollen alle wichtigen<br />
Gruppen qualifiziert vertreten sein. Dies verlangt<br />
im ersten Schritt, dass alle wichtigen Gruppen<br />
erfasst sind <strong>und</strong> im zweiten, dass die Gruppen repräsentativ<br />
vertreten sind. Beide Schritte sind schwierig<br />
<strong>und</strong> es gibt für sie kein Patentrezept. Dies betrifft<br />
jedoch nicht nur die Raum-Nutzungs-Verhandlungen,<br />
sondern betrifft alle Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse.<br />
Der Nutzen von Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
sollte<br />
• in einer Verbesserung des Problemlösungsprozesses,<br />
• einer Projektbeschleunigung <strong>und</strong><br />
.. in einer erhöhten Sozialverträglichkeit des Prozesses<br />
<strong>und</strong> des Produkts liegen.<br />
Die Hoffnung auf eine Projektbeschleunigung erscheint<br />
vielleicht aufden ersten Blick nicht plausibel<br />
(Knoepfel, 1995b). Jedoch können <strong>durch</strong> Raum<br />
Nutzungs-Verhandlungen spätere Rekurse vermieden<br />
werden <strong>und</strong> somit, über alles gesehen, eine Projektbeschleunigung<br />
erreicht werden.<br />
Wichtig bei einer Gestaltung von Raum-Nutzungs<br />
Verhandlungen ist, dass diese nicht als Entscheidungsersatz<br />
für demokratisch oder rechtlich legitimierte<br />
Prozesse zu betrachten sind. Sie sind als Entscheidungsunterstützung<br />
zu sehen <strong>und</strong> dürfen zu keiner<br />
Entmachtung der «polis» führen.<br />
Die Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
bietet eine Chance zur Verwissenschaftlichung der<br />
Praxis. Indem .das Wissen der politik- <strong>und</strong> sozialwissenschaftlichen<br />
Verhandlungsforschung genutzt<br />
wird, können Interessen besser kommunizierbar gemacht<br />
<strong>und</strong> vorurteilsgeladene Fehlwahrnehmungen<br />
vermieden werden. Auf diese Weise werden Verhandlungs(spiel)räume<br />
nutzbar. Damit bietet sich<br />
die Chance, pareto-optimale Uisungen <strong>und</strong> einen fairen<br />
Interessenausgleich zu sichern.<br />
Die Konzeption der Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
ist kein Allheilmittel. Auch gilt es das Verfahren<br />
jeweils situationsangemessen zu modifizieren. Folgenden<br />
Problemen sollte besondere Beachtung<br />
geschenkt werden:<br />
.. der Auswahl eines wissenschaftlich versierten <strong>und</strong><br />
akzeptierten Mediators; ein sensibler Bereich stellen<br />
hier die Überzeugungen <strong>und</strong> Eigeninteressen<br />
des Mediators dar,<br />
Methoden --,- _<br />
lichen Wissens. Entscheidungsträger <strong>und</strong> Akteure<br />
des Falls besitzen nur ein sehr begrenztes Fachwissen.<br />
Welche Stoffflüsse mit einem Gestaltungsentwurf<br />
verknüpft sind oder welche ökologische<br />
Qualität (potentiell) ein Freitlächenkonzept besitzt,<br />
wird häufig falsch wahrgenommen. Indem die Bewertungsstrukturen<br />
der Akteure deutlich gemacht<br />
werden, ergeben sich Chancen, die Wahrnehmung<br />
von Sachstrukturen zu verbessern.<br />
verfahren als Teil eines Netzwerks von Produktionsschritten<br />
gesehen werden muss (Schmidt et al., 1994;<br />
Heijungs, 1994). Mit Hilfe der Ökobilanz sollten die<br />
Auswirkungen jenes Anteils des Netzwerkes berücksichtigt<br />
werden, der nur für das spezielle Produkt<br />
aufgewendet werden muss. Notwendig ist daher also<br />
nicht nur die Auswahl <strong>und</strong> Quantijizierung aller Produktionsschritte,<br />
die an der Erstellung des Produktes<br />
beteiligt sind, sondern auch die Definition <strong>und</strong><br />
Quantijizierung der ökologi~chenAuswirkungen.<br />
2.3 Ökobilaftz<br />
Wo, wann <strong>und</strong> W/n'Bun hat sich die Ökobilanzierilng<br />
entwickelt?<br />
Als Ausgangspunkt diente die zunehmende <strong>Umwelt</strong>verschmutzung<br />
<strong>durch</strong> anthropogene Schadstoffe <strong>und</strong><br />
deren Wahrnehmung in der Gesellschaft. Die daraus<br />
resultierenden Diskussionen über spezielle Produkte<br />
(unter Produkte subsummieren wir auch Güter<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen) gerieten zunehmend in argumentative<br />
Sackgassen, weil zunächst nur die unmittelbar<br />
bei der Produktion entstehenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
gesehen wurden. Bald wuchs das<br />
Bewusstsein, dass die indirekten <strong>und</strong> mittelbaren<br />
Auswirkungen von Produkten für ihre Beurteilung<br />
eine sehr grosse Rolle spielen. Die Ökobilanz sollte<br />
nun - gleichsam gesamtheitlich - möglichst vollständig<br />
die ökologischen (ökologisch bedeutet hier, den<br />
Naturhaushalt betreffend) Auswirkungen erfassen,<br />
indem der gesamte Lebenszyklus des Produktes <br />
von der Rohstoffgewinnung über die Produktion, die<br />
Verteilung, die Nutzung bis zur Entsorgung - einbezogen<br />
wird (vgl. als einführende Literatur Etterlin et<br />
al., 1992).<br />
Impulse, die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen menschlicher<br />
Aktivitäten systematisch zu bilanzieren, haben sich<br />
seit den 80er Jahren insbesondere in den Niederlanden<br />
(vgl. z.B. Heijungs, 1992), in der Schweiz<br />
(vgl. z.B. Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk, 1993) <strong>und</strong><br />
in Deutschland (vgl. z.B. Schmidt-Bleek,1993) entwickelt.<br />
Die Idee war, ein Verfahren<br />
zu etablieren, mit dem man Produkte<br />
(oder Produktionsverfahren) im Hinblick<br />
auf ihre ökologische Verträglichkeit<br />
miteinander vergleichen kann.<br />
Primäres Ziel der Ökobilanzierung ist<br />
es, <strong>durch</strong> die Auswahl von «ökologischen»<br />
Produkten (Selektion, Baccini<br />
<strong>und</strong> Bader, 1995) einen sparsamen<br />
Umgang mit Ressourcen <strong>und</strong> eine<br />
möglichst geringe anthropogene <strong>Umwelt</strong>belastung<br />
zu erreichen.<br />
Gleichzeitig setzte sich die Auffassung<br />
<strong>durch</strong>, dass jedes Produktions-<br />
AusgangsstoffelRohstoffe:<br />
Quarzsand, Soda, Kalk,<br />
Dolomit, Feldspat<br />
Altglas<br />
Welche fragen lassen sich mit Hilfe eifler Ökobilaflz<br />
behandeln ?<br />
Anwendungsgebiete<br />
Eine Ökobilanz dient i.a. zum Vergleich von verschiedenen<br />
Produkten oder Prozessen, die dieselbe Funktion<br />
erfüllen. Bezogen auf 11 Milch kann das z.B.<br />
die Transportverpackung oder der Transport selbs'<br />
oder der Packstoff sein (z.B. Glas, vgl. Abb. 2.3.1).<br />
Für die funktionale Einheit (engl. functional unit, vgl.<br />
z.B. Heijungs, 1994) werden verschiedene Produkte<br />
(z.B. Glas, Kunstoff) eingesetzt, die miteinander<br />
vergleichbar sind, weil sie denselben Nutzen erbringen<br />
(z.B. die für 11 Milch erforderliche Menge eines<br />
Packstoffes).<br />
Gr<strong>und</strong>lage für diesen Vergleich ist die Quantifizierung<br />
der negativen ökologischen Auswirkungen, die<br />
mit der funktionalen Einheit in Verbindung stehen.<br />
Eine Ökobilanz bildet also das Netzwerk von Produktionsschritten<br />
ab, das für die Erstellung, N utzung<br />
<strong>und</strong> Entsorgung eines Produktes erforderlich<br />
ist, <strong>und</strong> ermöglicht dessen integrale Betrachtung hinsichtlich<br />
des Beitrags zu <strong>Umwelt</strong>schäden (vgl. Kapitel<br />
ÖKOBILANZ <strong>und</strong> als weitere Beispiele Frischknecht<br />
et al., 1994; Habersatter <strong>und</strong> Widmer, 1991).<br />
Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk (1993) setzen das<br />
Konzept der Ökobilanz inzwischen auch für die öko<br />
logische Bewertung von Stoff- <strong>und</strong> Energietlüssen<br />
in Unternehmungen ein. Durch eine solche Analyse<br />
ergeben sich bei der Analyse der jährlichen Stoff<strong>und</strong><br />
Energieflüsse in einem Unternehmen (s.u. Stoff-<br />
Glas<br />
1000 kg<br />
Abb. 2.3.1 Die an der Bereitstellung derfunktionalen Einheit 1000 kg Glas beteiligten Produkte/<br />
Proz.esse (Stoffflussschema der Glasherstellung, vereinfacht nach Habersatter <strong>und</strong>Widmer, 1991).<br />
46<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________Methoden<br />
flussanalyse) <strong>und</strong> der Einschätzung der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
<strong>Umwelt</strong>belastung (Bewertung) schon <strong>durch</strong><br />
ihre Offenlegung Ansätze <strong>und</strong> Verbesserungsmöglichkeiten.<br />
Mit einer solchen Ökobilanz versuchen<br />
Unternehmen sowohl, ihr ernsthaftes Interesse an<br />
ihrer ökologischen Verträglichkeit zu dokumentieren,<br />
als auch ihr Image zu verbessern. Für die gesellschaftliche<br />
Bewertung <strong>und</strong> Diskussion von marktwirtschaftlichen<br />
Steuerungsmöglichkeiten müssen<br />
adäquate Bezugsgrössen gef<strong>und</strong>en werden. Braunschweig<br />
<strong>und</strong> Mülier-Wenk (1993) definieren z.B.<br />
ökologische Produktivität als Quotient aus der wirtschaftlichen<br />
Wertschöpfung <strong>und</strong> den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen.<br />
Der Kehrwert davon wird bei der Ökobilanzierung<br />
der Varianten zur Bewertung herangezogen.<br />
Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Stoffflussanalysen<br />
<strong>und</strong> Ökobilanzen von Gemeinden <strong>und</strong><br />
'.egionen (vgl. Baccini <strong>und</strong> Brunner, 1991). Ausgangspunkt<br />
ist hier die Frage, ob eine möglicherweise<br />
absehbare Entwicklung der Bevölkerung <strong>und</strong><br />
der Wirtschaft mit der Erhaltung der natürlichen<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lagen vereinbar ist (Nachhaltigkeit).<br />
Ökobilanzen sollen hier Material für die Steuerung<br />
der weiteren Entwicklung der Region aggregieren<br />
<strong>und</strong> bewerten.<br />
Bewertungsproblem<br />
Bei der Bewertung der Ergebnisse ergibt sich die<br />
Schwierigkeit, verschiedene <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(z.B. die Schädigung der Ozonschicht <strong>und</strong> radioaktive<br />
Emissionen) miteinander vergleichen <strong>und</strong> gegeneinander<br />
abwägen zu müssen. In vielen Fällen ist<br />
eine vergleichende Ökobilanz nicht eindeutig, weil<br />
ein V~rgleich bei verschiedenen Kriterien (<strong>Umwelt</strong>auswirkungen)<br />
unterschiedliche Präferenzen ergibt.<br />
Die Ermittlung der Prioritäten, die man den ver-<br />
~hiedenen Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> bei ihrem<br />
Vergleich zuweist, ist aber nur ein Teil des Bewertungsproblems.<br />
Der andere Teil betrifft die funktionale<br />
Einheit: Die «formale» Funktion der betrachteten<br />
Einheit lässt sich meist relativ einfach definieren.<br />
Beim Vergleich von Transportsystemen kann z.B. ein<br />
«Personenkilometer» (= Transport einer Person über<br />
einen Kilometer) als Berechnungsgr<strong>und</strong>lage für den<br />
Vergleich vom öffentlichen <strong>und</strong> privaten Verkehr<br />
herangezogen werden. Einige wichtige Charakteristika<br />
der unterschiedlichen Transportmittel bleiben<br />
so jedoch unberücksichtigt:<br />
e technische Kriterien, wie die zeitliche <strong>und</strong> räumliche<br />
Verfügbarkeit <strong>und</strong> der gleichzeitige Transport<br />
von Material,<br />
e ökonomische Kriterien wie die Finanzkraft der<br />
öffentlichen Hand (etwa für Infrastrukturmassnahmen)<br />
<strong>und</strong> der Bevölkerung (etwa für die Anschaffung<br />
eines PW), <strong>und</strong><br />
e soziale Kriterien wie der individuelle Nutzen (z.B.<br />
<strong>durch</strong> die Geschwindigkeit, das Prestige oder auch<br />
die Risikobereitschaft beeinflusst).<br />
Alls welchen Schritte.n beste.ht eine. Ökobilanz?<br />
Ökobilanz ist nicht eine Methode, sondern die Bezeichnung<br />
für eine Reihe von Methoden, die sich<br />
mehr oder weniger stark - insbesondere bei der<br />
Durchführung der einzelnen Schritte - unterscheiden.<br />
Im allgemeinen werden folgende 'Bestandteile<br />
von Ökobilanzen angegeben:<br />
e Zieldefinition<br />
• Sachbilanz<br />
e Wirkungsbilanz<br />
• Bewertung<br />
Als Ergänzung dazu schlägt Heijungs (1992) eine<br />
Verbesserungsanalyse vor. (Die Bestandteile einer<br />
Ökobilanz werden auch im Kapitel ÖKOBILANZ anhand<br />
des Vorgehens in der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> erläutert.)<br />
Zieldefinitioft<br />
SachbiltU!l<br />
Aus dem globalen Ziel der Untersuchung wird die<br />
Definition der funktionalen Einheit <strong>und</strong> die Systemabgrenzung<br />
abgeleitet. Das Ergebnis der Ökobilanz<br />
besteht am Ende aus der Berechnung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
der funktionalen Einheit. In einer<br />
Studie des BUWAL (Habersatter <strong>und</strong> Widmer, 1991)<br />
sind es die Packstoffe Aluminium, Glas, Kunststoffe,<br />
Papiere, Kartons, Wellpappen <strong>und</strong> Weissblech. In<br />
dieser Studie wird jedoch nur eine Vorberechnung,<br />
<strong>durch</strong>geführt. Durch die Systemabgrenzung wird! die<br />
Herstellung einer Verpackung, die Abfüllung, die,<br />
Verteilung, der Gebrauch <strong>und</strong> die Wiederverwendung<br />
nicht berücksichtigt. Ziel dieser Studie war,<br />
eine Ökobilanzierung von speziellen Verpackungen<br />
<strong>durch</strong> die Ökobilanzierung der Verpackungsmaterialien<br />
zu ermöglichen.<br />
Die Festlegung der Systemgrenzen (z.B. die Einschränkung<br />
auf Stromabnehmer in der Schweiz)<br />
kann sich stark auf das Ergebnis der Ökobilanz auswirken.<br />
Strom wird in der Schweiz vorwiegend aus<br />
Wasserkraft <strong>und</strong> Atomkraft hergestellt, ausserhalb<br />
überwiegt zum Teil der Einsatz fossiler Brennstoffe.<br />
Daher können Produkte mit einem hohen Strombedarf<br />
stark unterschiedliche <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
hervorrufen, je nachdem wo der Strombedarf gedecktwird.<br />
Am Anfang der Sachbilanz steht die Erstellung des<br />
Prozessgefüges. Die Abfolge <strong>und</strong> die Komposition<br />
der einzelnen Produktionsschritte werden - vergleichbar<br />
wie in einer Stoffflussanalyse -z.B. in einer<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
47
Methoden<br />
_<br />
Matrix (Heijungs, 1994) erfasst. Dabei geben die<br />
Koeffizienten der Matrix an, welche Menge eines<br />
Produktes (z.B. wieviel MJ Strom) zur Herstellung<br />
eines anderen Produktes (z.B. 1 kg Aluminium)<br />
gebraucht wird. In derselben Matrix wird auch der<br />
umgekehrte Bedarf festgehalten (also, wieviel Aluminium<br />
zur Bereitstellung von 1 MJ Strom erforderlich<br />
ist). Durch die Invertierung der Matrix werden<br />
die Mengen der Produkte/Prozesse berechnet, die<br />
für die Herstellung der funktionalen Einheit gebraucht<br />
werden.<br />
In einer weiteren Matrix werden die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
jedes Prozesses festgehalten. Dazu<br />
gehören beispielsweise die Menge an Kohlendioxid,<br />
die bei der Produktion von Aluminium in die Atmosphäre<br />
freigesetzt wird, <strong>und</strong> der entsprechende Verbrauch<br />
an Rohöl. Im Ökobilanzprogramm SIMA V2.1<br />
werden insgesamt ca. 700 verschiedene <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
berücksichtigt. Aus der Kenntnis der<br />
Mengen der Produkte/Prozesse, die für die Herstellung<br />
der funktionalen Einheit gebraucht werd~n,<br />
können dann die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der funktionalen<br />
Einheit berechnet werden.<br />
Wirlumgsbilanz:<br />
Die bei den Produktionsschritten entstehenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(vgl. auch Abb. 2.3.2) werden<br />
zu mehreren Wirkungskategorien zusammengefasst,<br />
die sich zum Beispiel an einem Schutzgut (Mensch,<br />
Wasser, Boden, Luft) oder an einem «<strong>Umwelt</strong>problem»<br />
orientieren (Saurer Regen, Eutrophierung,<br />
Verbrauch abiotischer Ressourcen etc.) (Heijungs,<br />
1992). Weil die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen in unterschiedlichem<br />
Ausmass zu einer Wirkungskategorie<br />
beitragen, werden sie entsprechend gewichtet. Beispielsweise<br />
die Emissionen von Stoffen, die zur<br />
Eutrophierung der Gewässer beitragen, werden in<br />
eine ihrer Wirksamkeit entsprechende Menge an<br />
Phosphat umgerechnet (PO~--Äquivalent). Diese in<br />
der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> angewendete Methode ist die auswirkungsorientierte<br />
Klassifizierung (Heijungs, 1994).<br />
Bewertung<br />
Bei der Bewertung müssen die berechneten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
gewichtet oder gegeneinander<br />
abgewogen werden. In vielen Anwendungen wird<br />
dieser Schritt ausgelassen, weil er eine individuelle<br />
Präferenzbildung erfordert, die interessengeleitet<br />
sein kann. Im Gr<strong>und</strong>e entsteht hier ein multiattributives<br />
Entscheidungsproblem, wenn man die verschiedenen<br />
Produkte mit Hilfe von gewichteten<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen bewerten möchte. In der <strong>Fallstudie</strong><br />
<strong>'95</strong> wurde versucht, eine Vollaggregation mit<br />
Hilfe des Analytical Hierarchy Process (Saaty, 1977)<br />
<strong>durch</strong>zuführen. Diese <strong>und</strong> vergleichbare Methoden<br />
werden in Abschnitt 2.4 behandelt.<br />
Alternative Methoden<br />
Die Berechnung von <strong>Umwelt</strong>belastungspunkten<br />
(Ahbe et al., 1990) fasst die Wirkungsbilanz <strong>und</strong> eine<br />
Bewertung zusammen. Bei dieser Methode der ökologischen<br />
Knappheit werden für jede <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />
kritische Stoffflussmengen definiert, an denen die<br />
<strong>Umwelt</strong>belastungen gemessen werden. Der kritische<br />
Fluss wird definiert als die zulässige Menge eines<br />
Stoffes, die in einem gegebenen Gebiet in einer<br />
vorgegebenen Zeitperiode in ein Kompartiment<br />
(Wasser/Boden/Luft) emittiert oder als Ressource<br />
verbraucht werden kann. Die <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />
ergeben sich aus dem Anteil der <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />
am kritischen Fluss multipliziert mit<br />
einem Gewichtungsfaktor. Dieser Gewichtungsfak<br />
tor besteht aus dem Quotienten der aktuellen Emissions-<br />
oder Verbrauchsmenge <strong>und</strong> des kritischen<br />
Flusses (bezogen auf dasselbe Gebiet <strong>und</strong> dieselbe<br />
Zeitperiode). Auf diese Weise wirkt eine Emission<br />
schwerwiegender, wenn die zulässige Belastung bereits<br />
aktuell überschritten ist (vgl. Ahbe et al., 1990;<br />
Humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
Ressourcen<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
Saurer Regen<br />
Eutrophierung<br />
Ozoschichtzerstörung<br />
Treibhauseffekt<br />
Bildung photochemischer<br />
Oxidantien<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
Radioaktive<br />
Emissionen<br />
lEl Industrienahe Nutzung<br />
11 Variante WerkStadt<br />
11 Grünraumvariante<br />
lEl Variante Kunsthochschule<br />
0.5<br />
0.6<br />
Abb. 2.3.2 Vergleich der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Architektur-Varianten<br />
bezogen auf1 m 2 Bruttogeschossfläche.<br />
0.7<br />
0.8<br />
0.9<br />
1.0<br />
48 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________----------------------------Methoden<br />
Baccini <strong>und</strong> Bader, 1995; Braunschweig <strong>und</strong> Müller<br />
Wenk, 1993).<br />
Empfehlungen für die Anwendung in einer<br />
umwdtnatllrwissenschaftlichen fallstudie<br />
Bevor man eine Ökobilanz erstellt, sollte man überlegen,<br />
ob für die zu untersuchende Fragestellung die<br />
Ökobilanz eine adäquate Methode ist:<br />
1. Fragestellung: WeIches ist das Ziel der Untersuchung?<br />
Was nützt die Quantifizierung der ökologischen<br />
Kriterien? WeIche Effekte muss ich <br />
z.B. aus pragmatischen Gründen - vernachlässigen?<br />
Sind die realistischerweise zu erwartenden<br />
Ergebnisse ausreichend zur Beantwortung der<br />
Fragestellung?<br />
2. Hilfsmittel: WeIche Hilfsmittel stehen zur Verfügung?<br />
Was kostet evtI. notwendige Anschaffung<br />
von Software?<br />
3. Datenabschätzung: WeIche Daten sind vorhanden?<br />
Wo bekommt man sie für weIchen Preis? Sind sie<br />
genau genug <strong>und</strong> gibt es genügend Informationen<br />
zu ihrer Beurteilung? Passen sie in ein konsistentes<br />
Datenmodell, d.h. sind Daten aus verschiedenen<br />
Quellen miteinander vereinbar, passen sie zur<br />
Systemdefinition <strong>und</strong> -abgrenzung <strong>und</strong> ergeben<br />
sie ein konsistentes Prozessgefüge?<br />
4.Zeit:Wieviel Zeit ist notwendig? Wieviel ist verfügbar?<br />
Als Anhaltspunkt für den Zeitbedarf der<br />
Arbeitsschritte kann Tabelle 2.3.1 herangezogen<br />
werden.<br />
Bei der Einschätzung des Zeitbedarfs ist zu beachten,<br />
dass die Sohritte Datenerhebung <strong>und</strong> Eingabe,<br />
Direkte Überprüfung der Daten <strong>und</strong> Korrektur, <strong>und</strong> Indirekte<br />
Überprüfung der Daten <strong>und</strong> Korrektur jeweils<br />
Problem/System<br />
(initialloeal variable)<br />
Fall, System,<br />
Gegenstand,<br />
Variante,<br />
Alternative<br />
Abb. 2.3.3 Linsenmodell der Ökobilanz der Varianten.<br />
Perzeptoren<br />
(Elemente der Ökobilqnz)<br />
Arbeitsscbritt<br />
Wahrnehmungl<br />
Bewertung!<br />
Erkenntnis<br />
(terminal loeal variable)<br />
Ökobilanz,<br />
Bewertung<br />
leitbeliarf<br />
einen etwa gleich langen Zeitraum beanspruchen,<br />
der aber um ein Vielfaches länger dauert als die<br />
anderen Arbeitsschritte (die wiederum etwa gleiche<br />
Zeiten beanspruchen). Für die Ökobilanzierung (vgI.<br />
Kapitel ÖKOBILANZ) war u.a. die direkte <strong>und</strong> indirekte<br />
Überprüfung der Daten ein erheblicher Zeitfaktor.<br />
Analyse <strong>und</strong> Synthese bei<br />
Erstellung der Ökobilanz<br />
Bei der Erstellung einer Ökobilanz müssen die<br />
Analyse <strong>und</strong> die Synthese zusammenwirken.<br />
Der analytische Teil besteht aus der Definition der<br />
funktionalen Einheit, der Systemabgrenzung, der<br />
Analyse <strong>und</strong> Beschreibung der an der funktionalen<br />
Einheit beteiligten Prozesse, der Analyse des Prozessgefüges<br />
<strong>und</strong> nicht zuletzt aus der Erhebung der<br />
Daten.<br />
Der synthetische Teil besteht aus<br />
!II<br />
Zieldefinition: Funktionale Einheit <strong>und</strong> System<br />
kurz<br />
Hilfsmittel: Erlernen der Software <strong>und</strong><br />
Einschätzung der vorhandenen Daten<br />
kurz<br />
kurz<br />
Datenerhebung <strong>und</strong> Eingabe<br />
lang<br />
Di~ekte ()lJe~llriii~~g clerDäten ~~ci K~~~ekt~~ .. lang<br />
Berechnung der Ergebnisse<br />
kurz<br />
Incii;ekle()lJe~llriif~llgcle;Öätell ~llcl Korreki~~··· lang<br />
Aus- <strong>und</strong> Bewertung der Ergebnisse, Bericht<br />
kurz<br />
Tab. 2.3.1 Zeitbedarf der Arbeitsschritte.<br />
der Abbildung des Prozessgefüges in einer Matrix<br />
(Heijungs, 1994) oder in einem Petri-Netz<br />
(Schmidt, 1994), oder - falls möglich - in einem<br />
Baumdiagramm, das die Komponenten <strong>und</strong> Subkomponenten<br />
der funktionalen Einheit als Verästelungen<br />
verdeutlicht.<br />
!II der Zusammenführung<br />
der verschiedenen Auswirkungen<br />
zu emer<br />
Grösse bei der Klassifikation<br />
oder bei der<br />
Berechnung von <strong>Umwelt</strong>belastungspunkten<br />
(vgI. Ahbe et aI., 1990)<br />
<strong>und</strong> bei<br />
EI<br />
der Bewertung der verschiedenen<br />
<strong>Umwelt</strong>belasrungen<br />
<strong>und</strong> der funktionalen<br />
Einheiten vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> zusätzlicher,<br />
nicht in der<br />
Ökobilanz erfassbarer<br />
(erfassten) möglicherweise<br />
unterschiedlicher<br />
Nutzen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 49
Methoden<br />
_<br />
Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />
Ergebnisse von Ökobilanzen können auf verschiedenen<br />
Ebenen zu konkreten Verbesserungsvorschlägen<br />
führen:<br />
Die absoluten Zahlen geben Auskunft über die<br />
Grössenordnungen der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen eines<br />
Produktes, eines Produktionsprozesses, eines Unternehmens<br />
oder einer Region. Aus dem Anteil an den<br />
gesamten Flüssen eines Gebiets (z.B. der Schweiz<br />
oder sogar der Welt) kann die Relevanz der betrachteten<br />
funktionalen Einheit für ein <strong>Umwelt</strong>problem<br />
abgeschätzt werden. Hier können die bei der Erstellung<br />
der Ökobilanz erhobenen Daten wertvolle Zusatzinformationen<br />
liefern, wenn die Unsicherheiten<br />
in den Daten als entsprechend klein eingeschätzt<br />
werden. Als Beispiel ist hier (zusätzlich zu den vergleichenden<br />
Ökobilanzen) insbesondere die Ökobilanzierung<br />
von Unternehmungen zu nennen (vgl.<br />
dazu z.B. Braunschweig <strong>und</strong> Müller-Wenk, 1993).<br />
Mit Hilfe von jährlichen Ökobilanzen können Unternehmen<br />
die zeitliche Änderung von <strong>Umwelt</strong>belastungenerfassen<br />
<strong>und</strong> so den Erfolg des <strong>Umwelt</strong>schutzmanagements<br />
einschätzen.<br />
Vergleiche von funktionalen Einheiten liefern Informationen,<br />
welche Produkte aus der Perspektive<br />
der Ökobilanz (d.h. in diesem Fall der quantitativen<br />
ökologischen Auswirkungen) gegenüber anderen<br />
präferiert werden. Hier können viele Beispiele angeführt<br />
werden, stellvertretend sei hier nur auf<br />
die Ökobilanz von Packstoffen (Habersatter <strong>und</strong><br />
Widmer, 1991) hingewiesen (s.a. Kapitel ÖKOBILANZ:<br />
Variantenvergleich).<br />
Die Erstellung <strong>und</strong> Analyse von Szenarien, in denen<br />
bestimmte alternative Produktionsweisen gegenübergestellt<br />
werden, können Ergebnisse zu folgenden<br />
Fragen liefern: Wo liegt ein signifikantes Reduktionspotential?<br />
Wo können <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
wirksam <strong>und</strong> effizient reduziert werden? (vgl.<br />
Kapitel ÖKOBILANZ: Der Einsatz von Photovoltaik).<br />
Die Analyse der Beiträge der einzelnen Teile zur gesamten<br />
Ökobilanz liefert Anhaltspunkte für die Beurteilung<br />
der einzelnen Prozesse <strong>und</strong> Produktionsschritte<br />
innerhalb des Prozessgefüges: Was ergeben sich für<br />
das Prozessgefüge für Folgerungen? Sollte ein Prozess<br />
völlig vermieden oder zumindest eingeschränkt<br />
werden?<br />
Kriterien für die Beurteilulig einer Ökobilanl<br />
Die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung einer Ökobilanz<br />
sind die Vollständigkeit <strong>und</strong> die Transparenz.<br />
Die Vollständigkeit lässt sich anhand der Systemdefinition<br />
<strong>und</strong> -abgrenzung überprüfen. Absolute<br />
Vollständigkeit lässt sich sicher nicht erreichen. Hier<br />
muss eine Abschätzung gemacht werden, welche<br />
Prozesse für die Beurteilung der ökologischen Qualität<br />
unbedingt erforderlich (relevant) sind, <strong>und</strong> weIche<br />
(z.B. aufgr<strong>und</strong> von Unsicherheiten in den Daten)<br />
sinnvollerweise weggelassen werden.<br />
Die Transparenz ist in mehrerer Hinsicht erforderlich.<br />
Nicht nur zur Beurteilung der Vollständigkeit,<br />
sondern auch zur Überprüfung der Daten <strong>und</strong> zur<br />
Nachvollziehbarkeit der Berechnungen <strong>und</strong> Bewertungen.<br />
Die Eindeutigkeit, die Braunschweig <strong>und</strong> Müller<br />
Wenk fordern, ergibt sich eigentlich nur bei dem<br />
Verfahren der ökologischen Knappheit, wenn man<br />
die dafür zu definierenden kritischen Flüsse als<br />
exakte Werte annimmt <strong>und</strong> deren Unsicherheit<br />
unberücksichtigt lässt (etwa <strong>durch</strong> die Angabe von<br />
Vertrauensbereichen). Bei den anderen Bewertungsmethoden<br />
ist die multiattributive Entscheidung in<br />
jedem Fall von individuellen oder sozialen Präferenzen<br />
abhängig.<br />
Wichtig scheint uns, darauf hinzuweisen, dass die<br />
Ergebnisse einer Ökobilanz nicht allein aus naturwissenschaftlichen<br />
Kriterien ableitbar sind. Viel<br />
naturwissenschaftliches Wissen <strong>und</strong> eine grosse<br />
Menge an Daten sind notwendig, um eine ökologische<br />
Bewertung mit Hilfe einer Ökobilanz <strong>durch</strong>zuführen.<br />
Die Ergebnisse sind jedoch stark beeinflusst<br />
von<br />
.. der vorzugebenden System- <strong>und</strong> Zieldefinition,<br />
.. der (zeitlichen <strong>und</strong> finanziellen) Möglichkeit, die<br />
Daten zusammenzutragen,<br />
.. der Beurteilung einzelner Substanzen im Hinblick<br />
auf das damit verb<strong>und</strong>ene Risiko, zu einer <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />
beizutragen (z.T. sind - wie etwa<br />
beim Treibhauseffekt - die Auswirkungen nicht<br />
exakt vorhersagbar, z.T. sind sie - wie etwa beim<br />
Cadmium - beeinflusst von individueller Risikoakzeptanz<br />
von Rauchern <strong>und</strong> Nichtrauchern), <strong>und</strong><br />
• der Bewertung <strong>und</strong> unterschiedlichen Gewichtur'<br />
der quantifizierten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen.<br />
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, neben den<br />
quantitativen Ergebnissen der Ökobilanz die mit<br />
einer Veröffentlichung verb<strong>und</strong>enen Interessen zu<br />
berücksichtigen. Wegen der schwierigen Beurteilung<br />
der Resultate sind Ökobilanzen für eine verkürzende<br />
Darstellung in der Öffentlichkeit (z.B. in den Medien)<br />
ungeeignet, für diejenigen jedoch hilfreich, die<br />
sich intensiv mit einem Thema beschäftigen wollen.<br />
2.4 Multiattributive Enucheidungsanalyse<br />
Wo, wann warum hat sich die multiattrihutive<br />
Enudeidungstheorie entwickelt?<br />
Die multiattributive Entscheidungstheorie baut<br />
zunächst auf der Nutzentheorie auf. Diese ist ins-<br />
50<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
----------------~----------------------------Methoden<br />
besondere verb<strong>und</strong>en mit den Arbeiten von Savage<br />
(1972), von Neumann <strong>und</strong> Morgenstern (1943) <strong>und</strong><br />
Fishburn (1948).<br />
Die Nutzentheorie beschäftigte sich in der Mitte<br />
dieses Jahrh<strong>und</strong>erts mit dem Problem, eine Handlung<br />
aus mehreren Alternativen auszuwählen. Bernoulli<br />
setzte die Existenz einer sogenannten Nutzenfunktion<br />
voraus, mit der er den subjektiven Wert<br />
einer Alternative zu quantifizieren versuchte. Er<br />
hatte die monetäre Nutzenfunktion als logarithmisch<br />
angenommen: je mehr Geld man besitzt, desto geringer<br />
wird der Nutzen eines Gewinns, oder: der<br />
erste Franken, den man verdient, ist der schönste<br />
(1000.- Fr. können einen grossen Nutzen haben,<br />
wenn man selbst [nur] in etwa so viel hat; für jemanden,<br />
der schon 1 Mio. Fr. auf dem Konto hat, ist der<br />
Nutzen eines Gewinns von 1000.- Fr. relativ gering).<br />
Von Neumann <strong>und</strong> Morgenstern (1943) gingen<br />
xiomatisch vor: sie untersuchten den Raum von<br />
Alternativen mit Hilfe von paarweisen Vergleichen.<br />
Sie gaben Axiome an, die auf der Menge von Handlungsalternativen<br />
«gelten». Aus diesen Axiomen<br />
leiteten sie die Existenz eines linearen Funktionals<br />
ab, das sie Nutzenfunktion nannten.<br />
Waren die ersten Untersuchungen der Nutzentheorie<br />
darauf spezialisiert, den Nutzen insbesondere<br />
als ökonomischen (finanziellen) Nutzen (Gewinn)<br />
zu sehen, so ergaben sich im Laufe der Zeit<br />
immer mehr Anwendungen, denen nicht ein nur eindimensionaler<br />
Nutzen zugr<strong>und</strong>e lag, sondern mehrere<br />
Nutzen gegeneinander abzuwägen waren. Der<br />
Gewinn war nicht mehr das einzige Kriterium, es<br />
wurden weitere Kriterien berücksichtigt, wie die<br />
Sicherheit des Untenehmens, die Qualität der Produkte,<br />
die Lieferfrist, der Umsatz, der Marktanteil,<br />
die Marktdominanz usw. (vgl. z.B. Anteneh, 1994).<br />
Der wesentliche Durchbruch <strong>und</strong> die Nutzung<br />
er mulitattributiven Entscheidungstheorie ist mit<br />
den Namen Keeney <strong>und</strong> Raiffa (Keeney & Raiffa,<br />
1976) sowie v. Winterfeld <strong>und</strong> Edwards (1986) verb<strong>und</strong>en.<br />
Die genannten Personen haben einen<br />
wissenschaftlichen Hintergr<strong>und</strong> im Schnittbereich<br />
zwischen Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften<br />
<strong>und</strong> Psychologie <strong>und</strong> sind in der wissenschaftlichen<br />
Politikberatung tätig. Instrumente <strong>und</strong><br />
Methoden der multidimensionalen Entscheidungsanalyse<br />
wurden zur Entscheidungsbewertung (z.B.<br />
bei der Wahl von Standorten von Flughäfen) oder<br />
zu einem besseren Verständnis des Konflikts zwischen<br />
Befürwortern <strong>und</strong> Gegner von Technologien<br />
(z.B. von Kernkraftwerken) oder der Nutzung von<br />
<strong>Umwelt</strong>ressourcen (z.B. der Interessenkonflikt zwischen<br />
Fischern <strong>und</strong> der Ölförderung in Kalifornien)<br />
angewendet.<br />
Ziel dieser Anwendungen ist es, die unterschiedlichsten<br />
Gewichte, welche verschiedenen Aspekten<br />
bzw. Dimensionen zugeschrieben werden, transparent<br />
zu machen.<br />
Welche fragen lassen sich mit der multiattributiven<br />
Entscheidungstheorie behandeln?<br />
Mit dem Verfahren der multiattributiven Entscheidungsanalyse<br />
lassen sich alle realen Entscheidungsprozesse<br />
analysieren, bei denen mehrere Gesichtspunkte<br />
einzuberechnen sind. Dies gilt natürlich<br />
insbesondere für umweltbezogene Entscheidungen<br />
<strong>und</strong> Bewertungen.<br />
Als Beispiel sei die Ökobilanz der Varianten angeführt:<br />
Für jede Architektur-Variante (in diesem Sinn:<br />
jede Alternative) wurden zehn (siehe Kapitel ÖKO<br />
BILANZ) <strong>Umwelt</strong>auswirkungen (humantoxikologische<br />
Auswirkungen, Verbrauch abiotischer Resourcen,<br />
Treibhauseffekt etc., in diesem Sinn: die Kriterien<br />
oder Attribute) berechnet, von denen jede eine<br />
andere Wichtigkeit besitzt. Ziel der multiattributiven<br />
Entscheidungstheorie ist, die Ausprägungen<br />
der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen (z.B. wie gross ist der<br />
Verbrauch abiotischer Ressourcen?) <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />
für die Entscheidung (also wie wichtig ist diese<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkung?) so auszuwerten, dass eine eindeutige<br />
Rangreihenfolge der Alternativen entsteht.<br />
Multiattributive Entscheidungen entstehen, wenn<br />
mehrere Handlungsalternativen bestehen, die in bezug<br />
auf mehrere Kriterien kj unterschiedlich bewertet<br />
werden. Die Wichtigkeit (bzw. der Nutzenuj) der<br />
Kriterien wird ausgenutzt, um einen Gesamtnutzen<br />
U zu berechnen:<br />
n<br />
U= LU;k;<br />
;=1<br />
Im Beispiel der Ökobilanz der Varianten im Kapitel<br />
Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen wird eine Bewertung<br />
auf diese Art <strong>durch</strong>geführt. Dort wurden die individuellen<br />
Präferenzen einer Studentengruppe erhoben,<br />
zu einer Gruppenpräferenz aggregiert <strong>und</strong> auf<br />
die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Architekturvarianten,<br />
die mit der Ökobilanz berechnet wurden, angewendet.<br />
Eine weitere Anwendung findet sich im Kapitel<br />
RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN. Dort wurde das<br />
Verfahren MAUD (Berkeley, Humphreys, Larichev<br />
& Moshkovich, 1991) eingesetzt, um eine gesamtheitliche<br />
Bewertung der Architektur-Varianten vorzunehmen.<br />
Es wurden jeweils Kriterien <strong>und</strong> Attribute<br />
aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie <strong>und</strong><br />
Soziales verwendet, um eine Gesamtbeurteilung zu<br />
ermitteln.<br />
Weitere Anwendungen der linearen multiattributiven<br />
Nutzentheorie sind Waldschadensmanagement<br />
(Bell, 1974), Sicherheit von Flugzeuglandungen<br />
(Yntema, 1965) <strong>und</strong> Sicherheitsapekte von Blut-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
51
Methoden ~ _<br />
banken (Jennings, 1968). Andere Ansätze, multikriterielle<br />
Entscheidungen zu fällen, sind z.B. <strong>durch</strong><br />
sogenannte Outranking-Verfahren gegeben (z.B.<br />
Elektre, Promethee, vgl. z.B. Maystre, Pictet &<br />
Simos, 1994, oder Roy & Bouyssou, 1993).<br />
Aus welchen Schritten besteht die multiattributive<br />
Ellucheidungstheorie?<br />
Die Anwendung der multiattributiven Entscheidungstheorie<br />
kann man in folgende Schritte einteilen<br />
(vgl. z.B. Logical Decisions, 1995):<br />
• Definition der Alternativen<br />
,. Festlegung der Ziele bzw Bewertungsdimensionen<br />
" Definition der Masse (Messgrössen)<br />
• Definition, welche Werte der Masse positiv bzw.<br />
negativ sind<br />
" Quantifizierung der Präferenzen<br />
• Einordnung der Alternativen in Rangreihenfolge.<br />
Bei der Definition der Alternativen werden die verschiedenen<br />
zur Verfügung stehenden Auswahlmög~<br />
lichkeiten aufgelistet. Entscheidungen zwischen<br />
mehreren Alternativen beziehen sich möglicherweise<br />
auf Kriterien, die auf verschiedenen Ebenen<br />
liegen. Die Entscheidung für eine bestimmte Deponie<br />
z.B. umfasst möglicherweise verschiedene Ortsalternativen<br />
<strong>und</strong> Abdeckungssysteme. Falls eine<br />
hierarchische Struktur besteht, so sollte eine hierarchische<br />
Gliederung vorgenommen werden <strong>und</strong> nur<br />
Alternativen auf derselben Ebene miteinander vergleichen<br />
werden.<br />
Für alle Entscheidungen wird die Festlegung bzw.<br />
Bewertungsdimensionen der Ziele möglicherweise wiederum<br />
auf eine Hierarchie führen. Das Ziel, ein<br />
Schutzgut «Gr<strong>und</strong>wasser» zu erhalten kann z.B.<br />
einerseits die Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels,<br />
andererseits die stoffliche Qualität betreffen. Für<br />
die Erhaltung der Gr<strong>und</strong>wasserqualität<br />
bilden z.B.<br />
die Verminderung von<br />
verschiedenen Schwer- Aufgabe<br />
metallbelastungen «Subziele».<br />
Für jedes dieser Ziele<br />
werden Masse bzw. Messgrössen<br />
definiert. Für das<br />
Ziel, die Cadmiumbelastung<br />
des Gr<strong>und</strong>wassers<br />
zu verringern, wird festgelegt,<br />
woran man das<br />
Ziel misst. Dies kann z.B.<br />
die Cadmiumkonzentration<br />
in einem Gr<strong>und</strong>wasserbrunnen<br />
in einem bestimmten<br />
Zeitraum sein.<br />
Für jede Alternative muss<br />
(initial foeal variable)<br />
(Multikriterielle)<br />
Entscheidung,<br />
Auswahl einerr~~~::===J<br />
von mehreren<br />
Alternativen<br />
Abb. 2.4 Linsenmodell der multikriteriellen Entscheidung.<br />
dann die (erwartete) Cadmiumkonzentration angegeben<br />
werden.<br />
Bei der Cadmiumkonzentration ist es eventuell<br />
einfach zu definieren, welche Werte der Messgrössen positiv<br />
bzw. negativ bewertet werden (in diesem Fall wird<br />
wahrscheinlich die geringste Konzentration am meisten<br />
positiv bewertet). Für andere Messgrössen kann<br />
es schwieriger sein, wie z.B. für die gewünschte<br />
Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels <strong>und</strong> dessen möglicherweise<br />
in unterschiedlichem Ausrnass zugelassene<br />
Über- bzw. Unterschreitung oder z.B. die Haltbarkeit<br />
eines Abflussrohrs in einem Haus. Für<br />
bestimmte Variablen liegt somit die optimale Ausprägung<br />
in der Mitte einer Skala.<br />
Die Quantifizierung der Präferenzen kann auf verschiedene<br />
Art <strong>und</strong> Weise vorgenommen werden. Im<br />
Computerprogramm Logical Decisions (1995) umfasst<br />
die Quanitfizierung zwei Schritte. Zum einen<br />
wird für jede Messgrösse eine einzelne Nutzenfunk<br />
tion festgelegt. Für die (unter allen zur Auswahl<br />
stehenden Alternativen) geringste (höchste) Cadmiumkonzentration<br />
im Gr<strong>und</strong>wasser wird die Nutzenfunktion<br />
mit einer 1 (bzw. mit 0) bewertet. Entsprechend<br />
werden die ideale Höhe des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels<br />
mit 1 <strong>und</strong> die inakzeptablen Über- bzw.<br />
Unterschreitungen mit 0 bewertet.<br />
Der zweite Schritt der Qua1ltifizierung der Präferenzen<br />
betrifft die Bewertungskriterien <strong>und</strong> Ziele.<br />
Th~oretischformuliert, muss hier festgelegt werden,<br />
wieviel Nutzeneinheiten Zielerreichung von Ziel A<br />
<strong>durch</strong> eine Nutzeneinheit Zielerreichung von Ziel B<br />
ersetzt werden kann. Bezogen auf das Beispiel heisst<br />
das: Wenn sich der Wert der Nutzenfunktion des<br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegels von einer Altenative zur anderen<br />
halbiert, um wieviel muss die Nutzenfunktion<br />
der Cadmiumkonzentration ansteigen, damit beide<br />
Alternativen gleich gewertet werden. Anders ausge-<br />
Perzeptoren<br />
(Elemente der ModelIierung<br />
dynamischer Systeme)<br />
Resultat<br />
(terminal foeal variable)<br />
Rangreihenfolge<br />
der<br />
Alternativen<br />
52 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Methoden<br />
drückt: wieviel Verschlechterung (Abnahme der Nutzenfunktion)<br />
des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels nehme ich in<br />
Kauf, wenn ich damit eine bestimmte Verbesserung<br />
(Zunahme der Nutzenfunktion) der Cadmiumbelastungssituation<br />
erreichen kann.<br />
Die Ermittlung der Ziele kann auch unter Verwendung<br />
spezieller Verfahren wie der «repertory grid<br />
method» von Kelley (1955) <strong>durch</strong>gefÜhrt werden.<br />
Wenn alle diese Schritte <strong>durch</strong>geführt wurden,<br />
können die Alternativen in eine Rangreihenfolge eingeordnet<br />
werden. Dies erfolgt, indem die Hierarchie<br />
der Ziele <strong>und</strong> Nutzenfunktionen schrittweise <strong>durch</strong>gerechnet<br />
wird.<br />
Analyse versus Synthese bei der multiattributiveIl<br />
Entscheidungstheorie<br />
Als Analyse-Aufgaben kann man die Erarbeitung von<br />
Jternativen, die Bewertung der Messgrössen mit<br />
Nutzenfunktionen <strong>und</strong> den paarweisen Vergleich der<br />
Zielnutzenfunktionen ansehen. Die Synthese-Aufgaben<br />
sind die Zieldefinition, das Erstellen des Entscheidungsbaums<br />
<strong>und</strong> die integrale muliattributive<br />
Bewertung der Ergebnisse.<br />
Welche Ergebnisse ki:htflen erwartet werden?<br />
Als Ergebnis dieser Methode steht die Entscheidung<br />
für eine Alternative.<br />
Eine Überprüfung <strong>und</strong> Diskussion der Entscheidung<br />
erfordert die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> die<br />
Transparenz des Verfahrens. Auf die folgende<br />
Gesichtspunkte soll hier besonders hingewiesen<br />
werden. Es müssen alle vermutlich sinnvollen Alternativen<br />
einbezogen werden. Die Ordnung der Ziele<br />
muss eine sinnvolle ggf. hierarchische Struktur<br />
ergeben. Es muss beachtet werden, dass die Fest-<br />
~gung der Ziele <strong>und</strong> der Einzel-Nutzenfunktionen<br />
möglicherweise interessengeleitet ist. Sollten hier<br />
indirekte Verfahren bevorzugt werden (vgl. Berkeley<br />
et al., 1991), welche eine bewusste Manipulation<br />
erschweren. Die paarweisen Zielnutzenfunktionen<br />
sollen die Wertvorstellungen des Anwenders repräsentieren.Bei<br />
der Festlegung der Messgrössen - an<br />
den vorgegebenen Zielen orientiert - ist es eine<br />
naturwissenschaftliche Aufgabe, die Repräsentativität<br />
für das vorgegebene Ziel zu gewährleisten.<br />
Die Berechnung der Rangreihenfolge setzt bei<br />
vielen Verfahren die Axiome der linearen Erwartungsnutzentheorie<br />
voraus (vgl. z.B. Fishburn, 1988;<br />
Kahneman, Slovic & Tversky, 1982). Aus der Perspektive<br />
der deskriptiven Entscheidungstheorie<br />
findet man für alle Axiome Beispiele, in denen sich<br />
Menschen aufgr<strong>und</strong> ihres eigenen Entscheidungskonzeptes<br />
anders entscheiden, in denen also die<br />
Axiome verletzt sind.<br />
Aus der Perspektive der normativen Entscheidungstheorie<br />
muss man in Betracht ziehen, dass in<br />
einigen Fällen diese lineare Erwartungsnutzentheorie<br />
nicht anwendbar ist. Z.B. gibt es Alternativen,<br />
die - werden sie einbezogen - zur Verletzung<br />
des Kontinuitätsaxioms führen (vgl. Fishburn, 1988).<br />
Dies ist etwa für solche Auswirkungen von Alternativen<br />
der Fall, die unter allen Umständen vermieden<br />
werden müssen (etwa eine plötzliche Kontamination<br />
des Trinkwassers mit H<strong>und</strong>erten von Todesfällen).<br />
Trotz dieser theoretischer Bedenken, die sich<br />
gegen die Annahmen der vorgestellten Verfahren<br />
richten, sind die Methoden der mulitiattributiven<br />
Entscheidungsanalyse als wichtige Verfahren für die<br />
<strong>Fallstudie</strong>narbeit zu betrachten. Sie sind relativ universell<br />
einsetzbar, in vielen Fällen helfen sie, die<br />
Strukturen des Entscheidungsproblems transparent<br />
zu machen. Somit können sie einerseits zur Entscheidungsoptimierung<br />
eingesetzt werden. Andererseits<br />
helfen die Verfahren zur Analyse von Interessenskonflikten<br />
<strong>und</strong> unterschiedlichen Wahrnehmungs-<br />
<strong>und</strong> Bewirtungsstrukturen <strong>und</strong> können somit<br />
als Bestandteil von Mediationsverfahren eingesetzt<br />
werden (siehe Kapitel RAUil'!-NuTZUNGS-VERHAND<br />
LUNGEN).<br />
2.5 Modellierung dynamischer Systeme<br />
Wo, wann <strong>und</strong> warum hat sich die Modellierung<br />
dynamischer Systeme entwickelt?<br />
Die ModelIierung dynamischer Systeme hat zum<br />
Ziel, die Struktur <strong>und</strong> die Funktion von idealisierten<br />
Systemen zu beschreiben, so Wirkungszusammenhänge<br />
zu erkennen <strong>und</strong> abzubilden, <strong>und</strong> daraus<br />
Prognosen für die zukünftige zeitliche Entwicklung<br />
des Systems abzuleiten (vgl. z.B. Abb. 2.5.1).<br />
Ansätze, mit Hilfe von mathematischen Modellen für<br />
dynamische Systeme die zeitliche Entwicklung von<br />
Zustandsvariablen - etwa die Koordinaten von Himmelskörpern<br />
- zu beschreiben <strong>und</strong> dafür Differentialgleichungen<br />
zu formulieren, gehen zurück bis ins<br />
17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert. Zunächst wurden diese<br />
Modelle (wie auch die mathematischen Modelle<br />
<strong>und</strong> Methoden im allgemeinen) auf Probleme der<br />
Mechanik <strong>und</strong> der Astronomie angewendet.<br />
Die Zustandsvariablen waren z.B. die KoordInaten<br />
von Himmelskörpern (sog. Massenpunkte). Als Wirkungen<br />
wurden die Kräfte angenommen, die auf die<br />
Himmelskörper wirken (Massenanziehung) <strong>und</strong> also<br />
deren zeitliche <strong>und</strong> räumliche Koordinaten verändern.<br />
Die Idee war, dass man aufgr<strong>und</strong> des momentanen<br />
Zustands des Systems (Anfangsbedingungen),<br />
<strong>und</strong> der in ihm wirkenden Gesetze (ausgedrückt<br />
als Differentialgleichung) den Zustand des Systems<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
53
Methoden<br />
~__~_<br />
(also im Beispiel: die Koordinaten der Himmelskörper)<br />
zu jedem beliebigen Zeitpunkt berechnen<br />
kann.<br />
Bei der Mathematisierung vieler Wissenschaften<br />
wurden mathematische Modelle <strong>und</strong> die Art der<br />
mathematischen Modellierung (vorwiegend aus der<br />
Physik) auf andere Anwendungsgebiete Übertragen.<br />
Es werden nicht mehr nur physikalische Grössen<br />
modelliert, sondern sowohl chemische (Thermodynamik,<br />
Reaktionsgleichungen) als auch biologische<br />
(Populationen, Wachstums- <strong>und</strong> Sterbeprozesse<br />
<strong>durch</strong> interne oder externe Faktoren wie z.B. das<br />
Nahrungsangebot) <strong>und</strong> soziale (z.B. Meinungsausbreitung<br />
<strong>durch</strong> Diffusion, vgl. Helbing, 1993). Da<strong>durch</strong><br />
vergrösserte sich nicht nur der Anwendungsbereich,<br />
sondern veränderte sich auch die Art der<br />
beschriebenen Zustandsvariablen <strong>und</strong> Wechselwirkungen.<br />
Die ursprüngliche Voraussetzung, geschlossene<br />
Systeme zu beschreiben, hat für die heutigen Modelle<br />
in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften kaum noch<br />
eine Bedeutung. In den offenen Systemen kommen<br />
Wirkungen hinzu, die von aussen das System beeinflussen<br />
<strong>und</strong> als Randbedingungen berücksichtigt<br />
werden müssen, oder die nach aussen die <strong>Umwelt</strong><br />
des Systems verändern (vgl. in Abb. 2.5.1 die Wachstums-<br />
<strong>und</strong> Sterbeprozesse).<br />
Durch die Entwicklung der Mathematik (bei der<br />
analytischen <strong>und</strong> numerischen Lösung von Differentialgleichungen)<br />
<strong>und</strong> der Rechenmaschinen (Informatik)<br />
erlebte dieser Ansatz einen sehr grossen<br />
Aufschwung. Für das Vorgehen, die Struktur eines<br />
Systems mathematisch zu beschreiben <strong>und</strong> daraus<br />
Schlussfolgerungen für die zukünftige Entwicklung<br />
des Systems abzuleiten, hat sich heute die Bezeichnung<br />
Systemanalyse etabliert. Der ursprüngliche<br />
Ansatz war,die physikalischen Gesetze (z.B. aus der<br />
Mechanik <strong>und</strong> der Astronomie) in der Sprache der<br />
Mathematik zu formulieren. Heutige Überlegungen<br />
sind oft pragmatisch: Man idealisiert das gegenständliche<br />
System mit Hilfe von Voraussetzungen <strong>und</strong><br />
Annahmen (<strong>durch</strong> die Definition der Zustandsvaria-<br />
Beute<br />
Wachstumsrate<br />
a1<br />
Verzehrrate<br />
b12<br />
Räuber<br />
Sterberate<br />
a2<br />
Abb 2.5.1: Beispiel für ein einfaches dynamisches System (Räuber<br />
Beute-Modell) mit Zustandsvariablen (Räuberpopulation, Beutepopulation)<br />
<strong>und</strong> Wirkungen (die Räuber verz.ehren die Beute, Wachstums-<br />
<strong>und</strong>Sterbeproz.esse).<br />
Prognose<br />
Operation<br />
Modellsystem<br />
Zeitt 0( ..<br />
Reales System<br />
Zeitt<br />
t t<br />
?<br />
Modellsystem<br />
0(<br />
Zeitt o<br />
..<br />
1 ,<br />
Isomorphie<br />
Reales System<br />
Zeit t o<br />
Abb. 2.5.2 Beziehung zwischen dem gegenständlichen, realen System <strong>und</strong><br />
einem Modell zum jetzigen (to) <strong>und</strong>einem zukünftigen (to) Zeitpunkt.<br />
bIen <strong>und</strong> Wirkungen) <strong>und</strong> interpretiert diese Ideali~<br />
sierung mit einem mathematischen Modell. Wenn<br />
das mathematische Modell in der Lage ist, Vorhersagen<br />
zu treffen (was man z.B. :im Vergleich von<br />
Vorhersagen mit gemessenen Daten ablesen kann),<br />
dann sagt die Struktur des Vorhersagemodells (also<br />
die Zustandsvariablen <strong>und</strong> Wirkungen) auch etwas<br />
aus über die Struktur (also die Wirkungsmechanismen)<br />
des realen Systems.<br />
Abbildung 2.5.2 versucht, den Zusammenhang<br />
von Struktur <strong>und</strong> Funktion zu verdeutlichen. Die<br />
Isomorphie der Struktur des mathematischen Modells<br />
(gegeben <strong>durch</strong> die Definition der Zustandsvariablen<br />
<strong>und</strong> der Beschreibung der Wirkungen mit<br />
Differentialgleichungen) mit der Idealisierung des<br />
gegenständlichen Modells (gegeben <strong>durch</strong> die Voraussetzungen<br />
<strong>und</strong> die Annahmen) wird dann als<br />
gegeben angesehen, wenn die mathematische Operation,<br />
also die Vorhersage mit Hilfe des Modells,<br />
«funktioniert».<br />
Diese etwas mechanistische Perspektive wird<br />
teilweise aufgelöst <strong>durch</strong> die Unterscheidung von<br />
deterministischen, stochastischen <strong>und</strong> strategischen<br />
Modellen. Bei deterministischen Modellen geht man<br />
davon aus, dass zukünftige Systemzustände <strong>durch</strong><br />
den Anfangszustand <strong>und</strong> die im System geltenden<br />
Gesetze (<strong>und</strong> evtl. die Randbedingungen) vorher:<br />
bestimmt (determiniert) sind. Sie können deshaI<br />
aus den Anfangs- <strong>und</strong> Randbedingungen <strong>und</strong> dem<br />
mathematischen Modell (als Repräsentation der<br />
Wirkungsmechanismen) vorhergesagt werden. Stochastische<br />
Modelle berechnen nicht mehr genau<br />
einen Systemzustand, der z.B. <strong>durch</strong> die Koordinaten<br />
von Himmelskörpern charakterisiert wird. Vielmehr<br />
werden - wie etwa in der Quantenphysik - nur Wahrscheinlichkeiten<br />
für viele mögliche Aufenthaltsorte<br />
angegeben. Strategische Modelle enthalten zusätzlich<br />
spieltheoretische Komponenten, wie z.B. eine<br />
Bewertungsfunktion für verschiedene zukünftige<br />
Systemzustände, die von möglichen Handlungsalternativen<br />
abhängen.<br />
Obwohl stochastische <strong>und</strong> strategische Modelle zur<br />
Verfügung stehen, werden vielfach deterministische<br />
Modelle vorgezogen, weil sie sowohl vom praktischen<br />
Aufwand als auch von der gedanklichen Komplexität<br />
einfacher zu handhaben sind. Man ist sich<br />
54 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
- --'- Methoden<br />
jedoch der Unsicherheiten bewusst. Ein einfaches,<br />
überschaubares Modell, das vielleicht sogar absichtlich<br />
zu stark vereinfacht, ist besser als ein komplexes<br />
Modell, dass man nicht überprüfen kann.<br />
Die Unsicherheiten bc
Methoden<br />
_<br />
Bei der Erstellung des Modells ist zunächst das Ziel<br />
der Untersuchung zu umreissen <strong>und</strong> das betrachtete<br />
System abzugrenzen. Im nächsten Schritt werden<br />
das System <strong>und</strong> die in ihm ablaufenden Prozessse<br />
(Wirkungen) mit Worten beschrieben (Wortmodell).<br />
Dann folgt die Definition der Zustandsvariablen<br />
<strong>und</strong> der vorgesehenen Wirkungen. Die Zustandsvariablen<br />
<strong>und</strong> die vorgesehenen Wirkungen müssen<br />
mathematisch formuliert <strong>und</strong> als Computerprogramm<br />
implementiert werden. Für diesen Schritt<br />
stehen EDV-Programme mit grafischen Benutzeroberflächen<br />
zur Verfügung (z.B. Stella II, RAMSES).<br />
Nachdem die Parameter (das sind die Konstanten<br />
des Systems) (soweit möglich) spezifiziert wurden,<br />
schliessen sich die Simulation <strong>und</strong> (ggf.) die Parameteridentifikation<br />
(Kalibrierung) an.<br />
Die Überprüfung des Modells schliesst zunächst<br />
ein, dass man sich überlegt, was in hypothetischen<br />
Extremfällen passiert <strong>und</strong> ob das mit den erwarteten<br />
Vorstellungen übereinstimmt. Sagt das Räuber-<br />
56 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------- Methoden<br />
Beute-Modell tatsächlich voraus, dass die Beutepopulation<br />
ausstirbt, wenn die Wachstumsrate gleich<br />
o ist? Hier sind die extremen Werte der Parameter<br />
einzusetzen, um den Grenzbereich zu umreissen, für<br />
den das Modell noch Gültigkeit beansprucht. Als<br />
zweiter Teil folgt eine Sensitivitätsanalyse: Wenn die<br />
Parameter in relativ kleinen Bereichen verändert<br />
werden, ändert sich das Modellergebnis in erwarteter<br />
Weise? Oftmals kann man diese Sensitivitäten gar<br />
nicht so einfach angeben, weil das System zu komplex<br />
ist. In diesem Fall kann man jedoch zumindest<br />
einzelne Teile des Modells mit der Sensitivitätsanalyse<br />
auf logische Konsistenz hin überprüfen. Im<br />
dritten Teil der Überprüfung muss getestet werden,<br />
ob die Vorhersagen des Modells richtig sind. Dazu<br />
benötigt man Daten, die nicht bereits zur Erstellung<br />
oder Kaliprierung des Modells verwendet wurden<br />
(in dem Fall sollten die Vorhersagen trivialerweise<br />
.orrekt sein). Die Berechnung der Abweichung der<br />
Modellprognose von den gemessenen Daten kann<br />
mit Hilfe eines Abstandsmasses formalisiert werden<br />
(Summe der Abweichungsquadrate).<br />
Die Anwendung des Modells sollte relativ problemlos<br />
sein, wenn das Modell gerade erstellt wurde. Andernfalls<br />
muss zuerst geprüft werden, ob es in der<br />
aktuellen Situaton überhaupt anwendbar ist. In den<br />
meisten Fällen führt die Simulation zu sehr vielen<br />
numerischen Resultaten, die übersichtlich dargestellt<br />
werden müssen. Am Ende steht die Interpretation<br />
der Ergebnisse im Hinblick auf das Ziel der<br />
Untersuchung <strong>und</strong> die Beantwortung der AusgangsfragesteIlung.<br />
Analyse versus Synthese bei der Modellierung<br />
dynamischer Systeme<br />
Auch bei der ModelIierung dynamischer Systeme<br />
lssen sich Analyseteile <strong>und</strong> Syntheseteile vonemander<br />
unterscheiden.<br />
Der erste Teil der ModelIierung besteht<br />
hauptsächlich aus analysierenden Schritten. Das<br />
System muss definiert <strong>und</strong> abgegrenzt werden. Die<br />
Bestimmung der Zustandsvariablen <strong>und</strong> der gegenseitigen<br />
Wirkungen (<strong>und</strong> der Auswirkungen auf die<br />
<strong>Umwelt</strong> des Systems bzw. der Einwirkungen von<br />
aussen) ergibt sich aus einer analytischen Vorgehensweise,<br />
bei der das System in einzelne Teile zerlegt<br />
wird.<br />
Anschliessend wird als vorläufige «Synthese" geprüft,<br />
ob diese Teile zusammenpassen <strong>und</strong> ob sie<br />
eine konsi~tente Beschreibung des Systems ermöglichen.<br />
Die im ersten Teil gewonnenen Kenntnisse<br />
werden gebraucht, um die Zustandsvariablen <strong>und</strong><br />
Wirkungen zusammenzusetzen zu einer konsistenten<br />
Systemstruktur. Im Folgenden wird anhand der<br />
Beurteilung der Genauigkeit, der Variabilität <strong>und</strong> der<br />
Erstellung<br />
des Modells<br />
Überprüfung<br />
des Modells<br />
Anwendung<br />
des Modells<br />
Beschreibung des Systems (Wortmodell)<br />
Identifikation der Zustandsvariablen <strong>und</strong> ihrer Beziehungen<br />
untereinander<br />
Mathematische Formulierung <strong>und</strong> Implementation als<br />
Computerprogramm<br />
Simulation <strong>und</strong> Parameteridentifikation (Kalibrierung)<br />
Operationsorientiert:<br />
Extremfälle (Entartungen): Werden sie konsistent behandelt?<br />
Sensitivitäten: Reagieren die einzelnen Teile des Modells<br />
wie erwartet?<br />
Daten: richtige Vorhersage? (least squares, maximum<br />
likelihood)<br />
Durchführung der Simulation<br />
Darstellung der Ergebnisse <strong>und</strong> Interpretation<br />
Tab. 2.5.1 Die Schritte bei der Durchfiihrung der Mode!lierungdynamischer<br />
Systeme.<br />
Unsicherheit geprüft, ob das mathematische Modell<br />
das Gegenstandsmodell adäquat abbildet (vgl. Abbildung<br />
2.5.3).<br />
Zur Synthesearbeit gehört weiterhin die integrale<br />
Bewertung der Untersuchung (möglicherweise mit<br />
Hilfe von ökologischen, ökonomischen; sozialen <strong>und</strong><br />
technischen Kriterien) mit Blick auf das Gegenstandsmodell<br />
<strong>und</strong> dessen Abbildung im Modell,<br />
wie sie in Abbildung 2.5.3 illustriert wird. Zu einer<br />
derartigen Gesamtbeurteilung gehört auch die Beurteilung<br />
der Ergebnisse im Hinblick auf ihren<br />
Erkenntnisgehalt. Abbildung 2.5.4 (siehe nächste<br />
Seite) zeigt, wie die verschiedenen Teile als Perzeptoren<br />
zwischen der analytischen <strong>und</strong> der Synthesephase<br />
stehen.<br />
Welche Ergebnisse können erwartet werden?<br />
Nicht in jedem Fall ist eine Modellbildung erfolgreich<br />
in dem Sinne, dass genaue Prognosen erstellt<br />
werden können. Trotzdem können die Beziehungen<br />
der Zustandsvariablen untereinander aufgr<strong>und</strong> der<br />
Strukturanalyse deutlich werden.<br />
Für die Bestimmung der wesentlichen Systemelemente<br />
(Zustandsvariablen, Wirkungen) existieren<br />
theoretische Ansätze (vgl. z.B. Simon-Blalock, 19),<br />
die anwendbar sind, wenn ausreichend Datenmaterial<br />
verfügbar ist. Dies ergibt interpretierbare Struk-<br />
Abb. 2.5.3 Integrale Bewertung<br />
des Modells.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
57
Methoden<br />
_<br />
turen (Analogie, Homologie, System/Problem<br />
(initial fecal variable)<br />
Isomorphie von Gegenstandsmodell<br />
<strong>und</strong> Modell), die die<br />
Berechnung von Prognosen<br />
<strong>und</strong> das Erstellen von Sensitivitätsanalysen<br />
ermöglicht.<br />
Weil die Modellierung dynamischer<br />
System aus dem Bereich<br />
der Physik stammt, wer<br />
Fall, System,<br />
den die im Modell definierten<br />
r<br />
<strong>und</strong> bei der Überprüfung des<br />
Modells angepassten Wirkungen<br />
(Wirkmechanismen) oft<br />
als Gesetze interpretiert, die<br />
eine Ursache-Wirkungsbeziehung<br />
beinhalten. Hier drückt<br />
sich das Ziel aus, das System<br />
als ganzes beeinflussen zu<br />
wollen, es technisch zu beherrschen<br />
oder zumindest verändern<br />
zu können. Wenn das<br />
Modell aber pragmatisch konstruiert wurde (s.o.) <strong>und</strong><br />
die Modellstruktur möglich, aber nicht zwingend<br />
hergeleitet ist, muss geprüft werden, ob entsprechende<br />
Prognosen als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage dienen<br />
können. Im allgemeinen wird das nur der Fall<br />
sein, wenn die Ungenauigkeiten, die Variabilität<br />
<strong>und</strong> die Unsicherheiten entsprechend klein eingeschätzt<br />
werden.<br />
Ein wichtiger Prüfstein für die Anwendung von<br />
Modellen ist die Übertragbarkeit. Entsprechen die<br />
im Modell verankerten Wirkungsmechanismen physikalischen<br />
Modellen, Theorien oder Gesetzen, kann<br />
eine Anwendung an einem anderen Ort <strong>und</strong> zu einer<br />
anderen Zeit erfolgreich sein. Umgekehrt liefert eine<br />
erfolgreiche Überprüfung des Modells an anderer<br />
Stelle wiederum Evidenz für die Anwendung.<br />
Weitere wichtige Ergebnisse der ModelIierung<br />
können sein:<br />
• die Förderung des Denkens in vernetzten Strukturen<br />
oder Systemen<br />
• die Repräsentation von räumlichen (geometrischen)<br />
<strong>und</strong> zeitlichen Mustern<br />
• die Überprüfung von individuellen Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> Meinungen über das System (
Methoden<br />
_<br />
werden sichtbar. Indem die Prozesse im zeitlichen<br />
Verlauf dargestellt werden, können Systemqualitäten<br />
erkannt werden. Diese Kenntnisse können als Ansatzspunkte<br />
für die Steuerung kritischer Stoffflüsse<br />
genommen werden, z.B. wenn dynamische Modellierungen<br />
vorgenommen werden, mit denen Auswirkungen<br />
von Steuerungen überprüft werden können.<br />
Analyse versus Synthese:<br />
Die Nähe der Gr<strong>und</strong>konzeption der Stofflussanalyse<br />
zum Brunswikschen Linsenmodell offenbaren Abbildung<br />
2.6.1.1 oder Abbildung 2.6.1.2. Es ist jedoch<br />
zu beachten, dass im Sinne der in Abbildung 1.3.2<br />
dargestellten Gr<strong>und</strong>form des Brunswikschen Linsenmodells,<br />
die dargestelltell Schemen Prozesse<br />
auf der Perzeptorenebene darstellen. Dies wird in<br />
Abbildung 2.6.1.2 <strong>durch</strong> die graue Hintergr<strong>und</strong>schattierung<br />
verdeutlicht. Vorgeschaltet (siehe Systemdefinition)<br />
ist die Auswahl eines oder mehrerer<br />
für das System charakterisierender typischer Indikatorstoffe.<br />
Nachgeschaltet ist ein Analyse- <strong>und</strong> Bewenungsprozess,<br />
der jedoch - im Gegensatz zur<br />
Ökobilanz - nicht formal gestaltet ist.<br />
Die Stoffflussanalyse ist eine wichtige umweltnaturwissenschaftliche<br />
Methode. Entscheidend ist<br />
die Systemdefinition, die Wahl der Input- <strong>und</strong> Outputgrössen<br />
<strong>und</strong> der Bewertungsprozess (siehe Ökobilanzen)<br />
der für die <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
eine besondere Herausforderung darstellt.<br />
2.6.2 Methoden der integrativen Risikohewertul1g<br />
Der Risikobegriff wird häufig als enger technischer<br />
Begriff definiert. Die gängigste, aus der Versicherungswirtschaft<br />
entlehnte Definition beschreibt das<br />
Risiko als Produkt des Schadens mit dessen Eintretenswahrscheinlichkeit.<br />
Heute hat sich die Einsicht<br />
<strong>durch</strong>gesetzt (Luhmann, 1987; Fischoff et al., 1981;<br />
Scholz et al., 1995; Scholz, 1995), dass eine solche<br />
verengte Interpretation des Begriffs nur von begrenztem<br />
Nutzen ist <strong>und</strong> bei einer Risikobeurteilung<br />
qualitativ verschiedene Aspekte einbezogen werden.<br />
«Der Risikobegriff, der von einem sozialen System,<br />
einem Laien, Experten, einer Gruppe oder einer<br />
Organisation verwendet wird ist in aller Regel<br />
• ein Produkt eines Wahrnehmungs-, Konstruktions<strong>und</strong><br />
Bewenungsprozesses<br />
o mehrdimensional<br />
liI soziokulturell determiniert<br />
III unter politischen, technischen <strong>und</strong> ökonomischen<br />
Randbedingungen geformt,<br />
<strong>und</strong> besitzt zudem<br />
• differenzierte semantische Ebenen ... » (Scholz,<br />
1995, S. 10).<br />
Damit ist der Risikobegriff ein Konzept, welches<br />
eine Wissensintegration ermöglicht.<br />
Da ein Verständnis <strong>und</strong> eine Steuerung komplexer<br />
Systeme, wie sie in <strong>Fallstudie</strong>n angestrebt wird, auch<br />
eine Risikobeurteilung <strong>und</strong> eine Risikosteuerung<br />
umfasst, führen wir im Folgenden in das allgemeine<br />
Risiko"Handlungs-Modell ein, welches als eine<br />
Methode für eine integrative Risikobeuneilung aufgefasst<br />
werden kann.<br />
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist ein Risiko oder<br />
eine Risikobewertung da<strong>durch</strong> gekennzeichnet, dass<br />
man zwischen mehreren Handlungsalternativen auswählen<br />
muss, wobei mit der Wahl mindestens einer<br />
Alternative verschiedene unsichere Ausgänge verb<strong>und</strong>en<br />
sind. Um den Leser in die Logik einer<br />
Risikosituation einzuführen, sei ein Studium des<br />
Kastens «Risiko <strong>und</strong> Handlung» empfohlen.<br />
Risikobetrachtungen können zwar aus verschiedenen<br />
Perspektiven vorgenommen werden. Das folgende<br />
Beispiel zeigt, wie eine solche Integratio,<br />
aussehen kann. Es handelt sich um Grenzwertbetrachtung<br />
bei sog. Hilfsmitteln, wie Chlor zur<br />
Desinfektion von Trinkwasser oder von Pflanzenbehandlungsmitteln<br />
zur Schädlingsbekämpfung. Das<br />
Beispiel zeigt die Integration von Gefährdungs-, Vorsorge-<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten bei<br />
einer Risikoabschätzung.<br />
Bei einer Applikation eines Schädlingsbekämpfungsmittels<br />
wird aus landwirtschaftlicher Sicht<br />
zunächst das wirtschaftliche Risiko betrachtet. Die<br />
Abbildung 2.6.2.1 zeigt den Erwartungswert des ökonomischen<br />
Nutzens. Für eine Risikobetrachtung<br />
sind die verschiedenen Streuungen mitzubetrachten.<br />
Wird ein Hilfsmittel in zu geringer Konzentration<br />
ausgetragen, so ist die Nutzenkurve negativ. Die<br />
Kurve fällt sogar ab, wenn die Konzentration erhöht<br />
wird. Den erhöhten Materialkosten steht noch kein<br />
wesentlicher Effekt gegenüber. Dann steigt dir'<br />
Wirtschaftlicher<br />
(Erwartungs-) Nutzen<br />
Konzentration der<br />
Applikation<br />
Abb. 2.6.2.1 Hypothetisch angenommener Zusammenhang zwischen dem<br />
Erwartungswert des wirtschaftlichen Nutzen (y-Achse) <strong>und</strong>der Konzentration<br />
der Applikation eines Schädlingbekämpfungsmittels. Die Normalverteilung<br />
skizziert die Unsicherheiten, die bei einer bestehenden Konz.entration<br />
des wirtschaftlichen Betrages besteht.<br />
3<br />
60<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------------ Methoden<br />
SystemlProblem<br />
Perzeptoren<br />
Abb. 2.6.1.1 Schema des Giiterflusses in Linsenform.<br />
Subsystem 1 Subsystem 2 Output 0, Output 0. Output Oe<br />
5ubsy~telll1 0 X b c 0<br />
Subsy~telll2 y 0 0 0 d<br />
Input I, a<br />
Tab. 2.6.1 Giiterfluss in Matrixform.<br />
Wahrnehmungl<br />
Bewertung!<br />
Erkenntnis<br />
tion. Es können dabei Elemente, Stoffe oder auch<br />
Energie als Indikatoren gewählt werden.<br />
Formale Systembeschreibung<br />
Der ModelIierungsprozess: Um einen Einblick in<br />
den Modellbildungsprozess zu geben, skizzieren wir<br />
einen einfachen Bilanzierungsprozesses mit einem<br />
Inputgut, drei Qutputgütern <strong>und</strong> zwei internen Fluxen.<br />
Das Schema aus Abbildung 2.6.1.1 lässt sich auch<br />
in Matrixform darstellen (vgl. Tab. 2.6.1).<br />
Es gelten nun die Bilanzgleichungen a+y=b+c+x<br />
lInd x=d+y sowie die Input-Output-Bilanz a=b+c+d.<br />
•us einer Analyse der Gleichungssysteme kann der<br />
Messbedarf abgeleitet werden, der sich ergibt, wenn<br />
man das System vollständig modellieren möchte.<br />
Einen guten Ueberblick über ModelIierungen liefert<br />
van der Voet et al. (1995a, 1995b).<br />
Datenerfassung/Berechnung der Stoffflüsse<br />
Daten über die Güterflüsse <strong>und</strong> die Konzentrationen<br />
der Indikatorstoffe in den Gütern werden aus der<br />
Literatur erhoben oder nach Bedarf gemessen. Aus<br />
diesen Angaben lassen sich die Stoffflüsse im vorher<br />
definierten System berechnen.<br />
Weitergehende Betrachtungen der Stoffflüsse<br />
Die Analyse von Stoffflüssen erfolgt meist<br />
iterativ, beispielsweise kann die Systemdefinition<br />
weiter verfeinert werden, indem<br />
Prozesse in Subprozesse aufgetrennt<br />
werden etc. Erfasst das System die zur<br />
Diskussion stehenden Stoffflüsse in genügender<br />
Weise, so ist es möglich für diese<br />
Stoffflüsse dynamische Betrachtungen anzustellen.<br />
Dafür wird das Stoffflusssystem<br />
in ein mathematisches Modell abgebildet.<br />
Die Stoffflussanalyse wie sie hier beschrieben<br />
wird, wurde von Baccini <strong>und</strong><br />
Brunner (1991) vorgestellt. Es gibt daneben<br />
weitere Ansätze, die beispielsweise<br />
die betrachteten Prozesse in Modulen<br />
erfassen (S<strong>und</strong>berg, 1993), oder die eher<br />
produktbezogen (Kohler et al., 1992) sind.<br />
Stoffflüsse <strong>und</strong> Ökobilanz: Zwischen der<br />
Stoffflussanalyse <strong>und</strong> der Ökobilanz<br />
bestehen Ähnlichkeiten. Während die<br />
Stoffflussanalyse vor allem die grössenordnungsmässige<br />
Erfassung <strong>und</strong> allenfalls<br />
ModelIierung der Flüsse einzelner (ausgewählter)<br />
Elemente oder Stoffe bezweckt,<br />
zielt die Ökobilanz auf die Erfassung sämtlicher<br />
Umwe/twirkungen, die ein Produkt innerhalb des<br />
Betrachrungsraumes haben kann. In der Ökobilanz<br />
werden also immer mehrere Stoffe betrachtet <strong>und</strong><br />
die Auswirkungen nach Möglichkeit bewertet.<br />
Ökobilanzierungsmethoden enthalten somit Stoff<strong>und</strong><br />
Energieflussanalysen (Baccini <strong>und</strong> Bader, 1996,<br />
S. 38). Stoffflussanalysen eignen sich dazu, in<br />
Systemdynamiken einzudenken <strong>und</strong> die ökologischen<br />
Kernprobleme eines Systems bzw. Prozesses<br />
besser sichtbar zu machen. Quellen <strong>und</strong> Senken<br />
Darste/lung <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse<br />
Die wichtigsten Quellen <strong>und</strong> Senket! eines Stoffes<br />
sowie die für den Stoffumsatz wichtigsten Prozesse<br />
werden identifiziert. Aufgr<strong>und</strong> dieser Angaben können<br />
theoretische Möglichkeiten zur Steuerung der<br />
Stoffflüsse abgeleitet werden.<br />
Entsorgungsprozesse<br />
versorgungsprozesse<br />
(1000)<br />
Haushalte<br />
(1000)<br />
Abb. 2.6.1.2 Schematis~he Darstellung des Stoffwechsels eines urbanen<br />
Systems (vgl. Baccini <strong>und</strong> Bader, 1996, S. 208) als Teilprozesse von <strong>Umwelt</strong>bewertung.<br />
(10)<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 59
__________________________________________Methoden<br />
Kurve bis zu einer bestimmten Konzentration, ab<br />
der eine zusätzliche Konzentration keinen weiteren<br />
Nutzen verspricht. Schliesslich sind erhöhte Konzentrationen<br />
schädlich <strong>und</strong> die Nutzenfunktion fällt<br />
steil ab.<br />
Aus ökologischer Sicht sind zumindest die Kosten<br />
<strong>und</strong> der Nutzen für die Schädlichkeit <strong>und</strong> die Vermeidbarkeit<br />
zu betrachten.<br />
Bei einigen wenigen Parametern gelingt es uns, in<br />
einem <strong>Umwelt</strong>kompartiment eine eindimensionale<br />
Ziel- bzw. Schadensgrösse zu bestimmen, für die<br />
eine Dosis-Wirkungsfunktion konstruiert werden<br />
kann. Dazu gehören etwa Enzymhemmungen oder<br />
Mortalitätsquoten. Postulieren wir, dass sich innerhalb<br />
eines bestimmten Szenarios eine bestimmte<br />
ökologische Gefährdungsschwelle ableiten lässt,<br />
dann haben wir in aller Regel eine s-förmige Funktion<br />
für das Gefährdungspotential.<br />
Nach traditioneller Argumentation werden hier<br />
Schwellenwerte postuliert.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
61
Methoden<br />
_<br />
Diese Kurve steht in aller<br />
Regel in zumindest ordinaler<br />
oder gar proportionaler Beziehung<br />
zur Risikobewertung bezogen<br />
auf den Gefahrenaspekt, der<br />
aus dem Wissen über die Auswirkungen<br />
eines Stoffes resultiert.<br />
Bei einer ökologischen Risikoabschätzung<br />
verengen wir unser<br />
Weltwissen jedoch niemals auf<br />
ein einziges Kompartiment <strong>und</strong><br />
auf eine eindimensionale Stoffbetrachtung.<br />
Einige Stoffe stehen<br />
in Verdacht, Effekte zu<br />
zeigen, ohne dass bislang ein<br />
klarer Nachweis erbracht werden<br />
konnte. Bei anderen potentiellen<br />
Schadstoffen haben wir<br />
kein genaues Wissen, ob nicht<br />
<strong>durch</strong> eine permanente Hintergr<strong>und</strong>belastung<br />
die <strong>Umwelt</strong>matrix<br />
in einer solchen Art <strong>und</strong><br />
Weise verändert wird, dass nicht<br />
doch auf indirektem Wege Wirkungen<br />
erzielt werden.<br />
Die Abbildung 2.6.2.2 zeigt für unser landwirtschaftliches<br />
Beispiel, dass etwa ökonomische <strong>und</strong><br />
ökologische Risikofunktionen zu integrieren sind.<br />
Für eine Risikobewertung ist das wirtschaftliche<br />
Risiko (der Erwarrungsnutzen), das toxikologische<br />
Risiko (Schädlichkeit resp. Schadenswahscheinlichkeit)<br />
<strong>und</strong> der Aspekt der Vorsorge (Bewertung des<br />
Nichtwissens) zu beachten. Eine umfassende Risikobewertung,<br />
die etwa einer Grenzwertableirung unterliegt,<br />
integriert diese Aspekte. Dies gilt es deutlich<br />
<strong>und</strong> transparent zu machen.<br />
Die Handlungen bei einer<br />
Risikoentscheidung können sehr<br />
unterschiedlicher Art ~sein <strong>und</strong><br />
z.B. in verschiedenen Sanierungsverfahren<br />
für Altlasten,<br />
unterschiedlichen Massnahmen<br />
für den Hochwasserschutz, oder<br />
verschiedenen Informationsprogrammen<br />
für den Einsatz von<br />
Pestiziden in der Landwirtschaft<br />
darstellen.<br />
Wir illustrieren das allgemeine<br />
Risikohandlungsmodell an dieser<br />
Stelle am Beispiel der AItlastenbearbeitung.<br />
Die Alternativen<br />
können bei der Altlastenbearbeitung<br />
(z.B. bei der Detailuntersuchung)<br />
<strong>durch</strong> verschiedene<br />
Untersuchungsprogramme<br />
bzw. verschiedenen Vorgehens-<br />
Wirtschaftlicher<br />
~f<br />
rz;.<br />
Ökonomische BewertungsfunktIon fOr<br />
den Einsatz eines Hilfsmittels<br />
Scha
--------------'-------------<br />
Methoden<br />
wiedergegeben <strong>und</strong> wird nun beschrieben. Eine ausführlichere<br />
Darstellung findet sich in Scholz et al.<br />
(1995).<br />
Ausgangsl'lnkte<br />
Für die Durchführung einer Risikountersuchung<br />
sind die folgenden Ausgangspunkte zu identifizieren.<br />
Das <strong>Umwelt</strong>system, wie z.B. eine Altlastsituation,<br />
stellt den Untersuchungsgegenstand dar. Ausgehend<br />
vom Vorwissen werden auf dieses <strong>Umwelt</strong>system<br />
bezogene Hypothesen aufgestellt, beispielsweise «Das<br />
Schadensrisiko ist grösser als e <strong>und</strong> lässt sich <strong>durch</strong><br />
eine Massnahme reduzieren».<br />
Ziele einer Handlung können einerseits Erkenntnisinteressen,<br />
z.B. die Ermittlung eines Risikos sein.<br />
Andererseits kann das Handeln im Sinne einer Intervention<br />
(wie einer Sanierungsmassnahme) direkt auf<br />
ie Verringerung eines Risikos ausgerichtet sein. Das<br />
Erkenntnis- oder Interventionsziel bestimmt die Art<br />
<strong>und</strong> den Umfang der für eine Risikountersuchung<br />
zu erhebenden Daten. Für Altlasten lassen sich bei-<br />
. spielsweise Zielsetzungen formulieren:<br />
III die Ermittlung von <strong>durch</strong>schnittlichen oder maximalen<br />
Belastungen bzw. von Belastungsverteilungen<br />
im Hinblick auf die Feststellung der Überschreitung<br />
von Prüf-, Richt-, Grenz- <strong>und</strong>/oder<br />
Sanierungswerten;<br />
III die Prüfung von Verursachungshypothesen,<br />
III die Beurteilung von Ökosystemeigenschaften (beispielsweise<br />
zur Abklärungder Nachhaltigkeit einer<br />
Nutzung).<br />
Handlungsalternativen<br />
Wir unterscheiden für die Altlastenbearbeitung zwei<br />
verschiedene Typen oder Bereiche von Handlungs-<br />
.Jternativen oder Handlungsstrategien Ao, Ab ..., An<br />
(Der Einfachheit halber wird an dieser Stelle lediglich<br />
der Fall mit endlich vielen Handlungsstrategien<br />
betrachtet. Der Fall mit unendlich vielen Alternativen<br />
verhält sich analog):<br />
a)Untersuchungsdesigns <strong>und</strong> Probenahmepläne: Die<br />
Handlungsalternativen bestehen darin, entweder<br />
sich für eine Abklärung nach einem der verschiedenen<br />
Beprobungsprogramme Ai zur Belastungsfeststellung<br />
zu entscheiden oder nichts zu tun (im<br />
folgenden mit Ao bezeichnet).<br />
b)lnterventionen: Hier bestehen die Handlungsalternativen<br />
Ai zum Beispiel aus:<br />
III<br />
Nutzungsänderungen <strong>und</strong> Sicherungsmassnahmen,<br />
etwa <strong>durch</strong> Verbote, Einzäunung, Schlitzwandabsicherung<br />
etc.,<br />
.. Sanierungsmassnahmen, z.B. Bodenwäsche, insitu<br />
Dekontaminationen <strong>durch</strong> mikrobiologische<br />
Sanierung.<br />
Ereignisse<br />
Aus jeder Handlungsalternative können verschiedene<br />
Ereignisse oder Folgen resultieren. Ereignisse<br />
sind Informationsstände über das vorliegende <strong>Umwelt</strong>system<br />
oder über zukünftige Zustände. Dazu<br />
dienen die Datenerhebungen (Monitoring) <strong>und</strong> die<br />
entsprechenden Systemmodelle. Als Folgen werden<br />
Systemzustände aufgefasst, die sich aus den umweltsystembezogenen<br />
Handlungen ergeben (z.B_ aus<br />
Sicherungs- oder Sanierungsmassnahmen).<br />
Auftretenswahrscheinlichkeiten<br />
Bei der Wahl einer Handlungsalternative Ai kann<br />
ein Ergebnis bzw. ein Folgeereignis Ej mit einer<br />
bestimmten Wahrscheinlichkeit Pi,j resultieren. Dies<br />
heisst, zu jeder Handlungsalternative Ai gibt es einen<br />
Wahrscheinlichkeitsvektor Pi=(Pi,b Pi,Z, ..., Pi,k)' der<br />
die Auftretenswahrscheinlichkeiten der Ereignisse<br />
unter Ai enthält. Im Fall von informationsgerichteten<br />
Handlungen ist dies der Wahrscheinlichkeitsvektor<br />
für das Auftreten einer spezifischen Konstellation<br />
von Messwerten. Bei den Interventionshandlungen<br />
(z.B. einer Sanierung) sind die Folgen mögliche<br />
zukünftige <strong>Umwelt</strong>zustände. Solche Auftretenswahrscheinlichkeiten<br />
werden häufig subjektiv abgeschätzt<br />
oder, bei grösseren Datensätzen, mit frequentistischen<br />
Modellen bestimmt (vgL hierzu<br />
Scholz et al., 1992b).<br />
Risikofunktion<br />
Das schwierigste <strong>und</strong> noch am wenigsten gelöste<br />
Problem bei der Risikohandlungsabwägung ist die<br />
Formulierung der Risikofunktion. Diese Funktion<br />
kann man als eine Bewertungsfunktion auffassen. In<br />
ihr sollten im Idealfall<br />
III<br />
die Aufwendungen (Kosten, Zeit), die mit den<br />
Handlungsalternativen Ai verknüpft sind,<br />
III die (bedingten) Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen<br />
Ereignisse/Folgen Pi,b Pi,Z, ..., Pi,k unter<br />
Ai, <strong>und</strong><br />
.. der potentielle Nutzen (z.B. Zielerreichung einer<br />
Dekontamination) bzw. der mögliche Schaden<br />
(z.B. Transporternissionen), der aus den Ereignissen/Folgen<br />
E b ...,Ek resultiert,<br />
integriert sein.<br />
Allgemein weist die Risiko/unktion die Argumente<br />
Ai (Handlungsalternative, einschliesslich der Aufwendungen),<br />
Ej (Ereignisse/Folgen) <strong>und</strong> Pi,j (die<br />
zugeordneten Wahrscheinlichkeiten) auf.<br />
In den <strong>Umwelt</strong>wissenschaften werden häufig Risikofunktionen<br />
betrachtet, die nicht alle Argumente<br />
berücksichtigen. Besteht beispielsweise das Ziel<br />
einer Untersuchung in der Belastungsfeststellung,<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
63
Methoden<br />
_<br />
Abb. 2.6.2.4 Veranschaulichung der bedingten Verteilungs/unktion p(EyIAJ<br />
für Ereignisse (E y) bei gegebenen Handlungen A x unter der Annahme, dass<br />
Ey<strong>und</strong>A x kontinuierliche Variablen seien.<br />
wird häufig lediglich der mittlere zu erwartende<br />
Messfehler als Bewertungsfunktion genommen. Bei<br />
einer solchen Funktion werden Über- <strong>und</strong> Unterschätzungen<br />
gleich bewertet <strong>und</strong> die Kosten für die<br />
Probenahme <strong>und</strong> Analytik bleiben unbeachtet.<br />
Betrachten wir als Handlungsalternativen Sanierungs-<br />
oder Interventionsmassnahmen, dann werden<br />
in die Risikobewertungsfunktion oft nur die Wahrscheinlichkeiten<br />
für das Eintreten bestimmter unerwünschter<br />
Zustände/Schäden, z.B. Todes- oder Erkrankungswahrscheinlichkeiten<br />
einbezogen (siehe<br />
May, Scholz <strong>und</strong> Nothbaum, 1991).<br />
Um einen anschaulichen Zugang zu den Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>und</strong> zur Konstruktion der Bewertungs- bzw.<br />
Risikofunktion im Falle eines Kontinuums von<br />
Handlungsalternativen A x zu bekommen, betrachten<br />
wir einen Spezialfall. Wir nehmen dazu an, dass sich<br />
der Aufwand bei einer Handlung (z.B. einer Sanierungsmassnahme)<br />
kontinuierlich steigern lässt <strong>und</strong><br />
dass es gleichermassen ein Kontinuum von Ereignissen<br />
Ey gibt. Bei einer Handlungsalternative A x wird<br />
die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Ey<br />
k(A)<br />
Intensität der Handlungsalternativen A<br />
Abb. 2.6.2.5 Veranschaulichung der Kosten/unktion NA) unter der Annahme,<br />
dass A=A x eine kontinuierliche Variable sei.<br />
gemäss der bedingten Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
p(EyIA x ) beschrieben. Nehmen wir weiter an, dass<br />
Ereignisse mit einer kleineren Ausprägung als besser<br />
bewertet werden, so kann man die Auffassung, dass<br />
bei einem geringen Aufwand sich ein schlechtes<br />
Ergebnis (z.B. eine grosse Konzentration eines<br />
Schadstoffes) mit grosser Varianz einstellt, bei<br />
hohem Aufwand hingegen - idealerweise - ein besseres<br />
Ergebnis mit geringer Varianz erzielt wird, mit<br />
einem Bild wie in Abbildung 2.6.2.4 verdeutlichen.<br />
Zu berücksichtigen sind nun in einer Risikofunktion<br />
die Kosten für die Aufwendungen. Gemäss<br />
unseres Ansatzes bilden diese Kosten eine weitere<br />
Dimension. Unter der Annahme eines Kontinuums<br />
von Handlungsalternativen schreiben wir jeder<br />
Handlungsalternativen einen Aufwand k(A) zu. Die<br />
Kostenfunktion steigt mit zunehmender Intensität<br />
der Massnahme (vgl. Abbildung 2.6.2.5).<br />
Die Risikofunktion r(A, E, p(EIA» ist nun<br />
integrale Bewertung der Aufwandkosten k(A), der<br />
Bewertung der Ereignisse v(E) <strong>und</strong> der Ereignisverteilung<br />
p(EIA). Die Bewertungsfunktion ist perspektiven-<br />
bzw. personenabhängig. Dies heisst insbesondere,<br />
dass es selbst bei bekannten Funktionen k(A),<br />
v(E) <strong>und</strong> p(EIA) keine allgemein akzeptierte Formel<br />
oder Funktion geben kann, mit der diese zu einem<br />
Risikowert verknüpft werden. Um eine integrale<br />
Risikobewertung vorzunehmen, können Verfahren<br />
der multikriteriellen Entscheidungstheorie eingesetzt<br />
werden.<br />
Welche Ergehnisse können von dem<br />
Risiko-Handlungs-Modell erwartet werden?<br />
Das Risiko-Handlungsmodell stellt eine Methode<br />
dar, mit der integrative Risikobeurteilungen vorgenommen<br />
werden können. Es organisiert das Vorgehen<br />
bei Risikoabschätzungen.<br />
Will man eine integrative Risikobeurteilung erstellen,<br />
so fehlen in aller Regel wesentliche Daten, um<br />
genaue Abschätzungen vorzunehmen. Dies betrifft<br />
insbesondere die benötigten Wahrscheinlichkeitsverteilungen.<br />
Um diese zu erstellen, muss man auf<br />
grobe Abschätzungen zurückgreifen. Eine Möglichkeit<br />
besteht darin, die Wahrscheinlichkeiten zu<br />
schätzen <strong>und</strong> somit eine subjektive Wahrscheinlichkeitsverteilung<br />
zu konstruieren. Bei der Konstruktion<br />
dieser Verteilung wird man zumindest teilweise<br />
auf bestimmte Datensätze zurückgreifen können<br />
(zur Konstruktion solcher Datensätze siehe exemplarisch<br />
May et al., 1991). Trotz möglicherweise vorhandener<br />
Datensätze wird aber eine Unsicherheit<br />
.über das <strong>Umwelt</strong>modell verbleiben.<br />
Die Vorteile des Modells ist sein klarer begrifflicher<br />
Rahmen: Er ermöglicht, dass verschiedene<br />
technische <strong>und</strong> psychologische Definitionen von<br />
64<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Methoden<br />
Risiko in einem gemeinsamen Modell beschreibbar<br />
werden. Die Anwendung des Modells hat fallspezifisch<br />
zu erfolgen. Dies betrifft insbesondere die<br />
Risikofunktion. Es ist dabei zunächst zu ermitteln,<br />
welche Aspekte in eine Risikoperzeption einbezogen<br />
werden (mathematisch formuliert sind die<br />
Argumente der Risikofunktion zu bestimmen). In<br />
einem weiteren Schritt ist zu entscheiden, welches<br />
Skalenniveau für die Risikofunktion als angemessen<br />
betrachtet wird. D.h. es'ist zu entscheiden, ob die<br />
Risikofunktion auf einer (0,1) Skala erstellt werden<br />
kann, ob lediglich ordinale Steigerungsreihen (z.B.<br />
«kleines Risiko», «mittleres Risiko», «hohes Risiko»,<br />
«extrem hohes Risiko») oder andere Skalen gewählt<br />
werden müssen.<br />
Es ist zu erwarten, dass sich in umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n in vernetzter Teamarbeit<br />
(siehe Kapitel ORGANISATION) mit dem geschilderten<br />
lorgehen integrative Risikoabschätzungen erstellen<br />
lassen. Das Modell liefert ein Schema <strong>und</strong> beschreibt<br />
die einzelnen Elemente, i.e. die Handlungsalternativen,<br />
die aus den Alternativen resultierenden Ereignisse,<br />
deren Wahrscheinlichkeit, sowie die mehrdimensionale,<br />
Risiko-Bewertungs-Funktion die den Gegenstand<br />
verschiedener Arbeitsgruppen sein können.<br />
KRITIKPHASE<br />
Abb. 2.6.3.2 Mögliches Zusammenspiel zwischen rational-analytischschen<br />
,Argumenten <strong>und</strong> intuitiv-emotionalen Argumenten in der Kritikphase<br />
(aus ").<br />
2.6.3 Ideenwerkstatt<br />
Die Ideenwerkstatt geht auf die von Jungk <strong>und</strong><br />
Müllert (1989) entwickelte Methode der Zukunftswerkstätten<br />
zurück. Die Wurzeln der Konzeption<br />
liegen in den Denkfabriken (Think Tanks) der amerikanischen<br />
Streitkräfte, «die gegen Ende des zweiten<br />
Weltkriegs als erste begannen, systematisch künftige<br />
strategische Möglichkeiten zu studieren ... " (Jungk<br />
<strong>und</strong> Müllert, 1989, S. 15). In der Folge wurde diese<br />
Technik von Hermann Kahn (vgl. den Abschnitt zur<br />
Jzenarioanalyse) verwendet, der in der von der US<br />
Air Force gegründeten Rand Corporation diese Technik<br />
zur Politikberatung einsetzte. Von Jungk <strong>und</strong><br />
Müllert (1995) wurden Zukunftswerkstätten als eine<br />
Vorgehensweise konzipiert, um Bürger <strong>und</strong> Betroffene<br />
an der Planung zu beteiligen: «Die Thematik<br />
einer Zukunftswerkstatt wird vorzugsweise <strong>durch</strong><br />
persönliche, lokale oder regionale Probleme bestimmt.»<br />
Die Methode der Zukunftswerkstätten zeichnet<br />
sich <strong>durch</strong> einen weitestgehenden Einsatz von<br />
Moderationstechniken aus, zu denen ein häufiger<br />
Wechsel der Arbeitsformen gehört (siehe<br />
Abbildungen 2.6.3.1 <strong>und</strong> 2.6.3.2., vgl. auch<br />
Abschnitt 2.6.4 Synthese-Moderation). Mit<br />
der Methode lassen sich, mit vergleichsweise<br />
geringem Aufwand, Wunschvorstellungen<br />
ermitteln.<br />
Da in den Synthesegruppen der umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n '94 (vgl.<br />
Scholz et al., 1995) <strong>und</strong> <strong>'95</strong> keine Betroffenen<br />
teilnahmen, wurden - in Anlehnung<br />
an Zukunftswerkstätren - Ideenwerkstätten<br />
<strong>durch</strong>geführt. Die in den Ideenwerkstätten<br />
erarbeiteten Ergebniss besitzen, wegen der<br />
bewusst angezielten Offenheit des Prozesses<br />
Abbildung 2.6.3.1 Räumliche Strukturierung des Kommunikationsprozesses In<br />
Zukunfts- oder Ideenwerkstätten (aus ").<br />
" Robert Jungk & Norbert Müller: «Zukunftswerkstätten: Mit<br />
Phantasie gegen Routine <strong>und</strong> Resignation», erschienen im<br />
Wilhe1m Heyne Verlag GmbH & Co.KG, München, 1989.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 65
Methoden<br />
<strong>und</strong> der Produkte eine gewisse Originalität, die auch<br />
<strong>durch</strong> ein gezieltes Zusammenspiel zwischen Intuition<br />
<strong>und</strong> Rational-Analytischen Arbeitsweisen gefördert<br />
werden (vgl. Abbildung 2.6.3.2).<br />
Insgesamt scheinen sie aber eher geeignet, kürzere<br />
Phasen (1 bis 2 Tage) der Einarbeitung in einen<br />
Themenbereich zu begleiten, als für eine längere<br />
wissenschaftliche Projektorganisation zu tragen.<br />
2.6.4 Synthese,-Moderaticm<br />
Unter Moderation versteht man allgemein die<br />
Leitung, Kommentierung <strong>und</strong> Verbindung von<br />
Gesprächsprozessen. Mit Synthese-Moderation bezeichnen<br />
wir Techniken, die den Prozess der kooperativen<br />
Problemlösung in den Synthese- <strong>und</strong><br />
Teilprojektgruppen der <strong>Fallstudie</strong> organisieren hilft.<br />
Synthese-Moderation bedeutet einerseits die<br />
Nutzung von Hilfsmitteln im Gruppenarbeits- <strong>und</strong><br />
Gruppenkommunikationsprozess, wie sie etwa <strong>durch</strong><br />
die Metaplan-Moderationstechniken unterstützt<br />
werden (vgl. Klebert, 1985; Schnelle, 1978). Indem<br />
die Leitungstechniken, Feedback-Regeln, Sitzordnungen,<br />
Strukturlegetechniken, Brainstormingregeln<br />
(siehe Jungk <strong>und</strong> Müllert, 1995), der Wechsel<br />
zwischen Einzel-, Kleingruppen-, Forums- <strong>und</strong><br />
Podiumsaktivitäten (Steiger, 1990) sowie kreative<br />
enaktive Tätigkeiten genutzt werden, wird der Prozess<br />
der kooperativen Synthesearbeit gestützt (siehe<br />
auch das Kapitel ORGANISATION). Selbst die Methode<br />
der «Punktvergabe», bei der jeder Teilnehmer die<br />
Bedeutung oder Präferenz von bestimmten auf Plakaten<br />
notierten Alternativen <strong>durch</strong> das Aufkleben<br />
von Punkten gestalten kann, erfreut sich grosser<br />
Beliebtheit, wohl nicht zuletzt weil jeder seinen Beitrag<br />
sehen kann.<br />
Für die <strong>Fallstudie</strong>narbeit, die neben der Anwendung<br />
auf Lehre <strong>und</strong> Forschung abzielt, sind jedoch die<br />
Randbedingungen der Moderation zu beachten.<br />
Dazu gehört eine Optimierung des Wechselspiels<br />
zwischen fachlich kompetenten Tutoren <strong>und</strong> den<br />
eigentlichen Projektbearbeiter (i.e. den Studierenden),<br />
die zeitlichen Begrenzungen, der Einbezug<br />
<strong>und</strong> die Koordination mit anderen Synthesegruppen<br />
sowie der Einsatz der in diesem Kapitel vorgestellten<br />
wissenschaftlichen Synthesemethoden. Wie in manchen<br />
Büchern zu Projektmanagement nahegelegt<br />
(Wischnewski, 1993), ist weiter dem Aspekt dem der<br />
produktbezogenen Rückwärtsplanung <strong>und</strong> dem<br />
Zeitmanagement besondere Beachtung zu schenken.<br />
Die Synthese-Moderation ist ein Methode, welche<br />
erlaubt, die Integration des in den verschiedenen<br />
Teilnehmern <strong>und</strong> Teilprojekten der <strong>Fallstudie</strong> vorhandenen<br />
Wissens kommunikationstechnisch bezogen<br />
auf die Ziele der <strong>Fallstudie</strong> zu unterstützen.<br />
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UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
69
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Lang.<br />
70 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Inhalt<br />
1. Vorgeschichte <strong>und</strong> Vorgaben 13<br />
2. Die Vorbereitung 75<br />
3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 76<br />
4. Ablauforganisation der fallstudie 78<br />
5. Die didaktische Konzeption der <strong>Fallstudie</strong> 80<br />
6. Schlussbemerkung 82<br />
Alltorlflmm<br />
Christine lIächtiger<br />
Sandro Bösch<br />
Harald A. Mieg
Orgarlisation<br />
_<br />
Themenwettbewerb zur <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>.<br />
72 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________Organisation<br />
1. Vorgeschichte<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> - ein jahrgangsühergreifender Prozess<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> 1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung<br />
<strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>» ist die fünfte <strong>Fallstudie</strong><br />
der Abteilung <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />
Ihre Organisation konnte wesentlich auf der <strong>Fallstudie</strong><br />
1994 «Perspektive Grosses Moos» aufbauen<br />
(Scholz u.a. 1995). Beibehalten wurden die Gr<strong>und</strong>prinzipien<br />
der <strong>Fallstudie</strong>narbeit:<br />
o eine starke studentische Beteiligung in der Planung<br />
<strong>und</strong> Vorbereitung der <strong>Fallstudie</strong><br />
• das Prinzip des forschenden Lernens<br />
• Wissensintegration (Synthese) als das eigentliche<br />
Forschungsziel<br />
lil die ausgeprägte Kooperation mit Forschungsinstituten,<br />
Fachverbänden <strong>und</strong> sonstigen «Trägern der<br />
lil<br />
<strong>Fallstudie</strong>»<br />
Die Verbindung von Lehre, Forschung <strong>und</strong> Anwendung.<br />
Die Kooperationsstrukturen geben Einblick, wie<br />
eine <strong>Fallstudie</strong> in den <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
sich aufbaut <strong>und</strong> abläuft. Wie Abb. 1 zeigt, erfolgten<br />
in der <strong>Fallstudie</strong> einerseits ETH-übergreifende<br />
Kooperationen (insbesondere mit Prof. Henz <strong>und</strong><br />
den Architekten), andererseits Kooperationen mit<br />
Verbänden <strong>und</strong> der Privatwirtschaft (Schweizerischer<br />
~t<br />
Abb. 1 Organigramm der <strong>Fallstudie</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>».<br />
Ausdruck für die ausgeprägte Kooperationsstruktur ist das «Steering Board», über welches die FachvertreterhJöglichkeiten<br />
der Einflussnahme aufdas FS-Projekt hatten.<br />
Baumeisterverband, SBV; Schweizerischer Ingenieur-<br />
<strong>und</strong> Architektenverein, SIA; Schweizerische<br />
Bankgesellschaft, SBG, ...).<br />
Der Kopf der <strong>Fallstudie</strong> - die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
Die <strong>Fallstudie</strong>nkommission hatte die eigentliche<br />
Leitung der <strong>Fallstudie</strong> inne. Die Kommission selbst<br />
besteht aus etwa 15 Studierenden, den Professoren<br />
Koller <strong>und</strong> Scholz, sowie den Vertretern des sog.<br />
<strong>Fallstudie</strong>nbüros, Christine Bächtiger, Sandro Bösch,<br />
Harald A. Mieg <strong>und</strong> Jürg Stünzi. Die Kommission<br />
konstituierte sich im April 1994 mit einem studentischen<br />
<strong>Fallstudie</strong>n-Wochenende, an dem ein Gr<strong>und</strong>satzpapier<br />
erarbeitet wurde. Dieses Papier wurde<br />
in mehreren Sitzungen diskutiert <strong>und</strong> überarbeitet.<br />
Besonderen Wert wurde darauf gelegt, die Erfahrungen<br />
der vorangegangenen <strong>Fallstudie</strong>n angemessen<br />
einzubringen.<br />
In der Vorbereitungsphase im Zeitraum von April<br />
1994 bis April 1995 hielt die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
über 47 Sitzungen ab. Als oberstes Organ der <strong>Fallstudie</strong><br />
hatte sie alle Beschlüsse bezüglich der Konzeption,<br />
des zeitlichen Ablaufes, der Zielsetzungen<br />
der <strong>Fallstudie</strong> usw. zu treffen. Lediglich die Bereiche<br />
Personal, Bewertung <strong>und</strong> Finanzen lagen ausschliesslieh<br />
in der Verantwortung des Inhabers der «<strong>Fallstudie</strong>nprofessur»,<br />
Herrn Prof. Roland W. Scholz.<br />
Die Sitzungen der Kommission<br />
wurden abwechselnd von den<br />
studentischen Mitgliedern geleitet.<br />
Während der Projektphase<br />
im Sommersemester wurde die<br />
<strong>Fallstudie</strong>nkommission auf sechs<br />
Studierende <strong>und</strong> fünf Lehrende<br />
verkleinert. Ohne die zeitweisen<br />
Sondersitzungen fanden für die<br />
Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung<br />
der <strong>Fallstudie</strong> 59 Kommissionssitzungen<br />
statt.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
wurde <strong>durch</strong> Abordnungen, d.h.<br />
kleinere Gruppen von Studierenden<br />
<strong>und</strong> Dozenten, auch nach<br />
aussen vertreten. Dazu gehörten<br />
Treffen mit Ämtern <strong>und</strong> Institutionen<br />
sowie Informationsveranstaltungen<br />
bzw. der Dialog mit<br />
den Kommilitonen <strong>und</strong> Kommilitoninnen,<br />
die nicht an der Kommissionsarbeit<br />
beteiligt waren.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong>n-Kommission<br />
1995 erhielt zudem eine Art<br />
Supervision bzw. Feedback.<br />
Hierzu wurde ein Doktorand<br />
der klinischen Psychologie her-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
73
Organisation<br />
angezogen. Sein Auftrag bestand darin, eine «verhaltensorientierte»<br />
Rückmeldung zur Kommunikation<br />
in der <strong>Fallstudie</strong>nkommission zu geben.<br />
Die Voraussetzungen der Stlldierenden<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> ist obligatorisch für alle Studierenden<br />
deS achten Semesters im Studiengang <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />
Zu diesem Zeitpunkt können die<br />
Studierenden auf eine mehrjährige, umfassende<br />
Ausbildung zurückblicken. Zu den Schwerpunkten<br />
gehören eine Gr<strong>und</strong>ausbildung in den naturwissenschaftlichen<br />
Fächern sowie die Vertiefungen in einem<br />
umweltnaturwissenschaftlichen Fachgebiet (Physik,<br />
Chemie, Biologie, <strong>Umwelt</strong>mikrobiologie oder <strong>Umwelt</strong>hygiene)<br />
<strong>und</strong> einem <strong>Umwelt</strong>system (Atmosphäre,<br />
Aquatische Systeme, Terrestrische Systeme oder<br />
Anthroposphäre). Erste Erfahrungen <strong>und</strong> Handlungswissen<br />
haben die Studierenden in einem halbjährigen<br />
Berufspraktikum erworben.<br />
Die Funktion der Lehrenden - die Tutoren<br />
Die Arbeit der Studierenden wurde während der<br />
gesamten <strong>Fallstudie</strong> von Lehrenden der Professur<br />
<strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften begleitet.<br />
Für die Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung der<br />
Studierenden in der Projektphase wurden insgesamt<br />
16 externe Fachleute, sogenannte «Tutoren», verpflichtet.<br />
Die Tutoren kamen zum überwiegenden<br />
Teil aus der Praxis, d.h. aus Ökobüros <strong>und</strong> den<br />
Baufachverbänden, <strong>und</strong> besassen - bezogen auf die<br />
von ihnen betreuten Teilprojekte - einschlägige<br />
Projekterfahrung. Die Tutoren wurden von Dezember<br />
1994 an in die Vorbereitung einbezogen <strong>und</strong><br />
erhielten eine Einführung in die Didaktik der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
Während des Sommersemesters waren sie<br />
jede Woche an einem Tag - von insgesamt zweIeinhalb<br />
<strong>Fallstudie</strong>ntagen - anwesend.<br />
Die Professur für <strong>Umwelt</strong>natllr· <strong>und</strong><br />
Umweitsozialwissenschaften<br />
Die Professur für <strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozialwissenschaften<br />
(UNS) ist verantwortlich für die<br />
Organisation der <strong>Fallstudie</strong>. Um ,den Forschungsbereich<br />
der Professur noch stärker als in der <strong>Fallstudie</strong><br />
«Perspektive Grosses Moos» einzubinden,<br />
wurden drei Forschungsassistenten der Professur<br />
(Heitzer, Tietje <strong>und</strong> Weber) mit Tutorenaufgaben<br />
betraut.<br />
Die Gestaltllngsvarianten zum Slllzer·Escher Wyss·Areal<br />
Gr<strong>und</strong>lage der <strong>Fallstudie</strong>narbeit waren vier Gestaltungsvarianten<br />
zum Sulzer-Escher Wyss-Areal (vgl.<br />
Kap. DER FALL). Dazu gehörten einerseits eine<br />
Baurnassenstudie zum offiziellen Gestaltungsplan<br />
<strong>und</strong> andererseits drei Varianten, die an der ETI<br />
von Architekturstudierenden unter der Leitung von<br />
Prof. A. Henz erarbeitet worden waren. Die drei<br />
Varianten wurden von der <strong>Fallstudie</strong>n-Kommission<br />
so ausgewählt, dass sie sich inhaltlich möglichst stark<br />
unterscheiden.<br />
1. Industrienahe Nutzung (Die Illustration des Gestaltungsplanes)<br />
2. WerkStadt<br />
3. Kunsthochschule<br />
4. Grünraum<br />
In der Vorbereitung wurden die Varianten von den<br />
jeweiligen Architekturstudierenden soweit konkretisiert<br />
(z.B. hinsichtlich des Parkplatzbedarfs oder<br />
der verbauten Betonmenge), dass Daten für eine<br />
umweltnaturwissenschaftliche Bewertung zur Verfügung<br />
standen.<br />
_<br />
Die Administration - das fallstudienbiiro<br />
Das <strong>Fallstudie</strong>nbüro ist das Exekutivorgan der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
während der <strong>Fallstudie</strong> (siehe<br />
auch Abb. 1). Das <strong>Fallstudie</strong>nbüro ist KontaktsteIJe<br />
<strong>und</strong> Sekretariat der <strong>Fallstudie</strong>. Es ist die Schnittstelle<br />
zu Behörden, Bürgern vor Ort, Forschungsinstituten,<br />
externen Fachleuten, Unternehmen <strong>und</strong><br />
all den Einrichtungen <strong>und</strong> Personen, von denen<br />
die <strong>Fallstudie</strong> getragen wird. Dem <strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />
obliegt die Geschäftsführung während der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
Zum <strong>Fallstudie</strong>nbüro gehören Herr Prof.<br />
R.W. Scholz, die Oberassistenten Dr. H.A. Mieg<br />
<strong>und</strong> Dr. ]. Stünzi sowie Herr S. Bösch (Büroleitung)<br />
<strong>und</strong> Frau C. Bächtiger.<br />
74<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
--------------------- Organisation<br />
2.<br />
Die Vorbereitungen dauerten etwa ein Jahr <strong>und</strong> wurden<br />
von der <strong>Fallstudie</strong>nkommission im folgenden<br />
Ablauf geleistet:<br />
1994 i\prII d<br />
1994 Mai<br />
1994 juni<br />
~994 juli<br />
Die Vorbereitung<br />
1994 Au~ust d<br />
1994 September<br />
bis Dezember<br />
1995 januar bis<br />
März<br />
1995 Februar<br />
Gr<strong>und</strong>satzpapier (Was ist <strong>und</strong> soll die <strong>Fallstudie</strong>?)<br />
'" ..<br />
Kriterienkatalog für die Themenwahl<br />
."-,, ......<br />
Themenwettbewerb<br />
Themenprüfung<br />
....... . . . . .<br />
Themenwahl<br />
Organisation des Themas «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />
Kooperationen (Prof. Henz, SBV, SIA, Sulzer-Escher<br />
Wyss)<br />
Vertrag mit Sulzer AG über die Durchführung der<br />
<strong>Fallstudie</strong>, Auswahl von drei Gestaltungsvarianten,<br />
erstellt an der Professur Henz<br />
In den Kriterienkatalog flossen die Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Diskussionen vorangegangener <strong>Fallstudie</strong>n ein.<br />
Bedeutung erlangten Kriterien wie z.B. die Kooperation<br />
ausserhalb der ETH sowie das Vorhandensein<br />
einer ausreichenden Datengr<strong>und</strong>lage: Die <strong>Fallstudie</strong><br />
soll Wissen zusammenführen <strong>und</strong> benötigt bereits<br />
vorhandene Daten. Tab. 2.2 gibt eine Übersicht über<br />
den Kriterienkatalog.<br />
Es wurde ein öffentlicher Themenwettbewerb<br />
<strong>durch</strong>geführt. Die eingereichten Themen, etwa 50<br />
an der Zahl (siehe auch Tab. 2.1), wurden anhand der<br />
Kriterien geprüft. Drei Preise wurden vergeben:<br />
l.Preis (Eignung als <strong>Fallstudie</strong>nthema):<br />
Armee: Waffenplätze <strong>und</strong> Ökologie<br />
2.Preis (originellster Vorschlag):<br />
Was macht die Stadt Zürich mit ihren Toten?<br />
3.Preis (schönste Ausarbeitung des Vorschlags):<br />
Ökologie im Spital<br />
ehn Themen wurden ausgiebig geprüft dem studentischen<br />
Plenum vorgestellt. Zwei Themen er-<br />
Verinselung in Natur & Kultur<br />
Halbierung Strassenverkehrsvolumen<br />
+NEAT<br />
<strong>Umwelt</strong>entwicklungshilfe<br />
Abb. 2 29. August 1994. Nach langer, intensiver Schlussdiskussion In der <strong>Fallstudie</strong>n<br />
Kommission fällt die Entscheidungfür das Thema «Baubranche».<br />
+Abfälle/Stoffflüsse Stadt Zürich<br />
+Landschaftsentwicklungskonzept<br />
für den Kanton ZH<br />
Out in the green<br />
Velo-Branche<br />
++ Armee: Waffenplätze & Ökologie<br />
Kleider/Mode<br />
2·Weg-Kanalisation<br />
Architektur<br />
Andermatt<br />
Kunststoffproduktion<br />
Tourismus<br />
S-Bahn Zürich<br />
Ökologie im Spital<br />
Energiesteuer<br />
+ Mobilität<br />
ETH Hönggerberg<br />
Kleinseen<br />
Empirische Raumnutzungsanalyse<br />
+ Transit Uri<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
+Sempachersee<br />
+Hinterrhein<br />
Rotsee<br />
Ökotourismus Schweiz<br />
Grünflächenbewertung<br />
UVBUWAL<br />
+Sihl- & Wägitalersee<br />
+Grosses Moos (Fortsetzung)<br />
+ Thurkorrektion<br />
Schwimmbäder<br />
Alternative Energien im Haushalt<br />
Flughafen Zürich-Kloten<br />
Was macht die Stadt Zürich mit<br />
ihren Toten?<br />
Ökoiogieunterricht an Primarschulen<br />
+Olympische Spiele im Wallis,<br />
Kandidatur 2002<br />
++ Ökologie der Baubranche<br />
Ökocheck ETH<br />
Breitensport<br />
Tab. 2.1 Themen (stichwo11artig), die beim Themenwettbewerb eingereicht<br />
wurden. Themen, die mit + gekennzeichnet sind, kamen in die nähere Auswahl.<br />
Die Themen «Armee» <strong>und</strong> «Baubranche» (++) wurden nach einer<br />
Abstimmung (im studentischen Plenum) intensivergeprilft.<br />
langten Priorität, nämlich «Armee» <strong>und</strong> «Baubranche».<br />
Zwei Gruppen aus der <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
bereiteten die Themen vor, suchten Wege der<br />
Kooperation <strong>und</strong> Finanzierung. Am 29. August fiel<br />
nach hitziger Diskussion die Entscheidung für das<br />
Thema Ökologie der Baubranche.<br />
In die Vorbereitung gehört auch die Knüpfung<br />
von Kooperationsstrukturen. Schon im Herbst 1994<br />
wurde mit dem Schweizerischen Baumeisterverband<br />
(SBV) <strong>und</strong> dem Schweizerischer Ingenieur-<br />
<strong>und</strong> Architektenverein (SIA)<br />
eine Zusammenarbeit vereinbart. Die<br />
Wahl eines Falles fiel weniger leicht.<br />
Mehrere grössere Planungs- <strong>und</strong> Bauvorhaben<br />
in der Schweiz wären aus<br />
Sicht der <strong>Fallstudie</strong> interessant gewesen:<br />
das Bahnareal der SBB in Basel;<br />
das ABB-Areal in Baden; das Zentrum<br />
Zürich Nord <strong>und</strong> das Sulzer-Escher<br />
Wyss (SEW)-Areal. Nach Prüfung von<br />
Fall <strong>und</strong> Thema schien das SEW<br />
Areal am besten für die <strong>Fallstudie</strong><br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» geeignet. Zudem<br />
hatten dort im Wintersemester<br />
94/95 Architekturstudierende unter<br />
der Leitung von Prof. Alexander<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 75
Organisation<br />
Henz, ETH Zürich, Projektentwürfe erarbeitet.<br />
Aus diesen Entwürfen wurden im Februar 1995 drei<br />
Projekte als Gestaltungsvarianten für die weitere<br />
<strong>Fallstudie</strong>narbeit ausgewählt. Ein Vertrag mit der<br />
Sulzer AG in seiner endgültigen Fassung vom Februar<br />
1995 regelt die Durchführung der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
Im Zentrum steht hierbei die Prüfung der im Gestaltungsplan<br />
vorgesehenen Gestaltungsvariante (Baumassenstudie)<br />
für das SEW-Areal, welche von einer<br />
Architektengemeinschaft projektiert wurde (Fischer<br />
Architekten AG / Irten + Brechbühl AG).<br />
3. Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong><br />
Der Aufbau der <strong>Fallstudie</strong> 1995 bestand gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
aus drei Ebenen (vgl. Abb. 3.1):<br />
_<br />
Kriterien<br />
Typ'<br />
TliemellSpezifisch<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> setzt sich mit einem gesellschaftlich relevanten,<br />
konkreten Phänomen bzw. Problem auseinander.<br />
M<br />
Es wird ein «offenes Problem» bearbeitet. Die Fragestellung ist M<br />
klar definiert <strong>und</strong> die Zielsetzung ist gut vermittelbar (Motto).<br />
Syste l11 grenzensind feststellbat: ..<br />
Dem interdisZiplinären Anspruch des Studienganges ist Rech- M<br />
nung zu tragen: Sozial- <strong>und</strong> geisteswissenschaftliche Fragestellungen<br />
<strong>und</strong> system- <strong>und</strong> fachvertiefungsorientierte Arbeiten<br />
werden verb<strong>und</strong>en.<br />
Der Forschungsbezug der <strong>Fallstudie</strong> ermöglicht weiterführende S<br />
Diplonl~rbeiten...<br />
Die Problemstellung ist bisher noch nicht bis zu einem zufriedenstelIenden<br />
Resultat bearbeitet worden, d.h. Wiederholungen<br />
in vorgegebenen Bahnensin..d_.. zu:..ve.r..me:i.d.e..n.... I .<br />
Dank finanzieller Unabhängigkeit sind sonst kaum realisierbare K<br />
Projekte möglich. Auftragsarbeit ist nur wünschbar, falls die<br />
Bearbeitungsfreiheit nicht eingeschränkt ist. Die <strong>Fallstudie</strong> muss<br />
jedoch klar als Lehrveranstaltung deklariert sein.<br />
Tilligkeitsspezifisch<br />
Die Hauptarbeit der <strong>Fallstudie</strong> darf nicht aufs Messen ausgelegt<br />
sein. Messdaten werden nur zur Prüfung, Ergänzung <strong>und</strong> Validierung<br />
erhoben.<br />
Das Thema ist in bearbeitbare Einheiten aufspaltbar. Das Thema,<br />
die Strukturierung <strong>und</strong> die Organisation ermöglichen eine<br />
Synthese <strong>und</strong> eine .. gute Kommunikation zwischen .... den Gruppen.<br />
Die Kommunikation mit beteiligten <strong>und</strong> betroffenen Personen<br />
<strong>und</strong> Institutionen (Bevölkerung, Politiker, etc.) ist gewährleistet.<br />
Weilere wichlige Anmerkungen<br />
Eine konkrete, umsetzungsorientierte Lösung wird auf allen<br />
Bearbeitungs- <strong>und</strong> Synthesestufen angestrebt.<br />
Die verschiedenen Institute sollen weitmöglichst einbezogen<br />
werden.<br />
Alle «externen» Personen (d.h. NichHallstudienkommissionsmitglieder)<br />
sollen so früh wie möglich einbezogen werden.<br />
Tab. 2.2 Kriten'en der Themenwahl (*Kriterientyp: Muss, Sollte, Kann).<br />
M<br />
M<br />
M<br />
Abb. 3.1 Die drei Ebenen der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>.<br />
1.0benan steht der Fall, das Sulzer-Escher Wyss<br />
Areal. Dies ist der Bezugspunkt für die Datenauswahl<br />
<strong>und</strong> thematische Gliederung der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
2. Die thematische Gliederung bilden die sog. Synthesen.<br />
Jede der fünf Synthese-Projektgruppen<br />
geht mit einer eigenen, umfassenden Fragestellung<br />
an den Fall heran. Die Synthesen zeigen den<br />
Fall sozusagen aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />
Die Projektphase der <strong>Fallstudie</strong> (April bis<br />
Juli) beginnt mit der Erarbeitung der Fragestellungen<br />
in den Synthesegruppen <strong>und</strong> endet mit de<br />
Synthetisierung der fallspezifischen Daten <strong>durch</strong><br />
die Synthesegruppen.<br />
3. Die fallspezifische Auswahl <strong>und</strong> Aufarbeitung der<br />
Daten erfolgt in Teilprojekten. Sie werden - in<br />
einem mittleren Abschnitt der Projektphase - aus<br />
den Synthesegruppen heraus gebildet; ihre<br />
Arbeit wird <strong>durch</strong> die Synthesefragestellungen <strong>und</strong><br />
die Aufträge aus<br />
den Synthesegruppen<br />
bestimmt.<br />
Die 5 Synthesegruppen<br />
definieren die<br />
fallspezifische Fragestellung<br />
des Themas<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»;<br />
in ihrer Arbeit<br />
besteht die eigentliche<br />
Leistung der<br />
76 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________________Organisation<br />
<strong>Fallstudie</strong>. In den Synthesen werden umfassende<br />
Zielfragen <strong>und</strong> Problemstellungen behandelt, die<br />
nur <strong>durch</strong> eine Wissensintegration geeignet bearbeitbar<br />
sind. Wie Abb. 3.2 zeigt, sind die Synthesegruppen<br />
nach drei Bereichen geordnet. Drei Gruppen<br />
beschäftigten sich mit der Frage von Wert- <strong>und</strong><br />
Schadschäpfung <strong>durch</strong> «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Drei<br />
Aspekte wurden beleuchtet:<br />
1.die stoffliche <strong>und</strong> technische Seite von Bauäkologie<br />
«
Organisalion<br />
bereichs «Gestaltung» zusammenschlossen <strong>und</strong> die<br />
drei Teilprojekte gemeinsam bearbeiteten.<br />
Ausserhalb der Synthese/Teilprojektstruktur gab<br />
es Querschnittsgruppen <strong>und</strong> Projekte mit übergeordneter<br />
Funktion:<br />
• Die Mediengruppe. Ihr oblag die Medien- <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeitsarbeit der <strong>Fallstudie</strong>. Sie gab die<br />
Fallsrudienzeitung «UmBau» heraus.<br />
• Die Gruppe der Variantenverantwortlichen. Für jede<br />
Variante gab es eine Studierende/einen Studierenden<br />
aus der <strong>Fallstudie</strong> mit der Aufgabe, die nötigen<br />
Daten <strong>und</strong> Unterlagen für die drei Varianten bereitzustellen.<br />
Die Gruppe wurde unterstützt von<br />
Architekturstudierenden, die mit den Varianten<br />
vertraut waren.<br />
• Es gab einen sog. Methodenclub, zeitweilig identisch<br />
mit dem Teilprojekt Bilanzierungen (1.10). Diese<br />
Gruppe hatte die Aufgabe, Bilanzierungs- <strong>und</strong><br />
ModelIierungsmethoden (z.B. Ökobilanz, System<br />
Dynamics, ...) zu prüfen <strong>und</strong> für die Fallstudit<<br />
aufzubereiten.<br />
4. Ablauforgllnisation der<br />
<strong>Fallstudie</strong><br />
Die Projektphase (April his Juli 1995)<br />
Eine bedeutende organisatorische Neuerung der<br />
<strong>Fallstudie</strong> 1995 bestand in der zeitlichen Neu<br />
Organisation von Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektarbeit.<br />
In der <strong>Fallstudie</strong> 1994 «Perspektive Grosses Moos»<br />
wurden die Studierenden in der sog. «Expertenbildungsphase»<br />
individuell vorbereitet <strong>und</strong> dann in<br />
Teilprojekten zusa.mmengefasst; schliesslich wurden<br />
die Teilprojekte zu Synthesen zusammengefasst.<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> 1994 lief also vom Individuum auf die<br />
Synthese zu (Abb. 4 oben).<br />
In der <strong>Fallstudie</strong> 1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />
begann die Arbeit mit einer 4-wöchigen Synthesephase.<br />
In den Synthesegruppen wurden die the,<br />
matisch relevanten Fragestellungen vorbereitet. Die<br />
Synthesegruppen verteilten ihre Mitglieder auf die<br />
einzelnen Teilprojekte. Die Teilprojektphase dauerte<br />
5 Wochen. Danach folgte die zweite Synthesephase,<br />
in der Ergebnisse aus den Teilprojekten ausgewertet<br />
<strong>und</strong> interpretiert wurden (Abb. 4 unten).<br />
Der Terminkalender der <strong>Fallstudie</strong> «<strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» war dicht gedrängt. Ausser<br />
der Abfolge der Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektphasen<br />
galt es folgende organisatorische<br />
Aufgabe zu bewältigen:<br />
OD Einführung der Studierenden ins System<br />
(das Areal <strong>und</strong> die Probleme der <strong>Umnutzung</strong>).<br />
Hierzu gab es eine Führung <strong>durch</strong><br />
das Areal, das Quartier <strong>und</strong> den Technopark<br />
(als Beispiel einer möglichen <strong>Umnutzung</strong> von<br />
Industriebrachen).<br />
• Einführung der Studierenden ins Thema<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Hierzu gab es verschiedene<br />
Vortragsr<strong>und</strong>en zu praktischen <strong>und</strong> theoretischen<br />
Fragen der <strong>Umnutzung</strong> (u.a. mit Bauverbänden<br />
<strong>und</strong> Behörden).<br />
• Gestufte Präsentation der bis dann erbrachten<br />
Ergebnisse, <strong>und</strong> zwar 1. zwischen den Synthesegruppen<br />
(Syntheseaustauschtag 1.6.), 2. der Teilprojektarbeiten<br />
(Infomarkt 16.6.), 3. abschliessend<br />
fallstudienintern (Schlussveranstaltung an der<br />
ETH am 13.7.) <strong>und</strong> 4. offiziell (öffentliche Präsentation<br />
der Ergebnisse im Technopark am 6.12.95).<br />
_<br />
Abb. 3.4 UmBou- Die Zeitung zur Follstudie <strong>'95</strong> • <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Bouen».<br />
Die Nachbearheitungsphase<br />
Die Phase der Nachbearbeitung ist ein wichtiger Teil<br />
der <strong>Fallstudie</strong>. Hier werden einzelne Produkte der<br />
<strong>Fallstudie</strong> überarbeitet. Insbesondere wird hier der<br />
<strong>Fallstudie</strong>nband von Teams aus Studierenden <strong>und</strong><br />
Tutoren zusammengestellt <strong>und</strong> redigiert. Genauso<br />
78<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-------------------------------- Organisation<br />
Ablauf <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive Grosses Moos»<br />
April Mal Junl Juli<br />
18,,24.125,,1, I 2"8, I 9,·15, 16,,22,123,,29,130,,5, 6,,12,113.·19, 20..26,127,.3, 4,-10, 11,-17,<br />
Ablauf <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> "Industrieareal Sulzer-Escher Wyss: <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong> - Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />
~ ~ M<br />
8,-14, 15,-21. 5,-11. 12'-~~~<br />
~phasol<br />
Aufgabandellnition<br />
Autteilung auf Tellprojekte<br />
Steilkurse fur zugeteilte<br />
\udierende<br />
Searbalten der Tellprqakte<br />
Tailprojektbearbaitung gemäss<br />
Pflichtenheften<br />
synlhesephaso 2<br />
Ausarbeitung der<br />
Synthesaberichte<br />
b~=~"""C8'T~l«0" I I I I I I I<br />
-l-Lllil I I<br />
"rmM~<br />
Abb. 4 Ablauforganisationen 1994 <strong>und</strong>1995 im Vergleich.<br />
wichtig ist die Verpflichtung, die von der <strong>Fallstudie</strong><br />
mit jeder Kooperation eingegangen wird.<br />
Sie endet keineswegs mit dem Ende der Projektphase.<br />
In der Nachbearbeitungsphase werden<br />
die Resultate der <strong>Fallstudie</strong> umgesetzt.<br />
Eine Form der Umsetzung sind Diplomarbeiten,<br />
die auf der <strong>Fallstudie</strong> aufbauen.<br />
Im Anschluss an die <strong>Fallstudie</strong> '94 "Perspektive<br />
Grosses Moos» ergaben sich sieben<br />
Diplomarbeiten mit fast ausschliesslich anwenlungsorientierten<br />
Fragestellungen. Zwei Diplomarbeiten<br />
(ausgeführt von Kulturtechnikern<br />
unter Prof. Fritsch, die in der <strong>Fallstudie</strong> mitgearbeitet<br />
hatten) machten die Planung für die<br />
Sanierung des Hauptkanals im Grossen Moos.<br />
Zwei andere, umweltnaturwissenschaftliche<br />
Diplomarbeiten konzipierten die Ausscheidung<br />
von ökologischen Ausgleichsflächen der Strafanstalt<br />
Witzwil im Grossen Moos, die nun umgesetzt<br />
wird.<br />
Zur Nachbearbeitungsphase der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
lässt sich an dieser Stelle noch nichts Endgültiges<br />
berichten. Produkte der Ideenwerkstatt<br />
(Video, Nachhaltigkeits-Zooprospekt) wurden<br />
Ende Oktober 1995 auf der .Messe für <strong>Umwelt</strong>technik<br />
in Basel gezeigt. Am 20. November 1995<br />
erfolgte der Workshop der Raumnutzungsverhandlungen<br />
mit Interessenvertretern aus Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Politik.<br />
19. April 1995<br />
20. April 1995<br />
Vortragsr<strong>und</strong>e «Mögliohkeiten der <strong>Umnutzung</strong> des<br />
SEW-Areals unter Berücksichtigung der Ökologie»<br />
......................................... ,.................... . ..<br />
21. April 1995 Beginn der Synthesegruppenarbeit<br />
26. April 1995<br />
27. April 1995<br />
28. April 1995<br />
4. Mai 1995<br />
11. Mai 1995<br />
17. Mai 1995<br />
19. Mai 1995<br />
L Juni 1995<br />
2. <strong>und</strong> 9. juni 1995<br />
16. Juni 1995<br />
13. Juli 1995<br />
6. Dezember 1995<br />
Begrüssung der StudIerenden<br />
Vorstellung der Tutoren<br />
Areal-Begehung Sulzer'Escher Wyss<br />
Vortragsr<strong>und</strong>e «<strong>Bauen</strong>, Projektierung <strong>und</strong> Ausführung»<br />
(ETH-intern)<br />
wissenschaftliche Vortragsr<strong>und</strong>e mit Vorträgen aus<br />
dem Departement (u.a. zu Altlast~~)<br />
Ethik·Vorlesung<br />
Beginn der Steilkurse «sozialwissenschaftliche Methoden»<br />
<strong>und</strong> «Wirtschaftswissenschaften»<br />
,.Spe~ialkurse für EDV u~d Zeitm~nag~ITIent ..<br />
Vortragsr<strong>und</strong>e «<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> öffentliche Interessen»:<br />
u.a. mit Frau Stadträtin U, Koch<br />
Beginn der Te~projektarbeit<br />
....................... - .<br />
Vortragsr<strong>und</strong>e «Bauhauptgewerbe <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz»:<br />
u.a. SBV, SIA, TFB<br />
Syntheseaustausohtag:Die Synthesegruppen stellen<br />
einander ihrebisherige·Arbeit vor.<br />
Erfahrungstag<br />
Infomarkt Die Teilprojektgruppen stellen einander<br />
ihre Ergebnisse vor.<br />
Schlussveranstaltung an der ETH<br />
Abschluss der FallstudIe als Lehrveranstaltung<br />
öffentliche Präsentation der Ergebnisse im Technopark<br />
Tab. 4 Übersicht zu einigen wichtigen Terminen im Ablaufder <strong>Fallstudie</strong> 1995.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 79
Organisation<br />
_<br />
5. Die didaktische Konzeption<br />
<strong>Fallstudie</strong><br />
Das didaktische Konzept der <strong>Fallstudie</strong> 1995 betrifft<br />
im wesentlichen:<br />
e Funktionsaufteilung/ Kompetenzerweiterung<br />
e Teamarbeit<br />
e Tutorenkonzept<br />
@ Erfahrungstage<br />
e Bewertung<br />
Funktionsauftei/ungI Kompetenzerweiterung: In den<br />
Gruppen wurden die Aufgaben <strong>und</strong> gewisse Kompetenzen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich verschiedenen Studierenden<br />
zugeordnet. Diese Studierenden waren dann<br />
in Person für die jeweilige Funktion bzw. das spezifische<br />
Wissen verantwortlich:<br />
@<br />
@<br />
EDV (mit einer mehrstündigen Einführung)<br />
Zeitmanagement (mit einem zweistündigen Einführungskurs)<br />
e Steilkurs «Wirtschaftswissenschaften» (drei Nachmittage)<br />
.. Steilkurs «sozialwissenschaftliehe Methoden»<br />
(sechs Nachmittage).<br />
In diesem Sinn wurde auch die Verbindung zwischen<br />
Teilprojekten <strong>und</strong> Synthesegruppen geregelt. In<br />
jeder Synthesegruppe gab es i.d.R. eine Person, die<br />
in ein spezifisches relevantes Teilprojekt delegiert<br />
wurde. Für jedes dieser Teilprojekte wurde in der<br />
Synthesegruppe ein Auftrag formuliert. Es war Aufgabe<br />
der Person, die in das Teilprojekt geschickt<br />
wurde, dort den Auftrag vorzutragen <strong>und</strong> - nach<br />
Abschluss der Teilprojektarbeit - das Ergebnis des<br />
Teilprojektes in der Synthesegruppe zu rapportieren.<br />
Teamarbeit: Zeitplan, Vorgehen <strong>und</strong> Arbeitsverteilung<br />
innerhalb der Projektphase wurden von<br />
den Synthese- <strong>und</strong> Teilprojektgruppen organisiert.<br />
Zur Unterstützung der Teamarbeit mussten je nach<br />
Phase des Gruppenprozesses geeignete strukturierende<br />
Elemente gef<strong>und</strong>en werden. Hierzu gehörten<br />
auch «Feedbacb-Regeln, die den kritischen Austausch<br />
<strong>und</strong> die Kommunikation stützen <strong>und</strong> erleichtern<br />
sollten (vgl. Kasten 5.2).<br />
Nach der Erfahrung in der <strong>Fallstudie</strong> 1994 wurde<br />
für die <strong>Fallstudie</strong> 1995 die Funktion einer Verbindungsperson<br />
zwischen <strong>Fallstudie</strong>nbüro <strong>und</strong> Studierenden<br />
geschaffen. Hierfür konnte Christine Bächtiger<br />
gewonnen werden. Sie war selbst Teilnehmerin<br />
der <strong>Fallstudie</strong> 1994 <strong>und</strong> arbeitete im <strong>Fallstudie</strong>nbüro.<br />
Sie konnte in der <strong>Fallstudie</strong> oftmals vermittelnd<br />
tätig werden.<br />
Tutorenkonzept: Die Tutoren erhielten eine eigene<br />
eintägige Einführung in die didaktische Konzeption<br />
der <strong>Fallstudie</strong>. In der <strong>Fallstudie</strong> 1994 lautete der<br />
Kasten 5.1 Das Fa/lstudien-Computemetz.<br />
Kasten 5.2 Feedback-Regeln.<br />
didaktische Auftrag an die Tutoren, die Gruppen wie<br />
ein «Doktorvater» zu leiten. Dies liess sehr viel Freiheit,<br />
mit dem Nachteil, dass die einzelnen Gruppen<br />
höchst unterschiedlich mit ihren Tutoren zufrieden<br />
waren. Eine Befragung ergab folgendes «Paradox»:<br />
80<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________Organisation<br />
<strong>Fallstudie</strong> haben die diesjährigen Erfahrungstage<br />
aus Sicht der Studierenden aber wenig gebracht. In<br />
kommenden <strong>Fallstudie</strong>n sollte man das Ziel der<br />
Erfahrungstage den Studierenden wie auch den<br />
beteiligten Unternehmen besser vermitteln. Möglicherweise<br />
lassen sich Tips <strong>und</strong> Strategien für eine<br />
aktive Systemerfahrung entwickeln.<br />
Kasten 5.3 Das 2-Phasen-«Schwungrad» -Nodel!für die Tutorenro!!e.<br />
Einerseits lehnen die Studierenden ein intensive<br />
T ,eitung - Modell «Mittelschullehrer» - eindeutig<br />
ab. Andererseits steigt ihre Zufriedenheit mit dem<br />
Tutor eindeutig mit dessen Einsatz <strong>und</strong> Zeitaufwand<br />
für die Gruppe.<br />
Um allzugrosse Unterschiede in der Tutorenleistung<br />
zu verhindern, wurden für die Synthesegruppen<br />
Tutorenteams aus i.d.R. drei Tutoren gebildet.<br />
Für die Teilprojekte wurde ein 2-Phasen-«Schwungrad»-Model!<br />
angewandt: Der Tutor bringt den Gruppenprozess<br />
«in Schwung» <strong>und</strong> zieht sich dann zurück.<br />
Wenn (seiner Einschätzung nach) der Schwung<br />
nachlässt, greift der Tutor wieder ein. Das Modell<br />
erfordert die aktive Mitarbeit des Tutors: er muss<br />
erkennen, wann es Zeit ist, einzugreifen; <strong>und</strong> er<br />
muss hierzu das nötige Geschick zeigen. Es genügt<br />
nicht, zu warten, bis die Gruppe die Arbeit des<br />
Tutors einfordern könnte.<br />
Die Erfahrungstage: Wer ein System nicht bloss von<br />
aussen beurteilen will, braucht neben den Zahlen,<br />
akten <strong>und</strong> Beobachtungen auch Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Erlebnisse. Aus diesen Überlegungen entstand die<br />
Idee der Erfahrungstage, die im Grossen Moos zum<br />
ersten Mal angeboten wurden. Gerade eine einzige<br />
Studentin konnte sich damals zur Mitarbeit auf<br />
einem Bauernhof entschliessen. Die diesjährige <strong>Fallstudie</strong>nkommission<br />
hatte deshalb beschlossen, den<br />
obligatorischen Erfahrungstag einzuführen.<br />
Die Erfahrungstage dienen dem besseren Systemverständnis<br />
<strong>und</strong> dem Perspektivenwechsel. Das<br />
<strong>Fallstudie</strong>nbüro bemühte sich, möglichst viele Unternehmen<br />
mit räumlichem oder thematischem<br />
Systembezug zu finden. Aus den definitiven Angeboten<br />
hatten die Studierenden zu wählen. Die<br />
Studierenden wurden vorher <strong>und</strong> nachher zu den<br />
Erfahrungstagen befragt. Dabei zeigte sich, dass die<br />
Einstellung zum Erfahrungstag eher positiv war <strong>und</strong><br />
sich nach dem Erfahrungstag noch leicht verbesserte.<br />
Für die Systemkenntnisse <strong>und</strong> die Arbeit in der<br />
Bewertung: Eine erfolgreiche Teilnahme an der<br />
<strong>Fallstudie</strong> ist für die Zulassung zum Diplom notwendig.<br />
Um den Erfolg bescheinigt zu bekommen,<br />
mussten die Studierenden ihre spezifischen Funktionen<br />
<strong>und</strong> Aufträge in den Gruppen erfüllen <strong>und</strong><br />
überdies aktiv <strong>durch</strong> Mitarbeit zum Gelingen der<br />
gesamten <strong>Fallstudie</strong> beitragen. Die Tutoren waren<br />
beauftragt, in Problemfällen rechtzeitig das Gespräch<br />
mit den betroffenen Studierenden zu stlchen.<br />
Jeder Studierende kann sich zudem freiwillig die<br />
Teilnahme an der <strong>Fallstudie</strong> mit einem qualifizierenden,<br />
individuellen Arbeitszeugnis bescheinigen<br />
lassen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
81
Organisation ~ _<br />
6. Schlussbemerkung<br />
Die Schlussbemerkung zur Organisation der <strong>Fallstudie</strong><br />
1995 ist im Prinzip dieselbe wie bereits 1994:<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> ist ein Grossprojekt, das seine eigene<br />
Organisationsform entwickelt. Die Organisation beruht<br />
auf der Integration von Wissen <strong>und</strong> Personen<br />
aus Forschung <strong>und</strong> Praxis. Eine Stärke der <strong>Fallstudie</strong><br />
liegt in ihrer Grösse: Mehr als h<strong>und</strong>ert angehende<br />
<strong>Umwelt</strong>naturwissenschafterinnen, <strong>Umwelt</strong>naturwissenschafter<br />
<strong>und</strong> ausgewiesene Fachleute kooperieren,<br />
um Daten zu sichten, Wirkungszusarrimenhänge<br />
zu verstehen <strong>und</strong> vor allem: um Ideen zu entwickeln.<br />
Die Organisationsform der <strong>Fallstudie</strong> ist also keineswegs<br />
fest oder endgültig. Zum einen ist die Mitgestaltung<br />
<strong>durch</strong> die Studierenden ein wesentliches<br />
Element. Mit jeder Generation ergeben sich neue<br />
Anforderungen an die <strong>Fallstudie</strong> als Lehrveranstaltung.<br />
Zum anderen erfordert jedes neue Thema, jede<br />
neue Untersuchungsregion ihre eigene organisatorische<br />
Bewältigung. Das war in den bisherigen <strong>Fallstudie</strong>n<br />
so <strong>und</strong> bewahrheitete sich in der recht eigenen<br />
Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation der <strong>Fallstudie</strong><br />
1995 «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />
Scholz, R.w. & Frischknecht, P. (1994): The natural and social<br />
science interface in environmental problem solving. In P. Stancikova<br />
& I. Dahlberg (Eds.): Environmental knowledge organization<br />
and information management (pp. 156-163). Frankfurt/M: Indeks.<br />
Sc holz, R.W., Koller, T., Mieg, H.A. & Schmidlin, C. (1995). Die<br />
Organisation der <strong>Fallstudie</strong>. In R.W. Scholz, T. Koller, H.A. Mieg<br />
& C. Schmidlin (Hrsg.) Perspektive GrOsses Moos (S. 25-28).<br />
Zürich: vdf.<br />
82<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
---<br />
Inhalt<br />
1. Einleitung 85<br />
2. Das SEW·A.real gestern 85<br />
3. Die Diskussion um die Zukunft<br />
des SEW·A.reals 91<br />
4. Der Gestaltungsplan SEW 92<br />
S. Varianten für die Umsetzung<br />
des Gestaltungsplanes 94<br />
Alltorlnllen<br />
Katharina Zwicker<br />
Andreas Hofer (Tutor)<br />
SOllja Riiegg (C
Der Fall ~ _<br />
84 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________Der Fall<br />
1. 2. Das SEW·Areal gestern<br />
Der traditionsreiche Maschinenbaukonzern Sulzer<br />
Eseher Wyss restrukturiert seine Tätigkeit. Neue<br />
Formen der Produktionsorganisation <strong>und</strong> neue<br />
Technologien brauchen weniger Platz <strong>und</strong> weniger<br />
Arbeitskräfte. Fast 80% des Areales in Zürich werden<br />
deshalb in den nächsten Jahren nicht mehr für die<br />
Produktion benötigt. Die freiwerdenden Gebäude<br />
<strong>und</strong> Flächen liegen an guterschlossener, zentraler<br />
Lage.<br />
Von dieser Entwicklungen sind die Industriestandorte<br />
weltweit betroffen. Wichtige Beispiele sind die<br />
Autoindustrie in Detroit, die Minen- <strong>und</strong> Werftindustrie<br />
in Nordengland oder das Ruhrgebiet.<br />
Selbst in Ländern, die in den letzten Jahrzehnten<br />
noch von der Auslagerung der Produktion aus den<br />
alten Industriegebieten profitierten, lassen sich ähn~<br />
~he Tendenzen feststellen: Die hastig aufgebauten<br />
Produktionsstandorte sind heute schon wieder im<br />
Schrumpfen begriffen.<br />
Wie die meisten europäischen Städte ist auch<br />
Zürich mit der Industrialisierung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
gross geworden. Die Industrieareale liegen deshalb<br />
heute oft an zentrumsnaher besterschlossener Lage.<br />
Die freiwerdenden Flächen werfen viele Fragen<br />
auf. Was geschieht mit vorhandenen Altlasten? Sind<br />
die Produktionsanlagen als Teil unserer Geschichte<br />
schutzwürdig? Wie sollen die Areale in Zukunft<br />
genutzt werden? Von wem? Sind die planerischen<br />
Instrumente sinnvoll, welche die Mitsprache der<br />
Öffentlichkeit regeln? Gewährleisten sie eine Entwicklung<br />
im Einklang mit übergeordneten stadt~<br />
planerischen Zielen? Oder behindern sie die Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />
unnötig? Wie können ökologische Anliegen<br />
eingebracht werden? In welche Richtung soll<br />
sich die Entwicklung unserer Städte bewegen?<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften<br />
beschäftigt sich mit einem realen, offenen, gesellschaftlich<br />
relevanten Problem, welches sich nicht mit<br />
einem einfachen «ja» oder «nein» lösen lässt. Dies ist<br />
<strong>durch</strong> das Sulzer-Escher Wyss-Areal <strong>und</strong> die mit ihm<br />
verb<strong>und</strong>enen Fragen zweifellos gegeben.<br />
2.1 Entstehung des<br />
Technologiekonzerns Escher Wyss<br />
Die Gründerzeit<br />
Die Firma Sulzer-Escher Wyss, vormals Escher<br />
Wyss AG, kann auf eine fast zweih<strong>und</strong>ertjährige<br />
Geschichte zurückblicken. Gegründet wurde sie<br />
am 10. März 1805 von Caspar Escher. Escher entstammte<br />
einer alteingesessenen Zürcher Familie.<br />
Sein Vater war Seidenfabrikant, zu seinen Vorfahren<br />
zählten darüberhinaus Bürgermeister, Diplomaten<br />
<strong>und</strong> Handelsherren. Mitglieder der Familie Escher<br />
waren massgeblich beteiligt an industriellen Pionierleistungen<br />
wie der Trockenlegung der Linth-Ebene,<br />
an der Gründung der Nordbahn <strong>und</strong> an der Vorläufergesellschaft<br />
der heutigen SKA.<br />
Der junge Escher hatte auf einer Italienreise<br />
seine Vorliebe für Maschinen entdeckt. Er nahm sich<br />
vor, in der Schweiz die Textilproduktion zu industrialisieren.<br />
England war zu jener Zeit das einzige<br />
Land, das diese Entwicklung schon vollzogen hatte.<br />
Um in der Schweiz eine eigene Spinnerei zu gründen,<br />
wäre Escher deshalb auf englische Maschinen<br />
angewiesen gewesen. Diese Maschinen waren aber<br />
wegen der Kontinentalsperre, die England zur Zeit<br />
der Kriege mit Napoleon vom europäischen Festland<br />
isolierte, fast nicht zu beschaffen. Escher begab sich<br />
daher auf Studienreisen riach England (heute würde<br />
man diese Unternehmungen wohl als Industriespionage<br />
bezeichnen), um mehr über die Maschinen<br />
zu erfahren. Im Jahr 1803 gelang es ihm schliesslich,<br />
eine eigene Spinnereimaschine zu konstruieren.<br />
Zwei Jahre später gründete er zusammen mit dem<br />
Bankier Salomon Wyss die Firma Escher Wyss. Die<br />
Spinnerei Escher Wyss befand sich allerdings noch<br />
nicht am heutigen Standort am Escher Wyss-Platz.<br />
Sie lag damals an der Neumühle, einem ehemaligen<br />
Mühlestandort. Wie die meisten damals neu entstehenden<br />
Fabriken nutzte sie die dort zur Verfügung<br />
stehende Wasserkraft.<br />
Abb. 2.1.1 Das Escher Wyss-Quartieram Stampfenbach um 1860, Bild: SEW<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 85
Der Fall<br />
_<br />
Firma immer wichtiger wurde. Ein<br />
Teil der Produktion wurde ins Ausland<br />
verlegt, erste Tochterwerke in Österreich<br />
<strong>und</strong> Deuschland gegründet. Die<br />
Spinnerei dagegen wurde im Jahr 1860<br />
aufgegeben.<br />
Abb. 2.1.2: Arbeit an der «Stäfa» in der Schiffbauhalle, Bild: SEW<br />
Nicht nur wegen der Schwierigkeiten beim Kauf<br />
von Spinnmaschinen, auch wegen der Notwendigkeit,<br />
die Wasserkraft effizienter zu nutzen, gehörte<br />
zur Firma Escher Wyss von anfang an eine<br />
Maschinenbauabteilung. Bald lieferte Escher Wyss<br />
Maschinen <strong>und</strong> Wasserräder auch an andere Firmen,<br />
statt nur für den Eigenbedarf zu produzieren. Die<br />
Maschinenabteilung übertraf die Spinnerei schon<br />
nach kurzer Zeit an Bedeutung für die Firma. Sie<br />
wurde so stark, dass sie auch nach dem Wegfall der<br />
Kontinentalsperre im Jahr 1814 gegen die zusätzliche<br />
Konkurrenz aus England zu bestehen vermochte.<br />
Im Jahr 1837 fertigte die Escher Wyss ihr erstes<br />
Dampfschiff. Zusammen mit der Sättigung der inländischen<br />
Nachfrage nach Maschinen führte dieser<br />
neue Produktionszweig dazu, dass der Export für die<br />
K.rise<br />
Abb. 2.1.3 Maschinen im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert: Das Pumpwerk Letten in Zürich, Bild: SEW<br />
Aufschwung<br />
in<br />
Gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde<br />
der Platz an der Neumühle allmählich<br />
zu eng. Durch die Umstellung<br />
auf Kohle <strong>und</strong> Elektrizität als Energieträger<br />
fiel auch der Zwang weg, Fabriken<br />
immer in der Nähe eines Flusses<br />
anzusiedeln.<br />
In den Jahren 1895 bis 1905 baute<br />
die Escher Wyss deshalb eine neue<br />
Fabrik in der Hard. Heute ein Ir<br />
dustriegebiet, war die Hard um die<br />
Wende vom 19. zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
noch teilweise Landwirtschaftsgebiet, teilweise<br />
Sumpfland. Die neue Fabrik stand im wörtlichen<br />
Sinne auf der grünen Wiese. Zu den damals erstellten<br />
Gebäuden gehört unter anderem die Schiffbauhalle,<br />
welche heute im «Inventar der schutzwürdigen<br />
Bauten" eingetragen ist.<br />
Die breite Anwendung der elektrischen Energie<br />
.brachte Escher Wyss einen neuen Produktionsschwerpunkt:<br />
Turbinen.<br />
Zu Beginn der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre<br />
exportierte die Escher Wyss 75% bis 80% ihrer Produktion.<br />
Sie wurde von der schlechten Wirtschaftslage<br />
so getroffen, dass sie 1931 liquidiert <strong>und</strong> eine<br />
neue Gesellschaft gegründet werde<br />
musste: die Escher Wyss Maschinenfabriken.<br />
Aber auch diese Firma<br />
konnte nur dank der Unterstützung<br />
<strong>durch</strong> die Stadt Zürich .überleben:<br />
«Die Stadt Zürich kaufte am 21. November<br />
1935 von der Liquidationsmasse<br />
die Liegenschaft <strong>und</strong> verpachtete<br />
sie der Firma mit Kaufsrecht.<br />
... (Zudem) verpflichteten sich Stadt<br />
<strong>und</strong> Kanton Zürich ... zur Übernahme<br />
einer Verlustgarantie ... für die Dauer<br />
von drei Jahren" (Sitterding 1955, S.9).<br />
Nach der Übernahme der Escher<br />
Wyss <strong>durch</strong> Dr. h.c. J. Schmidheiny<br />
im Jahr 1937 besserte sich die Lage<br />
zusehends. Die Unterstützungsbeiträge<br />
der Stadt konnten zurückbezahlt<br />
werden. « ... Damit stand Escher Wyss<br />
86 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________,<br />
Der Fall<br />
wieder auf eigenem Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden. Gleichzeitig<br />
wurde ... die Modernisierung des Maschinenparks<br />
in Angriff genommen. Der neue wirtschaftliche<br />
Aufschwung ermöglichte den Ausbau einzelner Betriebe<br />
<strong>und</strong> Werkstätten <strong>und</strong> der Neubau des Bürogebäudes....<br />
(D)as Forschungs- <strong>und</strong> Versuchswesen<br />
(wurde) grosszügig erweitert. ... Der finanziellen<br />
Konsolidierung des Unternehmens wurde besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt, denn erst sie gibt ... die<br />
Gewähr, auch in Krisenzeiten bestehen zu können»<br />
(Sitterding 1955, S.9).<br />
Zusammenschluss mit dem Sulzer·Konzern <strong>und</strong><br />
Reorganisation<br />
Nach dem Aufschwung in den 50er Jahren wurde die<br />
Lage für die Escher Wyss AG wieder schwieriger. Im<br />
Jahr 1969 schloss sie sich mit dem Sulzer-Konzern<br />
usammen. Die technische Entwicklung forderte<br />
auch von der neuen Firma Anpassungen. Im Rahmen<br />
einer Reorganisation wurde 1983 aus der Escher<br />
Wyss die Sulzer-Escher Wyss AG.<br />
Im Verlaufe ihrer Geschichte produzierte die<br />
Escher Wyss Wasserräder, Spinnmaschinen, Dampfschiffe,<br />
Papiermaschinen, Pumpen, Wasserturbinen,<br />
Zementmaschinen, Giessereiprodukte, Abschlussorgane,<br />
Druckleitungen, Dampfturbinen, Turbo<br />
Kompressoren, Zentrifugen, Kristallisationsanlagen<br />
<strong>und</strong> Verdampfer. Heute sind davon übriggeblieben<br />
die Bereiche Hydraulik (in der Sulzer Hydro AG)<br />
<strong>und</strong> thermische Turbomaschinen (in der Sulzer<br />
Turbo AG) sowie die Sulzer-EscherWyss AG, welche<br />
die Immobilien verwaltet. In Zürich arbeiten in<br />
diesen drei Bereichen heute noch ca. 950 Personen.<br />
Zum Vergleich: im Jahr 1963, dem Jahr mit den<br />
meisten Beschäftigten am Standort Zürich, arbeiteten<br />
hier über 2500 Personen..<br />
Die moderne Produktion<br />
Schon in den 70er Jahren begann die Escher Wyss,<br />
auf neue Produktionsmethoden umzustellen. Das<br />
war aus verschiedenen Gründen angezeigt.<br />
Die Nachfrage nach Erzeugnissen der traditionellen<br />
Industrie, insbesondere nach grossen Maschinen,<br />
begann zu sinken. Zudem wurden (<strong>und</strong> werden) solche<br />
Stücke immer öfter direkt am Verwendungsorr<br />
gefertigt. Gleichzeitig wird Flexibilität immer wich-<br />
Abb. 2.1.4 Die neue Maschinenfabrik der Escher Wyss in der Hard. Blick aufdas heutige SEW-Arealvom Escher Wyss-Platz, links oben befindet sich die<br />
Schiffsbauhalle. Bild: SEW<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 87
Der Fall<br />
_<br />
tiger. Wissen muss möglichst schnell<br />
umgesetzt werden können. Das hohe<br />
Lohnniveau der Schweiz verlangt eine<br />
entsprechende Wertschöfpung, welche<br />
nur mit rationellsten Poduktionsweisen<br />
zu erreichen ist.<br />
Die Antwort auf diese Entwicklungen<br />
heisst «moderne Produktion». Der<br />
Technopark Zürich, auf dem Sulzer<br />
Escher Wyss-Areal gelegen, soll <strong>durch</strong><br />
die räumliche Nähe vieler innovativer<br />
Firmen eine neue Kultur der Zusammenarbeit<br />
ermöglichen. Davon können<br />
alle Beteiligten profitieren, auch die<br />
SEW am Standort Zürich. Entwicklung,<br />
Dienstleistungen <strong>und</strong> Produktion<br />
sollen zusammenwirken. Ziel ist<br />
eine innovative, flexible <strong>und</strong> leistungsfähige<br />
Industrie.<br />
In diesem Sinn bekennt sich die<br />
Leitung des Sulzer-Konzerns zum<br />
Industriestandort Zürich: «Die Sulzer Escher Wyss<br />
hat sich entschieden, weiterhin auf dem Platz Zürich<br />
zu produzieren. Dabei vollzieht sie den Wandel von<br />
klassischer zu moderner Produktion» (F. Fahrni,<br />
Generaldirektor <strong>und</strong> Mitglied der Konzernleitung,<br />
zitiert in der Ausstellung der SEW zum Gestaltungsplan,<br />
1995).<br />
2.2<br />
Das Industriequartier<br />
Lage. <strong>und</strong> Struktur des Industriequartiers<br />
Der als Industriequartier bezeichnete Teil der Stadt<br />
Zürich erstreckt sich vom Hauptbahnhof aus in der<br />
Ebene der Limmat als schmaler Korridor westwärts.<br />
Südlich wird er von den Geleisen der SBB, nördlich<br />
von der Limmat begrenzt. Politisch bildet es den<br />
Kreis 5 der Stadt Zürich.<br />
Während in der Nähe des Bahnhofs das Wohnen<br />
vorherrscht, gewinnt stadtauswärts die Industrie an<br />
Bedeutung (Henz 1995, S.6). Das SEW-Areal selbst<br />
war bis vor kurzem ein reines Industriegebiet.<br />
Das heutige Gesicht <strong>und</strong> die aktuellen Probleme<br />
des Zürcher Industriequartiers lassen sich nur aus<br />
seiner Geschichte verstehen. Die folgenden Abschnitte<br />
versuchen, die wichtigsten Stufen der<br />
Entwicklung der letzten zweih<strong>und</strong>ert Jahre zu beschreiben.<br />
Die EI'I!'steJuulg des Industirie.lJflltllrtiers<br />
Die französische Revolution von 1789 <strong>und</strong> die <strong>durch</strong><br />
sie ausgelösten gesellschaftlichen Veränderungen<br />
erschütterten auch das aristokratische Ständesystem<br />
Abb. 2.1.5 Moderne Produktion direkt neben dem SEW-Areal: der Technopark Zürich, Bild;<br />
Technopark.<br />
Zürichs. 1848 wurde der schweizerische B<strong>und</strong>esstaat<br />
gegründet. Der Zunftzwang wurde abgeschafft, die<br />
Niederlassungsfreiheit eingeführt, die Stadtmauern<br />
<strong>und</strong> Bollwerke fielen. Die Stadt öffnete sich. Im Jahr<br />
1847 wurde die Eisenbahn Zürich-Baden in Betrieb<br />
genommen. Menschen <strong>und</strong> Güter wurden mobiler.<br />
Die industrielle Produktion in Zürich wuchs infolgedessen<br />
stark. Gleichzeitig entstand auch der Finanzplatz<br />
Zürich. Die bürgerliche Ordnung setzte sich<br />
<strong>durch</strong>.<br />
Diese Entwicklung brachte grosse soziale Probleme<br />
mit sich. Die Verarmung der Landbevölkerung<br />
führte dazu, dass diese ihr Glück in der Stadt oder<br />
in Übersee suchten. Viele hofften, in einem der expandierenden<br />
Industriebetriebe Arbeit zu finden.<br />
Immer mehr Zuwanderer strömten in die entstehenden<br />
Arbeiterquartiere. Die Lebensbedingungen<br />
verschlechterten sich laufend. Die Menschen wohnten<br />
eng zusammengepfercht in düsteren Räumen.<br />
Soziale Probleme, mangelnde Hygiene <strong>und</strong> Spekulation<br />
prägten die Situation. Die Arbeiterschaft begann<br />
sich zu organisieren.<br />
1859 wurde im Kanton Zürich das «Fabrikgesetz»<br />
erlassen, welches die tägliche Arbeitszeit auf 13<br />
St<strong>und</strong>en beschränkte <strong>und</strong> die Kindernachtarbeit verbot<br />
(Craig, 1988). Erste Versuche, die Wohnsituation<br />
für die arbeitende Klasse zu verbessern, wurden von<br />
philanthropisch eingestellten Bürgerlichen unternommen.<br />
So entstanden zum Beispiel 1879 die<br />
Fierz-Wohnhäuser mit Unterstützung der Escher<br />
Wyss. Aber auch die Arbeiter begannen, sich zu organISIeren.<br />
Zwischen 1888 <strong>und</strong> 1899 erlebte Zürich einen<br />
Bauboom. Im heutigen Kreis 5 wuchs die Stadt<br />
limmatabwärts. Im Jahr 1893 wurde das Sihlfeld<br />
88 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________~<br />
Der Fall<br />
eingemeindet <strong>und</strong> damit Teil der Stadt Zürich.<br />
Insgesamt vervielfachte sich die Einwohnerzahl<br />
Zürichs zwischen 1840 <strong>und</strong> 1900 um den Faktor 20<br />
(Bärtschi 1980, S.376).<br />
Trotz des starken Wachstums der Stadt lag die<br />
Fabrik der Escher Wyss in der Hard bei ihrer Einweihung<br />
1905 noch im Grünen. Die Hardstrasse<br />
wurde gleichzeitig mit den Produktionsanlagen, als<br />
Allee für Pferdefuhrwerke, gebaut (Bärtschi 1980,<br />
S. 515[). Die Erschliessung mit einem Tram erfolgte<br />
1898 <strong>durch</strong> eine private Unternehmung (Bärtschi<br />
1980, S. 544f).<br />
Während dieser ganzen Wachstumsphase war die<br />
Entwicklung der Stadt <strong>und</strong> der Industrie eng miteinander<br />
verb<strong>und</strong>en. Ohne den Zustrom von Arbeitern<br />
von ausserhalb der Stadt wäre eine Maschinenfabrik<br />
in Zürich nicht denkbar gewesen. So schuf <strong>und</strong><br />
prägte die Industrie ganze Quartiere.<br />
Um 1900 änderte sich die Lage gr<strong>und</strong>legend. Der<br />
private Wohnungsbaumarkt brach langfristig zusammen,<br />
so dass die Stadt nach dem ersten Weltkrieg<br />
Baugenossenschaften subventionieren <strong>und</strong> den kommunalen<br />
Wohnungsbau fördern musste (Bärtschi<br />
1980, S.557f). Die erste städtische Wohnsiedlung,<br />
«Limmat 1», entstand 1908/09. In den 20er <strong>und</strong> 30er<br />
Jahren wurden in grossem Massstab städtische <strong>und</strong><br />
genossenschaftliche Wohnungen gebaut.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte der Aufschwung<br />
auch der Durchschnittsbevölkerung Wohlstand.<br />
Das Auto war bald allgemein verbreitet. Damit<br />
nahm die individuelle Mobilität stark zu. Teile der<br />
Wohnbevölkerung begannen, in die entstehende<br />
Agglomeration auszuziehen, während die Einwohnerzahl<br />
der Stadt gesamthaft ebenfalls noch stieg.<br />
Aktuelle Entwicklungen<br />
Nach 1963 nahm die Einwohnerzahl der Stadt Zürich<br />
bis in die 80er Jahre ständig ab (Dürrenberger et a1.<br />
1992, S.42[). Die Bevölkerungszusammensetzung<br />
in den Arbeiterquartieren begann sich zu verändern.<br />
«Die alternden Arbeiter blieben in ihren Wohnungen,<br />
frei werdende wurden von anderen Menschen<br />
besetzt. Im Arbeiterquartier lebt die Studentin<br />
neben dem pensionierten Arbeiterehepaar, dem jungen<br />
Bankangestellten <strong>und</strong> der Tänzerin, welche im<br />
nahen Nachtklub auftritt» (Blum et a1., 1993, S. 18).<br />
Dabei lassen sich in den 80er Jahren zwei scheinbar<br />
gegensätzliche Entwicklungen beobachten:<br />
Der erste Trend wird als «Gentrificatioil» bezeichnet.<br />
Das englische Wort «gentry», von dem der<br />
Begriff abgeleitet wurde, meint eine adlige oder<br />
wohlhabende Schicht oder Personengruppe. Als<br />
«gentrification» wird heute die Aufwertung von<br />
Wohnquartieren bezeichnet, in deren Verlauf die<br />
angestammte Bevölkerung von vermögenden Neuzuzügern<br />
verdrängt wird. Von solchen Entwicklungen<br />
sind vor allem innerstädtische Wohngebiete,<br />
wie sie im Kreis 5 möglich <strong>und</strong> teilweise zu finden<br />
sind, betroffen. Diese werden attraktiv für zahlungskräftige<br />
junge Schichten, welche eine zentrale<br />
Wohnlage sehr hoch schätzen. Das führt dazu, dass<br />
viele Wohnungen nach Luxussanierungen für die<br />
angestammte Bevölkerung unerschwinglich werden.<br />
Das Stadtzentrum wird zum Vergnügungs- <strong>und</strong><br />
Einkaufszentrum für die ganze Agglomeration ausgebaut.<br />
«Die traditionell im Kreis 5 wohnende<br />
Bevölkerung droht verdrängt zu werden. Die Wohnungs-<br />
<strong>und</strong> Mietzinsnot wird verschärft <strong>durch</strong> eine<br />
Abb. 2.2.1 Der Kreis 5 mit dem SEW-Areal zwischen den SBB-Geleisen <strong>und</strong> der Limmat, Luftbild: Photoswissair.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 89
Der Fall<br />
_<br />
Abb. 2.2.2 Plakat aufdem SEW-Areal.<br />
junge, gutverdienende Schicht von Angestellten, die<br />
in der Lage sind, die steigenden Mieten zu bezahlen<br />
.... Die Lebensqualität sinkt <strong>durch</strong> den wachsenden<br />
Verkehr, den die BewohnerInnen der Agglomeration,<br />
welche die Stadt nur als Arbeitsort, Einkaufs<strong>und</strong><br />
Vergnügungszentruni gebrauchen, verursachen»<br />
(BluIll et al., 1993, S. 22). Soziale Spannungen <strong>und</strong><br />
Häuserbesetzungen in den 80er Jahren waren die<br />
Folgen. Nach der Räumung des Bahnhofs Letten<br />
verlagerte sich die Zürcher Drogenszene vermehrt<br />
in die Wohngebiete im Kreis 5. Auch das Sexmilieu<br />
begann sich im Quartier auszubreiten. Die Lebensqualität,<br />
insbesondere für F;amilien, sank weiter.<br />
Die zweite Entwicklung betrifft den Ausbau <strong>und</strong><br />
die Zentralisierung der Finanzdienstleisungen in<br />
Zürich. Die moderne Kommunikationstechnologie<br />
macht es möglich, dass jene Bereiche, die nicht in<br />
K<strong>und</strong>ennähe oder an repräsentativer Lage sein<br />
müssen, ausgelagert werden können. Bereiche wie<br />
Administration <strong>und</strong> Abrechnung, sogenannte Backoffices,<br />
werden unter anderem im Kreis 5 angesiedelt.<br />
Die entstehenden Gebäude sind «nicht übermässig<br />
hoch, dafür sehr tief, so dass sie künstlich<br />
belichtet <strong>und</strong> belüftet werden müssen, mit Zäunen<br />
gegen die Umgebung abgegrenzt, mit Videokameras<br />
überwacht, aber trotzdem an den Eingängen städtische<br />
Repräsentation vorspiegelnd, mit Triumphportiken,<br />
<strong>durch</strong> welche niemand eintritt, weil ihre<br />
eigentliche Verbindung zur Welt die Ausfahrt aus<br />
der Tiefgarage ist» (Blum et al., 1993, S. 23). Zudem<br />
wird das Industriequartier von mehreren regional<br />
wichtigen Verkehrsachsen <strong>durch</strong>schnitten. Für den<br />
Individualverkehr am bedeutendsten ist die Hardbrücke,<br />
welche die Autobahnen Richtung Flughafen,<br />
Winterthur, Bern-Basel <strong>und</strong> Chur verbindet. Das<br />
führt zu einer sehr hohen Lärmbelastung<br />
entlang der Hauptverkehrsachsen.<br />
Anfangs 1989 brach der Immobilienmarkt<br />
<strong>und</strong> besonders stark der<br />
Markt für Dienstleistungsflächen in<br />
der Agglomeration Zürich zusammen.<br />
Während immer mehr in den euphorischen<br />
80er Jahren begonnene Grossplanungen<br />
mit ihrem Flächenangebot<br />
auf den Markt drängten, fehlte zusehends<br />
die Nachfrage. Die wirtschaftlichen<br />
Probleme der Schweiz<br />
Anfang der 90er Jahre <strong>und</strong> unerwartete<br />
Rationalisierungsmöglichkeiten<br />
auch im Dienstleistungssektor führten<br />
zu einem Überangebot an Büroflächen.<br />
Nach Angaben des kantonalen<br />
Statistischen Amts standen<br />
Jahr 1995 allein im Kanton Zürich<br />
409'242 m 2 Büro- <strong>und</strong> Praxisräume<br />
leer (Neue Zürcher Zeitung, 1995). Eine erste Folge<br />
dieser Entwicklung war ein Preisverfall auf dem<br />
Immobilienmarkt, dessen Ende noch nicht abzusehen<br />
ist. Diese neue Situation wirft auch Fragen<br />
für die Zukunft des SEW-Areales auf.<br />
Wird die Nachfrage nach Büroflächen wieder anziehen?<br />
Lassen sich angesichts der heutigen Marktlage<br />
in absehbarer Zeit Investoren für das SEW-Arefll<br />
finden? Wie wird dit( Altlastensanierung finanziert,<br />
falls die Bodenpreise weiterhin tief bleiben? Wie<br />
wird angesichts der angespannten wirtschaftlichen<br />
Lage mit ökologischen Anliegen umgegangen?<br />
Braucht es neue Modelle, um die übergeordneten<br />
Interessen der Stadt mit den Ansprüchen der Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />
zusammenzubringen?<br />
90<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------ Der Fall<br />
3.<br />
3.1 Die bestehenden Planungsinstrumente<br />
In den bestehenden Planungs- <strong>und</strong> Baugesetzen<br />
(B<strong>und</strong>esges((tze <strong>und</strong> kantonale Gesetze) gibt es<br />
keine speziellen Vorschriften oder Instrumente zum<br />
Umgang mit freiwerdenden Industrieflächen. In dieser<br />
offenen Situation vollzog sich der Aushandlungsprozess<br />
zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> der SEW über<br />
die Zukunft des betroffenen Areals.<br />
In den Verhandlungen spielten zwei planerische<br />
Möglichkeiten eine Rolle: Gestaltungspläne <strong>und</strong><br />
Sonderbauvorschriften.<br />
",1.1 Gestaltungspläne<br />
Ein Gestaltungsplan ist «eine Art lokales Baugesetz,<br />
das von den Gr<strong>und</strong>eigentümern erarbeitet <strong>und</strong> von<br />
den Behörden bewilligt werden muss.... Der Gestaltungsplan<br />
ersetzt lokal den Zonenplan» (Blum et al.<br />
1993, S.25). Der Gestaltungsplan schreibt Zahl,<br />
Lage, äussere Abmessung, Nutzweise <strong>und</strong> Zweckbestimmung<br />
der Bauten bindend fest. Es muss also<br />
gemäss dem Gestaltungsplan, nicht gemäss dem<br />
Zonenplan gebaut werden. So wird es möglich, von<br />
Regelbauweise <strong>und</strong> kantonalen Mindestabständen<br />
abzuweichen.<br />
3.1,2 Sonderbauvorschriften<br />
Auch Sonderbauvorschriften stellen eine Möglichkeit<br />
dar, von den Vorschriften des Zonenplans<br />
abzuweichen. Dies muss im ganzen betroffenen<br />
Gebiet nach einheitlichen Gr<strong>und</strong>sätzen geschehen.<br />
m Gegensatz zu einem Gestaltungsplan sind Sonderbauvorschriften<br />
nicht bindend: «Entweder wird<br />
im ganzen Gebiet nach diesen Vorschriften gebaut,<br />
oder es finden die Vorschriften der allgemeinen Bau<strong>und</strong><br />
Zonenordnung Anwendung» (UmBau, Unabhängige<br />
Zeitung zur <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>, 2/95, S. 3).<br />
3.2 Die Verhandlungspartner<br />
Der Gestaltungsplan für das Sulzer-Escher Wyss<br />
Areal wurde zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> den<br />
Gr<strong>und</strong>eigentümern ausgehandelt. Die Verhandlungspartner<br />
konnten so ihre Interessen in den entstehenden<br />
Gestaltungsplan einfliessen lassen. Innerhalb<br />
der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> befasste sich die Gruppe<br />
Raumnutzungsverhandlungen intensiv mit den<br />
Verhandlungspartnern <strong>und</strong> ihren Interessen (vgl. die<br />
Kapitel ZIELBILDUNG <strong>und</strong> RAUMNUTZUNGSVERHAND-<br />
LUNGEN). An dieser Stelle folgt eine knappe Zusammenfassung<br />
der wichtigsten Positionen, die dem<br />
Leser den Fall Sulzer-Escher Wyss-Areal besser<br />
zugänglich machen.<br />
3.2,.1 Die Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />
Für die Gr<strong>und</strong>eigentümer ist der bei einem Verkauf<br />
zu erreichende Preis der entscheidende Faktor. Der<br />
Bodenpreis seinerseits hängt stark davon ab, welche<br />
Nutzungen an einem Ort erlaubt sind. Während<br />
noch vor wenigen Jahren Dienstleistungsgebäude<br />
klar am besten rentierten, ist die Situation heute<br />
viel schwieriger geworden. Trotzdem verlangen die<br />
Eigentümer, dass das Areal für Dienstleistungen<br />
geöffnet werden solle.<br />
Da der Sulzer-Konzern auf dem SEW-Areal weiter<br />
produzieren möchte, liegt es zudem in dessen Interesse,<br />
den Industriestandort Zürich zu erhalten. In<br />
diesem Sinne wird angestrebt, das Areal für moderne<br />
Produktion (vgl. Abschnitt 2.1 in diesem Kapitel)<br />
attraktiv zu gestalten.<br />
3,2.2 Die Stadt<br />
In der Stadt Zürich werden wichtige stadtplanerische<br />
Entscheide bislang in zwei Ämtern bearbeitet.<br />
Das Bauamt I ist für die Ausarbeitung <strong>und</strong> Revision<br />
der Richt- <strong>und</strong> Zonenpläne <strong>und</strong> für die Erarbeitung<br />
von Quartierplänen zuständig. Gleichermassen<br />
plant es den Verkehr.<br />
Das Bauamt II wendet das Baugesetz an, indem es<br />
Bauprojekte bewilligt. Zusätzlich sind Sonderbauvorschriften<br />
<strong>und</strong> Gestaltungspläne beim Bauamt II<br />
angesiedelt. Im Rahmen der letzten Revision der<br />
Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung, welche vom Volk 1992<br />
angenommen wurde, war die Frage nach der Zukunft<br />
der Industrieareale einer der zentralen Streitpunkte.<br />
Die revidierte Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung ist gegenwärtig<br />
<strong>durch</strong> Rekurse blockiert.<br />
Von bürgerlicher Seite wurde eine völlige Öffnung<br />
der Industriezonen für Dienstleistungsnutzungen<br />
gefordert. Die Vorsteherin des Bauamts II, Ursula<br />
Koch, vertrat vehement die Position einer schrittweisen<br />
Liberalisierung mittels Sonderbauvorschriften<br />
bzw. Gestaltungsplänen. Nur so könne eine Mitsprache<br />
der öffentlichen Hand bei den Planungen<br />
gewährleistet werden. Auch sei dies die einzige<br />
Möglichkeit, den Planungsgewinn wenigsten zum<br />
Teil der Öffentlichkeit zugute kommen zu lassen.<br />
Planungsgewinn entsteht, wenn Industrie- in lukrativere<br />
Dienstleistungszonen umgewandelt werden.<br />
In Sonderbauvorschriften <strong>und</strong> Gestaltungsplänen<br />
können Leistungen für die Allgemeinheit vorgeschrieben<br />
werden, welche den Planungsgewinn der<br />
Gr<strong>und</strong>eigentümer kompensieren.<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
91
Der Fall<br />
_<br />
Ein zweites wichtiges Anliegen der Stadt war (<strong>und</strong> 4. Der Gestaltungsplan SEW<br />
ist) es, den Produktionsstandort Zürich zu erhalten.<br />
4.1 Chronologie des Gestaltungsplans<br />
3.3 Ein unerwarteter·Vorschlag:<br />
KraftWerk1<br />
Die Gruppe KraftWerk1 versucht, neue Wege der<br />
Stadt- <strong>und</strong> Gesellschaftsentwicklung zu entwerfen<br />
<strong>und</strong> umzusetzen. Zu diesem Zweck wurde ein Projekt<br />
erarbeitet, das 700 Personen Platz bieten <strong>und</strong><br />
«Wohnen, Arbeiten <strong>und</strong> Landwirtschaft verbinden»<br />
soll (Blum et al. 1993, S. 6). Als ein möglicher Standort<br />
wurde von den Projektverfassern aus eigener<br />
Initiative <strong>und</strong> ohne Absprache mit den Gr<strong>und</strong>eigentümern,<br />
das Escher-Wyss-Gebiet ins Auge<br />
gefasst.<br />
Nach der Analyse von KraftWerk1 stellt «der<br />
momentane Umbruch in den westlichen Industrieländern<br />
die gr<strong>und</strong>sätzliche Frage nach der Organisation<br />
der Gesellschaft, der Verteilung der Arbeit<br />
<strong>und</strong> den Formen des Zusammenlebens» (Blum et al.<br />
1993, S. 26). Deshalb schlägt KraftWerk1 eine alternative<br />
Form des Lebens <strong>und</strong> Wirtschaftens vor;<br />
Durch den sinkenden Platzbedarf der Industrie<br />
werden auf dem SEW-Areal Flächen an einer Lage<br />
frei, die dem Traum der Kraftwerkgründer von einer<br />
neuen Urbanitätentgegenkommt.<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Projekts KraftWerk1 bildet das<br />
«HPL»-Konzept. Dieses Konzept beruht auf der<br />
Idee, dass die drei Bereiche Haushalt, Produktion<br />
<strong>und</strong> Landwirtschaft (daher die Bezeichnung «HPL»)<br />
neu miteinander verb<strong>und</strong>en werden sollen. Angestrebt<br />
wird Selbstversorgung in jenen Bereichen, wo<br />
dies ohne unverhältnismässigen Aufwand möglich<br />
ist. Nach den Vorstellungen der Gruppe KraftWerk1<br />
sollen die Organisation einer solchen Einheit Von<br />
Haushalt, Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft unter<br />
anderem folgende Gr<strong>und</strong>sätze berücksichtigen:<br />
EI<br />
Haushalt: Eine flexible Bausubstanz <strong>und</strong> Infrastruktur<br />
soll verschiedene Wohnformen zulassen.<br />
Durch Gemeinschaftsdienste wie Lebensmitteldepot,<br />
Grossküche mit Restaurant, Wäscherei<br />
u.a.m. soll die Hausarbeitszeit ungefähr halbiert<br />
werden.<br />
"Produktion: Die Produktion, die in einer HPL<br />
stattfindet, soll von den Bedürfnissen <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
der Bewohner bestimmt werden.<br />
" Landwirtschaft: Die Autoren von KraftWerk1 erachten<br />
Landwirtschaft auf dem SEW-Areal als<br />
nicht sinnvoll. Angestrebt werden soll stattdessen<br />
Zusammenarbeit mit Bauern aus der Region.<br />
Im November 1988 begann die Arbeitsgemeinschaft<br />
Fischer Architekten AG/I+B Irten + Brechbühl AG<br />
im Auftrag der SEW mit der Planung. Den ersten<br />
Richtplan erhielt die Stadt im März des folgenden<br />
Jahres zur Vernehmlassung. Es folgte ein zweijähriges<br />
Verfahren, in dessen Verlauf das Baukollegium<br />
zu einer Vernehmlassung eingeladen wurde.<br />
Anschliessend behandelte der Stadtrat den Entwicklungsrichtplan.<br />
Das Entwicklungsleitbild wurde vom Stadtrat im<br />
November 1992 mit Auflagen genehmigt. Die Auflagen<br />
forderten eine Nutzungsbegrenzung, mehr<br />
Grünflächen <strong>und</strong> Denkmalschutz sowie Massnahmen<br />
im Verkehrsbereich. Nach einem Briefwechsel<br />
mit der Stadt wurden ein Jahr später Sonderbau<br />
vorschriften für das SEW-Areal aufgelegt.<br />
Im Sommer 1994 einigte sich die SEW mit der<br />
Stadt, anstelle von Sonderbauvorschriften einen Gestaltungsplan<br />
auszuarbeiten. Sonderbauvorschriften<br />
«erlauben eine höhere Ausnutzung eines Gr<strong>und</strong>stücks,<br />
wenn dafür gewisse öffentliche Leistungen<br />
<strong>durch</strong> die Gru~deigentümer getragen werden»<br />
(Blum et al. 1993, S. 25). Der Zonenplan bleibt dabei<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich in Kraft. Ein Gestaltungsplan dagegen<br />
«ersetzt lokal den Zonenplan» (Blum et al. 1993,<br />
S. 25). Dieser Gestaltungsplan wurde schliesslich im<br />
Frühjahr 1995 vom Gemeiderat gebilligt.<br />
Was schreibt<br />
Gestaltungsplan vor?<br />
Der zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> den Gr<strong>und</strong>eigentümern<br />
ausgehandelte Gesraltungsplan bildet<br />
die wesentliche Rechtsgr<strong>und</strong>lage für die Nutzunt<br />
des SEW-Areals.<br />
Nutzungsmischullg <strong>und</strong> Ausnutzullgsziffern<br />
Das Areal wird <strong>durch</strong> den Gestaltungsplan in mehrere<br />
Baufelder geteilt (Felder Abis H, vgl. Abb. 4.2).<br />
Die <strong>Fallstudie</strong> befasste sich mit den Flächen B, 0<br />
<strong>und</strong> F bis H. Ausgeschlossen blieben das Stammareal<br />
der SEW (Felder A <strong>und</strong> C) sowie der Technopark<br />
(Feld E).<br />
Der Gestaltungsplan definiert drei verschiedene<br />
Nutzungstypen:<br />
" «Bereich der produzierenden Industrie»,<br />
EI «industrielle <strong>und</strong> industrienahe Nutzungen»<br />
EI sowie «Mischgebiete».<br />
Gebiete mit industrienahen Nutzungen sollen «die<br />
Voraussetzungen für die Einrichtung von interdisziplinären<br />
Nutzungen, die insgesamt auf die<br />
92 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Der Fall<br />
Auf dem SEW-Areal sollen Fussgängerwege <strong>und</strong><br />
oberirdische Veloabstellplätze entstehen. Die Anbin-<br />
Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />
industrieller Güter<br />
<strong>und</strong> auf die industrielle<br />
resp. industrienahe Forschung<br />
ausgerichtet sind»><br />
bieten (Vorschriften zum<br />
Privaten Gestaltungsplan<br />
Escher Wyss-Gebiet, Fassung<br />
von 1993, Art. 3).<br />
Für jedes Baufeld gibt der<br />
Gestaltungsplan die Art der<br />
Nutzung, die Ausnützung,<br />
den minimalen Wohnanteil,<br />
die maximale Gebäudehöhe,<br />
die maximale<br />
,)tiidtebauliches Konzept<br />
Nutzungsart<br />
Ausnützung (m 2 )<br />
. . .......<br />
Wohnanteil<br />
Gebäudehöhe<br />
.Yo.llgeschoss~ ...<br />
.Dachgescho.s~e ..<br />
Untergeschosse<br />
...................<br />
Freiflächenziffer<br />
Anzahl Voll-, Dach- <strong>und</strong> Untergeschosse<br />
Freiflächenziffer vor (siehe Tab. 4.2).<br />
Das Areal, welches früher <strong>durch</strong> Zäune von der<br />
Umgebung abgeschlossen war, soll geöffnet <strong>und</strong> an<br />
die umliegenden Quartiere angeknüpft werden. Drei<br />
grosse öffentliche Freiflächen sollen für zusätzliche<br />
B D F G H<br />
Mischgebiet Mischgebiet industrielle <strong>und</strong> industrielle <strong>und</strong> Mischgebiet<br />
industrienahe industrienahe<br />
nnNutz~~gn Nutzung<br />
....................<br />
33'000 15'000 31'000 38'000 66'000<br />
35% 35%<br />
24m 24m 21m 21m 21/24m<br />
7 7 6 6 617<br />
1 1 1 1 1<br />
1 1 1 1 1<br />
20% 20% 15% 15% 25%<br />
Tab. 4.2 Vorgaben des Gestaltungsplans. Quelle: Escher Wyss-Areal im Wandel, Ausgabe 1993).<br />
<strong>und</strong> die<br />
Attraktivität sorgen. Am Arealrand gilt es, einen<br />
Kompromiss zu finden zwischen den Anliegen des<br />
Lärmschutzes <strong>und</strong> der architektonischen Darstellung<br />
der Öffnung des Areals.<br />
Verkehr<br />
Abb. 4.2 Überblick über das SEW-Areal <strong>und</strong>die angrenzenden Parzellen (SEW) mit der Einteilung in die Baufelder (SEn; 1995).<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 93
Der Fall<br />
dung ans Netz des öffentlichen Verkehrs soll <strong>durch</strong><br />
eine attraktive Busverbindung zum S-Bahnhof Hardbrücke<br />
noch verbessert werden. Für den motorisierten<br />
Individualverkehr sind keine besonderen<br />
Beschränkungen vorgesehen. Die Parkplatzzahl wird<br />
nicht pro Baufeld, sondern für das ganze Areal festgelegt<br />
<strong>und</strong> insgesamt stark eingeschränkt.<br />
Wasser <strong>und</strong> Energie<br />
Da der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel sehr hoch ist <strong>und</strong><br />
wichtige Gr<strong>und</strong>wasserströme unter dem SEW-Areal<br />
<strong>durch</strong>führen, ist nur ein Untergeschoss erlaubt.<br />
Sauberes Regenwasser soll nach Möglichkeit nicht<br />
in die Mischkanalisation geleitet werden.<br />
Für die Versorgung mit Heizwärme <strong>und</strong> Warmwasser<br />
wird Fernwärme von der Kehrichtverbrennungsanlage<br />
Josefstrasse eingesetzt.<br />
Varianten für die<br />
Gestaltungsplanes<br />
Um~~etzunfJ<br />
_<br />
des<br />
Der zwischen der Stadt Zürich <strong>und</strong> der Sulzer<br />
Escher Wyss AG ausgehandelte Gestaltungsplan<br />
steckt den Rahmen fürdie weitere Entwicklung des<br />
Areals ab. Er bestimmt die Anteile der möglichen<br />
Nutzungen <strong>und</strong> deren Verteilung <strong>und</strong> Dichte auf<br />
einzelnen Baufeldern. Ebenso werden die Gr<strong>und</strong>sätze<br />
der Erschliessung festgelegt. Auch Lage <strong>und</strong><br />
Umfang der zentralen Freiflächen werden beschrieben<br />
(siehe Abschnitt 4.2).<br />
Der Spielraum für konkrete Bauprojekte im Rahmen<br />
des Gestaltungsplanes ist noch gross. Überdies<br />
macht der Gestaltungsplan keine Aussagen über<br />
die architektonische Gestaltung der Bauten. Solche<br />
Angaben wurden aber für Bilanzierungen während<br />
der <strong>Fallstudie</strong> gebraucht. Deshalb wurden vor Be<br />
ginn der <strong>Fallstudie</strong> vier Planungsvarianten ausgewählt,<br />
die den Gestaltungsplans möglichst unterschiedlich<br />
umsetzen. Drei Varianten stützen sich auf<br />
Projekte, welche im Wintersemester 94/95 an der<br />
Architekturabteilung unter der Leitung von Professor<br />
Henz von Studierenden entworfen wurden. Die<br />
vierte nimmt ein Vorprojekt zur Gr<strong>und</strong>lage, welches<br />
von der Arbeitsgemeinschaft Fischer Architekten<br />
AG/I+B Itten + Brechbühl AG für die Erarbeitung<br />
des Gestaltungsplanes angefertigt worden war. Auch<br />
die ausgewählten Varianten waren für Bilanzierungen<br />
in mancher Hinsicht nicht detailliert genug. Die<br />
notwendigen Ergänzungen <strong>und</strong> Berechnungen wurden<br />
von Architekturstudenten in Zusammenarbeit<br />
mit Tutoren der <strong>Fallstudie</strong> <strong>durch</strong>geführt. Für diese<br />
Berechnungen mussten zahlreiche Annahmen getroffen<br />
werden, was bei der Interpretation der Resultate<br />
berücksichtigt werden muss.<br />
So lagen zu Beginn der <strong>Fallstudie</strong> die Varianter<br />
Grünruum, Industrit1luhe Nutzung, Kunsthochschule <strong>und</strong><br />
WerkStudt mit beschreibenden Texten, quantitativen<br />
Angaben über Nutzung, Bauvolumen <strong>und</strong> -material,<br />
Plänen <strong>und</strong> Modellen vor. Alle Varianten halten<br />
sich, abgesehen von begründeten Ausnahmen, an die<br />
Bestimmungen des Gestaltungsplanes. Die maximal<br />
zuHlssige Ausnutzung des Gr<strong>und</strong>stückes wird von<br />
den Varianten Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStudt nicht<br />
ganz erreicht.<br />
Die Varianten der Architekturstudenten unterscheiden<br />
sich in einigen Punkten vom Projekt<br />
Industrienuhe Nutzung. Dieses legt das Schwergewicht<br />
aufeine Weiternutzung des Areals für die Produktion<br />
<strong>und</strong> unterstützende Dienstleistungs- <strong>und</strong> Gewerbebetriebe<br />
(vergleichbar mit den Nutzungen wie sie im<br />
Technopark angesiedelt sind). Die Öffnung des<br />
Areales für die angrenzenden Quartiere geschieht<br />
<strong>durch</strong> die Verlängerung der Josefstrasse bis zum<br />
94<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________________________________________Der Fall<br />
Technopark <strong>und</strong> ein öffentliches<br />
Weg- <strong>und</strong> Radnetz<br />
innerhalb des einst als<br />
Ganzes umzäunten <strong>und</strong><br />
abgegrenzten Areals. Die<br />
unter Professor Henz erar-<br />
Nutzungsverieilung Kunsthochschule<br />
andere Nutzungen<br />
30%<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />
beiteten Varianten gehen 5%<br />
einen Schritt weiter. Wie<br />
der Titel der Semesterarbeit:<br />
«Arbeiten - Wohnen<br />
Zusammenleben» auf<br />
dem Escher Wyss-Areal<br />
schon andeutet, wird das<br />
Areal als «Stadterweiterungsgebiet»<br />
verstanden,<br />
in dem sich ein vielfältiges<br />
urbanes Leben entwickeln<br />
soll. Die Verknüpfung mit<br />
ler bestehenden Stadt<br />
(dem Kreis 5) soll nicht nur<br />
räumlich, sondern auch<br />
funktionell möglichst vielschichtig<br />
sein. Die Nutzungsvorstellungen,<br />
wie sie<br />
andere Nutzungen<br />
24%<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />
20%<br />
Büros<br />
15%<br />
Nulzungsverteilung Industrie<br />
Versorgung<br />
10%<br />
im Gestaltungsplan zum Ausdruck kommen, werden<br />
gezielt ergänzt. Als Nutzungsmöglichkeiten wurden<br />
eine Verlagerung von Abteilungen der ETH (zum<br />
Beispiel die Architekturabteilung), Quartierinfrastruktur<br />
<strong>und</strong> kulturelle Räume <strong>und</strong> eine Erhöhung<br />
des Wohnanteils (zum Beispiel nach den Ideen von<br />
KraftWerkl) angeboten.<br />
5.1 Die Variante «Griinraum»<br />
Ihren Namen erhielt die Variante, weil sie eine<br />
«grössere» Freifläche vorschlägt, welche das Areal<br />
nit dem Limmatufer im Norden verbindet. Dieser<br />
Park soll Erholungszone für die umliegenden Quartiere<br />
sein <strong>und</strong> dazu beitragen, die Grünräume in der<br />
Stadt zu vernetzen.<br />
Um die geforderten Nutzungen trotz des grossen<br />
Freiraums noch unterbringen zu können, schlagen<br />
die Autorinnen <strong>und</strong> Autoren vor, die Architekturabteilung<br />
als campusartige Anlage im grossen Freiraum<br />
zu integrieren. Die Variante verstösst in diesem<br />
Punkt gegen den Gestaltungsplan <strong>und</strong> sein Freiraumkonzept,<br />
da die geplante Giessereiwiese teilweise<br />
überbaut wird. In der Variante wird grossen<br />
Wert auf eine flexible Etappierbarkeit <strong>und</strong> ein hohes<br />
Mass an Durchmischung gelegt. Der Planungsprozess<br />
soll offen <strong>und</strong> von Etappe zu Etappe korrigierbar<br />
sein. Ausgangspunkt der jeweiligen Etappen<br />
sollen drei sogenannte «Keimzellen» sein, um die<br />
sich Quartierteile entwickeln können. In den einzelnen<br />
Gebäuden sind, analog zu traditionellen städ-<br />
Wohnanteil<br />
10%<br />
Kultur <strong>und</strong> Bildung<br />
20%<br />
ur <strong>und</strong> Bildung<br />
1%<br />
Büros<br />
35%<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />
15%<br />
Versorgung<br />
5%<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie<br />
10%<br />
Versorgung<br />
10%<br />
Nutzungsverieilung WerkStadt<br />
Büros<br />
20%<br />
Büros<br />
25%<br />
Nutzungsverieilung Grünraum<br />
andere Nutzung<br />
1 0<br />
Abb. 5.1.2 Die Nutzungsveneilung der Varianten «Kunsthochschule., «/ndustrienahe Nutzung», «WerkStadt.<br />
<strong>und</strong> «Griinrallm» bezogen aufdie Bruttogeschossfläche.<br />
tischen Quartieren, im Erdgeschoss kommerzielle<br />
<strong>und</strong> öffentliche Räume <strong>und</strong> in den darüberliegenden<br />
Geschossen Wohnungen vorgesehen. Herz der<br />
Anlage <strong>und</strong> attraktiver Kommunikationsort auch für<br />
andere Quartiere soll die in eine Ladenstrasse umgebaute<br />
Schiffbauhalle werden.<br />
AutorInnen:<br />
Christoph von Ah, Bettina Berwanger, Martina<br />
Haag, Alexandre Zumbrunnen<br />
Assistenz: Gian-Carlo Bosch<br />
5.2 Die Variante «Kunsthochschule»<br />
Durch den Aufbau einer Kunsthochschule <strong>und</strong> die<br />
Ansiedlung eines öffentlichen Museums in der<br />
Schiffbauhalle soll das Areal zu einem attraktiven<br />
Anziehungspunkt für die ganze Stadt werden.<br />
Gleichzeitig sind im Bereich Produktdesign, Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Medien Anknüpfungspunkte für<br />
eine Zusammenarbeit mit produzierenden Firmen<br />
(analog zum Technopark) gegeben. Die Nutzung des<br />
Industriedenkmals Schiffbauhalle als Skulpturenmuseum<br />
(sogenanntes Kaltmuseum) ermöglicht den<br />
Erhalt des Gebäudes ohne massive Eingriffe in seine<br />
Struktur. Über die kulturelle <strong>und</strong> schulische N utzung<br />
hinaus streben auch die Verfasserinnen <strong>und</strong><br />
Verfasser dieser Variante ein lebendiges, <strong>durch</strong>mischtes<br />
Quartier an. Der Wohnanteil soll in einer<br />
Hofrandbebauung in der südlichen Arealhälfte verwirklicht<br />
werden. Die Variante versucht, <strong>durch</strong> die<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 95
Der Fall<br />
_<br />
Au/orInnen:<br />
Martin Fercher, Sandra<br />
Nigsch, Pierre Sulger,<br />
Daniela Walser<br />
Assistenz: Willi Thellar<br />
5.3 Die Variante<br />
«WerkStadt»<br />
Abb. 5.1.1 Modell der Variante .Grünraum».<br />
Abb. 5.2 Modell der Variante .Kunsthochschule».<br />
Stellung <strong>und</strong> den Massstab<br />
der Gebäudekörper<br />
an die Struktur der industriellen<br />
Nutzung anzuknüpfen.<br />
Die Variante skizziert<br />
In einem differenzier<br />
ten Entwicklungsprogramm<br />
eine schrittweise<br />
Öffnung <strong>und</strong> Aneignung<br />
des Sulzer-Escher Wyss<br />
Areals <strong>durch</strong> neue Nutzungen.<br />
Die bestehende<br />
Bausubstanz wird möglichst<br />
weitgehend mit<br />
einbezogen. Nutzungsschwerpunkte<br />
bilden die<br />
Architekturabteilung,<br />
ein Quartierzentrum mit<br />
Schule bei der Giessereiwiese,<br />
die Schiffbauhalle,<br />
welche als Kulturzentrum<br />
umgenutztwird,<br />
sowie eine Wohnsiedlung.<br />
Die Mischung der<br />
Nutzungen soll vielfälti<br />
ge soziale <strong>und</strong> ökonomische<br />
Synergien ermöglichen.<br />
Die Variante<br />
nimmt für die Organisation<br />
eines Teils des<br />
Areals die Ideen von<br />
KraftWerkl auf. Die sogenannte<br />
WerkStadt AG<br />
leitet einen kooperativen<br />
Planungsprozess ein, der<br />
für neue Wohn- <strong>und</strong><br />
Arbeitsformen offen ist.<br />
Autorlnne1l:<br />
Andreas Beck, Urs Dauwalder,<br />
Fabio Galliciotti,<br />
Alan Wakefield<br />
Assistenz: Patricia Schibli<br />
96<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________Der Fall<br />
5.4<br />
«Industrienahe<br />
Die Variante Industrienahe<br />
Nutzung führt die<br />
Überlegungen, welche<br />
Ende der achtziger Jahre<br />
zum Bau des Technoparks<br />
geführt haben,<br />
weiter. Der Industriestandort<br />
Zürich <strong>und</strong><br />
insbesondere die industrielle<br />
Produktion der<br />
Sulzer-Escher Wyss sollen<br />
gefördert werden,<br />
indem weitere Betriebe<br />
des industriellen <strong>und</strong> des<br />
ldustrienahen Sektors<br />
auf dem Areal angesie-.<br />
delt werden.<br />
Dnter industrienaher<br />
Nutzung werden Dienstleisrungs-,<br />
Forschungs<strong>und</strong><br />
Produktionsaktivitäten<br />
verstanden, welche<br />
sich auf die industrielle<br />
Erzeugung von Gütern<br />
beziehen. Diese Nutzungen<br />
können in ihrer<br />
räumlichen Ausprägung<br />
<strong>und</strong> in ihren energetischen<br />
Auswirkungen<br />
sehr unterschiedlich<br />
sein. Für die Bilanzierungen<br />
war es deshalb<br />
erforderlich, die indutrienahe<br />
Nutzung diffe-<br />
. renzierter auszuweisen.<br />
Erdgeschossige überhohe<br />
Flächen <strong>und</strong> Flächen<br />
mit extremen Raumtiefen<br />
wurden als Industrie-<br />
oder Gewerberäume<br />
angenommen, obergeschossige<br />
normalhohe<br />
Räume mit <strong>durch</strong>schnittlichen<br />
Raumtiefen wurden<br />
als Büro- oder<br />
Laborräume angenommen.<br />
Diese industrienahe<br />
Nutzweise ist für den<br />
grössten Teil der freiwerdenden<br />
Arealbereiche<br />
vorgesehen. Das Spek-<br />
Abb. 5.3 Modell der Variante .WerkStadt».<br />
Abb. 5.4.1 Modell der Variante «Jndustrienahe Nutzung».<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
97
Der Fall<br />
---C.-_<br />
Gl'Ünraum Kunstbocbscbule WerkStadt Industrienabe Nutzung<br />
Wohnanteil 30% 25% 30%<br />
10%<br />
,<br />
Kultur <strong>und</strong> Bildung 15% 20% 10% 1%<br />
Büros 20% 15% 25% 35%<br />
Versorgung 10% 5% 5% 10%<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 10% 5% 15% 20%<br />
andere Nutzungen 15% 30% 15% 24%<br />
100% 100% 100% 100%<br />
Bruttogeschossfläche (m 3 ) 150'000 105'000 140'000 150'000<br />
Unversiegelte Fläche (m 3 ) 33'000 13'000 9000 12'000<br />
1. Etappe Wegsysteme <strong>und</strong> GfÜnzonen Museum (im Anschluss an <strong>Umnutzung</strong>en <strong>und</strong> Lärm- Gewerbe- <strong>und</strong> Dienstkulturelle<br />
Zwischennutzun- riegel entlang Pfingstweid- leistungsbauten im Baufeld G<br />
gen des Areals)<br />
strasse, Altlastensanierung<br />
2. Etappe Entwicklung von Quartier- Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten [rH-Bau <strong>und</strong> Schulhaus Gewerbe-, Dienstteilen<br />
ausgehend von<br />
leistungs- <strong>und</strong> Wohnbauten<br />
Keimzellen<br />
im Baufeld H<br />
3. Etappe Erholungsraum (Giesserei- Verdichtung mit weiteren Bauten in den Baufeldern D<br />
wiese) Wohn-, Gewerbe- <strong>und</strong> Infrastrukturbauten<br />
<strong>und</strong> F<br />
Tab. 5.4.1 Vergleich der Varianten: Nutzlingsverteilling <strong>und</strong>Etappierung.<br />
trum der Betriebe ist breit <strong>und</strong><br />
schliesst auch Dienstleistungen, wIe<br />
Beratung <strong>und</strong> Marketing, ein. Im<br />
Gestaltungsplan wird das Verhältnis<br />
zwischen Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />
einerseits <strong>und</strong> eigentlichen<br />
Dienstleistungsbetrieben andererseits<br />
auf ,2/3 zu 1/3 festgelegt. Betriebe oder<br />
Abteilungen von Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />
sowie Büroabteilungen<br />
der öffentlichen Verwaltung sind hier<br />
explizit nicht zugelassen. In den Randbereichen<br />
gegen die Pfingstweid- <strong>und</strong><br />
die Förrlibuckstrasse werden Mischgebiete<br />
ausgewiesen. In diesen Gebieten<br />
ist ein Mindestwohnanteil von<br />
35% vorgeschrieben. Ebenso sind hier<br />
weitere Dienstleistungs- <strong>und</strong> Gewerbenutzungen<br />
möglich. Die im Gestalrungsplan<br />
vorgesehenen Freiflächen<br />
<strong>und</strong> die räumliche Verknüpfung mit<br />
den umliegenden Quartieren sind<br />
natürlich auch Bestandteile dieser<br />
Variante.<br />
m 2 BFG<br />
160'000<br />
140'000<br />
120'000<br />
100'000<br />
80'000<br />
60'000<br />
40'000<br />
20'000<br />
o<br />
Abb. 5.4.2 Bruttogeschossf/äche der Varianten im Vergleich.<br />
Bruttogeschossfläche (m 2 )<br />
98 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-- Der Fall<br />
Gl'Üllraum Kumthocllschule WerkStadt IlIdllStriellahe Nutzung<br />
Siedlullgs· 3 Keimzellen ermöglichen Der Inselcharakter des Areals Mit dem Areal soll ein intaktes Öffnung des ehemals abge·<br />
struktur Zustandsänderungen auf innerhalb der Stadt Zürich soll urbanes Gebiet entstehen, das schirmten Industrieareals über<br />
dem Areal: über verschiedene Anziehungs- ais Teil eines Ganzen Beziehun- verschiedene Achsen:<br />
l.Turbinenplatz = Zentrums·<br />
punkte aufgehoben werden: gen zur Umgebung aufweist<br />
<strong>und</strong> deren Funktionen unterfunktion<br />
für das Quartier <strong>und</strong> l.Turbinenplatz = städt.<br />
l.Maschinenstrasse als neue<br />
stützt.<br />
Nord-Süd-Achse<br />
als Erweiterung der josef- Anziehungspunkt<br />
strasse Hauptzugang zum<br />
Planung <strong>und</strong> Realität müssen<br />
2.Verlängerung der josefstrasse<br />
2.Eulerplatz = arealinternes<br />
neuen Areal.<br />
interaktiv miteinander verbis<br />
Technopark<br />
Zentrum<br />
2.Eulerplatz<br />
knüpft sein. Die Potentiale, 3.evtl. Verlängerung der<br />
= arealinternes<br />
Zentrum<br />
Das orthogonale Gr<strong>und</strong>raster die der Ort besitzt, müssen Heinrichstrasse<br />
des Areals, Parallelität <strong>und</strong> deshalb bewusst in die Planung<br />
3.GrÜnraum = Verbindung Orthogonalität zur Limmat, einfliessen (zentrale Lage, d.h.<br />
Die grossen Baukörper sind<br />
von Areal (Eulerplatz) mit folgt der bisherigen Anordnung motorisiert <strong>und</strong> nicht motorieinerseits<br />
Abschirmung gegen<br />
Limmatraum, Erholungsraum der (Industrie·) Gebäude. siert gut zugänglich, hohe<br />
Immissionen, andererseits<br />
für Tiere Pflanzen, Arbeiter<br />
Dokumentation der neuen<br />
Volumetrie, Massstäblichkeit<br />
Nutzungsdichte in der Um·<br />
<strong>und</strong> Bewohner.<br />
gebung, Arbeitsplatzkonzen<strong>und</strong><br />
Typologie der Gebäude<br />
Öffnung.<br />
Verbindung von Turbinenplatz <strong>und</strong> Bauten soll an die antration,<br />
Publikumsachsen,<br />
Schnittstelle von Industrie,<br />
mit Eulerplatz über die grenzenden Stadtquartiere<br />
Josefstrasse <strong>und</strong> die Schiffs- angepasst werden.<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Kultur, Identitätsbauhalle<br />
(Ortsidentifikation).<br />
verleihende Bauten, Industrie·<br />
ästhetik).<br />
Wohnhofstruktur zwischen<br />
Relativ dichte, parzellen-<br />
Pfingstweid~ <strong>und</strong> Josefstrasse<br />
ist Ausdruck der Bestrebung,<br />
definierte Strukturen sollen<br />
gegen den Lärm der Pfingstanpeilen.<br />
Einzelne Volumen<br />
das alte Muster der Bauten<br />
weid- <strong>und</strong> Hardstrasse abzuriegeln,<br />
dem etappenweisen<br />
werden nicht nur für sich,<br />
Miteinbeziehen <strong>und</strong> Ersetzen<br />
sondern auch im Zusammenhang<br />
mit umliegenden Bauten<br />
von bestehenden Gebäuden<br />
gerecht zu werden, sowohl ein<br />
<strong>und</strong> Aussenräumen gestaltet.<br />
Schrumpfen als auch ein<br />
Öffnung des Areals gegenüber<br />
Wachsen zu ermöglichen, (d.h.<br />
der Stadt über die Schiffsbau<strong>durch</strong><br />
die gewählte Struktur ist<br />
halle als kulturell genutztem<br />
es möglich, einzelne Teile<br />
Ort.<br />
wenn nötig wegzulassen oder<br />
hinzuzufügen), im Privatheitsgrad<br />
<strong>und</strong> in der Nutzungsstruktur<br />
nuancierte Wohnhöfe<br />
zu bilden.<br />
Nutzullgell Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche Bruttogeschossfläche<br />
ISO'OOO m 2 , 105'000 m 2 • 140'000 m 2 , .- 150'000 m 2 ,<br />
Wohnanteil 30%, Wohnanteil 25%, Wohnanteil 30%, WohnanteillO%,<br />
Kultur <strong>und</strong> Bildung 1S%, Kultur <strong>und</strong> Bildung 20%, Kultur <strong>und</strong> Bildung 10 %, Kultur <strong>und</strong> Bildung 1%,<br />
Büros 20%, Versorgung 10%, Büros 15%, Versorgung S%, Büros 25%, Versorgung 5%, Büros 35%, Versorgung 10%,<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 10%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 5%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 1S%. Gewerbe <strong>und</strong> Industrie 20%.<br />
Mischung <strong>und</strong> Verdichtung von Auf dem monofunktionalen Eine urbane Mischnutzung wird Der Schwerpunkt liegt auf der<br />
unterschiedlichen Nutzungen Industrieareal soll ein gemischt angestrebt, d.h. keine konkur- Erhaltung <strong>und</strong> Ausnützung des<br />
wird angestrebt. In publikums· genutztes, Tag <strong>und</strong> Nacht renzierenden Nutzungen, Industriestandortes. Arbeits·<br />
intensiven Zonen (Turbinen- belebtes Wohn- <strong>und</strong> Arbeits- sondern Synergien müssen plätze sollen gefördert <strong>und</strong><br />
platz, josefstrasse, Schiffsbau- quartier mit einem kulturellen entstehen. Die einzelnen erhalten werden.<br />
halle) <strong>und</strong> Lärmintensiven <strong>und</strong> schulischen Kern ent- Nutzungen sollen sich<br />
Zonen (Hard- <strong>und</strong> Pfingstweid- stehen. unterstützen.<br />
Ein Maximum von Ausnützung<br />
strasse) werden die Nutzungen<br />
<strong>und</strong> Gewinn wird angestrebt.<br />
nicht nur neben· sondern auch<br />
Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen können Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen können,<br />
übereinander angeordnet.<br />
bei Bedarf miteinander ver- müssen aber nicht expliZit<br />
knüpft werden. Die Verteilung miteinander verknüpft sein.<br />
Nur die ETH-Architektur- der Nutzungen richtet sich<br />
abteilung <strong>und</strong> die kulturellen nach den spezifischen Bedürfgrösstenteils<br />
den Bedürfnissen<br />
Das Nutzunsangebot wird<br />
Einrichtungen beim Eulerplatz nissen <strong>und</strong> nach ihrer Lärmder<br />
Benutzer nachkommen,<br />
bilden nutzungsmässige empfindlichkeit. Die Nutzunarealperifer<br />
sind aber aus<br />
Monostrukturen oder Ballun- gen überlagern sich teils in<br />
ökonomischen Gründen die<br />
gen. Diese zwei Konzentra- Schichten vertikal, teils in<br />
tionen werden jedoch <strong>durch</strong> Zonen horizontal.<br />
publikumsabhängigsten<br />
ihre überregionale Bedeutung<br />
Nutzungen (z.B. Restaurants,<br />
Die Schiffsbauhalle wird als Verkauf) vorzusehen.<br />
abgeschWächt.<br />
Tinguely-Skulpturenmuseum<br />
Die Schiffsbauhalle soll<br />
Die Wohnnutzung weist eine umgenutzt. Diese Nutzung ist<br />
minimal beheizt kulturellen<br />
Distanz zu publikumsinten- aus energieökonomischen <strong>und</strong><br />
siven Zonen auf <strong>durch</strong> Bildung kulturellen Grüriden sinnvoll.<br />
Anlässen zur Verfügung<br />
mehr oder weniger abgeschlos- Als Nutzungsergänzung zum<br />
stehen.<br />
sener Höfe <strong>und</strong> die Belegung Museum wird der Bau einer Gemeinschaftsnutzungen<br />
des ersten <strong>und</strong> zweiten Ge- Kunstakademie vorgeschlagen, sind im Sinne von KraftWerkl<br />
schosses mit einer anderen deren Räumlichkeiten auch der vorgesehen.<br />
Nutzung.<br />
Erwachsenenweiterbildung<br />
dienen soll.<br />
Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Übersicht, Teil I.<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 99
Der Fall ~<br />
Griinraum<br />
Kunsthochschule<br />
WerkStadt<br />
Industrienalle Nutzung<br />
Nutzungen<br />
(Fortsetzung)<br />
Möglichst breites Spektrum an<br />
Wohnungsangebot soll verschiedene<br />
Wohnformen für alle<br />
Einkommensschichten<br />
ermöglichen.<br />
Gemeinschaftliche Einrichtungen<br />
an der josefstrasse<br />
(Kindergarten, Quartierkaffe,<br />
kulturelles Gemeinschaftszentrum,<br />
Post, Bank).<br />
Günstiger Wohnraum mit hoher<br />
Wohnqualität sollen ein breites<br />
Publikum ansprechen. Ein<br />
breites Angebot an Wohnfolgeeinrichtungen<br />
(Post, Kinderkrippe,<br />
Lebensmittelladen,<br />
u.a.), betreute Alterswohngemeinschaften<br />
<strong>und</strong> therapeutisch<br />
begleitete Wohngemeinschaften<br />
sollen die Qualität des<br />
Quartiers erhöhen.<br />
Ällssenräume<br />
Differenziert von öffentlich zu<br />
privat abgestufte öffentliche<br />
Aussenräume als Begegnungs<strong>und</strong><br />
Identifikationspunkte,<br />
z.B. Turbinenplatz , Eulerplatz,<br />
Grünraum.<br />
Differenziert von "öffentlich»<br />
zu «privat» abgestufte<br />
Aussenräume:<br />
l.öffentliche Aussenräume<br />
(Herstellen von stadträumlichen<br />
BeZiehungen):<br />
Plätze, Wege<br />
2.kollektive Aussenräume<br />
(Förderung der zwischenmenschlichen<br />
BeZiehungen<br />
<strong>und</strong> Kommunikation):<br />
Wohnaussenräume Erschliessungssystem<br />
der Wohnungen,<br />
Dachgärten.<br />
3.private Aussenräume: Balkon<br />
Differenziert von "öffentlich»<br />
zu «privat» abgestufte<br />
Aussenräume.<br />
Die grosse Aussenraumvielfalt<br />
soll zwischenmenschliche<br />
Beziehungen verstärken.<br />
Namentlich differenzierte<br />
Grünanlagen sind Begegnungs<strong>und</strong><br />
Erholungsorte.<br />
Öffentliche Aussenräume:<br />
Eulerplatz, Turbinenplatz mit<br />
Schiffsbauhalle im Zentrum,<br />
Giessereiwiese als Grün- <strong>und</strong><br />
Erholungsraum.<br />
Verkehr<br />
Gute äussere Erschliessung,<br />
quartierinterne Feinerschliessung.<br />
Die Verkehrsbelastung <strong>durch</strong><br />
den Privatverkehr wird<br />
weitgehend schon an den<br />
Rändern des Areals mit<br />
Parkplätzen un\er der Hardbrücke<br />
für die Offentlichkeit<br />
<strong>und</strong> Parkhäusern <strong>und</strong> Tiefgaragen,<br />
die umgenutzt<br />
werden können, abgefangen.<br />
Zusätzliche Bushaltestelle auf<br />
dem Eulerplatz, Wohnhöfe sind<br />
autofrei, josef-, Maschinen<strong>und</strong><br />
Werkstrasse dienen dem<br />
Zubringerverkehr.<br />
Gute äussere Erschliessung,<br />
quartierinterne Feinerschliessung.<br />
Vermeidung von Durchgangsverkehr<br />
mit baulichen Massnahmen<br />
(Gebäuden) realisiert.<br />
Die Parkierung erfolgt konzentriert<br />
an den Quartierrändern.<br />
Fussgänger- <strong>und</strong> fahrradfre<strong>und</strong>liche<br />
Verbindungen<br />
zwischen Limmatraum <strong>und</strong><br />
josefstrasse.<br />
Der motorisierte Verkehr wird<br />
primär auf die Werk- <strong>und</strong><br />
Maschinenstrasse gelenkt.<br />
Der motorisierte Durchgangsverkehr<br />
beschränkt sich auf<br />
die Buslinie. .<br />
Es sind Tiefgaragen vorgesehen,<br />
die nicht hermetisch<br />
isoliert sind. Die Bewohner<br />
werden über einen Aussen"<br />
raum in die Parkierungsanlage<br />
zugeführt.<br />
Gute äussere Erschliessung<br />
über die Hauptverkehrsachse.<br />
Fussgängerbereiche im Arealinneren.<br />
Der öffentliche<br />
Verkehr ermöglicht eine gute<br />
Erschliessung des Areals <strong>durch</strong><br />
den S-Bahnhof Hardbrücke <strong>und</strong><br />
den Escher-Wyss-Platz. Evtl.<br />
werden später Bushaltestellen<br />
an der Kreuzung Werk-/Maschinenstrasse<br />
für eine bessere<br />
Verbindung zum S-Bhf sorgen.<br />
Parkierung erfolgt im Untergeschoss.<br />
Etappierung<br />
l.Etappe: Wegsysteme +<br />
Grünzonen<br />
2.Etappe: angrenzende Felder<br />
Planung: Demokratisierung der<br />
Entwicklung anstreben<br />
jede Etappe führt auf dem<br />
Areal eine neue Nutzung bzw.<br />
ein neues Nutzungspaket ein.<br />
Voretappe: kulturelle <strong>Umnutzung</strong><br />
(Popularität des Areals<br />
soll gefördert werden)<br />
l.Etappe: Kaltmuseum<br />
(Ortsidentität)<br />
2.Etappe: Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten<br />
3.Etappe: Erholungsraum<br />
(Giessereiwiese)<br />
I.Etappe: <strong>Umnutzung</strong> Schiffsbauhalle,<br />
Sanierung des<br />
(oop-Gebäudes, Altlastensanierung,<br />
Lärmriegel<br />
2.Etappe: ETH-Bau, Schulhaus<br />
3.Etappe: Anbauten (Wohnungen,etc.)<br />
I.Etappe: Gewerbe- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsbauten im<br />
Baufeld G<br />
2.Etappe: Gewerbe- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsbauten inkl.<br />
Wohnungen im Baufeld H<br />
3.Etappe: Gebäude in den<br />
Baufeldern D<strong>und</strong> F<br />
Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Obersicht, Teil2<br />
100 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________--'-<br />
Der Fall<br />
Gl'iinrallm KlllIStllochsdlllle WerkStadt IndllStrienahe Nlltzung<br />
Ökologie Unversiegelte Fläche: Unversiegelte Fläche: Unversiegelte Fläche: 9'000 m 2 Unversiegelte Fläche: 12'000 m 2<br />
33'000 m 2 13'000 m 2 Konzeptioneller Lärmschutz Baumalleen entlang josef- <strong>und</strong><br />
Verbindung Areal mit Ummat- Behebung des bestehenden <strong>durch</strong> lärmriegelartige Bauten Maschinenstrasse <strong>und</strong> Dachufer<br />
über eine Grünzone, Grünflächendefizites über entlang der Pfingstweid- <strong>und</strong> begrünung wirken dem Grün-<br />
Kultivierung einheimischer Baumalleen in josef- <strong>und</strong> Hardturmstrasse. flächendefizit entgegen.<br />
Pflanzen <strong>und</strong> Erhaltung von Maschinenstrasse, Dach-<br />
Ruderalflächen, Aufstellen von begrünung, Minimierung der<br />
Kompensation des Grünraum- Ruderalfläche entlang der<br />
mobilen Grünanlagen, fördern Bodenversiegelung, Vermeimangels<br />
<strong>durch</strong> differenzierte Gleisanlagen im Westen des<br />
einer starken Vernetzung <strong>und</strong> dung von flächendeckender<br />
Grünräume.<br />
SEW-Areals als Verbindung<br />
ökologischer Nischen für Tiere Bebauung <strong>und</strong> Erhaltung der Nutzung bestehender Bauten<br />
zwischen den SBB-Gleisanlagen<br />
<strong>und</strong> Pflanzen. bestehenden Ruderalflächen. <strong>und</strong> brauchbarer Strukturen ist<br />
bzw. den Familiengärten <strong>und</strong><br />
ökologisch wie ökonomisch die<br />
der Ummat.<br />
Bauriegel als Lärmschutz Um der Bodenversiegelung<br />
(Wohnblocks).<br />
entgegenzuwirken wird in<br />
nachhaltigste Methode (keine Abwärme aus der KVA josefschmalen<br />
Volumina in die Höhe<br />
Fehlplanung, weniger Abfall, strasse soll auch in Zukunft<br />
Bodenversiegelung nur auf<br />
gebaut. Statt unterirdischen<br />
Intergation von zukünftigem genutzt werden.<br />
Strassen beschränkt.<br />
Garagen <strong>und</strong> flächendeckenden<br />
Wissen).<br />
Baulicher Wärmeschutz, ratio-<br />
Das Meteorwasser wird nach Parkplätzen werden ober- Neubauten sollen ökologischen nelle Energienutzung <strong>und</strong> eine<br />
Möglichkeit gesammelt <strong>und</strong> irdische Parkhäuser errichtet. Kriterien genügen. Namentlich Wärme-Kraft-Kopplungsanlage,<br />
gebraucht. die Haustechnik soll <strong>durch</strong> sollen einen ökonomischen <strong>und</strong><br />
Energie wird maximal genutzt,<br />
Zentralisierung <strong>und</strong> Konzept- ökologischen Umgang mit der<br />
minimal gebraucht (Standortfinanziellen<br />
Rahmenbedingun-<br />
studien unter den gegebenen Energie gewährleisten.<br />
wahl, Fernwärme). Energievergen<br />
eine optimale Lösung<br />
Lärmschutz wird vor allem<br />
sorgung mittels erneuerbarer<br />
ergeben.<br />
über Baukörper als Lärmriegel<br />
Energie (z.B. solar).<br />
realisiert.<br />
Altsllbstanz Schiffsbauhalle Nur brauchbare Altsubstanz Hartwag, Hauptgebäude Coop, Schiffsbauhalle<br />
soll erhalten bleiben: Hartwag- Kesselhaus, evtl. Laborgebäude,<br />
gebäude, Schiffsbauhalle Hochkamin, Schiffsbauhalle<br />
Altlasten SEW +Stadt +neue Bauherren Private Investoren, SEW SEW verpflichtet Investoren für Sanierungskonzept von SIUM<br />
(Sanierung) verzichtet dafür während die Sanierung aufzukommen. Engineering AG vom Juli 1994<br />
gewisser Zeit auf Zinsen. Die Sie selber ist für die Sanie-<br />
Stadt übernimmt die Sanierung rungsanlage <strong>und</strong> das Entsorder<br />
öffentlichen Plätze. gungskonzept verantwortlich.<br />
Besonderes Schiffsbauhalle = Ladenstrasse Schiffsbauhalle = Tinguely- Schiffsbauhalle = kulturelle<br />
ETH-Arch.-Abteilung auf der<br />
Museum<br />
Nutzung<br />
Giessereiwiese, Campus-<br />
ETH-Arch.-Abteilung in Neu-<br />
Struktur.<br />
bauten.<br />
Bildung der WerkStadt AG =<br />
KraftWerkl +Interessenten,<br />
getragen von SEW, Banken,<br />
Firmen, Stiftungen, u.a. aus<br />
ideellen Gründen.<br />
Aufnahme von KraftWerkl-<br />
Ideen<br />
Tab. 5.4.2 Vergleich der Varianten 2: Allgemeine Übersicht, Teil 3.<br />
Literatur<br />
Bärtschi, H.-P. (1980): Industrialisierung, Eisenbahnschlachten<br />
<strong>und</strong> Städtebau. Diss. ETH.<br />
Blum, M. & Hofer A. & P.M. (1993): KraftWerk!. Projekt für das<br />
Sulzer-Escher Wyss Areal. Zürich: Paranoia City.<br />
Craig, G. A. (1988): Geld <strong>und</strong> Geist, Zürich im Zeitalter des Liberalismus,<br />
1830-1869. München: C.H. Beck.<br />
Dürrenberger, G. et al. (1990): Das Dilemma der modernen Stadt.<br />
Springer Verlag.<br />
Henz, A. (Hrsg.) (1995): Arbeiten - Wohnen - Zusammenleben<br />
auf dem Escher Wyss-Areal, Zürich. Dokumentation ausgewähl-<br />
ter Studentenarbeiten Wintersemester 1994/1995. ETH Zürich:<br />
Abteilung für Architektur, Lehrstuhl Professor Alexander Henz.<br />
SEW (1993): Industrie der Zukunft. Escher Wyss-Areal im<br />
Wandel.<br />
Sitterding (1955): 150 Jahre Escher Wyss 1805-1955. Herausgegeben<br />
im Jubiläumsjahr anstelle des Bandes 27/28 der Escher Wyss<br />
Mitteilungen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
101
1-··<br />
I<br />
Inhalt<br />
1. Einleitung<br />
2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden<br />
3. Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />
4. Rückblick auf unsere Arbeit<br />
5. Werkblau «<strong>Bauen</strong> & Ökologie»<br />
105<br />
106<br />
111<br />
125<br />
130<br />
AutorInneIl<br />
Sandro Buss<br />
Ciuistian Gyr<br />
Roland Hiscbier<br />
Jiirg Stiinzi (Tutor)<br />
Olaf Tietje (Tutor)<br />
Cbristina Wachter (Tutorin)<br />
ouo Erb (Korreferent)<br />
AufbauelId aufdeli Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgl'llppe (Synthesegrllppe Al)<br />
Daniel BachmanD<br />
Werner Meier<br />
Anne Desdoull:<br />
Ivo Menzinger<br />
Stepban Fischer<br />
Philippe Peters<br />
Gaby Grab<br />
Michael Pistor<br />
Mjriam Graf<br />
Petra Remmele<br />
Max Gröbly<br />
Nathalie Roth<br />
Cbristian Gyr<br />
Michael Riiegger<br />
Roland Hischier<br />
Martin Schmiel<br />
Jiirg Scbmidli<br />
Christoph Schreyer<br />
Raphael Sermet<br />
Patrick Steinemann<br />
Jiirg StÜllzi (Tutor)<br />
Olaf Tietje (Tutor)<br />
Christina Wachter (Tutorin)
umsetzung<br />
_<br />
104 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Umsetzung<br />
1. Einleitung<br />
Innerhalb der generellen Thematik «Nutzen <strong>und</strong><br />
Schaden einer ökologischen <strong>Umnutzung</strong> des SEW<br />
Areals» ist unsere Synthesegruppe UMSETZUNG VON<br />
UMWELTZIELEN flankiert von den Gruppen ZIELBIL<br />
DUNG DER BAUHERRSCHAFT <strong>und</strong> RAHMENBEDINGUNGEN<br />
(vergleiche entsprechende Kapitel dieses Bandes).<br />
Das «Wie» beim Umsetzen von umweltbezogenen<br />
Zielsetzungen steht dabei für unsere Gruppe im<br />
Zentrum der Betrachtungen. In der grossen Vielfalt<br />
von Massnahmen <strong>und</strong> den entsprechenden Anforderungen,<br />
Zielen, Synergien <strong>und</strong> Zielkonflikten<br />
haben wir versucht, den Weg zur Umsetzung zu<br />
untersuchen <strong>und</strong> geeignete Entscheidungsraster zu<br />
skizzieren.<br />
Ausgehend von generellen Aussagen, was für<br />
Möglichkeiten zu weIchem Zeitpunkt einer Planung<br />
')estehen, haben wir uns dem Studienobjekt, dem<br />
SEW-Areal, genähert. Entstanden sind Aussagen<br />
auf drei verschiedenen Ebenen: Auf der innersten<br />
Ebene haben wir mit Hilfe der Ökobilanzierung,<br />
verschiedener Umfragetechntken <strong>und</strong> weiterer spezifischer<br />
Kriterien aus den Teilprojektarbeiten die<br />
vier Varianten der Arealentwicklung bewertet. Auf<br />
der äussersten Ebene wird ein Katalog genereller<br />
Massnahmen zur Umsetzung von umweltbezogenen<br />
Zielen vorgelegt. Auf der dazwischenliegenden<br />
Ebene wurde die «Prüfung» des Massnahmenkataloges<br />
auf das SEW-Areal ansatzweise <strong>durch</strong>geführt.<br />
Die nachfolgenden Abschnitte fassen das Vorgehen<br />
sowie die Resultate unserer Arbeit zusammen. Auf<br />
eine kurze Zusammenfassung des Ablaufes unserer<br />
Arbeiten folgt eine Beschreibung der verwendeten<br />
Methoden. Die oben erwähnten drei Ebenen werden<br />
auch für den Abschnitt 5 «Folgerungen» beibehalten.<br />
Als konkretes, an ArchitektInnen, Bauherren<br />
oder PlanerInnen adressiertes Produkt ist das Werkblatt<br />
im Abschnitt 5 aufzufassen. Es stellt unsere<br />
Perspektive als Orientierungshilfe dar <strong>und</strong> umfasst<br />
verschiedene Checklisten <strong>und</strong> Nachschlagetabellen,<br />
in der Hoffnung, dass sich daraus ein praxistaugliches<br />
Werkzeug entwickeln lässt.<br />
Wir sind uns unserer Perspektiven-Bindung <strong>durch</strong>aus<br />
bewusst - eine Stellungnahme dazu ist im<br />
Kasten 1 wiedergegeben.<br />
Kasten 1 Eine umweftnaturwissenschaJtliche Sicht.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
105
umsetzung<br />
_<br />
2. Vorgehen <strong>und</strong> Methoden<br />
2.1 Vorgehen <strong>und</strong> Gruppenprozess<br />
2.1.1 Vorbemerkungen<br />
<strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele lassen sich <strong>durch</strong> spezifische<br />
Auslegungen bei Neu- aber auch bei Umbauten<br />
erreichen. Dabei versteht man unter Auslegungen<br />
das Miteinbeziehen aller planerischen Entscheidungen<br />
im Hinblick auf umweltbezogene Konzepte <strong>und</strong><br />
Massnahmen. Im Vordergr<strong>und</strong> standen die folgenden<br />
Problemkreise:<br />
• Welches sind die optimalen Auslegungen für das<br />
SEW-Areal resp. welche der von uns betrachteten<br />
Varianten kommt diesen am nächsten?<br />
• Was für Möglichkeiten (Auslegungen) sind von<br />
allgemeiner Relevanz - kann man diese Relevanz<br />
messen oder bewerten?<br />
Allen unseren erarbeiteten Syntheseprodukten ist<br />
gemeinsam, dass sie aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />
Sicht abgefasst ,sind, wobei ökonomische<br />
<strong>und</strong> soziale Rahmenbedingungen aber auch die<br />
Zukunftsentwicklung (Stichwort Nachhaltigkeit)<br />
mitbedacht wurden. Die folgenden Abschnitte<br />
beschreiben das Vorgehen in unserer Gruppe in den<br />
verschiedenen Phasen der <strong>Fallstudie</strong>.<br />
wiedergegebenen Aufstellung von 42 <strong>Umwelt</strong>zielen<br />
zusammengefasst.<br />
Zur Gewichtung dieser Ziele wurde ein Kriterienraster<br />
geschaffen. Durch Abstimmung unter den<br />
Gruppenmitgliedern wurde eine Rangfolge der<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele erhalten.<br />
Für die weitere Arbeit setzten wir uns die folgenden<br />
Ziele:<br />
• Bewertung der vier Varianten (vgl. Kapitel DER<br />
FALL) bezüglich aller umweltrelevanten Gesichtspunkte<br />
• Verallgemeinerung der Bewertungskriterien (zusammengefasst<br />
im Werkblatt, Abschnitt 5)<br />
.. Erstellung eines zusammenfassenden Berichts (bezogen<br />
auf das SEW-Areal)<br />
2.1.3 Teil,rojektphase<br />
Ausgehend von den 42 <strong>Umwelt</strong>zielen wurden die<br />
Aufträge an die einzelnen Teilprojekt-Gruppenmitglieder<br />
formuliert. Im Zentrum stand die Erarbeitung<br />
von Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Daten für eine<br />
Beurteilung der vier Varianten. Für die Teilprojektbereiche<br />
3 <strong>und</strong> 4 wurden die Aufgaben in einen mehr<br />
allgemeinen Rahmen gestellt, da die Verbindung mit<br />
dem SEW~Arealweniger eng herzustellen war.<br />
2.1.2 Synthesephase 1<br />
Im ersten Teil der Arbeit arbeiteten<br />
wir auf zwei verschiedenen Ebenen.<br />
Auf der einen Seite haben wir uns<br />
<strong>durch</strong> Fachvorträge <strong>und</strong> Besichtigungen<br />
(siehe auch Kasten 2,1.2)<br />
mit dem System <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> den<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Problemkreisen<br />
vertraut gemacht. Andererseits wurde<br />
eine gemeinsame Fragestellung<br />
formuliert <strong>und</strong> daraus die Aufträge<br />
für die Teilprojekte entwickelt.<br />
Die Fragestellung für unsere<br />
Gruppe erarbeiteten wir mit Hilfe<br />
von Brainstorming, Mind-Maps, umfangreichen<br />
Literaturstudien <strong>und</strong><br />
Diskussionen. Dabei zeigte sich<br />
rasch, dass wir für die weitere Arbeit<br />
eine Liste mit den <strong>Umwelt</strong>zielen<br />
benötigten.<br />
Ausgangspunkt für diese Zielliste<br />
bildete dabei der Begriff der Nachhaltigkeit,<br />
welcher in ökologische,<br />
soziale <strong>und</strong> ökonomische Aspekte<br />
unterteilt wurde. Die in den Arbeitsgruppen<br />
entstandenen Aufzählungen<br />
wurden zu der in Tab. 2.1.2<br />
Kasten 2.1.2 Vortrags- <strong>und</strong> Besichtigungsprogramm der Synthesegruppe UMSETZUNG.<br />
106 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
--------------------------------- Umsetzung<br />
Am Ende dieser Phase waren diejenigen Daten<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen gefragt, welche zur Weiterbearbeitung<br />
der verschiedenen Ebenen unserer Synthese<br />
Fragestellung dienten.<br />
2.1.4 Synrhesephase 2<br />
Beim Zusammentragen der Resultate aus der Teilprojektphase<br />
konnten drei verschiedene Kategorien<br />
von Gruppen unterschieden werden:<br />
• Jene, welche die vier Varianten miteinander verglichen<br />
hatten,<br />
• jene, welche sich zwar auf das Areal der SEW bezogen<br />
hatten, aber die Varianten ausklammerten,<br />
• jene, die unabhängig vom Areal gearbeitet hatten.<br />
Nun stellte sich die Frage, WIE diese verschiedenen<br />
Arten von Erkenntnissen in ein Gesamtresultat<br />
einfliessen sollten. Dabei stand das Design der<br />
erschiedenen Produkte schon fest (vgl. Abschnitt<br />
2.1.2). Die Organisation des Zusammenführens der<br />
Resultate orientierte sich an dem in Abschnitt 2.2<br />
beschriebenen «Bahnhof,,-Modell.<br />
Eine wichtige Voraussetzung für die weitere Bearbeitung<br />
war die Klärung der Begrifflichkeiten.<br />
Dazu wurde in einer längeren Diskussion anhand<br />
eines Exkurses (Kasten 2.3) das sogenannte ZKAM<br />
Modell geschaffen (Ziele, Kriterien, Anforderungen,<br />
Massnahmen, Abb. 2.3.1). Die Anwendung des<br />
Modells auf die in Tab. 2.1.2 vorgelegten <strong>Umwelt</strong>ziele<br />
zog eine gründliche Überarbeitung der gesamten<br />
Liste nach sich. Dies führte zur bereinigten<br />
Arbeitsschutz bei Materialherstellung<br />
Recycling der Baustoffe<br />
............................................................<br />
Architektur <strong>und</strong> Ästhetik<br />
Reduktion der Baukosten<br />
Ausnutzung von Synergien (Sharing)..<br />
Reduktion der Luftschadstoffe<br />
Berücksichtigung ges<strong>und</strong>heitlicher Aspekte ..<br />
Reduktion des C0 2 ,Ausstosses (Treibhauseffekt)<br />
Erhaltung der Arbeitsplätze<br />
...........................................<br />
Renaturierung<br />
Erhaltung der Standortattraktivität . Sanierung d,er Altlasten ..<br />
Erhöhung der Lebensdauer..Scl1affungvon. Begegnungszentren (kreative Räume) ...<br />
Förderu~g des Ökologischen Bewusstseins.. . Schaffung von Lebensrau llJ für Pflanzenynd .Tiere .<br />
Funktionalität . Schonung derangrenzenden Cluartierewährend Bauzeit<br />
ZKAM-Liste, welche im Abschnitt 3 erläutert <strong>und</strong> im<br />
Abschnitt 5 vollumfänglich wiedergegeben ist.<br />
Zu Beginn der abschliessenden Synthesephase<br />
zeigte sich, dass die Resultate des Teilprojektes 1.10<br />
«Bilanzierungen», aufbauend auf den Ergebnissen<br />
aus verschiedenen anderen Gruppen, noch nicht verfügbar<br />
waren. Deshalb wurde für den Themenkreis<br />
Ökobilanz ein eigenes Kapitel geschaffen (siehe<br />
Kapitel ÖKOBILANZ). Im vorliegenden Berichtsteil<br />
wurden die für die Bewertung der Varianten relevanten<br />
methodischen Aspekte (Abschnitt 2.4) sowie<br />
ausgewähle Resultate der Ökobilanz (Abschnitt 3.3)<br />
integriert.<br />
2.2<br />
HoheLebensqualität .. . Schonung nicht~erneuerbarer Ressourcen<br />
Hohe Wohnqualität<br />
Sinnvolle Raumplanung (Ortsbild)<br />
Integration Wohnen? Ä;beii~~,F;ei~~it,I
umsetzung<br />
_<br />
Tellprojekte<br />
;:~ ~~~::~~~m~·sa~ii§~~~::.:~~~~I~~~i::ll!i:tillI:i<br />
1.4 Energlebll~~zen_." __<br />
1.10 Bilanzierung<br />
1.5 AbfälleIRecycling<br />
1.6 Aushub/Altiasten=c:i:Qltz=~<br />
1.7<br />
1.8 Ökosystem<br />
Eingriffe Bo~d~n~NJ~a~s~Se~r~/L~U~ft;~~~l"~<br />
Areal<br />
2.1 Architektur<br />
2.2 Raumplanung<br />
4.1 Promotion<br />
4.2 Makroökonomie<br />
1.3 Bauchemie~<br />
~:; ~~e~~:~on~;;;~~=~~~;'~.;~:~:?~~I':t:i:lXii:r1<br />
3.2 Werte <strong>und</strong> Wissen ~<br />
Kriterien<br />
Wirkungsbilanz<br />
SIMA 11<br />
Abb. 2.2 Das «Bahnhof»-Modellfür die Integration des Wissens aus den Teilprojekten.<br />
SIMAlI: EDV-Programm zur Ökolbilanzierung; AHP: EDV-unterstützte Befragungstechnik.<br />
Integrationsstufe<br />
Energieszenarien<br />
AHP<br />
Variantenvergleich<br />
Gesta~ung<br />
im<br />
Vergleich<br />
Arealbeurteilung<br />
liiiilijjiillliiU<br />
Syntheseergebnis,<br />
Anwendung<br />
Variantenbezogene<br />
Resultate<br />
Arealbezogene<br />
Resultate<br />
Allgemeine<br />
Resultate<br />
rien, Anforderungen, Massnahmen sowie Rahmenbedingungen<br />
- in einen logischen Zusammenhang.<br />
Die Abb. 2.3.1 zeigt diese Verknüpfungen untereinander.<br />
In allen Wissensgebieten steht <strong>und</strong> fällt die Effektivität<br />
der Anwendung des Wissens mit der Klarheit<br />
der verwendeten Begriffe. Zum Verständnis der<br />
Abb. 2.3.1 wird im Kasten 2.3 ein Beispiel erläutert.<br />
Um ein Ziel zu erreichen wird in den allermeisten<br />
Fällen eine Anstrengung benötigt - ohne dass man<br />
etwas tut, erreicht man nichts. Dieses «tun" wird in<br />
unserem Fall <strong>durch</strong> eine Massnahme ausgedrückt.<br />
Allerdings werden zum «messen", ob wir einem Ziel<br />
näherkommen, Kriterien benötigt. Wenn wir für ein<br />
Kriterium das Bild einer Skala verwenden, stellen<br />
die Anforderungen (nicht zu unterschreitende) Fixpunkte<br />
dar.<br />
Abb. 2.3.1 Das ZKAM-Modell: Begriffe <strong>und</strong> ihre Verknüpfungen.<br />
Kasten 2.3 Von Velos <strong>und</strong> Begriffen.<br />
108<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Umsetzung<br />
2.4 Die Variantenbewertung<br />
Die vorliegenden Gestaltungsvarianten für das<br />
SEW-Areal sollen umfassend - d.h. in Hinsicht auf<br />
die ökologische, die ökonomische <strong>und</strong> die soziale<br />
Dimension - bewertet werden.<br />
Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, ob<br />
<strong>und</strong> wie ökologische Kriterien mit nicht-ökologischen<br />
Kriterien in einer Vol/aggregation miteinander<br />
verknüpft werden können, um zu einer umfassenden<br />
Variantenbewertung mit einer einzigen Grösse<br />
zu gelangen. Diese Frage ist nach wie vor auch ausserhalb<br />
der <strong>Fallstudie</strong> ein aktuelles <strong>und</strong> strittiges<br />
Problem. Es konnte nicht erwartet werden, dass<br />
dies im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> zu lösen war. In der<br />
Tat bereitete es uns Schwierigkeiten, ökologische<br />
Kriterien wie beispielsweise das Potential zur Ozonschichtzerstörung<br />
gegen Kriterien wie Identifikation mit<br />
'em Quartier abzuwägen. Deshalb wurden getrennte<br />
Bewertungen für ökologische <strong>und</strong> nicht-ökologische<br />
Kriterien erarbeitet. Wir sind uns bewusst, dass eine<br />
Trennung nach dem Schema «ökologisch/nichtökologisch»<br />
nicht unbedingt plausibler als eine<br />
Trennung nach dem Schema «unmittelbare/langfristige<br />
Auswirkungen» oder «ökonomisch/nichtökonomisch»<br />
ist. Um eine möglichst weitgehende<br />
Aggregation der Bewertung zu versuchen, wurde<br />
trotz gewisser Bedenken eine Aufteilung in nur zwei<br />
Gruppen (
umsetzung ------------- _<br />
.. Ökologische Vernetzung: Grad der Vernetzung der<br />
Lebensräume eines Areals (im Areal selbst <strong>und</strong> mit<br />
der Umgebung, vor allem Durchgängigkeit <strong>und</strong><br />
Erreichbarkeit für Tiere).<br />
Soziale <strong>und</strong> ökcmomische Kriterien<br />
Eine umfassende Bewertung erfordert jedoch nicht<br />
nur ökologische Kriterien, sondern auch soziale (wie<br />
etwa die Identifikation der Wohnbevölkerung mit<br />
ihrem Quartier) <strong>und</strong> ökonomische Kriterien (z.B.<br />
eine Abschätzung der möglichen Rendite). Dabei<br />
ist anzumerken, dass nicht alle Ergebnisse der angesprochenen<br />
Teilprojekte (insbesondere Projektbereiche<br />
2 <strong>und</strong> 4) berücksichtigt werden konnten. Zum<br />
einen weil sie eher qualitativen Charakter haben<br />
<strong>und</strong> somit nicht auf einer eindimensionalen Skala<br />
(positiv-negativ) abgebildet werden können. Zum<br />
anderen wurde Vollständigkeit nicht in dem Sinne<br />
angestrebt, dass einfach alles berücksichtigt werden<br />
sollte, sondern in dem Sinne, dass für die verschiedenen<br />
Perspektiven repräsentative Bewertungskriterien<br />
gesucht wurden.<br />
Von den Ergebnissen der Teilprojektgruppen der<br />
Projektbereiche 2 <strong>und</strong> 4 konnten die folgenden<br />
Kriterien in die Bewertung aufgenommen werden:<br />
'" Nutzungsflexibilität: Möglichkeit, Gebäudeteile<br />
<strong>und</strong> Innenräume anders als eigentlich vorgesehen<br />
zu nutzen<br />
'" Nutzungsmischung: Heterogenität der Mischung,<br />
Vorhandensein von Wohnraum, Versorgungseinrichtungen,<br />
Arbeitsplätzen, Hobby-, Kultur- <strong>und</strong><br />
Freizeitangebot, Gemeinschaftsräume, Verhältnis<br />
Tag/Nachtbevölkerung<br />
.. <strong>Umnutzung</strong>/Zwischennutzung: Verwendung bestehender<br />
Gebäude für neue Zwecke<br />
'" Gebäudeteiligkeit: Mass für die Gebäudegrösse<br />
(m 3 Innenraum pro m 2 Fassadenfläche)<br />
'" Standortaufwertung: Bevölkerungsstabilität; Entwicklung<br />
des Kreises 5 zu einem Stadtteil hin <strong>und</strong><br />
nicht in Richtung Güterumschlagsplatz zur Versorgung<br />
der Stadt<br />
'" Identifikation mit dem Quartier: soziale Aktivitäten,<br />
Anteil der pro Jahr umziehenden Bevölkerung<br />
'" Integration in den Kreis 5: Architektonische, planerische<br />
<strong>und</strong> soziale Einbindung des SEW-Areals<br />
in Wohn- als auch Industriegebiete des Kreises 5<br />
• Zugänglichkeit für verschiedene Gruppen: Durchmischung<br />
.der Bevölkerung, Kinderfre<strong>und</strong>lichkeit,<br />
verschiedene Mietpreisniveaus<br />
'" Verkehr/Erschliessung: Menge des privaten<br />
<strong>und</strong> öffentlichen Verkehrs im <strong>und</strong><br />
zum Areal, Anzahl Pendler, Rad- <strong>und</strong><br />
Fusswege im Areal, Einbindung des<br />
Areals in das städtische Fuss- <strong>und</strong> Rad-<br />
wegnetz, Art <strong>und</strong> Grösse der Fläche, die zum<br />
Abstellen von Individualverkehrsmitteln benötigt<br />
wird<br />
• Investitionsvolumen: In einen Quadratmeter Bruttogeschossfläche<br />
investierter Betrag (in sFr./m 2<br />
Bruttogeschossfläche)<br />
.. Nettorendite: Der Nettoertrag (Ertrag minus<br />
Unterhalt, Rückstellungen, Hypothekarzins, Verwaltungskosten)<br />
dividiert <strong>durch</strong> die totalen Investitionen<br />
(Anlagekosten)<br />
2.4.3 frhebllngsmerhoden<br />
Die Erhebung der individuellen Präferenzen für die<br />
Kriterien wurde mit zwei Methoden <strong>durch</strong>geführt:<br />
zum einen wurde die Gewichtung mit einem Fragebogen<br />
direkt ermittelt zum anderen wurde der paarweise<br />
Vergleich aller Kriterien miteinander in einer<br />
AHP-Matrix abgefragt. Dieses Vorgehen ermöglicht~<br />
es, den Einfluss der Methode auf das Ergebnis der<br />
Gewichtung abzuschätzen, <strong>und</strong> die Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der Methoden zu identifizieren.<br />
fragebogen<br />
Bei dieser Methode werden die aufgelisteten Kriterien<br />
einzeln <strong>und</strong> unabhängig voneinander auf einer<br />
Skala von 1 bis 10 hinsichtlich ihrer Wichtigkeit<br />
bewertet, wobei ein Eintrag von «10» bedeutet, dass<br />
das entsprechende Kriterium von sehr grosser Wichtigkeit<br />
ist, <strong>und</strong> ein Eintrag von «1», dass es von sehr<br />
untergeordneter Bedeutung ist. Abgefragt wurden<br />
auf einem Fragebogen die persönlichen Gewichtungen<br />
zu den oben erläuterten ökologischen <strong>und</strong><br />
sozio-ökonomischen Kri terien.<br />
AHP·Matrix (Analyrical Hierarchy Process)<br />
Die AHP-Methode wurde vom Mathematiker<br />
Thomas L. Saaty speziell für die Gewichtung von<br />
Kriterien in einem Entscheidungsprozess entwikkelt.<br />
Die Entwicklung der Methode war von der<br />
Erkenntnis motiviert, dass es dem Menschen im<br />
allgemeinen leicht fallt, zwei Kriterien miteinander<br />
bezüglich deren Wichtigkeit zu vergleichen. Sobald<br />
die Anzahl der zu bewertenden Kriterien aber über<br />
etwa sieben hinausgeht, verliert das menschliche<br />
Gehirn den Überblick.<br />
Zeilenkriterium<br />
sehr viel unwichtiger als<br />
. Spaltenkriterium<br />
2 3<br />
Zeilenkriterium<br />
gleich wichtig wie<br />
Spaltenkriterium<br />
Abb. 2.4.3 Skalierungdes Vergleichs zweier Kriterien.<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Zeilenkriterium<br />
sehr viel wichtiger als<br />
Spaltenkriterium<br />
9<br />
110 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____________________________________________Umsetzung<br />
Die von Saaty vorgeschlagene Methode basiert auf<br />
dem Prinzip des paarweisen Vergleichs. Alle möglichen<br />
paarweisen Kombinationen eines Kriteriensets müssen<br />
vom Befragten in einer Matrix auf einer Skala<br />
von «V9,' bis «9» bewertet werden (vgl. Abb. 2.4.3).<br />
Da es sich um eine symmetrische Matrix handelt,<br />
muss nur eine Hälfte ausgefüllt werden. Dabei<br />
werden die Zeilenkriterien relativ zu den Spaltenkriterien<br />
gewichtet.<br />
Ein Eintrag von «9» in die Zelle einer Matrix<br />
bedeutet dabei, dass das Zeilenkriterium von absolut<br />
übergeordneter Bedeutung gegenüber dem Spaltenkriterium<br />
ist. Ein Eintrag von
umsetzung:<br />
_<br />
Ziele Kriterien Anfordel'l.ll'lgen Ut.<br />
2.5 Ressourcenschonung Energie in Nutzungsphase SIA Energieverbrauchsempfehlungen: 25.a Umwandlungseffizienz<br />
6,7,<br />
beim Energieverbrauch<br />
- Zieiwerte erreichen für<br />
Neubauten<br />
erhöhen bei Geräten, Aniagen,<br />
Maschinen (z.B.Haustechnik,<br />
11<br />
- Sollwerte für Altbauten<br />
- Ziel- <strong>und</strong> Sollwerte senken<br />
(optimal: Niedrigenergiehaus)<br />
Haushaltsmaschinen..)<br />
25.b Wärmerückgewinnung<br />
Produktionsmaschinen,<br />
(Abwärmenutzung von Heizung,<br />
Lüftung, Prozesswärme)<br />
25.c erhöhte Wärmedämmung bei<br />
Fenster- <strong>und</strong> Wandstellen<br />
Abb. 3.1.2 Ausschnitt aus der Tabelle «Ziele, Kriterien, Anforderungen, Massnahmen - eine Übersicht» aus Abschnitt 5.<br />
von Zielen sowie den dazugehörenden Kriterien,<br />
Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen. Die Abbildung<br />
3.1.2 zeigt diese Zusammenstellung exemplarisch<br />
für das Ziel 2.5 «Ressourcenschonung beim Energieverbrauch».<br />
Die vollständige Tabelle für alle in der<br />
Abbildung 3.1.1 aufgeführten Ziele - die komplette<br />
ZKAM-Liste ...;. ist im Abschnitt 5 wiedergegeben:<br />
Das Werkblatt soll die Resultate unserer Synthesegruppenarbeit<br />
so darstellen, dass Personen aus der<br />
Baupraxis unsere Perspektiven verstehen <strong>und</strong> nutzen<br />
können.<br />
3.1.3 Verknüpfllng mit den Planungs- lind Bauphasen<br />
Der Zeitpunkt, zu welchem eine Massnahme in den<br />
Planungsprozess einbezogen wird, spielt oft eine<br />
entscheidende Rolle für ihre Machbarkeit, Wirksamkeit<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit. Die Verknüpfung der<br />
Massnahmen mit dem Ablauf des Planungs- <strong>und</strong><br />
Bauprozesses ist ein zentraler Bestandteil des Werkblattes<br />
(vgl. Abschnitt 5). In übersichtlicher Form<br />
wird hier dargestellt, welche Massnahmen zu weichem<br />
Zeitpunkt bedacht<br />
werden sollen.<br />
Die dort vorgelegte Darstellung<br />
ist als Massnahmencheckliste<br />
für jede<br />
Planungs- <strong>und</strong> Bauphase<br />
ausgelegt. Die Abgrenzung<br />
der Phasen entspricht dem<br />
SIA-Konzept «Leistungsmodell<br />
<strong>'95</strong>» (LM 95).<br />
3.1.4 Massllahmenellaluaticm<br />
Bei einer Evaluation werden<br />
Problemlösungsansätze unter<br />
verschiedenen Aspekten<br />
untersucht <strong>und</strong> abgewogen,<br />
sodass ein vernünftiger Entscheid<br />
getroffen werden<br />
kann. Ein solcher Vorgang ist<br />
in Abbildung 3.1.4.1 dargestellt.<br />
Für die Umsetzung<br />
von <strong>Umwelt</strong>zielen stellen<br />
IProblem I<br />
j<br />
IAbwägung I<br />
Entscheidung<br />
<strong>und</strong><br />
Implementation<br />
Abbildung 3.1.4.1 Der Ablaufder Evaluation.<br />
sich Probleme als Hindernisse auf dem Weg zum<br />
Erreichen eines angestrebten Zustandes dar.<br />
Die verschiedenen Lösungsansätze entsprechen<br />
den anzuwendenden <strong>Umwelt</strong>massnahmen. Für die<br />
in unserer ZKAM-Liste aufgeführten Massnahmen<br />
wurden die folgenden Gesichtspunkte bearbeitet:<br />
• Wirkung - Hier wird der Wirkungszusammenhang,<br />
d.h. Synergien oder Konflikte für jede einzeln<<br />
Massnahme im Hinblick auf weitere <strong>Umwelt</strong>ziele<br />
aufgeführt (In den Tabellen mit den Spalten «+»<br />
resp. «-» gekennzeichnet). .<br />
• Kosten - Abschätzung der Art des Aufwandes,<br />
welche mit der Umsetzung einer Massnahme verb<strong>und</strong>en<br />
ist.<br />
e Machbarkeit - Abschätzung der Durchführbarkeit<br />
(politisch, sozial, ökonomisch).<br />
Die drei Kriterien resp. ihre Aussagen werden <strong>durch</strong><br />
die Entscheidungsträger in die Abwägung miteinbezogen.<br />
Daraus resultiert dann die Entscheidung <strong>und</strong><br />
deren Implementation.<br />
Fazit: Unter dem Stichwort Fazit werden für Ziele<br />
<strong>und</strong> Massnahmen Einschätzungen aus unserer Sicht<br />
wiedergegeben, welche in<br />
Fazit<br />
die Abwägung einfliessen<br />
sollten.<br />
In Abb. 3.1.4.2 ist ein Auszug<br />
einer EvaluationstabelId<br />
wiedergegeben, die kompletten<br />
Tabellen sind im<br />
Abschnitt 5 zu finden.<br />
Selbstverständlich können<br />
gerade für einen komplexen<br />
Entscheidungsablauf, wie<br />
ihn ein realer Evaluationsprozess<br />
darstellt, nur relativ<br />
unspezifische Hinweise <strong>und</strong><br />
Vorschläge eingebracht werden.<br />
Ein Anspruch auf Vollständigkeit<br />
oder gebrauchsfertige<br />
Detaillierung wäre<br />
völlig unrealistisch. Es kann<br />
jedoch eine umfangreiche<br />
Liste vorgelegt werden, weiche<br />
eine orientierende Basis<br />
bietet.<br />
112 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________--'-<br />
umsetzung<br />
+<br />
Wirkung<br />
Kosten<br />
25.a Umwandlungseffizienz<br />
erhöhen<br />
- Minimierung des<br />
Energieverbrauches<br />
Entwicklungskosten,<br />
Forschungskosten, Substitutionskosten<br />
versus<br />
Kosten für Strom/Oei<br />
bedingt machbar (Forschung in<br />
dieser Richtung notwendig)<br />
25.b Wärmerückgewinnung - Luftqualität - Probiem oft Wärmeabzug,<br />
nicht Zufuhr (Bürogebäude)<br />
- TransporlVariuste<br />
InvestItionskosten versus<br />
Kosten für Strom/Oei<br />
Generell machbar, z.T.<br />
gesetzlich<br />
vorgeschrieben (KVA)<br />
25.c Erhöhte Wärmedämmung - Dach- <strong>und</strong><br />
bei Fenstem <strong>und</strong> Wänden Fassadenbegrünung<br />
- Schallpegel<br />
.....-- - -<br />
- Luftquaiität in innenräumen<br />
üe nach Materiai)<br />
- z.T. Verbrauch nicht<br />
erneuerbarer Ressourcen<br />
(z.B. Steinwolle)<br />
- Chemische Zusätze zur<br />
Bindung von Fasern<br />
Investitionskosten versus<br />
Kosten für Strom/Dei<br />
Generell machbar<br />
....__........-.0-- --........_--..............._- I,;-...-----...__-.....~<br />
Abb. 3.1.4.2 Ausschnitt aus den Tabellen «Evaluation» (vgl. Abschnitt 5).<br />
= Massnahme mitpositivem (unspezijischem) Wirkungszusammenhang; - = Massnahme mit negativem Wirkungszusammenhang (Konflikt).<br />
3.1.5 Eille detailliertere Evaluation:<br />
die Kostell·Wirksamkeitsalialyse<br />
Für eine Kosten-Wirksamkeitsanalyse wird<br />
wie folgt vorgegangen:<br />
• Erstellung einer Kaskade der Wirkungen<br />
im Hinblick auf ein Ziel.<br />
• Abschätzung der Kosten jeder Massnahme<br />
um bestimmte Wirksamkeit zu erreichen.<br />
• Graphische Darstellung der Resultate in<br />
einem Diagramm Kosten-Wirksamkeit.<br />
G<br />
Abschätzen der Machbarkeit für jede der<br />
Massnahmen.<br />
• Abwägung jeder Massnahme (Kosten<br />
Wirksamkeit, Machbarkeit).<br />
AbblUCh AOCkbau I Rückbau 11 ROCkbau m Demontage<br />
I~ Material t::::EE3 Transport ~ Aufwand -.-Total --h-- FanB<br />
Abb. 3.1.5.1 Der Aufwand der verschiedenen Rückbauvananten. Die Kurve Total<br />
jasst die drei Kostenarten zusammen. Der Fall B zeigt den Aufwandsverlaujbei einem<br />
Deponiepreis von 180 Fr/m 3 an Stelle von 120 Fr/m3.<br />
Beispiel 1 - Materialtrelillulig beim Rückbau<br />
Die folgenden Überlegungen basieren auf den im<br />
Teilprojekt 1.5 «Abfall <strong>und</strong> Recycling» gemachten<br />
Methode<br />
Vorgehen<br />
kompletter Das Gebäude wird abgerissen, in «Säcke» gepackt <strong>und</strong><br />
Abbruch....... . entsorgt. ..<br />
Rückbau I Ziegel, ein kleiner Teil des Holzes u. Metalles, sowie<br />
ein sehr kleiner Teil der Inertmaterialien weden separat<br />
.....~ntsorgt ..<br />
Rückbau 1I alle Ziegel, ein Teil des Metalles, des Holzes <strong>und</strong> des<br />
Betons werden . .... wiederverwertet. ..<br />
Rückbau 111 Alle Ziegel, alles Metall wird der Verwertung zugeführt,<br />
nur ein kleiner Teil des Holzes <strong>und</strong> der Intertstoffe<br />
..........................werdenals Bausperrgutabgeführt..<br />
Demontage das Gebäude wird soweit technisch möglich in die<br />
Einzelkomponenten zerlegt.<br />
Tab. 3.1.5.1 Übersicht der verschiedenen Rückbaumethoden.<br />
Berechnungen, welche an dieser Stelle zusammengefasst<br />
dargestellt werden.<br />
Für die Berechnungen des Aufwandes eines Rückbaus<br />
wird von einem fiktiven Gebäude (Volumen<br />
<strong>und</strong> Materialien) ausgegangen, dessen Materialien<br />
auf unterschiedliche Art <strong>und</strong> Weise (Entsorgungspfade)<br />
entsorgt werden. Die Tab. 3.1.5.1 gibt einen<br />
Überblick über die betrachteten Rückbaumethoden;<br />
die Berechnungen sind in Tab. 3.1.5.2 (siehe nächste<br />
Seite) wiedergegeben.<br />
Der Aufwand der unterschiedlichen Rückbauvarianten<br />
sind in Abb. 3.1.5.1 dargestellt. Die Varianten<br />
Rückbau I <strong>und</strong> II schneiden kostenmässig am günstigsten<br />
ab.<br />
Es wird deutlich, dass die grösste ökologische<br />
Wirksamkeit (die Demontage) die höchsten Kosten<br />
fordert. Bei dieser Rechnung ist der enorme Arbeitsaufwand<br />
dafür verantwortlich.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 113
umsetzung<br />
_<br />
Gebäude Kosten AiJbl'Ucli Rückbau i Rückbau ii Rückbau m Demontage<br />
Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag Menge Betrag<br />
[m 3 ] [Fr/m 3 ] [m 3 ] [Fr] 1m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr] [m 3 ] [Fr]<br />
Materialien<br />
Holz 300 variabel" 150 33'000 250 25'000 250 15'000 300 9'000<br />
Metall 50 -250 20 -5'000 30 -7'500 40 -10'000 50 -12'500<br />
ZIellei.. 50 30 ••• 20 600 50 1'500 50 1'500 50 0<br />
Beton/Backstein 30 400 12'000 500 15'000 60 1'800<br />
Backstein 200 30 ••• 150 4'500 200 0<br />
Beton 350 5 300 1'500 350 1'750<br />
Restwertstoffe • 50 -10 50 -500<br />
Bausperrgut 120 1'000 120'000 410 49'200 170 20'400 150 18'000<br />
Total Material 120'000 89'800 54'400 32'300 -2'250<br />
TrallSport<br />
Deponie .. 22 1'000 22'000 830 18'260 720 15'840 710 15'620<br />
andere Abfälle 10 170 1'700 280 2'800 290 . 2'900 1000 10'000<br />
Total Transport 22'000 19'960 18'640 18'520 10'000<br />
Arbeits'Aufwand 50'150 70'210 100'300 150'450 : 300'900<br />
Totaler Aufwand 192'150 179'970 173'340 201'270 308'650<br />
Tab. 3.1.5.2 Gebäudedaten <strong>und</strong>Au/wandsberechnungen für die verschiedenen Rückbauvarianten (Quellen: mündliche Auskünfte diverser Anbieter).<br />
Für die Daten der Tab. 3.1.5.2 sindfolgende Punkte zu beachten:<br />
- : Die Kosten mit negativem Vorz.eichen bedeuten Erträge!<br />
" : Die Restwertstoffe setzen sich zusammen aus Glas, Teppich, Dachpappe <strong>und</strong> Installationen.<br />
*'" : Für Holz gelten diefolgenden Kostenansätze: Verbrennung in KVA (220.- Fr./m 3 ), Verbrennung im Betonwerk (60.- Fr./m 3 ), Verarbeitung im Spanplattenwerk<br />
(4.- Fr./m3). Für die verschiedenen Abbruchmethoden wurden <strong>durch</strong>schnittliche Kosten fifr die Holzentsorgung angegeben. Diese Kosten<br />
nehmen vom vollständigen Abbruch bis zur Demontage stark ab.<br />
"*'": Bei der Demontage bleiben Ziegel <strong>und</strong>Backsteine ganz <strong>und</strong>können kostenneutral weiterverwendet werden.<br />
Geordneter Rückbau eines industriellen Gebäudes (Teilprojekt 1.5).<br />
Das Fazit ist, dass der<br />
Markt noch die falschen<br />
Signale gibt. Anzustreben<br />
wäre heute die Variante<br />
Rückbau In. Eine der sensitiven<br />
Grössen im ganzer.<br />
System ist der Deponieannahmepreis<br />
für Bausperrgut.<br />
In der Abb. 3.1.5.1 sind<br />
die Gesamtkosten der verschiedenen<br />
Möglichkeiten<br />
bei einem Deponiepreis von<br />
180 statt 120 Fr./m 3 ebenfalls<br />
eingezeichnet <strong>und</strong> mit<br />
Fall B bezeichnet. Man erkennt,<br />
dass die Kurve stärker<br />
konkav gekrümmt ist.<br />
Allerdings wird eine Än·<br />
derung nur dieser Grösse<br />
alleine noch nicht den gewünschten<br />
Erfolg bringen;<br />
es wird aber deutlich, wie<br />
die Preise das gesamte<br />
System steuern können.<br />
114<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________umsetzung<br />
Beispiel 2 - Sanierung von Altlasten<br />
Altlasten<br />
Altlasten sind mit Schadstoffen belastete Standorte<br />
von Ablagerungen, Anlagen <strong>und</strong> Unfällen, für die<br />
nachgewiesen ist, dass sie zu schädlichen oder lästigen<br />
Einwirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> führen oder bei<br />
denen die Gefahr besteht, dass solche Einwirkungen<br />
entstehen (BUWAL, 1994).<br />
Anlagen stellen ehemalige Industriegelände, z.B.<br />
stillgelegte Produktionsanlagen oder z.B. frühere<br />
Gaswerkstandorte dar.<br />
Zwischen dem Begriff Altlasten <strong>und</strong> Verdachtsstandort<br />
muss unterschieden werden. Die Altlastendefinition<br />
beinhaltet, dass ein Standort erst dann als<br />
Altlast bezeichnet wird, wenn Schadstoffe die <strong>Umwelt</strong><br />
belasten. Verdachtsstandorte stellen hingegen<br />
Standorte dar, von denen vermutlich eine Belastung<br />
Jr die <strong>Umwelt</strong> ausgeht, ein entsprechender Nachweis<br />
aber nicht vorliegt<br />
Die Zahl der Altlastenverdachtsflächen wird in der<br />
Schweiz auf r<strong>und</strong> 40'000 geschätzt (BUWAL, 1994),<br />
wovon etwa 12'200 auf den Kanton Zürich entfallen<br />
(AGW, 1993).<br />
Die Altlastenbearbeitung im Kanton Zürich<br />
Im Kanton Zürich sind aufgr<strong>und</strong> der zahlreichen<br />
Industriestandorte bzw. Probleme mit verunreinigtem<br />
Aushub bei Bauprojekten schon zu einem<br />
frühen Zeitpunkt erste Massnahmen zum Umgang<br />
mit Altlasten eingeleitet worden. Bereits 1988 wurde<br />
im Kantonsrat beschlossen, flächendeckend Verdachtsstandorte<br />
<strong>und</strong> bekannte Altlasten im Kantonsgebiet<br />
zu erfassen. 1993 wurde von der Direktion der<br />
öffentlichen Bauten des Kantons Zürich zusammen<br />
mit dem Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau<br />
(AGW) eine Konzeption zur systematischen Bearbeitung<br />
von Altlasten erstellt, die auch eine Zusammenstellung<br />
der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen beinhaltet<br />
(AGW, 1993; AGW, 1995; Abfallgesetz des Kantons<br />
Zürich vom 25. September 1994). Die im Kanton<br />
Zürich gesetzlich spezifizierten Ziele für die Sanierung<br />
von Altlasten wurden von Suter vorgestellt.<br />
SEW <strong>und</strong>Altlasten<br />
Für die Altlastenproblematik des SEW-Areals sind<br />
einerseits die langjährige industrielle Nutzung mit<br />
den einhergehenden Ablagerungen aufdem Gelände<br />
sowie andererseits die hydrogeologischen Standortverhältnisse<br />
von Bedeutung.<br />
Das Areal der SEW AG wird seit etwa 100 Jahren<br />
industriell genutzt. Durch die verschiedenen Aushub-<br />
<strong>und</strong> Bautätigkeiten sowie Aufschüttungen auf<br />
dem Areal finden wir heute in einer Tiefe von bis<br />
zu 3 m vorwiegend anthropogene Ablagerungen, wie<br />
Die Bearbeitung von Altlasten<br />
Die Bearbeitung der Altlastenproblematik kennzeichnet<br />
sich <strong>durch</strong> ein vielschichtiges <strong>und</strong> komplexes<br />
Aufgabenfeld, welches Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen<br />
in unterschiedlichen Wissensgebieten<br />
voraussetzt.<br />
Die Sanierung einer<br />
Altlast, sei es <strong>durch</strong> Dekontaminations-,<br />
Sicherungsoder<br />
hydraulische Massnahmen,<br />
umfasst vielfältige<br />
Aufgaben auf technischer<br />
2bene. Das Sanierungsverfahren<br />
soll u.a. für die Boden-<br />
<strong>und</strong> Schadstoffartgeeignet<br />
sein, eine möglichst<br />
grosse Wirksamkeit der<br />
Gefahrenreduktion bei geringem<br />
technischen Risiko<br />
aufweisen, eine umweltverträgliche<br />
Sanierung ermöglichen,<br />
ohne eine Problemverlagerung<br />
darzustellen,<br />
sowie einen möglichst geringen<br />
Zeitbedarf beanspruchen.<br />
Auf ökonomischer<br />
Ebene sind entsprechend<br />
Fragestellungen der Massnahmeneffizienz<br />
sowie der<br />
Kosten eines Sanierungsprojektes<br />
zu bearbeiten. Beispiel einer Altlastenaufbereitung (Eberhard Recycling AG, Rümlang).<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 115
Umsetzung<br />
_<br />
z.B. Bauschutt, Abbruchmaterial, Ziegel, Beton,<br />
Schlacke. Im östlichen Teil des Areals wurde zur<br />
Niveauregulierung der Terrainoberfläche vorwiegend<br />
unverschmutzter Aushub des Lettentunnels,<br />
im westlichen Teil hingegen Bodenmaterial, vermischt<br />
mit Giessereisanden <strong>und</strong> -schlacken <strong>und</strong><br />
Bauschutt, verwendet. Aus der Nutzungsgeschichte<br />
ergaben sich vielfältige Hinweise, welche Produktionsprozesse<br />
<strong>und</strong> -bereiche für eine erste Erk<strong>und</strong>ung<br />
der Verdachtsfläche relevant sein könnten <strong>und</strong><br />
welche Art von Boden- bzw. Gr<strong>und</strong>wasserverunreinigungen<br />
aufgr<strong>und</strong> der verwendeten Roh-, Hilfs- <strong>und</strong><br />
Betriebsstoffe zu erwarten sind. Aus der Literatur<br />
können für branchenspezifische Produktionsprozesse<br />
Angaben über das zu vermutende Schadstoffspektrum<br />
entnommen werden. Beispielsweise<br />
sind bei Standorten der Eisen-, Stahl- <strong>und</strong> Tempergiesserei<br />
sowohl anorganische Bodenkontaminationen<br />
<strong>durch</strong> Schwermetalle (Arsen, Cadmium,<br />
Mangan, Quecksilber, Zinn) <strong>und</strong> Cyanide als auch<br />
organische Verunreinigungen <strong>durch</strong> Phenole oder<br />
polyaromatische Kohlenwasserstoffe zu erwarten<br />
(DBA, 1986).<br />
Das Areal befindet sich in der Talsohle des zürcherischen<br />
Limmattales, welches in geologischer Hinsicht<br />
<strong>durch</strong> die Gletscherablagerungen der Würmeiszeit<br />
geprägt ist. Über der Gr<strong>und</strong>moräne befinden<br />
sich vorwiegend Sand~ <strong>und</strong> Kiesschichten, worin einzelne<br />
Silt- <strong>und</strong> Sandschichten eingeschlossen sind.<br />
Die sandigen Kiese des Limmattalschotters stellen<br />
einen sehr gut <strong>durch</strong>lässigen Gr<strong>und</strong>wasserleiter dar.<br />
Die mittlere Gr<strong>und</strong>wassermächtigkeit liegt auf dem<br />
Areal bei r<strong>und</strong> 15 m. Die Lage des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels<br />
wird <strong>durch</strong> das Regime der Limmat diktiert<br />
<strong>und</strong> liegt im Mittel bei etwa 4.5 munter Geländeoberkante.<br />
Da das Areal inmitten eines intensiv<br />
genutzten Gr<strong>und</strong>wassergebietes liegt, kommt dem<br />
Schutz des Gr<strong>und</strong>wassers besondere Bedeutung zu.<br />
Ausgehend von den Synthesegruppen wurden zu<br />
Beginn des Teilprojekts Altlasten folgende 5 Fragestellungen<br />
formuliert:<br />
1.Welche Belastungssituation liegt vor? (Analyse des<br />
Ist-Zustandes)<br />
2. Welche geeigneten Massnahmen zur Sanierung<br />
der kontaminierten Böden gibt es?<br />
3.Wie beeinflussen die Altlasten die Umsetzung<br />
der 4 Varianten?<br />
4.Wurden die Altlasten bei der Entstehung des<br />
Gestaltungsplanes berücksichtigt?<br />
5. Wie können zukünftige Altlasten vermieden werden?<br />
Die Analyse des Ist-Zustandes der Belastungssituarion<br />
auf dem Standort konnte sich auf verschiedene<br />
Bodenuntersuchungen, die bei einzelnen Baumassnahmen<br />
auf dem Standort <strong>durch</strong>geführt wurden <strong>und</strong><br />
auf Gutachten zur Einschätzung möglicher verunrei-<br />
nigter Aushubkubaturen stützen. Die vorhandenen<br />
Daten wurden uns vom Amt für Gewässerschutz<br />
<strong>und</strong> Wasserbau <strong>und</strong> der Sulzer-Escher Wyss AG zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
Da die Untersuchungen zum Zeitpunkt der <strong>Fallstudie</strong><br />
noch nicht abgeschlossen waren, stand uns<br />
kein vollständiger Datensatz zur Verfügung. Ebenso<br />
waren noch keine Sanierungsziele festgelegt worden.<br />
In dieser Situation mussten für unsere Berechnungen<br />
verschiedene Annahmen über Art, Menge <strong>und</strong><br />
Umfang der Altlast getroffen werden. Unsere Annahmen<br />
<strong>und</strong> Abschätzungen werden hier nicht explizit<br />
wiedergegeben, damit das laufende Altlastenbearbeitungsverfahren<br />
nicht beeinflusst wird.<br />
Die Ergebnisse der verschiedenen Voruntersuchungen<br />
wurden zunächst zusammengefasst, um<br />
eine grobe Übersicht zu Art, Menge <strong>und</strong> geschätzter<br />
räumlicher Ausdehnung der kontaminierten Bereiche<br />
zu erhalten. Es wurde unterschieden zwischei<br />
bebauter, versiegelter <strong>und</strong> freier Fläche. Unter der<br />
Annahme, dass lediglich verschmutzter Aushub aus<br />
Bautätigkeiten <strong>und</strong> die Bodenvolumina der Freiflächen<br />
einer Sanierung zugeführt werden müssen,<br />
wurden für jede der vier Varianten die zu behandelnden<br />
Volumina abgeschätzt. Diese Daten wurden in<br />
die Ökobilanzierung der Varianten einbezogen.<br />
Die Evaluation von geeigneten Sanierungsvarianten<br />
setzt das Vorliegen einer Risikoanalyse sowie<br />
eine Festlegung der Sanierungsziele voraus. Für<br />
unsere Berechnungen wurden qualitative Überlegungen<br />
zur Gefährdungssituation für die einzelnen<br />
Altlastenbereiche (vgl. Zonen des Gestaltungsplanes)<br />
angestellt sowie eine hypothetische Festlegung<br />
der Sanierungsziele unter Berücksichtigung der<br />
geplanten Nutzung bzw. der Kaskade der Sanierungszie1e<br />
vorgenommen.<br />
Um einen Vorschlag für Sanierungsvarianten vornehmen<br />
zu können, wurden drei unterschiedlich(<br />
Sanierungsverfahren vor Ort besichtigt: Biologische<br />
Sanierung im Mietenverfahren, Bodenluftabsaugung<br />
<strong>und</strong> Bodenwaschanlage. Die Eignung <strong>und</strong> Kosten<br />
der Verfahren für verschieden relevante Schadstoffe<br />
wurden grob zusammengestellt (Tab. 3.1.5.3). Auf<br />
dieser Basis konnte für die einzelnen Zonen des<br />
SEW-Areals eine hypothetische Kostenhochrechnung<br />
zum relativen Vergleich der Varianten realisiert<br />
werden. Diese Daten fanden Eingang in das Teilprojekt<br />
Promotion (Renditeberechungen).<br />
Der Betrag der geschätzten Sanierungskosten war<br />
für uns von sek<strong>und</strong>ärer Bedeutung, primär konnte<br />
aufgezeigt werden, welche Bearbeitungstiefe erforderlich<br />
ist <strong>und</strong> welche Aspekte wichtig sind, um eine<br />
Grössenordnung der Sanierungskosten ermitteln zu<br />
können.<br />
Die vierte <strong>und</strong> fünfte Fragestellung wurden im<br />
Teilprojekt nur in allgemeiner Form bearbeitet.<br />
116<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____________________________________________umsetzung<br />
SCbadstoffart<br />
Kosten'<br />
llebandlungsvarianle Schwer· PAK KW CKW (Fr./t)<br />
metalle<br />
Bodenluftabsaugung nein nein ja ja 100-150<br />
Bodenwäsche ja ja ja ja 300-500 b<br />
Biologische Sanierung nein (ja) c ja nein 100-250<br />
Thermische Behandlung ja d ja ja ja d 200-500 e<br />
Deponierung ja ja ja ja 90 (Reaktor D)<br />
Tab. 3.1.53 Eignung <strong>und</strong> Kosten von Saniemngsveifahren für verschiedene SchadsfOffgmppen.<br />
a<br />
b<br />
C<br />
d<br />
c<br />
Die Zahlen umfassen nurBehandlungskosten ohne Zusatzkosten<br />
wie Transport, Entsorgungsgebühren, Analytik dc.<br />
Die Behandlungskosten sind stark abhängig von: Schadstoffkonz.,<br />
Materialmenge, Behandlungsdauer, Bodenart,<br />
Reinigungszielen.<br />
Kosten inkl. Entsorgung der Reststoffe sowie Wiederverwertung<br />
bzw. Deponierung des behandelten Materials<br />
PAK mit mehr als 4 Ringen sindeinem biologischen Abbau<br />
nur schwer zugänglich.<br />
Einschliesslich Rauchgasreinigung <strong>und</strong> Entsorgung von<br />
Verbrennungsrockständen<br />
Kosten exil. Entsorgung des behandelten Materials<br />
Bemerkenswert war jedoch die Aussage in einem<br />
Interview, dass die Altlastensituation auf dem Sulzer<br />
Eseher Wyss-Areal keinen Einfluss auf die Entstehung<br />
des Gestaltungsplanes hatte.<br />
Zur Vermeidung zukünftiger Altlasten wurde der<br />
echtliche Rahmen <strong>und</strong> die daraus folgenden Konsequenzen<br />
für Produktion <strong>und</strong> Errichtung neuer<br />
Deponien näher beleuchtet.<br />
Kosten- Wirksamkeitsanalyse an einem Beispiel<br />
Je nach Aufwand, den man betreibt, sind verschiedene<br />
Ziele erreichbar - die Sanierung der Altlasten<br />
kann unterschiedlich wirksam erfolgen. Für den<br />
Kanton Zürich lassen sich (gestützt auf den Leitfaden<br />
für die Altlastensanierung des Amtes für<br />
Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau in Zürich, AGW,<br />
1993) vier verschiedene Stufen der .Wirksamkeit unterscheiden:<br />
A. Wiederherstellung des natürlichen Stoffhaushaltes<br />
B. Wiederherstellung aller potentiellen Nutzungsmöglichkeiten<br />
C. Erhalten der aktuellen Nutzungsmöglichkeiten<br />
D. Nutzungseinschränkungen<br />
Dabei ist anzumerken, dass das AGW prinzipiell an<br />
alle Betroffenen die Anforderung A, d.h. die Wiederherstellung<br />
des natürlichen Stoffhaushaltes, richtet.<br />
Es ist dann am Betroffenen zu begründen, warum<br />
dies im speziellen Falle nicht möglich ist (Wirtschaftliche<br />
Tragbarkeit etc.).<br />
Um eine Grössenordnung der Kosten für die Erreichung<br />
der vier Stufen zu erhalten, gehen wir von der<br />
folgenden, fiktiven Altlast aus:<br />
• Grösse 100'000 m 3 , auf einer Fläche von 30'000 m 2<br />
• Zusammensetzung: 60% Giessereisande, 25%<br />
Inertstoffe (Bauschutt, Ziegel, unverschmutzter<br />
Beton, Schotter), 10% Sonderabfälle (wie z.B. Chemieabfälle,<br />
Mischkontamination), 5% verschmutzter<br />
Beton. Entsprechend dieser Materialzusammensetzung<br />
wird eine Kontamination mit<br />
Schwermetallen, Kohlenwasserstoffen (KW), chlorierten<br />
Kohlenwasserstoffen (CKW) <strong>und</strong> polycy-<br />
klierten aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)<br />
angenommen.<br />
Im folgenden werden mögliche Sanierungsmassnahmen<br />
kurz beschrieben. Die Arbeiten sind in Stichworten<br />
aufgeführt <strong>und</strong> mit einer Aufwandsschätzung<br />
versehen.<br />
A. Wiederherstellung des natürlichen Stoffhaushaltes<br />
Das Material wird vollständig ausgehoben, abtransportiert<br />
<strong>und</strong> deponiert. Die Grube auf dem Gelände<br />
wird mit Wandkies aufgefüllt <strong>und</strong> mit einer Rekultivierungsschicht<br />
versehen.<br />
Kostenscl!ätzung<br />
Aushubarbeiten 1000 Maschinentage ä 1500.- 1.5 Mio.<br />
Transport<br />
5600 LKW-Fahren (18 m 3 ), 7Fahrten/d<br />
ergibt 800 Maschinentage ä 1400.- 1.1 Mio.<br />
Deponiegebühren 100'000 * 90.- 9.0 Mio.<br />
Wandkies 100'000 * 30.- 3.0 Mio.<br />
Rekultivierung 30'000 m 2 1.2 Mio.<br />
Total<br />
B. Wiederherstellung aller potentiellen Nutzungsmöglichkeiten<br />
Bi. Bodenwäsche für Entgiftung der Giessereisande,<br />
unter der Annahme, dass dieses Material auch<br />
waschbar ist. Inertstoffe werden vor Ort belassen.<br />
Der Sonderabfall <strong>und</strong> der verschmutzte Beton werden<br />
abgeführt <strong>und</strong> deponiert.<br />
Kostenscbätzullg<br />
Aushub,<br />
Triagierung<br />
Bodenwäsche<br />
Deponiegebühren<br />
. ..<br />
Abdeckung,<br />
Rekultivierung .<br />
Total<br />
2500 Maschinentage ä 1500.-<br />
60'000 m 3 bei 400.- pro Tonne<br />
(0=.5 t/m 3 )<br />
15'000 * 90.-<br />
30'000 m 2<br />
15.8l\fio.<br />
3.8 Mio.<br />
36.0 Mio.<br />
1.4 Mio.<br />
2.2 Mio.<br />
43.4 Mlo.<br />
B2. «Entfrachten" des Altlastenmaterials <strong>durch</strong><br />
Triagierung vor Ort. Verfüllung der Aushub- <strong>und</strong><br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 117
umsetzung<br />
_<br />
Inertmaterialien vor Ort. Der Rest (Giessereisande,<br />
Sonderabfall, verschmutzter Beton) wird abgeführt<br />
<strong>und</strong> deponiert. Das Restvolumen wird mit Inertmaterial<br />
aus dem Abbruch auf dem Gelände, allenfalls<br />
noch mit Wandkies, weiter aufgefüllt.<br />
Kaskade der<br />
Wirksamkeit<br />
niedrige Wirksamkeit<br />
bish
---------------------------- -Umsetzung<br />
Die Umsetzung von Massnahmenvorschläge soll<br />
dazu führen, dass auf die Ges<strong>und</strong>heit schädlich<br />
wirkende Bauzusatzstoffe vermieden werden. Zukünftige<br />
Bauherren müssen darauf aufmerksam<br />
gemacht werden, dass im Rahmen der Wandlung des<br />
SEW-Areals von einem Industriegebiet zu einem<br />
Mischnutzungsareal ges<strong>und</strong>heitliche Aspekte stark<br />
an Bedeutung gewinnen. Die folgenden Massnahmen<br />
stehen im Vordergr<strong>und</strong>:<br />
e Giftklassefreie Baustoffe (11.a). Giftklassefrei wird<br />
hier so interpretiert, dass eine ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigung<br />
ausgeschlossen werden kann.<br />
e Formaldehydfreie Baustoffe (11.b). Formaldehyd<br />
in Baustoffen verursacht Ges<strong>und</strong>heitsprobleme<br />
(wie z.B. Kopfschmerzen). Wichtig sind dabei aber<br />
nicht die Einzelemissionen, sondern die Immissionskonzentration.<br />
e Baustoffe mit selbstständiger Regulierung des<br />
Innentaumklimas (11.c). Hier verweisen wir auf<br />
die SIA-Norm 382.<br />
Erträglicher Schallpege! (Ziel 1.2)<br />
Um die Anwendung von Schallschutzfenstern (l2.b)<br />
wird bei einer <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals niemand<br />
herumkommen. Mit dem Ziel der Einhaltung der<br />
Grenzwerte der Lärmschutzverordnung <strong>und</strong> damit<br />
der Erhöhung der Lebensqualität für die Nutzer<br />
muss eine weitestgehende arealinterne Verkehrsbeschränkung<br />
(l2.d) angestrebt werden. Insbesondere<br />
die Wohnräume sollten von den stark befahrenen<br />
arealexternen Verkehrsachsen abgekehrt angeordnet<br />
sein. Unter aeralinterner Verkehrsbegrenzung verstehen<br />
wir:<br />
e Nur eine Zubringerstrasse (möglichst nicht <strong>durch</strong>gehend)<br />
e Arealerschliessung mit ÖV (Trolleybusse)<br />
e Privatparkplätze aeralextern <strong>und</strong>/oder an den<br />
Aeralgrenzen schaffen<br />
e Emissionsfreie Alternativ-Individualverkehrsstrukturen<br />
wie Fussgänger- <strong>und</strong> Veloachsen (Arealeigener<br />
Veloverleih; vgl. Gratis-Veloverleih in der<br />
City)<br />
Architektur <strong>und</strong>Ästhetik (Ziel 1.6)<br />
Da die Wahl der Baumaterialien <strong>und</strong> vieler Konstruktionsarten<br />
funktions- <strong>und</strong> nutzungsunabhängig<br />
ist, postulieren wir, dass die Bandbreite der Ästhetik<br />
<strong>durch</strong> die Anwendungsbereiche ökologisch vertretbarer<br />
Baumaterialien definiert wird.<br />
lielbereich Natürlicher Stoffhaushalt/Minimale<br />
<strong>Umwelt</strong>belastung<br />
Ressourcenschonung bei der Materialherstellung (Ziel 2.3)<br />
Über die Verwendung von Materialien lassen sich<br />
zusammengefasst folgende Aussagen machen:<br />
• Einsatz erneuerbarer Materialien (21.b, 23.a). Es<br />
ist sinnvoll, Kunststoffe nur dort zu verwenden, wo<br />
heute noch keine Ersatzmaterialien auf der Basis<br />
regenerierbarer Ressourcen zur Verfügung stehen.<br />
Ausserdem ist der Verbrauch an bauchemischen<br />
Produkten auf petrochemischer Basis (z.B. synthetische<br />
Lösungsmittel <strong>und</strong> Kunstharze in Farben,<br />
Lacken, Klebern <strong>und</strong> Dichtungsmassen)einzuschränken.<br />
• Langlebige Baumaterialien (23.c). Unter den klimatischen<br />
Bedingungen in Zürich tragen witterungs-<br />
<strong>und</strong> hitzebeständige Materialien wesentlich<br />
zu einer Verlängerung der Lebensdauer von<br />
Bauten bei. Eine längere Lebensdauer hilft, die<br />
Menge an anfallendem Bauabfall zu verringern.<br />
Die Lebenserwartung verschiedener Bauteile<br />
sollte aufeinander abgestimmt werden (z.B. keine<br />
Kunststoffrohre in Betongeschossdecken einbetonieren,<br />
da Kunststoff die geringere Lebenserwartung<br />
hat als Beton).<br />
EI Baustoffe mit geringer grauer Energie (23.e). Für<br />
den Primärenergieverbrauch (Energie für Bereitstellung<br />
<strong>und</strong> Transport der Rohstoffe sowie die<br />
Herstellung des Baustoffes) der wichtigsten Baustoffe<br />
<strong>und</strong> Baumaterialien liegen Schätzungen vor<br />
(Krutsche, 1982). Diese Unterlagen sind bei der<br />
EI<br />
Auswahl der Baustoffe miteinzubeziehen.<br />
Geringe Komplexität (23.f). Eine gerInge Komplexität<br />
der Bauten (einfache Strukturen) erleichtert<br />
den späteren Um- <strong>und</strong> Rückbau sowie das Trennen<br />
der Bauabfälle. Damit werden die Rückbau- <strong>und</strong><br />
Entsorgungskosten gesenkt.<br />
e Materialtrennung nach Stoffklassen (23.g) beim<br />
Rückbau: Es ist eine möglichst weitgehende Trennung<br />
der Stoffe anzustreben. Dies verringert den<br />
Ressourcenverbauch <strong>und</strong> reduziert die Abfallmenge.<br />
Der Aufbereitungsaufwand ist für jede betrachtete<br />
Ressource zu berücksichtigen. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ist der Einsatz von Recyclingmaterial (23.i) dort<br />
anzustreben, wo kein Gr<strong>und</strong>wasser gefahrdet ist.<br />
Ressourcenschonung bei der Energieproduktion (Ziel 2.4)<br />
Bezüglich des SEW-Areales können die folgenden<br />
Aussagen gemacht werden:<br />
EI Photovoltaik (21.a, 24.d). Bei totaler Dachbedekkung<br />
<strong>und</strong> maximaler Südfassadenbedeckung sind<br />
theoretisch bis 60% des totalen Elektrizitätsbedarfes<br />
auf dem SEW-Areal <strong>durch</strong> Photovoltaik<br />
abdeckbar. Es ergibt sich aber ein Widerspruch<br />
zur Dachbegrünung. Die Kosten (siehe Kriterium<br />
Rendite <strong>und</strong> Investitionskosten) sind beträchtlich.<br />
Bei einer Optimierung zwischen Dachbegrünung,<br />
Kosten, Warmwassererzeugung <strong>und</strong> ökologischer<br />
Elektrizitätsproduktion können mit den vorhandenen<br />
Rahmenbedingungen ca. 10% des elektrischen<br />
Bedarfes <strong>durch</strong> Photovoltaik gedeckt werden.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
119
urnsetzung<br />
_<br />
Nicht zu vernachlässigen ist dabei die Signal<br />
Wirkung (Standortaufwertung), allerdings ist mit<br />
dieser Technik auch ein beträchtlicher Wartungsaufwand<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
e Warmwassererzeugung <strong>durch</strong> Sonnenkollektoren<br />
(21.a, 24.c) ist in der Stadt Zürich möglich, da eine<br />
genügend lange Sonnenscheindauer vorhanden ist.<br />
Wegen tiefen Wintertemperaturen müssen allerdings<br />
(ökologisch unbedenkliche!) Frostschutzmittel<br />
benutzt werden.<br />
e Sämtliche Massnahmen für eine Wärmeerzeugung<br />
ohne fossile Brennstoffe sind für das SEW-Areal<br />
nicht relevant, da auf dem Gelände genügend<br />
Wärme produziert wird. Die Wärme-Kraft-Koppelung<br />
(24.e) ist dabei geeignet, die ohnehin anfallende<br />
Abwärme der industriellen Produktion zu<br />
nutzen. So können auch die Transportverluste<br />
klein gehalten werden. Sollte dies wider erwarten<br />
nicht ausreichen, so kann von der nahegelegenen<br />
KVA Josephstrasse genügend Fernwärme (24.a)<br />
bezogen werden.<br />
Ressourcenschonung beim Energieverbrauch (Ziel 2.5)<br />
Folgenden Punkten ist im Hinblick auf die Nutzung<br />
bei der Planung Rechnung zu tragen:<br />
Oll Umwandlungseffizienz (25.a). Bei der Anschaffung<br />
von Geräten ist auf eine hohe Energieeffizienz zu<br />
achten. Geräte mit Energiesparmodus (Abschaltfunktion)<br />
sind zu bevorzugen. Bei den Produktions-<br />
sowie Heizungsanlagen ist eine hohe<br />
Umwandlungseffizienz erwünscht. Wärme- <strong>und</strong><br />
Kälteleitungen sind optimal zu isolieren.<br />
• Wärmerückgewinnung (25.b). Bei Produktionsmaschinen<br />
sollte die Abwärme so gut wie möglich<br />
genutzt werden, z.B. zur Raumheizung. Lüftungswärme<br />
sollte ebenfalls zurückgewonnen werden,<br />
wobei ein Wirkungsgrad von mindestens 50%<br />
anzustreben ist.<br />
Oll Erhöhte Wärmedämmung (25.c). Eine erhöhte<br />
Wärmedämmung sollte vorgesehen werden in<br />
Gebäuden mit wenig internen Lasten (Personen,<br />
Maschinen, Geräte). Bei grossen internen Lasten,<br />
wie z.B. in Computerräumen, ist nach dem Gr<strong>und</strong>satz<br />
«Wärmeableitung statt aktive Kühlung» zu<br />
planen. Die Wärmedämmung in Nordorientierung<br />
sollte bei massiver Bauweise erhöht werden.<br />
Erhöhte Fensterisolation (verbesserter k-Wert)<br />
erniedrigt gleichzeitig die Transmission von Sonnenlicht.<br />
Es ist daher eine Optimierung vorzunehmen.<br />
Oll Die Passivnutzung von Solarenergie (25.e) kann auf<br />
dem Areal in vielfacher Weise verwirklicht werden.<br />
Die Anordnung der Gebäude nach Süden (Hardbrücke)<br />
ist für Gebäu
__________________________________________urnsetzung<br />
stellenabwasser, der Handhabung wassergefährdender<br />
Stoffe (Diesel, Schmiermittel, Bauchemikalien).<br />
Boden <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasser sind vor allem während des<br />
Bauprozesses wenig geschützt, was zu starken <strong>und</strong><br />
direkten Schadstoffeinträgen führen kann. Altlasten<br />
sollten möglichst grossräumig saniert werden. Starke<br />
Bodenverdichtungen im Oberboden beeinträchtigen<br />
die Wasserversickerung. Um dies einzuschränken,<br />
sollte nur in definierten Aktionsbereichen mit<br />
schweren Baumaschinen (28.b) gearbeitet werden.<br />
Quantitativer Gewässerschutz (Ziel 2.10)<br />
Der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel im Bereich der Stadt Zürich<br />
ist in den letzten 30 Jahren deutlich gesunken. Mit<br />
geeigneten Massnahmen kann zur Gr<strong>und</strong>wasserneubildung<br />
beigetragen werden:<br />
• Sauberes Wasser darf nicht in die Kanalisation<br />
eingeleitet werden. Der Untergr<strong>und</strong> im SEW-Areal<br />
ist sehr gut <strong>durch</strong>lässig. Sauberes Wasser sollte<br />
zur Versickerung gebracht werden, sofern es nicht<br />
für eine Grauwassernutzung benützt wird.<br />
• Die Entwässerung des Areals soll im Trennsystem<br />
geführt werden. So wird gewährleistet, dass sauberes<br />
Wasser nicht in die Kanalisation gelangt <strong>und</strong><br />
Meteorwasser (210.b) vor Ort an geeigneter Stelle<br />
versickert.<br />
Um die Beeinträchtigung des Gr<strong>und</strong>wasserstromes,<br />
welcher im SEW-Areal sehr hoch liegt, möglichst<br />
klein zu halten, müssen folgende Massnahmen<br />
getroffen werden:<br />
011 Wird der Gr<strong>und</strong>wasserleiter beim Bau tangiert,<br />
muss unter sowie um das F<strong>und</strong>ament des Gebäudes<br />
eine Sickerpackung eingebaut (21O.d) werden.<br />
10 Weil der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel so hoch liegt, darf auf<br />
keinen Fall mehr als ein Untergeschoss (210.e)<br />
gebaut werden, da dies den Gr<strong>und</strong>wasserstrom zu<br />
stark beeinträchtigen würde.<br />
!> Für belastetes Baugrubenwasser sollte ein geeigneter<br />
Ort (Deckschicht) evaluiert werden.<br />
Für die WC-Spülung <strong>und</strong> Bewässerung von Aussenanlagen<br />
genügt die Nutzung von unverschmutztem<br />
Meteorwasser (21O.g). Die Nutzung von Grauwasser<br />
in den Haushalten <strong>und</strong> Bürogebäuden erfordert geeignete<br />
Wasserversorgungskonzepte.<br />
Qualitativer Gewässerschutz (Ziel 2.11)<br />
Die Erhaltung bzw. Verbesserung der Gr<strong>und</strong>wasserqualität<br />
erreicht man über:<br />
.. Altlasten (211.b) dort sanieren, wo das Gr<strong>und</strong>wasser<br />
unmittelbar gefährdet ist.<br />
" Es sind vorbeugende Massnahmen gegen den Eintrag<br />
von Schadstoffen ins Gr<strong>und</strong>wasser zu treffen.<br />
"Lösungsmittelhaltige Baustoffe sind so sparsam<br />
wie möglich zu verwenden <strong>und</strong> dies nur in jenen<br />
Gebieten, wo der Eintrag ins Gr<strong>und</strong>wasser ausgeschlossen<br />
werden kann. Stattdessen sollten bio-<br />
logisch gut abbaubare Produkte (211.c) verwendet<br />
werden, da diese die Gr<strong>und</strong>wasserqualität weniger<br />
gefährden.<br />
.. Während der Bauphase sind <strong>durch</strong> Einrichten von<br />
Ölabscheidern auf Umschlagplätzen sowie ein Befolgen<br />
der Richtlinien des AGW über Baustellenabwasser<br />
Vorsichtsmassnahmen (211.d,e) gegen<br />
einen Schadstoffeintrag ins Gr<strong>und</strong>wasser umzusetzen.<br />
• Verschmutztes Abwasser gehört in die Kanalisation<br />
<strong>und</strong> darf nicht versickert werden.<br />
Luftqualität (Ziel 2.13)<br />
Im Sommer steigt die Konzentration an bodennahem<br />
Ozon in der Stadt Zürich jeweils massiv an. Um zur<br />
Verminderung der Schadstoffkonzentrationen beizutragen,<br />
sollen der Fussgänger, der Fahrrad- <strong>und</strong> der<br />
öffentliche Verkehr gefördert (213.b, c) werden. Das<br />
kann <strong>durch</strong> Erschliessen mit dem ÖV, Bereitstellung<br />
von Veloabstellplätzen <strong>und</strong> Reduktion der Autoparkplätze<br />
erreicht werden.<br />
Auf dem Areal sollen möglichst wenig Luftschadstoffemissionen<br />
entstehen. Dazu ist der Einsatz von<br />
emissionsarmen Feuerungen (213.f) <strong>und</strong> von Fernwärme<br />
vorzusehen.<br />
lielbereich Attraktives, räumliches Umfeld zum l.ehen,<br />
Arbeiten lind Wohnen<br />
Erhaltung der Standortattraktivität (Ziel 4.1)<br />
Die Standortattraktivität des SEW-Areals besteht<br />
im wesentlichen in seiner sehr zentralen städtischen<br />
Lage. Mit einer verbesserten Einbindung ins öffentliche<br />
Verkehrsnetz (41.a) kann die Attraktivität noch<br />
gesteigert <strong>und</strong> den modernen Ansprüchen eInes<br />
städtischen Zentrums entsprochen werden.<br />
Ausgeprägte Nutzungsmischung (Ziel 4.2)<br />
Gerade das Wohnen auf dem SEW-AreaI kann nur<br />
attraktiv gestaltet werden, wenn den Bewohnern<br />
die Möglichkeit einer Identifikation gegeben wird.<br />
Langfristig ist es <strong>durch</strong>aus im Sinne der Investoren,<br />
dass sich auf dem Areal ein stabiles soziales Netz<br />
entwickelt. Für eine Identifikation der Bewohner<br />
mit dem Areal sind öffentliche, in der Nutzung<br />
nicht fixierte Plätze (42.d), Restaurants <strong>und</strong> Gemeinschaftsräume<br />
unabdingbar. Die Anhörung oder<br />
Mitsprache der Anwohner (42.b) <strong>und</strong> der Quartiervereine<br />
bei Entscheiden auf dem Areal fördert die<br />
Bereitschaft, sich langfristig für das Quartier einzusetzen.<br />
Das Mitspracherecht sollte <strong>durch</strong> klare<br />
Abmachungen geregelt werden.<br />
Naturnahes Areal(Ziel 4.3)<br />
Aufgr<strong>und</strong> der lokal geringen Nutzungsintensität<br />
wurde das Aufkommen von Spontanvegetation <strong>und</strong><br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
121
umsetzung<br />
_<br />
Pionierlebensgemeinschaften auf dem SEW-Areal<br />
ermöglicht. Dieser Charakter sollte <strong>durch</strong> Offenhaltung<br />
<strong>und</strong> angepasste Pflege (43.d) eines Teils<br />
der unbebauten Flächen erhalten werden. So können<br />
die biologisch wertvollen Gebiete des Geleisefeldes<br />
(43.e) erweitert <strong>und</strong> gesichert werden.<br />
Angenehme räumliche Gestaltung (Ziel 4.4)<br />
Das SEW-Areal muss im städtischen Verkehrskonzept<br />
(44.d) als ausgesprochene Mischnutzungszone<br />
(Wohnen, Arbeiten, Freizeit <strong>und</strong> Kultur) miteinbezogen<br />
werden. Dem öffentlichen Velo- <strong>und</strong> Fussgängerverkehr<br />
ist Priorität einzuräumen. Damit können<br />
die negativen Immissionen der lärmigen, arealexternen<br />
Strassen teilweise kompensiert werden.<br />
Bei der räumlichen Ausgestaltung <strong>und</strong> der Anordnl.Jng<br />
der Freiflächen soll darauf geachtet werden,<br />
dass letztere nicht zum vornherein in ihrer Nutzung<br />
festgelegt (44.0 werden <strong>und</strong> nicht in Randlagen zu<br />
liegen kommen. Spontannutzung soll möglich sein.<br />
So können sich die angemessenen Nutzungsformen<br />
mit der Zeit einstellen <strong>und</strong> die Ansprüche der Arealnutzer<br />
erfüllen.<br />
3.3 Variantenbezogene Resultate<br />
Der Variantenvergleich erfolgte mittels der drei<br />
Methoden Ökobilanzierung, Befragung <strong>und</strong> AHP.<br />
Zur Bezeichnung der Varianten werden die folgenden<br />
Kurzformen verwendet:<br />
.. Variante Industrienahe Nutzung (SEW): INN<br />
.. Variante Kunsthochschule (Architekturstudenten):<br />
KHS<br />
• Variante Grünraum (Architekturstudenten): GR<br />
• Variante WerkStadt (Architekturstudenten): WS<br />
Ökohileurzierullg<br />
Der Vergleich beruht auf der Wirkungsbilanz der<br />
Varianten, wie sie im Kapitel OKOBILANZ beschrieben<br />
ist. Beim Vergleich der absoluten Auswirkungen<br />
am besten schneidet die Variante KHS (mit 65-75%<br />
der Auswirkungen bei allen Indices) verglichen mit<br />
der Variante GR ab; die Reihenfolge ist bei allen<br />
Indikatoren konsistent KHS>INN>WS>GR (bessere<br />
>schlechtere Variante).<br />
Der Gr<strong>und</strong> liegt darin, dass bei der Variante KHS<br />
mit Abstand am wenigsten Bruttogeschossfläche<br />
realisiert wird. Die Variante INN ist zweitplaziert,<br />
weil hier ein sehr grosser Anteil (unbeheizter)<br />
Kellerräume sowie nur ein kleiner Wohnanteil vorgesehen<br />
sind. Demgegenüber weist die drittplazierte<br />
Variante WS grosse Wohnflächen (50'000 m 3 ) <strong>und</strong><br />
wenig Kelleranteil auf. Die Variante GR schliesslich<br />
ist <strong>durch</strong> geringen Kelleranteil, aber grosse Wohn-<br />
<strong>und</strong> Büroflächen charakterisiert (zudem ist hier ein<br />
Warenhaus eingeplant).<br />
Wird die. Wirkungsbilanz der Varianten auf die<br />
Bruttogeschossfläche bezogen, verändert sich die<br />
Reihenfolge für die Variante KHS; sie ist mit einer<br />
Ausnahme bei allen Indikatoren konsistent <strong>und</strong><br />
lautet INNSEW).<br />
Dies begründet sich da<strong>durch</strong>, dass diese Normierung<br />
die Varianten zusätzlich entsprechend<br />
ihrem Anteil rendite-trächtiger Nutzungen ordnet.<br />
Ausschlaggebend für den ersten Rang der KHS<br />
Variante dürfte sein, dass sie die (absolut) kleinsten<br />
Öko-Auswirkungen mit demgrössten Anteil<br />
Dienstleistungsflächen (39%) aller Varianten verbindet.<br />
Demgegenüber hat die INN-Variante mit<br />
37% Dienstleistungsflächen <strong>und</strong> 26% Kellerflächen<br />
offenbar eine zu geringe Renditeaussicht.<br />
Fazit: Die Unterschiede der Wirkungsbilanzen der<br />
vier Varianten sind relativ gering. Absolut betrachtet<br />
signalisiert die Ökobilanz lapidar: Die kleinste<br />
Variante (KHS) hat die geringsten Auswirkungen auf<br />
die betrachteten Belastungsindikatoren; wenigd<br />
<strong>Bauen</strong> bringt weniger <strong>Umwelt</strong>belastungl Würde dagegen<br />
bei allen Varianten dieselbe Bruttogeschossfläche<br />
eingeplant, werden die vorgesehenen Nutzungsanteile<br />
wirksam: Die INN-Variante mit den<br />
grossen unterirdischen Flächen wäre überlegen.<br />
Allerdings fragt es sich, ob dieser Nutzungsmix<br />
erfolgversprechend ist. Von denjenigen Varianten,<br />
welche den Ausnutzungsrahmen (des Gestaltungsplans)<br />
gut ausschöpfen <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> einer sinnvollen<br />
Nutzungsmix-Konzeption eine gute Renditeaussicht<br />
haben, ist die WS der GR tendentiell<br />
überlegen.<br />
Befragung<br />
Es wurden 15 Fragebögen ausgewertet <strong>und</strong> die<br />
Mittelwerte <strong>und</strong> Standardabweichungen für die<br />
einzelnen Kriterien errechnet. Die Resultate sind<br />
122<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------~-------------------------------------Umsetzung<br />
in Tab. 3.3.1 aufgeführt. Nicht in den Fragebogen<br />
aufgenommen worden, waren die drei ökologischen<br />
Kriterien «Volumen Aushub pro Variante», «Volumen<br />
kontaminierter Aushub pro Variante» <strong>und</strong> «Bauabfallmengen<br />
in der Abbruchphase». Die grösste<br />
Bedeutung wird den in der Ökobilanz berechneten<br />
Kriterien wie Ozonschichtzerstörungspotential,<br />
Treibhauseffekt sowie allen Arten von Toxizität zugemessen.<br />
Da die Bewertungen in den Fragebogen<br />
einzeln <strong>und</strong> unabhängig voneinander vorgenommen<br />
wurden, ist ein Vergleich der ökologischen <strong>und</strong> der<br />
nicht-ökologischen Kriterien zulässig. Auffallend ist<br />
die geringe Bedeutung, die besonders den ökonomischen<br />
<strong>und</strong> einigen sozialen Kriterien von den Mitgliedern<br />
der Synthesegruppe Al zugemessen wird.<br />
Die Bewertungen wiesen grosse Differenzen auf,<br />
was sich in hohen Standardabweichungen widerspie<br />
!Seit. Infolgedessen sind die Unterschiede zwischen<br />
Tab. 3.3.1 Rangfolgen der Varianten in bezug auf o'kologische, soziale <strong>und</strong> ökonomische Kriterien sowie<br />
deren Gewichtung.<br />
GR = Variante Grünrautn, INN= Variante Industrienahe Nutzung, KHS = Variante Kunsthochschule,<br />
WS =Variante Werkstadt, AHP =mit «Analytical Hierarchy Process" erhobene Gewichtung.<br />
je zwei Gewichten der Kriterien statistisch nicht<br />
signifikant. Die Mehrzahl der Kriterien weist sowohl<br />
mindestens eine sehr hohe <strong>und</strong> mindestens<br />
eine sehr tiefe Bewertung auf. Diese Heterogenität<br />
innerhalb der Synthesegruppe überrascht um so<br />
mehr, als diese Gruppe von der Zusammensetzung<br />
her als relativ homogen eingestuft wurde. Demgegenüber<br />
bewegen sich die Gewichtungsfaktoren<br />
innerhalb eines relativ engen Rahmens. Der Unterschied<br />
zwischen wichtigstem <strong>und</strong> unwichtigstem<br />
Kriterium beschränkt sich auf den Faktor zwei.<br />
Analyrical Hierarchy Process (AHP)<br />
GR INN KHS ws Fragebogen AHP<br />
Humantoxikolo~ische Auswirkungen ................ 3 4 I 2 0.054 0.153<br />
ÖkotOXikolo~ischeAus;virkungen (aquatisch). 3 4 2 I 0.050 0.104<br />
Radioaktive Emissionen 3 4 I 2 0.038 0.060<br />
BiId~ng photochemischer Oxidantien .. 3 4 2 I 0.046 0.059<br />
ZerstÖrung der ()zonschi~ht.. 3 4 I 2 0.056 0.122<br />
Treibhauseffekt 4 3 I 2 0.054 0.115<br />
Versauerung 3 4 I 2 0.043 0.065<br />
..... , ..........<br />
Eutrorhierung .. 3 4 I 2 0.043 0.065<br />
Verbrauch abiotischer Ressourcen 3 4 I<br />
.....<br />
2 0.048 0.077<br />
Flächeninanspruchname 3 4 I 2 0.040 0.038<br />
Summe Ökobilanz 31 39 12 18<br />
~auabfalhnengenin der Abbruchphase ..... 2 4 3 I 0.020<br />
Volumen kontaminierter Aushub I 3 4 2 0.028<br />
Volumen Aushub 3 4 I 2 0.019<br />
..<br />
Spontanvegetation .. ..1 3 3 2 0.031 0.020<br />
Biotopflächenfaktor .. I 4 3 2 0.041 0.029<br />
Vernetzung der Lebensräume I 3 3 3 0.039 0.027<br />
Summe der Ökologischen Kriterien 40 60 29 30 0.583 1.000<br />
Nutzungsflexiblität .... 1 I I<br />
............<br />
I 0.042 0.074<br />
Nutzungsmischung ... I 4 2 3 0.042 0.090<br />
Umnut~un~/Z;vischennutzung .. 2 2 2 I 0.041 0.057<br />
. ......<br />
Gebäudeteiligkeit .... .2 4 3 3 0.025 0.024<br />
...........................<br />
Standortaufwertung 2 3 3 I 0.041 0.165<br />
...... , .........................<br />
Identifikation mit dem Quartier 2 3 3 2 0.039 0.055<br />
Inte~ration inden Kreis 5... I 3 I 2 0.036 0.056<br />
Zugänglichkeitfür vers.chiedene Gruppen. . I 4 3 I 0.036 0.080<br />
Verkehr/Erschliessung I 4 2 3 0.046 0.150<br />
Invesiitionsvoi~ll1el1·· ... 3 4 I 2 0.032 0.051<br />
Rendite I 3 4 2 0.037 0.199<br />
Summe der sozialen <strong>und</strong> Ökonomischen Kriterien 17 35 25 21 0.416 1.000<br />
Gesamtsumme 57 95 54 51 1.000<br />
Gewichtete Summe der Ökologischen Kriterien 2.5 3.8 1.8 1.9<br />
Gewichtete Summe der sozialen <strong>und</strong><br />
Ökonomischen Kriterien 1.4 3.2 2.5 1.9<br />
In der AHP-Methode wurden 11 Matrizen mit den<br />
paarweisen Gewichtungen der sozialen <strong>und</strong> ökonomischen<br />
Kriterien einerseits <strong>und</strong> den ökologischen<br />
Kriterien andererseits ausgewertet. Die Berechnung<br />
der normalisierten Gewichtungsfaktoren,<br />
die in Tab. 3.3.1<br />
wiedergegeben sind, erfolgt<br />
mit Hilfe eines Computerprogrammes.<br />
Die Mediane der<br />
Gewichtung der sozialen <strong>und</strong><br />
ökonomischen Kriterien sind<br />
in Tab. 3.3.2 dargestellt (siehe<br />
nächste Seite). Wie die Auswertung<br />
der Befragung zeigt,<br />
bestehen auch bei dieser<br />
Methode grosse Unterschiede<br />
bei den Bewertungen. Die Mitglieder<br />
der Synthesegruppe Al<br />
vertreten zum Teil völlig konträre<br />
Ansichten hinsichtlich der<br />
Gewichtung einzelner Kriterien.<br />
Die Gewichtungsfaktoren<br />
bewegen sich bei dieser Erhebung<br />
in beiden Kategorien in<br />
einem weiteren Rahmen <strong>und</strong><br />
erreichen maximal einen Faktor<br />
zehn.<br />
Diskussion der Erhebung<br />
der Gewichte<br />
Ein Vergleich der Resultate<br />
der beiden Erhebungsmethoden<br />
zeigt zum Teil gute Übereinstimmungen,<br />
zum Teil aber<br />
auch stark widersprüchliche<br />
Einschätzungen. Wichtigste<br />
Randbedingung bei der Interpretation<br />
der Ergebnisse ist,<br />
diese vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />
kleinen Stichprobenzahl zu betrachten.<br />
Die grosse Hetero-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 123
Umsetzung<br />
_<br />
Nr. Kriterium 1 2 3<br />
Kriterium Nr.<br />
5 6 7 II 9 10 n<br />
1 Gebäudeteiligkeit 1<br />
2 Nutzungsflexiblität 3 1<br />
3 Verkehr/Erschliessung 5 3 1<br />
4 <strong>Umnutzung</strong>/Zwischennutzung 3 1 Y, 1<br />
5 Identifikation mit dem Quartier 3 1 Y3 1 1<br />
6 Integration in den Kreis 5 3 1 J4 1 1 1<br />
7 Nutzungsmischung 4 1 1 2 2 1 1<br />
8 Zugänglichkeit für verschiedene Gruppen 3 Y, Y, 2 2 2 1 1<br />
9 Standortaufwertung 6 3 1 3 3 3 2 2 1<br />
10 Investitionsvolumen 2 Y, Y, 1 1 1 Y, Y, Y3 1<br />
11 Bruttorendite 6 3 1 3 3 4 3 5 1 3 1<br />
Tab. 3.3.2 Matrix mitden Medianen der Gewichtungen der sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Kriterien.<br />
genität innerhalb der Bewertungen hat zu grossen<br />
Standardabweichungen geführt. Die Differenzen<br />
innerhalb der Gewichtungsfaktoren sind somit zum<br />
Teil nicht signifikant. Es ist anzumerken, dass die<br />
Grösse <strong>und</strong> Zusammensetzung der Befragungsgruppe<br />
für die beiden Methoden nicht identisch waren.<br />
Der Vergleich der Methoden wurde mittels einer<br />
einfachen Betrachtung der Rangfolgen der Gewichtungsfaktoren<br />
unternommen. Die Gewichtungsfaktoren<br />
der ökologischen Kriterien zeigen generell eine<br />
gute Übereinstimmung. Die Unterschiede in der<br />
Rangfolge liegen - bis auf das Kriterium Radioaktivität<br />
- innerhalb der Streubreite der Schätzungen. Bei<br />
beiden Umfragemethoden nehmen die Kriterien der<br />
Ökobilanz die höchsten Stellenwerte ein.<br />
Bei der Gewichtung der nicht-ökologischen Kriterien<br />
gibt es auffallendere Unterschiede. Besonders<br />
deutlich tritt dies am Beispiel der Bruttorendite zum<br />
Ausdruck. Während dieses Kriterium im Fragebogen<br />
nur auf den 7. Rang kommt, belegt es mit deutlichem<br />
Abstand Platz eins bei der AHP-Befragung.<br />
Die Erhebung der Gewichte mittels zweier verschiedener<br />
Verfahren zeigt, dass die Resultate nicht<br />
unabhängig von der Wahl der Methode sind. Aufgr<strong>und</strong><br />
der methodischen Vorteile des AHP, die in Abschnitt<br />
2.4.3 beschrieben wurden, <strong>und</strong> der Tatsache,<br />
dass die Gewichtungsfaktoren bei der AHP-Methode<br />
deutlichere Grössenunterschiede zeigen, werden im<br />
weiteren die AHP-Resultate zur Variantenbewertung<br />
verwendet.<br />
"<br />
Variantenhewertung<br />
Um die Ergebnisse in<br />
einen Vergleich zu bringen,<br />
wurde für jedes<br />
Kriterium eine Rangfolge<br />
der Varianten gebildet.<br />
Die «beste» der<br />
untersuchten Varianten<br />
bekam den Wert 1,<br />
die folgenden Varianten<br />
entsprechend die<br />
Ränge 2, 3 <strong>und</strong> 4 (gleiche<br />
Ränge waren zugelassen).<br />
Die Ränge<br />
wurden entsprechend<br />
dem linearen Ansatz (vgl. Abschnitt 2.4.1) gewichtet<br />
aufsummiert. Die zwei aggregierten Vergleichskrite7<br />
rien der Varianten sind graphisch in Abb. 3.3 darge:<br />
stellt.<br />
Die Methode zur Erhebung der Gewichte der Kriterien<br />
schien konzeptionell sehr wichtig, um die<br />
subjektiven Werthaltungen einer Personengruppe zu<br />
berücksichtigen. Auf die Schlussergebnisse hat die<br />
gemeinsame subjektive Bewertung keinen grossen<br />
Einfluss, weil die Ergebnisse der Bewertungserhebung<br />
nicht weit von einer gleichmässigen Gewichtung<br />
entfernt sind. Die individuellen Gewichtungen<br />
sind stark unterschiedlich, die mit unserer Methode<br />
erhobenen gemeinsamen Präferenzen unterscheiden<br />
sich nur wenig von einer Gleichgewichtung der<br />
<strong>Umwelt</strong>einwirkungen (vgl. Tab. 3.3.3 mit Tab. 3.3.1),<br />
ein Unterschied besteht in der unterschiedlichen<br />
. Reihenfolge der Varianten Kunsthochschule <strong>und</strong><br />
WerkStadt bei den ökologischen Kriterien.<br />
GR IHN KHS WS<br />
Arithmetisches Mittel der ökologischen<br />
Kriterien 2.4 3.8 2 1.8<br />
Arithmetisches Mittel der sozio-ökonomischen<br />
Kriterien 1.5 3.2 2.3 1.9<br />
Tab. 3.3.3 Variantenbewertung ohne Gewichtung (arithmetisches Mittel<br />
der Riinge). GR = Variante Grünraum, INN= Variante Industrienahe<br />
Nutzung, KHS= Variante Kunsthochschule, WS= Variante WerkStadt.<br />
*1l 1.<br />
1.<br />
beste<br />
2.<br />
Vergleich aufgr<strong>und</strong> sozio-ökonomischer Kriterien<br />
3.<br />
4.<br />
schlechteste<br />
Abb. 3.3 Graphische Veranschaulichung der Variantenbewertung au/gr<strong>und</strong><br />
von ökologischen mit sozio-ökonomischen Kriterien (mittlere gewichtete<br />
Rangfolge).<br />
124 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________umsetzung<br />
4 Rückblick auf unsere Arbeit<br />
4.1 folgerungen aus den Ergebnissen<br />
4.1.1 Aus den allgemeinen Resultaten<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele, Kriterien, Anforderungen, Massnahmen<br />
Die in der Abb. 3.1.1 aufgeführten Ziele erheben<br />
nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Zusammenstellung<br />
dürfte aber eine Gr<strong>und</strong>lage darstellen,<br />
die als Basis für nachfolgende Arbeiten dienen kann.<br />
Alle unsere Arbeiten basieren auf der ZKAM-Liste.<br />
Auch die zugeordneten Kriterien <strong>und</strong> Anforderungen<br />
sowie unsere Massnahmevorschläge stellen<br />
keine vollständige, alle Bereiche umfassende Liste<br />
dar.<br />
Verbindung von Bauphasen <strong>und</strong><br />
Massnahmenvorschliigen<br />
In der Vielfalt der Massnahmen stellt es eine besondere<br />
Herausforderung dar, zur richtigen Zeit<br />
die richtige Massnahme zu treffen. Wie aus dem<br />
Werkblatt (vgl. AbschnittS) ersichtlich ist, sind in<br />
den ersten drei Phasen (Strategische Planung, Vorstudien,<br />
Projektierung) deutlich mehr Massnahmenmöglichkeiten<br />
für das Erreichen der Ziele gegeben<br />
als während der Realisierungs- <strong>und</strong> der Nutzungsphase<br />
des Bauwerks. Dies deckt sich mit der These<br />
aus dem Teilprojekt «Organisation (Logistik <strong>und</strong><br />
Abläufe)>>, wonach die frühen Phasen der Planung<br />
für die Zielerreichung des Bauvorhabens von entscheidender<br />
Bedeutung sind.<br />
Ein weiterer Punkt dabei sind die unterschiedlichen<br />
Wirkungsweisen der verschiedenen Massnah<br />
'1len: Ein Teil der Massnahmen dient der Symptomoekämpfung<br />
<strong>und</strong> kann nurmehr in der Linderung<br />
eines Missstandes wirksam werden. Demgegenüber<br />
stellen präventive, vermeidende Massnahmen echte<br />
Steuerhebel dar, welche frühzeitig in die Konzeption<br />
einbezogen werden sollten.<br />
Evaluation<br />
Bei der Evaluation der Massnahmen hat sich herausgestellt,<br />
dass die Symptombekämpfung in vielen<br />
Fällen viel einfacher ist als eine Prävention. Dabei<br />
wird übersehen, dass eine Ursachenbekämpfung in<br />
vielen Fällen die massiv grösseren Synergieeffekte<br />
aufweist. (Vergleiche Massnahmen im Bereich des<br />
Verkehrs: arealexterne Verkehrsbeschränkungen bewirken<br />
nicht nur eine Reduktion des Lärmes, sondern<br />
sie heben langfristig auch die Luftqualität <strong>und</strong><br />
sorgen für eine erhöhte Attraktivität des Standortes<br />
für Wohnen <strong>und</strong> Kultur.)<br />
In vielen Fällen gibt es Massnahmen, die einfach<br />
<strong>und</strong> oftmals auch kostengünstig zu realisieren sind <br />
immer unter der Einschränkung, dass man sie im<br />
richtigen Zeitpunkt berücksichtigt.<br />
Die besten Resultate werden aber im allgemeinen<br />
nicht <strong>durch</strong> die Umsetzung von einzelnen Massnahmen,<br />
sondern <strong>durch</strong> konzertierte Realisierung<br />
von Massnahmepaketen erreicht. Ansatzpunkte für<br />
die Synergien liefern dabei die Evaluationslisten.<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise, wie eine Massnahme in die Tat<br />
umgesetzt wird, kann eine wichtige Rolle spielen.<br />
Die Wirksamkeit hängt in den meisten Fällen nicht<br />
nur davon ab, OB, sondern auch WIE etwas in die Tat<br />
umgesetzt wird. Erste Ansatzpunkte für dieses WIE<br />
sind bei den arealbezogenen Resultaten zu finden<br />
(Abschnitte 3.2 <strong>und</strong> 4.1.2). Aber auch die verfeinerten<br />
Evaluationen für die Beispiele Abbruch resp.<br />
Altlasten zeigen diesen Sachverhalt auf.<br />
Dort können wir aber auch noch einen weiteren<br />
Schwachpunkt identifizieren: Die Politik <strong>und</strong> die<br />
Wirtschaft setzen vom Standpunkt der <strong>Umwelt</strong> aus<br />
in vielen Fällen Grenzen oder Signale an der<br />
falschen Stelle. Hier bedarf es einer Reflexion von<br />
Seiten der entsprechenden Institutionen (Gesetzgeber,<br />
Vollzug, Beteiligte, etc.).<br />
4.1.2 Aus den arealbezogenen Resultaten<br />
Die Ziele der Stadtplanung <strong>und</strong> der Arealsplanung<br />
sollten in Einklang gebracht werden.<br />
Die angestrebte Nutzungs<strong>durch</strong>mischung im Areal<br />
macht dann Sinn, wenn für die Nutzer <strong>und</strong> Bewohner<br />
gleichzeitig ein angenehmes Wohn-, Arbeits- <strong>und</strong><br />
Freizeitklima geschaffen wird. Die Mischnutzung<br />
kann das Areal zu einem lebendigen Quartier aufwerten<br />
<strong>und</strong> dämpft das Aufkommen zusätzlicher<br />
Pendlerströme.<br />
Die Evaluation zeigt aber auch, dass ökologisch<br />
unbestritten wirksame Massnahmen nicht in jedem<br />
Fall den gleichen Sinn machen. Der Trend zum<br />
Einsatz von nicht-fossilen Brennstoffen wie Solarwärme,<br />
Holz oder Geothermie für die Beheizung von<br />
Wohnungen, Büros etc. ist im Fall des SEW-Areals<br />
nicht sehr sinnvoll, da in nächster Umgebung ergiebige<br />
Wärmequellen gegeben sind (industrielle<br />
Produktionsanlagen auf dem Gelände, KVA an der<br />
Josephstrasse). Naheliegend sind hier vielmehr<br />
Massnahmen für die Kühlung von Büro- <strong>und</strong> Gewerberäumen.<br />
Im Übrigen gibt es eine Vielzahl von Massnahmen<br />
aus den verschiedensten Bereichen, welche ohne<br />
Probleme auf dem SEW-Areal umsetzbar sind.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
125
Umsetzung__~<br />
_<br />
4.1.3 Aus den variantenbezogenen Resultaten<br />
Folgenurgen aus den ökologischen, sozialen <strong>und</strong><br />
ökonomischen Kriterien<br />
Die Folgerungen aus der Ökobilanz werden im Kapitel<br />
ÖKOBILANZdiskutiert. An dieser Stelle sei auf<br />
Folgendes hingewiesen:<br />
Die Ökobilanz wird stark <strong>durch</strong> einfache Zusammenhänge<br />
beeinflusst, so etwa <strong>durch</strong> die Bruttogeschossfläche,<br />
die insgesamt bzw. für die verschiedenen<br />
Nutzungen vorgesehen ist. Diese Zusammenhänge<br />
waren zwar von vornherein zu vermuten, ihr<br />
Einfluss war jedoch kaum abschätzbar. Die in der<br />
Ökobilanzierung erreichte Quantifizierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
trägt deshalb wesentlich zum Problemverständnis<br />
bei <strong>und</strong> verdeutlicht die latenten<br />
Unterschiede zwischen den vier Varianten.<br />
Die Verteilung der <strong>Umwelt</strong>belastung auf die Prozesse<br />
<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Nutzung gibt Aufschluss über<br />
Ansatzpunkte für mögliche Einsparungen. Eine<br />
sinnvolle Ergänzung bilden Ökobilanzen für einzelne<br />
Baustoffe (z.B. hinsichtlich der Produktion,<br />
sowie für Bauteile <strong>und</strong> Gebäude in Hinblick auf die<br />
Frage <strong>Umnutzung</strong> vs. Neubau.<br />
Von besonderer Bedeutung sind die auf verschiedene<br />
Standpunkte bezogenen Resultate der Ökobilanz<br />
(vgl. Abschnitt 3.3 sowie Kapitel ÖKOBILANZ),<br />
in denen je nach Normierung unterschiedliche, plausible<br />
Rangfolgen der Varianten erhalten werden.<br />
Bei einer umfassenden Bewertung der Varianten<br />
müssen die ökologische, die ökonomische <strong>und</strong> die<br />
soziale Dimension betrachtet werden.<br />
Die zusammenfassende quantitative Bewertung<br />
der Varianten ist aufschlussreich. Dies gilt trotz der<br />
notwendigen Beschränkung auf die quantifizierbaren<br />
variantenbezogenen Kriterien. Man muss sich<br />
jedoch im klaren darüber sein, dass sich auf diese Art<br />
nur eine quantitative Präferenz erstellen lässt. Für die<br />
Ableitung von Folgerungen - wie etwa die Entscheidung<br />
für eine der Varianten - müssen jedoch<br />
weitere, nicht unbedingt quantifizierbare Kriterien<br />
einbezogen werden (qualitative Präferenz).<br />
Die einzelnen Bewertungskriterien innerhalb der<br />
drei Dimensionen werden - wie die Ziele der Synthesegruppe<br />
auch - individuell unterschiedlich wich;<br />
tig eingestuft. Die Gewichte der Kriterien lassen sier,<br />
prinzipiell so bestimmen, dass sie mit der Wichtigkeit,<br />
die ihnen zugesprochen wird, korrespondieren.<br />
Die Ergebnisse hängen jedoch ab von der angewendeten<br />
Erhebungsmethode. Bei der vorliegenden Anzahl<br />
von Kriterien erhält man bei Gleichgewichtung<br />
aller Kriterien dieselben Resultate.<br />
Der Vergleich der Bewertungen der drei Dimensionen<br />
untereinander stellt insofern ein gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
Problem dar, als sich die individuellen Präferenzen nur<br />
bedingt zu einer gemeinsamen Präferenz aggregieren<br />
lassen.<br />
Folgerungen aus der Bewertllngserhebung<br />
Anhand von zwei methodisch unterschiedlichen<br />
Befragungstechniken (Fragebogen, Analytical Hierarchy<br />
Process) wurden Möglichkeiten <strong>und</strong> Probleme<br />
aufgezeigt, die sich bei der Bewertung von Kriterien<br />
- <strong>und</strong> damit bei der Variantenbewertung - ergeben<br />
(zur Kritik der Methoden vgl. Abschnitt 4.2.3).<br />
Die unterschiedlichen Ergebnisse<br />
bei der Fragebogenaktion<br />
<strong>und</strong> beim Analytical<br />
Hierarchy Process führen zu<br />
der These, dass die formalen<br />
Möglichkeiten, die man zur<br />
Bewe,rtung anbietet, grossen<br />
Einfluss auf die resultierende<br />
Gewichtung haben. Die Transparenz<br />
des 'nachfolgenden<br />
Bewertungsschrittes für den<br />
Bewertenden, das Vorwissen<br />
<strong>und</strong> die Anzahl der Kriterien<br />
scheint bedeutenden Einfluss<br />
auf die Gewichtung zu haben.<br />
Das Ergebnis lässt sich als<br />
formalisiertes Stimmungsbild<br />
interpretieren.<br />
Kasten 4.1.4 Diskussionsvorschlag<br />
4.1.4 Bedeutung dieser Arbeit für die Umsetzung von<br />
<strong>Umwelt</strong>zielen<br />
Möglidikeiten <strong>und</strong> Grenzen<br />
Diese Arbeit gibt Hinweise auf die Möglichkeiteq<br />
aber auch Grenzen bei der Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>..<br />
126<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------------- Umsetzung<br />
zielen. Die Tabellen <strong>und</strong> Abbildungen sollen dazu<br />
anregen, sie zu ergänzen <strong>und</strong> neue Ideen anzufügen.<br />
Eine endgültige Liste zu dieser Thematik wird es<br />
kaum je geben: Die Innovation der Technik birgt<br />
zwar auch Gefahren für die <strong>Umwelt</strong> in sich, bietet<br />
aber vor allem auch neue Chancen für die Umsetzung<br />
von <strong>Umwelt</strong>zielen.<br />
Unsere Verantwortung<br />
Für die Umsetzung von umweltbezogenen Zielsetzungen<br />
in einem Bauvorhaben haben wir <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftlerInnen<br />
versucht, das wichtigste<br />
Wissen für die Anwendung in der Praxis zusammenzustellen.<br />
Dies allein ist aber nicht genug, um die<br />
Bauwirtschaft ökologischer zu machen. Jeder <strong>und</strong><br />
jede von uns ist aufgefordert, sich ökologisch zu verhalten<br />
<strong>und</strong> dies auch an die nächste Generation weierzugeben.<br />
Die Menschheit muss sich ihrer Rolle im<br />
Netz der Natur bewusst werden <strong>und</strong> die eigenen<br />
Werthaltungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen entsprechend<br />
anpassen. Ein Diskussionsvorschlag wird im Kasten<br />
4.1.4 eingebracht.<br />
4.2 Methodenkritik<br />
4.2.1 ZKAM-Modell<br />
Im weiten Feld der Ziele <strong>und</strong> Massnahmen für<br />
umweltschonendes <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> nachhaltige (Um-)<br />
Nutzung galt es, eine Struktur zu schaffen, welche<br />
logische Zusammenhänge aufzeigt. Das entworfene<br />
ZKAM-Modell ist unser Ansatz, um im normalen<br />
Sprachgebrauch uneinheitlich benutzte Begriffe<br />
abzugrenzen <strong>und</strong> um die Vielfalt der Schlagwörter<br />
im Zusammenhang mit <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> zu<br />
ordnen.<br />
Jedes Modell hat auch seine Schwächen: Die Zielentwicklung,<br />
bei welcher aufgr<strong>und</strong> eines unbefriedigenden<br />
Ist-Zustandes ein Bedürfnis erwächst <strong>und</strong><br />
als Ziel formuliert wird, kann nicht ausreichend<br />
wiedergegeben werden. Die Massnahme wird daher<br />
nicht als «operationalisiertes Ziel» wahrgenommen,<br />
als Veränderung des Ist-Zustandes hin zu einem<br />
Zustand, der dem Ziel näherkommt, sondern als eine<br />
abschliessende Handlung ohne direkten Bezug zum<br />
Ist-Zustand. Die Interventionsmassnahme müsste<br />
stärker von den Elementen der vorliegenden Situation<br />
ausgehen. Im ZKAM-Modell wird eher der<br />
Handlungsspielraum, also der Grad der Entscheidungsfreiheit<br />
des Handelnden zum Ausdruck gebracht.<br />
Das Ineinandergreifen von Projektion <strong>und</strong><br />
Realität, mithin der Impuls, welcher von der Realität<br />
ausgeht, im Ziel bewusst wird <strong>und</strong> in der Massnahme<br />
umgesetzt werden soll, kommt zu wenig zum<br />
Ausdruck.<br />
4.2.2 Massnahmenevaluation<br />
Die Massnahmenauflistung mit den drei Kriterien<br />
«Wirkungszusammenhang», «Machbarkeit» <strong>und</strong><br />
«Kosten» liefert ein einfaches Schema, mit dem man<br />
sich einen Überblick über die Qualität verschiedener<br />
zur Auswahl stehender Massnahmenvorschläge ';erschaffen<br />
kann, ohne dass vertiefte Kenntnisse des<br />
betroffenen Systems vorhanden sein müssen. Genau<br />
dies war bei unserer Evaluation der Fall, hatten wir<br />
doch viel zu wenig Datenmaterial, um vertiefte<br />
Aussagen z.B. bezüglich der Kosten zu machen. Wir<br />
beschränkten uns daher auf verbale Bewertungsstufen.<br />
Die exemplarische, detaillierte Massnahmenevaluation<br />
nach Wirkungsebenen ermöglicht eine<br />
differenzierte Betrachtung der Kosten-Wirksamkeits-Beziehung.<br />
Die Kosten-Wirksamkeits-Analyse<br />
scheint uns für wichtige Entscheidungsprozesse ein·<br />
geeignetes Evaluationsinstrument darzustellen.<br />
4.2.3 Variantenbewertllng<br />
Die Bewertung der Ökobilanzierungsmethodik wird<br />
im Kapitel ÖKOBILANZ diskutiert. Für die Beurteilung<br />
der Fragebogenerhebungen werden die drei Kriterien<br />
Objektivität, Reliabilität <strong>und</strong> Validität untersucht.<br />
Als objektiv gilt eine Befragung, wenn mehrere Personen,<br />
die die Erhebung auswerten, zu denselben<br />
(numerischen) Resultaten kommen. In diesem Fall<br />
ergab sich ein Auswertungsspielraum hinsichtlich<br />
der Mittelbildung. Im Fall des Fragebogens wurde<br />
aus naheliegenden Gründen der arithmetische Mittelwert<br />
gebildet. Für die Mittelbildung der ausgefüllten<br />
AHP-Matrizen wurde - weil es sich um eine<br />
multiplikative Bewertung handelt - der geometrische<br />
Mittelwert erwogen. Wegen der einfachen Bestimmung<br />
<strong>und</strong> um das Ergebnis in der angegebenen<br />
Skalierung darstellen zu können, wurde der Median<br />
gewählt. Die Unterschiede sind jedoch gering.<br />
Als re!iabe! gilt die Erhebung in unserem Fall,<br />
wenn sie die Wertvorstellungen der befragten Personen<br />
zuverlässig misst. Es gibt zwar keine Fragewiederholungen,<br />
aber die weitgehenden Übereinstimmungen<br />
zwischen den beiden Befragungen<br />
(Fragebogen <strong>und</strong> AHP) sprechen dafür. Die Kriterien<br />
haben eher sachlichen Charakter. Das bedeutet<br />
einerseits, dass die emotionale Beeinflussung bei der<br />
Beantwortung der Fragen eher gering eingeschätzt<br />
wird, aber andererseits, dass eine Unsicherheit bei<br />
der Beantwortung auftreten konnte, weil die Mitglieder<br />
der Synthesegruppe Al nicht mit allen Kriterien<br />
im Detail vertraut gemacht wurden. Es wurde<br />
zwar die Bedeutung der Kriterien auf einem Beiblatt<br />
dokumentiert, aus Zeitgründen konnten jedoch die<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
127
umsetzung ---'- _<br />
Berechnungsverfahren <strong>und</strong> die dabei auftretenden<br />
Schwierigkeiten nicht erläutert werden. Das Ziel,<br />
eher eine Erhebung der subjektiven Präferenzen als<br />
eine Beurteilung der (technischen) Unsicherheiten<br />
bei der quantitativen Bestimmung von Kriterien zu<br />
erhalten, wurde erreicht.<br />
Als valide gilt eine Erhebung, wenn tatsächlich<br />
die Wertvorstellungen der befragten Personen <strong>durch</strong><br />
die Ergebnisse wiedergegeben werden. Überprüft<br />
man die Äquivalenz der Aussagen <strong>und</strong> des Verhaltens<br />
der befragten Personen, erhält man die logische<br />
Validität. Diese Überprüfung - etwa <strong>durch</strong> Untersuchung<br />
des tatsächlichen Verhaltens (z.B. einer<br />
Entscheidung für eine von mehreren Handlungsalternativen)<br />
- wäre viel zu aufwendig gewesen.<br />
Eine kriteriumbezogene Validierung versucht, die<br />
erhobenen Bewertungen mit einem Aussenkriterium<br />
zu messen, z.B. <strong>durch</strong> Befragung der Mitarbeiter<br />
eines Kernkraftwerks, von denen erwartet werden<br />
kann, dass sie die Auswirkungen radioaktiver Strahlung<br />
als weniger wichtig einstufen. Da jedoch u.a.<br />
wegen der geringenZahl der Befragten keine innere<br />
Differenzierung der untersuchten Gruppe <strong>durch</strong>geführt<br />
werden konnte, liess sich keine kriteriumbezogene<br />
Validierung <strong>durch</strong>führen.<br />
Eine Konstruktvalidierung - also die Prüfung der<br />
einzelnen Bewertungen innerhalb eines Wertesystems<br />
(Kontrukts) - scheitert an der Nicht-Existenz<br />
einer anerkannten Werteklassifikation. Die Auswertung<br />
der AHP-Matrix ermöglicht jedoch die Bestimmung<br />
der Konsistenz der Aussagen. Im Idealfall folgt<br />
aus den Aussagen «Kriterium 1 ist dreimal wichtiger<br />
als Kriterium 2» <strong>und</strong> «Kriterium 3 ist zweimal so<br />
wichtig wie Kriterium 2», dass das Kriterium 1 sechsmal<br />
so wichtig ist wie Kriterium 3. Eine solche perfekte<br />
Konsistenz ist jedoch im allgemeinen nicht<br />
128 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Umsetzung<br />
erwarten (<strong>und</strong> wird auch bei der Befragung nicht angestrebt).<br />
Das von Saaty vorgeschlagene Konsistenzkriterium,<br />
das den Grad der Abweichung von der<br />
perfekten Konsistenz angibt, ergibt für die erhobenen<br />
AHP-Matrizen keine signifikante Inkonsistenz.<br />
4.3 Das Vorgehen im Rückblick<br />
4.3.1 Brainstorming<br />
Die Methode des Brainstorming hat den Vorteil, dass<br />
alles, was von den Teilnehmenden assoziiert wird,<br />
sofort für alle sichtbar dargestellt werden kann. Damit<br />
endete leider schon manches Brainstorming. Wir<br />
versäumten speziell in der ersten Synthesephase, die<br />
gesammelten Informationen aus diesem Vorgehensschritt<br />
zu ordnen <strong>und</strong> für den nächsten Schritt in<br />
mserem Vorgehen auszuwerten, für den Arbeitsprozess<br />
zu operationalisieren. Fazit: Vor dem Brainstorming<br />
sollten die Ziele, nachher die Umsetzung<br />
geklärt sein. Die Assoziativ-Phase sollte zeitlich<br />
knapp bemessen werden <strong>und</strong> genügend Zeit für den<br />
ordnenden Teil eingeräumt werden.<br />
Der Übergang von der Teilprojektphase in die<br />
zweite Synthesephase war in unserer Gruppe sehr<br />
problematisch: Von den relativ «unkomplizierten»<br />
Teilprojekten herkommend, versammelten sich die<br />
Teilnehmenden wieder <strong>und</strong> fanden sich vor verschiedene<br />
Probleme gestellt. Es galt, innert vier<br />
Wochen einen Bericht zu verfassen, dazu die Teilprojektresultate<br />
angemessen zu integrieren <strong>und</strong> die<br />
Syntheseidee in die richtige - <strong>und</strong> allgemein akzeptierbare<br />
- Weise weiterzuentwickeln. Wir waren also<br />
gleichzeitig mit einer formalen (Bericht), einer organisatorischen<br />
(TP-Resultate integrieren) <strong>und</strong> einer<br />
wissenschaftlich-anwendungsorientierten Anfordeung<br />
(Syntheseidee) konfrontiert.<br />
folgenden Gründen: Motivationsunterschiede der<br />
Teilnehmenden, unterschiedliche Komplexität der<br />
behandelten Materie, der Bearbeitungsaufwand, damit<br />
das Wissen in die Synthese integrierbar wird, war<br />
sehr variabel. Der Integration des Wissens jedes Teilnehmenden<br />
sollte deshalb grössere Aufmerksamkeit<br />
geschenkt werden, d.h. ein methodisches Gerüst <strong>und</strong><br />
eine klarere Gruppenorganisation könnten diesen<br />
Vorgang wesentlich unterstützen. Eine Stellungnahme<br />
zu den gruppenorganisatorischen Belangen<br />
findet sich im Kasten «Gruppenorganisation».<br />
4.3.3 Umsetumg der Synthesddee<br />
In diesem Bericht erscheinen die allgemeinen, die<br />
areal- <strong>und</strong> die variantenbezogenen Resultate als<br />
unabhängige Ergebnisteile. Der explizite Zusammenhang<br />
der Ergebnisse konnte nicht genügend<br />
diskutiert werden. Zwar haben die Aussageteile für<br />
sich genommen einen gewissen Erkenntniswert,<br />
aber die Integration dieser Teile zu einem Ganzen,<br />
der für alle nachvollziehbare Integrationsprozess war<br />
noch nicht hinreichend entwickelt.<br />
Ein dauernder Austausch zwischen allen Synthesegruppen<br />
<strong>und</strong> eine Integration oder Synopsis der<br />
Syntheseergebnisse der gesamten <strong>Fallstudie</strong> wäre<br />
sehr wünschbar, konnte jedoch aus Zeitgründen<br />
innerhalb des Semesters nicht erreicht werden.<br />
4.3.2 Integration des Teilprojektwissens<br />
Wir verfügten zu Beginn über kein Konzept für den<br />
systematischen Einbezug des Spezialwissens jedes/r<br />
Teilnehmenden. Als klar wurde, dass die Teilprojektresultate<br />
von sehr unterschiedlicher Art <strong>und</strong><br />
Qualität waren, organisierten wir Arbeitsgruppen,<br />
welche die Resultate in eine vergleichbare Aussagequalität<br />
zu bringen hatten. In diesen Arbeitsgruppen<br />
wurde die Syntheseidee konkretisiert.<br />
Die praktische Integration des Teilprojektwissens<br />
bezüglich wissenschaftlichen Erkenntnissen in die<br />
Synthesearbeit muss als ungenügend bezeichnet<br />
werden. Im Plenum wie in den Arbeitsgruppen<br />
wurde wie selbstverständlich davon ausgegangen,<br />
dass alles wichtige von den Teilnehmenden automatisch<br />
eingebracht werde. Dies war nicht der Fall. Aus<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
129
umsetzung<br />
_<br />
5. Werkblatt «öauen<br />
5.1 Vorspann<br />
Im Rahmen der Arbeiten der Synthesegruppe<br />
«Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen» kristallisierte sich<br />
die Idee heraus, die Vielfalt der generalisierbaren<br />
Aussagen verstärkt in einen Anwendungsbezug zu<br />
stellen. Gerade die hier erarbeiteten ziel- <strong>und</strong> massnahmenbezogenen<br />
<strong>Fallstudie</strong>nresultate werden als<br />
Beitrag aufgefasst, der als eigenständiges Ergebnis<br />
potentiellen Nutzern nun zur Verfügung gestellt<br />
werden soll.<br />
Wir sind uns bewusst, dass die Schrittlänge von einer<br />
Hochschul-<strong>Fallstudie</strong> zu einem tauglichen Praxiswerkzeug<br />
sehr weit ist. Mit dem einen Schritt der<br />
Überarbeitung im Anschluss ans <strong>Fallstudie</strong>nsemester<br />
war das Ziel eines eigenständigen Produktes<br />
jedenfalls nicht zu erreichen. Gerade deshalb möchten<br />
wir den entstandenen Entwurf im Rahmen des<br />
<strong>Fallstudie</strong>nbandes vorlegen: Wenn die Idee oder<br />
einzelne Teile daraus sich als nützlich erweisen oder<br />
die Diskussion befruchten, ist unser <strong>Fallstudie</strong>nzi.el<br />
erreicht. Falls der vorliegende Ansatz als Ausgangspunkt<br />
für die Entstehung eines eigenständigen<br />
Produktes (Publikation) aufgegriffen werden sollte,<br />
würden wir selbstverständlich gerne alle in unserer<br />
Kompetenz liegende Unterstützung bieten.<br />
Anmerkungen<br />
II Verschiedene der' aufgeführten<br />
Massnahmen betreffen Ziele, weIche<br />
nicht unmittelbar zu einem<br />
Bauvorhaben in Bezug gesetzt<br />
werden können. Solche Massnahmen,<br />
wie z.B. eine C0z-Steuer,<br />
werden hier zwar erwähnt, haben<br />
jedoch keinen «handlungsanweisenden»<br />
Charakter für die Träger<br />
eines Bauvorhabens.<br />
II Die Beachtung ausführlicher<br />
Listen umweltbezogener Massnahmen<br />
führt nicht «automatisch»<br />
zu optimalen Projekten: Die Projektierung<br />
kann <strong>durch</strong>aus auch<br />
<strong>durch</strong> eine Schwerpunktsetzung<br />
in einzelnen Bereichen zu einer<br />
bezüglich Nutzen, Aufwand <strong>und</strong><br />
<strong>Umwelt</strong>schonung optimalen Lösung<br />
führen.<br />
Im Folgenden ist das Werkblatt in<br />
seinem «Entwurfscharakter» vollständig<br />
wiedergegeben; Form <strong>und</strong><br />
Gestaltung weichen deshalb von den<br />
übrigen Berichtsteilen in diesem<br />
Band etwas ab.<br />
Ökologie» 5.2 <strong>Umwelt</strong>bezogene Ziele <strong>und</strong><br />
Massnahmen für die <strong>Umnutzung</strong><br />
von Industriebrachen<br />
5.2.1 Adressaten, Ziele<br />
In der Schweiz liegen heute Industrie- <strong>und</strong> Gewerbeareale<br />
in bedeutendem Umfange brach, bereits<br />
für das Jahr 1991 wurde eine nicht mehr genutzte<br />
Bruttogeschossfläche von 9.3 Millionen m 2 berechnet<br />
(IE-Symposium, 1995). Die Reintegration der<br />
z.T. urbanen <strong>und</strong> besterschlossenen Areale stellt<br />
eine grosse Herausforderung dar, gilt es doch, die<br />
<strong>Umnutzung</strong> oder Neugestaltung dieser Flächen nach<br />
im weitesten Sinne städtebaulichen <strong>und</strong> raumplanerischen<br />
. Kriterien, welche auch die Anliegen der<br />
<strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Ressourcenschonung sowie der Nachhaltigkeit<br />
umfassen müssen, zu konzipieren.<br />
Dazu möchten wir aus unserer <strong>Fallstudie</strong>narbeit<br />
welche die Thematik «Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen»<br />
am Sulzer-Escher Wyss-Areal in Zürich untersuchte,<br />
einen Beitrag einbringen. Dieses Werkblatt<br />
«<strong>Bauen</strong> & Ökologie» wendet sich an die mit<br />
solchen Grossprojekten konfrontierten Personen,<br />
namentlich:<br />
• Bauherren sowie<br />
II Architekten <strong>und</strong> Planer.<br />
Selbstverständlich ist ein breiterer Nutzerkreis, von<br />
Investoren bis zu Anwohnergruppen, zur Lektüre<br />
<strong>und</strong> Diskussion geladen.<br />
130<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________umsetzung<br />
Das Werkblatt hat zum Ziel, aus unserer Perspektive<br />
Orientierungen <strong>und</strong> Anregungen zu geben, wie<br />
umweltbezogene Aspekte <strong>und</strong> Massnahmen über<br />
den gesamten Lebenszyklus, vom Planungs- über<br />
den Bau- <strong>und</strong> Nutzungs- bis zum Rückbauprozess<br />
vermehrt integriert werden können.<br />
Viele solche Massnahmen können bereits mit<br />
bescheidenem Aufwand verwirklicht werden. Dabei<br />
ist es unerlässlich, dass diese Massnahmen frühzeitig<br />
in die Konzeption einbezogen werden; späteres<br />
Einbeziehen führt oftmals zu begrenzter Gesamtwirkung<br />
<strong>und</strong> höheren Kosten.<br />
In der vorliegenden Form kann das Werkblatt<br />
weder Anspruch auf Vollständigkeit erheben, noch .<br />
detailliert auf die einzelnen Massnahmen eingehen.<br />
Eher soll es als Übersicht <strong>und</strong> als Wegweiser zu Literanfr<br />
<strong>und</strong> Kontakten dienen.<br />
aufgelistet <strong>und</strong> die. entsprechenden Kriterien, Anforderungen<br />
<strong>und</strong> Massnahmenvorschläge aufgeführt.<br />
Was bringen die einzelnen Massnahmen?<br />
Dazu ist die Tabelle 5.5 «Massnahmenevaluation»<br />
ausgelegt, indem hier alle aufgeführten Massnahmen<br />
unter den Punkten «Wirkungszusammenhang»,<br />
«Kosten» <strong>und</strong> «Machbarkeit» kommentiert werden.<br />
Wie weiter?<br />
Will man sich zu einem bestimmten Thema vertiefter<br />
informieren, sind dazu in der Tabelle «Ziele,<br />
Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen» Verweise<br />
auf die Literatur enthalten.<br />
Zusätzlich wird eine Liste von Kontaktadressen<br />
(5.6) vorgelegt.<br />
5.2.2 Gebrauchsanweisung<br />
Wie soll man mit diesem Werk umgehen?<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Werkblatt<br />
zu nutzen, wie es auch verschiedene Wege gibt, sich<br />
dem Problemfeld <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Nachhaltigkeit zu<br />
nähern. Die folgenden Ausführungen zeigen, was für<br />
Möglichkeiten hier bestehen <strong>und</strong> wo die entsprechenden<br />
Informationen zu finden sind.<br />
Probleme in einer Tabelle?<br />
Ausgewählte Begriffe, welche im Werkblatt verwendet<br />
werden, sind im'Glossar Werkblatt (5.7) erläutert.<br />
Welche Massnahme wams einbeziehen?<br />
In der Tabelle 5.3 «Bauphasen <strong>und</strong> Massnahmen»<br />
sindalle Massnahmen den verschiedenen Bauphasen<br />
zugeordnet. Die alphanumerische Kennzeichnung<br />
jeder Massnahme dient der leichteren Identifikation<br />
in den weiteren Tabellen des Werkblattes. Die<br />
Massnahmen, die keiner Phase sinnvoll zugeordnet<br />
werden können, werden inder Zeile {( Übrige Massnahmen»<br />
aufgeführt.<br />
Welche Umwdtziele wie erreichen?<br />
Diese Frage wird in der umfangreichen Tabelle 5.4<br />
«Ziele, Kriterien, Anforderungen <strong>und</strong> Massnahmen"<br />
aufgenommen. Hier sind alle behandelten Ziele, aufgeteilt<br />
auf die fünf Zielbereiche «Lebensqualität»,<br />
«natürlicher Stoffhaushalt», «Wirtschaftlichkeit»,<br />
«attraktives Umfeld» <strong>und</strong> «Förderung des Wissens»<br />
UNHallstudie <strong>'95</strong><br />
131
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25.k erhöhte Energieeffizienz im Verkehr<br />
~ 22.b ComputerQestützte LOQistik<br />
212.b 141.b Förderung von Fuss- <strong>und</strong> Fahrradverkehr I-wegen<br />
42.a I 43.a I 44.c Stadt- <strong>und</strong> Arealleitbild entwickeln<br />
42.b offene Verhandlungen mit Interessengruppen<br />
42.d Strukturen, die Austausch schaffen<br />
42.e Modulbauweise (Schaltzimmer etc.)<br />
43.c unterschiedl. Nutzungsintensitäten für Ruderalfl.<br />
44.a Einordnen in entspr. Wohnzonen, Gestaltunqspläne, ...<br />
13.a 114.a Erholungsmöglichkeiten, Begegnungs-, kulturel. Zentren<br />
29.c Flächerecycling<br />
26.e Anzahl Untergeschosse gem Gr<strong>und</strong>wasser<br />
33.a Marketingstrategien für pot. Arbeitgeber<br />
41.a Erschliessung mit OeV<br />
44.d Einbinden in VerkehrskonzeDt<br />
12.d Arealinterne Verkehrsbegrenzung<br />
21.a I 24.cdf I 214.a Erneuerbare Energieträger<br />
24.b I 25.e passive Solarnutzung<br />
25.1 Energiespeicherung<br />
24.a 124.e Fernwärme <strong>und</strong> WKK nutzen<br />
41.c periphere Parkplätze<br />
42.c sozialer Wohnungsbau<br />
43.e Ruderalflächen verbinden<br />
210.b Altlasten sanieren I vermeiden<br />
14.b Orientierungspunkte<br />
15.b Grünräume mit ausreichender Vegetation<br />
23.b <strong>Umnutzung</strong> bestehender Bauten<br />
22.a Rückariff auf lokale Ressourcen<br />
12.a Sinnvolle Anordnung I Nutzung Gebäude<br />
15.a Luftzug nicht verbauen<br />
15.c Architekt. Massnahmen gegen Düseneffekte<br />
25.d Transparente Wärmedämmung<br />
25.f Optimierung Fenstergr. Kühllast Heizlast<br />
25.g Tageslichtnutzung<br />
28.b Flächenverbrauch minimieren<br />
31.a Einbezug externer Kosten<br />
44.e Freiflächen nicht in Randlage<br />
53.a neue Technologien einsetzen<br />
21.b I 23.a Erneuerbare Materialien verwenden<br />
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5.4 Ziele, Kriterien, Anforderungen Ulld Massnahmen<br />
1. LebeIJsqualiriir<br />
Ziele Kriterien Anforderungen Massnabmenvorsclliäge Lit.<br />
l.l Ges<strong>und</strong>heit Innenraum-Schadstoffkonzen- Keine ges<strong>und</strong>heitsschädigenden l1.a Giftklassefreie Baustoffe 1,2<br />
tration<br />
Emissionen aus den Baustoffen<br />
<strong>durch</strong> Einhaltung der Grenzwerte<br />
l1.b Formaldehyd-freie Baustoffe<br />
<strong>und</strong> der Empfehlungen der WHO.<br />
verwenden<br />
Es gibt verschiedene Baustoffe, die<br />
l1.c Baustoffe mit selbständiger<br />
ges<strong>und</strong>heitsschädigende Chemika-<br />
Regulierung des Innenraumlien<br />
enthalten <strong>und</strong> emittieren.<br />
klimas (SIA-Norm 382)<br />
- z.B. Wärme-<strong>und</strong> Feuchteübergänge<br />
der Gebäudehülle<br />
ermöglichen<br />
1.2 Angenehmer Schallpegel • quantitativ: Schallpegel (dB) Grenzwerte einhalten 12.a Sinnvolle Anordnung der 3<br />
• qualitativ: subjektives Lärm-<br />
Gebäude (Schallriegel mit<br />
empfinden<br />
Dienstleistungsgebäuden)<br />
sowie der Nutzung inner-<br />
Lärm kann auch als störend emp-<br />
halb der Gebäude<br />
f<strong>und</strong>en werden, selbst wenn die<br />
Grenzwerte eingehalten werden<br />
12.b Schallschutzfenster<br />
(Bsp. Strassenlärm). 12.c Störende Lärmquellen im<br />
Gebäude vermeiden (Haustechnik)<br />
12.d Arealinterne Verkehrs'<br />
begrenzung<br />
12.e Arealexterne Verkehrs'<br />
einschränkungen (z.B.<br />
Tempolimit auf der Hardbrücke/Pfingstweidstr.)<br />
1.3 Interessante Freizeit- Quantität <strong>und</strong> Qualität der Frei- Erholungsmöglichkeit <strong>und</strong> Begeg- B.a Erholungsmöglichkeiten<br />
möglichkeiten zeit- <strong>und</strong> Erholungsmöglichkeiten nungszentren müssen vorhanden <strong>und</strong> Begegnungszentren<br />
sein<br />
schaffen, z.B<br />
Eine gute räumliche Verteilung<br />
Gemeinschaftszentren,<br />
bezogen auf die Anwohner.<br />
Sportanlagen, Innenhöfe, ...<br />
1.4 Identifikation mit Quartier Anzahl der sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />
Aktivitäten<br />
Begegnungszentren <strong>und</strong> kulturelle<br />
Zentren für Quartieraktivitäten<br />
14.a Begegnungszentren <strong>und</strong><br />
kulturelle Zentren schaffen<br />
müssen vorhanden sein<br />
14.b Orientierungspunkte hervorheben,<br />
positive Orientie·<br />
rungspunkte schaffen (z.B.<br />
Altbauten, alte Bäume, ...)<br />
1.5 Angenehmes Stadtklima Luftaustausch, Transpiration Angenehmes Wohn· <strong>und</strong> Arbeits-<br />
Windverhältnisse <strong>und</strong> angemessene<br />
klima<br />
Luftfeuchtigkeit<br />
15.a Luftzugang nicht verbauen<br />
15.b Grünräume mit ausreichender<br />
Vegetation<br />
15.c Architektonische Mass·<br />
nahmen um Düseneffekte<br />
zu vermeiden<br />
1.6 Ökologisch sinm~olle Baukonstruktion Ökologie vor Ästhetik 16.a Architektonisch Lösungen<br />
Architektur <strong>und</strong> Asthetik<br />
vermeiden, die den Einsatz<br />
umweltbelastender Kon- .<br />
struktionen <strong>und</strong> Materialien<br />
bedingen<br />
134 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
25.c erhöhte Wärmedämmung Fenster / Türen<br />
29.c Versickerung Meteowasser<br />
210.a Abwasser in ARA<br />
51.b ökolooische Leistunosbeschreibun<br />
11.a giftklassefreie Baustoffe<br />
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11.b formaldehydfreie Baustoffe<br />
11.c Baustoffe mit selbstst. Regulierung Innenklima<br />
12.b Schallschutzfenster<br />
25.a Umwandlungseffizienz erhöhen<br />
23.c langlebige Baumaterialien<br />
23.e Baustoffe mit geringer grauer Energie<br />
23.1 Rückbaugerecht bauen<br />
23.h Verhältnis Stabilität-Materialmenge opt.<br />
23.i Recyclingmaterial einsetzen<br />
26.a Baustoffe die weiterverwendbar ....<br />
28.a / 43.a Kies- statt Asphaltplätze<br />
29.a Bodenversiegelung niedrig halten<br />
29.d Sickerpackung falls Gr<strong>und</strong>wasserleiter angeschn.<br />
211.a naturnahe Gewässerverbauung<br />
212.e Emissionsarme Feuerung<br />
43.b Rasengittersteine verwenden<br />
44.b Etappierung - aktives suchen, öffnen von Freif!.<br />
51.c Anoabe Inhaltsstoffe<br />
12.c Störende Lärmquellen im Gebäude vermeiden<br />
25.b Wärmerückgewinnung<br />
210.c Emissionsverminderung in Gewässer<br />
213.a /213.b nicht-ozonschädigende Baumaterialien<br />
213.c Ersatz / Nichteinsatz von FCKW-haltigen KÜhlanlagen etc.<br />
44.f Nutzungsform Freiflächen z.T. offenlassen<br />
53.b Messprojekte als Erfolgskontrolle<br />
25.h Gebäudeautomatisierun<br />
27.c Baumaschinen, Auflagefläche<br />
210.e Vorsichtsmassn. Bauvorgang (Öl)<br />
210.1 Richtlinien AGW<br />
28.b Vorsichtsmassn. Bauprozess, Betriebsphase<br />
210.d biolog. gut abbaubare Produkte verwenden<br />
212.c Emissionsverminderuno Ozonvortäufer<br />
23.d lange Nutzung, hohe Ausnutzung<br />
23.g /26.d Materialtrennung Abbruch<br />
43.d Selbsterhalt Ruderalflächen<br />
51.e Gestaltunosmöo!. Mietverträoen<br />
29.1 Okosteuer auf Wasser.<br />
212.ll. Verkehrsreduktion an sonnigen Tagen<br />
214.b C02-Lenkungsabgabe<br />
32.a staat!. Förderung ökolog. <strong>Bauen</strong>s<br />
51.a / 51.d Fortbildung Architektinnen, Mitarbeiterinnen<br />
52.a Norm "Vermeiden-Vermindern-Verwerten"<br />
52.b Reflexion, Erkenntnisse fördern bez. eig. Bedürfnissen<br />
52.c Verb<strong>und</strong>enheit mit <strong>Umwelt</strong> fördern<br />
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UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 135
Umsetzung<br />
FOr!setzulIll lIer Tabelle «Natiirlldler Stoffllaushalt ! Minimale <strong>Umwelt</strong>belasmng»<br />
Ziele Kriterien Al!forllemogeo Musoahmeovorsch!äge Lit.<br />
2.5 Ressourcenschonung Energie in Nutzungsphase SlA Energieverbrauchsempfehlun- 25.a Umwandlungseffizienz er- 6,7,<br />
beim Energieverbrauch gen: höhen bei Geräten, Anlagen, 11<br />
Maschinen (z.B Haustechten<br />
(optimal:<br />
• ZIelwerte erreichen für Neubau·<br />
nik, Produktionsmaschinen,<br />
Niedrigenergiehaus)<br />
Haushaltsmaschinen...)<br />
• Sollwerte für Altbauten<br />
25.b Wärmerückgewinnung (Abwärmenutzung<br />
von<br />
• Ziel- <strong>und</strong> Sollwerte senken<br />
Heizung, Lüftung, Prozesswärme)<br />
25.c erhöhte Wärmedämmung<br />
bei Fenster- u. Wandteilen<br />
25.d transparente Wärmedämmung<br />
(Beschattung)<br />
25.e passive Solarnutzung (Ge·<br />
bäudeanordnung,<br />
nutzungsbedingte Orientierung<br />
der Räume innerhalb<br />
der Gebäude)<br />
25.f Optimierung Fenstergrösse!<br />
Kühllast/Heizlast je nach<br />
Nutzungsart<br />
25.g Tageslichtnutzung (<strong>durch</strong><br />
Fenster, Lichtschächte,<br />
Lichtleiter)<br />
2S.h Intelligente Heizungssteuerung<br />
(Gebäudeautomatisierung)<br />
25.1 Energiespeicherung kurzfristig<br />
<strong>und</strong> saisonal<br />
(Erdregister, Gebäudemasse)<br />
25.k Energieeffizienz im Verkehr<br />
erhöhen <strong>durch</strong> Förderung<br />
des öffentllchen Verkehrs,<br />
Beschränkung des Privatverkehrs,<br />
Minimierung der<br />
Transporte. Bahnanschluss<br />
2.6 Geringe Emissionen Emissionen bei der Entsorgung Einhaltung der Emissions-Grenz- 26.a Baustoffe wählen, die wei- 17,18<br />
werte bei der Entsorgung<br />
terverwendbar oder<br />
Schadstoffkonzentration, Gesamt·<br />
(Verbrennung, Deponie)<br />
unschädlich vernichtbar<br />
fracht {Summe aller Emissionen<br />
bezogen aufeinen Stoff)<br />
Senkung der Emissionen<br />
sind (auf PVC verzichten)<br />
Humantoxikologische {auf die Vermeidung der Ablagerung reakti-<br />
26.b Materialtrennung gemäss<br />
TVA (Wertstoffe, endlagermenschliche<br />
Ges<strong>und</strong>heit bezogene) onsfähiger Stoffe<br />
Auswirkungen<br />
fähige Stoffe).<br />
Vgl. auch die Massnahmen<br />
Ökologische (auf belebte <strong>und</strong><br />
22.a <strong>und</strong> 22.b, welche zu<br />
unbelebte Natur bezogene) Auswir'<br />
einer Verringerung der<br />
kungen (aquatisch, terrestrisch)<br />
Transportemissionen beitragen<br />
Saurer Regen (Versauerung)<br />
Treibhauseffekt<br />
Bildung photochemischer Oxidanlien<br />
(bspw. bodennahes Ozon)<br />
2.7 Bodenschutz: Biozönose $tandortspezifischer kritischer • keine Aufkonzentrierungen 27.a Vorsichtsmassnahmen beim 19<br />
Stofffluss<br />
• keine Verminderung der Frucht-<br />
Bauprozess <strong>und</strong> während<br />
der Betriebsphase<br />
Standortspezifische Fruchtbarkeit, barkeit<br />
Humusmächtigkeit<br />
• Bodenverdichtung vermeiden<br />
27.b keine schweren Baumaschi·<br />
nen<br />
Ökologische Auswirkungen:<br />
27.c kleines Gewicht pro Auflaterrestrisch<br />
{bodenbezogen)<br />
gefläche<br />
saurer Regen (Versauerung)<br />
Eutrophierung (Überdüngung)<br />
Fortsetzung lIer Tabelle «Natürlicher Stoffllaushalt ! Minimale <strong>Umwelt</strong>belastung» nächste seite<br />
136 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________________________________________.....,Umsetzung<br />
Fortsetzung der Tabelle «Natürlicller Stoffllausllalt / Minimale <strong>Umwelt</strong>belastllng»<br />
Ziele Kriterlell Allforderungen Massllahmellvorscliläge Ut.<br />
2.8 Bodenschutz: quantitativ flächenverbrauch • möglichst viele unversiegelte 28.a Kiesplätze statt Asphalt· 20<br />
Dauer der flächennutzung<br />
flächen<br />
plätze<br />
• nachhaltige flächenbewirt- 28.b flächenverbrauch mini·<br />
schaftung<br />
mieren<br />
28.c flächenrecycling<br />
2.9 Gewässerschutz: quantitativ Gr<strong>und</strong>wasserstand Gr<strong>und</strong>wassererhaltung: 29.a Bodenversiegelung niedrig 21<br />
Versiegelungsfläche/freie fläche • Trennsystem Regen zu Abwasser<br />
halten (Kiesplätze, Rasen·<br />
funktioniert 100%ig<br />
gittersteine, ...)<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserspeisung quanti-<br />
29.b Meteorwassernutzung<br />
tative erhalten (kein Absinken<br />
(Brauchwasser)<br />
des Gr<strong>und</strong>wasserspiegels) 29.c Versickerung von Meteorwasser<br />
• möglichst kleiner Versiegeiungs·<br />
anteil 29.d Wird Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />
beim Bau angeschnitten,<br />
muss unter dem f<strong>und</strong>ament<br />
des Gebäudes eine Sicker'<br />
packung eingebaut werden<br />
29.e Anzahl Untergeschosse an<br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegel an·<br />
.....~ass~~<br />
Wasserverbrauch Wasserverbrauch kleiner als 29,f Wasserverbrauch senken<br />
Abiotischer Ressourcenverbrauch<br />
180 Liter pro Person <strong>und</strong> Tag (Ökosteuer)<br />
29.g Meteorwassernutzung<br />
(Brauchwasser)<br />
2.10 Gewässerschutz: qualitativ • Gr<strong>und</strong>wasser- <strong>und</strong> Oberflächen- • Einhaltung der Grenzwerte 210.a Abwasser in ARA leiten 22,<br />
gewässerqualität<br />
(GSchG, VoA, USG)<br />
210.b Altlastensanierung<br />
23,<br />
• Qualität entsprechend vor·<br />
24,2S<br />
industriellem Zustand<br />
210.c Verwendung von biologisch<br />
gut abbaubaren Produkten<br />
• möglichst geringer Schadstoff·<br />
eintrag<br />
210.d Vorsichtsmassnahmen beim<br />
Bauvorgang (Ölabscheider,<br />
Sammelstellen auf Bau·<br />
stellen, Schulung der Bauarbeiter,<br />
Handling der<br />
Chemikalien, ...)<br />
210.e Richtlinien des AGW über<br />
Baustellenabwässer einhalten<br />
210J Emissionsverminderung<br />
2.11 Gewässerschutz: Biodiversität (Artenvielfa/t) Biodiversität entsprechend 211.a naturnahe Gewässerver- 26<br />
Biozönose (Vielfalt <strong>und</strong><br />
Stabilität<br />
unverbautem Zustand (vergl. 4.3) bauungen (keine Eindoh·<br />
Standortgerechtigkeit)<br />
lung oder Zubetonierung<br />
Ökologische Auswirkungen<br />
der Ufer, Begradigungen<br />
(aquatisch)<br />
vermeiden, keine Sohlen'<br />
Eutrophierung<br />
betonierung, standortgerechte<br />
Ufervegetation, ...)<br />
2.12 Luftqualität Konzentration von bodennahem • Grenzwerte einhalten 212.a Verkehrsreduktion an<br />
Ozon<br />
sonnenreichen Tagen<br />
• Konzentrationen senken<br />
212.b förderung des fuss· <strong>und</strong><br />
fahrradverkehrs<br />
Bildung photo-chemischer<br />
Oxidantien (Ozon)<br />
möglichst klein 212.c Emissionsverminderung bei<br />
Ozonvorläufersubstanzen<br />
(NOJ<br />
Konzentration zeitlich, räumlich Grenzwerte einhalten, Luftqualität 212.d förderung des ÖV<br />
von 1960 erreichen (gem. LRV) siehe auch Ressourcen·<br />
schonung bei der<br />
Energieproduktion .....<br />
Saurer Regen (Versauerung) möglichst klein 212.e Emissionsarme feuerungen<br />
Fortsetzullg der Tabelle «Natürlicher Stoffllauslialt / MIllimaie Umwel1belastllllg» IIlicliste Seite<br />
UNHaHstudie <strong>'95</strong> 137
umsetzung<br />
_<br />
SChlus der Tabelle «Natürlicher Stoffliausilalt I Minimale <strong>Umwelt</strong>belastung»<br />
Ziele Kriterien Anforderungen Massnabmenvorscilläge üt.<br />
2.13 Schutz der Ozonschicht Ozonzerstörungspotential der<br />
einzelnen Ozonkiller (FCKW)<br />
kein FCKW in Baustoffen 213.a Verwendung von Ersatz-<br />
stoffen<br />
Ozonschichtzerstörung<br />
Ozonschichtzerstörung keine FCKW in Kühl- <strong>und</strong> Klima- 213.b Verwenden von nicht<br />
anlagen, möglichst keine solchen ozonschädigenden Bau-<br />
Anlagen<br />
materialien in der Erstellungs-,<br />
Nutzungs- <strong>und</strong><br />
Abbruchphase<br />
213.c Ersatz (Nichteinbau) von<br />
Kühl- <strong>und</strong> Klimaanlagen<br />
sowie Materialien mit FCKW<br />
214.a Ersetzen von fossilen<br />
2.14 Keine anthropogen verur- Treibhauseffekt (global warming CO 2 -Emissionen auf vor 1960 sen- Energien mit erneuerbaren<br />
sachte Klimaveränderung potential) ken, auf keinen Fall zunehmend Energien: Solarenergie<br />
Anteil eines Stoffes auf den Treib-<br />
(Sonnenkollektoren, Photohauseffekt<br />
im Vergleich auf das<br />
voltaik), Erdwärme, Fernwärme<br />
Treibhausgas CO 2<br />
214.b CO 2 -Lenkabgabe<br />
siehe auch Ressourcenschonung<br />
bei der<br />
Energieproduktion<br />
3, Wirtschaftliddceit<br />
Ziele Kriterien Anforderungen Massnailmenvorscillige üt.<br />
3.1 Internalisierung der exter- Höhe der externen Kosten Minimale externe Kosten 31.a Einbezug externer Kosten 28,<br />
nen Kosten<br />
Kosten, die nicht <strong>durch</strong> Verursain<br />
die betriebliche Kosten- 29,30<br />
rechnung (weitere Massnahmen<br />
im bezug auf die<br />
eher bezahlt werden (Bsp. Schaden<br />
an Bauwerken <strong>durch</strong> Autoabgase,<br />
Schaffung geeigneter Rahdie<br />
nicht über den Benzinpreis<br />
menbedingungen: politische<br />
abgegolten werden)<br />
Dimension)<br />
3.2 Angemessene Kapitalverzin- Rendite l.langfristige Rendite (aufJahr- 32.a Staatliche förderungsmass- siehe<br />
sung<br />
zehnte hinaus betrachtet) nahmen für ökologisches 3.1<br />
Eine der Hauptfunktionen jedes<br />
Unternehmens.<br />
2.genügend hohe Rendite<br />
<strong>Bauen</strong><br />
3.3 Erhaltung der Anzahl <strong>und</strong> Anzahl genügend wohnnahe Arbeitsplätze 33.a Marketingstrategien für<br />
Qualität der Arbeitsplätze<br />
Qualität<br />
(bedeutet keine zusätzlichen<br />
potentielle Arbeitgeber in<br />
Arbeitsplätze)<br />
wohnungsdominiertem<br />
(Zugang zu öffentli~hen Räumen,<br />
Areal entwickeln<br />
Dienstleistungen., Offentlicher • kurze Arbeitswege<br />
Verkehr, ...)<br />
• Erfüllung aller sicherheitstechnischen,<br />
arbeitshygienischen <strong>und</strong><br />
ergonomischen Anforderungen<br />
(siehe gesetzliche Minimalanforderungen)<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche Anforderungen<br />
138 UNHalIstudie <strong>'95</strong>
----------------- Umsetzung<br />
4, Attraktives, räumliches Umfeld zum l.ebell, Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen (Nutzungsllrten)<br />
Ziele Kriterien Anforllerlll1gen Massullmel1vorsclilige Lit.<br />
4.1 Erhaltung der Standort· Standortattraktivität: • autofreie Wohngebiete 4l.a Erschliessung mit ÖV<br />
attraktivität<br />
Zugänglichkeit, Erschliessung<br />
(Tram, Bus)<br />
• gute Erschliessung für den nicht·<br />
<strong>und</strong> Infrastruktur motorisierten Individualverkehr 4l.b Förderung der Velowege<br />
(Velowege, ...)<br />
4l.c Parkplätze peripher anlegen<br />
• Einbettung in Verkehrsnetz<br />
o Läden, Kiosk, etc.<br />
4.2 Ausgeprägte Nutzungs· o Vorhandensein von verschie- • kleine Distanzen zw. Nu tzungs· 42.a Arealleitbild entwickeln<br />
<strong>durch</strong>mischung denen Nutzungen arten<br />
42.b offene Verhandlungen<br />
• Zugänglichkeit für verschiedene o verschiedenartige Nutzungen mit Interessengruppen<br />
Gruppen auf engem Raum (Quartierverein)<br />
• Nutzungsflexibilität • kein Getto schaffen 42.c sozialer Wohnungsbau<br />
• siehe auch 3.3 o J,1 der Gebäude nutzungsflexibel 42.d Strukturen die Austausch<br />
(Potential der Nutzungsentmischung<br />
<strong>und</strong> ElA Aufwand<br />
ermöglichen schaffen<br />
(öffentliche Plätze, Beizen,<br />
...)<br />
42.e Modulbauweise (zu· <strong>und</strong><br />
abschaltbare Wohnungsteile,<br />
Schaltzimmer)<br />
4.3 naturnahes Areal • Biodiversität o nur standortgerechte Arten 43.a WegefPlätze mit Kies oder<br />
o Biotopflächenfaktor (Anteil von<br />
pflanzen<br />
Mergel<br />
Biotopen an Gesamtfläche) • gefährdete Arten fördern 43.b Rasengittersteine vero<br />
arealtyp. Stadtlandschaftswenden<br />
• hohe Biodiversität<br />
elemente<br />
• Bodenversiegelung vermeiden/<br />
43.c unterschiedliche Nutzungs·<br />
• Vernetzung der verschiedenen Biotopflächenfaktor von 0.3<br />
intensitäten <strong>und</strong> -frequen·<br />
Lebensräume für pflanzen <strong>und</strong> anstreben<br />
zen auf Ruderalflächen pla·<br />
Tiere<br />
nen<br />
• Ruderalflächen <strong>und</strong> Brachen<br />
43.d Selbsterhaltung der<br />
• Spontanvegetation<br />
erstellen<br />
Ruderalflächen auf Gr<strong>und</strong><br />
• Naturnähe • Biotopverb<strong>und</strong>system von Nutzung, keine inten-<br />
• 5% der Arealfläche ist Spontansive<br />
Pflege<br />
vegetation 43.e Ruderalflächen HB <strong>und</strong> SEW<br />
o 30% der Arealfläche ist naturnah<br />
über das bestehende Industriegleis<br />
verbinden<br />
4.4 Angenehme räumliche o Ausnützungsziffer o AZ von 200-300% um städtisches 44.a in entsprechende Wohn-<br />
Gestaltung<br />
Leben zu fördern<br />
zonen einordnen,<br />
• Gebäudeteiligkeit (grosse<br />
Blöcke oder vielseitige Gebäude· o Wohnanteil von mindestens 30%<br />
Gestaltungspläne<br />
struktur) anstreben 44.b bei Etappierung aktives<br />
o Gestaltung des Aussenraumes<br />
Suchen <strong>und</strong> Öffnen von<br />
• Nischenbildung <strong>und</strong> Vernetzung<br />
von Teilflächen<br />
Freiflächen<br />
• Integration ins Umfeld<br />
44.c Stadtleitbild entwickeln<br />
o architektonische, planerische<br />
• Freiraumsicherung<br />
<strong>und</strong> soziale Einbindung in beste- 44.d Einbindung in Verkehrs·<br />
hende Strukturen (Angepasstheit konzept<br />
an bestehende Strukturen)<br />
44.e Freiflächen nicht in Rand·<br />
o vielfältige Freiflächen<br />
lage des Gebietes<br />
o Biotopflächenfaktor mln. 0.3 44,f Nutzungsform der Frei·<br />
(30% Biotopflächen) flächen zum Teil offen<br />
o ausgewogenes Angebot an<br />
lassen<br />
privaten, halb·öffentlichen,<br />
öffentlichen Freiflächen sowie<br />
Naherholungsgebieten <strong>und</strong> gute<br />
Zugänglichkeit dieser Flächen<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 139
Umsetzung ,...- ~ ~ _<br />
5. fördem"g des Wissens<br />
Ziele Kriterlell Allforclel'llllgell Massuhmellvorschläge W.<br />
5.! Förderung des ökologischen Kenntnis der Baustoffe bezüglich Einbau von ökologischem Know- 51.a Fortbildung der Architektln-<br />
Bewusstseins <strong>und</strong> Wissens Ökobilanz, Inhaltstoffe how in die Planung nen<br />
im Baubereich<br />
51.b ökologische Leistungsbeschreibung<br />
(NPK, (RB<br />
mit ökologischen Informationen-ergänzen)<br />
Transparenz der Baustoffe bzgl. Deklarationspflicht 51.c Angabe der eingesetzten<br />
ihrer Inhaltsstoffe<br />
Inhaltsstoffe (Deklarationsraster<br />
SIA, Sicherheitsdatenblätter)<br />
............................................. ···1<br />
Kenntnis <strong>und</strong> Akzeptanz der Konsequente <strong>und</strong> transparente 51.d Fortbildung der Mitarbeite-<br />
Abfalltrennung auf der Baustelle Abfalltrennung rinnen<br />
· ................................................<br />
Mitsprachemöglichkeiten Arbeit- grösstmögliche persönliche <strong>und</strong> 51.e Freie Gestaltungsmöglichnehmer<br />
kollektive Gestaltungsmöglich- keiten der Mieter in Mietkeiten<br />
verträgen berücksichtigen<br />
5.2 Förderung des Wissens • individueller Ressourcenbedarf • «Vermeiden - Vermindern - Ver- 52.a «Vermeiden - Verminder -<br />
um die Wechselwirkungen<br />
werten!» (Bsp. Abfälle)<br />
Verwerten» muss zu einer<br />
zwischen Wissen, Werten,<br />
• Bedürfnisse der Menschen <strong>und</strong><br />
der Gesellschaft<br />
• Wissen um Bedürfnisse, Urteil,<br />
allgemein anerkannten<br />
Handlungen, Bedürfnissen<br />
ob nötig oder nicht.<br />
Norm werden.<br />
<strong>und</strong> Rahmenbedingungen • Werthaltungen betreffend eigene<br />
(nicht nur im Baubereich!) Bedürfnisse <strong>und</strong> derjenigen der • Wissen um Rechtfertigungen,<br />
52.b Reflektion, Erkenntnisse<br />
Gesellschaft<br />
Urteil ob gerechtfertigt oder<br />
über eigentliche «(ondition<br />
nicht.<br />
Humaine» fördern, eigene<br />
• Erklärungsmuster für individuel-<br />
Bedürfnisse sollen nicht<br />
les <strong>und</strong> kollektives Verhalten<br />
mehr wert sein als diejenigen,<br />
die zur Erhaltung<br />
einer ges<strong>und</strong>en <strong>Umwelt</strong><br />
nötig sind (<strong>Umwelt</strong> =Teil<br />
von mir)?<br />
52.c Verb<strong>und</strong>enheit mit menschlicher<br />
<strong>und</strong> natürlicher<br />
<strong>Umwelt</strong> fördern (intensive<br />
Erlebnisse, Wissen um<br />
natürliche Abläufe)<br />
52.d Reflektion, Erkenntnisse<br />
über eigene Erklärungsmuster<br />
fördern (Ethische<br />
Reflektion, Gesellschaftskritik)<br />
5.3 Modellwirkung des • Bekanntheitsgrad • Öffentlichkeitsarbeit 53.a neue Technologien ein-<br />
Projektes<br />
• Grössenordnung<br />
• Pilotprojekte<br />
setzen<br />
53.b Messprojekt als Erfolgskontrolle<br />
• Integration in der Umgebung<br />
• Angepasstheit der verwendeten<br />
Technik<br />
140 UNS-FaHstudie<strong>'95</strong>
__________________________________________Umsetzung<br />
5.5 Massnahmenevaluation<br />
In diesem Kapitel werden die verschiedenen Massnahmen<br />
innerhalb eines Zieles miteinander verglichen.<br />
Jede Massnahme wird unter drei verschiedenen<br />
Gesichtspunkten betrachtet:<br />
Wirkungszusammenhang<br />
In diesen Spalten werden die Synergien rsp. die<br />
Konflikte jeder dieser Massnahmen im Hinblick auf<br />
die Umsetzung weiterer <strong>Umwelt</strong>ziele aufgezeigt<br />
(In den Tabellen mit den Spalten «+»rsp. «-» gekennzeichnet).<br />
Kosten<br />
Angaben zur Art der Kosten. Dabei wurden die folgenden<br />
Begriffe verwendet:<br />
, Substitutionskosten: Kosten beim Ersatz von einem<br />
Produkt A <strong>durch</strong> ein Produkt B (setzt sich zusammen<br />
aus den Einsparungen für A <strong>und</strong> den neuen<br />
Kosten für B).<br />
4> Investitionskosten: Kosten <strong>durch</strong> EinfÜhrung eines<br />
neuen Produktes, einer neuen Technologie oder<br />
einer neuen Art <strong>und</strong> Weise des Umgangs mit einer<br />
bestehenden Sache.<br />
• Unterhaltskosten: Kosten, welche beim Einsatz des<br />
Produktes X während seiner Lebensdauer entstehen.<br />
.. Verwaltungskosten: Kosten, um eine verwaltungstechnische<br />
Massnahme umzusetzen <strong>und</strong> dann auch<br />
<strong>durch</strong>zusetzen (Kontrollen etc.).<br />
.. Planerisch-konzeptionelle Mehrarbeit: Aufwandfaktor<br />
bei der Planung.<br />
.. Mit versus werden die neuen Kosten von den <strong>durch</strong><br />
die Massnahme wegfallenden, bisherigen Kosten<br />
getrennt (Investitionskostcn verSUS Kosten für Öl)<br />
heisst: neue Ausgaben <strong>durch</strong> die Investition in<br />
etwas; aber gleichzeitig geringere Kosten für Öl).<br />
Machbarkeit<br />
Bemerkung zur Durchführbarkeit (technisch, politisch,<br />
sozial, ökonomisch).<br />
Für Sie als Entscheidungsträger sind diese drei<br />
Kriterien resp. ihre Aussagen ein Teil der Abwägung.<br />
Die nächsten Schritte für Sie sind dann, basierend<br />
auf dieser Abwägung, die Entscheidung <strong>und</strong> Implementation.<br />
Unter dem Stichwort Fazit werden Einschätzungen<br />
aus unserer Perspektive, d.h. der Sicht von<br />
<strong>Umwelt</strong>wissenschaftlerInnen, wiedergegeben.<br />
Die nachfolgenden Tabellen halten sich an die<br />
Numerierung <strong>und</strong> Reihenfolge der vorangegangenen<br />
Tabelle mit den Zielen, Kriterien, Anforderung <strong>und</strong><br />
Massnahmen. Die Resultate der Evaluation werden<br />
aus Platzgründen in Stichworten wiedergegeben.<br />
1. Zielbereich l.ebensq.uditdr<br />
1.1 Ge.nnulheit<br />
Massllallme<br />
+<br />
Wirkllllgszusammellilull KosteIl Macllllarirleit<br />
Il.a<br />
Giftklassefreie<br />
Baustoffe<br />
• Einfachere Entsorgung<br />
• Gewässerschutz<br />
• Luftqualität<br />
• Evtl. Dauerhaftigkeit<br />
(zoB. unbehandeltes Holz)<br />
Substitutionskosten,<br />
(höher/tiefer möglich)<br />
Produktabhängig<br />
(zoB. Holz in Innenräumen)<br />
Il.b<br />
Formaldehydfreie<br />
Baustoffe<br />
• Luftqualität im Inn~nraum<br />
verbessert<br />
• Störfälle weniger gravierend<br />
• Schutz der Ozonschicht<br />
• Evtl. Probleme mit Ersatzstoffen<br />
(z.B. Isocyanat in<br />
Spanplatten)<br />
• Dauerhaftigkeit<br />
Substitutionskosten<br />
Viele Alternativen vorhanden,<br />
Produkt- <strong>und</strong> anwendungsabhängig<br />
Il.c<br />
Baustoffe mit selbständiger<br />
Regulierung<br />
des Innenraumklimas<br />
• Luftqualität im Innenraum<br />
• Lüftungsanlagen redimensionieren<br />
• Evtl. erhöhte Brandgefahr Substitutionskosten, sinkend Alternativen vorhanden<br />
<strong>durch</strong> Wegfall von Lüftungs- (zoBo Isolation aus Altpapier)<br />
anlagen<br />
Fazit.: Bestes Ergebnis <strong>durch</strong> Kombination aller Massnahmen. Eine Umsetzung sollte möglich sein; es können<br />
technische Probleme (Dauerhaftigkeit, Brandschutz) auftreten.<br />
UNHalIstudie <strong>'95</strong> 141
umsetzung<br />
_<br />
1.2 Angenehmer SehtdIpegel<br />
Massnahme<br />
+<br />
WirklIngszusammenhang Kosten Machharkeit<br />
12.a Sinnvolle Anordnung<br />
der Gebäude sowie der<br />
Nutzungen innerhalb<br />
der Gebäude<br />
• Wohlbefinden, geringere<br />
Personalausfallquote<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit<br />
Generell machbar, in frühem<br />
Planstadium zu berücksichtigen<br />
12.b Schallschutzfenster<br />
• Wohlbefinden, vgl. 12.a<br />
Substitutionskosten (teurer<br />
als normale Fenster)<br />
Generell machbar<br />
(Kosten beträchtlich)<br />
12.c Störende Lärmquellen • Wohlbefinden, vgl. 12.a<br />
im Gebäude vermeiden<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit<br />
Generell machbar<br />
12.d Arealinterne Verkehrs- • Standortattraktivität<br />
begrenzung<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• evtl. Luftqualität<br />
Baukosten, Verwaltungskosten,<br />
Unterhaltskosten<br />
möglich, eingeschränkt<br />
<strong>durch</strong>: Bequemlichkeit der<br />
Bewohner, Belieferung der<br />
Betriebe<br />
12.e Arealexterne Verkehrs- • Standortattraktivität<br />
einschränkungen (z.B. (Wohnen)<br />
Tempolimit auf der<br />
Hardbrücke/pfingstweidstrasse)<br />
•<br />
• Luftqualität<br />
Freizeitmöglichkeiten<br />
• Verlagerung des Problems<br />
Planungskosten,<br />
Baukosten,<br />
Verwaltungskosten<br />
Politische Akzeptanz fraglich<br />
Fazit: Die Symptombekämpfung (z.B. Schallschutzfenster) sind generell einfacher zu realisieren, eine<br />
Ursachenbekämpfung wäre aber effektiver <strong>und</strong> hätte auch weitere entlastende Effekte (z.B.auf die Luftqualität).<br />
1.3 InteresSlulte freizeitmöglichkeiren<br />
Massnanme<br />
+<br />
Wirkllllgszusammenhang Kosten Machbarkeit<br />
13.a Erholungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Begeg-<br />
• Evtl. Synergien zu natur-<br />
nahem Areal<br />
nungszentren schaffen • Standortattraktivität<br />
• Evtl. Widersprüche zu<br />
naturnahem Areal<br />
• Mehr Bauten nötig<br />
Baukosten (Infrastruktur),<br />
evtl. Unterhaltskosten<br />
Generell machbar (Bedarfsplanung<br />
einbeziehen)<br />
1.4 Identifilunion mit dem Quartier<br />
MasslIlInme<br />
+<br />
Wlrllungszusammenhang Kosten Macbbarlleit<br />
14.a Begegnungszentren • Freizeitmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> kulturelle Zentren<br />
schaffen<br />
• Standortattraktivität<br />
• Mehr Bauten nötig<br />
Baukosten (Infrastruktur),<br />
evtl. Unterhaltskosten<br />
Generell machbar (Nachfrage<br />
prüfen)<br />
14.b Orientierungspunkte<br />
hervorheben, bzw.<br />
schaffen<br />
• <strong>Umnutzung</strong> bestehender<br />
Gebäude<br />
• Standortattraktivität<br />
Planungs- <strong>und</strong> Baukosten<br />
(Integration von Alt in Neu)<br />
sofern vorhanden möglich<br />
142<br />
UNS'<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
---- umsetzung<br />
1.5 Angenehmes Stadtklima<br />
Massnallllle<br />
+<br />
Wirkungsmsamlllenllang Kosten Macllbarkeit<br />
Is.a<br />
Luftzugang nicht<br />
verbauen<br />
• Luftqualität, Klima<br />
• evtl. Lärmschutz<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit, Planungskosten,<br />
Baukosten, Unterhaltskosten<br />
Generell machbar, Berücksichtigung<br />
bei der Planung<br />
Is.b<br />
Is.c<br />
Grünräume mit ausreichender<br />
Vegetation<br />
Architektonische Massnahmen,<br />
um Düseneffekte<br />
zu vermeiden<br />
• Luftqualität<br />
• Naturnahes Areal<br />
• freizeitmöglichkeiten<br />
• Standortattraktivität<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Beschattung je nach<br />
Nutzung des Gebäudes<br />
erwünscht<br />
• Evtl. Lärmschutz<br />
Planungskosten, Baukosten,<br />
Unterhaltskosten<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit<br />
Machbar<br />
Generell machbar, Berücksichtigung<br />
bei der Planung<br />
Fazit: Bei der Umsetzung der baulichen Massnahmen muss darauf geachtet werden, dass kein Konflikt mit<br />
dem Lärmschutz entsteht.<br />
1.6 Ökologisch sinnvolle Arcllitektlu' <strong>und</strong> Ästhetik<br />
Massnalillle<br />
+<br />
WirkuDgszlISllllllllenhang<br />
Kosten<br />
Machbarkeit<br />
16.a Baukonstruktionstyp<br />
mit ökologisch unbedenklichen<br />
Auswirkungen<br />
wählen<br />
• Luftqualität<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Ressourcenschonung<br />
• Gewässerschutz<br />
• Bodenschutz<br />
• gestalterische freiheiten<br />
eingeschränkt<br />
Planungskosten, Substitutionskosten<br />
möglich aber:<br />
• Willensfrage<br />
• Wissensfrage<br />
• Erfahrungsfrage<br />
• Akzeptanz<br />
Fazit: Eine geschickte Umsetzung unterstützt zusätzlich viele weitere ökologische Anliegen.<br />
UNHalIstudie <strong>'95</strong> 143
Umsetzung ~ _<br />
2. Zielbereich natürlicher Stoffhalshalt I miadmale <strong>Umwelt</strong>belastllng<br />
2.1 Ressolrcensdumung (allgemein)<br />
Massuahme Wir!luullszusammeuhaull Kosteu Machbarltelt<br />
+ -<br />
21.a Erneuerbare Energie- - Luftqualität - Dach·/ Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten, Generell machbar (lange<br />
träger verwenden:<br />
- Energetische Unabhängig· -Ästhetik?<br />
Unterhaltskosten versus Amortisationszeit)<br />
Stromkosten<br />
- Photovoltaik keit<br />
- Graue Energie<br />
• Entsorgung<br />
• Sonnenkollektoren • Luftqualität - Konflikt mit Dach·/ Investitionskosten, Unter· Generell machbar<br />
Fassadenbegrünung<br />
• Energetische Unabhängighaltskosten<br />
versus Kosten<br />
keit<br />
für Öl/Gas<br />
• Angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
- Ästhetik<br />
• Biomasse • Energetische Unabhängig- - Luftqualität Anlagekosten, Unterhalts' Generell machbar (Verfügkeit<br />
kosten, Kosten für Verwer· barkeit des entsprechenden<br />
- evtl. Gerüche<br />
tung der Biomasse versus<br />
- Denzentralisierung<br />
Brennstoffes oder Gärgases)<br />
Kosten für Öl/Gas<br />
- (02·neutral<br />
- Abfallverwertung . .. ........<br />
............ .............<br />
• Wind • Luftqualität • Ästhetik? Hohe Investitionskosten, Bedingt machbar (starke<br />
Unterhaltskosten versus geographische Abhängigkeit)<br />
• Energetische Unabhängig- • Angenehme räumliche<br />
Stromkosten<br />
keit<br />
Gestaltung<br />
• Graue Energie<br />
• Lärmbelastung<br />
• Blitzgefahr<br />
• Wasser • Luftqualität .~·aqüäi:Ok~systeme Anlagekosten, Unterhalts- Generell machbar (Gewässer)<br />
kosten versus Stromkosten<br />
• Energetische Unabhängig·<br />
keit<br />
• Geothermie • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>· Hohe Investitionskosten, Bedingt machbar (stark Stan·<br />
wasser Unterhaltskosten versus dortabhängig)<br />
Stromkosten<br />
21.b Erneuerbare Materia- • (02- neutral • Billigholz aus Tropen Substitutionskosten möglich, aber Holz kann<br />
lien verwenden<br />
nicht für jede Konstruktion<br />
(z.B. Holz)<br />
• Förderung der Holzwirt- - Förderung von Monokul·<br />
eingesetzt werden<br />
schaft<br />
turen<br />
• Lange Nutzungsdauer<br />
(Holzschutzmittel)<br />
Fazit: Es sind viele alternative Möglichkeiten vorhanden! Jedes Projekt muss individuell energetisch optimiert<br />
werden. Das Umfeld hat einen grossen Einfluss darauf, welche Möglichkeit(en) in einem bestimmten<br />
Fall die Beste(n) ist (sind).<br />
MasSllabme<br />
+<br />
Wlrkuullszusammellhaug<br />
Kostell<br />
Mac:bbllrkelt<br />
22.a Rückgriffauf lokale<br />
Ressourcen<br />
• Graue Energie<br />
• Erhaltung v. Arbeitsplätzen<br />
• Klimaveränderung<br />
- Nicht alle Ressourcen vor·<br />
handen<br />
Substitutionskosten<br />
Bedingt machbar (Abhängig<br />
von den Ressourcen)<br />
22.b Computergestützte<br />
Logistik<br />
• Graue Energie<br />
• Luftqualität<br />
• Verringerung des Verkehrs<br />
• Lärmpegel<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit, Investitions·<br />
kosten versus Arbeitskosten<br />
Schwierig <strong>durch</strong>setzbar<br />
(Konkurrenzkampf in Transportbranche)<br />
Fazit: Schwierig Umzusetzen zum jetztigen Zeitpunkt (tiefe Transportkosten, beschränkte lokale Ressourcen)<br />
- man braucht eine Erhöhung der Transportkosten, damit dies überhaupt attraktiv wird.<br />
144 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Umsetzung<br />
2.3 Ressourcenschenumg bei Marerialhersrellung<br />
Massnabme WirkllngsZllSilmmenbang Kosten Macililarkeit<br />
+<br />
23.01 Erneuerbare Materialen • (0 2- neutral • Billigholz aus Tropen Substitutionskosten Möglich,aber Holz kann nicht<br />
verwenden (Holz)<br />
• Förderung der Holzwirt- • Förderung von Monobei<br />
jeder Konstruktion eingeschO1ft<br />
kulturen<br />
setzt werden<br />
• Lange Nutzungsdauer<br />
(Holzschutzmittel)<br />
23.b <strong>Umnutzung</strong> bestehen- • Identifikation mit Quartier • Evtl. Nachbesserungen älte- Renovationskosten versus Bedingt machbar (abhängig<br />
der Bauten <strong>durch</strong><br />
rer Gebäude punkto Neubaukosten vom Bauwerk)<br />
Nutzungsflexibilität,<br />
• Integration<br />
Wärmedämmung <strong>und</strong><br />
Modulartig <strong>Bauen</strong> • Nutzungs<strong>durch</strong>-mischung Schallschutz nötig<br />
Akzeptanz <strong>und</strong> Komfortansprüche<br />
prüfen<br />
• Weniger Bauabfälle<br />
23.c Langlebige Bau- • Entsorgung • Dauerhaftigkeit z.T. Substitutionskosten versus Generell machbar<br />
materialien: witte- beschränkt (Holz) Unterhaltskosten<br />
rungs-, hitze- <strong>und</strong><br />
alterungsbeständig<br />
23.d Lange Nutzung der • Entsorgung • Nutzungsflexibilität evtl. höhere Unterhaltskosten Bedingt machbar (abhängig<br />
Gebäude, hohe Aus-<br />
• Architektur/Ästhetik<br />
von Bauwerk <strong>und</strong> Nutzungsnutzung<br />
entwicklung)<br />
• angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
23.e Baustoffe mit geringer • Klimaveränderung Substitutionskosten Generell machbar<br />
grauer Energie<br />
• Luftqualität<br />
• Förderung der Lokalwirtschaft<br />
23.f Rückbaugerecht • Recycling • <strong>Umnutzung</strong> bestehender Planerisch-konzeptionelle Bedingt machbar (abhängig<br />
<strong>Bauen</strong>, geringe Kom-<br />
• Entsorgung (weniger Depo-<br />
Bauten? Mehrarbeit von fallspezifischen<br />
plexität, Verb<strong>und</strong>nieraum<br />
benötigt)<br />
•. Nutzungsflexibilität?<br />
Nutzungsansprüchen)<br />
materialien vermeiden<br />
• Verbrauch unproblemati' • Langlebigkeit der Gebäude<br />
scher Materialien<br />
• Architektur/Ästhetik<br />
23.g Materialtrennung beim • Entsorgung (weniger Depo- • Mehraufwand Höhere Kosten <strong>durch</strong> Mehr- Generell möglich, vgl. Kon-<br />
Abbruch nieraum nötig) aufwand, Einsparungen zepte zur Bauabfallbewirt<strong>durch</strong><br />
geringere Entsorgungs- schaftung (z.B. SBV)<br />
• Auswirkungen Boden/<br />
Wasser geringer<br />
kosten <strong>und</strong> Erträgeaus Recycling:<br />
Weniger Kosten, jedoch<br />
• Recycling<br />
abhängig vom Grad des Rückbaues<br />
• Förderung des<br />
ökologischen Bewusstseins<br />
23.h Verhältnis Stabilität- • Nutzungsflexibilität • Nutzungsbedingte Anwen- Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />
Materialmenge<br />
dungen Mehrarbeit<br />
• Lange Nutzung der Gebäu-<br />
hwie23.f)<br />
optimieren nach baude<br />
statischen<br />
Gesichtspunkten<br />
23.i Recyclingmaterial ein- • Entsorgung (weniger Depo- • Dauerhaftigkeit Substitutionskosten<br />
setzen<br />
nieraum nötig)<br />
• evtl. problematische<br />
• Förderung des<br />
Inhaltsstoffe<br />
ökologischen Bewusstseins<br />
• Auswaschung (Belastung<br />
für Boden/Wasser)<br />
Möglich, aber stark von der<br />
Art des Produktes abhängig<br />
Fazit: Durch entsprechende Planung kann unnötiger Materialaufwand vermieden werden. Beachtung ist den<br />
Rückbaumöglichkeiten <strong>und</strong> der Dauerhaftigkeit zu schenken.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 145
umsetzung<br />
_<br />
2.4 Resso,m::ensdlOnllng bei der EnergieprodIktion<br />
Musnahme Wirkungszusammenhang Kosten Machbarkeit<br />
+ -<br />
24.a Fernwärme • Ressourcenschonung • Abhängigkeit Anschlusskosten (v.a. bei Bedingt machbar (stark<br />
vorh. Häusern), Investitions-<br />
• Luftqualität<br />
standortabhängig)<br />
kosten versus Kosten für Öl<br />
• Ausnützung von Abwärme<br />
24.b Passive Solarnutzung • Minimierung des Energie- • Vernetzung von Lebens- Planerisch-konzeptionelle Generell machbar (Muss<br />
verbrauches räumen? Mehrarbeit, evtl. höhere bei Planung in frühem<br />
Investitionskosten versus<br />
• Tageslichtnutzung • Gebäudeteiligkeit?<br />
Stadium berücksichtigt<br />
Kosten für Strom/Öl werden)<br />
• Lärmschutz<br />
24.c Sonnenkollektoren • Luftqualität Konflikt mit Dach-/ Investitions kosten, Unter- Generell machbar<br />
• Energetische Unabhängig-<br />
Fassadenbegrünung haltskosten versus Kosten<br />
keit<br />
• Angenehme räumliche<br />
für Öl/Gas<br />
Gestaltung<br />
• Ästhetik<br />
24.d Photovoltaik • Luftqualität • Dach-/Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten, Generell machbar (lange<br />
• Energetische Unabhängig-<br />
Unterhaltskosten versus Amortisationszeit)<br />
• Ästhetik?<br />
keit<br />
Stromkosten<br />
• Graue Energie<br />
• Entsorgung<br />
24.e Wärme-Kraft-Koppe- • Luftqualität • nicht-erneuerbare Energie Investitionskosten versus Möglich, v.a. bei grösseren<br />
lung (Prozessenergie)<br />
Kosten für Öl<br />
Bauten rentabel<br />
• Energieverbrauch<br />
24.f Erdwärme • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>- Hohe Investitionskosten Bedingt machbar (stark<br />
wasser versus Kosten für Öl standortabhängig)<br />
• Energetische Unabhängig-<br />
keit<br />
Fazit: Viele Alternativen vorhanden, aber zum Teil noch mit beschränkter Wirtschaftlichkeit! Das Umfeld hat<br />
grossen Einfluss auf die Art der Umsetzung.<br />
146 UNS-fallstudie <strong>'95</strong>
___________________~<br />
Umsetzung<br />
Massllallme<br />
+<br />
Wlrkllllgs:msammeuug<br />
Kastell<br />
25.a Umwandlungseffizienz • Minimierung des Energie·<br />
erhöhen<br />
verbrauches<br />
Entwicklungskosten,<br />
Forschungskosten, Substi·<br />
tutionskosten versus Kosten<br />
für Strom/Öl<br />
bedingt machbar<br />
(Forschungsbedarfl<br />
25.b Wärmerückgewinnung • Luftqualität<br />
• Problem oft Wärmeabzug,<br />
nicht Zufuhr (Bürogebäude)<br />
• Transportverluste<br />
Investitionskosten versus<br />
Kosten für Strom/Öl<br />
Genereli machbar, z.T. ge·<br />
setzlich vorgeschrieben (KVA)<br />
25.c Erhöhte Wärme- • Dach·/ Fassadenbegrünung • Luftqualität in Innen- Investitionskosten versus<br />
dämmung bei Fenstern räumen Ue nach Material) Kosten für Strom/Öl<br />
<strong>und</strong> Wänden • Schallpegel<br />
• z.T. Verbrauch nicht er·<br />
neuerbarer Ressourcen<br />
(z.B. Steinwolle)<br />
• Chemische Zusätze zur<br />
Bindung der Fasern<br />
25.d Transparente Wärme· • evtl. Schallpegel • evtl. Angenehme räumliche Planerisch·konzeptionelle<br />
dämmung<br />
Gestaltung<br />
Mehrarbeit, evtl. höhere<br />
(Beschattung)<br />
• angenehmes Stadtklima<br />
Investitionskosten versus<br />
• Lüftungsanlagen redimen'<br />
• evtl. Ästhetik<br />
Kosten für Strom/Öl<br />
sionieren<br />
Generell machbar<br />
Generell machbar (Muss in<br />
frühem Stadium berücksich·<br />
tigt werden)<br />
25.e Passive Solarnutzung • Minimierung des Energie·<br />
verbrauches<br />
• Tageslichtnutzung<br />
• Vernetzung von Lebensräu·<br />
men?<br />
• Gebäudeteiligkeit?<br />
• Lärmschutz<br />
Planerisch·konzeptionelle<br />
Mehrarbeit, evtl. höhere<br />
Investitionskosten versus<br />
Kosten für Strom/Öl<br />
Generell machbar (Muss in<br />
frühem Stadium berücksich·<br />
tigt werden)<br />
25.f Optimierung Fenster- • Wärmerückgewinnung • Nutzungsflexibilität Planerisch·konzeptionelle<br />
grösse/Kühllast/Heizla machbar, wo.sie gebraucht Mehrarbeit, evtl. höhere<br />
st je nach Nutzung wird Investitionskosten versus<br />
Kosten für Strom/Öl<br />
25.g Tageslichtnutzung • Passive Solarnutzung • Optimierung Fenster- evtl. Investitionskosten<br />
grösse/etc.<br />
(grössere Fenster) versus<br />
Kosten für Strom/Öl<br />
• Wärmedämmung<br />
25.h Gebäudeautomatisie- • Wärmerückgewinnung • Wirksamkeit nimmt stark Investitionskosten versus<br />
rung ab, wenn System nicht im Kosten für Strom/Öl<br />
optimalen Bereich läuft<br />
25.1 Energiespeicherung • Luftqualität • Eingriffe in Boden (gering) Planerisch·konzeptionelle<br />
(kurzfristig <strong>und</strong><br />
Mehrarbeit, Investitionssaisonal)<br />
• Erdwärme<br />
kosten versus Kosten für<br />
• Gebäudeautomatisierung<br />
Strom/Öl<br />
Generell machbar<br />
(Nachfrageprognose)<br />
Generell machbar<br />
Generell machbar<br />
(z.B. Metron Gebäude in<br />
Brugg/neues Maschinenbau'<br />
gebäude Clausiusstr. ETH)<br />
Z.T. möglich<br />
25.k Energieeffizienz im<br />
Verkehr erhöhen<br />
<strong>durch</strong>: Förderung des<br />
ÖV, Beschränkung Pri·<br />
vatverkehr, ...<br />
• Lärmpegel<br />
• Weniger Parkplätze<br />
• Luftqualität<br />
• Förderung des<br />
ökologischen Bewusstseins<br />
• COrAusstoss verringert<br />
I • Individuelle Mobilität ein·<br />
geschränkt<br />
• Arbeitsplätze<br />
Flächenverbrauch<br />
Planungskosten, Realisie·<br />
rungs· <strong>und</strong> Umsetzungs·<br />
kosten, Unterhaltskosten<br />
versus Kosten für Individual·<br />
verkehr<br />
Möglich, aberz.T. schwierig<br />
<strong>durch</strong>setzbar<br />
Fazit: Massnahmen im Bereich Verkehr sind sehr schwierig umzusetzen. Bei der Gebäudeplanung ist so vor~<br />
zugehen, dass möglichst wenig technische Installationen nötig werden (d.h. passive Solarnutzung, Beschat~<br />
tung, etc.).<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 147
umsetzung<br />
_<br />
2.6 Geringere Emissionen<br />
Massnabme<br />
+<br />
WirkungszlISammenhang Kosten Macbbarkeit<br />
26.a Baustoffe wählen, die<br />
weiterverwendbar oder<br />
unschädlich vernichtbar<br />
sind, auf PVC verzichten<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Recycling<br />
• Deponieraum<br />
Substitutionskosten Ue nach<br />
Baustoff teurer)<br />
In den meisten Fällen machbar<br />
(Angebotsabhängig)<br />
2.7 Bodenschutz (qualitativ, Spoden als Biozön.ose)<br />
Massnallme<br />
+<br />
Wirkungszusammenllang Kosten Machharkeit<br />
27.a Sanierung der Alt- • Bodenschutz<br />
lasten <strong>und</strong> Vermeidung<br />
von zukünftigen Altlasten<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Standortattraktivität<br />
• Grösserer Aushub<br />
• Deponieraum<br />
• Risiko Gr<strong>und</strong>wasserverschinutzung<br />
bei Sanierung<br />
Sanierungkosten<br />
Vollständige Sanierungen<br />
wirtschaftlich nicht tragbar)<br />
27.b Vorsichtsmassnahmen • qual. Gewässerschutz<br />
bei Bauprozess <strong>und</strong><br />
während der Betriebsphase<br />
• Bodenschutz<br />
Planerisch-konzeptionelle<br />
Mehrarbeit, Investitionskosten,<br />
evtl. Ausbildungskosten<br />
Generell machbar, vorgeschrieben<br />
(organisatorisches<br />
Problem)<br />
27.c keine schweren Bau- • Bodenverdichtung vermaschinen,<br />
kleines meiden<br />
Gewicht pro Auflagefläche<br />
Baukosten<br />
Möglich, aber nicht bei jedem<br />
Bauprojekt<br />
Fazit: Das Problem des Bodenschutzes ist v.a. während der Bauphase zu beachten. Wichtig ist es für all jene<br />
Flächen, die Freiflächen bleiben. Das Altlastenproblem ist stark Situationsabhängig.<br />
2.8 Bodenschutz (quan.titativ)<br />
Massnshme<br />
+<br />
Wirkoogszusammenhsng Kosten Msclibarkelt<br />
28.a Kiesplätze statt<br />
Asphaltplätze<br />
28.b Flächenverbrauch<br />
minimieren<br />
28.c Flächenrecycling<br />
• Naturnahes Areal • Qualitativer Unterhaltskosten versus Bau- Z.T. machbar<br />
Gewässerschutz (v.a. bei kosten<br />
• Gr<strong>und</strong>wassererhaltung<br />
Unfällen)?<br />
• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />
pflanzen<br />
• pflege<br />
• Wenig versiegelter Boden<br />
• Rollstuhlgängigkeit?<br />
• Naturnahes Areal • evtl. Raumplanung evtl. höhere Baukosten ver- Möglich, sofern Bauordnung<br />
sus geringere Landkosten<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserschutz • Ästhetik, Wohnlichkeit<br />
es zulässt<br />
(Hochhaus)<br />
• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />
pflanzen<br />
• Verkürzung Verkehrswege<br />
• Naturnahes Areal • Umzonung evtl. höhere Baukosten ver- Möglich, je nach Situation<br />
sus geringere Landkosten<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserschutz • Ästhetik, Wohnlichkeit<br />
(Hochhaus)<br />
• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong><br />
pflanzen<br />
• evtl. Denkmalschutz<br />
148<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________________Umsetzung<br />
2.9 Gewiisserschutz (quantitativ)<br />
Massnabme Wirkungszusammenbang Kosten Macbllarkeit<br />
+ -<br />
29.a Bodenversiegelung • Naturnahes Areal • Qualitativer Unterhaltskosten versus Bau- Richtlinie des AGW über die<br />
niedrig (Kiesplätze,<br />
Gewässerschutz (Unfälle) kosten<br />
• Gr<strong>und</strong>wassererhaltung<br />
Versickerung von Meteowas-<br />
Rasengittersteine)<br />
ser<br />
• Lebensraum für Tiere <strong>und</strong> • Pflege<br />
pflanzen<br />
• Rollstuhlgängigkeit<br />
• Quantitativer Bodenschutz<br />
29.b Meteorwassernutzung • Ressourcenschonung • Evtl. Nutzungsflexibilität Planerisch-konzeptionelle Möglich, Frage der Akzeptanz<br />
Mehrarbeit, Investitionskosten<br />
(Haustechnik) versus<br />
Kosten für Wasser<br />
29.c Versickerung von Me- • Lebensraum für Pflanzen, • Platzverbrauch Baukosten, Unterhaltskosten Muss situationsbezogen<br />
teorwasser<br />
<strong>und</strong> Tiere<br />
• Sicherheit für Kinder<br />
abgeklärt werden<br />
• Kann ästhetisch ansprechend<br />
wirken, Höhere<br />
Lebensqualität<br />
29.d Wird Gr<strong>und</strong>wasser- Planerisch-konzeptionelle Muss situationsbezogen<br />
leiter bei Bau ange- Mehrarbeit abgeklärt werden<br />
schnitten, muss unter<br />
dem F<strong>und</strong>ament des<br />
Gebäudes eine Sickerpackung<br />
eingebaut<br />
werden<br />
29.e Anzahl Untergeschos- • Weniger Aushub • Einschränkung der Wirt- Planerisch-konzeptionelle<br />
se dem Gr<strong>und</strong>wasser- schaftlichkeit Mehrarbeit, Wirtschaftlichkeit<br />
spiegel anpassen<br />
versus Baukosten<br />
• Nutzungsflexibilität<br />
29,f Wasserverbrauch sen- • Ressourcenschonung Mehreinnahmen für Wasser- politisch schwer <strong>durch</strong>ken<br />
<strong>durch</strong> entspr. versorgung (öffentliche setzbar, Anreiz schaffen<br />
Lenkungsabgabe<br />
Hand)<br />
.....<br />
MÖglich<br />
Fazit: Planerisch sind hier viele Verbesserungen möglich; problematisch ist, dass das Gut «Wasser» praktisch<br />
gratis ist.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 149
Umsetzung_~<br />
_<br />
2.10 Gewiissem:hutz (qualitativ)<br />
Massnahme<br />
+<br />
WirkungszusammenMlIIg<br />
Kosten<br />
Machliarkeit<br />
210.a Abwasser in ARA • Bodenschutz<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
Investitionskosten, Baukosten,<br />
Unterhaltskosten<br />
Gesetzlich vorgeschrieben<br />
(GSchG)<br />
210.b Altlastensanierung<br />
• Bodenschutz<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Standortattraktivität<br />
• Grösserer Aushub<br />
• Deponieraum<br />
• Risiko der Gr<strong>und</strong>wasserverschmutzung<br />
bei Sanierung<br />
• sanierungsaufwand<br />
Sanierungkosten<br />
Totalsanierung meist wirtschaftlich<br />
nicht tragbar<br />
(abhängig von Art der<br />
Verschmutzung, Geländenutzung,<br />
...)<br />
210.c Emissionsverminderung<br />
• Gr<strong>und</strong>wasserschutz<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Naturnahes Areal<br />
evtl. Investitionskosten<br />
Möglich <strong>und</strong> z.T. gesetzlich<br />
vorgeschrieben (GSchG)<br />
210.d Verwendung von biolo- • Ges<strong>und</strong>heit<br />
gisch gut abbaubaren<br />
Produkten<br />
• Luftqualität der Innenräume<br />
• Aufwand für gleiche Reinigungsleistung<br />
evtl. grösser<br />
Substitutionskosten<br />
Generell machbar<br />
210.e 'Vorsichtsmassnahmen<br />
beim Bauvorgang<br />
(Ölabscheider, sammelstellen....)<br />
• Bodenschutz<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Gewässerschutz<br />
• Förderung des ökologischen<br />
Bewusstseins<br />
• Evtl. Verlängerung der Bau-.<br />
zeit<br />
Ausbildungskosten<br />
Generell machbar<br />
210.f Richtlinien des AGW<br />
über Baustellenabwässer<br />
einhalten<br />
• Bodenschutz • Evtl. Graue Energie evtl. Baukosten Generell machbar<br />
Fazit: Vieles ist gesetzlich geregelt, aber kann nicht konsequent vollzogen werden.<br />
2.11 Gewässerschutz (Biozönose - Vielfalt <strong>und</strong> Standortgerechtigkeit)<br />
Massnahme<br />
+<br />
Wirkungszusammenhang Kosten Machharkeit<br />
211.a Naturnahe Gewässerverbauung<br />
• Quantitat. Gewässerschutz<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Standortattraktivität<br />
• Evtl. Problem mit Altlasten<br />
• Platzbedarf<br />
Renaturierungskosten<br />
Möglich, situationsabhängig<br />
Fazit: Umsetzung ist sehr wichtig - sie zeigt dann, wie effektiv dieses Ziel erreicht wird.<br />
150 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
--------------------------------- Umsetzung<br />
2.12 Luftqualitiit<br />
Massnalime WirklingszlIsammenliang Kosten Macliilarkeit<br />
+ -<br />
212.a Verkehrsreduktion an. • Ges<strong>und</strong>heit Verwaltungskosten Politische Akzeptanz nicht<br />
sonnenreichen Tagen<br />
gegeben, Vollzugskonflikt<br />
(Privatverkehr) • Lärm<br />
• Förderung des ökol. Bewusstseins<br />
212.b Förderung des Fuss- • Ges<strong>und</strong>heit • Evtl. weniger Grünflächen Planerisch-konzeptionelle Neue Wege generell machbar,<br />
<strong>und</strong> Fahrradverkehrs<br />
Mehrarbeit, Baukosten<br />
• Lärmbelastung<br />
Umfunktionierung von<br />
Strassen evtl. schwierig<br />
• Wopnlichkeit im Quartier<br />
• Standortattraktivität<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
212.c Emissionsverminde- • Ges<strong>und</strong>heit Investitionskosten Generell machbar z.T. gesetzrung<br />
der Ozon-<br />
(Entstickungsanlagen)<br />
• Standortattraktivität<br />
lich vorgeschrieben<br />
vorläufersubstanzen<br />
• Schutz Ozonschicht<br />
212.d Förderung des ÖV • Lärmpegel • (Individuelle Mobilität ein- Planungskosten, Realisie- Möglich,aber abhängig vom<br />
geschränkt) rungs- <strong>und</strong> Umsetzungs- politischen Willen<br />
• Weniger Parkplätze<br />
kosten, Unterhaltskosten<br />
• Ressourcenschonung<br />
versus Kosten für Individualverkehr<br />
• Förderung des<br />
ökologischen Bewusstseins<br />
• CO 2 -Ausstoss verringert<br />
212.e Emissionsarme • CO 2 -Ausstoss verringert Substitutionskosten, Investi- Z.T. gesetzlich vorgeschrie-<br />
Feuerungen (nur wenn besserer tionskosten ben (LRV)<br />
Wirkungsgrad)<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Weniger ozonbildende<br />
Stoffe<br />
• Evtl. Standortattraktivität<br />
Fazit: Im Bereich Verkehr sind die Umsetzungen stark vom politischen Willen abhängig (zur Zeit sehr<br />
schwierig!),<br />
2.13 Schutz der Ozonschicht<br />
Massnalime<br />
+<br />
WirkllugszlIsammenilang<br />
Kosten<br />
Macililarlteit<br />
213.a Verwendung von<br />
Ersatzstoffen<br />
• evtl. Recycling<br />
Substitutionskosten<br />
Möglich, produkteabhängig<br />
213.b Verwendung von<br />
nichtozonschädigenden<br />
Baumaterialien<br />
in der Erstellungs-,<br />
Nutzungs- <strong>und</strong><br />
Abbruchphase<br />
213.c Ersatz/Nichteinsatz<br />
von Kühl- <strong>und</strong> Klimaanlagen<br />
sowie Materialienmit<br />
FCKW<br />
• Probleme mit Ersatzstoffen Substitutionskosten Möglich, abhängig von<br />
Produkteangebot<br />
• evtl. problematische Ersatz- Substitutionskosten, Unter- Möglich, produkteabhängig<br />
stoffe in den Geräten haltskosten<br />
Fazit: Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) sind gesetzlich verboten (oder werden es in naher Zukunft).<br />
Bei den Ersatzprodukten muss darauf geachtet werden, dass man nicht andere/neue Probleme schafft.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 151
umsetzung<br />
_<br />
2.14 Keine amhropogen verursachte Klimaveriinderung<br />
Massnallme Wirkungszusammenbang Kosten Macllbarkeit<br />
+ -<br />
214.a Ersatz fossiler Energi- • Ressourcenschonung • Konflikt mit Dach-/ Investitionsko3ten <strong>und</strong> Unter- Generell machbar<br />
en <strong>durch</strong> erneuerbare<br />
Fassadenbegrünung haltskosten versus Kosten für<br />
Energien:<br />
• Luftqualität<br />
• Angenehme räumliche<br />
Öl/Gas<br />
• Sonnenkollektoren<br />
Gestaltung<br />
• Ästhetik<br />
• Photovoltaik • Ressourcenschonung • Dach-/Fassadenbegrünung Hohe Investitionskosten Generell machbar, lange<br />
<strong>und</strong> Unterhaltskosten versus Amortisationszeit<br />
• Ästhetik?<br />
Kosten für Strom<br />
• Graue Ene~gie<br />
• Entsorgung<br />
• Erdwärme • Luftqualität • Eingriff in Boden/Gr<strong>und</strong>- Investitionskosten versus Bedingt machbar (stark<br />
• Ressourcenschonung<br />
wasser Kosten für Öl standortabhängig)<br />
• Fernwärme • Ressourcenschonung Anschlusskosten (v.a. bei Bedingt machbar (stark<br />
vorh. Häusern), Investitions- standortabhängig)<br />
• Luftqualität<br />
kosten versus Kosten für Öl<br />
• Ausnützung von Abwärme<br />
214.b COrLenkungsabgabe • externe Kosten • Internationale Absprachen Verwaltungskosten politisch schwierig <strong>durch</strong>notwendig<br />
• Energieverbrauch<br />
setzbar<br />
• Ressourcenschonung<br />
• Luftqualität<br />
• evtl. Förderung des ökologischen<br />
Bewusstseins<br />
Fazit: Für eine.COz-Abgabe ist zur Zeit eine politische Durchsetzbarkeit nicht absehbar.<br />
3. Zielbereich Wirtschaftlichkeit<br />
3.1 Interftalisierune der externen Kosten<br />
Massnallme Wirkungszusammenbang Kosten Macbbarkeit<br />
+ -<br />
3l.a Einbezug externer • Energieverbrauch • wirtschaftliche Tragbarkeit Verwaltungskosten wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch<br />
Kosten in die betrieb-<br />
für umweltbelastende<br />
• Ressourcenschonung<br />
schwierig <strong>durch</strong>setzbar<br />
liche Kostenrechnung<br />
Betriebe kritisch<br />
• Förderung des ökologischen<br />
Bewusstseins<br />
• Gewässerschutz<br />
• Luftqualität<br />
Fazit: vergleiche Aussagen zur Machbarkeit!<br />
3.2 Angemessene Kapitalverzinsll"g<br />
Massnalime WIrkungszusammenbang Kosten Macllbarkelt<br />
+ -<br />
,<br />
32.a Staatliche Förderungs- • Ressourcenschonung Investitionskosten, Förder- Möglich<br />
massnahmen für<br />
kosten für den Staat<br />
ökologisches <strong>Bauen</strong> • Bodenschutz<br />
• Gewässerschutz<br />
• Förderung des ökologischen<br />
Wissens<br />
152 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________________Umsetzung<br />
3.3 Erhaltung der Anzahl <strong>und</strong> Qualität der Arheitsplätze<br />
Massnahme<br />
+<br />
Wirkllllgszilsammenbang<br />
Kosten<br />
Macbbarkeit<br />
33.a Marketingstrategien<br />
für potentielle Arbeitgeber<br />
in wohnungsdominierten<br />
Areal<br />
entwickeln<br />
• Standortattraktivität<br />
• Nutzungs<strong>durch</strong>mischung<br />
• <strong>Umwelt</strong>schonung<br />
• Energieschonung<br />
• Entwicklung/Ausbreitung<br />
von umweltfre<strong>und</strong>lichen<br />
Betrieben<br />
Marketingkosten<br />
Generell machbar (in Form<br />
von Publicity, Öko- <strong>und</strong><br />
Geschäftsberichten)<br />
4. Zielhereich Attraktives, räumliches Umfeld zum Leben, Arbeiten <strong>und</strong> Wohnen (Nutzllngsarten)<br />
4.1 Erhaltung der Sta'l'l.dortattraktivität<br />
Massnabme<br />
+<br />
Wirkllngszilsammenbang<br />
Kosten<br />
Macbbarkeit<br />
41.a Erschliessung mit ÖV<br />
(Tram, Bus)<br />
• Angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
• Modellwirkung<br />
• Förderung des ökologischen<br />
Bewusstseins<br />
• Luftqualität<br />
• Lärm<br />
Planungskosten, Realisierungs-<br />
<strong>und</strong> Umsetzungskosten,<br />
Unterhaltskosten<br />
versus Kosten für Individualverkehr<br />
Generell machbar<br />
41.b Förderung der Velowege<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Angenehmer Schallpegel<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Luftqualität<br />
• Angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
• Bodenversiegelung?<br />
Planungs-, Projektierungs<strong>und</strong><br />
Baukosten<br />
Generell machbar<br />
41.c periphere Parkplätze<br />
• Verringerung arealinterner<br />
Verkehr<br />
• Lärm<br />
• zentrale GTÜnräume<br />
• Zulieferung Betriebe etc_<br />
Planungskosten<br />
Generell machbar<br />
Fazit: Massnahmen mit grossen Synergieeffekten. Frage ist, ob die Standortattraktivität wirklich vorwiegend<br />
<strong>durch</strong> Massnahmen im Bereich des Verkehrs erhalten werden kann.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 153
umsetzung,<br />
----'_<br />
4.2 Ausgepriigte Niltzilftgsdirdimisdumg<br />
Massnahme Wirkungszusammenllang Kosten Macilbarkeit<br />
+ -<br />
42.a Stadt-<strong>und</strong> Arealleitbild • Angenehmes Stadtklimaa • Nutzungsflexibilität ein- Planungskosten Generell machbar<br />
entwickeln<br />
schränken<br />
• Architektur/Ästhetik<br />
• Angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
42.b Offene Verhandlungen • Erhaltung der Arbeits- • Relativ wenig Effizienz Zeitaufwendig . Möglich, aber Willensfrage<br />
mit Interessengruppen plätze?<br />
• Erhaltung der Standortattraktivität<br />
42.c Wohnbauförderung, • Erhaltung der Standortat- Subventionskosten Möglich, aber auf die Sub-<br />
Sozialer Wohnungsbau traktivität ventionierung der Stadt<br />
angewiesen<br />
• Zugänglichkeit für<br />
verschiedene Gruppen<br />
42.d Strukturen, die Aus- • Freizeitmöglichkeiten • Evtl. Lärm/Verkehr Baukosten (Infrastruktur), Generell machbar<br />
tausch schaffen<br />
evtl. Unterhaltskosten<br />
(öffentliche Plätze,<br />
• Angenehme räumliche<br />
Beizen, ...)<br />
Gestaltung<br />
• Quartierbezug<br />
42.e Modulbauweise • Standortattraktivität Planerisch-konzeptionelle Möglich<br />
Mehrarbeit<br />
• Nutzungsflexibilität<br />
Fazit: Stadt sollte die Impulse in diese Richtung geben, anschliessend sind starke Kooperationen zwischen<br />
den verschiedenen Gruppen <strong>und</strong> Interessierten notwendig.<br />
154 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________________Umsetzung<br />
4.3 NatRrnahes Areal<br />
Massnahme Wirkungsmsammenhang Kosten Machharkeit<br />
+ -<br />
43.a Wege <strong>und</strong> Plätze mit • Gewässerschutz • Haltbarkeit <strong>und</strong> Belastbar- Unterhaltskosten versus Möglich aber: Frage der<br />
Kies oder Mergel<br />
keit begrenzt Baukosten Akzeptanz<br />
• Biozönose<br />
• Versickerung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserdeposition<br />
prüfen<br />
• Angenehme räumliche Ge·<br />
staltung<br />
(Altlasten)<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Rollstuhlgängigkeit<br />
• Standortattraktivität<br />
43.b Rasengittersteine ver· • Biozönose • Haltbarkeit <strong>und</strong> Belastbar· Unterhaltskosten versus Generell machbar<br />
wenden<br />
keit begrenzt<br />
Baukosten<br />
• Gewässerschutz<br />
• beschränkte Nutzungs·<br />
• Freizeitmöglichkeiten?<br />
möglichkeiten<br />
43.c Unterschiedliche Nut· • Bodenschutz qualitätiv Planerisch·konzeptionelle Generell machbar<br />
zungsintensitäten <strong>und</strong><br />
Mehrarbeit<br />
-frequenzen auf • Biozönose<br />
Ruderalflächen planen • Angenehme räumliche Ge·<br />
staltung<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
43.d Selbsterhaltung der • Standortattraktivität Planerisch-konzeptionelle Generell machbar (Frage der<br />
Ruderalflächen auf·<br />
Mehrarbeit versus Unterhalts' Akzeptanz)<br />
gr<strong>und</strong> von Nutzung,<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
I kosten<br />
keine intensive pflege<br />
43.e Ruderalflächen des • Biozönose Planerisch·konzeptionelle Unklare technische Umset·<br />
Hauptbahnhofes <strong>und</strong> Mehrarbeit, Baukosten zung<br />
des SEW·Areal über<br />
bestehende Industriegeleise<br />
verbinden<br />
Fazit: Es handelt sich um einfache, gut umsetzbare Massnahmen, hier können Eigentümer resp. Verantwortliche<br />
Schwerpunkte setzen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 155
umsetzung,<br />
_<br />
4.4 Angenehme räumliche Gestaltung<br />
Massnahme Wirkungszusammenbang Kosten Macbbarkeit<br />
+ -<br />
44.a In entsprechende • Angenehmes Stadtklima • Nutzungsflexibilität <strong>und</strong> Planungskosten Generell machbar (politische<br />
Wohnzonen einordnen,<br />
Durchmischung geringer<br />
Frage)<br />
Gestaltungspläne etc.<br />
• Angenehmer Schallpegel<br />
• Standortattraktivität<br />
44.b Bei Etappierung akti· • Gewässerschutz • Erschwert Bauprozess Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />
ves Suchen <strong>und</strong> Öffnen Mehrarbeit, Baukosten<br />
von Freiflächen • Bodenschutz • Widerspricht baulic~en<br />
Massnahmen zum Lärmschutz?<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Naturnahes Areal<br />
• Grünraum<br />
44.c Stadtleitbild • Angenehmes Stadtklima Planungskosten Generell machbar<br />
entwickeln<br />
• Angenehme räumliche Gestaltung<br />
• Einbindung ins Verkehrskonzept<br />
44.d Einbindung ins Ver- • Stadtklima Planungskosten Generell machbar<br />
kehrskonzept<br />
• Luftqualität<br />
• Lärmpegel<br />
• Förderung ÖV<br />
• Standortattraktivität<br />
44.e Freiflächen nicht in • Nutzungs<strong>durch</strong>mischung • Wohnungen sollten nicht an Planerisch-konzeptionelle Generell machbar<br />
Randlage des Gebietes<br />
den Rand gedrängt werden Mehrarbeit<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
• Standortattraktivität<br />
• Lärmschutz?<br />
44.f Nutzungsform der • Nutzungsflexibilität "Planung ist abgeschlossen Planerisch-konzeptionelle Möglich, aber Frage der<br />
Freiflächen teilweise<br />
Mehrarbeit<br />
Akzeptanz, Konflikte<br />
offen lassen<br />
• Freizeitmöglichkeiten<br />
zwischen verschiedenen<br />
• Naturnahes Areal<br />
Nutzungsinteressen<br />
156 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________________umsetzung<br />
5. Zielbereich förderung des Wissens<br />
5.1 förde.rung des ökologischen Bewusstseins <strong>und</strong> Wissens im Btlllbereich<br />
Massllahme Wirikullgszusammenhallg KosteIl Machbarkeit<br />
+ -<br />
51.a Fortbildung der Einbezug der Aspekte Ausbildungskosten Möglich, Frage der<br />
Architektinnen<br />
• Ges<strong>und</strong>heit<br />
• Ressourcenschonung<br />
)) Angenehmes Stadtklima<br />
• Angenehme räumliche<br />
Gestaltung<br />
• Angenehmer Schall pegel<br />
• Schutz der Ozonschicht<br />
• Standortattraktivität<br />
Organisation <strong>und</strong> des Willens<br />
der Architekten<br />
51.b ökologische Leistungs- Beitrag zur Förderung aller Planungskosten Generell machbar<br />
beschreibung ökologischen Massnahmen<br />
51.c Angabe der eingesetz- • Kann helfen, den Massnah- Verwaltungskosten Schwer <strong>durch</strong>setzbar,<br />
ten Inhaltsstoffe menbereich Ges<strong>und</strong>heit zu Betriebsgeheimnisse<br />
(Deklarationsraster SIA verwirklichen (FCKW)<br />
D093, ...)<br />
51.d Fortbildung der Mit- • Abfall-jRecyclingproble- • Mehraufwand Ausbildungskosten Möglich ,aber Frage der Orgaarbeiterinnen<br />
matik nisation, des Willens der Planungs-<br />
<strong>und</strong> Baufirmen <strong>und</strong><br />
• Deponieraum<br />
der Mitarbeiter<br />
• Ressourcenschonung<br />
51.e Freie Gestaltungsmög- • Standortattraktivität evtl. Unterhaltskosten Möglich, aber eine Frage<br />
lichkeiten der Mieter<br />
)) Freizeitmöglichkeiten<br />
ansteigend<br />
des Willens auf Seiten der<br />
in Mietverträgen<br />
Vermieter<br />
berücksichtigen<br />
Fazit: Grösstes Problem ist die Umsetzungsstrategie; diese Massnahmen beinhalten viele Synergien zu<br />
weiteren Zielen/-bereichen.<br />
5.2 förderung des Wissens um die Wechse.lwirkungen zwischen Wissen, Werten, Handlungen, Bedürfnissen <strong>und</strong><br />
Rahmenbedingungen (nicht nur im Baubereich)<br />
Massllahme Wirikungszusammenhang Kosten Machharkeit<br />
+ -<br />
52.a
umsetzung -:- _<br />
5.3 Modellwirlnmg des Projektes<br />
Massllabme Wirkullgszusammellhallg Kostell Machharkeit<br />
+ -<br />
53.a neue Methoden produkteabhängig evtl. nicht vorhersehbare Entwicklungskosten, Sub- methoden- <strong>und</strong> produkte<strong>und</strong><br />
Technologien Auswirkungen stitutionskosten, evtl. Aus- abhängig<br />
einsetzen<br />
bildungskosten<br />
53.b Messprojekt als • Zielerreichung, Monitoring Arbeitskosten, Planungs- Generell machbar<br />
Erfolgskontrolle<br />
kosten<br />
Fazit: Dies sind 2 Beispiele für mögliche Modellwirkungen.<br />
5.6 Kontakradressen<br />
SBV Schweizerischer Baumeisterverband Tel. 01 25881 11<br />
Weinbergstrasse 49 Fax 01 25883 35<br />
CH-8035 Zürich<br />
TFB Technische Forschungs- <strong>und</strong> Beratungs- Tel. 0628877272<br />
stelle der Schweizerischen Zementindustrie Fax 062893 1627<br />
Lindenstrasse 10<br />
CH-5103 Wildegg<br />
SIA Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Tel. 01283 15 15<br />
Architektenverein Fax 01 201 63 35<br />
Seinaustrasse 16<br />
CH-8002 Zürich<br />
VSZ Verband der Schweizerischen Tel. 01 361 96 50<br />
Ziegelindustrie Fax 01 361 02 05<br />
Obstgartenstrasse 28<br />
CH-8006 Zürich<br />
FSK Schweizerischer Fachverband für Sand Tel. 031 3262626<br />
<strong>und</strong> Kies Fax 0313262629<br />
Bubenbergplatz 9<br />
Postfach<br />
CH-3001 Bem<br />
AGW Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau Tel. 012593202<br />
des Kantons Zürich Fax 01 2594299<br />
Walchetor<br />
CH-8090 Zürich<br />
IPBau B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen Tel. 0313222111<br />
BeIpstrasse 53<br />
CH-3003 Bem<br />
ZIP-Bau Zentrum für integrierte Planung im Tel. 01 76331 15<br />
Bauwesen Fax 01 371 8024<br />
ETH-Hönggerberg<br />
CH-8093 Zürich<br />
IFIB Institut für industrielle Bauproduktion 49(0)721 6082165<br />
Prof. N. Kohler, Universität Karlsruhe 49(0)721 661115<br />
UNS ETH <strong>Umwelt</strong>natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>sozial- Tel. 016326446<br />
wissenschaften Fax 01 632 1029<br />
<strong>Fallstudie</strong>nbüro<br />
Voltastrasse 65<br />
CH-8044 Zürich<br />
ARV Abbruch-, Aushub- <strong>und</strong> Recycling-Verband Tel. 01813 7656<br />
Gerbergasse 10 Fax, 01 813 76 70<br />
CH-8302 Kloten<br />
VSS Vereinigung Schweiz. Strassenfachleute Tel. 012516914<br />
Seefeldstrasse 9 Fax 012523130<br />
CH-8008 Zürich<br />
SMART<br />
Impulse für die Optimierung von Zusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> Bauprozess.<br />
KontaktsteIlen: SBV: H. Heer, F. Schmid<br />
SIA: P. Rechsteiner<br />
5.7 Glossar Werkblatt<br />
Ausserhalb der LM 95. Beim Erstellen der Tabellen<br />
zeigte sich, dass es Massnahmen gibt, die unabhängig<br />
vom ~ Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess zu realisiereIl<br />
sind. Für diese Massnahmen ist in der Tabelle<br />
«Bauphasen - Massnahmen» die sechste Spalte<br />
mit dem Titel «Ausserhalb des LM 95» eingeführt<br />
worden.<br />
LM 95. Abkürzung für das Leistungsmodell 95 der<br />
~ SIA. Der SIA will mit diesem Modell das qualitative<br />
<strong>und</strong> wirtschaftliche <strong>Bauen</strong> verbessern. Planem<br />
wird es so ermöglicht, mit Professionalität zu arbeiten.<br />
Das LM 95 verfolgt dabei die folgenden vier<br />
Gr<strong>und</strong>prinzipien:<br />
• Teamorientierte Zuordnung der Planungsaufgaben.<br />
Der Auftraggeber sucht nur noch einen Ansprechpartner,<br />
das Planungsteam. Alles weitere ist<br />
in der Eigenverantwortung dieses Teams.<br />
• Entscheidungsorientierte Phasengliederung. Abgestimmt<br />
auf den Entscheidungsablauf des Auftraggebers<br />
umfasst das LM 95 sämtliche Lebenszyklen<br />
eines Gebäudes. Die einzelnen Phasen sine<br />
dabei so aufgebaut, dass sie in sich geschlossen realisiert<br />
werden können <strong>und</strong> das Auftreten von Planungsleichen<br />
praktisch ausgeschlossen wird.<br />
• Modularer <strong>und</strong> ergebnisorientierter Leistungsbeschrieb.<br />
Für die verschiedenen Phasen gibt es<br />
Leistungspakete, welche spartenübergreifend, ergebnisorientiert<br />
<strong>und</strong> funktional aufgebaut sind.<br />
Diese Leistungspakete oder -module müssen dem<br />
jeweiligen Projekt angepasst werden <strong>durch</strong> Auftraggeber<br />
<strong>und</strong> Auftragnehmer.<br />
• Leistungsorientierte Honorierung.<br />
Der SIA unterscheidet in diesem Modell fünf verschiedene<br />
Phasen: ~ Strategische Planung, ~ Vorstudien,<br />
~ Projektierung, ~ Realisierung, ~ Nutzung.<br />
Nutzung. Dies ist die fünfte <strong>und</strong> letzte Phase aus dem<br />
~ LM 95. Sie umfasst die Bewirschaftung <strong>und</strong> den<br />
Rückbau.<br />
158<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
---------------- umsetzung<br />
Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess. Der Ablauf des Planungs<strong>und</strong><br />
Bauprozesses wird in verschiedenen Publikationen<br />
in allgemeiner Form dargestellt, ist allerdings<br />
einem ständigen Wandel unterworfen. Unsere Betrachtungen<br />
sind vom Entwurf für das sogenannte<br />
Leistungsmodell 95 (--t LM 95) der SIA ausgegangen.<br />
Darin werden fünf Phasen unterschieden.<br />
Projektierung. Sie ist die dritte Phase des --t LM 95<br />
<strong>und</strong> umfasst die Vorprojekte <strong>und</strong> die Bauprojekte.<br />
Realisierung. Dabei handelt es sich um die vierte<br />
Phase des --t LM 95 <strong>und</strong> sie beginnt mit der Vorbe-'<br />
reitung der Ausführung, geht über zur Ausführung<br />
<strong>und</strong> Inbetriebsetzung <strong>und</strong> endet mit dem Abschluss<br />
des Bauprojektes.<br />
SIA. Abkürzung für den Schweizerischen Ingenieurnd<br />
Architektenverband.<br />
Strategische Planung. Sie ist die erste Phase des<br />
--t LM 95 <strong>und</strong> umfasst die Definition der Rahmenbedingungen,<br />
Bedürfnisse <strong>und</strong> Ziele sowie erste<br />
Lösungsansätze.<br />
Vorstudien. Dabei handelt es sich um die zweite Phase<br />
des --t LM 95 <strong>und</strong> sie umfasst die Projektdefinition<br />
sowie den Nachweis der Machbarkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit.<br />
Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich<br />
(1993): Altlastenbearbeitung: Einführung in die Altlastenpraxis<br />
des Kantons Zürich, Zürich.<br />
Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich<br />
(1995): Ihre Altlast ist kein Einzelfall, Zürich.<br />
Bank, D. (1993): Basiswissen, <strong>Umwelt</strong>technik: Wasser, Luft, Abfall,<br />
Lärm, <strong>Umwelt</strong>recht. Würzburg: Vogel Verlag.<br />
Baudirektion des Kantons Zürich (1990): Luftprogramm für den<br />
Kanton Zürich. Zürich.<br />
BMFT Technologieregister zur Sanierung von Altlasten (TE<br />
RESA) (1990): <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt Berlin.<br />
Brunner, P. H. & Stämpfli, D. (1989): Entsorgung von Baurestmassen:<br />
Stoffflussanalyse einer Sortieranlage für Bausperrgut.<br />
Abt. S+E, EAWAG, Dübendorf.<br />
B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen (1987): Heizsysteme für Energiesparhäuser:<br />
Impulsprogramm Haustechnik. Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esamt für Konjunkturfragen (1992): Recycling - Verwertung<br />
<strong>und</strong> Behandlung von Bauabfällen. IP Bau, Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1990):<br />
Handbuch Umweitverrräglichkeitsprüfung UVP. Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1991):<br />
Boden <strong>und</strong> UVP. Mitteilungen zur UVP, Nr. 6., Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (BUWAL) (1994):<br />
Altlastenkonzept für die Schweiz. Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />
(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz I: Natur- <strong>und</strong><br />
Heimatschutz, Artenschutz, Tierschutz, Raumplanung, Enteignung,<br />
Fuss- <strong>und</strong> Wanderwege. Bern: EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />
(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz ll: Wasserbau, <br />
wirtschaft, Verkehrswege, Energien, Kernenergie, <strong>Umwelt</strong>schutz,<br />
Gewässerschutz. Bern:EDMZ.<br />
B<strong>und</strong>esversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />
(1993): B<strong>und</strong>esgesetze Natur- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz IlI: Luft- <strong>und</strong><br />
Lärmschutz, Verkehr mit Giften, Landwirtschaft, Forstwesen,<br />
Jagd <strong>und</strong> Fischerei.<br />
Chemiewinkel University of Amsterdam, Onderzoeks- en Adviescentrum<br />
Chemie Arbeid Milieu (1994): Proceedings of the Workshop<br />
Life Cycle Assessment and the Working Environment.<br />
Arristerdam.<br />
Ems, F. et al. (1989): Wärmedämmstoffe - Der Versuch einer<br />
ganzheitlichen Betrachtung. Arbeitsgruppe Wärmedämmstoffe,<br />
Muttenz.<br />
Gugumus, F. et al. (1987): Lichtschutzmittel, Antioxidamien,<br />
PVC-Stabilisatoren, Antistatika, Flammschutzmittel, Gleitmittel,<br />
Farbmittel, Weichmacher, Füllstoffe, Textilglasfasern, Kohlenstoff-<br />
<strong>und</strong> Aramidfasern. Kunststoffe. München: Carl Hanser Verlag.<br />
Häberli, R. (1991): Boden Kultur: Vorschläge für eine haushälterische<br />
Nutzung des Bodens in der Schweiz. Nationales Forschungsprogramm,<br />
Liebefeld-Bern.<br />
HBT Solararchitektur .(1991): Energie- & Schadstoffbilanzen<br />
(Tagung vom 7.3.1991). ETH Zürich.<br />
lE-Symposium (1995): Fabrik-<strong>Umnutzung</strong> - Die Alternative zum<br />
Neubau. Schlussbericht zumIE-Symposium vom 12. Januar 1995<br />
im Kongresshaus Zürich.<br />
Kasser, U. & Amman, D. (1992): Deklarationsraster für ökologische<br />
Merkmale von Baustoffen. Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />
Architekten-Verein (SIA), Zürich.<br />
Kohler, N. et al. (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />
Gebäuden während ihrer Lebensdauer. Koordinationsgruppe des<br />
B<strong>und</strong>es für Energie- lind Ökobilanzen, Karlsruhe.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
159
Umsetzung<br />
_<br />
Landesanstalt für <strong>Umwelt</strong>schutz Baden-Württemberg (1993):<br />
Handbuch Mikrobiologische Bodenreinigung, Band 7. Baden<br />
Württemberg.<br />
Meier, R. & Walter, F. (1991): <strong>Umwelt</strong>abgaben für die Schweiz.<br />
Chur/Zürich: Verlag Rüegger.<br />
Ragonesi, M. (1993): Bautechnik der Gebäudehülle. In Bau <strong>und</strong><br />
Energie, Band 4., Zürich: vdf.<br />
Reichmann, H. (1994): <strong>Umwelt</strong>abgaben. Europäische Hochschulschriften,<br />
Reihe V: Volks- <strong>und</strong> Betriebswirtschaft, Vol. 1522. Peter<br />
Lang.<br />
Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1993):<br />
Elektrizität im Hochbau. Zürich.<br />
Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1985):<br />
Energie im Hochbau. Zürich.<br />
Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein (SIA) (1989):<br />
Schadstoffarmes <strong>Bauen</strong>. Zürich.<br />
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
(1993): Der Biotopflächenfaktor BFF. Berlin.<br />
Steiger, P. (1995): Hochbaukonstruktion nach ökologischen<br />
Gesichtspunkten (Entwurf). Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />
Architekten-Verein, Zürich.<br />
Stritz, A. (1995): Bilanzierung von Baumaterielien (Schlussbericht).<br />
LES, ETH Zürich.<br />
Sukopp, H. & Wittig, R. (1993): Stadtökologie. Stuttgarr: Gustav<br />
Fischer Verlag.<br />
Suter, J. (1995): Sanierungsziele bei Altlasten. Schweizer Ingenieur<br />
<strong>und</strong> Architekt (SIA), Nr. 13:7-10.<br />
<strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt Berlin (UBA) (1986): Branchentypische Inventarisierung<br />
von Bodenkontaminationen - ein erster Schritt zur<br />
Gefährdungsabschätzung für ehemalige Betriebsgelände. <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt,<br />
Deutschland.<br />
Zimmermann, M. (1986): Handbuch der passiven Sonnenenergienutzung.<br />
Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein<br />
(SIA), Zürich.<br />
Brunner, P. H. & Stämpfli, D. (1989): Entsorgung von Baurestmassen,<br />
Stoffflussanalyse einer Sorrieranlage für Bausperrgut. Abt.<br />
S+E, EAWAG, Dübendorf.<br />
Ems, F. et al. (1989): Wärmedämmstoffe - Der Versuch einer ganzheitlichen<br />
Betrachtung, 2nd ed., (S.46). Muttenz: Arbeitsgruppe<br />
Wärmedämmstoffe.<br />
Handbuch Mikrobiologische Bodenreinigung (1993): Band 7. Landesanstalt<br />
für <strong>Umwelt</strong>schutz Baden-Württemberg.<br />
Kasser, U. & Amman, D. (1992): Deklarationsraster für ökologische<br />
Merkmale von Baustoffen. Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />
Architekten-Verein, Zürich.<br />
Kohler, N. et al. (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />
Gebäuden während ihrer Lebensdauer, 1st ed. Karlsruhe: Koordinationsgruppe<br />
des B<strong>und</strong>es für Energie- <strong>und</strong> Ökobilanzen.<br />
Steiger, P. (1995): Hochbaukonstruktion nach ökologischen<br />
Gesichtspunkten (Entwurf). Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong><br />
Architekten-Verein (SIA), Zürich.<br />
Zimmermann, M. (1986): Handbuch der passiven Sonnenenergienutzung.<br />
Schweizerischer Ingenieur- <strong>und</strong> Architekten-Verein<br />
(SIA), Zürich.<br />
LiteratlIr alls Variantenbewertllngsteil<br />
Baeriswyl, M. (1995): <strong>Umwelt</strong>belastungsminderung <strong>durch</strong> Ökokühlschränke?<br />
Semesterarbeit, Abteilung Umwelmaturwissenschaften,<br />
ETH Zürich.<br />
Heijungs, R. et al (1992): Environmental Life Cycle Assessment of<br />
Products. Centre of Environmental Sience, Leiden.<br />
Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Bewertungsmethoden in<br />
Ökobilanzen - ein Überblick.In: GAlA 3 no 4:227-238.<br />
Hofstetter, P. (1993): Überblick über Bewerrungsmethoden in<br />
Ökobilanzen, Laboratorium für Energiesysteme, Zürich.<br />
Saaty, T. L. (1977): A Scaling Method for Priorities in Hierarchical<br />
Structures, Journal of Mathematical Psychology 15:234-281.<br />
SETAC (1992): A conceptual framework for life-cycle assessment,<br />
Workshop Sandestin, Brüssel.<br />
Ulrich, H. & Probst, G. (1991): Anleitung zum ganzheitlichen<br />
Denken <strong>und</strong> Handeln: Ein Brevier für Führungskräfte. Bern,<br />
Stuttgarr: Paul Haupt.<br />
Universität Karlsruhe (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />
Gebäuden während ihrer Lebensdauer.<br />
Von Winterfeldt, D. & Edwards, W. (1993): Decision Analysis and<br />
Behavioral Research, Cambridge.<br />
Literatllr Werkblatt<br />
Bank, D. (1993): Basiswissen, <strong>Umwelt</strong>technik: Wasser, Luft, Abfall,<br />
Lärm, <strong>Umwelt</strong>recht. Würzburg: Vogel Verlag.<br />
160<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Inhalt<br />
1. Definition <strong>und</strong> Methodik<br />
2. Ziele, Annahmen <strong>und</strong> Vorgehen<br />
3. Ergebnisse<br />
4. Überprüfung der Glaubwürdigkeit<br />
der Ergebnisse<br />
5. Schlussfolgerungen<br />
163<br />
165<br />
170<br />
179<br />
180<br />
AlItorinnen<br />
Sandro Buss<br />
Ivo Mellzillger<br />
OIaf Tietje (Tutor)<br />
Allfballend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen ArbeitsgYllppen (Teilprojekugrllppen1.l, 1.2, l.4 <strong>und</strong> 1.10)<br />
Roger Bätscher Patrick Mathys Christoph Schreyer<br />
Jiirg Bondere: Matthias Nabholz Patrick Steinemann<br />
Salldro Buss Werller Meier Rolf Frischkllecht (Tutor)<br />
Mireille Faist Ivo Mellzinger Michael Redle (Tutor)<br />
Malt Gröbly Michael Pistor OIaf Tietje (Tutor)<br />
Michael Koueky<br />
Petra Remmele<br />
Lena Itseher<br />
Sonja Riiegg
Ökobilanz.<br />
_<br />
162 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
1.<br />
1.1 ist eine Ölwhilanz?<br />
Eine Ökobilanz ist ein Instrument zur Ermittlung<br />
der ökologischen Auswirkungen eines Produktes<br />
oder einer Dienstleistung. Für eine Ökobilanz wird<br />
der gesamte Lebenszyklus eines Produktes oder<br />
einer Dienstleistung untersucht, um spezifische<br />
Auswirkungen jeder Lebensphase auf die <strong>Umwelt</strong><br />
zu erfassen. Ein Lebenszyklus umfasst sowohl die<br />
Rohstoffgewinnung, als auch die Verarbeitungs-,<br />
Nutzungs- <strong>und</strong> Entsorgungsphase. Ökobilanzen werden<br />
häufig zum Vergleich verschiedener Produkte<br />
oder Dienstleistungen gleichen Nutzens hinsichtlich<br />
ihrer ökologischen Verträglichkeit eingesetzt. Für<br />
die <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> war die Identifikation der umweltverträglichsten<br />
Gestaltungsvariante aufgr<strong>und</strong> vorher<br />
Jefinierter Bewertungskriterien primäres Ziel.<br />
Zur Illustration mag der Vergleich von Sandwichverpackungen<br />
aus Aluminium <strong>und</strong> Papier als einfaches<br />
Beispiel dienen (vgl. Heijungs, 1993). Diejenige<br />
Verpackung, die während ihres Lebenszyklus'<br />
die geringsten Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> <br />
gemessen am Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen,<br />
an der toxischen Wirkung auf Menschen, an<br />
Stör- <strong>und</strong> Unfällen, Ozonzerstörungspotential, Lärm<br />
etc. - zeigt, ist vom ökologischen Standpunkt aus<br />
vorzuziehen. Die Ökobilanzierung ist ein mächtiges,<br />
aber komplexes Instrument, das ein besseres Verständnis,<br />
das Setzen von Prioritäten, die Bewertung<br />
von Alternativen <strong>und</strong> sogar die Integration ins<br />
Geschäftsmanagement erlaubt (Hofstetter & Braunschweig,<br />
1994, S. 227). Eine Ökobilanz beschäftigt<br />
sich vornehmlich mit technischen Aspekten von<br />
<strong>Umwelt</strong>belastungen. Soziale <strong>und</strong> ökonomische Gesichtspunkte<br />
werden nur statistisch berücksichtigt,<br />
Jm die tatsächlich verbrauchten bzw. benötigten<br />
Mengen der beteiligten Produkte <strong>und</strong> Leistungen<br />
zu quantifizieren. Es werden nur <strong>Umwelt</strong>schäden<br />
betrachtet, die sich aus Stoff- bzw. Energieflüssen<br />
ergeben. Positive ökologische Qualitäten wie z.B.<br />
das subjektive Erleben einer speziellen Grünraumgestaltung<br />
werden nicht beurteilt.<br />
Die Ziele der <strong>Fallstudie</strong> liegen u.a. darin, dass<br />
Methoden entwickelt oder angewendet werden, die<br />
eine umfassende interdisziplinäre Bewertung des<br />
Falles, d.h. der zukünftigen baulichen Gestaltung<br />
unterstützen <strong>und</strong> so zur Integration von verschiedenen<br />
disziplinären Wissensbereichen beitragen. Eine<br />
dieser Methoden ist die Ökobilanz. Der Versuch<br />
einer umfassenden, quantitativen ökologischen Bi-<br />
lanzierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Gestaltungsvarianten<br />
schien daher sinnvoll. Immerhin ist<br />
die Ökobilanz ein weitgehend formalisiertes Verfahren,<br />
das quantitative <strong>und</strong> überprüfbare Resultate<br />
liefert. Es wird aktuell in vielen Bereichen angewendet.<br />
Ob die grossen Erwartungen, die im allgemeinen<br />
an eine Ökobilanz <strong>und</strong> im besonderen in die<br />
Anwendung im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> gesetzt wurden,<br />
im grossen <strong>und</strong> ganzen erfüllt werden, mögen<br />
die LeserInnen entscheiden.<br />
Ökohilanz<br />
Ökobilallz muss als Oberbegriff verstanden werden,<br />
unter dem mehr als nur ein spezielles Verfahren<br />
zusammengefasst wird. Verschiedene Ökobilanzen<br />
unterscheiden sich vor allem in der Wahl des Aufbaus<br />
<strong>und</strong> der Methoden zur Bewertung. Der Aufbau einer<br />
Ökobilanz beruht im allgemeinen auf vier aufeinanderfolgenden<br />
Stufen: Zieldefinition, Ökoinventar<br />
(Sachbilanz), Wirkungsbilanz <strong>und</strong> Vollaggregation<br />
(Bilanzbewertung). Gewisse Schulen fügen eine Verbesserungsanalyse<br />
als weiteren Schritt an (Heijungs,<br />
1992). Andere führen die Klassifikation als eigene<br />
Stufe ein (SETAC, 1992).<br />
Die Zie!defillitioll:<br />
Auf dieser ersten Stufe werden die funktionalen Einheiten<br />
(also beispielsweise eine Sandwichverpakkung<br />
oder ein Bauteil), die bilanziert werden sollen,<br />
festgelegt. Hier werden auch die Systemabgrenzungen<br />
vorgenommen - in unserem Fall: das SEW-Areal<br />
(die genauen zeitlichen, räumlichen <strong>und</strong> sachlichen<br />
Abgrenzungen sind in Abschnitt. 2.2 Annahmen dargestellt).<br />
Das Ökoillvelltar (die Sachbilallz):<br />
In diesem Schritt werden die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
im Lebenszyklus der funktionalen Einheit ermittelt<br />
<strong>und</strong> zusammengestellt. Für eine Sandwich-Verpakkung<br />
aus Papier heisst das etwa das Sammeln von<br />
Daten über die Mengen an Holz, Bleichmittel, Chlor<br />
<strong>und</strong> Säuren etc., die pro Verpackung verbraucht<br />
werden. Ebenso müssen der benötigte allgemeine<br />
Energieverbrauch <strong>und</strong> die resultierenden Beeinträchtigungen<br />
der Systeme Boden, Wasser <strong>und</strong> Luft<br />
ermittelt werden. Im Beispiel der Verpackung aus<br />
Papier hat die Nutzungsphase wohl keine (bzw. vernachlässigbare)<br />
Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong>. Bei<br />
der Verbrennung oder während des Recyclings<br />
dagegen entstehen verschiedene Emissionen wie<br />
Kohlendioxid, Schwefeloxide, Stickoxide oder auch<br />
Abwärme.<br />
Klassifikatioll:<br />
In dieser Phase geht es um die Definition von funktionalen<br />
Zusammenhängen (quantitativ wie qualita-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 163
Ökobilanz<br />
_<br />
tiv) zwischen einer Vielzahl von Stoffen <strong>und</strong> einer<br />
überschaubaren Anzahl von <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
wie Ressourcenverbrauch, Humantoxizität, Ökotoxizität,<br />
Treibhauseffekt, Ozonschichtzerstörung,<br />
saurer Regen, Eutrophierung, Radioaktivität usw.<br />
Bei der Herstellung einer Aluminium-Sandwichverpackung<br />
werden beispielsweise der Rohölverbrauch<br />
<strong>und</strong> die Produktion von Kohlendioxid <strong>und</strong> festen<br />
Abfällen bilanziert. Schadstoffe, die aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
Eigenschaften (z.B. ihrer Giftigkeit) zu unterschiedlich<br />
grossen Schäden an Ökosystemen führen, werden<br />
quantitativ entsprechend gewichtet.<br />
Die Wirkungsbilanz:<br />
besteht darin, aus der Zusammenstellung der für die<br />
Erstellung des Produktes (funktionale Einheit) notwendigen<br />
Prozesse (Ökoinventar) ihre gesamte<br />
Grösse zu quantifizieren <strong>und</strong> ihre Beiträge zur<br />
<strong>Umwelt</strong>beeinträchtigung (entsprechend der Klassifizierung)<br />
aufzuaddieren.<br />
Die Vol/aggregation (Bilanzbewertitng):<br />
ist die Zusammenfassung der verschiedenen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(Klassen) <strong>durch</strong> Normalisierung<br />
<strong>und</strong> Gewichtung. Die wichtigsten Typen der Bilanzbewertung<br />
werden weiter unten diskutiert.<br />
Man unterscheidet verschiedene Aggregationsverfahren<br />
in Ökobilanzen: die Stoffflussmethode (ökologische<br />
Knappheit), die Immissionsgrenzwertmethode<br />
<strong>und</strong> die wirkungsorientierte Klassifizierung (Hofstetter<br />
& Braunschweig, 1994, S. 229). Auf die EPS-Methode<br />
(<strong>Umwelt</strong>rechnungsmethode), die in Schweden von<br />
Industrie <strong>und</strong> Hochschulen entwickelt wurde, <strong>und</strong><br />
auf die ABC-Methode (Hallay et a1., 1992; Geiger et<br />
a1., 1992). (Abkürzung für Klassen von Beurteilungskriterien<br />
mit unterschiedlicher <strong>Umwelt</strong>relevanz)<br />
wird hier nicht eingegangen, u.a. weil diese teilweise<br />
auf den drei ersterwähnten Methoden aufbauen.<br />
Gemeinsam an diesen Methoden ist das Bemühen<br />
um die Integration der Bewertungskriterien, die aus<br />
der Quantifizierung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen abgeleitet<br />
werden. Die ökologische Relevanz wird dabei<br />
sowohl <strong>durch</strong> naturwissenschaftliche als auch <strong>durch</strong><br />
gesellschaftliche Kriterien bestimmt.<br />
Methode der ökologische Knappheit (Stoffflussmethode):<br />
Die Stoffflussmethode setzt voraus, dass die Höhe<br />
eines Gesamtflusses (zum Beispiel eine Jahresfracht,<br />
gegenwärtiger Fluss) eines Stoffes <strong>und</strong> der umweltpolitisch<br />
als kritisch oder gerade noch als tolerierbar<br />
empf<strong>und</strong>ene Fluss (kritischer Fluss) die ökologische<br />
Relevanz bestimmen (Hofstetter & Braunschweig,<br />
1994, S. 230). Die anthropogenen Flüsse, die <strong>durch</strong><br />
den Gegenstand oder die zu untersuchende Dienst-<br />
leistung verursacht werden, dürfen die natürlichen<br />
Flüsse nicht in dem Masse beeinflussen, dass sie aus<br />
dem Gleichgewicht geraten. Die Aufnahmekapazität<br />
oder die Pufferfähigkeit der verschiedenen Ökosysteme<br />
darf nicht überschritten werden.<br />
Aus dem Verhältnis des gegenwärtigen Flusses zu<br />
dem kritischen Fluss werden Ökofaktoren gebildet.<br />
Falls der Ökofaktor für einen bestimmten Stoff grösser<br />
als eins ist (wie für die Stickoxide in der Schweiz),<br />
heisst dies, dass die tolerierbare Schwelle schon<br />
heute überschritten ist. Gegenstände oder Dienstleistungen,<br />
die Stickoxidemissionen verursachen,<br />
werden somit <strong>durch</strong> viele <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />
bewertet, die aus dem Produkt von Ökofaktor <strong>und</strong><br />
Emission berechnet wurden. Die Addition der <strong>Umwelt</strong>belastungspunkte<br />
ist die Vollaggregation.<br />
Der kritische Punkt dieser Methode ist die Festlegung<br />
des tolerierbaren Stoffflusses, also derjenigen<br />
maximalen Belastungsmenge, die in den betroffenerl<br />
<strong>Umwelt</strong>kompartimenten (Boden, Wasser, Luft) noch<br />
keine inakzeptablen Schäden anrichtet. Auf rein<br />
naturwissenschaftlicher Basis können diese oftmals<br />
nicht eindeutig quantifiziert werden. In der Praxis<br />
bestimmen oft umweltpolitische Vorgaben diese kritischen<br />
Stoffflüsse.<br />
Immissionsgretlzwertmethode:<br />
Hier werden Schadstoffemissionen in ein <strong>Umwelt</strong>kompartiment<br />
unter bezug auf (gesetzliche) Immissionsgrenzwerte<br />
für Boden, Wasser oder Luft untereinander<br />
gewichtet <strong>und</strong> aggregiert (Hofstetter &<br />
Braunschweig, 1994, S. 229). Für jedes Kompartiment<br />
wird die Summe des Verhältnisses zwischen<br />
Emission [g/Produkt] einer Substanz <strong>und</strong> ihrem<br />
Immissionsgrenzwert [g/m 3 ] gebildet. Daraus ergibt<br />
sich das <strong>durch</strong> die Aktivität belastete Volumen<br />
[m 3 Boden, Wasser oder Luft/Produkt]. Derselbe<br />
Liter Boden, Wasser oder Luft darf nur mit einen<br />
Schadstoff belastet werden.<br />
Die Festlegung der Grenzwerte unterliegt einer<br />
gewissen Willkür, wie die unterschiedlichen Masse<br />
in verschiedenen Ländern (Beispiel: maximale<br />
Arbeitsplatzkonzentration) zeigen. Die Grenzwerte<br />
basieren nicht nur auf medizinisch-wissenschaftlichen<br />
Kriterien, sondern auch auf technisch-politischen<br />
Realisierbarkeitsüberlegungen <strong>und</strong> Vorsorgeaspekten.<br />
Auswirkungsorientierte Klassifizierung (CML):<br />
Zunächst werden die zu berücksichtigenden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(Klassen) definiert <strong>und</strong> für jede<br />
Auswirkung der spezifische Beitrag der entsprechenden<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen(etwa Schadstoffemissionen)<br />
bestimmt. In einem zweiten Schritt geht es um<br />
die gegenseitige Gewichtung der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
für die Bewertung (Hofstetter & Braunschweig,<br />
1994, S. 231).<br />
164<br />
UNS"<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
Die Stofffluss- <strong>und</strong> Immissionsgrenzwertmethode<br />
kommen auch hier zum Tragen, denn es kann noch<br />
nicht für jeden Problemkreis auf naturwissenschaftliche<br />
Kenntnisse zurückgegriffen werden. So werden<br />
im Bereich des biotischen <strong>und</strong> abiotischen Ressourcenverbrauchs<br />
Referenzstoffflüsse <strong>und</strong> im Bereich<br />
Human- <strong>und</strong> Ökotoxikologie Grenzwerte zur Bewertung<br />
verwendet. Durch die Verwendung verschiedener<br />
methodischer Bausteine <strong>und</strong> unterschiedlicher<br />
aktueller naturwissenschaftlicher Daten ist die Objektivität<br />
dieser Bewertungsmethode von der betrachteten<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkung abhängig, sie ist aber<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich relativ hoch (Hofstetter & Braunschweig,<br />
1994, S. 232).<br />
1 Vergleich Bewertungsmethoden<br />
--Iofstetter <strong>und</strong> Braunschweig (1994) schlagen vor,<br />
die aufgeführten Bewertungsmethoden aufgr<strong>und</strong><br />
von Praktikabilität, Objektivität <strong>und</strong> Vollständigkeit<br />
einzuordnen. Dies sind Eigenschaften, die nicht<br />
gleichzeitig vollständig erfüllt sein können. Sie kommen<br />
zu folgender Einteilung:<br />
Die Methode der ökologischen Knappheit<br />
ist am praktikabelsten, hat dafür aber geringe Vollständigkeit<br />
<strong>und</strong> geringe Objektivität, da die Bewertung<br />
stark an gesellschaftlichen Prämissen orientiert<br />
ist. Schwerpunkte werden bei Stoffen <strong>und</strong> Einwirkungen<br />
gesetzt, die heute als problematisch eingestuft<br />
werden oder eine hohe Aktualität haben. Im<br />
Gegensatz zu den anderen Methoden führt die ökologische<br />
Knappheit zu einer Vollaggregation.<br />
Die Methode der Immissionsgrenzwerte<br />
hat die geringste Vollständigkeit, da nicht für alle<br />
umweltschädigenden Einwirkungen Grenzwerte<br />
·xistieren. Dies ist beispielsweise nicht der Fall für<br />
Kohlendioxid, Methan oder Fluorkohlenwasserstoffe<br />
oder den Verbrauch von nicht-erneuerbaren Ressourcen.<br />
Dafür wird dieser Methode grössere Objektivität<br />
bescheinigt, da die Grenzwerte zu einem guten<br />
Teil vor dem Hintergr<strong>und</strong> naturwissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse festgesetzt wurden.<br />
Die auswirkungsorientierte Klassifizierung<br />
ist am aufwendigsten <strong>und</strong> damit am wenigsten praktikabel.<br />
In bezug auf Objektivität <strong>und</strong> Vollständigkeit<br />
schneidet sie jedoch am besten ab.<br />
Da wir möglichst vollständig <strong>und</strong> objektiv bilanzieren<br />
wollten, <strong>und</strong> ausserdem mit dem verfügbaren<br />
EDV-Programm SIMA V2.1 (siehe Abschnitt 2.1.1)<br />
die auswirkungsorientierte Klassifizierung unterstützt<br />
wird, lag es nahe, uns für diese Bewertungsmethode<br />
zu entscheiden.<br />
2. Ziele, Annahmen<br />
1 lieldefinition <strong>und</strong> Struktur<br />
Unser' Ziel war, die zukünftigen Auswirkungen auf<br />
die <strong>Umwelt</strong> <strong>durch</strong> eine Umgestaltung des SEW<br />
Areals zu quantifizieren. Insbesondere sollten quantitative<br />
Kriterien für die Variantenbewertung für<br />
die Synthesegruppe UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN<br />
bereitgestellt werden <strong>und</strong> für die Synthesegruppe<br />
RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN eine ökologische<br />
Bewertung der Varianten <strong>durch</strong>geführt werden. Auf<br />
diese Art sollte eine Entscheidungshilfe für die<br />
Gestaltung des Areals angeboten werden. Zur Beantwortung<br />
der übergeordneten Frage der umweltnaturwissenschaftlichen<br />
<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>, ob <strong>und</strong> inwiefern<br />
sich ökologische Auswirkungen schon in einer frühen<br />
Phase der Planung erkennen lassen, sollte auf diese<br />
Art ein Beitrag geleistet werden.<br />
Die funktionale Einheit, die hier untersucht werden<br />
soll, sind di
Ökobilanz<br />
_<br />
Informationen über die Art der zu verwendenden<br />
Baumaterialien), um eine gleichermassen differenzierte<br />
wie vollständige Bilanzierung zu erlauben.<br />
Zur Illustration der gewählten Systemgrenzen sei<br />
auf die Abbildung 2.1.1 hingewiesen.<br />
Die Bausteine einer Ökobilanz sind die sogenannten<br />
Prozesse. In die Datenbank des verwendeten<br />
Programms SIMA V2.1 sind eine Vielzahl voneinander<br />
abhängiger Prozesse eingegeben worden. Prozesse<br />
sind einzelne kleine Produktionsschritte oder<br />
einzelne Dienstleistungen. Zu jedem Prozess gehört<br />
eine Reihe von Inputs (z.B. Strombedarf, Holzbedarf<br />
zur Herstellung von Karton, usw.), die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(z.B. atmosphärische Emissionen bei<br />
der Holzverarbeitung) <strong>und</strong> (meistens genau) ein<br />
Output (z.B. 1 kg Verpackungskarton).<br />
Ein Beispiel für einen Prozess, der für die Sandwich-Verpackung<br />
aus Papier benötigt wird, ist die<br />
Holzgewinnung: Der Output dieses Prozesses ist z.B.<br />
eine Tonne Rohholz in einer Papierfabrik, die Inputs<br />
sind der Einsatz von Horizontalgattern, eine Einheit<br />
Auslichten, der Traktortransport bis zum Lastwagen,<br />
das Aufladen des Holzes <strong>und</strong> der Lastwagentransport<br />
bis zur Fabrik (alles bezogen auf eine Tonne Rohholz).<br />
Jeder von diesen Inputs muss als eigener<br />
Prozess definiert sein. So zum Beispiel der Prozess<br />
Produktion<br />
Systemgrenze<br />
Transporte<br />
Variante<br />
Transport mit einem Lastwagen (28 Tonnen), dessen<br />
Output eine Tonne ein Kilometer weit transportiertes<br />
Material ist (l Tonnenkilometer). Ein Input ist<br />
zum Beispiel das Benzin, <strong>und</strong> eine <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />
beispielsweise eine gewisse Menge Stickoxid.<br />
Das Zusammenwirken aller notwendigen Prozesse<br />
führt dann zu einer Papierverpackung. Man kann<br />
sich also den Aufbau wie einen umgekehrten Baum<br />
vorstellen: ganz oben steht die funktionale Einheit,<br />
die sich in verschiedene Äste verzweigt, <strong>und</strong> zwar in<br />
diejenigen Prozesse, die bei der Produktion der<br />
Papier-Verpackung direkt benötigt werden. Jeder<br />
dieser Äste unterteilt sich weiter in Unteräste bis<br />
solche Prozesse erreicht werden, die keine weitere<br />
Verästelung zulassen. Die Baumstruktur lässt sich<br />
jedoch nicht für die Gesamtheit aller Prozesse angeben,<br />
weil einige Prozesse sich direkt oder indirekt<br />
gegenseitig aufrufen.<br />
Die funktionale Einheit unserer Untersuchunt<br />
ist eine Architektur-Variante auf dem SEW-Areal.<br />
Dieser Prozess ruft direkt <strong>und</strong> indirekt weitere Prozesse<br />
auf, zum Teil mehrmals dieselben. Ein einziger<br />
Prozess kann auch von verschiedenen anderen Prozessen<br />
aufgerufen werden. Zur Systematisierung<br />
der Prozessdefinition einerseits <strong>und</strong> wegen der<br />
Datengr<strong>und</strong>lagen andererseits wurde das sogenannte<br />
«Bottom up" (von unten nach oben)<br />
Verfahren angewendet. Zuerst wurden<br />
die Gr<strong>und</strong>prozesse definiert, <strong>und</strong><br />
dann immer weitere Schritte bis zur<br />
funktionalen Einheit. Eine anschaulichere<br />
Beschreibung des Aufbaus<br />
liefert die Abbildung 2.1.2. Aus Platzgründen<br />
wurde nicht der gesamte<br />
Baum aufgezeichnet. Sobald eine gepunktete<br />
Linie eingezeichnet ist,<br />
muss man sich daran anschliessend<br />
dieselbe Struktur vorstellen, die ati<br />
derselben Ebene (nur ein Mal) weitergeführt<br />
worden ist.<br />
Abb 2.1.1 Systetnabgrenzung <strong>und</strong>Struktur der <strong>durch</strong>geführten Ökobifanz.<br />
2.2,1 Zeitliche der<br />
Gehiiudelebensdauer<br />
Wir haben den Bauprozess nicht in<br />
seiner ganzen Vollständigkeit berücksichtigen<br />
können. Dem Planungsaufwand<br />
wurde beispielsweise nicht<br />
Rechnung getragen. Die Altlastensanierung<br />
wurde in diesem Abschnitt<br />
auch nicht berücksichtigt, wohl aber<br />
in jenem über die Variantenbewertung<br />
(UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN).<br />
166 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
r---1 AnteilCHStromniederspamUJg I Transport kOflV. Äl.Jssefl>Utl LKW 281}<br />
Antailf'ho!oJoitaikDadlanlage<br />
I<br />
HTranspcrl kom. Aussenputz Schiene1<br />
rl BaustalieX<br />
AushubFroolladooaupa<br />
I<br />
~ Transp:ll1 Backstein LKW 26 t I<br />
rlTransportAraaI-DeP::flieWandau:ssen 1_<br />
r---1 ElektrizitAtsverbrauch<br />
I---<br />
-----iL~E-i=-"'_·hl_·"_'"""":-_--,I··· -<br />
l...IL-_T_'''_''''''''_···__--'l<br />
r-I W"'M'~X<br />
--l KelJeriParl
Ökobilanz ------ _<br />
nen überarbeitet <strong>und</strong> korrigiert. Zur Flächenberechnung<br />
wurden folgende Annahmen verwendet:<br />
- Die Berechnungen der Flächen erfolgten. gemäss<br />
Angaben der Variantenbeschreibung (Länge,<br />
Breite, Höhe der Stockwerke), für die INN<br />
Variante mussten ~ur Höhe der Stockwerke<br />
Annahmen getroffen werden, weil keine Angaben<br />
dazu vorhanden waren (UG 3.7 m, EG 4 m,<br />
OG 304m).<br />
- Verwendung der Wandtypen aus dem Entwurf<br />
für die SIA-Dokumentation D0123.<br />
- Die Innenwandflächen wurden in Absprache mit<br />
Fachleuten <strong>und</strong> mit Hilfe der SIA Dokumentation<br />
abgeschätzt.<br />
- Als Fensterfläche gelten 40% der Fassadenfläche<br />
für Wohnen, 30% für die anderen Nutzungetl.<br />
- Die Dicke des Bodens ist generell 20 cm (gernäss<br />
SIA D0123), die Zwischendecken 23 cm (Angabe<br />
der ArchitekturstudentInnen).<br />
- Dächer wurden als Flachdächer angenommen.<br />
- Die Altbaukonstruktionen wurden nicht nach<br />
Nutzungen unterschieden.<br />
Oll Bezüglich der Baumaterialien kann folgendes erwähnt<br />
werden:<br />
- Details der Wandtypen wurden aus der SIA<br />
Dokumentation D0123 gewonnen.<br />
- Die Fensterrahmen seien 8 cm breit, die Fensterflächen<br />
von 2 m 2 ergeben einen Rahmenanteil<br />
von 15% der Fensterfläche (für alle Varianten).<br />
Die Lebensdauer der Fenster samt Rahmen<br />
sei 20 Jahre. Mit einer Rahmendicke von 5.5 cm<br />
<strong>und</strong> einer Dichte von 0.6 t/m 3 für das Holz <strong>und</strong><br />
von 2.5 t/m 3 für das Glas konnten die entsprechenden<br />
Faktoren pro Fensterfläche berechnet<br />
werden (Ragonesi, 1993). (Rahmen: 19.8 kg/m 2<br />
Holz, Fenster: 80 kg/m 2 Glas). Der Aluminiumanteil<br />
wurde aus Mangel an Daten vernachlässigt.<br />
e In jeder Nutzungsgruppe kommen verschiedene<br />
Energieverbrauchszahlen vor. Diese beruhen auf den<br />
unterschiedlichen Nutzungen innerhalb einer Variante.<br />
Da wir aber pro Variante nur 5 Hauptnutzungen<br />
bzw. Altbauten unterscheiden, mussten für<br />
diese 5 Nutzungsgruppen spezifische Energiekennziffern<br />
berechnet werden. Diese wurden auf<br />
der Basis der Bruttogeschossflächen der einzelnen<br />
Nutzungen einer Variante berechnet (gewichteter<br />
Einzelwert).<br />
Die Energieverbrauchsziffern für die Altbautenentsprechen<br />
denjenigen der SIA-Empfehlung 380/1<br />
für die Gebäudenutzung
__________________________________________Ökobilanz<br />
Auswirkung<br />
Humantoxizität<br />
kg (bezogen auf die Weltbevölkerung)<br />
Abiotischer Resourcenverbrauch<br />
(Klassifikation)<br />
dimensionslos<br />
Aquatische Ökotoxizität<br />
m 3<br />
Versauerung<br />
kg<br />
Säureproduktion, angegeben in kg SO,<br />
Äquivalenten<br />
Eutrophierung<br />
kg<br />
Phosphatäquivalente<br />
0zonschichtzerstörung<br />
kg<br />
Ozonzerstörungsäquivalent normiert auf CFC-11<br />
Treibhauseffekt<br />
kg<br />
Global Warming Potential (bezogen auf C02)<br />
Produktion treibhausrelevanter Stoffe,<br />
ausgedrückt in kg C02 - Äquvalenten. Der<br />
Zeitraum kommt im Integral vor (von 0 bis T).<br />
Photochemische Oxidantien<br />
kg<br />
POCP=photochemical ozone creation potential:<br />
VOC-Emissionen in C2H2-Äquvalentenbezüglich<br />
der Ozonproduktion<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
m 2 y?<br />
Radioaktivität<br />
kBq<br />
Bedeutung<br />
In..., = Stoff i (Wasseremission)<br />
ECA .=ökotoxikologisches Gewicht des Stoffes i<br />
, v, I M,<br />
:::: ~ v so<br />
,/ M so, x nJ i<br />
In..., = Stoff i (Emission) [kg]<br />
In..., = Stoff i (Emission) [kg]<br />
8[0 3 ].<br />
=:2, 'XIn,<br />
, 8[03]CFC_1I<br />
= L GWP,<br />
lb. 2.3.1 Mit dem Programm SIMA V2.J berechnete iikologische Auswirkungen.<br />
x mj<br />
T<br />
Ja,c,(t)dt<br />
o<br />
GWF, =-=T~---<br />
Jaca,c on<br />
(t)dt<br />
o '.<br />
tion z.B. für Alu-Sandwichverpackungen verbraucht<br />
Strom, <strong>und</strong> zur Stromproduktion wird Aluminium<br />
gebraucht). Sima V2.1 basiert auf einer dBase-Datenbank<br />
in Verbindung mit einem Berechnungsmodul<br />
<strong>und</strong> einem Auswertungsprogramm (letztere stehen<br />
beide nur unter OS/2 zur Verfügung). Die Produktionsprozesse<br />
werden u.a. hinsichtlich der folgenden<br />
direkten ökonomischen <strong>und</strong> ökologischen Input<strong>und</strong><br />
OutpUtflüsse charakterisiert: ökonomischer<br />
In- <strong>und</strong> Output, Emissionen (getrennt nach Wasser,<br />
Boden, Luft), Ressourcenverbrauch, radioaktive<br />
Strahlung <strong>und</strong> Abwärme.<br />
Die Berechnung der Ökobilanz besteht:<br />
a)in der Bilanzierung der indirekten In- <strong>und</strong> Outputs<br />
der Prozesse (bei der Stromproduktion wird<br />
Aluminium verbraucht, dieAluminiumproduktion<br />
Körpergewicht, das bis zum zulässigen<br />
Höchstmass mit Schadstoffen belastet ist. Die Zahl<br />
ist noch nicht ausgereift <strong>und</strong> soll nur einen<br />
Anhaltspunkt bieten.<br />
I mi<br />
i Mi<br />
In,= Verbrauch der Resource i<br />
M, = Weltvorrat der Resource i<br />
:::: I.. ECA; x nl w ;<br />
=LPOCP;<br />
xmi<br />
Mat. verbrauch .<br />
Fläche<br />
. RegeneratIon<br />
Jahresproduktion<br />
Während des Prozesses emittierte Radioaktivität.<br />
verbraucht Bauxit, also wird bei<br />
der Stromproduktion - indirekt<br />
- Bauxit verbraucht) <strong>und</strong><br />
b)in der Klassifikation der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(z.B. die Aggregation<br />
der verschiedenen in<br />
die Luft emittierten Stoffe zu<br />
einem Index Luftemissionen ).<br />
Die Entscheidung für SIMA V2.1<br />
erfolgte, weil eine Reihe von Daten<br />
in diesem Programm <strong>durch</strong><br />
die Gruppe Energie-Staffe-<strong>Umwelt</strong><br />
(ESU) des Instituts für Energietechnik<br />
der ETH bereits zur<br />
Verfügung gestellt werden konnte.<br />
Ausserdem konnte die Lizenz<br />
der ETH benutzt werden.<br />
Konzeptionell erstellt das Programm<br />
eine auswirkungsorientierte<br />
Bilanz. Für die Wirkungsbilanz<br />
steht ein Katalog der<br />
Auswirkungen zur Verfügung.<br />
Die für die Bilanzierung verwendeten<br />
Kriterien <strong>und</strong> ihre Berechnungsverfahren<br />
sind in Tabelle<br />
2.3.1 angegeben. Eine detaillierte<br />
Beschreibung ist in Heijungs<br />
(1992) zu finden.<br />
2.3.2<br />
Erfahrungen mit dem<br />
Ökohilanzprogramm<br />
SIMA V2.1<br />
Das Programm SIMA V2.1 hatte<br />
den Vorteil, dass eine Reihe von<br />
Daten im Datenbankteil vorhanden<br />
war. Ohne diesen Anteil wäre<br />
eine Ökobilanz im Rahmen einer<br />
<strong>Fallstudie</strong> nicht möglich gewesen.<br />
Bei der Evaluation von verschiedenen Ökobilanzprogrammen<br />
im Vorfeld der <strong>Fallstudie</strong> wurde von<br />
mehreren Seiten die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit von<br />
SIMA V2.1 kritisiert. Diese Kritik können wir in folgenden<br />
Bereichen nachdrücklich bestätigen:<br />
E> Die Dateneingabe: Sie ist umständlich <strong>und</strong> unübersichtlich.<br />
Fehleingaben sind nur schwer erkennbar.<br />
Dies trägt dazu bei, dass die Fehlersuche<br />
zeitlich, personell <strong>und</strong> nervlich aufwendig ist. Sie<br />
erfolgt unter DOS, einem Betriebssystem, das im<br />
Bereich der <strong>Fallstudie</strong> sonst nicht eingesetzt wird<br />
<strong>und</strong> somit den Ausbildungsbedarf weiter erhöht.<br />
E> Die Berechnung: Sie erfolgt unter OS/2, gleichermassen<br />
ein Betriebssystem, das im Bereich der<br />
<strong>Fallstudie</strong> sonst nicht eingesetzt wird <strong>und</strong> somit<br />
den Ausbildungsbedarf weiter erhöht.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 169
Ökobilanz<br />
81----~/<br />
Abb. 2.3.3 Datenstruktur<strong>und</strong>die Datenquelienfiir die Ökobilanzierungder<br />
Varianten.<br />
.. Die Datenausgabe: Sie erfolgt umständlich <strong>und</strong><br />
unübersichtlich in riesigen Dateien (ebenfalls<br />
unter DOS). Die tatsächlichen Strukturen <strong>und</strong><br />
die Berechnung der Zwischengrässen lassen sich<br />
nur schwer nachvollziehen. Daher ist auch der<br />
Aufwand zur Interpretation der Ergebnisse zeitlich,<br />
personell <strong>und</strong> nervlich gross.<br />
Zur besseren Kontrolle <strong>und</strong> Interpretation der Ergebnisse<br />
wurde ein zusätzliches EDV-Programm<br />
(insgesamt ca. 700 Zeilen) erstellt, das die Anwendung<br />
von Sima V2.1 wesentlich verbesserte.<br />
2.3.3 Datengr<strong>und</strong>lage<br />
Die Datenstruktur <strong>und</strong> die Datenquellen sind in<br />
Abbildung 2.3:3 angegeben. Die Beschreibungen<br />
der Architektur-Varianten wurden hinsichtlich der<br />
Nutzungsarten <strong>und</strong> deren Anteile (Bruttogeschossflächen<br />
in Quadratmeter) ausgewertet. Ein Datensatz<br />
des Architekturbüros H. R. Meier gab Auskunft<br />
über die Anzahl <strong>und</strong> Grässe der Bauteile je m Z<br />
Nutzfläche, die SIA-Norm 380/1 über den Verbrauch<br />
während der Betriebsphase (z.B. an Energie). Mit<br />
Hilfe der SIA-Dokumentation 00123 wurden die<br />
Menge <strong>und</strong> Art der Baustoffe je Bauteil abgeschätzt.<br />
Die Datenbank des SIMA-Programms wurde ausgenutzt<br />
für die Bereitstellung von Rohstoff-, Energie-<br />
<strong>und</strong> Transport-Daten bezogen auf die Baumaterialien.<br />
Die Teilprojekte 1.2 (Materialumsatz) <strong>und</strong> 1.4<br />
(Energiebilanz) hatten die Aufgabe, die Daten zusammenzustellen<br />
<strong>und</strong> entsprechend den Annahmen<br />
(z.B. über die Systemgrenzen) aufzubereiten. Zusätilich<br />
sollten Energieverbrauchsszenarien erarbeitet<br />
werden.<br />
3. Ergebnisse<br />
In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der<br />
berechneten Wirkungsbilanzen vorgestellt. Die Ergebnisse<br />
der Vollaggregation <strong>und</strong> der Variantenbewertung<br />
anhand zusätzlicher, nicht in die Ökobilanz<br />
integrierter Kriterien sind im Kapitel UMSETZUNG VON<br />
UMlVELTZIELEN dargestellt.<br />
Für eine anschauliche Darstellung der Ergebnisse<br />
wurden sie in den nachfolgenden Graphiken <strong>und</strong><br />
Tabellen normiert (ausser in Tabelle 3.1, in der die<br />
absoluten Beträge stehen), aber noch nicht gewichtet.<br />
Die Normierung wurde vorgenommen, damit die<br />
verschiedenen Kriterien untereinander vergleichbar<br />
sind. So bekommt diejenige Variante, die die grässte<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkung verursacht, den Zahlenwert 1<br />
unabhängig von der ursprünglichen Grässenordnung;<br />
den weiteren Varianten wird jeweils der Bruchteil<br />
von diesem Maximum zugeordnet.<br />
3.1 Grössenordnungen der<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
Untersuchungen, bei denen die Unterschiede zwischen<br />
den Gestaltungsvarianten nicht relevant waren,<br />
wurden jeweils nur für eine Variante gerechnet.<br />
Aus Gründen der Kohärenz blieb diese für alle Einzeluntersuchungen<br />
dieselbe. Wir haben uns weder<br />
wegen ihres Farbattributes noch aufgr<strong>und</strong> positiver<br />
Vorurteile für die Variante Grünraum entschieden,<br />
sondern weil deren Nutzungsverteilung am ausgeglichensten<br />
ist, <strong>und</strong> weil sie beim absoluten Variantenvergleich<br />
einen mittleren Rang einnimmt. In der<br />
Tabelle 3.1 sind die Ergebnisse für die verschiedenen<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen aufgelistet. Die Zahlen<br />
dienen zur Orientierung über die Grässenordnungen<br />
<strong>und</strong> dürfen keinenfalls als exakt angesehen werden<br />
Diese Zahlen - auch diejenigen mit derselben Einheit<br />
- sollten nicht miteinander verglichen werden.<br />
Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich darauf<br />
verweisen, dass eine Gegenüberstellung qualitativ<br />
verschiedener <strong>Umwelt</strong>folgen zweifelhaft ist <strong>und</strong><br />
ein Bewertungsproblem hervorruft. Im Kapitel<br />
UMSETZUNG VON UMlVELTZIELEN wird ein Ansatz<br />
vorgeschlagen, dieser Schwierigkeit zu begegnen.<br />
Risikoanalysen, die beispielsweise klären könnten,<br />
ob die Folgen verschmutzter Luft (Humantoxikologische<br />
Auswirkungen) oder diejenigen anthropogener<br />
Radioaktivität bevorzugt zu vermeiden seien,<br />
wurden hier nicht <strong>durch</strong>geführt.<br />
Für die Grünraum-Variante (mit einem Anteil an<br />
Photovoltaik von 20%) ergaben die Berechnungen<br />
einen Wert von 1.7.10 8 kg COz-Äquivalent für den<br />
Treibhauseffekt über einen Zeitraum von 80 Jahren.<br />
Es kann angenommen werden, dass 95% davon di-<br />
_<br />
170<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
rekt vom COz stammen (siehe Abschnitt 3.3).<br />
Etwa eine Menge der gleichen Grössenordnung<br />
an anthropogenem COz wurde im Jahre<br />
1988 täglich in der Schweiz emittiert (Statistisches<br />
Jahrbuch der Schweiz 1994, S. 80.).<br />
Eine bisher unbeantwortete Frage war, zu<br />
welchem Zeitpunkt der grösste Teil der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
verursacht wird. Wir haben<br />
zur Beantwortung dieser Frage getrennte Wirkungsbilanzen<br />
für die Nutzungsphase <strong>und</strong> für<br />
die Bau-/Abrissphase berechnet. Zu beachten<br />
ist, dass die Bau-/Abrissphase fast ausschliess<br />
,ich aus der Gebäudeherstellung besteht, da<br />
in der'Abrissphase nur der Transport von den<br />
Materialien zur jeweiligen Deponie berücksichtigt<br />
wurde. Nur Fensterrahmen wurden<br />
rezykliert. Sämtli9he andere Prozesse auf der<br />
Herstellungs- <strong>und</strong> Abrissbaustelle wurden<br />
vernachlässigt. Ausserhalb der Systemgrenze<br />
lagen die <strong>Umwelt</strong>schäden, die während der<br />
Deponierungszeit entstehen. In der Nutzungsphase<br />
ist vor allem der Energieverbrauch<br />
ausschlaggebend. In Abbildung 3.2<br />
sind die Ergebnisse dargestellt.<br />
Auffallend ist, dass für alle Kriterien mehr<br />
als 50% der <strong>Umwelt</strong>beeinträchtigungen während<br />
der Nutzungsphase entstehen. Es soll<br />
an dieser Stelle zur Erläuterung noch einmal<br />
erwähnt werden, dass sich letztere übl;:r einen<br />
Zeitraum von 80 Jahren ausdehnt, während<br />
die Herstellungsphase deutlich kürzer ist. Im<br />
iolgenden Abschnitt «Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen»<br />
wird auf die Ursachen<br />
dieser Verteilung eingegangen.<br />
3.3<br />
Diskussion der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
Mehr als 10 Schadstoffe fallen bei der Berechnung<br />
der Humantoxizität ins Gewicht. Dabei trägt eine<br />
Vielzahl von Prozessen zu den verschiedenen Stoffemissionen<br />
bei, wovon die wesentlichsten Stickoxide<br />
<strong>und</strong> Schwefeldioxid sind.<br />
Für den Verbrauch abiotischer Ressourcen ist nach den<br />
Berechnungen des Ökobilanzprogramms einzig das<br />
Wasser verantwortlich. Trotzdem der Haushaltswasserverbrauch<br />
nicht berücksichtigt wurde, ist der<br />
Wasserverbrauch während der Nutzung am grössten,<br />
<strong>und</strong> zwar grösstenteils <strong>durch</strong> Kernkraftwerke (Kühlwasser).<br />
<strong>Umwelt</strong>
Ökobilanz, -----------------,----- _<br />
Zur Verminderung der Emissionen könnten Massnahmen<br />
also bei der Zementherstellung ansetzen.<br />
Ein weiterer Verbesserungsschritt beinhaltete die<br />
Reduktion der Oxidantienemission <strong>durch</strong> Verbrennungsprozesse<br />
in Motoren, entweder <strong>durch</strong> neue<br />
Technologien oder <strong>durch</strong> die Verminderung der<br />
Transportwege.<br />
Die Stickoxidemissionen tragen hauptsächlich zur<br />
Eutrophierung des Boden <strong>und</strong> des Wassers bei. Sie<br />
werden zu grossen Teilen <strong>durch</strong> die Verfeuerung von<br />
Holzschnitzeln, beim Verbrauch von Diesel für Lastwagen<br />
<strong>und</strong> bei der Zementherstellung erzeugt. Da<br />
diese Prozesse z.T. eine grosse Rolle während der<br />
Bau-/Abrissphase spielen, erstaunt es nicht weiter,<br />
dass sie einen grossen Anteil am gesamten Eutrophierungspotential<br />
trägt.<br />
Das Potential zur Ozonschichtschädigung wird <strong>durch</strong><br />
zwei FCKWs bedingt. Wärmepumpen verursachen<br />
HCFC-22-Emissionen; die Förderung von Rohöl<br />
sowie Hochseetanker sind verantwortlich für Halon<br />
1301-Emissionen (Flammschutz). Das Potential ist<br />
also mit Strom- <strong>und</strong> Wärmeenergie sowie Strassentransport<br />
assoziiert.<br />
Obwohl das Kohlendioxid ein geringes Treibhauspotential<br />
besitzt, macht es über 95% des Treibhauseffekts<br />
aus, da es in sehr grossen Mengen in die Luft<br />
emittiert wird. Hauptverantwortlich dafür sind die<br />
Zementherstellung, die Heizölverfeuerung in Kraftwerken,<br />
die Backsteinherstellung, die Erdgasverfeuerung<br />
in der Industrie <strong>und</strong> die Verfeuerung von<br />
Holzschnitzeln (wobei die natürliche COrFixierung<br />
<strong>durch</strong> nachwachsenden Jungwald ausserhalb der<br />
Systemgrenze liegt).<br />
Der Löwenanteil bei der Bildung photochemischer<br />
Oxidantien (dessen Anteil knapp unter 50% während<br />
der Bauphase entsteht) stammt aus den flüchtigen<br />
organischen Kohlenwasserstoffen (ohne Methan).<br />
Die Förderung von Öl <strong>und</strong> Gas (<strong>durch</strong> Abfackeln,<br />
Abblasen) <strong>und</strong> wiederum der Verbrauch von Diesel<br />
für Lastwagen <strong>und</strong> Baumaschinen verursachen diese<br />
hauptsächlich.<br />
Die Flächeninanspruchnahme wird hauptsächlich bei<br />
der Stromgewinnunginduziert. Dazu kommt noch<br />
(mit einem vielfach kleineren Anteil) eine Reihe<br />
bauspezifischer Prozesse: Es sind dies die Flusskies<strong>und</strong><br />
Betonkiesherstellung, sowie die entstehenden<br />
Abfälle in der Inertstoffdeponie.<br />
Für die Entstehung der radioaktiven Emissionen ist<br />
der Stromverbrauch ausschlaggebend, weil ein Teil<br />
des Stroms in Kernkraftwerken hergestellt wird.<br />
Auch die Radioaktivität, die während der Bauphase<br />
entsteht, ist auf den Stromverbrauch zurückzuführen.<br />
Während der Bauphase (falls diese 10 Jahre<br />
dauert) werden insgesamt ca. 7 TJ Strom pro Jahr<br />
verbraucht (Gesamtmenge aus Niederspannung,<br />
Mittelspannung <strong>und</strong> Hochspannung mit Bezug<br />
Schweiz <strong>und</strong> UCPTE (UCPTE = Union pour la coordination<br />
de la production et du transport de I'electricite,<br />
zählt 12 westeuropäische Mitgliederländer,<br />
1994). Dem stehen allerdings etwa 22 TJ pro Jahr<br />
während der Nutzungsphase entgegen, weswegen<br />
letztere die gesamten Auswirkungen dominiert.<br />
Unter der Annahme, dass der Bau- <strong>und</strong> Abrissprozess<br />
insgesamt zehn Jahre dauert, kann man die<br />
Einwirkungen pro Jahr berechnen. Man bekommt<br />
dann das entgegengesetzte Bild zu Abbildung 3.2. In<br />
einem Jahr Baustelle werden bis auf wenige Ausnahmen<br />
mehr (etwa doppelt so hohe) <strong>Umwelt</strong>schäden<br />
angerichtet als in einem Jahr Nutzung.<br />
3.4 Photovoltaik<br />
Inwiefern kann die Photovoltaik die herkömmliche<br />
Stromversorgung ersetzen? Wie lassen sich <strong>Umwelt</strong>"<br />
auswirkungen <strong>durch</strong> Verwendung dieser erneuerbaren<br />
Energieform vermindern? Beim Versuch, diese<br />
<strong>und</strong> weitere Fragen zu beantworten, sind wir auf<br />
erstaunliche Ergebnisse gestossen.<br />
Als erstes wurde eine Abschätzung der maximal<br />
möglichen Photovoltaikanlagefläche für jede Variante<br />
<strong>durch</strong>geführt. Dazu wurden folgende Annahmen<br />
getroffen:<br />
" die Südfassade sei ein Viertel der gesamten oberirdischen<br />
Fassadenfläche;<br />
" die Photovoltaikfläche pro Südfassade sei 0.6 mal<br />
kleiner als die Südfassadenfläche;<br />
" die Photovoltaikfläche pro Dachfläche sei gleich<br />
der Dachfläche selbst.<br />
Mit Hilfe der Abschätzung, dass die Energieproduktion<br />
pro m 2 Photovoltaikpanel <strong>und</strong> pro 80 Jahre<br />
gleich 24'000 MJ sei, konnte berechnet werden, wie<br />
viel Elektrizität pro Variante maximal <strong>durch</strong> Sonnen~<br />
energie bereitgestellt werden könnte. Diese Angabe.<br />
wurde dann für den Split der Energiebereitstellung<br />
gebraucht <strong>und</strong> ist in Tabelle 3.4 aufgeführt.<br />
Für die Variante Grünraum wurden dann 3 Wirkungsbilanzen<br />
mit unterschiedlichem Photovoltaikanteil<br />
berechnet. Unter dem Szenario Photov 0 wurde<br />
nur Niederspannungsstrom (100%) schweizerischer<br />
Herkunft verwendet. Photov 20 steht für 10% Strom<br />
Ell~llte INN GI!. KHS ws<br />
Photovoltaik: Strom ab 3 kWp 10% 17% 21% 12%<br />
Fassadenanlage<br />
,.H _ ...........<br />
Photovoltaik: Strom ab 3 kWp 40% 51% 42% 30%<br />
Flachdachanlage<br />
... ,.,... • ••• H •••••••<br />
eH Strom Niederspannung (Rest) 50% 32% 37% 58%<br />
Summe 100% 100% 100% 100%<br />
Tab. 3.4 maximaler Anteil an Photovoltaik fürjede Variante.<br />
172<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
II1II Photov 0<br />
humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
Ressourcen<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
saurer Regen<br />
Eutrophierung<br />
Treibhauseffekt<br />
photochemische<br />
Oxidantien<br />
<strong>durch</strong> Flachdachanlagen <strong>und</strong> 10% <strong>durch</strong> Fassadenanlagen<br />
(restliche 80% CH Strom Niederspannung)<br />
<strong>und</strong> bei Photov max wurden die Werte der Tabelle<br />
3.4 für die Variante GR verwendet, also 68%-iger<br />
Photovoltaikanteil. Für ein besseres Verständnis der<br />
Ergebnisse, wurde - unter der Bezeoichnung UCPTE<br />
80 - noch ein viertes Szenario berechnet. Bei diesem<br />
Szenario mit 20%-igem Photovoltaikanteil wurde der<br />
restliche Niederspannungsstrom nicht mehr aus der<br />
Schweiz (was dem Szenario Photov 20 entspräche),<br />
sondern aus dem UCPTE bezogen. Der Vergleich der<br />
jeweiligen <strong>Umwelt</strong>auswirkungen für die Variante<br />
Grünraum ist der Abbildung 3.4 zu entnehmen.<br />
Überraschend dabei ist vor allem, dass - mit Aus<br />
'lahme der Faktoren Radioaktivität <strong>und</strong> Flächeninanspruchnahme<br />
- die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen mit<br />
zunehmendem Photovoltaikanteil wachsen. Die Ursache<br />
dafür liegt bei der Herstellung der Photovoltaikzellen.<br />
Diese werden im europäischen Ausland<br />
gefertigt, wo der Strom, der zu Herstellung der<br />
Zellen benötigt wird, zum grossen Teil <strong>durch</strong> die<br />
Verbrennung fossiler Brennstoffe generiert wird <strong>und</strong><br />
damit grosse <strong>Umwelt</strong>auswirkungen zur Folge hat.<br />
In der Schweiz haben Wasser- <strong>und</strong> Kernkraft einen<br />
hohen Anteil an der Stromproduktion, die auf die<br />
meisten <strong>Umwelt</strong>faktoren geringere Auswirkungen<br />
zeigen. Diese Sachlage wird auch <strong>durch</strong> die Berechnung<br />
des vierten Szenarios belegt (Szenario mit<br />
Strom aus europäischer Herkunft (UCPTE 80): die<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen liegen deutlich höher als bei<br />
jedem anderen Szenario.<br />
Warum haben Radioaktivität <strong>und</strong> Flächeninanspruchnahme<br />
einen gegenläufigen Trend? Die einfache<br />
Erklärung lautet: die Stromherkunftszusam-<br />
Ozonschichtschädigung<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
radioaktive<br />
Emissionen<br />
o Photov 20<br />
0% 20%<br />
.bbo 304 Auswirkungen unterschiedlicher Elektrizitätsquellen für die Grünraumvarianteo<br />
II1II<br />
Photov max<br />
40% 60%<br />
m UCPTE 80<br />
80% 100%<br />
mensetzung der Schweiz hat einen höheren Anteil an<br />
Kernenergie als die restlichen europäischen Länder,<br />
<strong>und</strong> - wie unter Abschnitt 3.3 zu lesen ist - entstehen<br />
diese beiden <strong>Umwelt</strong>auswirkungen vor allem innerhalb<br />
der Kernenergie-Prozesskette.<br />
3.5 Variafttenvergleich<br />
Ein wichtiges Ziel der <strong>Fallstudie</strong> war es, die Architekturvarianten<br />
miteinander zu vergleichen. In den<br />
Abbildungen 3.5.1, 3.5.2.1 <strong>und</strong> 3.5.3 sind diese Ergebnisse<br />
dargestellt. Um die relative Gewichtung<br />
der Varianten zu verdeutlichen wurde jede <strong>Umwelt</strong>auswirkung<br />
so normiert, dass das jeweilige Maximum<br />
der Varianten «1» beträgt, kleinere Zahlen sind die<br />
entsprechenden Bruchteile davon (radioaktive Emissionen<br />
der Variante WerkStadt = 0.85 bedeutet, dass<br />
diese Variante nur 85% der radioaktiven Emissionen<br />
der Grünraum-Variante (Maximum) verursacht). Verglichen<br />
wurde dreierlei:<br />
.. Vom iJkologischen Standpunkt aus gesehen sind die<br />
Beträge der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der Varianten<br />
entscheidend, weil es der Natur gleichgültig ist,<br />
warum <strong>und</strong> wie diese zustande kommen. In Abschnitt<br />
3.5.1 werden die Beiträge der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
der Varianten relativ zueinander<br />
dargestellt (für die Variante Grünraum basierend<br />
auf den Daten in Tabelle 3.1) <strong>und</strong> diskutiert.<br />
.. Vom gesellschaftlich-ökologischen Standpunkt aus gesehen<br />
müssen die Nutzungsmöglichkeiten der<br />
verschiedenen Varianten in die Bewertung einbezogen<br />
werden. Die relativen Beträge wurden daher<br />
<strong>durch</strong> die Bruttogeschossfläche dividiert, um den<br />
Einfluss der Nutzungen abzuschätzen (dies ergibt<br />
die <strong>Umwelt</strong>einwirkugen pro m 2 Bruttogeschossfläche).<br />
.. Vom öOkonomisch-iikologischen Standpunkt aus gesehen<br />
muss der wirtschaftliche Nutzen mitbewertet<br />
werden. Daher wurden die relativen Beträge <strong>durch</strong><br />
die zu erwartenden Renditen der Varianten dividiert.<br />
Damit kann ein Mass für das Verhältnis der<br />
ökologischen Defizite zum wirtschaftlichen Nutzen<br />
dargestellt werden (dies ergibt die <strong>Umwelt</strong>einwirkugen<br />
je erzielte Rendite).<br />
3.5.1 Ökologischer Standpunkt<br />
Auffallend ist zunächst, dass die Unterschiede zwischen<br />
den Varianten ziemlich klein sind. Der grösste<br />
Unterschied liegt mit einem Bruchteil von etwa 0.65<br />
beim Treibhauseffekt (Abb. 3.5.1). Als weiteres halten<br />
wir fest, dass bei dieser ersten Rechnung die<br />
Varianten bei jedem Kriterium dieselbe Rangfolge<br />
beibehalten. Wir müssen also die schwierige Frage,<br />
welches von zwei Übeln (zum Beispiel höhere radio-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 173
Ökobilanz.<br />
_<br />
liillJ<br />
11I<br />
11I<br />
Industrienahe Nutzung<br />
Variante WerkStadt<br />
Grünraumvariante<br />
o Variante Kunsthochschule<br />
liillJ<br />
11I<br />
11I<br />
Industrienahe Nutzung<br />
Variante WerkStadt<br />
Grünraumvariante<br />
o Variante Kunsthochschule<br />
Humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
Ressourcen<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
Humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
Ressourcen<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
Saurer Regen<br />
Saurer Regen<br />
Eutrophierung<br />
Eutrophierung<br />
Ozoschichtzerstörung<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
Ozoschichtzerstörung<br />
Treibhauseffek1<br />
Bildung photochemischer<br />
Oxidantien<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
Radioak1ive<br />
Emissionen<br />
~-,---r-,---I<br />
I--r--r--'<br />
Treibhauseffek1<br />
Bildung photochemischer<br />
Oxidantien<br />
Radioak1ive<br />
Emissionen<br />
0.5<br />
0.6<br />
0.7<br />
0.8<br />
0.9<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.6<br />
0.7<br />
0.8<br />
0.9<br />
1.0<br />
Abb 3.5.1 Vergleich der Ökobilanzen der Architektur-Varianten (ohne<br />
Berücksichtigung der Bruttogeschossfläche oder der Rendite).<br />
Abb. 3.5.2.1 Vergleich der Ökobilanzen der Architektur-Varianten normiert<br />
aufm 2 Bruttogeschossfläche.<br />
aktive Belastung oder grössere toxische Wirkung auf<br />
Menschen) wir vorziehen sollen, nicht beantworten.<br />
Nun zur Rangfolge: die geringsten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
hat beim Vergleich ohne Normierung<br />
deutlich die Kunsthochschule-Variante, während die<br />
Grünraum-Variante gar bei allen zehn betrachteten<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen am schlechtesten abschneidet.<br />
Da für alle Varianten die gleichen Annahmen<br />
bezüglich der Art der verwendeten Baumaterialien<br />
gemacht wurden, liegt auf der Hand, dass die Menge<br />
verbauter Materialien eine wichtige Einflussgrösse<br />
darstellen muss. Ein Mass für die Menge an Bausubstanz<br />
ist die erstellte Bruttogeschossfläche <strong>und</strong> es ist<br />
einsichtig, dass die Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />
mit zunehmender Nutzfläche grösser werden. Um<br />
diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurden die<br />
Einwirkungen für alle Varianten pro m 2 Bruttogeschossfläche<br />
berechnet (s. Abschnitt 3.5.2).<br />
Nach der Normierung erhalten wir eine veränderte<br />
«Rangliste» (Abb. 3.5.2.1): keine der Varianten hat<br />
ihren Platz beibehalten. Die Beurteilung der Varianten<br />
weist allerdings wiederum die vorher beobachtete<br />
Homogenität in Bezug auf die Rangfolge bei<br />
den Einzelkriterien auf: jede Variante erhält bei allel(<br />
Kriterien den gleichen Rang. Die Kunsthochschule:'<br />
Variante ist vom ersten auf den letzten Platz gerutscht.<br />
Können wir zu diesem Zeitpunkt schon schliessen,<br />
sie sei die umweltschädlichste Variante? Oder hat es<br />
- abgesehen von der Menge an verbautem Material <br />
noch andere wichtige Grössen, die die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />
der einen oder anderen Variante beeinflussen,<br />
<strong>und</strong> die vor einer Beurteilung berücksichtigt<br />
werden müssen? Unter anderem seien hier die folgenden<br />
Einflussgrössen erwähnt: die je nach Variante<br />
unterschiedliche Zusammensetzung aus spezifischen<br />
Nutzungsarten <strong>und</strong> die unterschiedliche Zusammen-<br />
3.5.2 Gesellschaftlich·ökologische Standpunkt<br />
In Tabelle 3.5.2 sind die Bruttogeschossflächen<br />
gemäss den Angaben der ArchitekturstudentInnen<br />
aufgelistet.<br />
Variante<br />
Bruttogeschossfläche [m 2 )<br />
Tab. 3.5.2 Bruttogeschossflächen der Varianten.<br />
I GR I KHS I IHN I WS<br />
1183'4971113'6941176'660 1169'825<br />
174 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
----------------------------- Ökobilanz<br />
human~~~~~::~:~<br />
abiotischer<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
0.5<br />
KHS GR INN ws o 0.2 0.4 0.6 0.8<br />
0.6<br />
0.7<br />
l"~····"'~·""~···,,·~·"'~m.~'.~+!..,.~.,,..~.,,~,~x~"..w~ ••,.!,~,.~'''~, ~''''~"..~'«.~"!x~;••~"~~ •..,.~ •."'~'~~"0:.·.··r·m~ ~~.".~<br />
0.6<br />
0.9<br />
..=,<br />
Wohnen<br />
Dienstieistung<br />
saurer Regen<br />
Eutrophierung<br />
haben. Es ist leicht ersichtlich, dass ein Quadratmeter<br />
Wohnfläche in seinem Lebenszyklus grösseren<br />
Schaden anrichten wird als ein Quadratmeter<br />
Museumsfläche (solange nicht ein Installations<br />
Videokünstler a la Nam June Paik ausstellt). In der<br />
Abbildung 3.5.2.3 sind die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
aufgezeichnet, die <strong>durch</strong> die unterschiedlichen<br />
Nutzungskategorien für die Variante Grünraum entstehen.<br />
Schon auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass es<br />
noch viel gravierendere Unterschiede als zwischen<br />
den Nutzungskategorien «Museum" <strong>und</strong> «Wohnen"<br />
gibt. Bis zu einem Faktor fünf unterscheiden sich<br />
«Warenhäuser» <strong>und</strong> unterirdische Nurzungen wie<br />
Parkplätze oder Keller.<br />
Abgesehen von den Kriterien Eutrophierung <strong>und</strong><br />
'Ozonschichtzerstörung finden sich auch bei dieser<br />
Aufschlüsselung kaum Unterschiede beim Abschneiden<br />
der Nutzungskategorien zwischen den einzelnen<br />
<strong>Umwelt</strong>kriterien: eine gegebene Nutzungskategorie<br />
schneidet allgemein gut beziehungsweise schlecht<br />
ab. Für die nicht berechneten Varianten WerkStadt,<br />
Industrienahe Nutzung <strong>und</strong> Kunsthochsschule ist<br />
ein analoges Bild zu erwarten, da die Un~erschiede<br />
zwischen den Varianten bei derselben Nutzungs-<br />
Ozonschichtschädigung<br />
Treibhauseffekt<br />
photochemische<br />
Oxidantien<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
radioaktive<br />
Emissionen<br />
iiiiiiiiiiiiiiiiiifi•••~---r+;r===~<br />
!~~~!~~~~~~!~~~!~~:j<br />
Abb. 3.5.2.2 Vergleich der Ökobilanzen von einem Quadratmeter Wohnen,<br />
zur Illustration der Auswirkungen der unterschiedlichen Nutzungsarten<br />
der Varianten.<br />
Museum<br />
Warenhäuser<br />
Kalier<br />
Altbau<br />
oberirdisch<br />
m humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
IJ]<br />
Ressourcen<br />
lZl Ökotoxizität (aquatisch)<br />
ßl saurer Regen<br />
m Eutrophierung<br />
r;;';l<br />
Ozonschicht- schädigung<br />
0 Treibhauseffekt<br />
!il photochemische Oxidantien<br />
IZ!<br />
Flächeninanspruch- nahme<br />
Iil radioaktive Emissionen<br />
setzung aus Nutzungskategorien, was auch die<br />
unterschiedlichen Anteile an Altsubstanzerhaltung<br />
beinhaltet. Im folgenden wird auf diese Aspekte<br />
eingegangen.<br />
Die Nutzung einer Variante setzt sich aus verschiedenen<br />
Kategorien, wie beispielsweise «Wohnen",<br />
«Dienstleistung" oder «Keller", zusammen. Die einzelnen<br />
Kategorien sind an sich wiederum Überbegriffe,<br />
unter denen sich spezifische Nutzungsarten<br />
verstecken, die in Abschnitt 2.2 Annahmen<br />
(Nutzungsverteilungen) definiert wurden. Beispielsweise<br />
umfasst die Nutzungskategorie «Wohnen"<br />
'Iächen, die für Hotels, Gemeinschaftsräume, Schulen<br />
<strong>und</strong> Wohnen geplanrsind. Um zu illustrieren, wie<br />
die Zusammensetzung aus spezifischen Nutzungsarten<br />
die Ökobilanz beeinflussen kann, sei auf die<br />
Abbildung 3.5.2.2 hingewiesen. Sie stellt für jede<br />
Variante die Wirkungsbilanzen für einen Quadratmeter<br />
Wohnen dar.<br />
Es fällt auf, dass die Ergebnisse der Ökobilanz für<br />
einen Quadratmeter der Nutzungskategorie «Wohnen"<br />
zum Teil grosse Unterschiede aufweisen (bis<br />
mehr als 25%). Die Zusammensetzung aus den<br />
spezifischen Nutzungsarten (zum Beispiel Anzahl<br />
Hotels) variiert also von einem Architektur-Projekt<br />
zum anderen <strong>und</strong>wird in der Ökobilanz sichtbar.<br />
Die gleiche Sachlage findet sich eine Ebene höher.<br />
Die Zusammensetzung einer Variante aus den verschiedenen<br />
Nutzungskategorien spiegelt sich in der<br />
Ökobilanz wieder, da die einzelnen Nutzungskategorien<br />
unterschiedliche Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />
Altbau<br />
unterirdisch<br />
Abb. 3.5.2.3 <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der unterschiedlichen Nu!Zungen der<br />
Griinraumvariante.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 175
Ökobilanz<br />
_<br />
Al NEUBAU<br />
B) ALTBAU 15 JAHRE<br />
m<br />
" z :><br />
13<br />
Nutzung des<br />
Neubaus<br />
T4 15<br />
::><br />
Cl!<br />
a: '"<br />
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Nutzung des<br />
~<br />
ii<br />
« Altbaus<br />
::><br />
" m Tl T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />
C) ALTBAU 30 JAHRE<br />
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" z<br />
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Nutzung des ~<br />
8 Neubaus :§ Nutzung des<br />
;:<br />
« Altbaus<br />
" ::> 10 TI T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />
D) ALTBAU 80 JAHRE<br />
m<br />
" z<br />
~<br />
Cl:<br />
~<br />
::><br />
~ Nutzung des<br />
~ Mbaus<br />
" ::> 10 TI T2 13 T4 15 T6 T7 ZEIT<br />
Abb. 3.5.2.4 a, b, c <strong>und</strong> d: Erklärungen zu den Annahmen betreffend Altbau<br />
<strong>und</strong> Umbau (<strong>Umwelt</strong>auswirkungen schematisch dargestellt)<br />
1'0: Anfangder Umgestaltung des SEW-Areals<br />
Tl: Ende der Renovations- bzw. <strong>Umnutzung</strong>sphase<br />
1'2: Ende der Bau/Abrissphase<br />
1'3 bzw 1'5: nach 15 bzw 30 Jahren, Beginn weiterer Umnlltzungen<br />
1'4 bzw 1'6: Ende der weiteren Umnlltzllngsarbeiten<br />
1'7: nach 80 Jahren, Ende der NlItzlingsphase<br />
kategorie gegenüber den Unterschieden zwischen<br />
den Nutzungskategorien ein <strong>und</strong> derselben Variante<br />
zurücktreten.<br />
Nicht aufgetragen in Abbildung 3.5.2.3 sind vier<br />
Nutzungen: Altbau oberirdisch 15 <strong>und</strong> 30 Jahre sowie<br />
Altbau unterirdisch 15 <strong>und</strong> 30 Jahre. Diese wurden so<br />
definiert, dass sie mit de,n restlichen Nutzungen<br />
nicht direkt vergleichbar sind. Dies ist aus Abbildung<br />
3.5.2.4 zu entnehmen, in der die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(Ordinate) schematisch dargestellt sind <strong>und</strong><br />
keineswegs als proportional oder quantitativ exakt<br />
angesehen werden können.<br />
Die schraffierte Fläche steht für die gegenwärtige<br />
(nicht berücksichtigte) Phase <strong>und</strong> beinhaltet den<br />
gesamten Planungsaufwand. TO kennzeichnet den<br />
Zeitpunkt des Einsatzes unserer Ökobilanz, gleichbedeutend<br />
mit dem Beginn der Bauarbeiten. T6<br />
steht für das Ende der Nutzung der Gebäude, was<br />
nicht mit dem Ende der Ökobilanz gleichzusetzen<br />
T6<br />
ist, da diese teilweise noch die Abriss- <strong>und</strong> Entsorgungsphase<br />
mitberücksichtigt. Um dem technologischen<br />
Fortschritt Rechnung zu tragen, wurde<br />
angenommen, dass Bauaktivitäten zu späteren Zeitpunkten<br />
geringere Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong><br />
verursachen als heutzutage.<br />
Um Aussagen über die ökologischen Vorteile (oder<br />
Nachteile) eines Neubaus gegenüber eines Altbaus<br />
zu treffen, müssten die vier Integrale obenstehender<br />
Treppenfunktionen berechnet werden. Zu unserem<br />
grossen Bedauern sind wir dazu nicht in der Lage,<br />
weil die Datenlage dies nicht zulässt. Bei der Definition<br />
der Systemgrenzen wurde die Nutzungsdauer<br />
der Neubauten, die nach dem Abriss vorher genutzter<br />
Altbauten erstellt wurden, als 80 Jahre angenommen.<br />
Die Gesamtbilanzierungszeiten (Altbau <strong>und</strong><br />
Neubau zusammen) wurden so <strong>durch</strong> die Nutzungen<br />
Altbau 15 Jahre <strong>und</strong> Altbau 30 Jahre um 20 bzw.<br />
35 Jahre verlängert. Die ökologischen Auswirkungej<br />
der Varianten mit hohen Anteilen an AIS bzw. A30<br />
werden damit um ca. 1-2% überschätzt (diese Zahlen<br />
beruhen auf der Annahme, dass die <strong>Umnutzung</strong><br />
5 Jahre <strong>und</strong> der Bau-/Abriss-Prozess 10 Jahre dauert).<br />
Die punktierten Linien in der Abbildung 3.5.2.4 sollen<br />
diesen Sachverhalt in Erinnerung rufen.<br />
In Abbildung 3.5.2.5 sind die Nutzungsverteilungen<br />
für die vier Varianten aufgezeichnet.<br />
Auf den ersten Blick fällt der geringe Wohnanteil<br />
<strong>und</strong> der hohe Anteil unterirdischer Nutzungen der<br />
Variante Industrienahe Nutzung auf. Zusätzlich<br />
zeichnet sich diese <strong>durch</strong> einen geringen Anteil an<br />
zu erhaltender Altsubstanz aus. Sie lässt sich also so<br />
charakterisieren, dass Nutzungen mit grossen Auswirkungen<br />
unterrepräsentiert <strong>und</strong> solche mit geringen<br />
Auswirkungen überrepräsentiert sind. Damit<br />
lässt sich ihr gutes Abschneiden in den bisherigen<br />
Varianten-Vergleichen erklären. Ganz anders stellt<br />
sich der Sachverhalt bei der Grünraum-Variant<br />
dar. Hier ist ein über 25%-iger Anteil der Kategorie<br />
«Wohnen» vorgesehen <strong>und</strong> als einzige der Varianten<br />
integriert sie die Nutzungskategorie «Warenhäuser»,<br />
mit der nach unseren Berechnungen die grössten<br />
Auswirkungen auf die <strong>Umwelt</strong> verb<strong>und</strong>en sind.<br />
ws<br />
INN<br />
___--,-<br />
Ökobilanz<br />
Nutzung Mietfläclle Fr./m' Totai Total Ertrag<br />
Variante GR bestehend neu bestehend neu bestehend neu<br />
Dienstleistung/Verwaltung, Schulen 1 1589 17'672 350 350 556\080 6'185'200 6'741'280<br />
Dienstleistung/Verwaltung: Schulen2. 2246 23'131 320 320 718'848 7'401'984 8'120'832<br />
Wohnen, Hotel 1 0 22'156 260 260 0 5'760'495 5'760'495<br />
Wohnen, Hotel 2 0 13'012 220 220 0 2'862'585 2'862'585<br />
Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen 1 4893 14'569 200 200 978'520 2'913'800 3'892'320<br />
Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen 2 2409 8849 180 180 433'602 1'592'883 2'026'485<br />
Keller, Lager unterirdisch 0 6991 SO SO 0 349'560 349'560<br />
Gemeinschaftsflächen 0 864 0 0 0 0 0<br />
Parkfläche oberirdisch 0 270 2400 2400 0 648'720 648'720<br />
Parkflächen unterirdisch 0 70 2400 2400 0 168000 168'000<br />
Gesamttotal 2'687'050 27'883'227 30'570'277<br />
Tab. 3.5.3 Berechnung des Ertrags am Beispiel der Variante Griinraum.<br />
Für eine Zwischenbilanz können wir festhalten,<br />
dass die Unterschiede zwischen den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
der Varianten nicht auf einen Gr<strong>und</strong> allein<br />
zurückzuführen sind, sondern auf eine Vielzahl von<br />
(zum Teil) verknüpften Ursachen. Ausgehend von<br />
unserer Ökobilanz (<strong>und</strong> ihrer Schar von Annahmen)<br />
heissen unsere Empfehlungen an die Bauplanenden:<br />
Anstrengungen für ökologisches <strong>Bauen</strong> sind besonders<br />
für die Nutzungskategorie «Warenhäuser» notwendig.<br />
Ökologische Einsparungen bei den Nutzungskategorien<br />
«Wohnen» <strong>und</strong> «Dienstleistungen»<br />
erscheinen zudem besonders lohnend. Massnahmen<br />
zur Reduktion der Emissionen von Altbauten sind<br />
dringend empfohlen, was aber nicht gleichbedeutend<br />
ist mit dem Ersatz dieser Gebäude <strong>durch</strong> Neubauten<br />
<strong>und</strong> dem damit verb<strong>und</strong>enen Verlust des<br />
altertümlichen.Fabrik-Charmes. An dieser Stelle sei<br />
nochmals darauf hingewiesen, dass, obwohl die<br />
Architektur-Varianten spezifisch für das Areal ausge<br />
.ubeitet wurden, die Angaben zu Nutzungen sowie<br />
SIA-Altbautenspezifikationen nur sehr allgemein<br />
gehalten waren <strong>und</strong> die Berechnungen deshalb auf<br />
eine ganze Reihe von Annahmen gestützt werden<br />
mussten.<br />
3.5.3 Ökonomisch-ökologischer Standpunkt<br />
Innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> wurde die zu erwartende<br />
Nettorendite für jede der vier Varianten berechnet<br />
(siehe Kapitel KURZBERICHTE, Abschnitt 4). Die Berechnungen<br />
stützen sich auf folgende Formel: .<br />
Nettorendite = (Ertrag-K osten)/Anlagekosten.<br />
@ Die Anlagekosten setzen sich wie folgt zusammen:<br />
Investitionskosten<br />
+ Altlastensanierungskosten (= Perimeterfläche<br />
ohne Fläche der bestehende Gebäude * 1/3 *<br />
Fr. 500.-/m 2 )<br />
+ Gr<strong>und</strong>stückskosten<br />
+ Abbruchkosten (= abgebrochene Kubikmeter *<br />
Fr. 50.-/m 3 )<br />
+ Bauzins (= 5.75% der Investitionskosten über<br />
die halbe Bauzeit verzinst)<br />
+ Gr<strong>und</strong>stückszins (= 5.5% der Gr<strong>und</strong>stückskosten<br />
vom Zeitpunkt des Kaufs bis zum <strong>Bauen</strong>de)<br />
Ökobilanz<br />
_<br />
weltauswirkungen) für volle 80 Jahre Neubaunutzung<br />
berechnet. Die Ergebnisse sind in Abbildung<br />
3.5.3 dargestellt.<br />
Als erstes ist festzuhalten, dass die Unterschiede<br />
zwischen den Varianten noch geringer geworden sind<br />
<strong>und</strong> dass sich die Rangfolge erneut verändert hat.<br />
Durch die Normierung wird die Benachteiligung<br />
derjenigen Varianten aufgehoben, die einen hohen<br />
Anteil an Altbauten mit 15-jähriger <strong>und</strong> 30-jähriger<br />
Nutzung besitzen. Es sind dies die Varianten Kunsthochschule<br />
<strong>und</strong> Grünraum. Die Variante Industrienahe<br />
Nutzung (INN) belegt neu den letzten Platz.<br />
Es wirkt sich hier ihre relativ geringe Nettorendite<br />
aus. Aufgr<strong>und</strong> der korrigierenden Funktion dieser<br />
Normierung - <strong>und</strong> nicht weil wir ökonomische<br />
Aspekte überbewerten wollen - halten wir diese Art<br />
des Variantenvergleichs für die sinnvollste.<br />
Die Ergebnisse der Ökobilanz wurden von zwei<br />
weiteren Synthesegruppen in ihren Untersuchungen<br />
zur Variantenbewertung verwendet. die Synthesegruppe<br />
RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN integrierte<br />
die berechneten <strong>Umwelt</strong>auswirkungen in die MAUD,<br />
die mit Vertretern der verschiedenen Interessengruppen<br />
<strong>durch</strong>geführt wurde. Die Synthesegruppe<br />
UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN versuchte eine integrierte<br />
Variantenbewertung mit Hilfe von ökologischen,<br />
ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Kriterien.<br />
Humantoxikologische<br />
Auswirkungen<br />
Verbrauch abiotischer<br />
Ressourcen<br />
Ökotoxizität<br />
(aquatisch)<br />
Saurer Regen<br />
Eutrophierung<br />
Ozoschichtzerstörung<br />
Treibhauseffekt<br />
Bildung photochemischer<br />
Oxidanlien<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
Radioaktive<br />
Emissionen<br />
Illil<br />
11I<br />
11I<br />
Illil<br />
0.5<br />
Industrienahe Nutzung<br />
Variante WerkStadt<br />
Grünraumvariante<br />
Variante Kunsthochschule<br />
0.6<br />
0.7<br />
Abb. 3.5.3 Vanantenverg/eich aufNettorendite normiert.<br />
0.8<br />
0.9<br />
1.0<br />
4.1<br />
Wie in Abschnitt 2.3
__________________________________________Ökobilanz<br />
4.2 Indirekte Datenkontrolle.:<br />
Resultatsanalysen<br />
Wie wir in Abschnitt 2.1 «Zieldefinition <strong>und</strong> Struktur»<br />
gesehen haben, ist die Bilanz ein äusserst komplex<br />
aufgebautes hierarchisches System <strong>und</strong> die<br />
Amahl involvierter Prozesse beachtlich. Diese Tatsache<br />
führt dazu, dass die Resultate sehr schwer zu<br />
interpretieren <strong>und</strong> zu überprüfen sind. Sehr viel Zeit<br />
wurde infolgedessen investiert, um die Resultate der<br />
Bilanzen nachvollziehen zu können. Dies geschah<br />
zum einen mit Hilfe von verschiedenen Methoden<br />
zur Reduktion der Komplexität <strong>und</strong> zum anderen<br />
mit Plausibilitätsbetrachtungen. Die Komplexität in<br />
einem hierarchischen System wächst mit der Anzahl<br />
von Ebenen <strong>und</strong> Elementen. Je tiefer also die betrachtete<br />
Ebene, desto weniger komplex <strong>und</strong> desto<br />
leichter verständlich sind die Ergebnisse. Eine sehr<br />
;infache, aber effiziente Methode war es folglich,<br />
entlang eines aufsteigenden Astes des Systems (vgl.<br />
Abbildung 2.1.2) auf verschiedenen Ebenen Ökobilanzen<br />
zu berechnen. Dieses Vorgehen wurde<br />
unterstützt <strong>durch</strong> mehrere Hilfsprogramme, die im<br />
Rahmen der <strong>Fallstudie</strong> entwickelt wurden <strong>und</strong> es<br />
ermöglichte, detaillierte Informationen über Elemente<br />
einer Berechnung abzufragen. Beispielsweise<br />
konnten die involvierten Subprozesse einer Berechnung<br />
entsprechend der Wichtigkeit ihres Beitrages<br />
zu einer betrachteten <strong>Umwelt</strong>auswirkung geordnet<br />
werden. Die Plausibilitätsbetrachtungen, die zur<br />
Überprüfung der Resultate angestellt wurden, steIlen<br />
eine Umkehrung des Prinzips dar, nach dem<br />
Sensitivitätsanalysen <strong>durch</strong>geführt werden. Einzelne<br />
Elemente in einer Bilanzierung wurden verändert<br />
<strong>und</strong> es wurde beobachtet, ob die erwartete, plausible<br />
Änderung des Resultates eintraf oder nicht. Bei<br />
, Nichteintreffen wurden die entsprechenden Berech<br />
Ökobilanz '-- -'- _<br />
von den gesellschaftlichen Bedürfnissen <strong>und</strong> Wünschen<br />
erfolgen kann.<br />
Wesentliche Unterschiede in der ökologischen Verträglichkeit<br />
sollten sich dann aufgr<strong>und</strong> der Verwendung<br />
unterschiedlicher Baumaterialien, Konstruktionsweisen<br />
<strong>und</strong> Installationen ergeben. Hier kann<br />
die Methode der Ökobilanzierung ihre Mächtigkeit<br />
eindrücklich unter Beweis stellen. Leider hat sich<br />
uns diese Möglichkeit entzogen, da wir aufgr<strong>und</strong> der<br />
fehlenden Angaben für alle Varianten die Verwendung<br />
identischer Baumaterialien <strong>und</strong> Konstruktionsweisen<br />
annehmen <strong>und</strong> die Installationen gänzlich<br />
ausser Betracht lassen mussten.<br />
Trotz der ungünstigen Datenlage (Verarbeitung<br />
vieler Daten, aber für einige weitere interessante<br />
Fragen reichten sie trotzdem nicht aus), der <strong>durch</strong><br />
die Systemdefinition entstandenen Unsicherheiten<br />
<strong>und</strong> der Problematik der Vergleichbarkeit konnten<br />
einige interessante Erkenntnisse gewonnen werden,<br />
die immerhin in indirektem Zusammenhang mit der<br />
ursprünglichen Fragestellung stehen. Dazu zählen<br />
die Untersuchungen zu den Schlüsselschadstoffen<br />
<strong>und</strong> Schlüsselverursachern negativer Auswirkungen<br />
auf einzelne <strong>Umwelt</strong>parameter, der Vergleich der<br />
Bau- <strong>und</strong> Nutzphase, sowie die Ausführungen zur<br />
Stromerzeugung. Da<strong>durch</strong> werden Ansatzpunkte für<br />
Verbesserungen aufgezeigt. Grosses Potential hat der<br />
umfassende Einsatz von Ökobilanzen auf der Ebene<br />
von Baumaterialien <strong>und</strong> Bauteilen, beispielsweise<br />
<strong>durch</strong> den Vergleich von Lehm gegenüber Beton<br />
oder von massiver Betonwand gegenüber Holzwand<br />
in Leichtbauweise. Hier können direkt Empfehlungen<br />
an Hersteller, Bauunternehmungen <strong>und</strong> Bauherren<br />
zu ökologischer Bauweise abgegeben werden,<br />
die auch eine grössere Allgemeingültigkeit besitzen<br />
als der Vergleich spezifischer Überbauungsvarianten.<br />
Unseres Erachtens sollte die Ökobilanz der Gestaltungsvarianten<br />
<strong>durch</strong> den Vergleich eines umgenutzten<br />
renovierten Altbaus mit einem Neubau <strong>und</strong><br />
<strong>durch</strong> die Untersuchung verschiedener Ausbaustandards<br />
ergänzt werden. Mit dem Instrument der<br />
Ökobilanz verfügen wir über ein äussert mächtiges<br />
Hilfsmittel, das auch im Bereich baulicher Aktivitäten<br />
ein grosses Potential bietet. Durch die der<br />
Methode inhärente, umfassende Betrachtungsweise<br />
werden neue Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung<br />
aufbereitet; die eine vollständigere Beurteilung<br />
erlauben.<br />
glichen werden? Ist 50% mehr Radioaktivität schlimmer<br />
als ein 50% höherer Beitrag zur Eutrophierung?<br />
Wenn sich nicht für alle <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
dieselbe Rangfolge der Varianten ergibt, bleibt die<br />
Gesamtreihenfolge unentschieden. Der Leser wird<br />
aber - nach der Sichtung des vorgelegten Bilanzmaterials<br />
- in die Lage versetzt, sich ein eigenes<br />
Urteil zu bilden. Im Kapitel UMSETZUNG VON UMWELT<br />
ZIELENwird ein Ansatz vorgeschlagen, dieser Schwierigkeit<br />
zu begegnen.<br />
Wir können zudem festhalten, dass die Unterschiede<br />
zwischen den <strong>Umwelt</strong>auswirkungen der<br />
Varianten nicht auf eine einzige Bilanzgrösse zurückzuführen<br />
sind, sondern auf eine Vielzahl von (zum<br />
Teil) verknüpften Ursachen. Unsere Empfehlungen<br />
an die Bauplanenden für ein ökologisches <strong>Bauen</strong> ergeben<br />
sich aus den oben genannten Ergebnissen<br />
(insbesondere Abschnitt 3.2).<br />
5.3 Vorgehen<br />
Die Aufspaltung der Studenten in eine Gruppe, die<br />
für die Beschaffung der Daten zuständig war, <strong>und</strong><br />
eine andere, welche die eigentliche Bilanzierung<br />
<strong>durch</strong>zuführen hatte, verursachte Schwierigkeiten.<br />
Die zeitliche Koordination, die Einigung über die<br />
Systemdefinition <strong>und</strong> die formalen Anforderungen<br />
<strong>durch</strong> das EDV-Programm waren die wichtigsten<br />
davon.<br />
5.2 Zum Variantenvergleich<br />
Eine Bewertung der vier Architekturvarianten 1m<br />
Hinblick auf ihre ökologische Verträglichkeit ist<br />
möglich. Es stellt sich jedoch folgendes Problem:<br />
Wie sollen die <strong>Umwelt</strong>kriterien untereinander ver-<br />
180<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Ökobilanz<br />
Literatur<br />
Baeriswyl, M. (1995): <strong>Umwelt</strong>belastungsminderung <strong>durch</strong> Ökokühlschränke?,<br />
Semesterarbeit, Abteilung für Umwelenaturwissenschaften,<br />
ETH: Zürich.<br />
B<strong>und</strong>esamt für Ges<strong>und</strong>heitswesen (1994): <strong>Umwelt</strong>radioaktivität<br />
<strong>und</strong> Strahlendosen in der Schweiz (1993), Fribourg.<br />
B<strong>und</strong>esamt für Statistik (1994): Statistisches Jahrbuch der<br />
Schweiz, Zürich: Verlag NZZ.<br />
Geiger, C. & Stahlmann, V. (1992): Öko-Bilanz <strong>und</strong> Öko-Controlling<br />
- Allgemeine Einführung <strong>und</strong> praktisches Beispiel, dargestellt<br />
an der Neumarkter Lammsbräu. Neumarkt.<br />
Hallay, H. (1992): Öko-Controlling. Frankfurt: Campus-Verlag.<br />
Heijungs, R. et al (1992): Environmental Life Cycle Assessment<br />
of Products. Centre of Environmental Science, Leiden.<br />
Heijungs, R. (1993) Ecological Economics. Centre of Environmental<br />
Science, Leiden.<br />
Heijungs, R. (1994): A generic method for the identification of<br />
option for cleaner produets. Ecological Economics, 10: 69-81.<br />
Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Bewertungsmethoden in<br />
Jkobilanzen - Ein Überblick. In: GAlA 3/4: 227-238.<br />
Hofstetter, P. & Braunschweig, A. (1994): Evaluation <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />
von Bewertungsmethoden für Ökobilanzen - Erste<br />
Ergebnisse. HSG, Institut für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie. St. Gallen.<br />
Hofstetter, P. (1993): Überblick über Bewertungsmethoden in<br />
Ökobilanzen, Laboratorium für Energiesysteme, Zürich.<br />
NOVEM (1994): Beginning LCA; A Guide into Environmental<br />
Life Cycle Assessment.<br />
Preisig, H. & Viriden, K. (1994): Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s.<br />
SIA Dokumentation, Zürich.<br />
Schmidt, M., Giegrich, J., Hilty, L.M. (1994): Experiences with<br />
ecobalances and the development of an interactive software tool.<br />
In: Hilty, L.M. et al. (Hrsg.): Informatik für den <strong>Umwelt</strong>schutz:<br />
8. Symposium, Hamburg. Marburg: Metropolis.<br />
SETAC (1992): A conceptual framework for life-cycle assessment,<br />
Workshop Sandestin, Brüssel.<br />
Ulrich, H. & Probst, G. (1991): Anleitung zum ganzheitlichen<br />
Denken <strong>und</strong> Handeln: Ein Brevier für Führungskräfte. Bem,<br />
Stuttgart: Paul Haupt.<br />
Universität Karlsruhe (1994): Energie- <strong>und</strong> Stoffflussbilanzen von<br />
Gebäuden während ihrer Lebensdauer.<br />
Ton Winterfeldt, D. & Edwards, W. (1993): Decision Analysis and<br />
Behavioral Research, Cambridge.<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 181
Inhalt<br />
1. Einleitung 185<br />
2. Ziele 185<br />
3. Vorgehen 186<br />
4. Die Suche nach den Rahmenbedingungen 186<br />
5. Szenarien: Vom Ist-Zustand zum «Ökoplus» 190<br />
6. Verknüpfung der Rahmenbedingungen 194<br />
7. Soft-Modellierung des Systems<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» 196<br />
8. folgerungen 205<br />
Autorlnllen<br />
Raffael Pulli<br />
Dieter Schwickert<br />
Johannes Heeb (Tutor)<br />
Monika Heer (Tutorin)<br />
Kathrin Peter (Tutorin)<br />
Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgmppe (S}/nthesegmppe A3)<br />
Daniel Aegerter<br />
Patrick HäuptIi<br />
Roger Bätscher<br />
Leua Itschner<br />
Christian Casper<br />
Patrick Mathvs<br />
Francesca Cheda<br />
Simoue Müller<br />
AugeIique Dardei<br />
Raffael Pulli<br />
Matthias Gabathuler<br />
David Schönbächler<br />
Andreas Gerecke<br />
Dieter Schwickert<br />
Urs Weibel<br />
Dominik Wirz<br />
Johannes Heeb (Tutor)<br />
Monika Heer (Tutorin)<br />
Michaela Merz (Tutoriu)<br />
KaUlriu Peter (Tutorin)<br />
Michaelll.edie (Tutor)
Rahmenbedingungen, ~ _<br />
184 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________Rahmenbedingungen<br />
1. Einleitung 2.<br />
Beim Thema «Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong>»<br />
stellt sich unmittelbar die Frage nach dem «Nutzen<br />
<strong>und</strong> Schaden der Bautätigkeit». Mit der Ermittlung<br />
von relevanten Rahmenbedingungen sollten Steuerungsgrössen<br />
für die «Umsetzung von <strong>Umwelt</strong>zielen»<br />
<strong>und</strong> «Zielfindung der Bauherrschaft" erarbeitet<br />
werden.<br />
<strong>Umnutzung</strong> <strong>und</strong> Umbau bestehender Gebäude<br />
<strong>und</strong> Areale gewinnen zunehmend an Bedeutung<br />
infolge Renovationsbedarf, neuer Nutzungsforderungen<br />
<strong>und</strong> der Bodenknappheit. Die ökonomischen<br />
Aspekte werden als «Selbstverständlichkeit» in die<br />
Betrachtung miteinbezogen. Als Folge der mit dem<br />
<strong>Bauen</strong> verb<strong>und</strong>enen Stoffflüsse müssen heute vermehrt<br />
auch die ökologischen Aspekte betrachtet<br />
werden, um ihnen den notwendigen Stellenwert<br />
,uweisen zu können.<br />
Bei der Verwirklichung von Bauvorhaben sind<br />
neben den Bedürfnissen <strong>und</strong> Vorstellungen der Bauherrschaft<br />
die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen,<br />
rechtlichen <strong>und</strong> ökologischen Aspekte in die Betrachtung<br />
miteinzubeziehen.<br />
Die für das System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» relevanten<br />
Rahmenbedingungen waren zu ermitteln.<br />
Die heutige Situation, als «Ist-Zustand» bezeichnet,<br />
war <strong>durch</strong> das Aufzeigen der möglichen Einflussgrössen<br />
<strong>und</strong> deren Abhängigkeiten auf das<br />
System zu analysieren. Im Vergleich mit dem aus<br />
ökologischer Sicht wünschbaren Zustand, dem<br />
«Ökoplus», sollten die massgebendenRahmenbedingungen<br />
für ökologisches <strong>Bauen</strong> formuliert<br />
werden.<br />
Zusammenfassend wurden die folgenden Fragen<br />
formuliert:<br />
.. Welche Rahmenbedingungen haben speziell für<br />
ökologisches <strong>Bauen</strong> einen relevanten Einfluss?<br />
.. Wie sind diese Rahmenbedingungen miteinander<br />
verknüpft, wie hängen sie voneinander ab (Interdependenzen)?<br />
.. Wie müssten sie allenfalls verändert werden, damit<br />
ökologisch gebaut wird?<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
185
Rahmenbedingungen<br />
3.<br />
______________________________________Rahmenbedingungen<br />
vervollständigen. Die Relevanz der Rahmenbedingungen<br />
für ein ökologisches <strong>Bauen</strong> war anhand<br />
einer vierstufigen Skala mit den Ausprägungen sehr<br />
starker, ziemlich starker, wenig <strong>und</strong> kein Einfluss zu<br />
bewerten.<br />
Die Ergebnisse der Umfrage wurden statistisch<br />
ausgewertet. Für alle Rahmenbedingungen wurde<br />
die Relevanz für das System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>"<br />
ermittelt. Die Relevanz entspricht dem Mittelwert<br />
des Einflusses. Für die Beurteilung wurde auch<br />
die Streuung der Angaben über die Breite der<br />
Einflussskala berücksichtigt. Mit Hilfe einer Rangliste<br />
gelang es, die wichtigsten Rahmenbedingungen<br />
zu bezeichnen <strong>und</strong> zur weiteren Bearbeitung<br />
bereitzustellen. Jede Kategorie musste vertreten<br />
sem.<br />
4.3 Ergebnisse<br />
4.3.1 Ergebnisse des Brtlin!~tm'minas<br />
Das Resultat des Brainstormings umfasst eine Liste<br />
von 46 Rahmenbedingungen, welche sich sieben<br />
Kategorien zuordnen liessen.<br />
Gesellschaft<br />
@ Bevölkerungsstruktur<br />
@ demografische Entwicklung<br />
@ Einkommen<br />
@ Bildungsstand<br />
@ Erholungsbedürfnisse/Freizeit<br />
@ Frauenbeteiligung<br />
@ Lebensstil<br />
@ Nachfrage nach kulturellen Einrichtungen<br />
@ allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
@ Wohnformen<br />
Politik<br />
@ aktive Bevölkerungsgruppen<br />
Rahmenbedingungen<br />
Technik<br />
EI Baumaterialangebot<br />
EI Behandlungsmöglichkeiten von Altlasten<br />
EI Recyclingmöglichkeiten des Abbruchmaterials<br />
e Stand der Energietechnik<br />
Wirtschaft<br />
EI Bau-/Planungskosten<br />
EI Kapital (verfügbare Geldmittel)<br />
.. Materialkosten<br />
.. Nachfrage nach Dienstleistungs-/Industrieflächen<br />
• Nachfrage nach Wohnflächen<br />
.. Rentabilität des Bauwerks<br />
.. Unterhaltskosten des Bauwerks<br />
• Wirtschaftliche Entwicklung<br />
.. konjunkturelle Entwicklung<br />
.. Wirtschaftssektoren<br />
Wissen/Instrumente<br />
• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />
der Architekten<br />
• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />
der Baubranche<br />
• anwendungsorientiertes ökologisches Wissen<br />
der Bauherren<br />
lI> Forschung <strong>und</strong> Lehre für ökologisches <strong>Bauen</strong><br />
e Integration <strong>und</strong> Koordination von ökologischen<br />
Anliegen im Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess<br />
4.4 Diskussion<br />
Das Brainstorming diente dazu, möglichst zu einem<br />
frühen Zeitpunkt eine umfassende Darstellung der<br />
Rahmenbedingungen zum System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Bauen</strong>» zu erhalten. Das Brainstorming hat dies geleistet.<br />
Nach kurzer Zeit war eine Liste vorhanden,<br />
welche einen Überblick über mögliche Rahmenbedingungen<br />
ermöglichte. Da zu diesem Zeitpunkt<br />
der Begriff der Rahmenbedingung jedoch noch nicht<br />
scharf definiert war, wies diese Liste grosse Heterogenitäten<br />
auf. Das Brainstorming allein genügte<br />
nicht, erst die vertiefte Auseinandersetzung <strong>und</strong> der<br />
weitere Prozess brachten zunehmende Konkretisierungen<br />
der Rahmenbedingungen.<br />
Die Delphi-Umfrage ist dazu geeignet, sich einen<br />
Überblick über ein schwer überschaubares Problem<br />
<strong>durch</strong> die Befragung von ExpertInnen zu verschaffen.<br />
Die übliche mehrmalige Befragung der Ex<br />
pertInnen erfordert jedoch mehr Zeit als uns zur<br />
Verfügung stand. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde ein abgekürztes<br />
Verfahren gewählt, welches aufgr<strong>und</strong> der<br />
z.T. unklaren Fragestellungen bei einem Teil der<br />
ExpertInnen Kritik hervorrief. Die Ergebnisse der<br />
Umfrage vervollständigten das Bild an möglichen<br />
<strong>und</strong> relevanten Rahmenbedingungen zum Thema<br />
<strong>und</strong> boten wertvolle Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen bei<br />
der Auswahl. ..<br />
_<br />
4.3.2 Ergehnisse der Delphi·Methode<br />
Der Fragebogen wurde Dozentinnen der ETH,<br />
TutorInnen der <strong>Fallstudie</strong>, VertreterInnen der Bauverbände,<br />
von Firmen sowie politischer Parteien<br />
zugeschickt. Der Rücklauf der Fragebogen war trotz<br />
kurz bemessenen Zeitrahmens von einer Woche mit<br />
74 Prozent (34 von 46) erfreulich hoch.<br />
Diese wurden fünf Kategorien zugeordnet. Kategorien<br />
<strong>und</strong> Rahmenbedingungen sind im folgenden<br />
Kapitel beschrieben.<br />
Wir möchten an dieser Stelle den an der Delphi<br />
Umfrage beteiligten Fachleuten nochmals herzlich<br />
für ihren Beitrag danken.<br />
4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten<br />
Rahmenbedingungen<br />
Die zur weiteren Untersuchung ausgewählten Kategorien<br />
<strong>und</strong> Rahmenbedingungen sind in Tab. 4.3.3<br />
ersichtlich.<br />
188<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____~-----------------~-----------------Rahmenbedingungen<br />
Kategorie Rahmenhedingung Beschreibung<br />
Wissen Angewandtes ökologisches Wissen von In Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung vermitteltes oder in der Praxis erlerntes Wissen der<br />
Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen<br />
Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen über ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, das in<br />
der Praxis angewandt wird.<br />
Angewandtes ökologisches Wissen der<br />
Bauherren<br />
Integration <strong>und</strong> Koordination von<br />
ökologischen Anliegen<br />
Wissen der Bauherren über ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>, das in der Praxis<br />
angewandt wird.<br />
Der Einbezug von ökologischen Anliegen der interessierten <strong>und</strong> betroffenen<br />
Bevölkerungsgruppen sowie externer Fachleute in den Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess.<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise wie ökologische Anliegen aller Beteiligten im Planungs<strong>und</strong><br />
Bauprozess <strong>durch</strong> die Gesamtleitung koordiniert <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />
Recht Lenkungsabgaben Lenkungsabgaben haben den Zweck, das Verhalten der Wirtschaftsakteure in<br />
eine bestimmte Richtung zu steuern. Sie entsprechen dem Verursacherprinzip,<br />
sind marktwirtschaftlieh <strong>und</strong> überlassen die Kaufentscheidungen den einzelnen<br />
Unternehmungen <strong>und</strong> Haushalten.<br />
Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung<br />
Grossräumige Raumplanung<br />
<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
Unter der Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung werden hier alle den Bau- <strong>und</strong> Planungsprozess<br />
betreffenden Gesetze, Normen <strong>und</strong> Richtlinien verstanden. Die<br />
nationale <strong>und</strong> kantonale Raumplanungs- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung wird<br />
ausgenommen.<br />
Unter grossräumiger RaulTIplanung werden hier die aus Art. 22quater B<strong>und</strong>esverfassung<br />
abgeleiteten Gesetze <strong>und</strong> Instrumente der Raumplanung bis auf<br />
die Stufe der Richtpläne verstanden. Die kommunale Umsetzung gehört in die<br />
Rahmenbedingung der «Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung».<br />
Die Gesamtheit der von Art. 24bis, sexies, septies B<strong>und</strong>esverfassung abgeleiteten<br />
Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen auf B<strong>und</strong>es-, Kantons- <strong>und</strong> Gemeindeebene <strong>und</strong><br />
ebenso die Naturschutzgesetzgebung (NHG).<br />
Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Gesamtheit der Kosten, die bei einem Bauprojekt zwischen der Idee <strong>und</strong><br />
der Fertigstellung anfallen. Dazu gehören die Kosten für die Planung, die Altlastensanierung,<br />
den Abbruch alter Gebäude, sowie für den Bau selber.<br />
Rentabilität<br />
Kapital<br />
Die Rentabilität ergibt sich aus dem Verhältnis von Ergebnis (Gewinn, Cash Flow,<br />
Nutzen) <strong>und</strong> den eingesetzten Mitteln (Kosten). Man unterscheidet Brutto- <strong>und</strong><br />
Nettorendite.<br />
Das Kapital ist einer der drei Produktionsfaktoren: Arbeit, Boden, Kapital Unter<br />
Kapital im weiteren Sinn versteht man die Gesamtheit aller materiellen <strong>und</strong><br />
immateriellen Werte, die in einem Unternehmen für die Produktion benötigt<br />
werden. Im folgenden verstehen wir unter Kapital eine engere Definition, die nur<br />
die vorhandenen Geldmittel umfasst.<br />
Gesellschaft/Politik Diaiogfähigkeit Die Fähigkeit <strong>und</strong> der Wille zum Dialog zwischen Behörden, Interessengemeinschaften<br />
<strong>und</strong> Beteiligten im Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise<br />
wie die Dialogführung stattfindet.<br />
Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
Lebensstil<br />
Der Bildungs- <strong>und</strong> Informationsstand der Bevölkerung bezüglich <strong>Umwelt</strong>themen<br />
<strong>und</strong> deren Hintergründe, ebenso wie die Gewichtung dieser Themen auf der<br />
individuellen Wertskala.<br />
Der Begriff Lebensstil umfasst die Art <strong>und</strong> Weise wie der Mensch sein Dasein<br />
gestaltet. Dazu gehören sowohl die Art des Wohnens, des Arbeitens <strong>und</strong> der<br />
Freizeitgestaltung wie auch die Umsetzung des allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />
ins tägliche Leben.<br />
Technik Energietechnik Unter der Rahmenbedingung Energietechnik verstehen wir den Entwicklungsstand<br />
von Energiespartechnologien (z.B. Wärmedämmung, Heizungstechnik,<br />
Beleuchtung) <strong>und</strong> von Technologien zur Nutzung von erneuerbaren Energien<br />
(z.B. solare Wasservorwärmung, Photovoltaik).<br />
Baumaterialien<br />
Tabelle 4.3.3 Kategorien <strong>und</strong> die 15 wichtigsten Rahmenbedingungen.<br />
Baumaterialien sind alle Stoffe, die im Bauprozess eingesetzt werden, sei es<br />
direkt in der Bausubstanz oder als Hilfsmittel im Bauprozess.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 189
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
s. Szenarien: etwa 30 Jahren verwirklichbaren Massnahmen aufzuzeigen<br />
(Abschnitt 7.4.1).<br />
Neben der Betrachtung der heute geltenden Rahmenbedingungen<br />
(Ist-Zustand) wurde versucht,<br />
einen visionären Idealzustand (
________________________________________Rahmenbedingungen<br />
fortsetzung der «Beschreibung der Rahmenbedingungen im Ist-Zustand»<br />
Kategorie Rahmenbedingung Beschreihung<br />
Grossräumige Raumplanung<br />
............................................................. .. I<br />
<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
Das Instrument der Richtpläne dient kaum der direkten ökologischen Beeinflussung<br />
des <strong>Bauen</strong>s. Möglichkeiten dazu zeigen sich beim Ausscheiden von<br />
Bauzonen: Kleine Bauzonen fördern die Entwicklung nach innen <strong>durch</strong> verdichtetes<br />
<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Nutzungsvielfalt auf engstem Raum.<br />
Die Prinzipien der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung (Verursacherprinzip, Vorsorgeprinzip)<br />
sind heute weitgehend verankert. Zur Zeit sind aber die Grenzen der<br />
bisherigen Politik mit Geboten <strong>und</strong> Verboten augenfällig, dringend wäre die<br />
Einführung von Lenkungsabgaben <strong>und</strong> vorgezogenen Entsorgungs-, Deponie<strong>und</strong><br />
Altlastgebühren (Koller, 1994. S. 116). Das <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz befindet<br />
sich momentan in Beratung, so dass eventuell Lenkungsabgaben <strong>und</strong> eine<br />
Regelung über Altlasten eingeführt werden.<br />
Der Rechtsvollzug ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich <strong>und</strong> zum Teil<br />
ungenügend. Eine <strong>durch</strong>gehende Koordination zwischen den Kantonen <strong>und</strong><br />
unter den Ämtern fehlt, <strong>und</strong> die Vermittlung zwischen Verwaltung <strong>und</strong> Bauherrschaft<br />
oder ArchitektInnen ist meist viel zu gering.<br />
Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Baukosten (Stand 1994) sind infolge der niederen Hypozinsen <strong>und</strong> Landpreise<br />
<strong>und</strong> der schwachen Baukonjunktur vergleichsweise eher tief. Die Entsorgungskosten<br />
eines Gebäudes haben, obwohl sie bei der Planung angegeben<br />
werden müssen, keinen Einfluss auf die Baukosten, da bis jetzt noch keine<br />
vorgezogene Entsorgungsgebühr existiert. Die Kosten für ökologische Baumaterialien<br />
sind höher als für herkömmliche.<br />
Gesellschaft/Politik<br />
Technik<br />
Die Investitionskosten von konsequent ökologisch erstellten <strong>Bauen</strong> sind in<br />
der Regel teurer (5-10%).<br />
............................................................ .. I<br />
Rentabilität<br />
Die höheren Investitionskosten für ökologische Bauten drücken auf die Rentabilität.<br />
Ein Imagegewinn <strong>durch</strong> ökologisches <strong>Bauen</strong> kann als nachhaltiger<br />
Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten gesehen werden. Dies kann für<br />
einen Bauherrn gewichtiger werden als eine monetär ausgedrückte Rendite.<br />
Kapital<br />
Dialogfähigkeit<br />
Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
Lebensstil<br />
Energietechnik<br />
Zur Zeit sind noch keine anwendungsreifen Instrumente vorhanden, um<br />
die Kosten während des ganzen Lebenszyklus' des Gebäudes zu berechnen. Es<br />
ist möglich, dass eine ökologischere Bauweise angesichts der explodierenden<br />
Entsorgungskosten bereits heute rentabler sein könnte. (Ein Problem sind die<br />
enorm langen Zeiten zwischen Erstellung <strong>und</strong> Entsorgung. So sind z.B. die über<br />
die Lebensdauer kumulierten Betriebs- <strong>und</strong> Unterhaltskosten eines Baus grösser<br />
als die Investitionskosten.)<br />
Zur Zeit berücksichtigen die Banken bei der Kreditvergabe für Bauten mehrheitlich<br />
keine ökologischen Anforderungen. Bei einzelnen Angeboten, die ökologische<br />
Anliegen berücksichtigen, wie z.B. bei zinsvergünstigten Krediten für<br />
Energiesparinvestitionen bei der Zürcher Kantonalbank, ist die Nachfrage überraschenderweise<br />
eher gering (Koller, 1994, S. 109).<br />
Die Dialogfähigkeit wird <strong>durch</strong> die fehlende Bereitschaft, eine gemeinsame<br />
Lösung zu finden (z.B. Frontenbildung Stadt-Kanton, Stadt-Bauherrschaft),<br />
<strong>durch</strong> Vorurteile gegenüber anderen Personen, das unnachgiebige Festhalten an<br />
den eigenen Interessen <strong>und</strong> oft auch <strong>durch</strong> unverständliche Fachsprachen stark<br />
erschwert.<br />
Eine Sensibilisierung der Bevölkerung hat aufgr<strong>und</strong> des in den letzten Jahren<br />
zugenommenen Wissens über <strong>Umwelt</strong>themen <strong>und</strong> deren Hintergründe stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Die Bedeutung ist stark von Einzelereignissen wie Waldsterben,<br />
Schweizerhalle oder Tschernobyl geprägt. Sie verlieren jedoch rasch an Bedeutung,<br />
bevor sie eine Verhaltensänderung bewirken. Andere Probleme wie<br />
Arbeitslosigkeit, Drogen können das <strong>Umwelt</strong>thema - vor allem während einer<br />
Rezession - in den Hintergr<strong>und</strong> treten lassen.<br />
Im Allgemeinen besteht ein Unterschied zwischen dem <strong>Umwelt</strong>wissen <strong>und</strong><br />
dessen Umsetzung in den Alltag. Der Lebensstil wird nach wie vor stark von<br />
Statussymbolen der Mobilität, des Konsums <strong>und</strong> des Wohlstandes geprägt. Da<br />
ein ökologisch sinnvoller Lebensstil von der Gesellschaft nicht belohnt wird,<br />
erfordert die Umsetzung des zum Teil vorhandenen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins nach<br />
wie vor einen gewissen Idealismus.<br />
Der heutige Entwicklungsstand der Energietechnik ist je nach Teilgebiet unterschiedlich<br />
weit fortgeschritten. Mit neuen Spartechnologien können schon<br />
heute sehr gute Resultate erreicht werden. Durch Vorschriften <strong>und</strong> Eigeninitiative<br />
fliessen diese Technologien vor allem in neue Gebäude ein. Alte,<br />
bestehende Gebäude werden jedoch erst in ein paar Jahren auf- oder umgerüstet<br />
werden. Das Potential erneuerbarer Energien wird heute relativ schlecht<br />
genutzt, nicht zuletzt wegen den zu billigen nichterneuerbaren Energieträgern.<br />
fortsetzung der «Beschreibung der Rabmenbedingungen im Ist-Zustand» nächste Seite<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
191
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
SChlllSS lIer «Beschreibung lIer Rabmenbellingllngen im ist·Zustand»<br />
Kategorie<br />
Rahmenbedingllng<br />
Baumaterialien<br />
Beschreibung<br />
Trotz der zunehmenden Baustoffvielfalt ist bislang kein breites Spektrum an<br />
ökologischen Produkten auf dem Markt erhältlich. Nur am Rande besetzten<br />
Nischenanbieter dieses Marktsegment (Koller, 1994. S. 112ft). Im Bereich der<br />
Baustoffdeklaration sind mit der SIA Norm D093 Verbesserungen erreicht<br />
worden, eine obligatorische Baustoffdeklaration ist aber nicht in Sicht.<br />
Sek<strong>und</strong>ärbaustoffe werden heute kaum eingesetzt, es werden meist nur die<br />
gesetzlichen Bestimmungen erfüllt. Die Recyclingfähigkeit vieler Baustoffe ist<br />
noch nicht gegeben.<br />
Die StoV (Stoffverordnung) bildet die Gr<strong>und</strong>lage für die Verwendung von Bau·<br />
chemikalien. Es gilt das Prinzip der Vermeidung problematischer Stoffe, wo es<br />
nötig <strong>und</strong> sinnvoll ist. Althergebrachte umweltschädliche Produkte werden<br />
aber immer noch weiter verwendet (VOC, Formaldehyd). Das Wissen über die<br />
ökologischen Folgen vieler Bauchemikalien ist noch unvollständig, <strong>und</strong> das vorhandene<br />
naturwissenschaftliche Wissen entpuppt sich für viele Architektinnen<br />
<strong>und</strong> Planerinnen als schwer verständlich <strong>und</strong> interpretierbar.<br />
Dennoch sind zum Beispiel in der Zementindustrie Bestrebungen zu einer<br />
ökologischeren Zementherstellung erkennbar (weniger Energieeinsatz, andere<br />
Energieträger, Staubfilter usw.), welche aber vor allem wirtschaftlich begründet<br />
sind.<br />
5.1.2 Bewertung des Ist·Zustandes<br />
Die bestehenden Rahmenbedingungen liefern nur<br />
wenige Anreize, ökologisch zu bauen. Das Wissen<br />
über ökologische Anliegen ist in vielen Teilbereichen<br />
vorhanden oder in Erarbeitung, eine Umsetzung<br />
in grossem Stil fehlt jedoch noch weitgehend.<br />
Viele gute Ansätze <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen sind auf Gesetzesstufe<br />
bis jetzt erarbeitet worden.<br />
Koller (1994) kommt in seiner Studie «Ökologischer<br />
Branchenstrukturwandel in der Schweizer<br />
(Hoch)-Baubranche» zum Schluss, dass der Markt<br />
(Banken, Versicherungen, Bauherrschaft etc.) einen<br />
sehr geringen, die Öffentlichkeit (Medien, <strong>Umwelt</strong>schutzorganisationen,<br />
wissenschaftliche Institutionen)<br />
einen intermediären Einfluss hat, während die<br />
Politik (<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung, Umsetzung<br />
des Rechts) dominant ist. Der ökologische Branchenstrukturwandel<br />
ist vor allem politisch induziert. Die<br />
Baubranche scheint weit von einer ökologischen,<br />
langfristig tragfähigen Entwicklung entfernt. Um der<br />
Ökologie zum Durchbruch zu verhelfen, ist eine<br />
Aktivierung des Marktes <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />
unabdingbar. Die zukünftige Rolle der Politik sollte<br />
daher vermehrt auf einer Stärkung der bislang vernac:hlässigten<br />
Bereiche Markt <strong>und</strong> Öffentlichkeit<br />
ausgerichtet werden. Dabei hat eine Forcierung des<br />
marktwirtschaftlichen Druckes im Vordergr<strong>und</strong> zu<br />
stehen.<br />
Daneben ist die Bedeutungslosigkeit der Akteure<br />
auf der Stufe Nutzung/Betrieb ein entscheidender<br />
<strong>und</strong> branchentypischer Faktor. Diese Stufe ist ohne<br />
massgebenden Einfluss, weder der Markt noch die<br />
Politik oder Öffentlichkeit prägen das Verhalten der<br />
EntscheidungsträgerInnen auf der Stufe Nutzung<br />
<strong>und</strong> Betrieb, obwohl diese eigentliche Schlüsselgrössen<br />
darstellen dürften.<br />
5.2 «Ökoplus»·Szenario - der ideale<br />
Rahmen zum ökologischen <strong>Bauen</strong><br />
5.2.1 Vision <strong>und</strong> Bedingungen im «Ökoplus»<br />
Der Entwurf des «Ökoplus»-Szenarios soll den maximal<br />
möglichen Spielraum der Rahmenbedingungen<br />
ausloten. Als Kriterien für dieses Szenario werden<br />
folgende Bedingungen gesetzt:<br />
G Nachhaltigkeit der materiellen Güter (nach Baccini<br />
G<br />
& Bader, 1994).<br />
Die Nutzungsrate von erneuerbaren Ressourcen<br />
darf deren Regenerationsrate nicht übersteigen.<br />
.. Die Nutzungsrate sich erschöpfender Rohstoffe<br />
darf die Rate des Aufbaus substituierender Rohstoffquellen<br />
nicht übersteigen.<br />
G Die Schadstoffemissionen dürfen die Kapazität<br />
des Schadstoffabbaus <strong>durch</strong> die <strong>Umwelt</strong> nicht<br />
übersteigen.<br />
.. <strong>Umwelt</strong>bewusste Gesellschaft.<br />
• Gewährleistung menschlicher, d.h. körperlicher,<br />
seelischer <strong>und</strong> geistiger Gr<strong>und</strong>bedürfnisse.<br />
In den Teilprojekten wurde untersucht, wie sich<br />
die Rahmenbedingungen unter diesen Kriterien<br />
verhalten müssten.<br />
Nachfolgend findet sich eine Ideenskizze, welche<br />
Rahmenbedingungen eine
________________________________________Rahmenbedingungen<br />
5.2.2 Rahmellbedingungen im «Ökoplus>I·Szenario<br />
Kategorie Rahmenbedingllng Beschreibnng<br />
Wissen Angewandtes ökologisches Wissen der In der Ausbildung werden ökologische Aspekte integral in Vorlesungen <strong>und</strong><br />
Architektinnen <strong>und</strong> Planerinnen<br />
Projektvorgaben einbezogen. Durch eine Weiterbildungso(fensive des Staates<br />
<strong>und</strong> der Verbände (SIA, SBV, STV, usw.) hat das angewandte ökologische Wissen<br />
in der Baubranche massiv zugenommen. Anwenderfre<strong>und</strong>liche objekt· <strong>und</strong> pro·<br />
zessbezogene Hilfsmittel <strong>und</strong> die erlassene Deklarationspflicht für Baustoffe<br />
vergrössern die Möglichkeiten der Beschäftigten in der Baubranche. Die Verbände<br />
behalten ihre ökologische Leaderrolle bei, die sie insbesondere mit öko·<br />
logisch verbindlichen Normen, der Weiterbildungsoffensive <strong>und</strong> der grossen<br />
Unterstützung der marktwirtschaftlichen Instrumente in der <strong>Umwelt</strong>schutz·<br />
gesetzgebung übernommen haben.<br />
Angewandtes ökologisches Wissen der<br />
Bauherren<br />
Integration <strong>und</strong> Koordination von<br />
ökologischen Anliegen<br />
Das angewandte ökologische Wissen ist, unterstützt <strong>durch</strong> das grosse Wissen<br />
der Baubranche <strong>und</strong> der Tatsache, dass ökologisches <strong>Bauen</strong> auch billiger ist,<br />
auch bei den Bauherren sehr stark gestiegen. Insbesondere hat das ökologische<br />
Wissen bei den Immobilienfirmen stark zugenommen.<br />
Ökologische Anliegen werden mit prajektorientiertem Management bereits früh<br />
in die Planung einbezogen <strong>und</strong> erhalten so ein viel grösseres Gewicht.<br />
Recht Lenkungsabgaben Die Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren Energieträgern sind so hoch be·<br />
messen, dass der Verbrauch auf ein nachhaltigkeitsfähiges Mass gesunken ist.<br />
Bau, <strong>und</strong> Planungsgesetzgebung<br />
Grossräumige Raumplanung<br />
<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
Die Bau· <strong>und</strong> Planungsgesetze orientieren sich an den Idealen «Entwicklung<br />
nach Innen» <strong>und</strong> «Urbane Lebensqualität» (grosser Grünraumanteil in der Stadt,<br />
beruhigte Quartierstrassen, Schaffung von Lebensqualität <strong>durch</strong> Mischung der<br />
Nutzungen <strong>und</strong> der Bevölkerungsgruppen etc.). Innerhalb dieser Ideale werden<br />
mehr Freiheiten gewährt. Durch eine erhöhte Dialogbereitschaft werden Lösun·<br />
gen unter Einbezug aller Interessengruppen erarbeitet.<br />
Die geordnete Besiedlung des Landes erfolgt <strong>durch</strong> eine «Entwicklung nach<br />
Innen». Der Siedlungsraum ist qualitativ so aufgewertet, dass der Druck auf die<br />
nicht überbaute Landschaft gering ist. Richtpläne müssen einer UVP unterzogen<br />
werden.<br />
Das Verursacherprinzip <strong>und</strong> die Vermeidung an der Quelle werden konsequent<br />
<strong>durch</strong>gesetzt. Die <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung arbeitet vor allem mit markt·<br />
wirtschaftlichen Instrumenten (Lenkungsabgaben auf Energie <strong>und</strong> VOC, vor·<br />
gezogene Entsorgungs·, Deponie· <strong>und</strong> Altlastengebühren). Der Rechtsvollzug<br />
in den Kantonen ist harmonisiert <strong>und</strong> konsequent. Zukünftige Altlasten <strong>und</strong><br />
Endlagerdeponien werden vermieden, der Vollzug wird strikter <strong>und</strong> konse·<br />
quenter. Die UVP umfasst bei Bauprojekten auch eine Sozial· <strong>und</strong> Standort·<br />
verträglichkeitsprüfung.<br />
Wirtschaft Bau- <strong>und</strong> Planungskosten Die Planungszeiten sind wegen der Fähigkeit <strong>und</strong> dem Willen zum Dialog kurz.<br />
Vorgezogene Entsorgungsgebühren <strong>und</strong> Lenkungsabgaben lassen ökologische,<br />
rückbau' <strong>und</strong> umnutzungsgerechte Bauweisen rentabler werden. Dank der Lei·<br />
stungshonorierung von Architektlnnen werden nicht mehr möglichst teure <strong>und</strong><br />
materialintensive, sondern möglichst schlanke, einfache, materialschonende<br />
<strong>und</strong> kostenoptimierte Gebäude erstellt.<br />
Rentabilität<br />
Kapital<br />
Die Rentabilität einer ökologischen Bauweise ist grösser, da die Baukosten<br />
wegen Lenkungsabgaben, vorgezogenen Deponiegebühren <strong>und</strong> weiteren tiefer<br />
sind.<br />
Banken werden bei der Kreditvergabe ökologische Anliegen mitberücksichtigen.<br />
Da die Rentabilität einer ökologischeren Bauweise grösser ist, werden die<br />
Banken bereit sein, solche Projekte zu unterstützen.<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> Politik Dialogfähigkeit Der Wille <strong>und</strong> die Fähigkeit zum Dialog sind vorhanden. Organisationsstruk·<br />
turen <strong>und</strong> ·abläufe, z.B. projektorientiertes Qualitätsmanagement, ermöglichen<br />
einen wirkungsvollen Dialog aller Beteiligten.<br />
Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
Lebensstil<br />
Das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein ist in der ganzen Gesellschaft grass. Die Einsicht, dass<br />
nur globale Nachhaltigkeit die Zukunft der kommenden Generationen sichert,<br />
prägt das Handeln im Alltag.<br />
Die Integration ihs Umfeld <strong>und</strong> damit die Identifikation mit dem Quartier ist<br />
grass, nicht zuletzt dank einer Stadtplanung, die wertvollen <strong>und</strong> einladenden<br />
Lebensraum schafft. Gemischte Nutzungen halten die (Berufs)-Mobilität klein.<br />
Akzeptanz <strong>und</strong> Aufnahme verschiedener Gruppen <strong>und</strong> Wohnformen <strong>und</strong> gesicherte<br />
Freiräume fördern das allgemeine <strong>und</strong> persönliche Wohlbefinden.<br />
Fortsetzung der «Rabmellbedingllngen im
Rahmenbedingungen'<br />
_<br />
Schluss der «Rahmellhedillglllllgell im 'Ökoplus>-Szellario»<br />
Kategorie Rahmenhedingullg Beschreibung<br />
Technik Energietechnik Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren Energieträgern bewirken eine sehr<br />
grosse Effizienz der Energienutzung. Die Nutzung erneuerbarer Energien ist<br />
wirtschaftlich geworden, auf die Subventionierung kann verzichtet werden.<br />
Massnahmen wie die individuelle Heizkostenabrechnung erlauben Energiesparen<br />
auf individueller Ebene.<br />
Baumaterialien<br />
Für Baustoffe existiert eine Deklarationspflicht. Durch die hohen Entsorgungskosten<br />
<strong>und</strong> vorgezogenen Entsorgungsgebühren werden, wo immer möglich,<br />
recyclierbare oder zumindest unschädlich vernichtbare Materialien verwendet.<br />
Sek<strong>und</strong>ärbaustoffe werden optimal eingesetzt <strong>und</strong> problematische Stoffe<br />
(Formaldehyd, PCV, FCKW, etc.) vermieden.<br />
6. Verknüpfung der<br />
Rahmenbedingungen<br />
6.1 Einleitung<br />
Die berücksichtigten Rahmenbedingungen wurden<br />
mittels einer Relevanzmatrix zueinander in Beziehung<br />
gebracht. Die Interpretation erfolgte in graphischer<br />
Form über ein System-Grid (nähere Beschreibung<br />
siehe Abschnitt 6.3). Die Verknüpfung de'r<br />
Rahmenbedingungen ist ein wesentlicher<br />
Teil unserer Arbeit gewesen,<br />
da sie uns ermöglicht hat, die beeinflussenden<br />
oder beeinflussbaren Rahmenbedingungen<br />
zu bestimmen.<br />
6.2 Relevanzmatrix<br />
Die Erstellung einer Relevanzmatrix<br />
erlaubte uns, die Beziehungen zwischen<br />
den Rahmenbedingungen graphisch<br />
auszuwerten. Zur möglichst<br />
differenzierten Bestimmung der einzelnen<br />
Einflussstärken wurde die<br />
Matrix von drei verschiedenen Gruppen<br />
ausgefüllt <strong>und</strong> ihre Ergebnisse<br />
anschliessend zusammengetragen.<br />
Dabei wurden übereinstimmende<br />
Werte direkt übernommen <strong>und</strong> die<br />
Differenzen diskutiert <strong>und</strong> angeglichen.<br />
Die endgültige Version ist in<br />
Abbildung 6.2 dargestellt.<br />
Das Erstellen einer Einflussmatrix<br />
ist eine Möglichkeit, ein System<br />
Über die verschiedenen Einflussfaktoren<br />
zu beschreiben. Einflussfaktoren<br />
sind die Steuerungsgrössen, die<br />
das System zu jedem Zeitpunkt<br />
definieren (Rahmenbedingungen).<br />
Baukosten<br />
Kapital<br />
In der Einflussmatrix wird der Einfluss der einzelnen<br />
Rahmenbedingungen aufeinander dargestellt.<br />
In dieser Matrix erscheint jede Rahmenbedingung<br />
sowohl als Zeilen- wie auch als<br />
Spaltenelement. Der Einfluss jeder Zeilengrösse<br />
auf die Spaltengrössen wird folgendermassen bewertet:<br />
o= kein Einfluss<br />
1 = geringer Einfluss<br />
2 = starker Einfluss<br />
3 = sehr starker Einfluss<br />
Abb. 6.2 Einflussmatrix (Relevanzmatrix).<br />
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______________________________________Rahmenbedingungen<br />
Beispiel: Die Rahmenbedingung Baumaterialien<br />
hat einen sehr starken Einfluss auf die Rahmenbedingung<br />
Baukosten (Einflussstärke 3), hingegen<br />
kaum einen Einfluss auf die Rahmenbedingung<br />
Dialogfähigkeit (Einflussstärke0).<br />
Es werden nur direkte Einflüsse betrachtet, indirekte<br />
werden ausdrücklich ausgeschieden.<br />
Die Relevanzmatrix ermöglicht das Berechnen<br />
einer Spalten- <strong>und</strong> Zeilensumme für jede Rahmenbedingung.<br />
Die Zeilensumme ist ein Mass für die<br />
Aktivität einer Rahmenbedingung, d.h. sie entspricht<br />
dem gesamten Einfluss einer Rahmenbedingung<br />
auf alle anderen.<br />
Die Spaltensumme ergibt das Total der Beeinflussung<br />
<strong>durch</strong> die anderen, welche als Passivität bezeichnet<br />
wird (vgl. Scholz et al., 1995, S. 154-160,<br />
Zürich: vdf).<br />
6.3 System·Grid<br />
Ein System-Grid ist eille graphische Darstellungsform<br />
der Einflussmatrix. Es wird ein <strong>durch</strong> die<br />
Achsen Aktivität <strong>und</strong> Passivität definiertes Koordinatensystem<br />
erstellt. Die Rahmenbedingungen<br />
werden anhand ihrer Zeilen- <strong>und</strong> Spaltensummen<br />
als Koordinaten eingezeichnet. Durch den Punkt x<br />
mit den Koordinaten (x, x) wird ein Fadenkreuz<br />
gelegt, das das System-Grid in die vier Bereiche<br />
aktiv, passiv, puffernd <strong>und</strong> ambivalent unterteilt,<br />
wobei x = Gesamtaktivität plus Gesamtpassivität<br />
dividiert <strong>durch</strong> die Anzahl der Rahmenbedingungen.<br />
Diese Vierteilung des Koordinatensystems ermöglicht<br />
die Zuteilung der Rahmenbedingungen in die<br />
vier Sektoren mit folgender Bedeutung:<br />
aktiv: Wenig beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />
nit grossem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />
passiv: Stark beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />
mit geringem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />
ambivalent: Stark beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />
mit grossem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />
puffernd: Wenig beeinflussbare Rahmenbedingungen<br />
mit geringem Einfluss auf andere GrÖssen.<br />
(vgl. Scholz et al, 1995, S. 154-160, Zürich: vdf).<br />
Das Ergebnis dieser graphischen Auswertung ist<br />
im System-Grid der Abbildung 6.3 dargestellt.<br />
Resultat des erstellten System·Grids:<br />
Als besonders aktiv können die Rahmenbedingungen<br />
«Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein», «<strong>Umwelt</strong>schutzgesetze»<br />
sowie das «Kapital» angesehen werden.<br />
Passiv können die «Baukosten», die «Rentabilität»,<br />
das «Ökologische Wissen der Bauherren», die «Baumaterialien»<br />
sowie der «Lebensstil» genannt werden.<br />
Puffernd sind die «GrossräumigeRaumplanung»,<br />
die «Baugesetze», die «Energietechnik», die<br />
Rahmenbedingungen --'- _<br />
schiedenen Bewertungsvorschläge der Beziehungen<br />
<strong>und</strong> das Diskutieren der Diskrepanzen erhalten die<br />
Beteiligten ein einheitliches Bild des Systems,<br />
wo<strong>durch</strong> eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage für das Weiterarbeiten<br />
mit den Rahmenbedingungen geschaffen<br />
wird.<br />
Durch das Ausserachtlassen von indirekten Einflüssen<br />
wird einerseits das System vereinfacht, andererseits<br />
gehen gewisse Informationen verloren.<br />
Zudem stellt das absichtliche Ausklammern der indirekten<br />
Beziehungen ein Problem dar, da oft erst<br />
nach langer Diskussion festgelegt werden kann, ob<br />
ein bestimmter Einfluss direkt oder indirekt ist.<br />
System-Grid<br />
Das System-Grid stellt eine Möglichkeit dar, die<br />
Relevanzmatrix graphisch zu interpretieren. Dies<br />
erleichtert das Lesen der Beeinflussungsstärke einer<br />
Rahmenbedingung auf das System wesentlich. Die<br />
ersichtlichen Resultate dienten als Basis zur Erstellung<br />
des EDV-Modells, das die Modellierung verschiedener<br />
Szenarien ermöglichen soll. Die Grössen<br />
«Kapital», «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» <strong>und</strong><br />
«<strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung» sind diejenigen Faktoren,<br />
die den Prozess am meisten beeinflussen.<br />
Mit fortschreitendem Testen der verschiedenen<br />
Szenarien <strong>und</strong> ihrer Steuerung <strong>durch</strong> die einzelnen<br />
Rahrnenbedingungen im Modell wurden die Beziehungen<br />
den tatsächlichen Anforderungen angepasst.<br />
Aussagen über die Richtigkeit dieser Beziehungen<br />
werden erst am Ende der ModelIierung machbar<br />
sein.<br />
7. Soft·Modellierung des Systems<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />
7.1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur<br />
Methodik der Systemdynamik<br />
«Mental-Models» bestimmen Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse<br />
in einem oft unterschätzten Ausmass.<br />
In inter- bzw. transdisziplinären Forschungs<strong>und</strong><br />
Entwicklungsprojekten muss davon ausgegangen<br />
werden, dass von den verschiedenen am Projekt<br />
beteiligten Personen unterschiedliche, sich zum<br />
Teil gar widersprechende «Mental-Models» in den<br />
Arbeitsprozess eingebracht werden. Es stellt sich die<br />
Frage, inwieweit diese verschiedenen Modellvorstellungen<br />
heute transparent gemacht, d.h. kommuniziert<br />
<strong>und</strong> bewertet werden.<br />
Oft scheitert das Vermitteln <strong>und</strong> Diskutieren die!<br />
ser Modellvorstellungen am Fehlen einer gemeinsamen<br />
Sprache. «System Dynamik» <strong>und</strong> die darauf<br />
basierenden Modellbildungs~ <strong>und</strong> Siinulationsmethoden<br />
könnten einen Beitrag leisten, dieses für<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse bedeutende<br />
Problem zu lösen. Im Vordergr<strong>und</strong> des systemdynamisehen<br />
Arbeitens liegt die Betrachtung der<br />
Systemstruktur, weil diese das Verhalten des<br />
Systems in entscheidendem Mass bestimmt. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
können dabei «Hard-Systems» oder auch<br />
«Soft-Systems» bearbeitet werden.<br />
«System Dynamik» bietet eine auf die funktionelle<br />
Betrachtung von Systemen ausgerichtete<br />
«Einheitssprache». Systeme werden mit Hilfe der<br />
Modellbausteine «Speicher», «Flüsse» <strong>und</strong> «Steuerparameter»<br />
sowie der zwischen diesen Bausteinen<br />
existierenden Funktionsbeziehungen dargestellt<br />
<strong>und</strong> definiert. Systeme werden auf diese Weise nicht<br />
länger von aussen (im Sinne einer Grey- oder Black<br />
box) betrachtet. D)ese als ModelIierung bezeichnete<br />
Methodik ermöglicht es, eigene Modellvorstellungen<br />
funktionell <strong>und</strong> für andere GesprächspartnerInnen<br />
verständlich darzustellen. Selbstverständlich<br />
können auch neue Modellvorstellungen <strong>und</strong> -konzepte<br />
auf diese Weise entwickelt werden. Der grosse<br />
Vorteil dieser Art, Modelle zu beschreiben, liegt<br />
im funktionalen Ansatz. Er zwingt die am transdisziplinären<br />
Forschungs- oder Entwicklungsprozess<br />
beteiligten Personen, ihre Systemvorstellungen in<br />
einer für alle verständlichen «Modellierungsspraehe»<br />
darzustellen <strong>und</strong> zu erläutern. Fachbegriffe<br />
werden auf diese Weise für fachfremde Personen mit<br />
Inhalt <strong>und</strong> Funktion gefüllt. Die weiterführende<br />
Arbeitsmethode der Simulation bietet weitere interessante<br />
Aspekte: Die dynamischen Konsequenzen<br />
von Modellvorstellungen können dargestellt <strong>und</strong><br />
bewertet werden. Interessant scheint der Einsatz<br />
196<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________Rahmenbedingungen<br />
von Modellbildung <strong>und</strong> Simulation als Moderationsinstrument.<br />
7.2 Entwicklung des Soft-Modells «<strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />
Die ModelIierung des Systems «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>»<br />
erfolgte mit dem Programm Stella n. Dieses stellt<br />
eine benutzerfre<strong>und</strong>liche Oberfläche für die systemdynamische<br />
Bearbeitung von Fragestellungen zur<br />
Verfügung (siehe Kasten 7.2).<br />
Mit Hilfe dieses Programmes sollte in dieser<br />
<strong>Fallstudie</strong> die zeitliche Veränderung der Rahmenbedingungen<br />
aufgezeigt <strong>und</strong> Möglichkeiten des<br />
steuernden Eingreifens im Hinblick auf das ökologische<br />
<strong>Bauen</strong> sichtbar gemacht werden. Die<br />
Modellbildung <strong>und</strong> Simulation ermöglichte es, Ent<br />
Nicklungstendenzen abzuschätzen <strong>und</strong> den Handlungsbedarf,<br />
respektive die Handlungsmöglichkeiten<br />
auf dem Weg zum ökologischen Erstellen von<br />
Bauten aufzuzeigen.<br />
Die Entwicklung des Modells des Systems «<strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» erfolgte in zwei Phasen:<br />
'" In der ersten Phase wurde im Teilprojekt «Bilanzierung<br />
<strong>und</strong> ModelIierung» die Grobstruktur des<br />
Modells «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» erstellt. Wichtige<br />
Erkenntnisse aus der Relevanzmatrix <strong>und</strong> dem<br />
daraus abgeleiteten System-Grid wurden bereits in<br />
dieser Phase im Modell berücksichtigt.<br />
e In der zweiten Phase wurde diese Grobstruktur von<br />
der Synthesegruppe überarbeitet <strong>und</strong> verfeinert.<br />
Dazu wurden zuerst die einzelnen Module in<br />
Gruppen (zusammengesetzt aus den jeweiligen<br />
Teilprojekt-Spezialisten) diskutiert <strong>und</strong> überarbeitet:<br />
Weitere Verkriüpfungen wurden ergänzt, andere<br />
eher unwichtige Beziehungen zugunsten einer<br />
besseren Übersicht weggelassen. Die einzelnen<br />
Beziehungen im Modul wurden quantitativ so<br />
gewichtet, dass das Modul an sich einigermassen<br />
realistische Werte rechnete. Nachdem jedes Modul<br />
überarbeitet <strong>und</strong> geeicht war, wurden die einzelnen<br />
Module miteinander verknüpft. Das so entstandene<br />
System musste nun nochmals so angepasst<br />
werden, dass sich dessen Variablen in einem<br />
sinnvollen Bereich bewegten. Alle Modellgrössen<br />
werden in relativen Modelleinheiten dargestellt.<br />
7.3 Erläuterungen zum Modellaufbau<br />
7.3.1 Die Module im Überblick<br />
Eine detaillierte Beschreibung der gesamten<br />
Modellstruktur würde den Rahmen dieser Arbeit<br />
sprengen. Die Vorstellung des Modelles beschränkt<br />
sich daher auf eine zusammenfassende Darstellung<br />
der verschiedenen Modellmodule (s. dazu Tabelle<br />
7.3.1, nächste Seiteh Zusätzlich wird das Modul<br />
«<strong>Umwelt</strong>wissen» exemplarisch im Detail vorgestellt.<br />
Kasten 7.2 Das Programm Stella JI.<br />
Exemplarische<br />
Beschreibung des Moduls<br />
<strong>Umwelt</strong>wissen<br />
Die zentralen Grössen des<br />
Moduls «<strong>Umwelt</strong>wissen»<br />
sind das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»<br />
<strong>und</strong> das<br />
«anwendbare Wissen».<br />
Das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»<br />
wird<br />
<strong>durch</strong> fünf Faktoren beeinflusst:<br />
l.Je höher der Anteil an<br />
anwendbarem Wissen<br />
ist, desto stärker nimmt<br />
das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
zu.<br />
2.Ebenso sorgt das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
in der<br />
Bevölkerung selbst dafür,<br />
dass es vor allem<br />
bei geringer Ausprägung<br />
aufgr<strong>und</strong> von Multiplikatoreffekten<br />
zunimmt.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
197
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
Modul l!escllreillunl: Zentrale Grössen<br />
Bautechnik<br />
<strong>Umwelt</strong>wissen<br />
Energie<br />
Ökonomie<br />
Recht & Politik<br />
<strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
(Ausgabe-Modul)<br />
Das Modul «Bautechnik» stellt die Zusammenhänge zwischen<br />
dem technisch-ökologischen Wissen als Input <strong>und</strong> dem Baupreis<br />
sowie diversen ökologischen Parametern als Output dar.<br />
Das Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen» stellt die Zusammenhänge zwischen<br />
«Allgemeinem <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» <strong>und</strong> «anwendbarem<br />
Wissen» dar (Siehe Abb. 7.3.1).<br />
Als zentrale Output-Grössen werden in diesem Modul der Verbrauch<br />
von erneuerbarer sowie von nicht erneuerbarer Energie<br />
berechnet.<br />
Im Modul «Ökonomie» werden die wirtschaftlichen <strong>und</strong> finanziellen<br />
Aspekte im Bauprozess betrachtet.<br />
Das Modul «Recht & Politik» versucht, die Wirkungskette «Politik<br />
- <strong>Umwelt</strong>relevantes Recht - Vollzug» miteinander in Beziehung<br />
zu setzen.<br />
Im Modul «<strong>Umwelt</strong>auswirkungen» wird das zentrale Ausgabemodul<br />
des Modells berechnet. Es wurde versucht, typische Indikatorwerte<br />
für ökologisches <strong>Bauen</strong> aus den verschiedenen<br />
Modulen zusammenzustellen.<br />
Input: Technisch-ökologisches Wissen<br />
Output: Baupreis<br />
Input: Erfahrungswissen, Forschung, Brutto-Inland-Produkt<br />
(BIP), Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas, Information usw.<br />
Output: Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein, Anwendbares <strong>Umwelt</strong>wissen<br />
Input: Energiepreise, finanzielle Steuerungsinstrumente,<br />
Stand der Technik, allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
Output: Verbrauch von nicht erneuerbaren <strong>und</strong> erneuerbaren<br />
Energien<br />
Input: Bruttoinlandprodukt, Baupreis, Bodenpreise, Nutzfläche,<br />
Beitrag externer Kosten usw.<br />
Output: Ertrag<br />
Input: BIP, Allg. <strong>Umwelt</strong>bewusstsein, Anwendbares <strong>Umwelt</strong>wissen,<br />
Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas<br />
Output: <strong>Umwelt</strong>relevantes Recht, Vollzug, Information,<br />
Anreize, Lenkungsabgaben<br />
Input: Verteilungsschlüssel (Verhältnis von erneuerbaren zu<br />
nicht erneuerbaren Energien), ökologische Materialauswahl,<br />
Gesamtenergieverbrauch pro überbaute Fläche<br />
Output: Ökologie beim <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Betrieb als Indikator<br />
Tab. 7.3.1 Die einzelnen Module im Überblick.<br />
3.Je höher das BIP (als Indikator der Konjunkturlage)<br />
ist, umso besser geht es der Bevölkerung wirtschaftlich<br />
<strong>und</strong>umso eher beschäftigt sie sich mit<br />
der <strong>Umwelt</strong>problematik.<br />
Neue<br />
Forschungsprojekte<br />
Information<br />
Rückkopplung<br />
I---~--.p~<br />
......- ......----<br />
Abb. 7.3.1 Das Modul .<strong>Umwelt</strong>wissen» in der Darsteffung von SIe/la (die Bedeutungen der<br />
verschiedenen Symbole werden im Kasten 7.2 erläutert).<br />
4. Die erwähnten Einflussgrössen können völlig<br />
nebensächlich werden bei bestimmten Ereignissen,<br />
wie z.B. bei Ausbruch eines Krieges. Solche<br />
Einflüsse werden über den Faktor «Stellenwert<br />
des <strong>Umwelt</strong>themas» berücksichtigt.<br />
Einflüsse, die den «Stellenwert des<br />
<strong>Umwelt</strong>themas» positiv beeinflussen,<br />
sind ebenfalls denkbar.<br />
S.Auch die Information, welche über<br />
Medienberichte <strong>und</strong> Informationskampagnen<br />
vermittelt wird, trägt zu<br />
einem verstärkten <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
bei.<br />
Das «anwendbare Wissen» wird aus<br />
verschiedenen Quellen generiert:<br />
1. Einerseits aus dem Erfahrungswissen,<br />
welches von Generation zu Generation<br />
weitergegeben wird, andererseits<br />
aus dem Forschungswissen.<br />
2. Das Lancieren von Forschungsprojekten<br />
hängt seinerseits wieder von<br />
der Wirtschaftslage (BIP), vom «anwendbaren<br />
Wissen» selber <strong>und</strong> vom<br />
«allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» ab.<br />
3. Das bereits vorhandene Wissen kann<br />
auch wieder vergessen <strong>und</strong> daher<br />
nicht mehr angewendet werden.<br />
Zur Illustration wird in der Abbildung<br />
7.3.1 das Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen» graphisch<br />
dargestellt.<br />
198 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
----------------------------- Rahmenbedingungen<br />
7.3.2 Vernetzung unter den Modulen<br />
Die Module wurden wie folgt miteinander verknüpft:<br />
Abb. 7.3.2: Schematische Darstellung der Verknüpfungen der Module im<br />
il1adel! untereinander.<br />
gen verstanden. Sie sind abhängig vom Vollzug<br />
<strong>und</strong> vom umweltrelevanten Recht <strong>und</strong> werden im<br />
Modul «Recht & Politik» erzeugt. Sie beeinflussen<br />
alle Module ausser dem Modul «Ökonomie".<br />
7.Gleich wie die «Anreize» sind auch die<br />
«Lenkungsabgaben» aufgebaut, das heisst,<br />
sie hängen von den gleichen Grössen ab.<br />
Sie beeinflussen allerdings nur gerade<br />
das Energiemodul.<br />
8.Die «Nutzfläche» hängt direkt von der<br />
Nutzungsziffer <strong>und</strong> der Arealfläche ab<br />
<strong>und</strong> wird im Modul «Ökonomie" erzeugt.<br />
Sie beeinflusst das Modul «Energie".<br />
9.Die «Änderung des Durchschnittsverbrauchs»<br />
wird im Modul «Bautechnik" modelliert<br />
<strong>und</strong> hängt einzig von der ökologischen<br />
Materialauswahl ab. Sie beeinflusst eben"<br />
falls das Modul «Energie".<br />
lO.Die «Information» hängt vom «Vollzug» ab<br />
<strong>und</strong> wird im Modul «Recht & Politik»<br />
erzeugt. Sie beeinflusst das «<strong>Umwelt</strong><br />
WIssen".<br />
Die Vernetzung erfolgte über 9 Grössen (Abb. 7.3.2):<br />
l.Das «Bruttoinlandprodukt» ist eine Inputgrösse,<br />
die frei verändert werden kann <strong>und</strong> von der Zeit<br />
abhängt. Es hat direkte Einflüsse auf die Module<br />
«Ökonomie", «<strong>Umwelt</strong>wissen" <strong>und</strong> «Recht &<br />
Politik».<br />
2.Der «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas» ist eine Grösse,<br />
die anzeigt, wie stark sich die Bevölkerung mit<br />
der <strong>Umwelt</strong>problematik beschäftigt. Sie kommt<br />
vor in den Modulen «<strong>Umwelt</strong>wissen" <strong>und</strong> «Recht<br />
& Politik" <strong>und</strong> ist eine frei veränderbare, von der<br />
Zeit abhängige Inputgrösse.<br />
3.Das «allgemeine Umwe!tbewusstsein» ist abhängig<br />
vom «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas», vom BIP <strong>und</strong><br />
vom «anwendbaren Umwe!twissen» <strong>und</strong> wird im<br />
Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen" modelliert. Es beeinflusst<br />
alle Module ausser das Modul «Ökonomie"<br />
<strong>und</strong> ist deshalb eine zentrale Grösse im gesamten<br />
Modell.<br />
4.Das «anwendbare <strong>Umwelt</strong>wissen» wird direkt<br />
beeinflusst <strong>durch</strong> die Forschung <strong>und</strong> das Erfahrungswissen<br />
<strong>und</strong> wird im Modul «<strong>Umwelt</strong>wissen»<br />
modelliert. Durch diese Grösse werden die<br />
Module «Recht & Politik» sowie «Bautechnik"<br />
verändert.<br />
S.Der «Vollzug» ist abhängig von der Art der Politik<br />
<strong>und</strong> dem relevanten <strong>Umwelt</strong>recht. Er hat einen<br />
Einfluss auf das Modul «Ökonomie" <strong>und</strong> wird im<br />
Modul «Recht & Politik" modelliert.<br />
6.Unter «Anreizen» werden im besprochenen Modell<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich subventionsähnliche Zahlun-<br />
7.4 Sensitivitätsanalyse<br />
Bei der Sensitivitätsanalyse wird der Einfluss einzelner<br />
Grössen des Modells auf Veränderung anderer<br />
Grössen untersucht. Eine umfassende Sensitivitätsanalyse<br />
wurde für das Modell in der vorliegenden<br />
Form nicht vorgenommen. Die AutorInnen sind sich<br />
bewusst, dass ihr Modell etliche Ansatzpunkte zu<br />
Kritik bietet. Insbesondere die Verknüpfungen der<br />
einzelnen Modellvariablen <strong>und</strong> -parameter haben<br />
stark intuitiven Charakter. Sie sind nur teilweise in<br />
wissenschaftlichen Daten begründet.<br />
Weiter soll darauf hingewiesen werden, dass alle<br />
folgenden Ergebnisse rein qualitativen Charakter<br />
haben <strong>und</strong> die Darstellung der Resultate in relativen<br />
Modelleinheiten erfolgt.<br />
Im folgenden werden einige Abhängigkeiten innerhalb<br />
eines einzelnen Moduls, bzw. im gesamten<br />
System visualisiert. Auch wenn dies nicht als Gesetz<br />
für eine vollständige Sensitivitätsanalyse betrachtet<br />
werden darf, wird aus den Beispielen die Systemdynamik<br />
zumindest teilweise ersichtlich.<br />
7.4.1 Betrachtung eines abgekoppelten Systemteils<br />
am Beispiel des Moduls Energie<br />
Untersucht wird exemplarisch die Sensitivität einer<br />
einzigen Systemgrösse, nämlich des Verbrauchs von<br />
erneuerbarer Energie, bezüglich Veränderungen anderer<br />
modulinterner GrÖssen. Das Modul «Energie"<br />
wird dazu vom restlichen Modell entkoppelt <strong>und</strong><br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
199
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
isoliert betrachtet. Die Fragestellung lautet nun:<br />
Wie wird die ausgewählte Kenngrösse «erneuerbare<br />
Energie» beeinflusst <strong>durch</strong>:<br />
8 das «allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»,<br />
8 Lenkungsabgaben auf nichterneuerbaren<br />
Energieträgern,<br />
8 den Ressourcenpreis erneuerbarer Energie.<br />
Die drei Grössen werden während der einzelnen<br />
Simulations<strong>durch</strong>gänge konstant gehalten, in fünf<br />
aufeinanderfolgenden Durchgängen jedoch schrittweise<br />
<strong>und</strong> gleichmässig vom Minimal- auf den Maximalwert<br />
erhöht. Zu bemerken ist, dass die hier <strong>und</strong><br />
im folgenden angesprochenen Minimal- <strong>und</strong> Maximalwerte<br />
den für den entsprechenden Parameter<br />
systembedingt festgelegten Unter- <strong>und</strong> Obergrenzen<br />
gleichzusetzen sind. «Minimal» ist dabei im qualitativen<br />
Sinne als «fehlend», «gering», «klein» oder<br />
«unbedeutend», «Maximal» als «gross» oder «bedeutend»<br />
zu verstehen.<br />
Einfluss des «allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins»<br />
auf den Verbrauch erfteuerbarer Energien<br />
Zunächst wurde der Einfluss des «allgemeinen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins»<br />
auf den Verbrauch erneuerbarer<br />
Energien untersucht. Die Grafik (Abb. 7.4.1) zeigt<br />
die Entwicklung des Verbrauchs an erneuerbarer<br />
Energie bei unterschiedlichem Niveau des «allgemeinen<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstseins».<br />
Verbrauch<br />
erneuerbarer<br />
Energie in<br />
relativen<br />
Modelleinheiten<br />
0.00<br />
7.50<br />
15.00<br />
Effekt des Energiesparens bzw. -verschwendens als<br />
Folge des hohen bzw. tiefen <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />
überhand.<br />
Einfluss einer Lenlumgsabgabe auf den Verbrauch<br />
erneuerbarer Energien<br />
Die Lenkungsabgabe hat eine schnellere Substitution<br />
des Verbrauchs fossiler <strong>durch</strong> erneuerbare<br />
Energie zur Folge. Fehlt eine Lenkungsabgabe,<br />
erfolgt die Substitution erst spät <strong>und</strong> verzögert aufgr<strong>und</strong><br />
ökonomischer Effekte: Verteuerung der fossilen<br />
Energie <strong>und</strong> Verbilligung der erneuerbaren<br />
Energie (Durchbruch dank technischem Fortschritt<br />
<strong>und</strong> steigender Nachfrage).<br />
Schliesslich wurde die Frage gestellt nach dem<br />
Einfluss, den der Preis auf den Verbrauch erneuerbarer<br />
Energie hat. Dieser verändere sich dabei allein<br />
aufgr<strong>und</strong> ökonomischer Gesetzmässigkeiten vor.<br />
Angebot <strong>und</strong> Nachfrage. Bei tiefem Preisniveau der<br />
erneuerbaren Energie ist der Verbrauch hoch. Der<br />
Effekt der SubStitution tritt früher ein.<br />
fazit<br />
Die Modellsimulationen erlaubten Rückschlüsse auf<br />
die Sensitivität des Verbrauchs erneuerbarer Energie<br />
bezüglich der drei Einflussgrössen. Dabei fallen<br />
unter anderem folgende Punkte auf:<br />
• Unterschiedliches <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
führt nach einem<br />
Zeitraum der Grössenordnung<br />
von 30 Jahren zu einem Un<br />
22.50<br />
Abb. 7.4.1 Verbrauch erneuerbarer Energie bei variierendem «allg; <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» (null bei 1, gross<br />
bei 5) während den nächsten 30Jahren.<br />
Kurve 1 entspricht dem «fehlenden» <strong>Umwelt</strong>bewusstsein,<br />
Kurve 5 dem «maximalen» <strong>Umwelt</strong>bewusstsein.<br />
Im Fall 1 tritt nach einigen Jahren die<br />
Substitution von fossiler <strong>durch</strong> erneuerbare Energie<br />
aus ökonomischen Gründen ein, was sich in einem<br />
Knick der Kurve äussert. Die Gesamttendenz des<br />
Energieverbrauchs ist stark steigend. Im Fall 5 (<strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
gross) tritt der Substitutionseffekt<br />
früher <strong>und</strong> stärker ein (im Prinzip schon zur Zeit<br />
t = 0). Die generelle Zunahme verläuft dafür flacher.<br />
Bei allen Kurven dominiert in den ersten Jahren<br />
der Effekt der Substitution, im Verlauf nimmt der<br />
terschied im Verbrauch von<br />
50 Prozent,<br />
e die Höhe der Lenkungsabgabe<br />
zu einer Differenz VOl'<br />
etwa 30 Prozent <strong>und</strong><br />
• der Preis zu einem Unter-<br />
30.00 schied von 75 Prozent.<br />
Jahre<br />
Dieser Direktvergleich legt den<br />
Schluss nahe, dass der Verbrauch<br />
von erneuerbarer Energie<br />
im Modell vom Marktpreis<br />
am stärksten beeinflusst w'ird, weniger stark vom<br />
«allgemeinen Umwe!tbewusstsein» <strong>und</strong> kaum von einer<br />
Lenkungsabgabe. Dieses Verhalten entspricht der<br />
Gewichtung dieser Faktoren, wie sie im Modul<br />
«Energie» festgelegt wurden.<br />
7.4.2 Betrachtung der Bedeutung modulexterner<br />
Systemgrössen auf den Verbrauch erneuerbarer<br />
Energie als Beispiel<br />
Im zweiten Schritt wird nun der Einfluss von Variablen<br />
ausserhalb des oben untersuchten Moduls<br />
200 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________Rahmenbedingungen<br />
«Energie» betrachtet. Die Fragestellung<br />
lautet: Wie beein<br />
. flussen<br />
e das BIP (Konjunkturlage),<br />
e der «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»<br />
(in der Gesellschaft)<br />
<strong>und</strong><br />
4» die . <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
(Verschärfung!Deregulierung)<br />
den «Verbrauch erneuerbarer<br />
Energie»? Erstmals werden<br />
nun die Kalkulationen des<br />
gesamten Modells miteinbezogen.<br />
Einzig die drei genannten<br />
Grässen werden dabei eine<br />
nach der anderen bei konstanren<br />
Werten festgehalten.<br />
Die Simulation zeigte, dass<br />
die Grässe «Verbrauch erneuerbarer<br />
Energien» ähnlich sensitiv<br />
auf Veränderungen bei<br />
der Konjunktur, dem «<strong>Umwelt</strong>-<br />
SteIlenwert» <strong>und</strong> in der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
reagiert.<br />
Was im ersten Augenblick erstaunt,<br />
ist bei näherer Betrachtung<br />
der Modellstrukturen<br />
erklärbar. Die drei betrachteten<br />
Grässen wirken nämlich auf<br />
ähnlichen Wegen auf den «Verbrauch<br />
erneuerbarer Energien»<br />
eIn:<br />
• BIP <strong>und</strong> «<strong>Umwelt</strong>-Stellenwert»<br />
wirken beide über die Grässe<br />
·· ..····...·····..·····················T·· :<br />
Sensitivitätsanaly e: :<br />
...y~r~r:t
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
wirken wie erwähnt beide Variablen auf das «Allgemeine<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein» , welches die Ökologie<br />
Grösse über verschiedene Beziehungsketten stark<br />
beeinflusst. Die Kurven 1 <strong>und</strong> 5 verlaufen daher<br />
divergent <strong>und</strong> bestimmen massgeblich den Zustand<br />
nach dreissig Jahren.<br />
Die <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung hingegen wird<br />
bloss als Teil des umweltrelevanten Rechts aufgefasst,<br />
das seinerseits auf weitere Variablen empfindlich<br />
reagiert. Somit ist der Einfluss der <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung<br />
in diesem Modell relativ gering,<br />
die Kurven 1 bis 5 bewegen sich nahezu parallel <strong>und</strong><br />
in engem Wertebereich.<br />
Mit diesen Sensitivitätsüberlegungen wurden bereits<br />
einige Möglichkeiten, aber auch wesentliche<br />
Grenzen des Soft-Modells aufgezeigt. Bei der folgenden<br />
spielerischen Betrachtung einiger Szenarien<br />
sind diese stets in Erinnerung zu behalten.<br />
7.5<br />
Szenariobetrachtungen<br />
Mit dem besprochenen Modell<br />
für die Bauwirtschaft können<br />
nun verschiedene Szenarien<br />
<strong>durch</strong>gespielt <strong>und</strong> verglichen<br />
werden. Die Simulation soll<br />
jeweils die nächsten 30 Jahre<br />
umfassen. Fünf ausgewählte<br />
Kenngrössen des Modells werden<br />
dabei in ihrer zeitlichen<br />
Entwicklung (stets in der gleichen<br />
Skala) dargestellt. Es sind<br />
dies:<br />
e Vollzug,<br />
.. Ertrag,<br />
.. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein»,<br />
.. Energieverbrauch <strong>und</strong><br />
.. «Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb».<br />
Darstellung in<br />
relativen<br />
Modelleinheiten<br />
0.00<br />
Bemerkung: Eine Szenariobetrachtung ergibt erst<br />
dann einen Sinn, wenn verschiedene Szenarien miteinander<br />
verglichen werden können. Eine isolierte<br />
Betrachtung einer einzelnen Grafik liefert noch<br />
keine brauchbaren Informationen. Dies entspricht<br />
dem Wesen des Soft-Modellings, das keine absoluten<br />
Resultate liefert, sondern nur relative Aussagen, also<br />
Vergleiche zulässt. Die folgenden Resultate <strong>und</strong><br />
Interpretationen basieren auf dem Soft-Modell<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>».<br />
7.5.1 Szenario «Realo»<br />
Das Szenario «Realo» (vgl. Abb. 7.5.1) geht von<br />
den heute herrschenden Rahmenbedingungen aus.<br />
Es wird angenommen, dass sich diese über die nächsten<br />
30 Jahre kaum verändern werden. Einzig das<br />
«technische Wissen», die «externen Kosten für CO Ze<br />
Emissionen» <strong>und</strong> das Bruttoinlandprodukt steigd<br />
mit der Zeit leicht an. Die Kosten für erneuerbare<br />
Energien dagegen halbieren sich in den 30 Jahren,<br />
<strong>und</strong> die Kosten für nicht erneuerbare Energien<br />
steigen auf das Dreifache an.<br />
m •••wm.w•.w •.•• w .•~wt····..,··w w w w w. +<br />
7.50<br />
, .<br />
22.50<br />
30.00<br />
Jahre<br />
Abb. 7.5.1 «Realo»·Szenario (I. Vollzug, 2. Ertrag, 3. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein», 4. Energie<br />
verbrauch, 5. «Ökologie <strong>Bauen</strong> & Betrieb»).<br />
5<br />
15.00<br />
Folgende Input-Grössen konnten zur Bildung der<br />
Szenarien variiert werden:<br />
.. «Technisches Wissen»,<br />
Cl «Dialogfähigkeit»,<br />
.. Raumplanungsgesetze,<br />
.. Bau- <strong>und</strong> Planungsgesetzgebtmg,<br />
e <strong>Umwelt</strong>schutzgesetzgebung,<br />
e «Externe Kosten COz»,<br />
11 «Internalisierungsgrad,>,<br />
.. Nutzungsziffer,<br />
e Ressourcenpreis erneuerbarer Energien,<br />
e Ressourcenpreis nicht erneuerbarer Energien,<br />
Cl «Erfahrungswissen»,<br />
.. «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»,<br />
e Bruttoinlandprodukt.<br />
Unter diesen Rahmenbedingungen verhält sich das<br />
System sehr konservativ. Der Energieverbrauch<br />
steigt weiterhin stetig an. Die Ökologie-Grösse<br />
erfährt die stärkste Steigerung.<br />
7.5.2 Szenario «Ökoplus»<br />
Aus ökologischer Sicht sind Verbesserungen der<br />
heutigen Rahmenbedingungen denkbar: umweltrelevante<br />
Gesetze werden verschärft, der gesellschaftliche<br />
Stellenwert der <strong>Umwelt</strong>problematik<br />
nimmt zu, gleichzeitig soll sich aber auch die Wirtschaftslage<br />
positiv entwickeln. Bei «Ökoplus» (vgl.<br />
Abb. 7.5.2) handelt es sich also um ein äusserst<br />
optimistisches Szenario.<br />
202 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________Rahmenbedingungen<br />
Im Vergleich zum «Realo»<br />
Szenario stellt sich eine deutliche<br />
Verbesserung der «Ökologie<br />
<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Betrieb» eines<br />
Gebäudes (Kurve 5 in Abb.<br />
7.5.2) ein. Ausserdem lässt sich<br />
ein Anstieg des <strong>Umwelt</strong>bewusstseins<br />
sowie des Vollzugs<br />
erkennen, während der Energieverbrauch<br />
sinkt. Die veränderten<br />
Rahmenbedingungen<br />
haben also tatsächlich eine<br />
Optimierung des Systems gebracht.<br />
Diese Resultate entsprechen<br />
den Erwartungen<br />
(vgl. Bemerkungen dazu in der<br />
Diskussion, Abschnitt 7.6).<br />
Neben den beiden Szenarien<br />
.Realo» <strong>und</strong> «Ökoplus» ist eine<br />
Reihe von weiteren Entwicklungen<br />
denkbar. Im folgenden<br />
werden drei weitere Szenarien<br />
aufgestellt, bei denen jeweils<br />
eine konkrete Entwicklung<br />
simuliert werden soll.<br />
7.5.3 Szenario «Deregulierung»<br />
Die Deregulierung in der <strong>Umwelt</strong>schut~gesetzgebungist<br />
ein<br />
aktuelles politisches Postulat.<br />
Wie würde sich eine solche<br />
Entwicklung in unserem Modell<br />
auswirken? Zur Beantwortung<br />
dieser Frage wird ein<br />
Abbau der Gesetze simuliert,<br />
r;eteris paribus (auf der Basis<br />
Jes «Realo»-Szenarios).<br />
Überraschenderweise verhält<br />
sich das System kaum anders<br />
als im «Realo»-Szenario (vgl.<br />
Abb. 7.5.3). Das System spricht<br />
auf die Veränderung dieser einzelnen<br />
Grösse nur schwach an.<br />
0.00<br />
7.50<br />
M::~~Z~~~~:~ .......::~:_3=~,<br />
15.00<br />
22.50<br />
I<br />
30.00<br />
Jahre<br />
Abb. 7.5.2
Rahmenbedingungen<br />
_<br />
7.5.5 Szenario «Aufschwung»<br />
0.00<br />
Wie verhältsich das System bei<br />
einem Aufschwung? Dieser<br />
wird <strong>durch</strong> ein sehr optimistisches<br />
Wirtschaftswachstum<br />
(BIP steigt steil an) simuliert<br />
(vgl. Abb. 7.5.5). Einher geht<br />
hier nun eine positive Entwicklung<br />
im «Stellenwert des <strong>Umwelt</strong>themas»,<br />
mit der Überlegung,<br />
dass sich die Leute <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
leisten können, solange<br />
es ihnen wirtschaftlich gut<br />
geht. Der Gipfel des Aufschwungs<br />
wird ebenfalls nach 15 Jahren <strong>durch</strong>schritten,<br />
nach 30 Jahren herrscht ebenfalls wieder der<br />
Ausgangszustand.<br />
Der Aufschwung wirkt sich auf das System günstig<br />
aus. Die Ökologie-Kurve steigt steil an. Der Ertrag<br />
der Bauwirtschaft steigt trotz Realisierung von<br />
<strong>Umwelt</strong>schutztechniken enorm an. Das <strong>Umwelt</strong>bewusstsein<br />
in der Bevölkerung nimmt zu. Der<br />
Energieverbrauch kann (trotz Wachstum!) gesenkt<br />
werden. Der Aufschwung ist nicht nur aus ökonomischer,<br />
sondern auch aus ökologischer Sicht positiv<br />
zu werten.<br />
Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Diskussion<br />
Trotz teilweise unsicherer Datengr<strong>und</strong>lagen konnten<br />
in der Arbeit mit dem «Stella»-Modell für die Bauwirtschaft<br />
neue Aussagequalitäten gewonnen werden.<br />
Als Synthese der Arbeit mit dem Modell seien<br />
abschliessend mögliche Handlungsstrategien zum<br />
Erreichen einer ökologischen Bauweise postuliert.<br />
Die Thesen sind im Sinne von Denkanregungen zu<br />
verstehen.<br />
Thesen<br />
1. Das allgemeine <strong>Umwelt</strong>bewusstsein ist in Bezug<br />
auf die Ökologie eine zentrale Grösse im System<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>». Es kann über die Bildung<br />
bewusst gefördert werden. Wichtig auf dem Weg<br />
zu einer ökologischen Bauwirtschaft ist daher eine<br />
gezielte Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung aller beteiligten<br />
Akteure.<br />
2. Der Einfluss der Konjunktur auf das ökologische<br />
<strong>Bauen</strong> ist der zweite entscheidende Faktor. Ein<br />
wirtschaftlicher Aufschwung kann ökologisches<br />
<strong>Bauen</strong> begünstigen, eine Rezession erschwert es<br />
massIv.<br />
3. Die Veränderung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
führt am schnellsten zu einer Ver-<br />
Darstellung i,'+- ""'=~J,'''=-~:::::= .<br />
relativen<br />
Modelleinheiten<br />
~5;; ; " .<br />
7.50<br />
15.00<br />
22.50<br />
30.00<br />
Jahre<br />
Abb. 7.5.5 Szenario «Aufschwung» (1. Vollzug, 2. Ertrag, 3. «Allgemeines <strong>Umwelt</strong>bewusstsein» ,<br />
4. Energieverbrauch, 5. «Ökologie Baum & Betrieb»).<br />
änderung der Ökologie im Bauprozess. Lenkungsabgaben<br />
auf ökologisch schädlichen Produkten<br />
(z.B. fossiler Energie) können eine Substitution<br />
mit nachhaltigen Produkten beschleunigen.<br />
4. Wird die Substitution auf diese Weise, d.h. mittels<br />
Lenkungsabgaben, beschleunigt, läuft sie sanfter<br />
ab, als wenn sie später allein aufgr<strong>und</strong> der Entwicklung<br />
der Ressourcenpreise von sich aus eintritt.<br />
Mit einer Lenkungsabgabe kann der Umsteigeeffekt<br />
gesteuert werden.<br />
5. Das System verhält sich generell träge <strong>und</strong> reagiert<br />
zum Teil mit grossen Verzögerungen auf die Beeinflussung<br />
von aussen.<br />
6. Eine einzelne Massnahme bewirkt meistens keine<br />
grosse Veränderung im gesamten System. Um<br />
den Bauprozess ökologischer zu gestalten, soll mit<br />
einer Vielzahl von Massnahmen <strong>und</strong> auf mehreren<br />
Ebenen ins System eingegriffen werden.<br />
Diskussion<br />
Die Technik <strong>und</strong> insbesondere der Prozess de~<br />
Soft-Modelling ermöglicht es, Beziehungen <strong>und</strong> Ein<br />
flüsse in einem komplexen System zu verstehen<br />
<strong>und</strong> darzustellen. Auf spielerische Weise ist es möglich,<br />
die Relationen zwischen den einzelnen Systemgrössen<br />
zu ergründen. Bislang verborgene Zusammenhänge<br />
werden im Laufe der ModelIierung<br />
entdeckt, die verschiedenen existierenden «men-'<br />
talen Modelle», die Gr<strong>und</strong>lage für die ModelIierung,<br />
aufeinander abgestimmt, angepasst <strong>und</strong> verfeinert.<br />
Die Sensitivitätsanalyse liefert Informationen über<br />
den Aufbau <strong>und</strong> die Vernetzungen im Modell <strong>und</strong><br />
zeigt nicht zuletzt auch, wo im «mentalen Modell»<br />
zunächst etwas falsch gewichtet oder gar missachtet<br />
wurde. Neben dem Erwerb von Systemkenntnissen<br />
liefert das Soft-Modelling eine ausgezeichnete<br />
Gr<strong>und</strong>lage zur Diskussion über das Verhalten komplexer<br />
Systeme.<br />
Allerdings darf nicht erwartet werden, dass Soft<br />
Modell-Prozesse quantitative Aussagen über das<br />
204 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________Rahmenbedingungen<br />
System ermöglichen oder exakte Prognosen über<br />
dessen zukünftiges Verhalten zulassen. Selbst ein<br />
ausgeklügeltes Modell wird die Realität nie korrekt<br />
abbilden können. Ein Soft-Modell bleibt ein Hilfsinstrument<br />
für das vertiefte funktional-dynamische<br />
Verständnis komplexer Systeme.<br />
Die Aussagekraft eines Modells ist dann am grössten,<br />
wenn die existierenden Funktionsbeziehungen<br />
so weit wie möglich wissenschaftlich abgestützt werden.<br />
In diesem Sinne wäre das vorgestellte Modell<br />
noch zu überarbeiten. Beim Modellieren besteht<br />
zudem die Gefahr, dass persönliche Erwartungen so<br />
ins Modell einfliessen, dass sie auch erfüllt werden.<br />
Mit einem solchen Modell könnte schliesslich alles<br />
bewiesen werden. Das Arbeiten in Gruppen <strong>und</strong><br />
eine systematische Einbeziehung der Ergebnisse<br />
aus den Teilprojekten kann dazu beitragen, dass<br />
diese Gefahr vermindert wird.<br />
8. folgerungen<br />
8.1 Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>" stellt ein äusserst komplexes<br />
System dar, welches <strong>durch</strong> ein Netz von zahlreichen<br />
Akteuren <strong>und</strong> eine grosse Anzahl von Rahmenbedingungen<br />
charakterisiert wird. Diese sind untereinander<br />
aufvielfältige Weise verknüpft. Unsere Untersuchungen<br />
konnten diese Beziehungen in einigen<br />
Fällen aufzeigen; sie blieben lediglich qualitativer<br />
Natur.<br />
Ausgehend von unseren Informationen aus den<br />
Teilprojekten <strong>und</strong> unseren Erkenntnissen aus dem<br />
Modell kamen wir zu folgenden Schlüssen:<br />
Das ganze System «<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» ist sehr<br />
träge. Änderungen von Rahmenbedingungen, sei es<br />
in der Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft, wirken<br />
sich gesamthaft nur langsam aus. Viele langwierige<br />
Prozesse (Planungs- <strong>und</strong> Bewilligungsverfahren,<br />
Einführung neuer Techniken, gesellschaftlicher<br />
Wandel) bestimmen das Verhalten des Systems.<br />
Änderungen werden zeitlich entsprechend verzögert.<br />
Zudem können sich Prozessauswirkungen<br />
gegenseitig aufbeben. Dies ist an unserem Soft<br />
Modell ersichtlich, wo einzelne, starke Veränderungen<br />
im Gesamten fast verschwinden. So konnte auch<br />
keine zentrale Rahmenbedingung für das System<br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>" ermittelt werden.<br />
Dennoch kann gesagt werden, dass das «allgemeine<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein» eine wichtige Stellung<br />
in der Diskussion um relevante Rahmenbedingungen<br />
für ökologisches <strong>Bauen</strong> einnimmt. So vergrössert<br />
sich bei einem hohen <strong>Umwelt</strong>bewusstsein der<br />
Umsetzungswille in Politik <strong>und</strong> Wirtschaft. Das<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein selbst wird <strong>durch</strong> Information,<br />
aber auch <strong>Umwelt</strong>katastrophen beeinflusst. Hier<br />
zeigt sich ein Ansatzpunkt zum Handeln. Durch eine<br />
sehr aktive <strong>und</strong> adressatenorientiert'e Information<br />
seitens der Verwaltung <strong>und</strong> Verbände liesse sich<br />
ein breites Bewusstsein (<strong>und</strong> auch Wissen) für ökologisches<br />
<strong>Bauen</strong> erreichen.<br />
Ökologisches Wissen aller an einem Bauprojekt<br />
beteiligten Personen ist eine wichtige Voraussetzung.<br />
In diesem Bereich besteht ein Handlungsbedarf.<br />
Ein weiterer Schritt in Richtung ökologisches<br />
<strong>Bauen</strong> wäre das Schaffen wirtschaftlicher Anreizsysteme.<br />
Lenkungsabgaben auf Energie <strong>und</strong> Baumaterialien<br />
werden als gute Lösungsansätze angesehen.<br />
Trotz zahlreicher Ideen <strong>und</strong> gesetzlicher Gr<strong>und</strong>lagen<br />
lässt die Umsetzung noch einiges zu wünschen<br />
übrig. Ein Umdenken in der Planung <strong>und</strong> der Baubranche<br />
ist nötig. So ist Initiative <strong>und</strong> Mut zur<br />
Umsetzung gefragt.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
205
Rahmenbedingungen<br />
8.2 Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />
für eine ökologische Entwicklung<br />
der Baubranche<br />
Stärkung marktwirtschaftlicher Instrumente<br />
Die Einführung von Lenkungsabgaben auf Energie<br />
<strong>und</strong> vorsorgliche Entsorgungs- <strong>und</strong> Deponiegebühren<br />
sind die Voraussetzung für einen ökologischen<br />
Branchenstrukrurwechsel (Koller, 1994,<br />
S. 102ff).<br />
Die Bauwirtschaft hat einen relativ hohen Anteil<br />
des Faktors Arbeit. Deshalb wäre sie bei der Einführung<br />
einer Energielenkungsabgabe (mit aufkommensneutraler<br />
Rückverteilung über die Arbeitgeberbeiträge<br />
an die Sozialversicherungen) eine<br />
potentielle Gewinnerbranche (BUWAL, 1994, S. 21).<br />
Eine «ökologische Steuerreform" hätte auch positive<br />
Einflüsse auf die Beschäftigungslage (Bach et al.,<br />
1995).<br />
führungsrolle. der Verbände<br />
Die Verbände haben z.T. bereits sehr konstruktiv<br />
an ökologischen Zielen mitgearbeitet, wie z.B. der<br />
SBV im Entsorgungsbereich. Trotzdem übernehmen<br />
sie in einigen Bereichen noch nicht die Führungsrolle,<br />
die ihnen zustehen würde, dies insbesondere<br />
in den Bereichen Weiterbildung, Normenwesen <strong>und</strong><br />
bei der Stärkung marktwirtschaftlicher Instrumente.<br />
Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
In der Ausbildung von Planerinnen <strong>und</strong> ArchitektInnen<br />
müssen ökologische Aspekte viel stärker gewichtet<br />
werden. Es muss sowohl ein umfassendes<br />
Verständnis für ökologische Zusammenhänge als<br />
auch Fachwissen zu einzelnen ökologischen Teilaspekten<br />
vermittelt werden. Ökologie darf nicht<br />
mehr nur das Thema einzelner DozentInnen sein,<br />
wie dies zur Zeit der Fall ist.<br />
Weiterbildung ist angesichts der Strukturprobleme<br />
<strong>und</strong> des bevorstehenden Strukturwandels (Ökologie,<br />
Umbauten, Dienstleistungen) zentral. Die begonnenen<br />
Anstrengungen in diesem Bereich sind weiterzuführen<br />
<strong>und</strong> auszubauen (Schubert, 1994).<br />
Im Bereich der Ökologie erfordern die Verbreitung<br />
der (vorhandenen <strong>und</strong> zu erwartenden) prozess- <strong>und</strong><br />
objektbezogenen Hilfsmittel sowie der Ausbau von<br />
ganzheitlichen <strong>und</strong> fächerübergreifenden Weiterbildungen<br />
ein sehr grosses Engagement der Verbände<br />
<strong>und</strong> eine Weiterführung der Impulsprogramme<br />
(Wei terbildungsoffensive).<br />
Baccini, P., Bader, H.P. (1994): Regionaler Stoffhaushalt <strong>und</strong><br />
Abfallwirtschaft (Vorlesungsskript). Zürich, Dübendorf: Lehrstuhl<br />
für Stoffhaushalt <strong>und</strong> Enrsorgungstechnik, ETH Zürich.<br />
Bach, S. et al. (1995): Wirtschaftliche Auswirkungen einer ökologischen<br />
Steuerreform. Sonderheft DIW 153. Hamburg: Duncker<br />
<strong>und</strong> Humbolt.<br />
Bossei, H. (1994): Modellbildung <strong>und</strong> Simulation: Konzepte,<br />
Verfahren <strong>und</strong> Modelle zum Verhalten dynamischer Systeme:<br />
Braunschweig: Vieweg.<br />
BUWAL (1994): COz-Abgabe: Mehr Markt -<br />
<strong>Umwelt</strong>material Nr. 15. Bern: Buwal.<br />
_<br />
bessere <strong>Umwelt</strong>.<br />
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (1994): Ökosteuer:<br />
Sackgasse oder Königsweg. Hamburg: Greenpeace.<br />
Koller, F. (1994): Ökologischer Branchenstrukturwandel in der<br />
Schweizer (Hoch-)Baubranche. Hochschule St. Gallen, Institut<br />
für Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie.<br />
Mauch S. P., Iren R., von Weizsäcker, E. U. & Jesinghaus, J. (1992):<br />
Ökologische Steuerreform: Europäische Ebene <strong>und</strong> Fallbeispie!<br />
Schweiz. Zürich: Verlag Rüegger.<br />
Meadows, D. H., Meadows, D. L. & Randers, J. (1993): Die neuen<br />
Grenzen des Wachstums: die Lage der Menschheit: Bedrohung<br />
<strong>und</strong> Zukunftschancen. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />
Meadows, D. L. (1974): Wachstum bis zur Katastrophe? Stuttgart:<br />
Deutsche Verlags-Anstalt GmBH.<br />
Scholz, R.W., Koller, T., Mieg, HA & Schmidlin, C. (1995):<br />
Perspektive Grosses Moos: 'Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />
Zürich: vdf.<br />
Schriftenreihe des B<strong>und</strong>esministers für Raumordnung, Bauwesen<br />
<strong>und</strong> Städtebau (1987): <strong>Bauen</strong> in der Schweiz <strong>und</strong> in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland. Schriftenreihe Städtebauliche Forschung<br />
Heft Nr. 03. Bonn.<br />
Schubert R. (1994): Weiterbildung in wettbewerbsfähiger Wirtschaft.<br />
Schweizer Ingenieur <strong>und</strong> Architekt Nr. 39. S.765 ff.<br />
SIA (1995): Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s. SIA D 0122. Zürich,<br />
SIA.<br />
206<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Inhalt<br />
1. Einleitung 209.<br />
2. Die"Methodik der Szeoll.rioanalyse<br />
Uberblick 210<br />
3. Vorgehen 212<br />
4. Resultate 217<br />
5. Bewertung der Wünschbarkeit<br />
der Varianten 222<br />
6. Diskussion <strong>und</strong> Methodenkritik 223<br />
7. Schlussfolgerungen 224<br />
AlltorInnen<br />
Katharina Zwicker<br />
Mare Sehärli (Tutor)<br />
Aufbauend allfden Ergebnissen der wissellschafltichen Arbeitsgmppe (Synthesegrllppe B)<br />
Danlei Mn<br />
Thomas Hertach<br />
Reto Baumgartner<br />
Thomas Hulliger<br />
Andrea Christoffel<br />
Marion Lautner<br />
Ariane Datz<br />
Andreas Mädel'<br />
Mireille ehloe faist<br />
Thomas Meuier<br />
Andre fuhreI'<br />
Stefan Rubli<br />
Patrick Geissmann<br />
Sonja Riiegg<br />
Stefan Heim<br />
Manja Van Wezemael<br />
Katharilla Zwicker<br />
Andreas Hofer (Tntor)<br />
Daniel Kühler (Tntor)<br />
Mare Schärli (Tutor)<br />
Roland W. Scholz (Tntor)<br />
Olaf Weber (Tntor)
Szenarioanalyse<br />
_<br />
208 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________Szenarioanalyse<br />
1. Einleitung<br />
Ziel<br />
Im Verlauf der <strong>Fallstudie</strong> stellte sich die Frage nach<br />
einer differenzierten Beurteilung verschiedener Planungsvarianten<br />
nach ökologischen, ökonomischen<br />
<strong>und</strong> sozialen Kriterien. Für die Szenarioanalysegruppe<br />
stand dabei die Frage der Umsetzbarkeit<br />
der vier für die <strong>Fallstudie</strong> ausgewählten Varianten<br />
Griinraum, Kunsthochschule, WerkStadt <strong>und</strong> Industrienahe<br />
Nutzung im Zentrum. Welches der betrachteten<br />
Projekte hat die besten Chancen, später einmal verwirklicht<br />
zu werden? Lassen sich überhaupt Unterschiede<br />
feststellen? Sind die Variantenbeschreibungen<br />
det
Szenarioanalyse<br />
2. Die Methodik der Szenarioanalyse<br />
im Überblick<br />
2.1 Die Idee der Szenarioanalyse<br />
Eine Szenarioanalyse liefert Aussagen über zukünftige<br />
Entwicklungen <strong>und</strong> Zustände. Der Untersuchungsgegenstand<br />
wird in einer Szenarioanalyse<br />
als ein sich veränderndes System betrachtet. Dieses<br />
System kann der Automarkt sein, die Region Grosses<br />
Moos oder, wie in unserer <strong>Fallstudie</strong>, ein Areal <strong>und</strong><br />
dessen Umfeld. Im Gegensatz zu einer Prognose<br />
extrapoliert eine Szenarioanalyse nicht gegenwärtige<br />
Trends. Vielmehr versucht der Analytiker, das<br />
System möglichst genau zu beschreiben <strong>und</strong> zu verstehen.<br />
Ausgehend von der so erworbenen Systemkenntnis<br />
untersucht er dann mögliche zukünftige<br />
Entwicklungen.<br />
Die Beschäftigung mit einem komplexen System<br />
erfordert Fachwissen aus ganz verschiedenen Gebieten.<br />
In einer Szenarioanalyse werden diese Kenntnisse<br />
<strong>und</strong> Daten miteinander in Beziehung gesetzt.<br />
So ermöglicht es eine Szenarioanalyse, Wissen unterschiedlichster<br />
Art zu integrieren.<br />
Grob lässt sich eine Szenarioanalyse in zwei<br />
Schritte aufteilen: Als erstes wird ein Modell des<br />
Systems gebildet, dann werden Systemzustände<br />
untersucht.<br />
gesteuert (oder zumindest beeinflusst) werden kann.<br />
(Die Modellbildung entspricht den Schritten 1 bis 7<br />
in der Beschreibung der Methodik, Abschnitt 2.2)<br />
2.1.2 Systemzustiiflde<br />
Um unterschiedliche zukünftige Systemzustände<br />
zu ermitteln, überlegt sich die Analytikerin, welche<br />
Ausprägungen die Einflussfaktoren annehmen können.<br />
Der Grünraum auf dem SEW-Areal kann zum<br />
Beispiel gross oder klein, von hoher oder von tiefer<br />
Qualität sein, der Zeitgeist eher ökologisch oder<br />
eher materialistisch. Anschliessend wird untersucht,<br />
welche Ausprägungen der verschiedenen Einflussfaktoren<br />
gleichzeitig vorkommen können. In unserem<br />
Beispiel wäre nicht zu erwarten, dass ein<br />
materialistischer Zeitgeist <strong>und</strong> ein grosser, qualitativ<br />
hochstehender Grünraum auf dem SEW-Areal<br />
gleichzeitig verwirklicht werden. Diese Unter<br />
suchung wird als «Konsistenzanalyse» bezeichnet.<br />
Ein Szenario entsteht, wenn jedem Einflussfaktor<br />
eine der möglichen Ausprägungen zugewiesen<br />
wird. Als konsistent werden Szenarien bezeichnet,<br />
wenn alle ausgewählten Ausprägungen miteinander<br />
vorkommen können. Konsistente Szenarien beschreiben<br />
einen der Szenarioanalytikerin logisch<br />
erscheinenden möglichen Zustand des Systems.<br />
(Zu diesem Teil gehören die Schritte 8 <strong>und</strong> 9 in der<br />
Beschreibung der Methodik, Abschnitt 2.2)<br />
_<br />
2.1.1 Modellhildullg<br />
In der Szenarioanalyse werden Systeme <strong>und</strong> ihre<br />
Dynamik mittels Einflussfaktoren beschrieben<br />
(vgl. Abb. 2.1.1). Einflussfaktoren sind Grössen,<br />
die für den Zustand <strong>und</strong> die Entwicklung des<br />
System wichtig sind. Das muss aber nicht heissen,<br />
dass alle Einflussfaktoren das System stark beeinflussen.<br />
Es können unter anderem Merkmale<br />
gewählt werden, die nur sehr schwachen Einfluss<br />
auf das System ausüben, aber für die Analytikerin<br />
interessant sind. Mögliche Einflussfaktoren werden<br />
oft mit einem Brainstorming gesammelt. Ein<br />
Beispiel für einen «passiven» Einflussfaktor ist<br />
die Grösse der Freiflächen auf dem SEW-Areal.<br />
Ein starker Einfluss auf das Areal wird in der<br />
vorliegenden Analys~ dagegen dem Einflussfaktor<br />
Zeitgeist zugeschrieben.<br />
Mit mathematischen Methoden wird anschliessend<br />
untersucht, welche Beziehungen zwischen<br />
den Einflussfaktoren bestehen. Die Hauptfrage<br />
ist, ob ein Faktor A einen anderen Faktor B beeinflusst<br />
oder nicht. Aus einer Betrachtung der<br />
verschiedenen direkten <strong>und</strong> indirekten Einflüsse<br />
wird im Rahmen einer Szenarioanalyse abschätzbar,<br />
über welche Einflussfaktoren das System<br />
System<br />
(Untersuchungsobjekt)<br />
Abb. 2.1.1 Schema des Systemmodells, wie es in einerSzenarioanalyse erarbeitet<br />
wird. Die Buchstaben Abis J bezeichnen die Einflussfaktoren mit den jeweils<br />
zugehörigen Ausprägungen al, a2 bisjl,j2. Aus Platzgründen wurden zu den<br />
Einflussfaktoren nur je zwei Ausprägungen dargestellt, obwohl auch mehr<br />
definiert werden können.<br />
Ein Szenario entsteht, wenn jedem Einflussfaktor eine Ausprägung zugewiesen<br />
wird. Als Beispiel ist in der Abbildungdas Szenario mitder Zusammensetzung<br />
al, b2, cl, dl, e2,/2, gl, hl, il,j2 dargestellt. Das Szenario beschreibt einen<br />
Zustanddes Systems.<br />
210<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------~------------------------ Szenarioanalyse<br />
2.1.3 Anwendungen<br />
Die Szenarioanalyse hilft, sich realistische Vorstellungen<br />
von künftigen Entwicklungen zu machen.<br />
Zudem gewinnt die Analytikerin Wissen darüber,<br />
wie das System funktioniert.<br />
Damit hilft die Szenarioanalyse, mögliche erwünschte<br />
Entwicklungen zu erkennen. Gleichzeitig<br />
gibt sie Hinweise darauf, wie ein solcher Zustand<br />
erreicht werden könnte.<br />
2.2 Die Schritte einer Szenarioanalyse<br />
Im folgenden werden die Schritte einer Szenarioanalyse<br />
kurz skizziert. Wei tergehende Hinweise <strong>und</strong><br />
Erklärungen finden sich in Missler-Beer (1993) <strong>und</strong><br />
Götze (1993). Eine anschauliche Einführung in die<br />
11ethodik anhand eines Beispiels findet sich in<br />
Hassler & Schärli (1995/96).<br />
Schritt 1: Zielsetzung<br />
Das Ziel, welches <strong>durch</strong> eme Szenarioanalyse erreicht<br />
werden soll, muss zuerst definiert werden.<br />
Sollen mögliche Zukünfte beschrieben werden? Will<br />
man die Szenarien, welche aufgestellt werden, bewerten?<br />
Oder sollen Handlungsstrategien entwickelt<br />
werden, um bestimmte zukünftige Entwicklungen<br />
zu fördern? Die wichtigsten Begriffe, die bei einer<br />
Zielformulierung verwendet werden, müssen gemeinsam<br />
diskutiert, erklärt <strong>und</strong> festgehalten werden.<br />
Schritt 2: Systemeigenschaften<br />
Die Diskussion der Systemeigenschaften dient dazu,<br />
die Strukturen des Systems kennenzulernen <strong>und</strong> die<br />
~zenarioanalytikerinmit möglichen Systemveränderungen<br />
vertraut zu machen.<br />
Diesen Schritt kann man in zwei wesentliche<br />
Punkte unterteilen. Zum einen geht es um die<br />
Vorhaben, zum anderen um die Stärken <strong>und</strong>Schwächen,<br />
welche für den Untersuchungsgegenstand, das<br />
«System», wichtig sind.<br />
Bei den Vorhaben werden grössere, für das System<br />
relevante Ideen oder Projekte gesammelt, welche<br />
von einzelnen Personen, Vereinen, politischen Organen<br />
oder auch aus der Privatwirtschaft kommen<br />
können. Ein solches Vorhaben wäre z.B. eine der<br />
untersuchten Planungsvarianten.<br />
Bei der Stärken-Schwächen-Analyse werden Eigenschaften<br />
<strong>und</strong> Eigenheiten des Systems zusammengetragen.<br />
Diese werden dann als Stärke, Schwäche<br />
oder, wenn sie sowohl als Stärke als auch als<br />
Schwäche wirken können, als ambivalent eingestuft.<br />
Als Schwäche des Systems «Sulzer-Escher Wyss-<br />
Areaj" könnte beispielsweise der schlechte Ruf des<br />
Kreises 5, in dem das Areal liegt, eingestuft werden.<br />
Schritt 3: Einflussfaktoren<br />
Zuerst werden die für das System wichtigen Einflussgrössen<br />
zusammengetragen. Einflussfaktoren<br />
sind wichtige Kenngrössen, die den Zustand <strong>und</strong> die<br />
Dynamik des Systems beschreiben. Es müssen hierbei<br />
sowohl interne als auch externe Einflussgrössen<br />
berücksichtigt werden. Als Beispiel für einen internen<br />
Einflussfaktor sei die Grösse der Grünflächen,<br />
als Beispiel für einen externen Einflussfaktor der<br />
Zeitgeist genannt. Wichtig ist, in einem ersten<br />
Schritt eine möglichst umfassende Menge von Einflussgrössen<br />
zu bestimmen. In einem nächsten<br />
Schritt wird dann die Liste der Einflussfaktoren<br />
auf einen Satz von r<strong>und</strong> zwanzig Einflussgrössen<br />
reduziert, die für das System als wichtig erachtet<br />
werden. Die Szenarioanalysegruppe der <strong>Fallstudie</strong><br />
konnte hier auf das Wissen, welches in den Teilprojekten<br />
erworben wurde, zurückgreifen.<br />
Schritt 4: Einflussmatrix<br />
Diese Einflussgrössen werden anschliessend in einer<br />
Einflussmatrix auf ihre gegenseitige Beeinflussung<br />
überprüft, wobei zunächst nur direkte Einflüsse<br />
beachtet werden. Beispielsweise beeinflusst der<br />
herrschende Zeitgeist die Art der Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gesetze,<br />
welche erlassen werden.<br />
Die Aktivität eines Einflussfaktors wird als Summe<br />
aller Wirkungen auf das System bestimmt. Analog<br />
wird die Passivität eines Einflussfaktors ermittelt,<br />
indem seine Abhängigkeit von allen anderen Einflussfaktoren<br />
aufaddiert wird. Die Passivität ist somit<br />
ein Mass dafür, wie stark ein Einflussfaktor vom<br />
restlichen System beeinfluss wird.<br />
Schritt 5: System-Grid<br />
Das System-Grid dient dazu, die Resultate der<br />
Elnflussmatrix graphisch darzustellen. Die Koordinaten<br />
für die Aktivität bzw. Passivität entsprechen<br />
den jeweiligen Zeilen- bzw. Spaltensummen der<br />
Einflussmatrix. Die Horizontale <strong>und</strong> die Vertikale<br />
<strong>durch</strong> den Punkt (n,n) unterteilt das System-Grid in<br />
vier Teilgebiete. Die Zahl n ergibt sich aus der Summe<br />
aller Aktivitäten geteilt <strong>durch</strong> die Anzahl berücksichtigter<br />
Einflussfaktoren.<br />
Dabei haben die vier Teilgebiete folgende Bedeutung:<br />
aktiv: In diesem Feld befinden sich Einflussgrösso:n,<br />
welche einen starken Einfluss auf das System<br />
haben, selber aber nur schwach von den anderen<br />
beeinflusst werden.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
211
Szenarioanalyse ----------- _<br />
passiv: Hier finden sich Einflussgrössen, welche<br />
nur einen schwachen Einfluss auf das System ausüben,<br />
aber selber stark beeinflusst werden.<br />
ambivalent: Dies sind Einflussgrössen, welche<br />
einen starken Einfluss haben, aber auch stark beeinflusst<br />
werden.<br />
puffernd: Entsprechend haben Einflussgrössen,<br />
welche sich in diesem Feld befinden, nur einen<br />
schwachen Einfluss, werden aber selber auch nur<br />
schwach beeinflusst.<br />
Schritt 6: Gerichteter Graph<br />
In einem gerichteten Graphen werden die Beziehungen<br />
der Einflussgrössen untereinander <strong>durch</strong><br />
Pfeile dargestellt. Die Richtung der Pfeile zeigt die<br />
Richtung der Beeinflussung auf.<br />
Schritt 7: MIC·MAC·Analyse<br />
Die MIC-MAC-Analyse ist eine mathematische<br />
Hilfestellung, um die indirekten Einflüsse der<br />
Einflussgrössen aufzuzeigen. Dies ist wichtig, um<br />
auch stark indirekt wirkende Einflussgrössen aufzuspüren,<br />
da sonst eventuell wichtige Erkenntnisse<br />
über die Systemwirkungen verloren gehen.<br />
Mit Hilfe der Schritte 5 bis 7 kann in der Regel<br />
eine Reduktion der Einflussfaktoren auf r<strong>und</strong> zehn<br />
wesentliche Grössen vorgenommen werden.<br />
3. Vorgehen<br />
1 Zielsetzung<br />
Die Szenarioanalyse innerhalb der <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
hatte zum Ziel, die vier Architekturprojekte für das<br />
Sulzer-Escher Wyss-Areal zu bewerten.<br />
3.2 Systemeigenschaften<br />
Um eine bessere Kenntnis des Systems zu erwerben,<br />
wurden die Systemeigenschaften näher bestimmt<br />
<strong>und</strong> in die zwei Kategorien «Stärken" <strong>und</strong> «Schwächen»<br />
eingeteilt. Die Szenarioanalysegruppe versuchte,<br />
Stärken <strong>und</strong> Schwächen aus der Sicht von<br />
zukünftigen Bewohnern <strong>und</strong>/oder Investoren zu<br />
beurteilen. Tabelle 3.2 gibt einen Überblick über<br />
die gef<strong>und</strong>enen Eigenschaften.<br />
Stärken<br />
Standort Zürich<br />
Grösse des Areals<br />
zentrale Lage<br />
gut erschlossen (private <strong>und</strong><br />
öffentliche Verkehrsmittel)<br />
Schwächen<br />
Immissionen (Lärm, Luft)<br />
vorhandene Altlasten<br />
hoher Gr<strong>und</strong>wasserpegel<br />
gehört zu Kreis 5<br />
Tab. 3.2 Stärken <strong>und</strong>Schwächen des Systems Sulzer-Escher Wyss-Areal aus<br />
Sicht der Szenarioanalyse-Gmppe.<br />
Schritt 8: Trendprojektionen<br />
Von den ausgewählten Einflussgrössen werden nun<br />
unterschiedliche Ausprägungen definiert. Diese<br />
können einerseits den Ist-Zustand widerspiegeln,<br />
sollten aber auch die Extremausprägungen der<br />
Einflussgrösse wiedergeben. Um beim weiteren<br />
Vorgehen einen vernünftigen Rahmen nicht zu<br />
sprengen, sollten nicht mehr als drei Ausprägungen<br />
pro Einflussgrösse definiert werden.<br />
In der folgenden Konsistenzmatrix werden dann<br />
die unterschiedlichen Ausprägungen auf gegenseitige<br />
Vereinbarkeit hin geprüft.<br />
Schritt 9: Szenarien <strong>und</strong> Bewertung der Szenarien<br />
Als Szenario versteht man ein Bündel von verschiedenen<br />
Ausprägungen.<br />
Mit Hilfe der Konsistenzmatrix werden alle möglichen<br />
Szenarien auf innere Widersprüche hin geprüft.<br />
Widerspruchsfreie Szenarien nennt man auch<br />
konsistente Szenarien. Dabei können Szenarien,<br />
welche in sich deutliche Widersprüche beinhalten,<br />
ausgeschlossen werden.<br />
3.3<br />
Mit einem Brainstorming versuchte die Szenarioanalysegruppe,<br />
möglichst viele Einflussfaktoren zu<br />
nennen. Anschliessend wurden sie überprüft <strong>und</strong> je<br />
einem von zwölf Überbegriffen zugeordnet.<br />
Die Teilprojektgruppen erhielten den Auftrag,<br />
ihrer Sicht die drei wichtigsten Einflussfaktoren zu<br />
nennen <strong>und</strong> ihre Auswahl zu begründen. Auf diese<br />
Weise konnten die in der Teilprojektphase erworbenen<br />
Kenntnisse in die Szenarioanalyse einbezogen<br />
werden. Dies ergab eine Liste von ca. 35 wichtigen<br />
Einflussfaktoren. Durch Selektion <strong>und</strong> Zusammenfassen<br />
voneinander abhängiger Faktoren wurde diese<br />
Zahl auf 20 reduziert. Einige Einflussfaktoren mussten<br />
gestrichen werden, weil ihre Wirkung auf das<br />
System ungenügend beurteilt werden konnte.<br />
Diese 20 Einflussfaktoren stellten die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für die weitere Modellentwicklung dar. In den folgenden<br />
Schritten wurden ihre gegenseitige Abhängigkeit<br />
<strong>und</strong> Auswirkungen aufeinander untersucht.<br />
Darauf aufbauend folgte die Reduktion auf zehn<br />
Faktoren.<br />
Um Missvertändnisse bei der folgenden Bewertung<br />
möglichst zu vermeiden, wurden die Einfluss-<br />
212<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____________________________________________Szenarioanalyse<br />
faktoren so genau wIe<br />
möglich definiert (vgl.<br />
Kasten 3.3).<br />
3.4 Einflussmatrix<br />
Die 20 Einflussfaktoren<br />
aus Abschnitt 3.3<br />
bildeten die Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Einflussmatrix. Jedes<br />
der sechs Mitglieder der<br />
Gruppe füllte in einem<br />
ersten Schritt die Matrix<br />
selbständig aus. Anschliessend<br />
wurden die<br />
Werte verglichen. Die<br />
Differenzen wurde so<br />
ange diskutiert, bis die<br />
Gruppe einen Konsens<br />
erreichte. In schwierigen<br />
Fällen wurde der Entscheid<br />
nach dem Mehrheitsprinzip<br />
gefällt.<br />
Für die unter.schiedliche<br />
Bewertung der Einflussstärken<br />
<strong>durch</strong> die<br />
einzelnen Studierenden<br />
gibt es verschiedene<br />
Gründe:<br />
lil andere Bewertung von<br />
schwacher/starker Beeinflussung<br />
lil trotz genauer Definition<br />
unterschiedliche<br />
Interpretation der Einflussfaktoren<br />
Unklarheit bezüglich<br />
des zeitlichen bzw.<br />
räumlichen Rahmens<br />
lil Auseinanderhalten von<br />
indirektem/direktem<br />
Einfluss z.T. schwierig<br />
(indirekter Einfluss<br />
wird als «kein Einfluss»<br />
bewertet)<br />
" z.T. fehlendes FachwIssen.<br />
Das Ergebnis der Gruppendiskussion<br />
ist die<br />
Abb. 3.4 Einflussmatrix für das<br />
System Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />
o= kein direkter Einfluss<br />
1 = schwacher direkter Einfluss.<br />
2 = starker direkter Einfluss<br />
Kasten 3.3 Definitionm der Einflussfaktoren für die Szenarioanalyse Sulzer-Escher H'yss-Areal.<br />
Einflussgrössen 5<br />
E<br />
.c<br />
.g l!! "<br />
c: c:<br />
i!! ,"<br />
N<br />
,"<br />
~
Szenarioanalyse<br />
_<br />
Einflussmatrix (vgl. Abb.<br />
3.4). Diese Matrix diente<br />
als Gr<strong>und</strong>lage für die weiteren<br />
Schritte der Szenarioanalyse.<br />
3.5 Sysrem-Grid<br />
1) Zeitgeist<br />
2) Einkommensstruktur<br />
3) Wohnqualität<br />
4) Kultur-fFreizeitangebot<br />
5) Nutzungsmischung<br />
6) Verkehrserschliessung<br />
7) Immissionen<br />
8) Altlasten/Sanierungen<br />
9) Mietpreis<br />
10) Bodenpreis<br />
11) Wirtschaftlichkeit für Investoren<br />
12) Attraktivität Standort Zürich<br />
13) Technologieentwick/ung<br />
14) Entwicklung SEW als Firma<br />
15) Baugesetzgebung<br />
16) <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />
17) Energiepreis<br />
18) Lobbies<br />
19) ökolog. <strong>Bauen</strong><br />
20) Planung/Realisierung von<br />
Grünraum<br />
Das System-Grid (Abb.<br />
3.5) zeigt, wie sich ein<br />
Faktor im System verhält.<br />
Die Rangfolge der Aktivität<br />
der einzelnen Einflussfaktoren<br />
wird In<br />
Tabelle 3.5 dargestellt.<br />
Das System-Grid der<br />
direkten Einflüsse macht<br />
deutlich, dass die <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung,<br />
die Baugesetzgebung<br />
<strong>und</strong> der Zeitgeist<br />
das System stark beeinflussen, selbst aber nur<br />
wenig beeinflusst werden. Um eine Veränderung des<br />
Systems zu erreichen, müsste demnach in erster<br />
Linie hier angesetzt werden. Am passivsten verhält<br />
sich erwartungsgemäss die Planung <strong>und</strong> Gestaltung<br />
des Grünraumes. Eher untergeordnete Bedeutung<br />
kommt der Einkommensstruktur zu. Die Nutzungsmischung<br />
ist sowohl stark aktiv als auch passiv.<br />
Die Rangliste der Aktivitäten (Tab. 3.5) diente im<br />
weiteren als Entscheidungshilfe zur Reduktion der<br />
Einflussfaktoren auf zehn GrÖssen. Bei der Interpretation<br />
des System-Grids ist es jedoch wichtig zu<br />
beachten, dass auch passive Faktoren für das System<br />
von grosser Bedeutung sein können.<br />
IEinkommensslruklur I<br />
Entwicklung SEW<br />
als Firma<br />
24 :iS<br />
~<br />
:><br />
~
__________________________________________Szenarioanalyse<br />
360 i<br />
'S; •<br />
330 16<br />
~ «<br />
300<br />
• 13<br />
270 • 15 •<br />
12 • 5<br />
240 • 18<br />
• 10<br />
17<br />
• •<br />
210 • 11<br />
180<br />
14 20 •<br />
150<br />
41<br />
•<br />
120 .9 8<br />
19<br />
90 • ..6 •<br />
2<br />
• •<br />
60 4<br />
7 3<br />
30 Passivität<br />
0<br />
0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 300 330 360<br />
,bb. 3.7 System-Grid der indirekten Einflüssefür das System Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />
Rang<br />
indirekt·<br />
Einfillssfaktor<br />
Rang<br />
indirekt.<br />
Einflllssfaktor<br />
1 <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung 11 Altlasten/Sanierungen<br />
..........................<br />
2 Zeitgeist 11 Entwicklung Sulzer-<br />
Escher Wyss als Firma<br />
2 Technologieentwicklung<br />
13 Planung/Realisierung<br />
2 Baugesetzgebung<br />
von Grünraum<br />
2 Energiepreis<br />
13 Mietpreis<br />
...<br />
6 Nutzungsmischung<br />
7 Lobbies<br />
8 • Attraktivität des Standortes<br />
Zürich<br />
8 Bodenpreis<br />
, ... " .................... - ...........<br />
10 Wirtschaftlichkeit für<br />
Investoren 20 Immissionen<br />
15 ökologisches<br />
........<br />
<strong>Bauen</strong><br />
- .......<br />
15 Verkehrserschliessung<br />
15 Einkommensstruktur<br />
18 Kultur-/Freizeitangebot<br />
19 Wohnqualität<br />
Tab. 3.7 Rangfolge der Aktivität der Einflussfaktoren für das System<br />
Sulzer-Escher Wyss-Areal (indirekte Einflüsse).<br />
dass die Lobbies in vielfältiger Weise über schwache<br />
<strong>und</strong> mittelstarke Einflüsse in das System <strong>und</strong> seine<br />
Dynamik einbezogen sind. Betrachtet man die Aktivität<br />
(Tab. 3.5), liegen die Lobbies gar in der vorderen<br />
Hälfte.<br />
1) Zeitgeist<br />
2) Einkommensstruktur<br />
3) Wohnqualität<br />
4) Kultur-/Freizeitangebot<br />
5) Nutzungsmischung<br />
6) Verkehrsersch/iessung<br />
7) Immissionen<br />
8) Altlasten/Sanierungen<br />
9) Mietpreis<br />
10) Bodenpreis<br />
11) Wirtschaftlichkeitfür Investoren<br />
12) Attraktivität Standort Zürich<br />
13) Technologieentwicklung<br />
14) Entwicklung SEW als Firma<br />
15) Baugesetzgebung<br />
16) <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />
17) Energiepreis<br />
18) Lobbies<br />
19) ökolog. <strong>Bauen</strong><br />
20) Planung/Rea/isienmg von<br />
Grünraum<br />
nach ihren indirekten<br />
Einflüssen, sind in der<br />
Tabelle 3.7 dargestellt.<br />
Insgesamt wird <strong>durch</strong><br />
diese Analyse die Aussage<br />
der Szenarioanalyse der<br />
<strong>Fallstudie</strong> '94 «Perspektive<br />
Grosses Moos» (vgl.<br />
Scholz et al., 1995, S. 172)<br />
bestätigt, dass systemimmanente<br />
<strong>Umwelt</strong>faktoren<br />
als passive Elemente<br />
zu betrachten sind.<br />
3.7.1 Reduktion auf 10<br />
Einflussfaktoren<br />
Bei der Reduktion der<br />
Einflussfaktoren wurden<br />
vier Gr<strong>und</strong>sätze beachtet:<br />
• Jede der Grosskategorien Ökonomie, Ökologie <strong>und</strong><br />
Soziales soll weiterhin vertreten bleiben.<br />
• Einflussfaktoren können unter einem Oberbegriff<br />
zusammengefasst werden.<br />
• Die zu vergleichenden Varianten sollen aufgr<strong>und</strong><br />
der Wahl der Faktoren in ausreichender Genauigkeit<br />
beschrieben werden können.<br />
• Schliesslich werden aktive Faktoren gegenüber<br />
passiven vorgezogen.<br />
Konkret wurden die Bau- <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung<br />
neu unter dem Begriff «Gesetzgebung» zusammengefasst.<br />
Ebenso erfolgte ein Zusammenschluss zwischen<br />
der Attraktivität des Standortes Zürich <strong>und</strong> der<br />
Wirtschaftlichkeit für Investoren als «Attraktivität<br />
des Standortes Zürich für Investoren». Altlasten/<br />
Sanierung fanden beim «Bodenpreis» Berücksichtigung.<br />
Kultur-/Freizeitangebot <strong>und</strong> Wohnqualität<br />
wurden neu vereint als «Lebensqualität» definiert.<br />
Die zehn ausgewählten Einflussfaktorten sind im<br />
Kasten 3.7.1 zusammengesfasst.<br />
3.7 MIC·MAC·Analyse<br />
Die MIC-MAC-Analyse untersucht ausschliesslich<br />
die indirekten Einflüsse. Dies ist notwendig, um<br />
auch starke indirekte Einflüsse sichtbar zu machen,<br />
welche vom System-Grid nicht erfasst werden.<br />
Im Fall des Sulzer-Escher Wyss-Areals brachte<br />
der Einbezug der indirekten Wirkungen nur kleine<br />
Verschiebungen. Bemerkenswert ist, dass die Altlasten/Sanierung<br />
zum passivsten Einflussfaktor werden<br />
(vgl. Abb. 3.7). Die Einflussfaktoren, geordnet<br />
Kasten 3.7.1 Ausgewählte Einflussfaktoren.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 215
Szenarioanalyse<br />
_<br />
Einflussfaktoren Auspriigungen 3.8 Trendprojekticmen<br />
Gesetzgebung (Bau- <strong>und</strong><br />
<strong>Umwelt</strong>gesetzgebung)<br />
Zeitgeist<br />
Technologieentwicklung<br />
Energiepreis<br />
Nutzungsmischung<br />
Lobbies<br />
Attraktivität des Standortes<br />
Zürich für Investoren<br />
Bodenpreis (nach der<br />
Altlastensanierung)<br />
Planung/Realisierung von<br />
Grünraum<br />
Lebensqualität (Wohnqualität<br />
<strong>und</strong> Kultur-/Freizeitangebot)<br />
• Verschärfung dieser Gesetze mit ökologischem Schwerpunkt<br />
• Nur Verschärfung im Baugesetzbereich<br />
• Lockerung in beiden Bereichen<br />
• Bereitschaft zu ökologischen Veränderungen im Sinn der Grünen<br />
Partei<br />
• Bereitschaft zu ökonomischen Veränderungen im Sinn der Freisinnig-demokratischen<br />
Partei<br />
• Bereitschaft zu sozialen Veränderungen im Sinn der Sozialdemokratischen<br />
Partei<br />
• innovativ<br />
• nicht innovativ<br />
• steigt stark an<br />
• bleibt gleich<br />
• minimale Anforderung gemäss Gestaltungsplan<br />
• optimale Nutzungsmischung gemäss Teilprojektlinie 2<br />
. . .<br />
• starke Lobby für den Ausbau des Dienstleistungsplatzes Zürich<br />
• starke Lobby für eine Mischnutzung<br />
• starke Öko-Lobby<br />
• für private Investoren attraktiv<br />
• für private Investoren nicht attraktiv<br />
• hoch im Vergleich zu ähnlichen Standorten in der Region Zürich<br />
• tief im Vergleich zu ähnlichen Standorten in der Region Zürich<br />
, ... , ,. . .......<br />
• wenig Grünraum<br />
• grosser Grünraum ohne Erfüllung der ökologischen Qualitätsziele<br />
gemäss Teilprojekt 1.8<br />
• grosser Grünraum mit Erfüllung der ökologischen Qualitätsziele<br />
gemäss Teilprojekt 1.8<br />
• geringe Lebenqualität<br />
• hohe Lebensqualität<br />
Tab. 3.8 Fürdie Konsistenzmatrix ausgewählte Einflussfaktoren mitden zugewiesenen Ausprägungen.<br />
Es lassen sich zu jedem Einflussfaktor<br />
Ausprägungen definieren.<br />
Ausprägungen veranschaulichen,<br />
wie sich die einzelnen Einflüsse<br />
in Zukunft entwickeln können<br />
(vgI. Abschnitt 2.1.3). So lassen<br />
sich Trends darstellen. Das Ziel<br />
der Szenarioanalysegruppe war<br />
es, in einer Gruppendiskussion<br />
für jeden Einflussfaktor zwei bis<br />
drei möglichst gegensätzliche,<br />
aber trotzdem wahrscheinliche<br />
Ausprägungen zu definieren. Dabei<br />
stellte sich heraus, dass gewisse<br />
Einflussfaktoren nochmals<br />
genauer definiert werden mussten,<br />
vor allem hinsichtlich de<br />
räumlichen Ausdehnung (Zeitgeist<br />
im Raum Zürich, Lebensqualität<br />
im Quartier, etc.). Tabelle<br />
3.8 gibt einen Überblick über die<br />
Einflussfaktoren <strong>und</strong> deren genaue<br />
Definitionen, wie sie von<br />
der Szenarioanalysegruppe verwendet<br />
wurden.<br />
Einllussfaktor<br />
......_....-----_._...._ ........_.><br />
§ "<br />
~ '§<br />
".~<br />
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-g<br />
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~ I<br />
>- w z CD a.<br />
"<br />
Ausprägungen<br />
Gesetzgebung<br />
Verschärfung ökologisch<br />
Verschärfung Baugeselze<br />
Lockerung<br />
Zeitgeist<br />
ökologische Veränderungen<br />
ökonomische Veränderungen<br />
soziale Veränderungen<br />
Technologieentwicklu Innovativ<br />
nicht innovativ<br />
Energieprais<br />
k an<br />
leibt gleich<br />
Nutzungsmischung minimale Anforderungen<br />
optimale Nutzungsmischung<br />
Lobbles<br />
Ausbau Dienstleistungen<br />
FOrderung Mischnutzung<br />
Attraktivität Standort fOr rivate Inv. gOnstig<br />
fOr private lnv. ni-eht gOnstig<br />
reis<br />
hoch<br />
lief<br />
g/ReaJ.·GrQnraum wenig Grünraum<br />
grosser GrOnraum mit Erf. QuaL-Ziel<br />
grosser Grünraum ohne Erf. Qual.·Ziel<br />
Lebensqualität<br />
geringe Lebansqualität<br />
hohe labensqualität<br />
-1<br />
1<br />
2 -1 1<br />
1 -1 2<br />
·1 1 0 1<br />
1 0 0 0<br />
1 0 0 1 0<br />
0 0 1 0 0<br />
-1 0 1 -1 0 -1<br />
1 0 0 2 0<br />
1 0 0 1 0<br />
·1 -1 1 0 0<br />
1 0 1<br />
Abb. 3.9 Konsistenzmatrix.<br />
Die Zahlen haben folgende<br />
Bedeutung:<br />
-1 = inkonsistent,<br />
d.h. die beiden Ausprägungen<br />
können nicht<br />
gleichz-eitig auftreten<br />
o = unabhängig,<br />
d.h. die beiden Ausprägungen<br />
haben keinen<br />
Zusammenhang<br />
1 = fördernd,<br />
d.h. die beiden Ausprägungen<br />
beeinflussen sich<br />
gegenseitig positiv<br />
2 = bedingend,<br />
dh. die beiden Ausprägungen<br />
können nur<br />
gleichzeitig auftreten<br />
216 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________~<br />
3.9 Die Gr<strong>und</strong>lage zur Bewertung der<br />
Szenarien: die Konsistenzmatrix<br />
Die Konsistenzmatrix zeigt, welche Kombinationen<br />
von Ausprägungen zusammen vorkommen können<br />
<strong>und</strong> welche nicht (siehe Schritt 8 «Trendprojektionen»<br />
im Abschnitt 2.2). Die mathematische Auswertung<br />
der Konsistenzmatrix liefert eine Liste der<br />
konsistenten <strong>und</strong> der nicht-konsistenten Szenarien.<br />
Die nicht-konsistenten Szenarien enthalten Kombinationen<br />
von Ausprägungen, welche sich nach der<br />
Beurteilung der Szenarioanalysegruppe gegenseitig<br />
ausschliessen. Solche Szenarien werden gemäss<br />
unseren Annahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
nie eintreffen. Im Gegensatz dazu stellen die konsistenten<br />
Szenarien zukünftige Zustände dar, die<br />
in sich widerspruchsfrei sind. Diese Szenarien haben<br />
viel bessere Chancen, später einmal Realität zu<br />
ierden.<br />
Die Konsistenzmatrix wurde von der ganzen Gruppe<br />
gemeinsam ausgefüllt. Dabei ergaben sich zum<br />
Teil lange <strong>und</strong> heftige Diskussionen. Insbesondere<br />
der Zusammenhang zwischen Altlastensanierung,<br />
Bodenpreis <strong>und</strong> Standortattraktivität war umstritten.<br />
Die vollständige Konsistenzmatrix ist in Abbildung<br />
3.9 dargestellt.<br />
4.<br />
Resultate<br />
4.1 Szenarien (ar die vier<br />
Planungsvarianten<br />
Szenarioanalyse<br />
Die Varianten lassen vieles offen. Es ist deshalb möglich,<br />
verschiedene Annahmen über ihre weitere Ausgestaltung<br />
zu treffen. Beim Zusammenstellen der<br />
Variantenszenarien wurde versucht, diejenigen Ausprägungen<br />
der Einflussfaktoren zu finden, welche<br />
den einzelnen Varianten am besten entsprachen.<br />
Die Wahl der Annahmen sollte nachvollziehbar<br />
sein. Um dies zu erreichen, versuchte die Szenarioanalysegruppe,<br />
die Hauptstossrichtungen der einzelnen<br />
Varianten zu bestimmen. Dazu gehören z.B. ökologische,<br />
wirtschaftsfre<strong>und</strong>liche oder andere Ansätze<br />
in den Variantenbeschreibungen. Diese' Ansätze<br />
wurden als Leitlinien bei der Konkretisierung der<br />
Varianten verwendet. Einen Überblick über die<br />
Variantenszenarien bietet die Tabelle 4.1.<br />
4.1.1 Argumente zur Zuweisung der Ausprägungen<br />
1. Einflussfaktor «Gesetzgebung"<br />
Gemäss den Angaben des Teilprojekts 1.8 «Ökosystem<br />
Areal» (vgI. Kapitel KURZBERICHTE) bieten<br />
Variantenszenario Yariantenszenario Yariantenszenario Variantenszenario<br />
GrünraullI Kunsthochschule WerkStadt Industrienahe Nutzung<br />
Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit Nur Verschärfung im Bau- Verschärfung der Gesetze mit Lockerung in beiden<br />
ökologischem Schwerpunkt gesetzbereich ökologischem Schwerpunkt Bereichen<br />
zeitgeist Bereitschaft zu sozialen Ver- Bereitschaft zu ökologischen Bereitschaft zu ökologischen Bereitschaft zu ökonomiänderungen<br />
oder sozialen oder wirt- oder sozialen Veränderungen sehen Veränderungen<br />
schaftlichen Veränderungen<br />
Technologieentwicklung innovativ nicht innovativ innovativ innovativ<br />
Energiepreis steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt steigt stark an oder bleibt<br />
gleich gleich gleich gleich<br />
Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung minimale Anforderungen<br />
gemäss Gestaltungsplan<br />
Lobbies starke Öko-Lobby starke Lobby für Misch- starke Öko-Lobby oder starke starke Lobby für einen<br />
nutzung Lobby für Mischnutzung Ausbau des Dienstleistungsplatzes<br />
Zürich<br />
Attraktivität des Standorts für private Investoren für private Investoren für private Investoren für private Investoren<br />
zürich für Investoren attraktiv attraktiv attraktiv attraktiv<br />
Bodenpreis hoch tief hoch tief<br />
Planung/Realisierung grosser Grünraum ohne wenig Grünraum grosser Grünraum ohne wenig Grünraum<br />
von Grünraum Erfüllung der Qualitätsziele Erfüllung der Qualitätsziele<br />
gemäss IP 1.8 gemäss IP 1.8!<br />
Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität tiefe Lebensqualität<br />
Tab. 4.1 Überblick über die Variantenszenanen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 217
Szenarioanalyse<br />
_<br />
Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt am meisten unversiegelte<br />
Flächen. Die Teilprojektlinie 2 (Architektur <strong>und</strong><br />
Raumplanung) bezeichnet Grünraum als ökologisch<br />
beste der vier Varianten. Aufgr<strong>und</strong> dieser Bewertungen<br />
folgt, dass Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt besser auf<br />
eine Verschärfung der ökologischen Gesetze vorbereitet<br />
sind als Kunsthochschule <strong>und</strong> Industrienahe<br />
Nutzung. Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt erhielten daher<br />
die Ausprägung
---------------------------- Szenarioanalyse<br />
8. Einflussfaktor «Bodenpreis»<br />
Für grosse Grünflächen sind umfangreiche Sanierungen<br />
des Bodens nötig (Teilprojekt 1.6.). Damit es<br />
sich lohnt, den Boden zu sanieren, muss der Bodenpreis<br />
höher sein als die Sanierungskosten. Ohne<br />
Sanierung aber ist eine Neubebauung des Areals<br />
nicht möglich.<br />
Für Varianten mit grossem Grünraumanteil sind<br />
deshalb höhere Bodenpreise anzusetzen.<br />
9. Einflussfaktor «Planung/Realisierung Vim Griinraum»<br />
Die vom Teilprojekt 1.8. angestrebten Qualitätsziele<br />
werden von keiner der vier Varianten erreicht. Der<br />
einzige Unterschied liegt in der Grösse der unversiegelten<br />
Fläche (Teilprojekt 1.8., 2.2.).<br />
Deshalb wählten wir für Griinraum <strong>und</strong> WerkStadt<br />
je kompatible Ausprägung «grosser Grünraum ohne<br />
Erfüllung der Qualitätsziele», für Kunsthochschule <strong>und</strong><br />
Industrienahe Nutzung dagegen «wenig Grünraum».<br />
1O. Einflussfaktor «Lebensqualitiit»<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Definition der Lebensqualität schneidet<br />
Industrienahe Nutzung am schlechtesten ab: sowohl<br />
Wohnanteil als auch Kultur-/Freizeitangebot<br />
sind hier am kleinsten. Das entspricht einer geringen<br />
Lebensqualität.<br />
Zwischen Griinraum, Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStadt<br />
gibt es nur geringe Unterschiede (Teilprojekt 2.2.).<br />
Die Lebensqualität wurde bei diesen drei Projekten<br />
als gut eingestuft.<br />
Konsistenzanalyse<br />
a) Variantenszenario Griinraum<br />
Beschreibung<br />
Der Schwerpunkt dieses Szenarios liegt auf verstärktem<br />
<strong>Umwelt</strong>bewusstsein. Verschärfte <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong><br />
Baugesetze, Bereitschaft zu ökologischen Veränderungen,<br />
eine starke «grüne» Lobby <strong>und</strong> viel Grünraum<br />
beschreiben eine Gesellschaft, die <strong>Umwelt</strong>schutzforderungen<br />
ernst nimmt.<br />
Weiter wird eine starke Nutzungsmischung mit<br />
hoher Lebensqualität angestrebt. Die Technologieentwicklung<br />
ist innovativ, der Bodenpreis <strong>und</strong> die<br />
Attraktivität Zürichs sind hoch.<br />
Konsistenzanalyse<br />
In diesem Szenario gibt es zwei Inkonsistenten:<br />
Eine verschärfte <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Baugesetzgebung<br />
steht im Konflikt mit einer hohen Standortattrakti-<br />
vität für private Investoren. Bei hohen Bodenpreisen<br />
ist es nicht zu erwarten, dass viel Grünraum geplant<br />
wird.<br />
Die erste Inkonsistenz (Gesetzgebung vs. Attraktivität)<br />
ist nur vorhanden, solange <strong>Umwelt</strong>schutz vor<br />
allem mit Kosten in Verbindung gebracht wird. Die<br />
Szenarioanalysegruppe hielt jedoch eine Überwindung<br />
dieses Vorurteils in den nächsten Jahren für<br />
unrealistisch.<br />
Die Ausprägung «hoher Bodenpreis» ist dagegen<br />
problematisch. Der Zusammenhang zwischen Altlastensanierungen<br />
<strong>und</strong> Bodenpreis ist zwar vernünftig,<br />
wird aber von vielen anderen Einflüssen<br />
überlagert.<br />
b) Variantenszenario Kunsthochschule<br />
Beschreibung<br />
Die Kultur hat in Kunsthochschule, wie schon <strong>durch</strong><br />
den Namen zum Ausdruck kommt, eine grosse Bedeutung.<br />
Dieser Schwerpunkt kommt im Variantenszenario<br />
Kunsthochschule nirgends richtig zur Geltung.<br />
Am ehesten drückt er sich in der hohen Lebensqualität<br />
<strong>und</strong> in Förderung <strong>und</strong> Erhaltung einer optimalen<br />
Mischnutzung aus.<br />
Über den Zeitgeist macht das Szenario keine Aussage.<br />
In gesetzlicher Hinsicht wird eine Verschärfung<br />
angenommen. Die Technologieentwicklung ist nicht<br />
innovativ. Die Attraktivität Zürichs für Investoren<br />
ist hoch, der Bodenpreis tief. Grünraum wird wenig<br />
geplant.<br />
Konsistenzanalyse<br />
In diesem Szenario bestehen Wahlmöglichkeiten, da<br />
die Ausprägung des Einflussfaktors «Zeitgeist» nicht<br />
festgelegt wurde. Trotzdem lässt sich kein konsistentes<br />
Unterszenario bilden.<br />
Die Ausprägung «wenig Grünraum» ist sowohl<br />
inkonsistent mit einer optimalen Mischnutzung als<br />
auch mit einer starken Lobby, die sich für gemischte<br />
Nutzungen einsetzt. Weiter sind die verschärften<br />
Baugesetze mit einer hohen Attraktivität Zürichs<br />
für Investoren unverträglich. Auch hier nahm die<br />
Szenarioanalyse an, dass sich die Haltung der Investoren<br />
nicht so bald ändern werden.<br />
Der kleine Grünraum fällt bei der Konsistenzanalyse<br />
dieses Szenarios stark ins Gewicht. Dahinter<br />
steht die Annahme, dass zu einer guten Nutzungsmischung<br />
auch ein grosser Grünraum gehört. Beachtet<br />
werden muss in diesem Zusammenhang, dass die<br />
Bezeichnung «klein» sich auf den Vergleich mit den<br />
anderen Varianten bezieht.<br />
Die Wahl der Ausprägung «verschärfte Gesetze» ist<br />
eine Annahme, die nicht zwingend aus der Variantenbeschreibung<br />
folgt. Die Inkonsistenz zwischen<br />
strengen Baugesetzen <strong>und</strong> Attraktivität für private<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
219
Szenarioanalyse'-- ~ ~ _<br />
Investoren wird von Vertretern der Wirtschaft immer<br />
wieder betont. Ob das stimmt, muss dahingestellt<br />
bleiben, solange sich die Investoren tatsächlich so<br />
verhalten.<br />
c) Variantenszenario WerkStadt<br />
Beschreibung<br />
Das' Szenario für WerkStadt ist weitgehend identisch<br />
mit dem Szenario für Grünraum. Die beiden einzigen<br />
Unterschiede betreffen die Einflussfaktoren<br />
«Zeitgeist» <strong>und</strong> «Lobbies». Zusätzlich zu den bei<br />
Grünraum gewählten Ausprägungen «Bereitschaft<br />
zu ökologischen Veränderungen» bzw. «starke Öko<br />
Lobby» sind hier auch «Bereitschaft zu sozialen<br />
Veränderungen» bzw. «(Lobby für) Mischnutzung<br />
(Bauamt II»> möglich.<br />
Konsistenzanalyse<br />
Auch hier herrscht weitgehend Übereinstimmung<br />
mit Grünraum. Allerdings ergibt sich eine neue<br />
Inkonsistenz zwischen der Förderung der Mischnutzung<br />
<strong>und</strong> dem hohen Bodenpreis.<br />
Wie schon bei Grünraum erwähnt, ist die Ausprägung<br />
«hoher Bodenpreis» problematisch. Sie wurde<br />
gewählt, weil bei WerkStadt ein hoher Altlasten<br />
Sanierungsbedarf besteht. Andere mögliche Einflüsse<br />
wurden vernachlässigt.<br />
d) Variantenszenario Industrienalle Nutzung<br />
Beschreibung<br />
Die /ndustrienahe Nutzung ist geprägt <strong>durch</strong> die industrienahe<br />
Produktion. Entsprechend wurden für<br />
das Variantenszenario eine innovative Technologieentwicklung,<br />
geringe Lebensqualität, ein wirtschaftsfre<strong>und</strong>licher<br />
Zeitgeist, nur geringe Nutzungsmischung<br />
<strong>und</strong> eine hohe Attraktivität Zürichs für<br />
private Investoren angenommen.<br />
Weiter wurde angenommen, dass in einem Umfeld,<br />
das im konventionellen Sinn wirtschaftsfre<strong>und</strong>lich<br />
ist, nur wenig Grünraum geschaffen <strong>und</strong> die ökologisch<br />
relevanten Gesetze gelockert werden. Da<strong>durch</strong><br />
sinkt die Lebensqualität.<br />
Der Bodenpreis wurde wegen des geringen Altlasten-Sanierungsbedarfs<br />
als relativ tief angenommen.<br />
In einem allgemein wirrschaftsfre<strong>und</strong>lichen<br />
Klima erfolgt ein Ausbau des Dienstleistungsplatzes<br />
Zürich.<br />
Konsistenzanalyse<br />
Das Variantenszenario zu /ndustrienahe Nutzung ist<br />
als einziges in vollem Umfang konsistent (vgl. Tab.<br />
4.2).<br />
4.3 Vergleich der Variantenszenarien<br />
Allgemein<br />
Die Szenarien zu Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt sind<br />
sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich nur bei den<br />
Einflussfaktoren Zeitgeist <strong>und</strong> Lobbies, wo bei<br />
WerkStadt jeweils eine zusätzliche Ausprägung möglich<br />
ist.<br />
Ähnlichkeiten mit den Variantenszenarien Grünraum<br />
<strong>und</strong> WerkStadtweist auch das Variantenszenario<br />
Kunsthochschule auf. Unterschiede gibt es bei der<br />
Technologieentwicklung, beim Bodenpreis <strong>und</strong> bei<br />
der Planung <strong>und</strong> Realisierung von Grünraum.<br />
Variantenszenario K Variantenszenario K Variantenszenario K<br />
Griillrllilltl Kllllsthochschllle WerkStlldt<br />
Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit 1 Nur Verschärfung im Bau- 3 Verschärfung der Gesetze mit 6<br />
ökologischem Schwerpunkt gesetzbereich ökologischem Schwerpunkt<br />
Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung 4<br />
..<br />
Lobbies starke Lobby für Misch- 5 starke Öko-Lobby oder starke 7<br />
nutzung<br />
Lobby für Mischnutzung<br />
Attraktivität des Standorts für private Investoren 1 für private Investoren 3 für private Investoren 6<br />
Zürich für Investoren attraktiv attraktiv attraktiv<br />
Bodenpreis hoch 2 hoch 7<br />
8<br />
Planung/Realisierung von grosser Grünraum ohne 2 wenig Grünraum 4 grosser Grünraum ohne 8<br />
Grünraum Erfüllung der Quaiitätsziele 5 Erfüllung der Quaiitätsziele<br />
gemäss TP 1.8 gemäss TP 1.8<br />
Tab. 4.2 Übersicht iiber die lnkonsistenz-en der Variantensz-enarien. Es sind nur diejenigen Einf/ussfaktoren bzw. Ausprägungen aufgefiihrt, welche fiir<br />
die Inkonsistenzen verantwortlich sind. In der Spalte K sindjeweils die Ausprägungen mit derselben Ziffer bez-eichnet, die sich gegenseitig ausschliessen, resp.<br />
inkonsistent sind.<br />
220 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
---~------------------------ Szenarioanalyse<br />
Das Variantenszenario /ndustrienahe Nutzung unterscheidet<br />
sich stark von allen anderen Szenarien.<br />
Übereinstimmungen gibt es bei Planung <strong>und</strong> Realisierung<br />
von Grünraum <strong>und</strong> beim Bodenpreis mit<br />
dem Variantenszenario Kunsthochschule, bei der Technologieentwicklung<br />
mit den Variantenszenarien<br />
Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt, bei der Attraktivität des<br />
Standorts Zürich mit allen Variantenszenarien.<br />
Konsistenz: Variantenszenario /ndustrienahe Nutzung><br />
Varianrenszenario Grünraum > Variantenszenario<br />
WerkStadt > Variantenszenario Kunsthochschule.<br />
Für die einzelnen konsistenten Szenarien ergeben<br />
sich folgende Änderungen:<br />
Konsistentes Szenario Grünraum+ wie Variantenszenario<br />
Grünraum, aber tiefer Bodenpreis <strong>und</strong> tiefe<br />
Attraktivität Zürichs für private Investoren.<br />
Konsistentes Szenario Kunsthochschule+ wie Variantenszenario<br />
Kunsthochschule, aber tiefe Attraktivität<br />
Zürichs für private Investoren <strong>und</strong> viel Grünraum<br />
mit Erfüllung der Qualitätsziele.<br />
Konsistentes Szenario WerkStadt+ wie Variantenszenario<br />
WerkStadt, aber tiefer Bodenpreis <strong>und</strong> tiefe<br />
Attraktivität Zürichs für private Investoren.<br />
4.4 Konsistente Szenarien zu den<br />
Varianten<br />
Drei der vier Variantenszenarien, die wir erstellten,<br />
ind nicht konsistent. Wie lassen sich diese Variante1lsze1larie1l<br />
in konsiste1lte Szenarie1l zu den Variantetl<br />
umwandeln?<br />
Die konsistenten Szenarien zu den Varianten sollten<br />
den ursprünglichen' Variantenszenarien möglichst<br />
ähnlich sein. Solche Szenarien liessen sich mit<br />
Hilfe der Liste der konsistenten Szenarien leicht<br />
bestimmen. Zu einigen Variantenszenarien fanden<br />
wir mehrere gleich ähnliche konsistente Szenarien.<br />
In diesen Fällen wählten wir dasjenige konsiste.nte<br />
Szenario, das bei der additiven Bewertung der Konsistenz<br />
am besten abschnitt (vgl. auch Tab. 4.4).<br />
Konsistentes Szenario Konsistentes Szenario Konsistentes Szenario<br />
Gl'iilll'lIllm+ Klllistliocllscllule+ Wel'lISladt+<br />
Gesetzgebung Verschärfung der Gesetze mit Nur Verschärfung im Baugesetz- Verschärfung der Gesetze mit<br />
ökologischem Schwerpunkt bereich ökologischem Schwerpunkt<br />
Zeitgeist Bereitschaft zu sozialen Ver- Bereitschaft zu ökologischen oder Bereitschaft zu ökologischen oder<br />
änderungen sozialen oder wirtschaftlichen sozialen Veränderungen<br />
Veränderungen<br />
Technologieentwicklung innovativ nicht innovativ innovativ<br />
........... ~ ..<br />
Energiepreis steigt stark an oder bleibt gleich steigt stark an oder bleibt gleich steigt stark an oder bleibt gleich<br />
Nutzungsmiscllung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung optimale Nutzungsmischung<br />
Lobbies starke Öko-Lobby starke Lobby für Mischnutzung starke Öko-Lobby oder starke Lobby<br />
für Mischnutzung<br />
Attraktivität des Standorts Zürich für private Investoren nicht attraktiv für private Investoren nicht attraktiv für private Investoren nicht attraktiv<br />
für Investoren<br />
Ilodenpreis tief tief tief<br />
Planung/Realisierung von GlÜnrallm grosser Grünraum ohne Erfüllung grosser Grünraum mit Erfüllung grosser Grünraum ohne Erfüllung<br />
der Qualitätsziele gemäss TP 1.8 der Qualitätsziele gemäss TP 1.8 der Qualitätsziele gemäss TP 1.8<br />
Lebensqllalität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität hohe Lebensqualität<br />
Tab. 4.4 Konsistente Szenarien zu den Varianten Grünraum, Kunsthochschule <strong>und</strong> WerkStadt.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 221
Szenarioanalyse<br />
5. Bewertung der Wiinschbarkeit<br />
der Varianten<br />
5.1 Methodik<br />
Eine Bewertung der Wünschbarkeit der Varianten<br />
wurde mit Hilfe des computergestützten Entscheidungshilfe-Programms<br />
MAUD (The London School<br />
of Economics, 1986) <strong>durch</strong>geführt. Das MAUD<br />
Programm unterstützt die Entscheidungsfindung bei<br />
der Auswahl zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten.<br />
Es geht davon aus, dass Personen<br />
Handlungsoptionen anhand bestimmter Kriterien<br />
beurteilen. Als erstes werden diese Kriterien festgelegt.<br />
Anschliessend beurteilt der Befragte, wie<br />
weit die verschiedenen Handlungsoptionen diesen<br />
Kriterien entsprechen. In einem weiteren Schritt legt<br />
er mit Hilfe einer computergestützten Abfrage fest,<br />
welches Gewicht, die einzelnen Kriterien erhalten<br />
sollen. Aus diesen Angaben bestimmt das MAUD<br />
Programm die vom Befragten aus gesehen beste<br />
Wahl. (Eine ausführliche Beschreibung des Programms<br />
MAUD findet sich im Kapitel RAUM~NuT<br />
ZUNGS- VERHANDLUNGEN, Abschnitt 4).<br />
net) weicht dagegen in den folgenden Punkten von<br />
der Bewertung der Variantenszenarien ab:<br />
• Biotopflächenfaktor: es wird bei KUllsthochschule+<br />
von einer grossen Fläche ausgegangen, deshalb<br />
verbessert sich der Wert auf 3.4.<br />
• Rendite: <strong>durch</strong> tiefere Attraktivität <strong>und</strong> tiefe<br />
Bodenpreise werden die Renditen schlechter.<br />
Deshalb sinkt der Wert bei allen +-Szenarien.<br />
• Leerstandrisiko: Dieser Faktor verhält sich unterschiedlich,<br />
je nachdem ob Büroräume oder Wohnungen<br />
betroffen sind. Für Büroräume wird er eher<br />
grösser, für Wohnungen dagegen eher kleiner,<br />
wenn der Standort Zürich weniger attraktiv ist<br />
oder wenn die Bodenpreise sinken. Deshalb wurde<br />
mangels genauerer Daten keine Änderungen vorgenommen.<br />
e Nutzungsmischung: bei tiefen Bodenpreisen werden<br />
wahrscheinlich die öffentliche Hand oder<br />
Genossenschaften mehr eingreifen. Deshalb sind<br />
bessere Nutzungsmischungen möglich.<br />
e Integration: die bessere Nutzungsmischung bewirkt<br />
bei WerkStadt+ <strong>und</strong> Griillraum+ eine verstärkte<br />
Integration in den Kreis 5.<br />
5.3 Ergebnisse<br />
_<br />
5.2 Vorgehen Gewichtung der. Bewertullgskriterien<br />
Bewertet wurden nicht die Varialltellsze1larie1l, sondern<br />
die kOllsistelltell Szcllarie1l zu den Varianten. Die<br />
Bewertungskriterien <strong>und</strong> die Beurteilung der Varianten<br />
anhand dieser Kriterien wurden von der Raumllutzullgsverhalldlullg<br />
übernommen <strong>und</strong> angepasst.<br />
Die Bewertung der <strong>Umwelt</strong>belastung beruht auf<br />
einer provisorischen Version der Ökobilanz. Tabelle<br />
5.2 enthält die Bewertung der sieben Variantenszenarien:<br />
Die Bewertung der Varianten in den ersten vier<br />
Spalten wurde unverändert übernommen. Die Bewertung<br />
der konsistenten Szenarien (mit + bezeich-<br />
Die Kriterien wurden aus der Sicht von <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftern<br />
<strong>durch</strong> die Szenarioanalysegruppe<br />
mit Hilfe des Programmes MAUD gewichtet.<br />
Daraus ergab sich<br />
Kriterium<br />
Gewicht die in der Tabelle<br />
<strong>Umwelt</strong>belastung<br />
51%<br />
5.3.1 dargestellte<br />
Rendite<br />
Biotopflächenfaktor<br />
Nutzungsmischung<br />
Integration<br />
Leerstandsrisiko<br />
16%<br />
12%<br />
9%<br />
7%<br />
5%<br />
Reihenfolge<br />
Bewertung.<br />
der<br />
Tab. 5.3.1 Ge"iJi)ichtung<br />
der Bewertungskriterien.<br />
Industrienahe Werkstadt Kunst!loc!l· Grünraum Werkstadt+ Kunst!loc!l· Grünraum+<br />
Nutzung sc!lule schule+<br />
Iliotopfliic!lenfaktor 2.6 3.2 2.4 3.4 3.2 3.4 3.4<br />
<strong>Umwelt</strong>belastllng 5.0 5.0 4.4 5.0 5.0 4.4 5.0<br />
Rendite 3.8 4.4 3.6 4.4 4.0 3.0 4.0<br />
i.eerstandrisiko 6.0 7.4 8.0 7.6 7.6 8.0 7.6<br />
Nutzungsmischung 3.0 4.6 4.6 7.2 5.4 5.0 7.4<br />
Integration in den Kreis 5 5.0 8.0 8.0 7.0 8.4 8.0 7.4<br />
Tab. 5.2 Bewertung der Variantenszenarien.<br />
Die Bewertung erfolgte aufeiner Skala von null bis neun. Dabei ist nulljeweils das negative Ende der Skala (Biotopflächenfaktor tief <strong>Umwelt</strong>belastung<br />
hoch. Rendite tief Leerstandrisiko hoch. Nutzungsmischung gering. Integration in den Kreis 5 tief), neun das positive (Biotopflächenfaktor hoch. <strong>Umwelt</strong>belastung<br />
tief Rendite hoch. Leestandrisiko tief Nutzungsmischung optimal, Integration in den Kreis 5 gut).<br />
222 UNS· <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------~---- Szenarioanalyse<br />
Die <strong>Umwelt</strong>belastung wurde ganz klar am stärksten<br />
gewichtet. Interessant ist, dass die Rendite an<br />
zweiter Stelle auftritt. Dies zeigt, welche Bedeutung<br />
den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugemessen<br />
wurde. Das Leerstandsrisiko wurde als wenig<br />
wichtig betrachtet; dies steht aber im Widerspruch<br />
mit der Gewichtung der Rendite.<br />
Wünschharkeit der Varianten nach MAUD<br />
Aus den angegebenen Gewichtungen berechnetete<br />
MAUD unsere Präferenzen bezüglich der Varianten<br />
(vgl. Tab. 5.3.2).<br />
6. Diskussion<br />
Das ursprüngliche Ziel der Szenarioanalysegruppe<br />
bestand darin, die vier Varianten nach ökologischen,<br />
ökonomischen <strong>und</strong> sozialen Kriterien zu bewerten.<br />
Im Laufe der Arbeit wurde daraus eine Bewertung<br />
,der Realisierbarkeit <strong>und</strong> der Wünschbarkeit der<br />
Varianten. Über die inhaltlichen Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der einzelnen Projekte dagegen können aufgr<strong>und</strong><br />
der Szenarioanalyse selbst keine Aussagen gemacht<br />
werden. Deshalb setzte die Szenarioanalysegruppe<br />
für diese Bewertung das Entscheidungshilfe-Programm<br />
MAUD ein.<br />
Szenario<br />
Grünraum<br />
Grünraum+<br />
Werkstadt<br />
Werkstadt+<br />
Industrienahe Nutzung<br />
Kunsthochschule+<br />
Kunsthochschule<br />
Interpretation<br />
Präferenz-Wert<br />
0.96<br />
0.92<br />
0.90<br />
0.88<br />
0.62<br />
0.27<br />
0.21<br />
Tab. 5.3.2 Wünschbarkeit<br />
der Varianten.<br />
Die Zahlen sind Indices<br />
für die Stärke der Präferenzen.<br />
Der Wert 1<br />
entspricht der besten<br />
der betrachteten Varianten<br />
in Bezug auf alle<br />
Kriterien, der Wert 0 der<br />
schlechtesten.<br />
Die Unterschiede, die zwischen den vier ersten<br />
Varianten (Grünraum, Grünraum+, WerkStadt, Werk<br />
Stadt+) bestehen, sind sehr klein verglichen mit der<br />
Unsicherheit bei der Bewertung. Deshalb können<br />
die ersten vier Varianten als gleichwertig betrachtet<br />
werden.<br />
Wegen der besseren Rendite <strong>und</strong> der geringeren<br />
<strong>Umwelt</strong>belastung schneidet die Variante Industrienahe<br />
Nutzung besser ab als die Variante Kunsthoch<br />
'chule. Deren schlechtes Abschneiden hängt mit der<br />
.iinseitigkeit der Variante <strong>und</strong> dem kleinen Grünraumanteil<br />
zusammen. Es ist auch möglich, dass<br />
unsere Bewertungskriterien die Qualitäten dieser<br />
Variante bezüglich Kultur gar nicht erfasst haben.<br />
Diese Reihenfolge entspricht der Wünschbarkeit<br />
der einzelnen Varianten aus Sicht von <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftern,<br />
gibt aber keine Auskunft über ihre<br />
Realisierbarkeit.<br />
Mangelnde Daten, mangelndes fachwissen<br />
Bei der Arbeit an der Szenarioanalyse wurde bald<br />
klar, dass die Beschreibungen der Varianten viele<br />
Fragen offenlassen, wenn eine differenzierte Bewertung<br />
erfolgen soll. Über die konkrete Gestaltung<br />
der Freiflächen sind zum Beispiel keine Angaben<br />
vorhanden, ebensowenig über die Art der Energieversorgung.<br />
Aus der Sicht der Szenarioanalysegruppe<br />
sind diese Informationen jedoch wesentlich <strong>und</strong> sollten<br />
deshalb in Planungsprojekten gr<strong>und</strong>sätzlich ent~<br />
halten sein. Aufgr<strong>und</strong> dieser Informationslücken wan<br />
die Szenarioanalysegruppe oft gezwungen, Annahmen<br />
zu treffen. Dabei wurde versucht, diese Annahmen<br />
im Sinn der Autoren der jeweiligen Varianten<br />
zu treffen. Trotzdem floss hier unser Bild von den<br />
Varianten mit ein. Unter anderem könnten auch<br />
die Bezeichnung der Varianten (
Szenarioanalyse<br />
einflossen. Wir definierten Lebensqualität als Zusammenfassung<br />
von Wohnqualität <strong>und</strong> Kultur-/Freizeitangebot.<br />
Die Wohnqualität ihrerseits wird vor<br />
allem von der Nutzungsmischung bestimmt. Das bedeutet,<br />
dass ein lebendiges, <strong>durch</strong>mischtes Stadtquartier<br />
die höchste Lebensqualität aufweist. Diese<br />
Ansicht ist zwar nachvollziehbar, muss aber noch<br />
lange nicht für jedermann zutreffen.<br />
Definitionen von Einflussfaktoren <strong>und</strong> Ausprägungen<br />
Einige Definitionen für die Einflussfaktoren <strong>und</strong><br />
Ausprägungen, wie sie in den Abschnitten 3.2 <strong>und</strong><br />
3.5 dargestellt werden, erwiesen sich zu einem späteren<br />
Zeitpunkt als problematisch. Die Abkürzung<br />
«Bodenpreis» zum Beispiel verleitete dazu, statt<br />
über den Preis «verglichen mit ähnlichen Lagen in<br />
Zürich» über den absoluten Bodenpreis zu diskutieren.<br />
Auch der Einflussfaktor «Zeitgeist» erwies<br />
sich als nicht ganz so selbsterklärend, wie am Anfang<br />
angenommen wurde. Es macht einen rechten Unterschied,<br />
ob man unter Zeitgeist die Stimmung in<br />
einem Quartier, einer Stadt oder in einem Staat<br />
versteht.<br />
Entscheidungsfindung <strong>und</strong> Gruppendiskussionen<br />
Wie andere <strong>Fallstudie</strong>ngruppen auch, verbrachten<br />
wir einen grossen Teil unserer Zeit mit dem Austausch<br />
<strong>und</strong> der Diskussion von Meinungen <strong>und</strong><br />
Informationen. Bis alle vierh<strong>und</strong>ert Felder der Einflussmatrix<br />
ausgefüllt waren, dauerte es einige St<strong>und</strong>en.<br />
Obwohl wir immer wieder Pausen einlegten,<br />
zeigte sich phasenweise die Müdigkeit recht deutlich.<br />
So fielen am Schluss die Entscheidungenverstärkt<br />
nach dem Mehrheitsprinzip.<br />
Schwierigkeiten bereitete die Umstellung von der<br />
Einfluss- zur Konsistenzmatrix. Beim Ausfüllen der<br />
Einflussmatrix lautet die Frage, ob A einen grossen,<br />
kleinen oder gar keinen Einfluss auf B habe. In der<br />
Konsistenzmatrix dagegen wird eingetragen, ob A<br />
<strong>und</strong> B sich gegenseitig ausschliessen, nicht beeinflussen,<br />
fördern oder bedingen. Es geht also bei der<br />
Konsistenzmatrix um eine gegenseitige, nicht um<br />
eine kausale (einseitige) Betrachtungsweise. Trotzdem<br />
blieben wir oft bei der Frage hängen, wie wir<br />
damit umgehen sollten, dass A zwar B sehr stark<br />
fördert, B dagegen kaum Einfluss auf A hat.<br />
7. Schlussfolgerungen<br />
7.1 Aussagen über die Varianten<br />
Die Variantenszenarien unterscheiden sich sowohl<br />
hinsichtlich der Ausprägungen als auch der Konsistenz.<br />
Das Mass der Konsistenz eines Szenarios sagt<br />
aber nichts über dessen Wünschbarkeit aus! Die<br />
Konsistenzanalyse bewertet einzig die innere Widersprüchlichkeit<br />
von Szenarien. Die Wünschbarkeit<br />
eines Szenarios dagegen hängt bei gegebener<br />
Situationsanalyse - von den Päferenzen des jeweiligen<br />
Betrachters ab.<br />
Die Szenarioanalysegruppe erwartete, dass sich<br />
die Projekte der Architekturstudenten (Grünraum,<br />
WerkStadt, Kunsthochschule; vgl. Kapitel DER FALL,<br />
Abschnitt 5) untereinander nicht, vom Vorschlag, der<br />
im Auftrag der Sulzer-Escher Wyss erarbeitet wurde<br />
(Industrienahe Nutzung), aber stark unterscheide!<br />
würden. Diese Erwartung hat sich überraschenderweise<br />
nur teilweise bestätigt.<br />
Das Variantenszenario Industrienahe Nutzung unterscheidet<br />
sich deutlich von den übrigen Szenarien.<br />
Auffällig ist, dass es das einzige vollständig konsistente<br />
Szenario ist. Dies könnte auf die grössere<br />
Erfahrung der Planenden zurückzuführen sein.<br />
Entgegen unseren Erwartungen gibt es auch zwischen<br />
den Variantenszenarien GrünTaum, Kunsthoche<br />
schule <strong>und</strong> WerkStadt Unterschiede. Während die<br />
Variantenszenarien Grünraum <strong>und</strong> WerkStadt fast<br />
identisch sind, weicht das Variantenszenario Kunsthochschule<br />
ab: Es ist deutlich inkonsistenter. Aufgr<strong>und</strong><br />
der Szenarioanalyse dürfte Kunsthochschule nur<br />
schwer realisierbar sein. Es ist aber auch möglich,<br />
dass unser System von Einflussfaktoren <strong>und</strong> Ausprägungen<br />
die Qualitäten von Kunsthochschule nicht<br />
erfassen kann, besonders im Bereich der Kultur.<br />
Wie im Methodenkapitel erwähnt, liefert eint<br />
Konsistenzanalyse eine Liste aller im betrachteten<br />
Modell möglichen konsistenten Szenarien. Unter<br />
diesen konsistenten Szenarien befinden sich sowohl<br />
«wirtschaftsfre<strong>und</strong>liche» Szenarien als auch «grüne»<br />
Szenarien. Ein Beispiel für ein «grünes» Szenario<br />
wäre eine leicht abgewandelte Version des Variantenszenarios<br />
GrünTaum (mit tiefem statt hohem Bodenpreis<br />
<strong>und</strong> tiefer statt hoher Attraktivität Zürichs),<br />
ein Beispiel für ein «wirtschaftsfre<strong>und</strong>liches» Szenario<br />
das Variantenszenario Industrienahe Nutzung.<br />
_<br />
7.2 Aussagekraft der Analyse<br />
Die Szenarioanalyse, die im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />
«<strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>» <strong>durch</strong>geführt wurde, untersucht<br />
das System SEW-Areal aus der Sicht von Studierenden<br />
der <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften. Andere<br />
224<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________5zenarioanalyse<br />
Analytiker hätten wohl teilweise die Schwerpunkte<br />
anders gewählt. Die vorliegende Szenarioanalyse<br />
kann nicht in einem naturwissenschaftlichen Sinn<br />
als objektiv betrachtet werden. Trotzdem stellt sie<br />
einen ersten Schritt zur Bewertung der Realisierbarkeit<br />
der untersuchten Architekturvarianten dar.<br />
Allerdings muss dabei beachtet werden, dass diese<br />
Bewertung auf der gr<strong>und</strong>legenden Annahme beruht,<br />
dass inkonsistente Entwicklungen viel weniger<br />
wahrscheinlich seien als konsistente. Einerseits ist<br />
diese These einleuchtend, wo starke Widersprüche<br />
bestehen. Andrerseits ist klar, dass wir in einer Welt<br />
voller Widersprüche leben. «Konsistenz» ist deshalb<br />
zur Beurteilung der Realisierbarkeit der Architekturvarianten<br />
nur bedingt geeignet. Entsprechend vorsichtig<br />
müssen die Resultate unserer Szenarioanalyse<br />
bewertet werden.<br />
Die Szenarioanalysegruppe befasste sich mit der<br />
Jewertung der Varianten aus zwei verschiedenen<br />
Blickwinkeln. Mittels einer Szenarioanalyse wurde<br />
die Realisierbarkeit der Projekte untersucht, mit<br />
dem Entscheidungshilfe-Programm MAUD deren<br />
Wünschbarkeit aus der Sicht der Szenariogruppe.<br />
Ein Vergleich der Ergebnisse dieser beiden Untersuchungen<br />
zeigt, dass zwischen Wünschbarkeit <strong>und</strong><br />
Realisierbarkeit ein Spannungsfeld besteht. Oft ist<br />
das, was von der Szenarioanalysegruppe aus gesehen<br />
wünschbar wäre, nicht machbar <strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Während die Realisierbarkeit vor allem von den<br />
vorgegebenen wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen abhängt, wird die<br />
Wünschbarkeit von verschiedenen Interessenvertretern<br />
ganz unterschiedlich beurteilt. Die Szenarioanalysegruppe<br />
beschränkte sich auf die Wünschbarkeit<br />
aus ihrer eigenen Perspektive. Dieses<br />
Teilresultat muss daher zu den Ergebnissen der<br />
Raumnutzungsverhandlungs-Gruppe in Beziehung ge<br />
,etzt werden. Die Raumnutzungsverhandlungen<br />
untersuchten unter anderem die Interessen <strong>und</strong><br />
Präferenzen der Akteure, die auf die zukünftigen<br />
Nutzung <strong>und</strong> Gestaltung des SEW-Areals Einfluss<br />
nehmen.<br />
Die Wünschbarkeit eines Projekts aus umweltnaturwissenschaftlicher<br />
Sicht hängt nicht nur vom<br />
Projekt selber, sondern auch von dessen Umsetzung<br />
ab. Die Art der Energieversorgung, die Wahl der<br />
Baumaterialien <strong>und</strong> ähnliche Fragen spielen bei der<br />
Bewertung eine zentrale Rolle. Da Angaben dazu in<br />
den Beschreibungen der Varianten fehlten, wurden<br />
diese Punkte im Rahmen der Szenarioanalyse zum<br />
Teil nicht berücksichtigt. Mit diesen Problemen,<br />
welche in der Szenarioanalyse nicht berücksichtigt<br />
wurden, beschäftigten sich im Rahmen der <strong>Fallstudie</strong><br />
aber die Gruppen Ökobilanzen <strong>und</strong> Umsetzung<br />
von <strong>Umwelt</strong>zielen (vgl. Die Kapitel ÖKOBJLANZ <strong>und</strong><br />
UMSETZUNG VON UMWELTZIELEN).<br />
Die Ergebnisse der Szenarioanalyse müssen daher<br />
in engem Zusammenhang mit den Untersuchungen<br />
der übrigen Synthesegruppen gesehen werden. Einige<br />
Fragen, auf die im Rahmen der Szenarioanalyse<br />
nicht näher eingegangen werden konnte, werden<br />
dort vertieft behandelt.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
225
Szenarioanalyse<br />
_<br />
Literatur<br />
Forschungsverb<strong>und</strong> Lebensraum Stadt (Hrsg.) (1994): Szenarien<br />
<strong>und</strong> Handlungswege. Mögliche Zukünfte der Stadt: Stadt, Mobilität<br />
un Kommunikation im Jahr 2020 - Konsequenzen für Politik<br />
<strong>und</strong> Verwaltung. Berlin: Ernst & Sohn.<br />
Götze, U. (1993): Szenario-Technik in der strategischen Unternehmensplanung.<br />
Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.<br />
Hassler, S. & Schärli, M.A. (1995/96): Reliabilität <strong>und</strong> Validität der<br />
Szenarioanalyse Grosses Moos. Zürich: Diplomarbeit ETH.<br />
Missler-Behr M. (1993). Methoden der Szenarioanalyse. Wiesbaden:<br />
Deutscher Universitäts-Verlag GmbH.<br />
Scholz, R.W. & Koller, T. & Mieg, H. & Schmidlin, C. (1994): Perspektive<br />
Grosses Moos. Wege zu einer nachhaltigen Landwirtschaft.<br />
Zürich: vdf.<br />
Scholz, R.w. & Koller, T. & Mieg, HA (1995): Research, Education,<br />
and Knowledge Transfer with Case Studies. In R. Carstensson<br />
(ed.), Proceedings of the International Conference «The<br />
Renewal of Environmental Education in Europe", Stockholm:<br />
Nordplan.<br />
The London School of Economics and Political Science (1986):<br />
Decision Analysis Unit. ABrief Description of MAUD. London.<br />
226 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
1. Einleitung<br />
2.<br />
Stellenwert 229<br />
3. Ergebnisse 231<br />
4. Schlussfolgerungen<br />
AutorInnen<br />
Martin Ceccon<br />
Sonja Kahlmeier<br />
Ellen Meyrat-Schlee (Tutorin)<br />
johano W. Schregenberger (Tutor)<br />
Olaf Weber (Tutor)<br />
Allfbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeitsgroppe (Synthesegrllppe Al):<br />
Sandro Buss<br />
Dominik Käuferle<br />
Martin Ceccon<br />
Monika Mebold<br />
Thomas Gloor<br />
Mauhias Nebholz<br />
Karin Iten<br />
jean Paterna<br />
Dominiql1e jeker<br />
Robert Sallteld<br />
Sonja Kall.lmeier<br />
Simon Schären<br />
Daniel Seipelt<br />
Faul Sicher<br />
Heinz Waldmann<br />
Ellen Meyrat·Schlee (Tlltorin)<br />
jol1anll W. Schregenberger (Tutor)<br />
Olaf Weber (Tutor)
Zielbildung<br />
_<br />
228 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________________________Zielbildung<br />
1.<br />
Der vorliegende Abschnitt beschäftigt sich zum<br />
einen mit dem Bereich «Nutzen <strong>und</strong> Schaden»,<br />
andererseits erfolgt eine detaillierte Analyse ökologischer<br />
<strong>und</strong> anderer Zielsetzungen der Hauptakteure<br />
bezogen auf das Sulzer-Escher Wyss-Areal.<br />
Betrachtet man den gesamten Planungs- <strong>und</strong> Bauprozess,<br />
so ist die Phase der BedÜrfnisermittlung <strong>und</strong><br />
Zielbildung von entscheidender Bedeutung für den<br />
Erfolg des Bauprojektes (Wiegand, 1991). Will man<br />
den Bauprozess ökologisch ausrichten, muss man<br />
ökologische Anliegen bereits bei der Formulierung<br />
der Ziele berücksichtigen.<br />
Wir wollten an dem Fallbeispiel des Industriestandorts<br />
Sulzer-Escher Wyss (SEW):<br />
$ die geltenden Rahmenbedingungen für das SEW<br />
Areal aufzeigen,<br />
die Ziele der SEW sowie anderer Akteure für das<br />
SEW-Areal in Zürich erfassen,<br />
$ den Prozess analysieren, wie SEW bei der Zielbildung<br />
vorging,<br />
$ den Prozess analysieren, der zum «Privaten Gestal"<br />
tungsplan Escher Wyss Gebiet» geführt hat <strong>und</strong><br />
$ darstellen, welche der gesetzten Ziele im Gestaltungsplan<br />
nicht zum Ausdruck kommen.<br />
Ausserdem beschreiben wir eine Vorgehensalternative<br />
für den Aushandlungsprozess, welcher ökologischen<br />
Anliegen mehr Rechnung tragen <strong>und</strong> generell<br />
zu ganzheitlicheren Lösungen führen könnte.<br />
2.<br />
Die für die Arbeit verwendeten Informationen<br />
wurden <strong>durch</strong> Leitfadeninterviews sowie Literatur<strong>und</strong><br />
Quellenstudium beschafft. Zusätzlich wurden<br />
Resultate aus einigen Teilprojekten verwendet.<br />
Leitfadeninterview<br />
Das Leitfadeninterview wird zu der Gruppe der teilstandardisierten<br />
Interviews gezählt. Dabei kann der<br />
Strukturierungsgrad der Interviews stark variieren.<br />
Mit teilstrukturierten Interviews ist nach Friedrichs<br />
(1985) die Möglichkeit gegeben, Situationsdeutun- .<br />
gen i'n offener Form zu erfragen, Fragen nach<br />
Handlungsmotiven <strong>und</strong> Fragen zu «Zweck-Mittel<br />
Vorstellungen» zu stellen. Diese Art der Befragung<br />
stellt eine Methodik dar, welche sowohl Informationen<br />
über die Ziele der beteiligten Hauptakteure<br />
als auch Informationen über die Entstehung des<br />
Gestaltungsplans liefern kann. Der verwendete Leitfaden<br />
gibt dem Interview zwar einen engen Rahmen<br />
zur Vereinfachung der Auswertung, bietet aber den<br />
Befragten auch die Möglichkeit, ihre Ansichten <strong>und</strong><br />
Erfahrungen frei artikulieren zu können.<br />
Die Objektivität der Interviews muss relativiert<br />
werden. Es wurden sieben Interviews von zwei<br />
Zweiergruppen <strong>durch</strong>geführt. Da<strong>durch</strong> können sich<br />
Unterschiede in der Art der Fragestellung ergeben.<br />
Da keine Vorgespräche <strong>und</strong> ausführlichen Recherchen<br />
vorgenommen wurden, war die von Friedrichs<br />
(1985) verlangte Kenntnis über die Befragten nicht<br />
im gewünschtem Masse gegeben. Von den untersuchten<br />
bzw. erfassten Institutionen (siehe Tab. 2)<br />
wurde jeweils ein Vertreter interviewt, weshalb von<br />
den erfassten Aussagen nicht direkt auf die offizielle<br />
Haltung der vertretenen Gruppe geschlossen werden<br />
kann. Trotzdem konnten einige interessante Informationen<br />
aus den Interviews gewonnen werden. Die<br />
Aussagen der Befragten konnten zu einem grossen<br />
Teil <strong>durch</strong> Erkenntnisse aus dem Literatur- <strong>und</strong><br />
Quellenstudium bestätigt werden.<br />
Organisation/Institution<br />
SEW Zürich<br />
Stadt Zürich, Bauamt 11<br />
Schauspielhaus Zürich<br />
Schweizerische Bankgesellschaft<br />
KraftWerk<br />
Quartierverein<br />
Technopark Zürich<br />
Vertreter/Funktion<br />
Direktionsmitglied<br />
Abteilungsleiter<br />
Direktionsmitglied<br />
Direktionsmitglied<br />
Vorstandsmitglied<br />
Präsident<br />
Leitender Angestellter<br />
Tab. 2 Von der Synthesegruppe A2 interviewte Personen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
229
Zielbildung<br />
_<br />
Zusätzlich wurden Ergebnisse aus einer im<br />
Rahmen des Teilprojekts 4.3 «Recht <strong>und</strong> Vollzug»<br />
(siehe ORGANISATION) <strong>durch</strong>geführten Interviewreihe<br />
verwendet. Dort wurden insgesamt zehn Vertreter<br />
aus den vier Bereichen Verwaltung, Bauherrschaft<br />
<strong>und</strong> Architekten, kritische Interessengemeinschaften<br />
<strong>und</strong> externe Experten befragt. Das Gespräch<br />
bestand aus zwei Teilen, einem Leitfadeninterview<br />
<strong>und</strong> einem geschlossenen Fragebogen. Der geschlossene<br />
Fragebogen wurde für die Netzwerkanalyse<br />
verwendet. Dieser Fragebogen enthielt die folgenden<br />
zwei Fragen:<br />
1. Welches sind Ihrer Meinung nach die relevanten<br />
Handlungsträger inner- <strong>und</strong> ausserhalb der Verwaltung<br />
auf dem Weg vom Richtplan über den<br />
Nutzungsplan bis zur Baubewilligung?<br />
2. Mit welchen anderen Verwaltungsstellen oder Interessengruppen<br />
arbeiten Sie bereits zusammen?<br />
Die Befragten hatten nun die Möglichkeit bezüglich<br />
aller anderen Akteure diese zwei Fragen zu beantworten,<br />
indem sie sich jeweils für eine der von uns<br />
gegebenen vier Antworten (sehr relevant, relevant,<br />
wenig relevant, nicht relevant respektive sehr starke<br />
Zusammenarbeit, starke Zusammenarbeit, geringe<br />
Zusammenarbeit, keine Zusammenarbeit) entschieden.<br />
Die Auswertung der so erhaltenen Matrizen<br />
erfolgte mittels EDV am Institut für Politikstudien,<br />
Interface in Luzern.<br />
Die Interpretation <strong>und</strong> Synthese der offenen Interviews<br />
erwies sich nach Angaben der Teilprojektgruppe<br />
als schwierig <strong>und</strong> war innerhalb des gegebenen<br />
Zeitrahmens nicht möglich. Zudem konnten<br />
wichtige Akteure wie beispielsweise das Bauamt II<br />
nicht interviewt werden. Gewisse Einschränkungen<br />
der Validität <strong>und</strong> Objektivität der Ergebnisse ergeben<br />
sich sowohl aufgr<strong>und</strong> von Ungenauigkeiten <strong>und</strong><br />
Unvollständigkeiten in der Fragenformulierung, als<br />
auch <strong>durch</strong> das verwendete Auswertungsprogramm.<br />
Literatur' <strong>und</strong> Quellenstudium<br />
Eine Zusammenstellung der verwendeten Literatur<br />
findet sich im Literaturverzeichnis. Es sei vermerkt,<br />
dass einige für die Bearbeitung unserer Fragestellungen<br />
wichtige Quellen, z.B. Sitzungsprotokolle der<br />
SEW oder der Stadt nicht zugänglich waren.<br />
Durch die Gegenüberstellung subjektiver Einzeiaussagen<br />
konnten die Ergebnisse objektiviert werden.<br />
Ein zusätzlicher Beitrag zur Objektivität leistet die<br />
Transparenz der Datengewinnung.<br />
Wissenschaftlichkeit<br />
Die Synthesegruppe A2 «Zielbildung der Bauherrschaft»<br />
konnte sich in die für sie neue Thematik<br />
gut einarbeiten, so dass wissenschaftliche Aussagen<br />
möglich wurden. Durch Teamarbeit konnte vor allem<br />
hinsichtlich der Strukturierung der AufgabensteIlung<br />
<strong>und</strong> der Ergebnisse ein eigenständiger methodischer<br />
Beitrag geleistet werden. Als Vorgehensweise<br />
wurde die klassische Methode der Hypothesenformulierung,<br />
Überprüfung <strong>durch</strong> selbst entworfene<br />
Leitfadeninterviews sowie eine Literarurauswertung<br />
(soweit zugänglich <strong>und</strong> im gegebenen Zeitrahmen<br />
möglich) gewählt. Es gelang uns dabei, die Ergeb<br />
nisse sinnvoll einzuordnen <strong>und</strong> zu gliedern.<br />
Schwierigkeiten ergaben sich <strong>durch</strong> die ursprünglich<br />
gewählte Ausgangsfragestellung, da firmeninterne<br />
Zielbildungsprozesse für Aussenstehende<br />
praktisch nicht einsehbar sind. Auch der Begriff<br />
«Bauherrschaft» erwies sich im Zusammenhang mit<br />
dem SEW-Areal als nicht passend, da die SEW zwar<br />
Gr<strong>und</strong>besitzerin ist, zur Zeit jedoch keine eigenen<br />
Bauvorhaben auf dem Areal verfolgt. Eine eigentliche<br />
Bauherrschaft war zum Zeitpunkt der Untersuchung<br />
nicht vorhanden. Gleichermassen schwierig<br />
wurde da<strong>durch</strong> eine eindeutige Festlegung der<br />
Sys temgrenzen.<br />
Mögliche Verallgemeinerungen<br />
Obwohl uns bewusst ist, dass die vorgenommenen<br />
Analysen exemplarischen Charakter haben <strong>und</strong> sich<br />
am konkreten Fall «SEW-Areal» orientieren, ver<br />
muten wir, dass derartige Zielbildungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse<br />
generell in der in Abschnitt 3.3<br />
beschriebenen Weise ablaufen. Weitere Verallgemeinerungen<br />
wurden auch in Abschnitt 4 formuliert. Das<br />
im Laufe der Arbeit entwickelte <strong>und</strong> angewendete<br />
Begriffsinstrumentarium kann auch zur Untersuchung<br />
einer ähnlich gelagerten Thematik verwendet<br />
werden.<br />
Objektivität<br />
Die Analysen wurden mehrheitlich im Bereich der<br />
qualitativen Empirie <strong>durch</strong>geführt. Eine quantitative<br />
Auswertung wäre angesichts der beschränkten<br />
Zahl der Interviews <strong>und</strong> der da<strong>durch</strong> mangelnden<br />
Repräsentativität nicht sehr sinnvoll gewesen. Quantitative<br />
Analysen zum Bereich Zielbildung finden<br />
sich im Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN.<br />
230<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------------- Zielbildung<br />
3.<br />
Bedürfnisse, Visionen <strong>und</strong> Leitbilder begründen<br />
die Ziele der Bauherrschaft. Aufgr<strong>und</strong> herrschender<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> gesetzter Ziele ergeben<br />
sich die Projektanforderungen (vgl. Abb. 3). Die Projektanforderungen<br />
legen im Kern alle - also auch die<br />
ökologischen - Parameter des Bauprozesses <strong>und</strong> der<br />
Nutzung fest.<br />
Rahmenbedingungen<br />
aufgr<strong>und</strong> von Situation,<br />
Planungsvorgaben, Gesetzen,<br />
Normen, Richtlinien <strong>und</strong> Stand der<br />
Technik<br />
Mindestanforderungen<br />
(z.B. Grenzwerte)<br />
Standardanforderungen<br />
Projektamorderungen<br />
Ziele<br />
aufgr<strong>und</strong> von Leitbildern<br />
<strong>und</strong> Bedürfnissen<br />
Höhere Anforderungen<br />
(als Stossrichtung)<br />
Abb.3 Wie etttstehen Projektanforderungen? (verändert nach: Leitlinien zur<br />
Erneuerung von ETH-Gebäuden, ZIPBau, ETH 1995)<br />
SEW-Areal <strong>und</strong> die angrenzende Umgebung, nicht<br />
aber auf den gesamten Kreis 5.<br />
3.1.1 Wichtige Rahmenbedingungen für das SEW·Areal<br />
Standort<br />
Das Industriequartier bildet ein in sich stark abgeschlossenes,<br />
räumlich funktionales Gefüge, das<br />
<strong>durch</strong> die Pfingstweidstrasse <strong>und</strong> die Hardbrücke<br />
zerschnitten wird. Auffällig sind die Industriebauten<br />
auf geschlossenen, unzugänglichen Arealen. Dienstleisrungsbauten<br />
stehen heute zwar nicht mehr auf<br />
abgeschlossenen Arealen, nehmen aber weder Bezüge<br />
zum Aussenraum noch zu den Nachbarbauten auf.<br />
Die Zwischenräume werden vorwiegend als Parkplätze<br />
genutzt. Weitere Kennzeichen des Quartiers<br />
sind die sehr weit sichtbaren Gebäude der Migros<br />
<strong>und</strong> der SEW-Bürogebäude, sowie die Kamine der<br />
Molkerei Toni <strong>und</strong> der Kehrichtverbrennungsanlage.<br />
In jüngster Zeit finden industrielle <strong>Umnutzung</strong>en<br />
statt. Das Gebiet hat nicht mehr Stadtrandfunktion,<br />
sondern wird <strong>durch</strong> die stetige Vergrösserung der<br />
Stadt Zürich zunehmend zur Kernzone (Stadtplanungsamt,<br />
1995).<br />
3.1<br />
Unter Rahmenbedin~<br />
gungen verstehen wir<br />
Ziele<br />
im folgenden eine<br />
Menge allgemeiner<br />
<strong>und</strong> situativer Gegebenheiten<br />
sowie externer<br />
Anforderun<br />
Projektanforderungen<br />
gen (Schalcher et al.,<br />
1994).<br />
Für die SEW werden die Rahmenbedingungen<br />
v.a. <strong>durch</strong> ökonomische <strong>und</strong> betriebsstrukturelle<br />
Faktoren sowie <strong>durch</strong> gesetzliche Bestimmungen gesetzt.<br />
Zudem können sich aus städtischen Konzepten<br />
wie z.B. dem «Entwicklungskonzept Zürich-West»<br />
Rahmenbedingungen für einen Bauherrn ergeben,<br />
da ein privater Gestalrungsplan den städtischen<br />
Behörden zur Bewilligung vorgelegt werden muss.<br />
Wie ein Interview mit einem Vertreter des Bauamtes<br />
II gezeigt hat, war das oberste Ziel der Stadt im Fall<br />
SEW jedoch das Weiterbestehen der Firma Sulzer<br />
Escher Wyss in Zürich, weshalb die Konzepte der<br />
Stadt in den Verhandlungen an Gewicht einbüssten.<br />
Im folgenden werden die zur Zeit für das SEW-Areal<br />
wesentlichen Rahmenbedingungen dargelegt. Die<br />
Bezeichnung «Quartier» bezieht sich dabei auf das<br />
Verkehrsstruktur<br />
Der motorisierte Individualverkehr ist <strong>durch</strong> die<br />
Zubringerstrassen in Ost-West-Richtung bestimmt.<br />
Sie nehmen nicht nur quartierinternen, sondern auch<br />
innerstädtischen <strong>und</strong> übergeordneten Verkehr auf.<br />
Die Tramlinien 4 <strong>und</strong> 13 sowie die S-Bahn-Station<br />
Hardbrücke erschliessen das Quartier im Norden<br />
resp. im Süden mit öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />
Zusätzlich erschliesst werktags ein Bus das Quartier<br />
(Stadtplanungsamt, 1995).<br />
Bevölkerungsstruktur<br />
Im Industriequartier Escher-Wyss gab es 1990 insgesamt<br />
807 Privathaushalte, davon waren 419 (52%)<br />
I-Personenhaushalte, 174 (21%) Paare ohne Kinder<br />
<strong>und</strong> 152 (19%) Familienhaushalte. Die restlichen<br />
Haushalte von 8% teilen sich in Wohngemeinschaften<br />
<strong>und</strong> Alleinerziehende auf. Von den 1559Personen,<br />
die im Industriequartier leben, sind 658 (42%)<br />
Ausländer. Im städtischen Durchschnitt sind es<br />
26.8%. Von den 1559 Personen gehen 983 (63%)<br />
einer Erwerbstätigkeit nach. Davon arbeiten 140<br />
(14%) Personen auch im gleichen Quartier. Demzufolge<br />
arbeiten 843 (86%) der Quartierbewohner in<br />
einem anderen Stadtteil oder auswärts. Im Gegensatz<br />
dazu pendeln 11 '804 Personen täglich ins Industriequartier,<br />
d.h. r<strong>und</strong> sieben mal mehr als Quartierbewohner<br />
(Kanton Zürich, 1994).<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 231
Zielbildung ---,- _<br />
Soziales Milieu<br />
Die ehemalige Drogenszene im Letten beeinflusst<br />
noch heute die soziale Situation im Kreis 5. Mit dem<br />
Vorhandensein illegaler Drogenmärkte, dem Bevölkerungsschw<strong>und</strong>,<br />
dem wachsendem Anteil ausländischer<br />
Staatsangehöriger, der überproportionalen<br />
Zunahme der Arbeitsplätze im Verhältnis zum<br />
Wohnanteil <strong>und</strong> der daraus folgenden hohen Fluktuation<br />
von Besuchenden <strong>und</strong> vorbeigehenden<br />
Personen wird dem Quartier ein negatives Image<br />
verliehen. Dies wird von SEW als negative Rahmenbedingung<br />
wahrgenommen.<br />
Nutzungsstruktur<br />
Die wachsende Industrie führte zu einer Trennung<br />
von Industrie <strong>und</strong> Wohnquartieren. Es entstanden<br />
zahlreiche Blockrandbebauungen (Arbeitersiedlungen)<br />
mit Innenhöfen. Die räumliche Bindung der<br />
Wohnsiedlung an den Arbeitsort wurde mit dem<br />
Ausbau des Verkehrsnetzes überflüssig. Heute wird<br />
deshalb das Gebiet zwischen Europa- <strong>und</strong> Hardbrücke<br />
<strong>durch</strong> die Nutzung von Arbeitsplätzen geprägt,<br />
die Wohnnutzung hingegen beeinflusst das<br />
Gebiet nur am Rande. In der letzten Zeit werden<br />
vermehrt «Backoffices» von Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />
auf den ehemaligen Industriearealen erstellt<br />
(Stadtplanungsamt, 1995).<br />
Büro- <strong>und</strong> Wohnungsmarkt<br />
Gewerbebau oder Dienstleistungsbauten waren zur<br />
Zeit der Untersuchung nur bedingt attraktiv, dies<br />
aufgr<strong>und</strong> der relativschlechten Lage auf dem Büromarkt<br />
mit 6% Leerstandsquote <strong>und</strong> tiefen Mietpreisen.<br />
Der Wohnungsmarkt wäre deshalb eine<br />
attraktive Option, insbesondere in der Stadt Zürich.<br />
Trotz erhöhter Wohnungsbautätigkeit in den letzten<br />
Jahren wird eine Wohnungsschwemme so schnell<br />
nicht eintreten. Wie aus einem Artikel der Neuen<br />
Zürcher Zeitung (22.12.1994) entnommen werden<br />
kann, wird die Aussage vor allem mit den folgendei<br />
zwei Argumenten belegt:<br />
1. Sinkende Baulandpreise <strong>und</strong> Erstellungskosten<br />
ermöglichen einen günstigeren Wohnungsbau<br />
ohne Qualitätseinbusse bei der Bausubstanz. Da<br />
Das Sulzer-Escher W;yss-Areal.<br />
Bild:COMET<br />
232<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________Zielbildung<br />
- im Gegensatz zur Büroflächennachfrage - die<br />
Wohnungsnachfrage hochgradig preiselastisch ist,<br />
wird bei sinkenden Angebotspreisen die Nachfrage<br />
nach Wohnraum steigen.<br />
2.Nach wie vor besteht ein bedeutender, verdeckter<br />
Nachfrage-Überhang für Wohnungen mit einem<br />
guten Preis-/Leistungsverhältnis, der aus der unzureichenden<br />
Wohnungsproduktion der achtziger<br />
Jahre resultiert.<br />
Der Durchschnittspreis vor allem der grossen Wohnungen<br />
wird aber voraussichtlich noch zurückgehen<br />
(Wuest <strong>und</strong> Partner, 1995).<br />
Veränderung der Produktilmsstruktur<br />
Seit einiger Zeit verlieren industrielle Produktionsbetriebe,<br />
so auch die SEW, viele Arbeitsplätze an den<br />
asiatischen <strong>und</strong> nordamerikanischen Wirtschaftsaum.<br />
Gründe dafür sind einerseits tiefe Lohnkosten<br />
in den asiatischen Ländern <strong>und</strong> andererseits der tiefe<br />
Dollarkurs. Die Weltwirtschaftslage zwingt die SEW<br />
zur Neuorganisation der Fertigung. Vor allem den<br />
Bereich Hydro (Turbinen etc.) hat die SEW auf dem<br />
Platz Zürich in den letzten Jahren mehr <strong>und</strong> mehr<br />
abgebaut <strong>und</strong> konzentriert sich seit Anfang 1995 auf<br />
den Bereich Turbo (Kompressoren etc.).<br />
Angestrebt wird generell die sogenannte «industrienahe<br />
Produktion» anstelle der bisherigen klassischen<br />
Produktion. Dies bedeutet z.B. eine räumlich<br />
enge Koppelung von Dienstleistung, Forschung,<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Produktion zur raschen <strong>und</strong> marktkonformen<br />
Umsetzung von Inventionen <strong>und</strong> Innovationen<br />
wie dies z.B. mit dem Technopark Zürich<br />
angestrebt wird. Für diese Art der Produktion wird<br />
weniger Platz benötigt. Die SEW zieht sich auf<br />
ein kleineres -Stammareal zurück, wo<strong>durch</strong> ein Teil<br />
des SEW-Areals für andere Nutzungen frei wird. Für<br />
Jie Umstrukturierung werden finanzielle Mittel<br />
benötigt, die <strong>durch</strong> die Abgabe des nicht benutzten<br />
Areals im Baurecht, <strong>durch</strong> Landverkauf oder Vermietung<br />
eigener Liegenschaften gewonnen werden<br />
sollen.<br />
Das Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz (PBG) des Kantons<br />
Zürich erlaubt mit den Sonderbauvorschriften <strong>und</strong><br />
privaten oder öffentlichen Gestaltungsplänen Abweichungen<br />
von der Regelbauweise <strong>und</strong> der im<br />
Zonenplan festgehaltenen Nurzungsart. Durch den<br />
privaten Gestaltungsplan der SEW wird das SEW<br />
Areal, welches gemäss der Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung<br />
(BZO) in der Industrie- <strong>und</strong> Gewerbezone liegt,<br />
auch für andere Nutzungsformen zugänglich, so z.B.<br />
für Wohnen, Grünräume oder industrienahe Dienstleistungen.<br />
<strong>Umwelt</strong>vertriiglichkeit<br />
Für bestimmte Bauten <strong>und</strong> Anlagen wie bspw. für<br />
mehr als 300 Parkplätze (auf dem Gesamtareal sind<br />
nach dem Gestaltungplan maximal 1500 möglich)<br />
ist ausserdem eine <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung<br />
vorgeschrieben. Sie muss jedoch erst von künftigen<br />
Bauherren aufdem SEW-Areal <strong>durch</strong>geführt werden.<br />
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage bildet die Verordnung über<br />
die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung (UVPV). Auch<br />
das <strong>Umwelt</strong>schutzgesetz (USG) ist hier zu beachten.<br />
Urm <strong>und</strong> Luft<br />
Durch den beträchtlichen Transitverkehr auf den<br />
umliegenden Strassen ergibt sich eine hohe Lärmbelastung.<br />
Auch die beiden Bahnviadukte sind eine<br />
erhebliche Lärmquelle. Der Gesetzgeber regelt die<br />
Lärmbelastung in der Lärmschutzverordnung (LSV).<br />
Der Grossteil der Schadstoffimmissionen, die auf<br />
das Areal einwirken, werden <strong>durch</strong> den motorisierten<br />
Verkehr verursacht. Die Kehrichtverbrennungsanlage<br />
bzw. Industrieanlagen <strong>und</strong> die Feuerungsanlagen<br />
der Wohnsiedlungen tragen im Verhältnis<br />
zum Verkehr einen geringeren Beitrag zu den Immissionen<br />
bei. Einzig für die Schadstoffe Schwefeldioxid<br />
(S02) <strong>und</strong> Kohlenmonoxid (CO) werden die<br />
Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung (LRV)<br />
eingehalten. Für die übrigen Schadstoffe (NO x , HC,<br />
COz, 03) muss versucht werden, über geeignete<br />
Mittel (z.B. Massnahmepläne) die Grenzwerte einzuhalten.<br />
Die lufthygienischen Rahmenbedingungen<br />
werden im speziellen <strong>durch</strong> die LRV gesetzt (Stadtplanungsamt,<br />
1995).<br />
In Industriearealen ist generell mit Altlasten zu<br />
rechnen. In den bisherigen Untersuchungen wurden<br />
auf dem SEW-Areal übermässige Konzentrationen<br />
von Schwermetallen, CKW's (leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe),<br />
hydraulischen Ölen <strong>und</strong> PAK<br />
(polyaromatische Kohlenwasserstoffe) festgestellt.<br />
Zusätzlich ist im Umkreis von einem Kilometer um<br />
die Kehrichtverbrennungsanlage generell mit einer<br />
erhöhten Schwermetallbelastung zu rechnen. Neben<br />
den gesetzlichen Rahmenbedingungen wie bspw.<br />
der Verordnung über Schadstoffe im Boden (VSBo)<br />
existieren sowohl Konzepte des BUWAL als auch<br />
ein neues Zürcher Abfallgesetz (siehe Literaturverzeichnis).<br />
Gewiisserschut1.<br />
Das Planungsgebiet befindet sich über dem Gr<strong>und</strong>wasserstrom<br />
des Limmattales im Gewässerschutz-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
233
Zielbildung,<br />
-------------__----------------<br />
bereich A (starker Schutz). R<strong>und</strong> 700 Meter stromabwärts<br />
beginnt die Gr<strong>und</strong>wasserschutzzone S (Trinkwasserfassung)<br />
der städtischen Wasserversorgung.<br />
Der Gr<strong>und</strong>wasserspiegel liegt zwischen 2 <strong>und</strong> 5 m<br />
unter der Erdoberfläche. Die Entwässerung des<br />
Areals erfolgt heute zum grössten Teil im Mischsystem.<br />
Entlang der Hardturmstrasse führt ein<br />
Meteorwasserkanal direkt in die Limmat. Der Gestaltungsplan<br />
für das SEW-Areal regelt den Umgang<br />
mit Gr<strong>und</strong>wasser, bspw. wird die Erhaltung des<br />
Gr<strong>und</strong>wasservolumens gefordert. Die Abwasserbehandlung<br />
bzw. -einleitung wird im Entwässerungskonzept<br />
des Gestaltungsplans festgelegt. Zusätzlich<br />
müssen im Bereich Gewässerschutz nebst dem B<strong>und</strong>esgesetz<br />
über den Schutz der Gewässer (GschG)<br />
auch die Allgemeine Gewässerschutzverordnung, die<br />
Verordnung über Abwassereinleitungen <strong>und</strong> die<br />
Verordnung über den Schutz der Gewässer vor<br />
wassergefährdenden Flüssigkeiten berücksichtigt<br />
werden.<br />
Denkmalschutz<br />
Das Verwaltungsgebäude, die alte Maschinenfabrik,<br />
der Hochkamin <strong>und</strong> die Schiffbauhalle werden als<br />
historisch wertvolle Bauten bezeichnet <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong><br />
des Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzgesetzes unter Denkmalschutz<br />
gestellt.<br />
3.1,2 fazit<br />
Qualitäten des Imlrusltrit!aUilrtiit!rs<br />
Die zentrumsnahe Lage verleiht dem SEW-Areal ein<br />
besonderes Stadtentwicklungspotential. Zum einen<br />
bietet die S-Bahn-Station Hardbrücke Standortvorteile<br />
für Firmen mit einem grossen Einzugsgebiet<br />
der Angestellten. Zum andern erzeugt die Verknüpfung<br />
der Eisenbahn mit dem übergeordneten<br />
<strong>und</strong> stadtinternen Strassennetz besonders gute<br />
Bedingungen für Güterumschlag <strong>und</strong> -verteilung.<br />
Durch die <strong>Umnutzung</strong>ssituation im Quartier<br />
(Steinfels-Areal, SEW-Areal) entstehen Nischen für<br />
vielfältige, jedoch nicht ertragreiche Nutzungen.<br />
Galerien, Theater <strong>und</strong> Konzertveranstaltungen<br />
haben sich in den umliegenden Industriegebäuden<br />
etabliert. Einzelne kulturelle Betriebe wie das Cinemax<br />
(Steinfels-Areal) haben sich entschlossen, auf<br />
dem Industriegelände zu bleiben, andere wie bspw.<br />
das Schauspielhaus Zürich beabsichtigen, auf das<br />
SEW-Areal zu ziehen. Diese Zwischennutzungen<br />
haben ihre eigenen Qualitäten <strong>und</strong> tragen zur<br />
Attraktivität des Quartiers bei.<br />
Die nicht sehr intensive Nutzung bietet auch<br />
Nischen für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere. Die Nähe zur<br />
Limmat als Grün- <strong>und</strong> Freiraumachse ist als Erho-<br />
lungsraum nicht zu unterschätzen <strong>und</strong> bildet für die<br />
städtische Bevölkerung eine grosse Chance (Stadtplanungsamt,<br />
1995).<br />
Defizite<br />
des lndllstriequartiers<br />
In der Abgeschlossenheit des Industriequartiers<br />
fehlen quartierinterne öffentliche Freiräume. Vorhandene<br />
Freiräume sind eingezäunt oder nur einer<br />
Gruppe von Nutzern zugänglich (Schrebergärten,<br />
Sportplätze). Die allgemein zugänglichen Freiräume<br />
befinden sich nur in den Randlagen (J osefswiese,<br />
Hardhof, Limmatuferweg). Das Erhohlungsraumpotential<br />
Limmat wird nur wenig ausgenutzt. Die<br />
heterogene Besiedelung des Quartiers schafft kein<br />
einprägsames Bild. Positive Orientierungsmerkmale<br />
<strong>und</strong> attraktive Räume für die Arbeitenden <strong>und</strong> Woh<br />
nenden fehlen ebenfalls. Plätze <strong>und</strong> Nischen für<br />
Kurzzeiterholung der Arbeitenden sind kaum vorhanden.<br />
Damit scheint eine Identifikation mit dem<br />
Quartier schwer möglich.<br />
Es existiert kein <strong>durch</strong>gängiges Netz von Fuss<strong>und</strong><br />
Radwegen, <strong>und</strong> wenn sie vorhanden sind, dann<br />
sind sie bis auf wenige Ausnahmen unattraktiv oder<br />
gefährlich. Ein grosser Mange! besteht auch in der<br />
Feinerschliessung des Quartiers mit dem öffentlichen<br />
Verkehr. Die Gunst der Groberschliessung<br />
<strong>durch</strong> die S-Bahn-Station Hardbrücke kann wegen<br />
der dort nicht optimalen Tram- <strong>und</strong> Busanschlüsse<br />
nicht genutzt werden. Die Verbindungen zu den<br />
anderen Stadtteilen sind somit nicht gut ausgebildet.<br />
Die Versorgung mit Gütern für den täglichen Bedarf<br />
der Wohnbevölkerung <strong>und</strong> auch der Arbeitenden<br />
wird grösstenteils <strong>durch</strong> die Nachbarquartiere gewährleistet.<br />
234<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
-- Zielbildung<br />
Das Industriequartier ist stark beeinträchtigt <strong>durch</strong><br />
vielerlei Arten von Immissionen wie bspw. Luftschadstoff-<br />
<strong>und</strong> Lärmimmissionen aus dem Individualverkehr<br />
oder aber <strong>durch</strong> Altlasten. Aus diesen<br />
Gründen werden die <strong>Umwelt</strong>belastungen des Quartiers<br />
längerfristig problematisch sein (Stadtplanungsamt,<br />
1995).<br />
3.2<br />
lie.linl11e.ntar verschiedener Akteure<br />
Rahmen·<br />
bedingungen<br />
Projeklanforderungen<br />
Zusammenfassend<br />
kann der Begriff<br />
«Ziel» als ein im<br />
Kopf repräsentierter,<br />
zukünftiger Zustand<br />
der Welt, der <strong>durch</strong><br />
eine Handlung erreicht<br />
werden soll,<br />
definiert werden.<br />
Alles absichtsvolle Handeln ist <strong>durch</strong> Ziele bestimmt<br />
<strong>und</strong> <strong>durch</strong> Motive begründet, die dem jeweiligen<br />
Ziel einen Wert beimessen, um dessentwillen es als<br />
erstrebenswert gilt (Slade, 1994; Lee et al, 1989).<br />
In den Individualzielen kommen Ansprüche von<br />
Personen zum Ausdruck. Die Individualziele sind<br />
die Basis aller weiteren Ziele, insbesondere von<br />
Gruppen <strong>und</strong> Organisationen, aber auch für Projekte.<br />
Ziele sind mit weniger Konflikten realisierbar, wenn<br />
sich die persönlichen Ziele wichtiger projektbeteiligter<br />
Einzelpersonen <strong>und</strong> die projektbezogenen Ziele<br />
der Organisation aufeinander abstimmen lassen.<br />
Der Übergang von Individualzielen zu Gruppenzielen<br />
wird <strong>durch</strong> verschiedenste Interessen <strong>und</strong><br />
einer Vielfalt von Faktoren (siehe weiter unten)<br />
beeinflusst. Während viele Faktoren lediglich passiv<br />
auf die Zielbildung einwirken, versuchen Menschen<br />
Übergeordnete Ziele<br />
generelle Verhaltensvorstellungen wie z.B. Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Leitgrässen<br />
wie z.B. Rendite <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
. Wirtschaftliche Nutzungsziele <strong>Umwelt</strong>ziele Sozialziele<br />
Ziele<br />
Anzustrebende Art Anzustrebendes Anzustrebendes<br />
Anzustrebender der Nutzung des Verhalten Verhalten<br />
Gewinn, die Art der SEW-Areals, z.B. gegenüber der gegenüber Be- <strong>und</strong><br />
Umsetzung <strong>und</strong> industrienahe natürlichen <strong>Umwelt</strong>, Anwohnerinnen <strong>und</strong><br />
allgemeine Art des Nutzung z.B. Grünraum dem sozialen<br />
geschäftlichen schaffen Umfeld auf dem<br />
Verhaltens<br />
SEW-Areal<br />
Abb. 3.2 Für die Einteilung der Ziele verwendete Zielhierarchie.<br />
)<br />
Akteur warum verwendete Quellen<br />
SEW Gr<strong>und</strong>besitzer <strong>und</strong> • Literatur<br />
potentieller Investor • Zeitungsartikel<br />
• Interviews<br />
Stadt Zürich Bewiliigungsinstanz • Literatur<br />
• In terviews<br />
Schweizerische Beispiel für potentiel- • Literatur<br />
Bankgesellschaft len Kreditgeber • Interview<br />
• Teilprojekt 4.1<br />
(Promotion)<br />
Schauspielhaus, Beispiele für • Zeitungsartikel<br />
Technopark Investoren • Interviews<br />
• Teilprojekt 4.1<br />
(Promotion)<br />
Quartierverein Beispiel für Betroffene • Literatur<br />
• Interview<br />
KraftWerk Beispiel für pressure • Literatur<br />
group<br />
• In terviews<br />
Schweizerischer B<strong>und</strong> Beispiel für <strong>Umwelt</strong>- • Interview<br />
für Naturschutz (SBN) verband<br />
Tab. 3.2 Zusammenstellung der im Zielinventar beriicksithtigten Akteure,<br />
den Gr<strong>und</strong>für ihre Berücksichtigung <strong>und</strong> die verwendeteten Quellen.<br />
die Zielbildung aktiv zu beeinflussen. Sie formulieren<br />
Ziele für die Gruppe <strong>und</strong> bringen diese vor.<br />
«Letztlich werden alle Ziele von Menschen<br />
gesetzt, basieren daher auf persönlichen Erwartungen<br />
<strong>und</strong> sind von Wertungen abhängig."<br />
(Scheifele, 1991, S. A.3l)<br />
Nachfolgend werden die Ziele verschiedener Akteure<br />
zusammengestellt, verglichen <strong>und</strong> diskutiert.<br />
Die Ziele sind dabei für jeden Akteur separat in fünf<br />
Kategorien geordnet worden (vgJ. Abb. 3.2).<br />
Die Ziele werden, wo sie konkret genug erfasst<br />
werden konnten, aus dem Blickwinkel der Planerinnen<br />
<strong>und</strong> Planer dargestellt. Leitbilder u.ä. sind in<br />
diesem Zusammenhang Rahmenbedingungen für<br />
die Planerinnen <strong>und</strong> Planer<br />
<strong>und</strong> werden deshalb in separaten<br />
Abschnitten behandelt.<br />
Es wird ausserdem aufgezeigt,<br />
wo die Ziele einander entsprechen<br />
oder widersprechen, <strong>und</strong><br />
wo aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher<br />
Ziele der Akteure Konflikte<br />
abzusehen sind.<br />
Die obenstehende Zusammenstellung<br />
(Tab. 3.2) zeigt<br />
eine Übersicht über die berücksichtigten<br />
Akteure, den<br />
Gr<strong>und</strong> für ihre Berücksichtigung<br />
<strong>und</strong> die Art der<br />
Informationsquellen. Genaue<br />
Quellenangaben finden sich<br />
am Ende jedes Abschnittes<br />
des Zielinventares.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 235
Zielbildung<br />
_<br />
Ziele von SEW<br />
Das SULZER-Leitbild <strong>und</strong> die vier diesem Leitbild<br />
beigelegten Gr<strong>und</strong>satzdokumente «Personal»,<br />
«Führung <strong>und</strong> Zusammenarbeit», «Qualitätsmanagement»<br />
<strong>und</strong> «<strong>Umwelt</strong>» setzen den weltweit verbindlichen<br />
Rahmen für die Geschäftstätigkeit <strong>und</strong> die<br />
Kultur des SULZER-Konzerns. Sie bilden die Rahmenbedingungen,<br />
innerhalb welcher SEW die Ziele<br />
für die <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals bilden kann. Im<br />
folgenden werden deshalb die wesentlichen Punkte<br />
des Leitbildes kurz zusammengefasst.<br />
Das Leitbild geht vom Bild eines marktorientierten,<br />
international erfolgreichen Technologiekonzerns<br />
aus. Angestrebt wird die Wertsteigerung<br />
für Aktionäre, K<strong>und</strong>en, Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter. Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Gewinnstreben<br />
bilden die Gr<strong>und</strong>lage der Zielerreichung. Dabei<br />
konzentriert sich SULZER auf ausgewählte Wachstumsgeschäfte.<br />
K<strong>und</strong>enorientierung <strong>und</strong> langfristige<br />
Partnerschaft gehören ebenso zur Unternehmenskultur<br />
wie die umfassende Qualität in allen Tätigkeiten.<br />
K<strong>und</strong>enbedürfnisse sollen wirtschaftlich<br />
optimal erfüllt werden, das heisst unter geringstmöglichem<br />
Einsatz von Ressourcen aller Art. Neben<br />
der Wirtschaftlichkeit soll auch Menschlichkeit<br />
angestrebt werden. Die Interessen des Einzelnen<br />
sollen mit denen des Unternehmens mittels einer<br />
leistungsorientierten, partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
in Einklang gebracht werden. Der<br />
SULZER-Konzern will bei der Unterstützung einer<br />
nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft<br />
führend sein <strong>und</strong> zu den <strong>Umwelt</strong>schutzbemühungen<br />
von nationalen <strong>und</strong> lokalen Behörden beitragen. Der<br />
<strong>Umwelt</strong> soll eine hohe Priorität in den täglichen<br />
Entscheidungsprozessen zugeordnet werden; Entscheidender<br />
übergeordneter Faktor bleibt aber<br />
die Rentabilität. Langfristig wird eine tragfähige<br />
Entwicklung angestrebt, das heisst die heutigen<br />
Anforderungen sollen erfüllt werden, ohne die<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lagen für zukünftige Generationen zu<br />
untergraben. Um ganzheitlich umweltgerechte Produkte<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen anbieten zu können,<br />
wird auch nach umweltgerechten Produkti6nsverfahren<br />
gesucht. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus<br />
der Produkte beachtet. Ein offener Dialog über <strong>Umwelt</strong>fragen<br />
mit Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />
sowie mit der Öffentlichkeit wird insbesondere an<br />
den Standorten von SULZER gefördert (SULZER,<br />
1993). Erster Gr<strong>und</strong>satz des Leitbildes ist die Wirtschaftlichkeit<br />
bezüglich der Rendite. Die Hierarchie<br />
der Ziele ergibt sich aufgr<strong>und</strong> der Stellung der SEW<br />
als Industrieunternehmen. Gesamthaft betrachtet<br />
sind die Ziele konsistent im Sinne des Weiterbestehens<br />
von SEW innerhalb bestehender Rahmenbedingungen.<br />
Nachfolgend wird versucht, die wesentlichen<br />
arealbezogenen <strong>und</strong> umnutzungsbezogenen Ziele<br />
der SEW, die in Interviews mit Persönlichkeiten<br />
aus der Führungsetage genannt wurden oder in einer<br />
Reihe von Zeitungsartikeln zum Ausdruck kommen,<br />
darzustellen.<br />
Übergeordnete Ziele<br />
EI Produktion am bisherigen Standort aufrechterhalten<br />
[2,6]<br />
• Oberstes Ziel für SEW-Areal: Wertschöpfung<br />
(Generierung von Cash <strong>durch</strong> Verkauf von Land<br />
<strong>und</strong> die Erwirtschaftung von Gewinn <strong>durch</strong> Bau/<br />
Vermietung/Baurechtsvergabe an Dritte) [2]<br />
EI Zürcher Standort: vorhandene Stärken <strong>und</strong> Potentiale<br />
besser nutzen (hohe Standards in Ausbildung,<br />
Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, verbesserte Innovation<br />
<strong>und</strong> Technologietransfer) [6]<br />
Wirtschaftliche Ziele, bezogetl aufdas SEW-Areal<br />
EI Technologiekonzern, weg von der traditionellen<br />
Industrie zu moderner Technologie [2,4]<br />
EI Durch SEW-Areal-<strong>Umnutzung</strong> Mindest-Net Cash<br />
Flow von <strong>durch</strong>schnittlich 10 Mio. Fr.-/Jahr erwirtschaften<br />
[2]<br />
EI Bei SEW-Areal-<strong>Umnutzung</strong> Erträge <strong>durch</strong> minimale<br />
Investitionen <strong>und</strong> Betriebskosten maximieren<br />
[2]<br />
EI Kosten für Erschliessung des Areals <strong>und</strong> Einschränkungen<br />
<strong>durch</strong> Auflagen (Grünflächen,<br />
Freiräume, Baumalleen) gering halten [3]<br />
EI Strukturanpassungen der Firma mit dem gewonnenem<br />
Kapital aus Baurechtsverträgen auf dem<br />
SEW-Areal [3]<br />
EI Produktivität, Innovation <strong>und</strong> produkteorientierte<br />
Zusammenarbeitskultur im Industriestandort Zürich<br />
verbessern [3,4]<br />
EI In Zürich Erhalt von Bausubstanz (Denkmal<br />
schutz) in angemessenes Verhältnis bringen zum<br />
Aufwand des Erhalts [1]<br />
Nutzungsbezogene Ziele, bezogen aufdas SEW-Areal<br />
EI Bis 2001-2006 den Anteil der Produktion von SEW<br />
auf 25 bis 30% reduzieren (1991: 36%) [4]<br />
EI Auf SEW-Areal Tätigkeiten zu höheren technologischen<br />
Inhalten auf kleinerem Raum verdichten,<br />
mit den Partnern hochqualifiziertes technisches<br />
Know-How erarbeiten. K<strong>und</strong>enattraktive Hightech-Produkte<br />
<strong>und</strong> -Dienstleistungen anbieten<br />
[2,6]<br />
EI 50'000 m 2 des SEW-Areals für die eigene Produktion<br />
behalten [3]<br />
EI Verkauf von Y, des freiwerdenden Gebietes auf<br />
dem SEW-Areal (finanzielles Polster für eine<br />
ges<strong>und</strong>e Firma in der Stadt Zürich schaffen),<br />
Käufer finden [1,5]<br />
236<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
__________________________...,._-------------Zielbildung<br />
• III des freiwerdenden Gebietes auf dem SEW-Areal<br />
im Baurecht abgeben, Investoren finden [3,5]<br />
• Auf SEW-Areal Raum schaffen für interdisziplinäre<br />
Nutzungen, die auf die Produktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />
industrieller Güter <strong>und</strong> auf die industrienahe<br />
Forschung ausgerichtet sind [7]. In unmittelbarer<br />
Umgebung von SEW Platz für innovative kleine<br />
Unternehmen auf dem Areal schaffen [3]<br />
• 60% des Areals sollen der zukünftigen modernen<br />
Produktionen zugeordnet werden, 40% Mischzonen<br />
mit Wohnameil [4]<br />
• Auf SEW-Areal neben der industriellen <strong>und</strong> industrienahen<br />
Produktion auch Wohn- <strong>und</strong> kulturelle<br />
Nutzungen, Gewerbe sowie Ansiedlung von<br />
Dienstleistungsbetrieben ermöglichen [3,6,7]<br />
• Arealnutzungen sollen Synergien <strong>und</strong> Arbeitsteilung<br />
zwischen den angesiedelten Technologiefirmen<br />
<strong>und</strong> SEW entfalten, deshalb nicht zuviel<br />
Wohnraum [1]<br />
e Sollzustand der <strong>Umnutzung</strong> des SEW-Areals bis<br />
etwa ins Jahr 2021 erreichen [4]<br />
• allgemein Vielfältigkeit in der Nutzung, keine<br />
Monokulturen von Geschäftshäusern in Zürich [1]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
• Ökologie unter Berücksichtigung der Rentabilität<br />
[2]<br />
e Verbesserung von P&R-Möglichkeiten an der Peripherie<br />
des Stadtkerns von Zürich [1]<br />
Sozialziele<br />
e Auf SEW-Areal Wohnanteil gebrauchen für Studentenunterkünfte,<br />
Buisness-Wohnen, Dozentenwohnungen,<br />
jedoch nicht für Utopien wie Kraft<br />
Werk 1 [1]<br />
• In Zürich mehr öffentliche Plätze schaffen [1]<br />
• In Zürich Wohnmöglichkeiten/-qualität verbessern<br />
[1]<br />
e Urbanerer, lebensfre<strong>und</strong>licherer, belebterer Kreis<br />
5 (z.B. <strong>durch</strong> Theater, Künstlerateliers, Restaurants<br />
etc.) [1,2]<br />
Durch Sonderbauvorschriften oder einen Gestaltungsplan<br />
werden r<strong>und</strong> 100'000 m 2 des SEW-Areals<br />
für rentablere Nutzungen wie bspw. Dienstleistungen<br />
frei. Der Gr<strong>und</strong>stückspreis für Dienstleistungen<br />
lag zur Zeit der Analyse um vier- bis fünfmal, der für<br />
Mischnutzungen r<strong>und</strong> zwei mal höher als der für<br />
Industrieland. Wenn die SEW r<strong>und</strong> 90'000 Quadratmeter<br />
verkaufen würde, könnte sie 180 Millionen<br />
Franken erlösen (Tages Anzeiger, 1993). Sulzer sah<br />
aber 1993 vor, je III des Areals zu verkaufen, im<br />
Baurecht abzugeben <strong>und</strong> für den Eigenbau zu verwenden.<br />
Aus den sogenannt «nicht betriebsnotwendigen<br />
Liegenschaften» sollte dabei mindestens<br />
ein Net Cash-flow von <strong>durch</strong>schnittlich 10 Mio. Fr.<br />
pro Jahr erwirtschaftet werden (Sulzer-Escher Wyss<br />
AG, 1995).<br />
Quellen:<br />
[11 Interview Direktionsmittglied 1 SEW<br />
[21 Interview Direktionsmittglied 2 SEW<br />
[31 Tagesanzeiger vom 26.11.1993 (Ferrari, 1993)<br />
[4] Tagesanzeiger vom 22.10.1991 (Hasler, 1991)<br />
[5] Tagesanzeiger vom 24.3.1987 (Wigdorovits, 1987)<br />
[6] Neue Zürcher Zeitung vom 16.3.1995<br />
[7] Neue Zürcher Zeitung vom 26.11.1993 (Schär, 1993)<br />
Ziele der Stadt Zürich<br />
Übergeordnete Ziele<br />
e Lebenschancen künftiger Generationen sichern [2]<br />
e Standortattraktivität fördern [4]<br />
e Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes erhalten<br />
[4]<br />
e SEW muss in Zürich bleiben können [2]<br />
Die übergeordneten Ziele der Stadt kommen insbesondere<br />
auch im Entwicklungskonzept der Stadt<br />
Zürich zum Ausdruck (siehe Kasten unten).<br />
Wirtschaftliche Ziele<br />
• Hohe Arbeitsplatzdichte [1,2]<br />
e Ansiedlung von neuen Technologien [1]<br />
• Kosten, die der Stadt aus der <strong>Umnutzung</strong> eines<br />
grösseren Gebietes wie SEW-Areal erwachsen,<br />
sollen künftig besser berücksichtigt werden [2]<br />
Nutzungsbezogene Ziele<br />
e Gebiete mit mässigen Landpreisen für das produzierende<br />
Gewerbe erhalten [4]<br />
• Öffnung des SEW-Areals [2]<br />
• Umwandlung von geeigneten Industriegebieten in<br />
Mischzonen mit hohem Wohnungsanteil [2,4]<br />
e Wohnungsbau auf dem SEW-Areal (wünschbar,<br />
machbar, sinnvoll) [2]<br />
• Erhaltung der Stadtgestaltsqualität (architektonischer,<br />
historischer <strong>und</strong> städtebaulicher Wert) [4]<br />
• Erhaltung der schützenswerten Bausubstanz [4]<br />
• Kleinmanhattan an den Orten ehemaliger Industrie<br />
brachen [1]<br />
• Mischnutzung [2]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
• Freiflächen schaffen [1,2,4]<br />
• Verdichtet bauen/Schutz der offenen Landschaft<br />
[1,2,4]<br />
• Naturschutzobjekte erhalten [4]<br />
• Vernetzung der städtischen Ausgleichsflächen [3]<br />
• Prinzip der Nachhaltigkeit beachten [3,4]<br />
• Geschlossene Kreisläufe fördern [4]<br />
• Verbesserung der <strong>Umwelt</strong>situation [4]<br />
• Ökologische Aufwertung der Siedlungsräume [4]<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
237
Zielbildung<br />
_<br />
Sozialziele<br />
3 Ausgewogenes Angebot von Arbeitsplätzen<br />
in den verschiedensten<br />
Wirtschaftssektoren (insbesondere<br />
Erhalt von Arbeitsplätzen<br />
in der Industrie <strong>und</strong> dem produzierenden<br />
Gewerbe) [2,4]<br />
3 Leichte Zunahme der Wohnbevölkerung<br />
[1,2,3,4]<br />
3 Soziale Integration von Randgruppen/Minoritäten<br />
im Quartier<br />
[1,4]<br />
Das Entwicklungskonzept der Stadt<br />
gibt die Richtung an, die der<br />
Stadtverwaltung für die zukünftige<br />
Stadtentwicklung vorschwebt. Obwohl<br />
keine eigentlichen Ziele formuliert<br />
werden, kommen doch ein?<br />
ge Bedingungen zum Ausdruck, die<br />
für die Formulierung von projektbezogenen<br />
Zielen wichtig werden<br />
können.<br />
Quellen:<br />
[Ij Interview Bauamt I<br />
[2] Interview Bauamt Il<br />
[3] Interview <strong>Umwelt</strong>schurzfachstelle<br />
[4] Ziele der Stadtentwicklung, 1995<br />
Die Ziele der SBG, einer der drei<br />
Schweizer Grossbanken, sind in unserem<br />
konkreten Fall nicht auf das<br />
SEW-Areal bezogen, sondern allgemeingültig.<br />
Übergeordnete Ziele<br />
3 bedeutendste Schweizer Universalbank<br />
werden <strong>und</strong> weltweit zu<br />
den führenden Finanzinstituten<br />
gehören [2]<br />
Wirtschaftliche Ziele<br />
3 Kosten-Nutzen-Aspekt als oberstes<br />
Ziel [1]<br />
e Dienstleistungen nach den Bedürfnissen<br />
von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
Markt ausrichten<br />
e langfristige Entwicklungen unter<br />
Voraussetzung der Rentabilität<br />
frühzeitig erfassen [2]<br />
e hohe Qualität bei der Erbringung<br />
der Dienstleistungen<br />
238<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------------ Zielbildung<br />
e verbesserte Produktivität [2]<br />
e systematischer Einbezug ökologischer Betrachtungen<br />
in die Kreditprüfung zur Realisierung zusätzlicher<br />
Unternehmenschancen <strong>und</strong> zur Ermittlung<br />
erhöhter Risikopotentiale [3]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
e Betriebseinrichtungen <strong>und</strong> Abläufe ökologisch<br />
sinnvoll gestalten [2]<br />
Sozialziele<br />
'9 Menschliche Verb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> persönliche Wertschätzung<br />
der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
[2]<br />
e Offenheit gegenüber allen politischen Gruppierungen<br />
im Rahmen der demokratischen Gr<strong>und</strong>sätze<br />
[2]<br />
Jie Projekte der K<strong>und</strong>en von Kreditgebern müSsen<br />
also in erster Linie rentieren, Kosten-Nutzen<br />
Überlegungen Stehen im Vordergr<strong>und</strong>. Ausserdem<br />
müssen sie mit den allgemeinen Richtlinien des<br />
Kreditgebers kompatibel sein. In den allgemeinen<br />
Richtlinien werden auch die ökologische Aspekte<br />
berücksichtigt. Diese haben im Leitbild keinen<br />
hohen Stellenwert, können aber in der Geschäftspraxis<br />
relativ wichtig sein. So wird bspw. Altlasten<br />
grosse Aufmerksamkeit gewidmet <strong>und</strong> ökologisch<br />
bedenkliche Grossprojekte (z.B. AKWs) werden mit<br />
besonderer Vorsicht behandelt. Der Zeithorizont<br />
für ein Projekt entspricht der pay back time eines<br />
Kredites.<br />
Ein Geldgeber wird bei seiner Zielbildung vom<br />
ganzen Umfeld beeinflusst. Auch die öffentliche<br />
Meinung spielt bei der Zielbildung eine Rolle.<br />
Que/len:<br />
,11 Interview Direktionsmitglied SBG<br />
[21 SBG: Wir machen mit, 1994<br />
[31 SBG: Geschäftsbericht, 1994<br />
lide von Investoren<br />
Allgemeine Ziele von Investoren sind jeweils am<br />
Anfang des Abschnittes aufgelistet. Für Beispiele<br />
von SEW-Areal-bezogenen Zielen wurden Vertreter<br />
der Technopark AG <strong>und</strong> des Schauspielhauses zu<br />
ihren Zielen befragt.<br />
Übergeordnete Ziele<br />
'9 Planung an den Bedürfnissen orientieren, um<br />
Leerstand zu vermeiden [5]<br />
Beispiel Technopark:<br />
'9 Wirtschaftsförderung [2]<br />
Wirtschaftliche Ziele<br />
'9 Wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigen (Bodenpreissteigerung,<br />
Mietpreissteigerung, Arbeitsplatzsicherung)<br />
[5]<br />
'9 Die Kosten für Vorbereitungsarbeiten müssen<br />
quantifizierbar sein [5]<br />
@ Unterhaltsarme Bauweise [5]<br />
Zielbildung ~ _<br />
Handlungsspielraum für solche Investitionen nicht<br />
sehr finanzstarker Investoren wie der Schauspielhaus<br />
AG zu klein. Das Hauptaugenmerk richtet sich<br />
deshalb auf möglichst kostengünstige Lösungen.<br />
Ökologische Anliegen werden nur in die Diskussion<br />
einbezogen, wenn sie sich ohne Mehraufwand realisieren<br />
lassen.<br />
Quellen:<br />
[1] Interview Geschäftsführer Schauspielhaus<br />
[2] Interview Geschäftsführer Technopark<br />
[3] Tagesanzeiger vom 22.10.1991<br />
[4] Neue Zürcher Zeitung vom 24./25.6.1995<br />
[5] Teilprojekt 4.1 (Promotion)<br />
Ziele des Quartiervereins Zürich, Kreis 5<br />
Übergeordnete Ziele<br />
€I Der Kreis 5 soll zu einer idealen Umgebung für das<br />
Gewerbe, sowie für die Wirtschafts-, Kultur- <strong>und</strong><br />
Bildungsinstitute werden. [3]<br />
€I Der Kreis 5 soll eine blühende «Kleinstadt» an der<br />
Limmat werden [3]<br />
Wirtschaftliche Ziele<br />
Oll marktwirtschaftliche Anreize für «Wohnen» <strong>und</strong><br />
«Wirtschaft» schaffen [3]<br />
.. Standort für die Wirtschaft attraktiver machen [2]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
Oll Neue Grünflächen <strong>und</strong> Naherholungsräume schaffen<br />
[1,3]<br />
co Verbesserung des öffentlichen Verkehrsnetzes [1]<br />
Sozialziele<br />
co Verbesserung der Wohnqualität [2]<br />
co Der Kreis 5 soll wieder zur attraktiven Familienwohnlage<br />
Zürichs werden [3]<br />
e Voraussetzungen für eine optimale Sozialkontrolle<br />
im Quartier schaffen [3]<br />
.. Ausgeglichene Quartiergliederung [3]<br />
Der Quartierverein setzt sich für ein Quartier ein,<br />
das wirtschaftlich floriert <strong>und</strong> soziale Lebensqualität<br />
bietet (Wohnqualität, Sicherheit, Grünräume, familienfre<strong>und</strong>lich<br />
etc.). Er will dies mit mehr Mitbestimmung<br />
in der Stadtverwaltung erreichen.<br />
Quellen:<br />
[1] Interview mit dem Präsidenten<br />
[2] Tagblatt der Stadt Zürich vom 29. Juni 1995<br />
[3] 108. Jahresbericht des Quartiervereins Zürich, Kreis 5 - Industriequartier<br />
Ziele VOll KraftWerk<br />
Übergeordnete Ziele<br />
e Wenn Wachstum, dann in der Stadt [3]<br />
co Zusammenbringen/Näherbringen von verschiedenen<br />
Lebensformen wie Arbeiten, Wohnen, Freizeit<br />
[3]<br />
e 700 Menschen sollen im Escher-Wyss Areal wohnen,<br />
arbeiten <strong>und</strong> ihre kulturelle Eigenart leben<br />
können [1]<br />
e Haushalt, Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft sollen<br />
sowohl personell als auch funktionell <strong>und</strong> örtlich<br />
zusammengefasst werden. Dazu sollen Einheiten<br />
a350-500 Personen gebildet werden [1]<br />
Wirtschaftliche Ziele<br />
.. Finanzierung <strong>durch</strong> ein WIR-Punktesystem [2]<br />
Nutzungsbezogene Ziele (Auszug)<br />
e Es sollen Grosshaushalte entstehen, die mehrheitlich<br />
mit regionalen Ressourcen auskommen.<br />
(regionale Bauernhöfe) [1]<br />
co stabiles Gewerbe innerhalb des neuen Quartiers<br />
[2]<br />
co Es wird folgender Verteilschlüssel für das zukünftige<br />
neue Quartier vorgeschlagen:<br />
54% Wohnfläche<br />
31 % Arbeitsfläche<br />
15% Öffentliche Fläche [1]<br />
e Nutzungsmischung [2]<br />
.. In der <strong>und</strong> um die Schiffbauhalle herum soll em<br />
Quartierzentrum entstehen [1]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
e Die PendlerInnenproblematik soll <strong>durch</strong> das Verhältnis<br />
zwischen Arbeitsplätzen <strong>und</strong> Wohnplätzen<br />
verbessert werden [1]<br />
e Im direkten Austausch mit Bauernhöfen der<br />
gion sollen die Nahrungsmittel für das Quartier<br />
möglichst selbst beschafft werden [1]<br />
.. Hard- <strong>und</strong> Software-Lösungen von ökologischen<br />
Problemen finden. (Hardware wären die Häuserformen,<br />
Software wären die Prozesse, die in diesen<br />
Häusern ablaufen) [3]<br />
co Kostenwahrheit im Bereich Energie [3]<br />
e An Stelle von teuren «Öko-Gags» (z.B. Solarmobil)<br />
sollen die sozialen Ursachen der Naturzerstörung<br />
bekämpft werden [1]<br />
Sozialziele<br />
.. Sozialverträglichkeit [2]<br />
e Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner sollen sich gleichberechtigt<br />
selbst verwalten<br />
co Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Restaurants,<br />
Werkstätten sollen allen Quartierbewohnern<br />
zur Verfügung stehen [1]<br />
240<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________~_Zielbildung<br />
• Es soll eine konkrete Alternative für Arbeitslose<br />
geschaffen werden [1]<br />
• Es soll ein Raum zur Entfaltung <strong>und</strong> der Begegnung<br />
entstehen [1]<br />
ilI Es soll keine Insel entstehen, sondern ein mit der<br />
Stadt <strong>und</strong> der Welt verwobenen «Werkplatz» <strong>und</strong><br />
Kreuzungspunkt [1]<br />
. Die Gruppe KraftWerk versteht ihr Projekt als<br />
Diskussionsvorschlag für eine andere Art der <strong>Umnutzung</strong><br />
ehemaliger Industrieareale, als möglichen<br />
Ausweg aus der «heutigen ökonomischen, ökologischen<br />
<strong>und</strong> sozialen Sackgasse». Den bei <strong>Umnutzung</strong>en<br />
bisher meist resultierenden Mix aus<br />
Dienstleistung, Produktion <strong>und</strong> Wohnen halten sie<br />
für nicht überzeugend (Blum et aL, 1993, S. 6).<br />
Gewünscht werden ferner vollzugsfre<strong>und</strong>liche<br />
Gesetze <strong>und</strong> ein Verfahrensmanagement in der<br />
Verwaltung.<br />
Quellen:<br />
[1) Interview mit einem Vertreter des SBN<br />
3.2.1 Beziehungen zwischen Zielen<br />
Die verschiedenen Ziele innerhalb eines Zielsystems<br />
stehen in unterschiedlicher Beziehung<br />
zueinander.<br />
f)udlen:<br />
"1 BIum Martin et al., 1993<br />
[21 Interview Vorstand Verein KraftWerk<br />
[3) Interview Gründungs- <strong>und</strong> Vereinsmitglied von KraftWerk<br />
Ziele des Schweizerischen B<strong>und</strong>es für Naturschutz<br />
Übergeordnete Ziele<br />
G sinnvoller Konsens zwischen Natur belassen <strong>und</strong><br />
intensiver Nutzung [1]<br />
Nutzungsbezogene Ziele<br />
ilI architektonisch <strong>und</strong> städtebaulich gute <strong>durch</strong>mischte<br />
Nutzung, vor allem Defizite ausgleichen<br />
[1]<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele<br />
• Spontaneität der Natur erlauben [1]<br />
ilI wenig Bodenversiegelung [1]<br />
möglichst viel Natur erhalten <strong>und</strong> schaffen [1]<br />
(vgL Kapitel RAUM-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN)<br />
Sozialziele<br />
ilI langfristige Qualität, Allgemeininteressen sollen<br />
nicht zugunsten der Privatinteressen unter die<br />
Räder kommen [1]<br />
Das Interview wurde von einer anderen Gruppe<br />
erarbeitet <strong>und</strong> geführt. Deshalb standen andere<br />
Fragestellungen als die der Ziele im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Trotzdem können einzelne Ziele abgeleitet werden.<br />
Erkennbar wird eine <strong>durch</strong>aus scharfe, aber nicht<br />
polarisierende Vertretung von Naturschutzanliegen.<br />
Es wird eher auf ausgleichende Lösungen abgezielt.<br />
Der SBN wünscht sich als zusätzliche Handlungsmöglichkeit<br />
ein Rekursrecht innerhalb des Siedlungsgebietes<br />
<strong>und</strong> ein Beschwerderecht innerhalb<br />
der Bauzone bei zonenkonformen Bauvorhaben.·<br />
Zur Erläuterung werden im folgenden elfilge Beispiele<br />
für die verschiedenen Beziehungen, die<br />
zwischen den oben aufgelisteten Zielen bestehen,<br />
dargestellt.<br />
Harmonische Ziele<br />
Harmonische Ziele verschiedener Akteure finden<br />
sich vor allem auf der übergeordneten Ebene, wo sie<br />
meist den Charakter relativ allgemein gehaltener<br />
«Leitsätze» haben. So sind sowohl die SEW, die<br />
Stadt <strong>und</strong> der Quartierverein als auch die Investoren<br />
<strong>und</strong> Kreditgeber an der Konkurrenzfähigkeit des<br />
Wirtschaftsstandortes Zürich interessiert. Der SBN<br />
steht diesem Ziel indifferent gegenüber. Ebenso<br />
ist Wertschöpfung <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> ein für alle<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
241
Zielbildung ...:...... _<br />
Akteure anzustrebendes Ziel <strong>und</strong> auch der Begriff<br />
«<strong>Umwelt</strong>verträglichkeit» wurde zumindest in den<br />
Interviews von allen als Ziel genannt.<br />
Unabhängige Ziele<br />
Allgemein lässt sich sagen: je konkreter die Ziele<br />
eines einzelnen Akteurs ausformuliert sind, desto<br />
eher kann ein Ziel unabhängig von den anderen erreicht<br />
werden. Der Gr<strong>und</strong> dieser Zielunabhängigkeit<br />
liegt in der gegenseitigen Abstimmung der Ziele bei<br />
der Ausformulierung. Ist ein Abgleich bei der Konkretisierung<br />
der Ziele nicht möglich, besteht jedoch<br />
die Möglichkeit, dass Zielkonflikte entstehen. Ausgehend<br />
von der Beobachtung, dass alle im Zielinventar<br />
der einzelnen Akteure aufgeführten Ziele<br />
mehr oder weniger miteinander vernetzt sind, konnten<br />
keine vollständig unabhängigen Ziele gef<strong>und</strong>en<br />
werden. So ist offensichtlich, dass die Realisierung<br />
eines Ziels finanzielle Mittel bindet, welche somit<br />
zur Erreichung anderer Ziele nicht mehr zur<br />
Verfügung stehen. Begibt man sich jedoch auf die<br />
Realisierungsstufe, d.h. auf das Niveau des Gestaltungsplans,<br />
so tritt eine unüberschaubare Fülle von<br />
unabhängigen· Projektanforderungen zutage (siehe<br />
auch Abb. 3 Wie entstehen Projektanforderungen).<br />
Die Realisierung. unabhängiger Ziele anderer Akteure<br />
setzt bei SEW den Willen der Entscheidungsträger<br />
<strong>und</strong> Ausführenden voraus, diese zusätzlich zu<br />
den eigenen umzusetzen.<br />
Konkurrierende Ziele<br />
Das Zielinventar beinhaltet eine Vielzahl gegenläufiger<br />
Ziele von verschiedenen Akteuren. So wollte die<br />
SEW ursprünglich eine dem Markt entsprechende<br />
Nutzung, d.h. diejenige Nutzung, die am meisten<br />
Rendite abwirft. Die gleiche Zielsetzung verfolgen<br />
die Kreditgeber <strong>und</strong> Investoren. Die Stadt hingegen<br />
strebt in erster Priorität eine Mischnutzung mit festgelegtem<br />
Wohnungs-, Arbeits- <strong>und</strong> Freiflächenanteil<br />
an. Auch KraftWerk strebt auf dem SEW-Areal eine<br />
Mischnutzung an, wobei das Schwergewicht noch<br />
wesentlich stärker als bei der Stadt auf einem hohen<br />
Wohnungsanteil liegt. Da die Rendite der verschiedenen<br />
Nutzungsarten unterschiedlich hoch ausfällt,<br />
konkurrieren diese Ziele. Im Laufe des Verhandlungsprozesses<br />
hat die SEW ihre diesbezügliche<br />
Haltung jedoch revidiert <strong>und</strong> zieht heute eine<br />
Mischnutzung ebenfalls vor.<br />
Widersprüchliche Ziele<br />
Auf den von uns betrachteten Zielniveaus der einzelnen<br />
Akteure sind keine sich widersprechenden<br />
Ziele gef<strong>und</strong>en worden. Je konkreter die Realisie-<br />
rung eines Zieles jedoch wird, desto kleiner wird<br />
der Spielraum für Alternativen <strong>und</strong> Interpretationen.<br />
Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
die Zide widersprüchlich werden. Gemäss den Aussagen<br />
eines Direktionsmitgliedes der SEW gab es<br />
firmenintern zu keiner Zeit Zielkonflikte. Betrachtet<br />
man jedoch die Ziele der verschiedenen Akteure<br />
untereinander, finden sich <strong>durch</strong>aus z.T. deutliche<br />
Widersprüche. So strebt bspw. KraftWerk einen<br />
Wohnanteil von 54% an. SEW wollte jedoch nur<br />
einen gewissen Teil von den 40% Mischzone für<br />
Wohnungen nutzen.<br />
3.2.2 fazit<br />
Je allgemeiner die Ziele formuliert sind, desto<br />
grösser ist die Übereinstimmung unter den Zielen<br />
der verschiedenen Akteure. Je konkreter <strong>und</strong> hand~<br />
lungsorientierter die Ziele formuliert wurden, dest"<br />
schwieriger erscheint der Konsens. Besonders was<br />
die allgemeiner gefassten übergeordneten Ziele<br />
anbelangt, ist unter den untersuchten Akteuren ein<br />
beträchtlicher Zielkonsens zu beobachten; wohl<br />
auch deshalb, weil die Akteure einem gemeinsamen<br />
Kultur- <strong>und</strong> Wirtschaftsraum zuzuordnen sind. Differenzen<br />
treten dort zu Tage, wo Ziele operationalisiert<br />
oder konkretisiert werden sollen. Damit ein Ziel<br />
realisiert werden kann, müssen nebst einer differenzierten<br />
Beschreibung des Ziels die Massnahmen <strong>und</strong><br />
Mittel zu seiner Erreichung möglichst präzise festgelegt<br />
werden. Der Gr<strong>und</strong> für unterschiedliche Handlungskonzepte<br />
bei gleichen Zielen liegt in der unterschiedlichen<br />
Gewichtung der übergeordneten Ziele<br />
<strong>durch</strong> die verschiedenen Akteure (vgl. Kapitel RA UM<br />
NUTZUNGS-VERHANDLUNGEN). Es bestehen unterschiedliche<br />
Zielhierarchien. So formulieren sowohl<br />
Sulzer als auch die Stadt Zürich die Nachhaltigkeit<br />
als eines ihrer Ziele; SEW unterstellt ihre Bemü<br />
hungen um Nachhaltigkeit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip,<br />
während die Stadt Zürich das Ziel der Nachhaltigkeit<br />
den Zielen des G·emeinwesens nach<br />
sozialem, ökonomischem <strong>und</strong> kulturellem Gleichgewicht<br />
unterordnet. Beim SBN dagegen wird das Ziel<br />
«Möglichst viel Natur erhalten <strong>und</strong> schaffen» weder<br />
wirtschaftlichen noch sozialen Aspekten untergeordnet.<br />
Auch in anderen Bereichen lassen sich unterschiedliche<br />
Gewichtungen der Ziele feststellen.<br />
3.3 Zielbildungsprozess<br />
arealbezogenen<br />
SEW für<br />
Um den Zielbildungsprozess bei SEW analysieren<br />
<strong>und</strong> werten zu können, ist es sinnvoll, zuerst einige<br />
gr<strong>und</strong>legende Vorstellungen über die Bildung von<br />
Zielen darzustellen. Dabei sollen zuerst Beweg-<br />
242<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________-'-<br />
Zielbildung<br />
gründe für die Entstehung von Zielen <strong>und</strong> mögliche<br />
Faktoren, die diesen Prozess beeinflussen, dargestellt<br />
werden. Anschliessend werden die für SEW<br />
ausschlaggebenden Beweggründe behandelt. Es<br />
wird auch auf die Beeinflussung <strong>durch</strong> andere<br />
Akteure eingegangen.<br />
3.3.1 Allgemeines zum Zielbildungsprozess<br />
Werte als wichtiger Ausgangspunkt<br />
Zielbildungsprozess<br />
den<br />
Werthaltungen sind von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung<br />
für den Zielbildungsprozess. Sie werden <strong>durch</strong> die<br />
Sozialisation <strong>durch</strong> die Gesellschaft geprägt. Abhängig<br />
von den Werthaltungen der am Prozess Beteiligten<br />
werden ihre unterschiedlichen Interessen stärker<br />
oder schwächer verfolgt. Werthaltungen wirken da<br />
Jei direkt auf Handlungen einzelner, auf das Wissen<br />
(Selektivität der Informationen) <strong>und</strong> auf die Wahrnehmung<br />
der Konsequenzen des eigenen Handeins.<br />
Bezogen auf Werte <strong>und</strong> Verhalten sind vom Teilprojekt<br />
3.2 (Wissen <strong>und</strong> Werte) folgende Thesen<br />
formuliert worden:<br />
Gesellschaftliche Werte sind gr<strong>und</strong>sätzlich sehr<br />
stabil; Änderungen erfolgen in einem sehr langen<br />
Zeithorizont. Individuelle Werte werden vor allem<br />
im Rahmen der Sozialisation ausgebildet. Verschiebungen<br />
individueller Werte sind aber auch im späteren<br />
Leben noch möglich. Solche Wertverschiebungen<br />
werden <strong>durch</strong> einschneidende Einflüsse auf<br />
das Leben von Personen ausgelöst.<br />
Neue Erkenntnisse, die sowohl <strong>durch</strong> eigene<br />
Erfahrung gewonnen als auch von Fremdpersonen<br />
übermittelt sein können, wirken verschieden auf die<br />
Veränderung von Werten. Bestätigt eine Erkenntnis<br />
die eigene Werthaltung, wirkt sie verfestigend auf<br />
Jie bisherige Werthaltung. Widerspricht eine Erkenntnis<br />
aber der eigenen Werthaltung, wird die<br />
Erkenntnis erfasst, ohne die Werthaltung zu verändern.<br />
N eben persönlichen Wertvorstellungen<br />
haben auch äussere Faktoren wie Werthaltungen des<br />
Arbeitgebers, des Verbandes etc. einen Einfluss auf<br />
das persönliche Verhalten (Teilprojekt 3.2, 1995).<br />
Entstehung<br />
Beeinflussung von Zielen<br />
Slade (1994) hat verschiedenste Beweggründe formuliert,<br />
die zu Zielen führen können, so bspw.<br />
Bedürfnis-Befriedigung, Erreichen einer Leistung<br />
oder Bewältigung von Problemen. Dabei spielen<br />
immer auch Pflichten <strong>und</strong> Verantwortung gegenüber<br />
der Gesellschaft <strong>und</strong> der <strong>Umwelt</strong> eine Rolle. Ziele<br />
können sowohl basierend auf rationalen Überlegungen<br />
als auch aus emotionalen Gründen enstehen. Die<br />
Beeinflussung der Zielbildung kann auf verschie-<br />
denste Art <strong>und</strong> Weise erfolgen (Bandura, 1989; Lee<br />
et al., 1989; SIade, 1994).<br />
Beeinflussung der Zie/bildung:<br />
e Rahmenbedingungen<br />
.. Feedback, d.h. Wahrnehmung der eigenen Leistung<br />
e fremdbestimmte, nicht eigene Ziele (z.B. Zielsetzung<br />
<strong>durch</strong> legitimierte Autoritäten, <strong>durch</strong> peeroder<br />
pressure groups)<br />
I) Zieleinbezogenheit (Einbezug in vorgegebene<br />
Ziele)<br />
.. Zielakzeptanz (Akzeptanz fremder Ziele)<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
243
Zielbildung<br />
_<br />
• Anreize, Belohnungc:n, Bestrafungen<br />
lO die Öffentlichkeit der Zielverpflichtung<br />
.. das Vorgehen bei Zielaushandlung (Partizipation,<br />
Kooperation)<br />
.. Autoritäts- <strong>und</strong> Gruppendruck<br />
• Informationen<br />
@ Wissen<br />
Auch einflussreiche Persönlichkeiten <strong>und</strong> Organisationen<br />
in verschiedenster Funktion können eine<br />
mehr oder minder starke Wirkung auf die Zielbildung<br />
ausüben (Selchert, 1992).<br />
Methoden zur Unterstützung der Zielbildung<br />
Eine eigentliche Methode für die Zielbildung gibt es<br />
nicht. Verschiedene Planungsmethoden betrachten<br />
die Zielbildung aber als Planungsvoraussetzung wie<br />
bspw. die «Bauliche Wertanalyse» (Wiegand, 1989)<br />
oder beinhalten Ansätze zur Unterstützung der<br />
Zielbildung wie bei der «Kooperativen Planung».<br />
Bisher wurde bei der Planung grösserer Projekte<br />
oft das sogenannte «DEAD»-Prinzip angewendet:<br />
DEcide, Announce and Defend. Dabei traf bspw.<br />
ein Bauherr die Entscheidung über ein Projekt, kündigte<br />
diese der Öffentlichkeit an <strong>und</strong> verteidigte<br />
sie anschliessend. Kooperative Planung ist eine<br />
Methode, die über reine Information <strong>und</strong> Anhörung<br />
der Öffentlichkeit hinausgeht. Sie ist eine Methode,<br />
die den Einbezug vieler Akteure <strong>und</strong> die Integration<br />
der unterschiedlichen Ansichten zum Ziel hat. Dabei<br />
ist nicht gemeint, dass einfach jedermann einbezogen<br />
werden muss, sondern es werden lediglich<br />
Meinungsträger, organisierte Gruppen (sog. pressure<br />
groups oder intermediäre Organisationen), Wirtschaft<br />
sowie Staat oder öffentliche Ämter angesprochen.<br />
Sie beinhaltet die kooperative Problembearbeitung,<br />
Erfahrungs- <strong>und</strong> Informationsaustausch<br />
<strong>und</strong> die gemeinsame Vereinbarung von Leitbildern<br />
<strong>und</strong> Zielen am «R<strong>und</strong>en Tisch». Die Projekte werden<br />
mit Hilfe von Kooperationsnetzen <strong>und</strong> Partnerschaften<br />
realisiert (Seile, 1992).<br />
3.3.2 Der Zielbildungsprozess der SEW<br />
Ausgangslage<br />
Die weltweite Überkapazität im Bereich der Produktion<br />
löste zunehmenden Konkurenzdruck aus. Ende<br />
der 70er Jahre nahm bei SE~ der Platzbedarf der<br />
Fertigung langsam ab. Der Rückgang des Platzbedarfs<br />
wurde <strong>durch</strong> die Zunahme der Leistungsstärke<br />
der Maschinen verstärkt. Zudem richtete<br />
sich die SEW vermehrt auf High Tech-Produkte mit<br />
hoher Wertschöpfung aus.<br />
Durch den geringeren Platzbedarf wurde auf dem<br />
Areal nicht betriebsnotwendiges Land frei, welches<br />
SEW ertragreich nutzen wollte. Um einen Beitrag<br />
an den Unternehmenserfolg leisten zu können,<br />
beschloss SEW, je einen Drittel des nicht mehr<br />
genutzten Landes zu verkaufen, im Baurecht abzugeben<br />
<strong>und</strong> für den Eigenbau zu verwenden.<br />
Bei SEW war der entscheidende Beweggr<strong>und</strong> für<br />
die Ausarbeitung eines Gestaltungsplanes das Erreichen<br />
einer möglichst hohen Rendite, wie auch ein<br />
Interview mit einem Direktionsmitglied der SEW<br />
bestätigte. Auch andere Beweggründe wie Prinzipien<br />
«
___--'-<br />
Zielbildung<br />
3.3.3 fazit der Analyse des lielbildungsprozesses<br />
der SEW<br />
In der Fachliteratur wird von Autoren darauf hingewiesen,<br />
dass in den frühen Phasen der Planung das<br />
Ausrnass möglicher Optimierung am grössten ist (vgl.<br />
dazu Wiegand, 1991). Die frühen Phasen umfassen<br />
dabei die Definition der Rahmenbedingungen,<br />
Bedürfnisse <strong>und</strong> Ziele sowie erste Lösungsansätze.<br />
Verglichen mit den enormen Auswirkungen der<br />
frühen Phasen auf Nutzen, Kosten, Akzeptanz,<br />
Planungs- <strong>und</strong> Realisierungszeiten sind die Aufwendungen<br />
für die Gr<strong>und</strong>lagenerarbeitung meist<br />
sehr klein. Durchschnittlich dürfte der Aufwand für<br />
die frühen Planungsleistungen bei maximal 0.8% der<br />
späteren Baukosten liegen. Deshalb besteht in dieser<br />
Phase das beste Verhältnis von Aufwand <strong>und</strong> möglicher<br />
positiver Wirkung. Mit anderern Worten: Ein<br />
angemessener Einsatz von Mitarbeitern bzw. Honoraren<br />
für externe Planer <strong>und</strong> Berater in der Anfangsphase<br />
lohnt sich meist sehr. Die Praxis der Bearbeitung<br />
während der frühen Phasen entspricht deren<br />
Bedeutung meist in keiner Weise (Wiegand, 1991).<br />
werden konnte. Informationen für die Zielbildung<br />
stellten einerseits ein Baujurist <strong>und</strong> die beigezogene<br />
Architektengemeinschaft zur Verfügung, andererseits<br />
erhielt die SEW diverse Unterlagen von kontaktierten<br />
Ämtern. Es wurde zudem eine Raumverträglichkeitsstudie<br />
von Basler & Hoffmann erstellt.<br />
Nachdem die Ziele mit der Geschäftsleitung abgestimmt<br />
wurden, bezog SEW eine Architektengemeinschaft,<br />
Coop als Landbesitzerin eines kleinen<br />
Gr<strong>und</strong>stücks auf dem SEW-Areal (siehe DER FALL,<br />
Abschnitt 3.2) <strong>und</strong> die Stadt Zürich mit ein.<br />
Beeinflussung der lielbildung<br />
Eine Beeinflussung der eigenen Zielbildung <strong>durch</strong><br />
Interessengruppen (Anwohner, Presse etc.) hat nach<br />
Angaben eines interviewten Direktionsmitgliedes<br />
der SEW nicht stattgef<strong>und</strong>en. Ebensowenig sind<br />
Wünsche potentieller Investoren bei der Zielbildung<br />
miteingeflossen, da die Promotion erst nach dem<br />
Vorliegen des Gestaltungsplanes erfolgte. Auch die<br />
Wünsche der Stadt waren bei der Zielfestlegung<br />
nicht relevant.<br />
Ziele können im Laufe der Zeit an veränderte<br />
Rahmenbedingungen angepasst werden. So könnte<br />
bspw. eine Veränderung der Konjunkturentwicklung,<br />
des Immobilienmarktes, der Konkurrenzfähigkeit<br />
des Werkplatzes Schweiz oder im Prozedere der<br />
Baubewilligung eine Überarbeitung der Ziele der<br />
SEW zur Folge haben.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Mängel sind einerseits die oft<br />
geringen Anstrengungen bei der Gr<strong>und</strong>lagenerarbeitung<br />
<strong>und</strong> die qualitativ unzureichende<br />
Form der Bearbeitung. Mögliche Ursachen sind<br />
dabei Überschätzen des eigenen Informationsstandes,<br />
Unterschätzen der Vernetzung eines<br />
Projektes, Vorherrschen einer einseitigen Fachausbildung<br />
oder auch der Mangel an Lösungswissen<br />
(Wiegand, 1991).<br />
Der eigentliche Zielbildungsprozess bei SEW fand<br />
rein firmenintern im kleinen Kreis statt. Es liess<br />
sich nicht feststellen, wieviel Zeit <strong>und</strong> Mittel für<br />
diese Planungsphase aufgewendet wurden. Deshalb<br />
sind diesbezüglich für SEW keine weitergehenden<br />
Schlussfolgerungen möglich. Gr<strong>und</strong>sätzlich stellt<br />
die Definition klarer, arealbezogener Ziele, wie sie<br />
bei der SEW stattfand, eine gute Ausgangslage für<br />
eine weitergehende kooperative Planung dar (vgl.<br />
Abschnitt 3.4.5).<br />
3.4 Gestaltungsplan<br />
Einleitend wird der Ablauf des Aushandlungsprozesses,<br />
in dem es zum heutigen Gestaltungsplan<br />
kam, analysiert. Ausserdem soll in diesem Abschnitt<br />
analysiert werden, welche Ziele der verschiedenen<br />
Akteure im «Privaten Gestaltungsplan Escher-Wyss<br />
Gebiet" nicht explizit berücksichtigt wurden. Dafür<br />
werden die in Abschnitt 3.2 zusammengestellten<br />
Ziele der Interessengruppen mit dem Gestaltungsplan<br />
verglichen.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
245
Zielbildung<br />
_<br />
3.4.1 Gr<strong>und</strong>züge<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich regelt der Gestaltungsplan die Nutzungsweisen<br />
auf dem SEW-Areal. Nebst einem<br />
Bereich für die produzierende Industrie sieht der<br />
Gestaltungsplan Einrichtungen für industrielle <strong>und</strong><br />
industrienahe Nutzungen, d.h. für eine interdisziplinäre<br />
Forschung, Entwicklung <strong>und</strong> Produktion<br />
industrieller Güter vor. Die dritte Nutzungsweise<br />
umfasst Wohnungen, Gewerbe- <strong>und</strong> Dienstleistungsbetriebe,<br />
wobei Banken, Versicherungen <strong>und</strong><br />
Büroabteilungen der öffentlichen Hand ausgenommen<br />
bleiben. Eine zweite Hauptstossrichtung beschäftigt<br />
sich mit planungs- <strong>und</strong> bau technischen<br />
Anforderungen an zukünftige Gebäude. In einem<br />
dritten Teil wird die Gestaltung der Gebäude <strong>und</strong><br />
Freiräume festgelegt. Dabei' müssen die zentralen<br />
Freiräume hohe gestalterische <strong>und</strong> ökologische<br />
Anforderungen erfüllen, öffentlich zugänglich <strong>und</strong><br />
von Altlasten befreit sein. Zudem sind Bauten,<br />
Anlagen <strong>und</strong> Umschwung im Hinblick auf den<br />
ökologischen Ausgleich im Sinne der Natur- <strong>und</strong><br />
Heimatschutzverordnung zu optimieren. Ein letzter<br />
Abschnitt beschäftigt sich mit der Erschliessung<br />
des SEW-Areals. Dabei werden sowohl der nicht<br />
motorisierte Verkehr (Fussgänger, Fahrrad) <strong>und</strong> der<br />
öffentliche Verkehr als auch der Individualverkehr<br />
geregelt. Darunter fallen auch Regelungen über die<br />
Parkierung. Der <strong>Umwelt</strong>schutz wird explizit unter<br />
den Teilaspekten Lärmschutz, Energie, Abwasser,<br />
Abfälle <strong>und</strong> Altlasten behandelt.<br />
3.4.2 Entstehung<br />
Beurteilung<br />
der Akteure<br />
Verhandlungsprozesses aus Sicht<br />
Mit einem Gestaltungsplan wird ermöglicht, von<br />
der Regelbauweise abzuweichen, wobei der Gestaltungsplan<br />
für bestimmte, genau umgrenzte Gebiete<br />
Zahl, Lage, äussere Abmessungen sowie Nutzweise<br />
<strong>und</strong> Zweckbestimmung der Bauten bindend festlegt<br />
(Art. 83 ff PBG). Ein Gestaltungsplan ist also gewissermassen<br />
ein «Mini-Zonenplan». Entsprechend<br />
bedarf er der Zustimmung des für den Erlass von<br />
Bau- <strong>und</strong> Zonenordnungen zuständigen Organs. Im<br />
Rahmen der von uns <strong>durch</strong>geführten Interviews<br />
wurden die Vertreter der verschiedenen Interessengruppen<br />
befragt, wie sie den Prozess zum Gestaltungsplan<br />
erlebt haben. Im folgenden sind ihre<br />
Aussagen kurz zusammengefasst.<br />
Für SEWwar der Prozess zum Gestaltungsplan recht<br />
aufwendig. Vor allem der zeitliche Aufwand gab<br />
immer wieder Anlass zu internen Diskussionen, ob<br />
der Weg des Gestaltungsplans denn wirklich der<br />
richtige sei. Die intensive Diskussion mit der Stadt<br />
wird als «gut» bezeichnet, die Vielzahl beteiligter<br />
Ämter <strong>und</strong> Kontaktpersonen wurden aber als störend<br />
empf<strong>und</strong>en. SEW würde eine einfachere administrative<br />
Lösung sehr begrüssen. Ideal wär für sie eine<br />
rollenden Planung, die Rücksicht nimmt auf Veränderungen<br />
der Wirtschafts- <strong>und</strong> Investorenlage.<br />
Dafür müsste der Gestaltungsplan flexibler ausgelegt<br />
werden können.<br />
Kooperative Planung stellt für SEW zwar eine Voraussetzung<br />
zur Zielerreichung dar, steht für sie aber<br />
im Konflikt mit dem Wunsch nach rascher Planung<br />
<strong>und</strong> Verhandlung. Aus dem Interview schliessen<br />
wir, dass der Vertreter der SEW unter dem Begriff<br />
«Kooperation» wahrscheinlich eher Partizipation<br />
versteht, d.h. zielgruppenbezogene Informations<strong>und</strong><br />
Beteiligungsangebote. Zudem wird Kooperation<br />
lediglich als Voraussetzung zur Zielerreichung ein~<br />
gesetzt <strong>und</strong> nicht als Instrument zur kooperativeI\<br />
Problembearbeitung von gemeinsamer Leitbild- <strong>und</strong><br />
Zieldefinition bis zur kooperativen Realisierung von<br />
Projekten verstanden. Der Einbezug weiterer Interessengruppen<br />
in den Verhandlungsprozess wird zwar<br />
in Erwägung gezogen, diese müssten jedoch klar<br />
<strong>und</strong> konkret formulierte Ziele vertreten können.<br />
Diese Folgerung wird <strong>durch</strong> die Aussage eines<br />
weiteren Direktionsmitgliedes der SEW unterstützt,<br />
der angab, die SEW wolle, obwohl der Einbezug der<br />
Öffentlichkeit in den Planungsprozess angestrebt<br />
werde, ihre Eigeninteressen maximal wahrnehmen<br />
<strong>und</strong> die Mitsprache auf Rahmenbedingungen beschränken<br />
(Interviews mit Direktionsmitgliedern<br />
der SEW, 1995).<br />
Das Hochbauamt 11 hat aufgr<strong>und</strong> seiner Funktion<br />
als Verwaltungsstelle der Stadt Zürich anfangs eine<br />
eher passive, abwartende Position eingenommen~<br />
Erst bei den Absprachen für den endgültigen Gestal!<br />
tungsplan überprüft die Stadt die im Plan formulierten<br />
Ziele der SEW darauf, ob sie mit den eigenen<br />
Zielen vereinbar sind. Allfällige Widersprüche werden<br />
anschliessend in einem bilateralen, iterativen<br />
Prozess bereinigt. Die Stadt würde einen kooperativen<br />
Planungsprozess begrüssen, will die Initiierung<br />
aber dem Gr<strong>und</strong>eigentümer überlassen. Der Vertreter<br />
des Bauamtes II betonte insbesondere die<br />
Vorteile eines solchen Vorgehens. Seiner Meinung<br />
nach wäre eine Beteiligung möglichst vieler Akteure<br />
vorteilhaft, da so jeder kleine Gewinne machen<br />
würde <strong>und</strong> deshalb eine Volksabstimmung eher verhindert<br />
würde.<br />
KraftWerk hatte von Anfang an eine schwierige<br />
Verhandlungsposition, da es weder politisch noch<br />
wirtschaftlich grossen Rückhalt hat. Aus der Sicht<br />
des Interviewpartners verhärteten sich trotz gutem<br />
246<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
--------------'----------------<br />
Zielbildung<br />
Verhandlungsstart die Fronten bereits nach kurzer<br />
Zeit aufgr<strong>und</strong> von Kommunikationsproblemen. So<br />
würde sich ein von uns interviewter Vertreter in der<br />
Entwicklungsplanung denn auch eine mehr inhaltliche<br />
als politische Diskussion wünschen. Der Planungsprozess<br />
sollte generell demokratisiert werden.<br />
KraftWerk war bei der Durchsetzung seiner Interessen<br />
ganz auf seine eigene Initiative angewiesen,<br />
wurden aber mit Ausnahme der SVP-Kampagne<br />
gegen ein Vorgängerprojekt nicht behindert. Generell<br />
ist der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit Kraft<br />
Werk sehr wichtig, sie möchten die Öffentlichkeit<br />
über Vorhaben informieren <strong>und</strong> «aufwecken".<br />
Nach Aussage des Präsidenten des Quartiervereins<br />
nahm SEW wegen der Krise in der Maschinenindustrie<br />
die Aussprache mit dem Quartiervereill<br />
schon sehr früh auf <strong>und</strong> war immer mit ihm in Kon<br />
"akt. Die Zusammenarbeit mit der SEW wurde als<br />
gut bezeichnet. Dem gegenüber wirft der Quartierverein<br />
der Stadt zu kurzfristiges Denken <strong>und</strong><br />
mangelnde Kommunikation vor. Es wäre besser<br />
gewesen, sich zu Beginn der Planung abzusprechen<br />
<strong>und</strong> ein gemeinsames<br />
Leitbild zu entwerfen. Die<br />
Arch<br />
kooperative Zielaushandlung<br />
wird als zentrales Bauherr<br />
Bauamt I<br />
Element bei der Gestaltung<br />
Gestaltk<br />
eines solchen Pro<br />
Invest<br />
jekts betrachtet. Deshalb<br />
Kraftwerk<br />
möchte der Quartierverein<br />
Kreisarch<br />
einen R<strong>und</strong>en Tisch mit Medien<br />
anderen Quartieren <strong>und</strong> ORL<br />
der Stadt zur Lösung anstehender<br />
SBN<br />
Probleme schaf<br />
Sozialamt<br />
SPA<br />
fen. Damit könnte auch<br />
UFS<br />
eine bessere Koordination<br />
erreicht werden.<br />
Legende zu den Abb. 3.4.3.1 <strong>und</strong>3_4.3.2.<br />
Abb. 3.4.3.1 Beurteilungdergegenseitigen Relevanz.<br />
Architekten~ welche den Gestaltungsplan SEW ersteHt haben ..<br />
Bauamt Ider Stadt Zürich<br />
SEW<br />
Fachkommission Gestaltungsplan im Gemeinderat der Stadt<br />
Zürich<br />
SBG<br />
Verein Kraftwerk<br />
Kreisarchitekt Kreis 5<br />
Institut für Orts-Regional- <strong>und</strong> Landesplanung der ETH Zürich<br />
. Schll'eizerischer JiiIlidfÜrNaturschutz<br />
Sozialamt der Stadt Zürich<br />
.• StadtlllaI1ungsallltZÜrich •• ·<br />
Umweitschutzfachstelle der Stadt Zürich<br />
\<br />
IINVESTf-'IATHf~<br />
IBAUlERRI<br />
/<br />
IGESTCTKI<br />
I<br />
I7:K=R:=:EI~SA""'R""C""H""'1<br />
Abb. 3.4.3.2 Gradder Zusammenarbeit.<br />
3.4.3 Beziehungen. zwischen ausgewählten Akteuren<br />
Um die Relevanz der einzelnen Handlungsträger<br />
<strong>und</strong> den Grad ihrer Zusammenarbeit analysieren<br />
zu können, wurde vom Teilprojekt 4.3 (Recht <strong>und</strong><br />
Vollzug) eine Befragung einiger am Planungs- <strong>und</strong><br />
Bauprozess beteiligter Akteure <strong>durch</strong>geführt (vgl.<br />
Abschnitt 2). Die Resultate können aufgr<strong>und</strong> der<br />
geringen Anzahl Befragter aber kein statistisch signifikantes<br />
Ergebnis liefern. Zudem wollte das Bauamt<br />
II keine Stellungnahme abgeben. Die Auswertung<br />
der Netzwerkanalyse zeigen die Abbildungungen<br />
3.4.3.1 <strong>und</strong> 3.4.3.2. Die verwendete Software rückt<br />
diejenigen Akteure näher zusammen, die sich gegenseitig<br />
für relevant halten (Abb. 3.4.3.1) <strong>und</strong> eine sehr<br />
starke Zusammenarbeit (Abb. 3.4.3.2) aufweisen.<br />
Da<strong>durch</strong> werden die relevantesten Akteure bzw. die<br />
am engsten zusammenarbeitenden Akteure ins Zentrum<br />
der Graphik gerückt. Um die Übersichtlichkeit<br />
der Graphik nicht zu gefährden, wurden jeweils nur<br />
die relevantesten bzw. am engsten zusammenarbeitenden<br />
Akteure berücksichtigt (Teilprojekt 4.3,<br />
1995).<br />
Die Relevanz <strong>und</strong> Stärke der Zusammenarbeit<br />
wurde von den einzelnen Gruppen zum Teil recht<br />
unterschiedlich bewertet <strong>und</strong> gewichtet. Es stellte<br />
sich aber heraus, dass von allen Befragten das Bauamt<br />
II, der Bauherr sowie die Investoren als die relevantesten<br />
Akteure bezeichnet wurden. Im Bereich<br />
der Zusammenarbeit sind die Architektengemeinschaft<br />
<strong>und</strong> das Stadtplanungsamt am stärksten ins<br />
«Arbeitsbeziehungsnetz» eingeflochten.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 247
Zielbildung<br />
_<br />
Stadt<br />
Aufgr<strong>und</strong> der allgemeinen Formulierung der Ziele<br />
der Stadtentwicklung 1995 ergeben sich kaum<br />
Widersprüche zu den im Gestaltungsplan aufgeführten<br />
Zielen. Erst die konkrete Umsetzung der Ziele<br />
der Stadtentwicklung 1995 auf das SEW-Areal mit<br />
seinem Gestaltungsplan dürfte genauer zeigen, weIche<br />
Ziele die Stadt nicht umsetzen konnte. Das<br />
Interview mit einem Vertreter des Bauamts II hat<br />
in dieser Beziehung einige nicht umgesetzte Ziele<br />
der Stadt aufgezeigt. Der von SEW gesetzte Schwerpunkt<br />
der industrienahen Nutzung wurde akzeptiert,<br />
um die Attraktivität des Standortes Zürich für SEW<br />
aufrecht zu erhalten. Dennoch wurde die von der<br />
Stadt gewünschte Nurzungs<strong>durch</strong>mischung erreicht.<br />
Besonders bedauert wurde die von SEW <strong>durch</strong>gesetzte<br />
Aufteilung des Areals, welche die Kernzone<br />
der industrienahen Nutzung vorbehält <strong>und</strong> die<br />
Wohnzonen an den Rand des Areals rückt. Zudem<br />
hätte sich die Stadt eine Öffnung des Areals zum<br />
Escher-Wyss-Platz hin gewünscht. Dies wurde jedoch<br />
<strong>durch</strong> das Festhalten der SEW an ihrem<br />
Stammhaus an der Ecke zum Escher-Wyss-Platz<br />
verunmöglicht.<br />
3.4.4 Nicht herücksichtigte Anforderungen<br />
Die folgende Zusammenstellung stützt sich auf<br />
verschiedene Unterlagen <strong>und</strong> auf die Interviews. Dabei<br />
wird versucht, v.a. aus der Sicht der Interviewten<br />
darzustellen, welche ihrer ursprünglichen Gruppenziele<br />
nicht im Gestaltungsplan umgesetzt wurden.<br />
Berücksichtigt wurden nur Akteure, die explizite<br />
Ziele für das SEW-Areal formuliert oder im Interview<br />
Angaben zu nicht umgesetzten Zielen gemacht<br />
hatten.<br />
SEW<br />
Die Nicht-Zulassung von Banken, Versicherungen<br />
<strong>und</strong> Büroabteilungen von öffentlichen Verwaltungen<br />
auf dem SEW-Areal führt nach Ansicht der SEW zu<br />
Rentabilitätseinbussen <strong>und</strong> wird deshalb eindeutig<br />
bedauert. Aus demselben Gr<strong>und</strong> hätte sich SEW<br />
auch gesamthaft einen höheren Dienstleistungsanteil<br />
gewünscht, dies umso mehr, als auch die<br />
Arbeitsvorbereitung der heutigen Produktion eine<br />
Dienstleistung darstellt. Was die zentralen Freiräume,<br />
die Denkmalsc.hurzauflagen <strong>und</strong> den ökologischen<br />
Ausgleich betrifft, muss die SEW Auflagen<br />
erfüllen, die weitergehen als ursprünglich von ihr<br />
vorgesehen. Nach Meinung von SEW sei ökologischer<br />
Ausgleich nur sinnvoll, wenn er einfacher<br />
zu handhaben <strong>und</strong> finanziell tragbar ist. Auch die<br />
Forderung nach mehr Parkplätzen konnte die SEW<br />
nicht <strong>durch</strong>setzen.<br />
Investor<br />
Gemäss Interview mit einem Vertreter des Schauspielhauses<br />
könnte die Schauspielhaus AG alle ihre<br />
Nutzungen im Rahmen des Gestaltungsplans realisieren.<br />
Es wird jedoch deutlich gemacht, dass ausser<br />
bei der Schiffbauhalle keine Nutzung von Altsubstanz<br />
vorgesehen ist, da diese nicht ihren Anforderungen<br />
entspricht. Auch die Schiffbauhalle würde<br />
nicht weiter genutzt, stünde sie nicht unter Denkmalschutz.<br />
Man erwartet bei der architektonischen<br />
Realisierung noch einige Schwierigkeiten, so kommt<br />
bspw. mit den unter Denkmalschutz stehenden, einfach<br />
verglasten Fensterscheiben eine Beheizung der<br />
Schiffbauhalle nicht in Frage.<br />
Technopark<br />
Der von uns interviewte Vertreter des Technoparks<br />
Zürich bemängelt insbesondere die nach wie vor<br />
bestehende Trennung der Arbeitsbereiche Dienstleistung,<br />
Produktion, Industrie <strong>und</strong> Gewerbe. Diese<br />
verhindert nach Aussage des Interviewpartners unter<br />
Umständen die Ansiedlung bestimmter K<strong>und</strong>en wie<br />
bspw. des Nachrichtenmagazins CASH.<br />
KraftWerk<br />
KraftWerk strebt mit sowohl personell als auch funktionell<br />
<strong>und</strong> örtlich zusammengefassten Haushalten,<br />
248<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___~<br />
Zielbildung<br />
Produktion <strong>und</strong> Landwirtschaft eine noch weitergehende<br />
Nutzungs<strong>durch</strong>mischung an, die als Gr<strong>und</strong>idee<br />
nicht umgesetzt wurde. Auch der von KraftWerk<br />
vorgeschlagene Verteilschlüssel für das Areal (54%<br />
Wohnfläche, 31 % Arbeitsfläche <strong>und</strong> 15% Öffentliche<br />
Fläche) wurde nicht berücksichtigt. Damit ist insbesondere<br />
der Wohnanteil deutlich höher als im<br />
Gestaltungsplan vorgesehen (mind. 5% des Gesamtareals<br />
ohne Stammareal). Der Pendlerproblematik<br />
soll mit einem Verhältnis von 1: 1 zwischen Arbeits<strong>und</strong><br />
Wohnplätzen begegnet werden. Mit der Zuteilung<br />
der Schiffbauhalle zur industrienahen Nutzung<br />
kann das von KraftWerk dort geplante Quartierzentrum<br />
nicht verwirklicht werden.<br />
3,4,5 Fazit<br />
Bei der Entstehung des vorliegenden Gestaltungs<br />
,Aanes zum SEW-Areal fanden bilaterale Verhandlungen<br />
zwischen SEW <strong>und</strong> der Stadt Zürich statt.<br />
Gemäss dem Interview mit einem Vertreter des<br />
Bauamts n war das wichtigste Ziel der Stadt, SEW<br />
in Zürich behalten zu können. Diese Ausgangslage<br />
gab" SEW eine starke Position im Verhandlungsprozess.<br />
SEW konnte ihre wichtigen Anliegen <strong>durch</strong>setzen,<br />
obwohl diese mit den Zielen der Stadt Zürich<br />
stellenweise nur schwer in Einklang zu bringen<br />
waren. Auf der anderen Seite konnte auch SEW<br />
einige Ziele nicht umsetzen. Diese Erkenntnisse<br />
wurden anhand des Vergleichs der ursprünglichen<br />
Ziele der verschiedenen Interessengruppen mit den<br />
im Gestaltungsplan enthaltenen Anforderungen<br />
erhärtet. Dennoch kann gesagt werden, dass sowohl<br />
SEW wie auch die Stadt ihre Ziele mehrheitlich<br />
verwirklichen konnten. Ziele anderer Interessengruppen<br />
(wie etwa KraftWerk) sind nur dann einq;eflossen,<br />
wenn es einer Interessengruppe gelang,<br />
.:inen der Hauptverhandlungspartner davon zu überzeugen,<br />
ihre Ziele in den Verhandlungen zu vertreten.<br />
der Entstehung des Gestaltungsplanes aktiv teilnehmen<br />
zu lassen (vgl. Kapitel RAUM-NuTZUNGS-VER<br />
HANDL UNGEN).<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich soll der Weg zum Verhandlungstisch<br />
für alle offen sein. Es ist aber sinnvoll,<br />
Individualinteressen zusammenzufassen,<br />
zu organisieren <strong>und</strong> <strong>durch</strong> Interessensvertreter in<br />
die Gesprächsr<strong>und</strong>en einzubringen. Zusammenarbeit<br />
ist unserer Meinung nach eine gr<strong>und</strong>legende<br />
Voraussetzung zur Definition <strong>und</strong> Umsetzung<br />
langfristiger gesellschaftlicher Ziele.<br />
Dies gilt insbesondere für langfristige wirtschaftliche<br />
Entwicklungen <strong>und</strong> die Umsetzung eines<br />
ganzheitlichen <strong>Umwelt</strong>schutzes. Für eine fruchtbare<br />
Zusammenarbeit verschiedenster Interessensgruppen<br />
bei der Ausarbeitung eines Gestaltungsplans<br />
stellt unseres Erachtens die von Seile<br />
(1994) beschriebene Kooperative Planung eine<br />
gute Methode dar. Sie kann nicht nur eine<br />
verbesserte Kommunikation <strong>und</strong> Beteiligung,<br />
sondern eine echte Kooperation verschiedener<br />
Interessensgruppen erreichen.<br />
Der Verhandlungsprozess kann <strong>durch</strong> Schwierigkeiten<br />
beim Erreichen eines Konsens in die Länge<br />
gezogen werden. Die Praxis aber zeigt, dass bei der<br />
Betrachtung des gesamten Planungsprozesses ein<br />
anfänglicher Mehraufwand wettgemacht werden<br />
kann; dies sowohl <strong>durch</strong> kurze <strong>und</strong> reibungslose<br />
3,4,6 Vorgehelisalterilativen<br />
In den bisherigen Ausführungen beurteilten wir<br />
den Zielbildungs- <strong>und</strong> Planungsprozess. Nachfolgend<br />
beschreiben wir einen Planungsprozesses<br />
<strong>und</strong> die dafür nötigen Voraussetzungen, welcher<br />
insbesondere im Bereich der Bedürfnisermittlung<br />
<strong>und</strong> Zieldefinition Verbesserungen bringen kann.<br />
Die im Gestaltungsplan festgesetzten Anforderungen<br />
beeinflussen die nachfolgenden Entscheidungsprozesse<br />
für das Bauvorhaben entscheidend. Ziele,<br />
die nicht ausdrücklich im Gestaltungsplan aufgeführt<br />
sind, werden später kaum mehr berücksichtigt.<br />
Es erscheint uns deshalb von grosser Wichtigkeit,<br />
möglichst viele Interessensgruppen im Prozess<br />
UNS·<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
249
Zielbildung<br />
Bewilligungsverfahren als auch <strong>durch</strong> das Ausbleiben<br />
von Einsprachen nach der Baubewilligung. Damit<br />
sinkt das Risiko, dass ein Bauvorhaben verzögert<br />
oder im schlimmsten Fall gar nicht ausgeführt werden<br />
kann. Durch die zeitlichen Beschleunigung des<br />
Bewilligungsverfahrens ist gleichzeitig auch eine<br />
Kostensenkung möglich. Prominentes Beispiel für<br />
Bauverzögerungen infolge mangelhafter Kooperation<br />
ist die Gleisüberbauung Wipkingen der Firma Heinrich<br />
Hatt-Haller AG. Nach einer verspäteten <strong>und</strong><br />
ungenügenden Information seitens der Bauherren<br />
formierte sich aus dem Kreis der Quartierbevölkerung<br />
vehementer Widerstand gegen das Projekt.<br />
Dies führte zu mehrmaliger Ablehnung der Baupläne<br />
<strong>und</strong> zu einer Verzögerung des Baubeginns um mehrere<br />
Jahre.<br />
Die Kooperative Planung soll aber nicht nur Zeit<br />
<strong>und</strong> Geld einsparen, sondern auch den Informationsfluss<br />
unterstützen. Durch die Berücksichtigung<br />
verschiedenster Interessensgruppen soll vermehrt<br />
Fachwissen in den Planungsprozess einfliessen. Dieses<br />
Fachwissen kann aufgr<strong>und</strong> der oft komplexen<br />
Problemstellungen gar nicht von einer Institution<br />
alleine geliefert werden. Der Austausch von verschiedenen<br />
Sichtweisen soll zudem das vernetzte<br />
Denken fördern <strong>und</strong> den Planungshorizont erweitern.<br />
Da<strong>durch</strong> kann die Qualität des «Produktes»<br />
verbessert <strong>und</strong> ein Schritt in Richtung ganzheitlicher<br />
Lösungen getan werden.<br />
Kooperation soll auf freiwilliger Basis beruhen<br />
<strong>und</strong> darf nicht erzwungen werden.<br />
Ämter können die Kooperation fördern, indem sie<br />
andere zur Teilnahme motivieren <strong>und</strong> eine Plattform<br />
für die Kooperation schaffen. Eine Verwaltung, die<br />
nur wartet, bis Baugesuche eingereicht werden, wird<br />
nie kreativ in das Geschehen eingreifen können. Es<br />
ist aber wichtig, dass auch Gr<strong>und</strong>eigentümer Bereitschaft<br />
zur Kooperation zeigen <strong>und</strong> dafür Initiative<br />
ergreifen. Voraussetzung bildet das Schaffen von<br />
Anreizen <strong>und</strong> das Erkennen der Vorteile der kooperativen<br />
Planung. Kooperative Planung ist allerdings<br />
überall dort das falsche Instrument, wo die Interessengruppen<br />
aufIhrer Maximalposition beharren, <strong>und</strong><br />
keine Bereitschaft zeigen, Kompromisse einzugehen.<br />
4<br />
Obwohl bereits an verschiedener Stelle auf Schwierigkeiten,<br />
die während der Bearbeitung unserer<br />
Fragestellung aufgetreten sind, hingewiesen wurde<br />
(siehe Abschnitt 2), möchten wir an dieser Stelle<br />
doch einige zusammenfassende Thesen formulieren.<br />
Die Thesen gründen auf einer Gesamtübersicht über<br />
diverse Aussagen in Interviews sowie auf verschiedenen<br />
Unterlagen <strong>und</strong> Literatur zum Thema. Die<br />
Gültigkeit der Thesen kann mit verschiedenen<br />
qualitativen <strong>und</strong> quantitativen Methoden genauer<br />
überprüft werden.<br />
These 1: Entscheidung in den frühen Phasen<br />
Die frühen Phasen der Planung ist für das Endprodukt<br />
enorm entscheidend. In diesen Phasen werden<br />
die Eckpfeiler für das Projekt gesetzt. Ziele, di(<br />
nicht bereits in den frühen Phasen der Planung<br />
berücksichtigt werden, lassen sich zu einem späteren<br />
Zeitpunkt nur schwer integrieren. Ökologische Eckpfeiler<br />
sollen deshalb bei Projektbeginn gesetzt<br />
werden.<br />
These 2: Optimierung <strong>durch</strong> Mehraufwand inden<br />
frühen Phasen<br />
Der Aufwand, welcher für die frühen Planungsphasen<br />
betrieben wird, ist im Verhältnis zu ihren<br />
Auswirkungen oft zu gering. Das Endergebnis kann<br />
bereits mit einer kleinen Steigerung des personellen<br />
<strong>und</strong> finanziellen Aufwandes in den frühen Planungsphasen<br />
verbessert werden. Das Ausmass möglicher<br />
Optimierungen ist am Anfang am grössten.<br />
These 3: Zieldifferenlen <strong>durch</strong> unterschiedliche<br />
Zielhierarchien<br />
Auf der Ebene übergeordneter Ziele herrscht<br />
ein weitgehender Konsens zwischen verschiedenen<br />
Interessengruppen. Die Differenzen werden umso<br />
grösser, je konkreter die übergeordneten Ziele ausformuliert<br />
ist. Diese Differenzen ergeben sich dabei<br />
aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Zielhierarchie bei<br />
den verschiedenen Interessengruppen.<br />
_<br />
These 4: Stellenwert ökologischer Ziele<br />
Bei
__________________________________________Zielbildung<br />
These 5: Unterschiede persönlicher <strong>und</strong> betrieblicher<br />
<strong>Umwelt</strong>anliegen<br />
Der Stellenwert der <strong>Umwelt</strong>anliegen zeigt eine mehr<br />
oder weniger starke Diskrepanz zwischen öffentlichen<br />
Äusserungen <strong>und</strong> Firmenleitbildern. Dabei<br />
wird der Ökologie in mündlichen Aussagen meist<br />
mehr Gewicht beigemessen als in schriftlichen.<br />
These 6: lie,lbil,du1llg als Eraebll!is von Einzelinitiativen<br />
Die firmeninterne Zielbildung ist oft von der Initiative<br />
Einzelner abhängig <strong>und</strong> wird deshalb <strong>durch</strong><br />
deren Einstellung massgeblich geprägt.<br />
These 7:<br />
Definition von Kooperation<br />
Kooperation wird von den betrachteten Akteuren<br />
Jnterschiedlich definiert. Während für die einen bereits<br />
Verhandlungen mit einer weiteren Interessengruppe<br />
Kooperativität bedeutet, verstehen andere<br />
darunter den Einbezug sämtlicher Gruppen, die<br />
Interesse an einer Teilnahme haben.<br />
AGW (1993): Altlastenbearbeitung: Einführung in die Altlastenpraxis<br />
des Kantons Zürich. Amt für Gewässerschutz <strong>und</strong> Wasserbau<br />
des Kantons Zürich.<br />
AGW (1995): Achtung Abfall, Altlasten. Amt für Gewässerschutz<br />
<strong>und</strong> Wasserbau des Kantons Zürich.<br />
Bandura, A. (1989): Self-Regulation of Motivation and Action<br />
Through Internal Standards and Goal Systems. In L.A. Pervin<br />
(Eds.), Goal Concepts in Personality and Social Psychologiy<br />
(pp. 19-86)..Hillsdale: Lawrence Erlbaum Associates.<br />
Blum, M. & Hofer, A. et al. (1993): KraftWerk 1. Projekt für das<br />
Sulzer-Escher Wyss Areal. Zürich: Paranoia City.<br />
BUWAL (1992): Abfallkonzept für die Schweiz. Ziele, Mass-<br />
. nahmen, Wirkung; BUWAL Schrifenreihe <strong>Umwelt</strong> Nr. 173, Dokumentationsdienst<br />
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft,<br />
3003 Bern.<br />
BUWAL (1994): Altlastenkonzept für die Schweiz. BUWAL<br />
Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong> 220, Dokumentationsdienst B<strong>und</strong>esamt<br />
für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft, 3003 Bern.<br />
Ferrari, L. (26.11.1993): Das verbotene Fabrikareal soll zugänglich<br />
werden. Die Pläne für die neue Nutzung des Escher-Wyss-Areals<br />
liegen jetzt vor. Tages Anzeiger, 101 (276), S. 19.<br />
Friedrichs, J. (1985): Methoden empirischer Sozialforschung.<br />
Opladen: Westdeutscher Verlag.<br />
Hasler, T. (22.10.1991): Sulzer-Escher-Wyss plant ihre Zukunft:<br />
Der Technopark soll im April 1992 eröffnet werden - Gestaltungsplan<br />
steht noch aus. Tages Anzeiger, 99 (245), S. 29.<br />
Kanton Zürich (1994): Statistisches Jahrbuch des Kantons Zürich.<br />
Zürich: Statistisches Amt des Kantons Zürich.<br />
Lee, T.W., Locke, E.A. & Latham, G.P. (1989): Goal Setting<br />
Theory and Job Performance. In L.A. Pervin (Eds.), Goal<br />
Concepts in Personality and Social Psychologiy, (291-326). Hillsdale:<br />
Lawrence Erlbaum Associates.<br />
Neue Zürcher Zeitung (22.10.1994): Im Spannungsfeld von Zinsen<br />
<strong>und</strong> Einkommen. SBG Studie zu den Schweizer Immobilienpreisen.<br />
Zürich: NZZ-Verlag.<br />
Neue Zürcher Zeitung (16:3.1995): Die Zukunft des Escher-Wyss<br />
Gebiets. Neue Zürcher Zeitung, Pressemitteilung der Stadt, 216<br />
(63), S. 55.<br />
Neue Zürcher Zeitung (24./25.6.1995): Neue Schauspiel AG für<br />
dritte Werkzentrum-Variante. Neue Zürcher Zeitung, Redaktion,<br />
216 (144), S. 54.<br />
Quartierverein Zürich 5 - Industriequartier (1995): 108. Jahresbericht.<br />
Zürich: Quartierverein Zürich 5 - Indusrriequartier.<br />
Schalcher, H.R. et al. (1994): Projektmanagement <strong>und</strong> Investitiomplanung.<br />
Vorlesungs unterlagen ETH Abt. H, 7. Sem. Institut<br />
für Bauplanung <strong>und</strong> Baubetrieb, Zürich: ETHZ.<br />
Schär, S. (26.11.1993): Die Nutzungsabsicht für das Zürcher<br />
Escher-Wyss-Areal. Neue Zürcher Zeitung, 214 (276), S. 56.<br />
Scheifele, D.R. (1991): Bauprojektablauf. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Modelle<br />
für eine effiziente Ablaufplanung im Bauwesen. Schriftenreihe<br />
der Gesellschaft für Projektmanagement. Rheinland: Verlag<br />
TÜV.<br />
Schweizerische Bankgesellschaft (1994): Geschäftsbericht. Bericht<br />
des Verwaltungsrats an die Generalversammlung. SBG<br />
Schweiz.<br />
Schweizerische Bankgesellschaft (1994): Wir machen mit. Unser<br />
gemeinsamer Weg in die Zukunft. SBG Schweiz.<br />
Selchert, F.W. (1992): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre.<br />
(4 ed.). München: R. Oldenburg Verlag.<br />
Seile, K. Hrsg. (1992): Vom «sparsamen Umgang" zur «Vision<br />
offener Räume". Stadtentwicklung <strong>und</strong> Freiraumpolitik. Bau-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
251
Zielbildung<br />
_<br />
steine für kooperative Problemlösung. Werkbericht Nr. 29 der<br />
Arbeitsgruppe Bestandsverbesserung.<br />
SeIle, K. (1994): Was ist bloss mit der Planung los? Erk<strong>und</strong>ungen<br />
auf dem Weg zum Kooperativen Handeln. Ein Werkbuch. Dortm<strong>und</strong>er<br />
Beiträge zur Raumplanung, Nr 69.<br />
SEW (1995): Stellungnahme von Sulzer-Escher Wyss AG zum<br />
.Privaten Gestaltungsplan Escher Wyss-Gebiet". Sulzer-Escher<br />
Wyss AG: Zürich.<br />
Slade, S. (1994): Goal-based decision making. Hillsdale: Lawrence<br />
Erlbaum Associates.<br />
Stadtplanungsamt (1995): Entwurf zum Zwischenbericht "Entwicklungsplan<br />
Zürich-West". Zürich: Stadtplanungsamt.<br />
SULZER (1993): Leitbild <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze.Winterthur: SULZER<br />
Konzern-Information.<br />
Sulzer-Escher Wyss AG (1995): Konzeptpapier Mission-Vision<br />
Strategie-Aktionsplan. Zürich: SEW.<br />
Umbau (13.6.1995): Altlasten lasten schwer. Unabhängige Zeitung<br />
der <strong>Fallstudie</strong> 95, Nr. 6, S. 1.<br />
Werner, H. (29.6,1995): Starke Quartiere machen eine starke<br />
Stadt. Tagblattder Stadt Zürich, 159 (148), S. 1.<br />
Wiegand, J. (1989): Vom Spezialisten zum Generalisten - vom<br />
Generalisten zum Spezialisten. Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong><br />
Architekt, 107 (19), S. 501-505.<br />
Wiegand, J. (1991): Aller Anfang ist wichtig (schwer). Projektmanagement<br />
der Null-Phasen. Schweizerischer Ingenieur <strong>und</strong><br />
Architekt, 109 (48), S. 1155-1159.<br />
Wigdorovits, S. (24.3.1987): Bei den Industriezonen geht es um<br />
Geld <strong>und</strong> Arbeitsplätze. Tages Anzeiger, S. 21.<br />
Wuest <strong>und</strong> Partner (1995): Bau- <strong>und</strong> Immobilienmarkt Schweiz,<br />
Monitoring 1994. Verlag Wuest <strong>und</strong> Partner. Zürich.<br />
Ziele der Stadtentwicklung (1995), Zürich.<br />
ZIPBau (1995): Leitlinien zur Erneuerung von ETH-Gebäuden.<br />
Zentrum für integrierte Planung im Bauwesen. IB ETH Hönggerberg.<br />
Verordnung über Schadstoffe im Boden (VSBo), vom 9.6.1986,<br />
SR 814.12<br />
B<strong>und</strong>esgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG), vom<br />
24.1.91, SR 814.20<br />
Allgemeine Gewässerschutzverordnung B<strong>und</strong>esrat (AGSchV),<br />
vom 19.6.1972, SR 814.201<br />
Verordnung über Abwassereinleitungen B<strong>und</strong>esrat, vom<br />
8.12.1975, SR 814.225.21<br />
Verordnung über den Schutz der Gewässer vor wassergefährdenden<br />
Flüssigkeiten (VWF), vom 28.9.1981, SR 814.226.21<br />
Luftreinhalte-Verordnung (LRV), vom 16.12.85, SR 814.318.142.1<br />
Lärmschutz-Verordnung (LSV), vom 15.1286, SR 814.41<br />
Kanton Zürich<br />
Gesetz über die Abfallwirrschaft (Abfallgesetz) vom 25. Sept.<br />
1994,712.1<br />
Einführungsgesetz zum Gewässerschutzgesetz vom 8. Dez. 1974,<br />
711.1<br />
Gesetz über die Raumplanung <strong>und</strong> das öffentlich Baurecht<br />
(Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz) vom 7. Sept. 1975,700.1<br />
Stadt Zürich<br />
Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung (BZO)<br />
Berichte aus folgenden Teilprojekten:<br />
TP 1.8: Ökosystem Areal (Einflussfaktoren)<br />
TP 2.2: Raumplanung<br />
TP 3.1: Organisation (Schlüsselfaktoren)<br />
TP 3.2: Wissen <strong>und</strong> Werte (Thesen)<br />
TP 4.1: Promotion<br />
TP 4.3: Recht <strong>und</strong> Vollzug (Netzwerkanalyse)<br />
Gesetzestexte<br />
AufB<strong>und</strong>esebene (nach SR geordnet)<br />
B<strong>und</strong>esgesetz über den Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz (NHG), vom<br />
1.7.1966, SR 451<br />
Verordnung über den Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz (NHV), vom<br />
16.1.1991, SR 451.1<br />
B<strong>und</strong>esgesetz über die Raumplanung (RPG), vom 22.6.1979, SR<br />
700<br />
B<strong>und</strong>esgesetz über den <strong>Umwelt</strong>schutz (USG), vom 7.10.83, SR<br />
814.01<br />
Verordnung über die <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung (UVPV), vom<br />
19.10.1988, SR 814.011<br />
Technische Verordnung des B<strong>und</strong>esrates über Abfalle (TVA), vom<br />
10.12.1990, SR 814.015<br />
252<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
---- ------------ Raum-Nutzungs-Verhandlungen<br />
einbezogen <strong>und</strong> weniger stark berücksichtigt werden<br />
jedoch die Kosten, die <strong>durch</strong> mangelhafte Akzeptanz<br />
oder <strong>durch</strong> späteren Widerstand, sowie vor allem<br />
<strong>durch</strong> unzureichend entfaltete Sachkompetenz in<br />
der Planung entstehen.<br />
turstudenten erarbeitete Alternativen, die gleichermassen<br />
am Gestaltungsplan orientiert sind, jedoch<br />
zusätzliche Gestaltungsqualitäten nutzen (siehe Kapitel<br />
DER FALL). Hier gilt es von den positiven Ideen<br />
zu lernen.<br />
Am stärksten irritiert auf diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
zweifelsfrei die Gegenüberstellung der Ergebnisse<br />
der Szenarionanalyse mit den Ergebnissen der Variantenbewertung<br />
(vgl. Tabelle 6.3.1). Die am meisten<br />
präferierte Variante Grünraum besitzt bezogen auf<br />
die Realiserung die geringste logische Wahrscheinlichkeit.<br />
Die am schlechtesten bewertete Variante<br />
Industrienahe Nutzung besitzt aus der Sicht der Szenarioanalytiker<br />
die höchste Realisierungswahrscheinlichkeit.<br />
Auch wenn der wissenschaftliche Gehalt<br />
diese Aussage nicht überbewertet werden sollte,<br />
wird <strong>durch</strong> sie der schmale Grad zwischen Chance<br />
<strong>und</strong> Gefahr deutlich, die bei der Arealentwicklung<br />
gegeben sind.<br />
B) Die Angst vor kooperativen Prozessen abhauen!<br />
Die ausführlichen Interviews, Statements, Workshopdiskussionen<br />
usw. der Hauptakteure machten<br />
zu Beginn der <strong>Fallstudie</strong> zweifelsfrei klar, dass von<br />
Seiten der Eigner <strong>und</strong> von der Stadt Zürich Raumnutzungsverhandlungen<br />
nicht gewünscht wurden.<br />
Für diese Haltung gibt es sicherlich eine Reihe von<br />
Ursachen. Als wesentlich muss erachtet werden, dass<br />
(freiwillige) Kooperation mit unerwünschter <strong>und</strong><br />
lästiger Partizipation verwechselt wird. Es besteht<br />
Unsicherheit <strong>und</strong> Reserviertheit, da das Verhältnis<br />
von entscheidungsunterstützenden Raumnutzungsverhandlungen<br />
zu traditionellen demokratischen<br />
Strukturen nicht geklärt erscheint <strong>und</strong> ein Kontrollverlust<br />
befürchtet wird.<br />
Auch scheinen negative Erfahrungen mit harzigem<br />
Feilschen auf Nebenkriegsschauplätzen sowie mit<br />
wenig sachorientierten <strong>und</strong> personen- wie positionenorientierten<br />
Diskussionen vorzuliegen. Nicht-<br />
C) Kompetenzgewinnung <strong>durch</strong> Raum-Nutzungs-<br />
Verhandlungen<br />
Raum-Nutzungs-Verhandlungen sollen Entscheidungsprozesse<br />
<strong>durch</strong> Kompetenzgewinnung stützen. Folgende<br />
Gesichtspunkte wären zum Gegenstand von<br />
Raumutzungsverhandlungen zu machen:<br />
@ Die Erweiterung des Verhandlungsraumes <strong>durch</strong><br />
kooperative Problemlösung, in der z.B. Ideen der<br />
@<br />
positiv beurteilten Varianten einbezogen werden<br />
Die Optimierung von bio-ökologischer Qualität zur<br />
Steigerung der Lebensqualität <strong>und</strong> zum (immobilien-)wirtschaftlichen<br />
Nutzen<br />
@ Die Energie- <strong>und</strong> Stoffflussoptimierung (Ökobilanz)<br />
hilft die Kostenkalkulation beim Rückbau<br />
<strong>und</strong> in der Nutzungsphase zu optimieren<br />
@<br />
Die Reduktion des sozialen Konfliktraumes <strong>durch</strong><br />
verstärkten Einbezug von Nutzer- <strong>und</strong> Bevölkerungsinteressen.<br />
7.6<br />
Die Visionen zum Fall spannen, wie das Kapitel<br />
RAUM-NuTZUNGS-VERHANDLUNGEN, einen weiten Bogen.<br />
Ob dieser Boden <strong>und</strong> die Konzeption Raum<br />
Nutzungs-Verhandlungen in der Zukunft für die <strong>Umnutzung</strong><br />
von Industriearealen <strong>und</strong>/oder die ökologische<br />
Problemlösung in der Schweiz von Nutzen sein<br />
wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Eher skeptischen<br />
Urteilen (siehe etwa Knoepfel, 1995, siehe<br />
auch das Kapitel METHODEN in diesem Band) stehen<br />
positive Erfahrungen in Deutschland, den USA, den<br />
Niederlanden aber auch in der Schweiz gegenüber<br />
(siehe Renn <strong>und</strong> Webler, 1995; Rey, 1995, Weidner,<br />
1995). Wichtig ist, dass die Methode nicht als Allheilmittel<br />
betrachtet wird. Es gilt sie situationsangemessen<br />
als «ein das Projektmanagement unterstützenden<br />
Projektdialog» zu begreifen, der zu einer<br />
Literatur<br />
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284<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
Inhalt<br />
1. Zielsetzung: Werben für<br />
nachhaltige Entwicklung 287<br />
2. Das Thema: Nachhaltige Entwicklung 289<br />
3. Die Methode: Marketing 290<br />
4. Die Produkte:<br />
Der Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt<br />
<strong>und</strong> das Nachhaltigkeits-Video 292<br />
Alltorenlmu!rI<br />
Jörg Bonderer<br />
Andreas Götschmann<br />
Nathalie Gysi<br />
Trimurti Inan<br />
Michael KOllcky<br />
Nedim U1usoy<br />
Ivo Willimann<br />
Andreas Witschi<br />
Armin Heitzer (Tutor)<br />
Harall! A. Mieg (Tutor))<br />
AIl(ballend allf den Ergebnissen der wissenschaftlidll!rl Arbeitsgmppe (Synthesegrllppe C)<br />
Jörg Bonderer<br />
Trimurti Inan<br />
Christophe Diemand<br />
Nguyen Merzollga<br />
Andreas Götschmann<br />
Gianni Pezzatti<br />
NaUlalie Gysi<br />
Katharina Stehler<br />
Sascha Iqbal<br />
Nedim U1usoy<br />
Ivo Willimann<br />
Andreas Witschi<br />
Andreas Balthasar (Tutor)<br />
Armin HeHzer (Tutor)<br />
Harald A. Mieg (Tutor)
Ideenwerkstatt<br />
_<br />
286 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___-'-<br />
Ideenwerkstatt<br />
1.<br />
Die Ideenwerkstatt war in der ursprünglichen Konzeption<br />
diejenige Synthese, die für eine Entwicklung<br />
von Visionen zuständig sein sollte. Sie diente als<br />
Freiraum, um Frag411 zu stellen, die andere Gruppen<br />
nicht anzuschneiden wagten oder ungewöhnliche<br />
neuartige Leitbilder zu entwerfen. Kurz: die Ideenwerkstatt<br />
sollte etwas «anderes» machen.<br />
Die Idee der Ideenwerksratt ist weder neu noch<br />
anders. Sie fand sich unter dem Titel «Fragestellungswerkstatt»<br />
bereits in der <strong>Fallstudie</strong> 1994 «Perspektive<br />
Grosses Moos». Das Gr<strong>und</strong>konzept war<br />
der Zukunftswerkstatt entnommen (vgl. Jungk <strong>und</strong><br />
Müllert, 1985). Die Zukunftswerkstatt ist ein Verfahren<br />
zur Gestaltung langfristiger öffentlicher Planungen<br />
unter Einbezug der «Betroffenen». Tatsächlich<br />
hat 1992 im Kreis 5, in dem sich auch das Sulzer<br />
Escher Wyss-Areal befindet, eine Zukunftswerkstatt<br />
mit Anwohnern stattgef<strong>und</strong>en (Kasten 1.1). Sie stand<br />
unter dem Titel «Lebensqualität» <strong>und</strong> wurde von<br />
Frau Stadträtin Dr. Ursula Koch geleitet.<br />
Der Auftrag an die Ideenwerkstatt bestand darin, Kasten 1.1 Arbeitsphasen der Zukunftswerkstatt «Lebensqualität im<br />
mit der Methode der Zukunftswerkstatt das Konzept Kreis 5».<br />
der nachhaltigen Entwicklung<br />
<strong>und</strong> Voraussetzungen<br />
zu dessen Umsetzung zu<br />
ergründen. Nachhaltige<br />
Entwicklung (Sustainable<br />
Development) ist ein Begriff,<br />
der zu Beginn des<br />
letzten Jahrh<strong>und</strong>erts m<br />
der Forstwirtschaft geprägt<br />
wurde. Als Konzept<br />
wurde der ursprüngliche<br />
Begriff von der UN-Kommission<br />
für <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong><br />
Entwicklung in einen globalen<br />
Kontext gestellt<br />
(World Comission, 1987).<br />
Der Begriff umfasst dabei<br />
solche Aspekte wie inter<strong>und</strong><br />
intragenerationellen<br />
Wohlstand für alle, schonenden<br />
Umgang mit <strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> Ressourcen u.a.<br />
Die Idee der nachhaltigen<br />
Entwicklung harrt noch<br />
der konkreten Umsetzung.<br />
Das B<strong>und</strong>esamt für<br />
<strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft<br />
(BUWAL) hatte<br />
eine eigene Studie in<br />
Auftrag gegeben, um mög- Abb. 1 Kinderzeichnung, die für die Animation des UNS-Video-Filmes «Nachhaltigkeit» verwendet wurde.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 287
ldeenwerkstatt ---------- _<br />
liche Umsetzungen - «Operationalisierungen» - abschätzen<br />
zu können (Infras, 19
_______...,-<br />
Ideenwerkstatt<br />
2. Das<br />
1 Definition<br />
Die klassische Definition für eine nachhaltige Entwicklung<br />
findet sich im sogenannten Br<strong>und</strong>tlandt<br />
Bericht, der 1983 von der UN-Kommission für <strong>Umwelt</strong><br />
<strong>und</strong> Entwicklung in Auftrag gegeben wurde<br />
(World Comission 1987). Darin heisst es:<br />
«Sustainable development is development that<br />
meets the needs of the present without compromising<br />
the ability of future generations to meet<br />
their own needs."<br />
Zu deutsch: «Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung,<br />
die die Bedürfnisse der Gegenwart<br />
befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige<br />
Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht<br />
befriedigen können."<br />
Auf UN-Ebene schuf dieser Begriff der «nachhaltigen<br />
Entwicklung" eine Verknüpfung von <strong>Umwelt</strong>-,<br />
Wirtschafts- <strong>und</strong> Entwicklungspolitik <strong>und</strong> schaffte<br />
somit ein gemeinsames Ziel für divergierende Interessengruppen.<br />
Denn <strong>Umwelt</strong>politik ist ein Anliegen<br />
der reichen Industriestaaten der Nordhemisphäre.<br />
Entwicklungspolitik ist hingegen ein besonderes<br />
Anliegen der armen Entwicklungsländer. Seither hat<br />
es viele weitere Definitionen (Kasten 2.1) <strong>und</strong> Versuche<br />
gegeben, den Begriff der nachhaltige Entwicklung<br />
enger zu fassen <strong>und</strong> praktikabel zu machen.<br />
Bei Gesprächen mit Personen, die sich selbst nicht<br />
intensiv mit <strong>Umwelt</strong>fragen beschäftigen (Passanten<br />
bei der Strassenbefragung der Videogruppe, Architekturstudierende)<br />
stellte sich heraus, dass obige<br />
Definitionen nicht genügen, um das Konzept der<br />
nachhaltigen Entwicklung verständlich zu machen.<br />
So abgedroschen der Begriff für uns <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaftler<br />
mittlerweile erscheinen mag, er ist<br />
noch nicht bis in die Köpfe der Allgemeinheit vorgedrungen.<br />
Als hilfreich zur Erklärung des Begriffs<br />
erwies sich die klassische, forstwirtschaftliehe Definition<br />
bzw. der Vergleich mit einem Bankkonto, wo<br />
jeweils nur die Zinsen genutzt werden sollten. Daher<br />
benutzten wir für das Video folgende Umschreibung:<br />
«In der Forstwirtschaft gibt es ein altes Prinzip<br />
der Waldpflege: Man fällt nur gerade so viele<br />
Bäume, wie wieder nachwachsen. Auf diese Weise<br />
bleibt der Waldbestand erhalten. Dies nennt<br />
man noch heute nachhaltige Bewirtschaftung."<br />
Interviews<br />
Wir stellten die Frage, was nachhaltige Entwicklung<br />
für sie bedeute, den Experten aus den Bereichen<br />
Ökologie, <strong>Bauen</strong>, Politik, Hochschule <strong>und</strong> öffent-<br />
Kasten 2.1 Nachhaltigkeitlnachhaltige Entwicklung: Definitionen aus der<br />
Literatur.<br />
licher Planung. Es zeigte sich, dass immer wieder die<br />
Bedeutung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> ökologischen Dimension für eine nachhaltige<br />
Entwicklung betont wurde (vgl. Kasten 2.2). Geladen<br />
war auch Frau Dr. Ursula Koch, Stadträtin <strong>und</strong><br />
Leiterin des Bauamts n der Stadt Zürich. Sie kam -<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
289
Ideenwerkstatt<br />
ausgehend vom Thema «nachhaltige Entwicklung"<br />
<strong>und</strong> dem Sulzer-Escher Wyss-Areal - recht schnell<br />
auf «Urbanität» zu sprechen. Frau Koch: «Urbanität<br />
heisst, dass auf kleinstem Raum die verschiedensten<br />
Sachen passieren: Man arbeitet, wohnt, kauft ein,<br />
geht ins Kino, besucht Konzerte, sitzt in der Beiz.<br />
Das ist Urbanität, etwas ganz anderes also als einfach<br />
dichtes <strong>Bauen</strong>.» Damit wird direkt die Schaffung von<br />
Lebensqualität als soziale Dimension für eine nachhaltige<br />
Entwicklung angesprochen.<br />
3.<br />
Das Ziel der Synthesearbeit stand bald fest: Wir wollten<br />
für nachhaltige Entwicklung werben <strong>und</strong> hierfür<br />
geeignete Instrumente schaffen. Die Methode unserer<br />
Synthesearbeit stand demnach fest: es ging um<br />
Marketing.<br />
1.<br />
_<br />
Der Ursprung der Marketing-Idee lässt sich nicht<br />
genau definieren. Jedoch lassen sich entsprechende<br />
Strategien Ende der vierziger Jahre in den USA ausmachen.<br />
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges setzte in<br />
Europa ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Dieser<br />
brachte ein noch nie dagewesenes Angebotsdefizit<br />
mit sich. Als Folge des technischen Fortschrittes <strong>und</strong><br />
der Spezialisierung wuchs das Angebot weit stärker<br />
als die Nachfrage <strong>und</strong> überflügelte diese seit den<br />
sechziger Jahren.<br />
Die europäischen Unternehmer standen so einem<br />
Problem gegenüber, mit dem sich ihre Kollegen in<br />
den USA schon seit den vierziger Jahren auseinandergesetzt<br />
hatten.<br />
Als Abhilfe gegen diesen Missstand wurde damals<br />
die Idee des Marketings entwickelt.<br />
Was<br />
Marketing umfasst Planung <strong>und</strong> Realisation der<br />
Gestaltung, Preispolitik, Kommunikation sowie des<br />
Vertriebes von Ideen, Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen.<br />
Mit diesem Mittel sollen Bedürfnisse von Einzelpersonen<br />
<strong>und</strong> Organisationen befriedigt werden, um<br />
Austauschprozesse zu ermöglichen oder diese<br />
erleichtern.<br />
Ausgangspunkt des Marketing ist die Orientierung<br />
am Markt <strong>und</strong> nicht an den eigenen Produktionsmöglichkeiten.<br />
Es geht also nicht in erster Linie<br />
Kasten 2.2 Nachhaltigkeit/ nachhaltige Entwicklung: Definitionen der befragten<br />
Bau-, Planungs- <strong>und</strong> Wirtschaftsexperten.<br />
Abb. 3.1: Die Teile der Marketingpolitik.<br />
290 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
________________________________________Ideeriwerkstatt<br />
darum, Produkte zu verkaufen, sondern es sollen<br />
vielmehr die Bedürfnisse des Marktes erforscht, <strong>und</strong><br />
davon ausgehend optimale Produkte entwickelt<br />
werden.<br />
butionspolitik. Das Ziel ist es, den K<strong>und</strong>en die gewünschten<br />
Produkte zur richtigen Zeit, in gewünschter<br />
Menge, zum richtigen Preis am gewünschten Ort<br />
zu liefern.<br />
Instrumente des Ml1irk&1ltiJ'ill<br />
Marketing umfasst die Preispolitik, die Distributionspolitik,<br />
die Produktepolitik <strong>und</strong> dIe Kommunikationspolitik<br />
(Abb. 3.1):<br />
Je nach Unternehmung sind die einzelnen Teile<br />
der Marketingpolitik unterschiedlich stark ausgeprägt.<br />
Unternehmen, die das Schwergewicht auf die<br />
Preispolitik legen, werben vor allem mit ihren Preisen.<br />
Eine Möglichkeit besteht darin, mit besonders<br />
niedrigen Preisen zu werben, wie dies beispielsweise<br />
Discounter tun. Eine genau entgegengesetzte Strategie<br />
besteht darin, die eigenen Preise beträchtlich<br />
höher anzusetzen als diejenigen der Konkurrenz. So<br />
wird versucht, den K<strong>und</strong>en mit dem (vermeintlich)<br />
exklusiven Charakter des Produktes zu ködern.<br />
In der Produktepolitik werden drei Ebenen des<br />
Produktbegriffes unterschieden:<br />
I) Kernprodukt<br />
I) formales Produkt<br />
I) erweitertes Produkt.<br />
Das Kernprodukt ist gleichbedeutend mit dem Nutzen,<br />
den der Kauf eines Produktes bringt, z.B. ist<br />
der Nutzen eines Glases Coca Cola (hoffentlich)<br />
das Durstläschen. Dasformale Produkt umfasst neben<br />
der physischen Einheit (die Flasche mit Coca Cola),<br />
die gekauft wird, auch noch das Styling, den Markennamen,<br />
die Qualität uryd die Verpackung des<br />
Produktes.<br />
Zum erweiterten Produkt gehören zusätzliche<br />
Dienstleistungen wie Gratisinstallationen, Schulung<br />
<strong>und</strong> Beratung, Garantien, kostenlose Lieferung <strong>und</strong><br />
die Abgabe von Informationsmaterial.<br />
Alle Ebenen müssen bei der Lancierung eines<br />
Produktes berücksichtigt werden. So kann beispielsweise<br />
das Design ausschlaggebend für Kauf oder<br />
Nichtkauf eines Produktes sein. Meist wird nicht<br />
nur ein Produkt, sondern gleichzeitig eine Botschaft<br />
verkauft. So werben zum Beispiel Zigarettenfirmen<br />
mit Klischees wie «Der Geschmack von Freiheit <strong>und</strong><br />
Abenteuer», da sich die Zigaretten selbst nur sehr<br />
wenig unterscheiden. Botschaften zu entwickeln, die<br />
beim Konsumenten (unterschwellige) Bedürfnisse<br />
wecken, ist ein Instrument der Kommunikationspolitik.<br />
Nebst Werbung gehören aber auch die Verkaufsförderung<br />
(Sonderverkäufe), der persönliche<br />
Verkauf <strong>und</strong> Publicity (Werbung um öffentliches<br />
Vertrauen) dazu.<br />
Alle Aktivitäten, die mit der Verteilung der Produkte<br />
zusammenhängen, bezeichnet man als Distri-<br />
3.2.<br />
Nebst den bekannten Formen von Marketing gibt<br />
es auch das sogenannte Sozio-Marketing. Darunter ist<br />
ein Marketing für soziale Ideen bzw. Ziele zu verstehen.<br />
Durch spezifische Formen der Kommunikation<br />
werden Personengruppen so beeinflusst, dass eine<br />
bestimmte Verhaltensweise bewirkt wird. Es kommt<br />
darauf an, die Zielgruppe davon zu überzeugen, dass<br />
es sich lohnt, eine bestimmte Leistung zu erbringen.<br />
Die Arbeit der Synthesegruppe C liegt im Feld<br />
dieser Art von Marketing. Die Zielgruppe soll von<br />
der Idee der Nachhaltigkeit überzeugt werden, eben<br />
mit Hilfe von Marketing. Das Vorgehen kann im<br />
nachfolgenden Schema dargestellt werden (Kasten<br />
3.2):<br />
Kasten 3.2 Der Marketing-Prozess (nach Seiler 1992,<br />
S.35, leicht verändert).<br />
Anhand spezifischer Literatur wurde der Fachbegriff<br />
«Nachhaltigkeit» studiert. Es wurden verschiedene<br />
Definitionen betrachtet <strong>und</strong> daraus das für die<br />
Synthesegruppe C Wesentliche festgehalten.<br />
Mittels der Methode des Brainstormings wurden<br />
anschliessend Ideen zur Umsetzung der Nachhaltigkeit<br />
auf dem SEW-Areal gesammelt.<br />
Zu diesen Ideen <strong>und</strong> zum Begriff der N achhaltigkeit<br />
wurden zusätzlich Experten befragt. Diese<br />
Experten-Hearings lieferten neue Ideen <strong>und</strong> Inputs<br />
für die weiterführende Arbeit.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> war es dann nötig, sich<br />
mögliche Produkte auszudenken. Die wiederum im<br />
Brainstorming gewonnen Ideen, wurden dann mit<br />
dem Nahhaltigkeits-Zoo konkret.<br />
Phase 2: Markt analysieren<br />
Um herauszufinden, ob es mögliche Interessenten<br />
für den Nachhaltigkeits-Zoo gäbe, wurde Herr Otro<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
291
ldeenwerkstatt .........c.........c _<br />
Erb vom SBV eingeladen <strong>und</strong> um eine Stellungnahme<br />
gebeten. Er war positiv überrascht vom Nachhaltigkeits-Zoo<br />
<strong>und</strong> fand es gr<strong>und</strong>sätzlich eine gute<br />
Idee.<br />
Herr WesseIs vom Departement UMNW, der ebenfalls<br />
eingeladen wurde, war an einer Darstellung<br />
des Nachhaltigkeits-Zoos interessiert. Die Produkte<br />
der Ideenwerkstatt wurden dann an der Messe für<br />
<strong>Umwelt</strong>technik (MUT) im Oktober 1995 in Basel<br />
vorgestellt<br />
Produkte: Nachhaltig"<br />
keits"Zoo"Werbeprospekt<br />
In der ersten Synthesephase führte die Gruppe ein<br />
Brainstorming zu möglichen Produkten <strong>durch</strong>. In der<br />
darauffolgenden Auswertung fanden die Ideen eines<br />
NachhaItigkeits-Zoo-Werbeprospektes <strong>und</strong> eines<br />
Nachhaltigkeits-Videos am meisten Anklang.<br />
Phase 3: Marketing-Strategie erarbeiten<br />
Mit Herrn Dr. Martin Müller, Brugg, wurde als nächstes<br />
ein Marketing-Spezialist eingeladen. Er gab allgemeine<br />
Erklärungen zu Marketing mit erläuternden<br />
Beispielen.<br />
Phase 4: Marketing-Minel bestimmen<br />
In dieser Phase ging es darum aus den vier Mitteln,<br />
Produkt-, Preis-, Distributions- sowie Kommunikationspolitik,<br />
zu wählen. Für die Synthesegruppe C<br />
am wesentlichsten waren die Kommunikationspolitik<br />
<strong>und</strong> die Produktpolitik.<br />
Mit Hilfe zweier Produkte sollte der Nachhaltigkeits-Zoo<br />
dem Zielpublikum bekannt gemacht werden.<br />
Einerseits wird mit Hilfe eines Prospekts für den<br />
Nachhaltigkeits-Zoo in der Öffentlichkeit geworben,<br />
andererseits wird in einem Video die Idee der Nachhaltigkeit<br />
dargestellt. Zielpublikum des letzteren<br />
sind Architekturstudierende der ETH Zürich.<br />
Phase 5: Umsetzung<br />
Hierzu schlagen wir einen eigenen Abschnitt auf:<br />
1<br />
Der Nachhaltigkeits-Zoo ist ein fiktiver Vorschlag<br />
für die <strong>Umnutzung</strong> des Sulzer-Escher Wyss-Areals,<br />
einem teilweise brachliegenden Industrieareal in<br />
Zürich. Das Wort «Zoo» hat dabei nichts mit Tiererr<br />
zu tun. Diese Bezeichnung soll lediglich darauf hinweisen,<br />
dass Besucherinnen <strong>und</strong> Besucher auf dem<br />
Gelände willkommen sind. In erster Linie ist der<br />
Nachhaltigkeits-Zoo aber als Wohn-, Arbeits- <strong>und</strong><br />
. Freizeitraum gedacht. Nebst der Vermittlung einer<br />
umweltverträglichen Lebensweise wurden auch<br />
wohnsoziologische Anliegen in die Entwicklung miteinbezogen.<br />
Mit der Vernetzung des menschen- <strong>und</strong> umweltgerechten<br />
<strong>Bauen</strong>s versuchten wir, einer idealen<br />
Bauweise näherzukommen. Wir trugen verschiedene<br />
Ideen zusammen <strong>und</strong> packten diese in einen Nachhaltigkeits-Zoo-Werbeprospekt.<br />
Zu einem menschengerechten<br />
Lebensraum gehören dabei nebst<br />
Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsmöglichkeiten auch ein breites<br />
Freizeitangebot. Im Nachhaltigkeits-Zoo wird diesem<br />
Bedürfnis mit einem Kulturzentrum <strong>und</strong> einer<br />
Sporthalle Rechnung getragen. Weiter soll eine<br />
erlebnisreiche Gestaltung des Grünraumes insbe-'<br />
sondere den Ansprüchen der Kinder genügen.<br />
Sowohl bei der Errichtung wie auch beim Unterhalt<br />
des Nachhaltigkeits-Zoos wird auf die Material<strong>und</strong><br />
Energieeffizienz geachtet. Hier<strong>durch</strong> findet der<br />
Aspekt der <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit seine Berücksichtigung.<br />
Die vorbildliche <strong>Umnutzung</strong> einer Industriebrache<br />
soll aber noch nicht genügen. Mit der Integration<br />
einer Bildungs- <strong>und</strong> Forschungsstätte in den<br />
Nachhaltigkeits-Zoo ist zudem der Gr<strong>und</strong>stein zur<br />
Weiterverbreitung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der umwelt-<br />
<strong>und</strong> sozialverträglichen Bauweise als Beitrag zu<br />
einer nachhaltigen Entwicklung gelegt.<br />
Zur Umsetzung der Idee einer nachhaltigen Entwicklung<br />
müssen verschiedene Interessen von Betroffenen<br />
<strong>und</strong> Beteiligten Berücksichtigung finden.<br />
Eine Interessenabwägung <strong>und</strong> ein Interessenausgleich<br />
sind deshalb eine unabdingbare Voraussetzung<br />
für eine nachhaltige Entwicklung. Im folgen-<br />
292<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_________________________________________ldeenwerkstatt<br />
den soll dieser Abwägungsprozess anhand eines<br />
Textauszugs zum glashauscafe aus dem Werbeprospekt<br />
nachgezeichnet werden (Kasten 4.1)<br />
Die Verwendung exotischer Pflanzen vermag möglicherweise<br />
Verw<strong>und</strong>erung auszulösen. Eine nachhaltige<br />
Lebensweise geht eher mit einer saison<strong>und</strong><br />
standortgerechten Ernährungsweise einher. Der<br />
Anbau von exotischen Früchten muss denn auch als<br />
ein Entgegenkommen an den Lebensstandard der<br />
Moderne gesehen werden. Die eigene Produktion<br />
von Südfrüchten soll aber dahingehend ein Hinweis<br />
sein, dass ein hoher Lebensstandard mit weit geringerem<br />
Energieaufwand erreicht werden kann.<br />
Ein wichtiges Anliegen bei der Konzeption eines<br />
Wintergartens muss sein, dass für dessen Errichtung<br />
möglichst wenig <strong>und</strong> für den Unterhalt keine fossilen<br />
Energieträger benötigt werden. Dies kann aus<br />
folgendem ethischen Exkurs abgeleitet werden:<br />
Die fossilen Energieträger entstammen heute<br />
einem global verfügbaren aber begrenzten Ressourcen-Pool.<br />
Industriestaaten haben daran ebenso teil<br />
wie Entwicklungsländer. Aufgr<strong>und</strong> der Begrenztheit<br />
ist ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Ressourcen<br />
gefordert. Die Nutzung fossiler Energieträger<br />
bedarf deshalb der Regelung. Dabei ist der<br />
Deckung elementarer Bedürfnisse Vorrang vor den<br />
Wünschen zu geben, deren Entbehrung tragbar sind.<br />
Das Glashauscafe gehört sicherlich in die letztere<br />
Kategorie.<br />
Da die Nachhaltigkeit das Handeln als ethisch verantwortungsvolle<br />
Person beinhaltet, gebietet sie den<br />
Industrieländern, den Verbrauch fossiler Energie<br />
stark einzudämmen. Hier<strong>durch</strong> erhalten jene Erdteile<br />
vermehrt Zugang zu diesen Ressourcen, deren<br />
Infrastrukturen heute nicht ausreichen, um die elementaren<br />
Lebensbedürfnisse der Menschen zu<br />
sichern. Ein vollständiger Verzicht auf fossile Enerwäre<br />
aber selbst in einem Nachhaltigkeits-Zoo<br />
(noch) nicht möglich. Dies würde insbesondere bei<br />
der Errichtung oder Renovation der Infrastruktur<br />
einen zu gravierenden Einschnitt in die Handlungsfähigkeit<br />
der Menschen bedeuten.<br />
Eine sorgfältige Abwägung zwischen dem erhofften<br />
Nutzen <strong>und</strong> dem zu betreibenden Aufwand<br />
ist im Nachhaltigkeits-Zoo immer erforderlich. Die<br />
Bilanz hängt dabei wesentlich von der Ausnützungsziffer<br />
einer Einrichtung ab. Eine multifunktionelle<br />
Nutzung ist deshalb stets anzustreben. Dem wird<br />
auch im beschriebenen Wintergarten Rechnung<br />
getragen, indem er sowohl als Aufenthaltsraum wie<br />
auch als Nahrungsproduktionsstätte dient.<br />
Unser Werbeprospekt (vgl. Abb. 4.1) ist sicher<br />
professionell aufgemacht. Die Zusammenarbeit mit<br />
dem Graphikbüro SPECTER in Zürich machte<br />
dies möglich. Des weit~ren gelang der Einbezug<br />
wichtiger Teilprojektresultate in den Prospekt. Zum<br />
Kasten 4.1 Auszug aus dem Werbeprospekt: Thema Glashaus.<br />
Beispiel wird die <strong>Umnutzung</strong> bestehender Gebäude<br />
auf dem Areal - ein wichtiges Resultat des Teilprojektes<br />
1.5. - eingehend beschrieben. Im Prospekt<br />
werden aber nicht einfach Resultate vorgestellt. Vielmehr<br />
werden sie mit Bildern <strong>und</strong> Erlebnisberichten<br />
veranschaulicht <strong>und</strong> zueinander in Beziehung gesetzt.<br />
Was könnte man besser machen? Man könnte<br />
einen zweiten, kürzeren Werbeprospekt produzieren.<br />
Der jetzige Prospekt ist zu lang. Auch interessierte<br />
Personen werden ihn kaum ganz <strong>durch</strong>lesen<br />
- geschweige denn sich anmelden. Mittels des kürzeren<br />
Prospekts könnte der ausführlichere Werbeprospekt<br />
bestellt werden. Dies ist ein gängiger Weg<br />
in der Werbebranche.<br />
4.2. Nachhaltigkeirs-Video<br />
Ursprünglich bestand die Absicht, mittels Video den<br />
Nachhaltigkeits-Zoo zu visualisieren. Schon bald<br />
stellten wir fest, dass unsere Vision noch nicht so<br />
konkret war, als dass sie in Bilder zu fassen gewesen<br />
wäre. So änderte sich unser Vorhaben wie folgt:<br />
'" Der Video spricht in erster Linie Architekturstudierende<br />
an. Die filmische Ästhetik wurde auf<br />
Fortsetzung nach der nächsten Doppe/seite -?<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
293
ldeenwerkstatt<br />
_<br />
Abb. 4.1 Nachhaltigkeits-Zoo-Prospekt.<br />
Die Abbildung zeigt den Werbeprospekt zum Projekt Nachhaltigkeitszoo. Die oberen Abbildungen zeigen die Vorderseite, die unteren die Rückseite des im Originalformat<br />
21x93 cm grossen Prospekts. Gefaltet besitzt er die Grösse einer Textspalte. Der Leser wird schrittweise <strong>durch</strong> das Projekt Nachhaltigkeitszoo<br />
gejüht1<strong>und</strong> mit den gr<strong>und</strong>legenden Ideen bekanntgemacht. Interessenten für den Prospekt ko'nnen sich an das <strong>Fallstudie</strong>nbüro (Tel. 01/6326446) wenden.<br />
294 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_______________________________________Ideenwerkstatt<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 295
Ideenwerkstatt<br />
_<br />
Abb, 4.2.1 Standbild(Sulzer-Escher Wyss-Areal) <strong>und</strong>Animation (Kinderzeichnungen) zum Thema <strong>Umwelt</strong>,<br />
Sprecher-Text: «Architektur verändert <strong>Umwelt</strong>en, unseren Boden, die Luft, das Wasser, unsere Lebens- <strong>und</strong><br />
Arbeitswelten, Nachhaltige Entwicklung bedeutet: Vorhandenes nutz.en, ohne es zu zerstö'ren,,,<br />
Abb, 4.2.2 Standbild (Sulzer-Escher Wyss Areal) <strong>und</strong>Animation (Kinderzeichnungen) zum Thema Energie.<br />
Sprecher-Text: «<strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Wohnen verbraucht Energie. Allein in einem Kubikmeter Beton stecken 2.7 Gigajoule.<br />
Dies entspricht der Energie von 100 kg Steinkohle - oder 1 Tonne normalem Sprengstoff. Nachhaltigkeit<br />
bedeutet hier: Haushalten, Energiesparen, erneuerbare Energien nutz.en.»<br />
die Architekturstudierenden ausgerichtet. Der<br />
Video soll in der Architektur-Ausbildung an der<br />
ETH eingesetzt werden.<br />
e Der Video vermittelt einen ersten Einstieg ins<br />
Thema «nachhaltige Entwicklung». Die Darstellung<br />
folgt den drei Themenbereichen der Architekturausbildung:<br />
<strong>Umwelt</strong>,<br />
Energie <strong>und</strong> Gestaltung.<br />
• Der Video regt zu einer<br />
vertieften Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema<br />
«nachhaltige Entwicklung»<br />
an <strong>und</strong> weckt Lust,<br />
diesen Aspekt in Planung<br />
<strong>und</strong> Bau umzusetzen. Er<br />
soll auch für andere<br />
Baufachleute interessant<br />
sem.<br />
Uns war von vornherein klar,<br />
dass für uns diese Aufgabe<br />
ohne kompetente fachliche<br />
Unterstützung nicht lösbar<br />
gewesen wäre. Eine Person<br />
mit dem nötigen Know-how<br />
fanden wir im ArchitekJ<br />
turstudenten Klaus-Michael<br />
Vetter, der schon mehrere'<br />
Videos realisiert hat. Seine<br />
Verbindungen zum Fernsehen<br />
eröffneten uns Möglichkeiten<br />
einer weiteren Vermarktung.<br />
Ein grobes Konzept, das auf vier Bildebenen basierte,<br />
diente uns als Gr<strong>und</strong>lage für das Sammeln von<br />
Bildmaterial. Die vier Bildebenen sind:<br />
• Travellings <strong>durch</strong> das Sulzer-Escher Wyss-Areal:<br />
Hierbei wurde die beeindruckende Architektur<br />
des Areals in Szene ge-<br />
setzt.<br />
e Animation von Standbildern<br />
aus den Travellings:<br />
Sie erfolgt zu den drei<br />
Themen von <strong>Umwelt</strong>,<br />
Energie <strong>und</strong> Gestaltung<br />
(vgl. Abb. 4.2.1-4.2.3). Di6<br />
Animation benutzt Kinderzeichnungen<br />
<strong>und</strong> graphische<br />
Architektur-Vorlagen.<br />
e Statements zu nachhaltiger<br />
Entwicklung von Passanten:<br />
Ein eigenes Team der<br />
Synthesegruppe C machte<br />
mit einer Super-VHS<br />
Kamera Interviews auf<br />
der Strasse. Die Befragten<br />
sollten - anhand eines vorbereiteten<br />
Zettels - eine<br />
Definition von Nachhaltigkeit<br />
vorlesen <strong>und</strong> sodann<br />
ihre Meinung äusssern.<br />
• Man sieht ein Loft, in<br />
dem ein Fernseher läuft.<br />
Eine Fernsehzuschauerin<br />
296<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________________Ideenwerkstatt<br />
eine Architekturstudendn<br />
- wechselt von passivem<br />
Zuschauen ins aktive<br />
Gestalten: Zuerst wechselt<br />
sie nur Kanäle. Zu sehen<br />
sind Ausschnitte aus dem<br />
Film Koyaanisqatsi, der<br />
in eindringlichen Bildern<br />
die Urbanisierung unserer<br />
Welt zeigt. Dann wischt sie<br />
mit einem Tuch über den<br />
Bildschirm. Zuletzt sieht<br />
man sie an ihrem Schreibtisch,<br />
über Planungsskizzen<br />
gebeugt, arbeiten.<br />
Die Aufnahmen erstellten<br />
wir in fernsehgerechter Beta<br />
Qualität. Die Kosten für den<br />
lideo konnten über ein entsprechendes<br />
Marketing z.T.<br />
wieder aufgebracht werden.<br />
Der Video wurde in einer<br />
Vorversion am 24.-27. Oktober<br />
1995 auf der Messe für<br />
<strong>Umwelt</strong>technik in Basel gezeigt <strong>und</strong> warb dort für<br />
die ETH <strong>und</strong> den Studiengang <strong>Umwelt</strong>naturwissenschaften.<br />
Ein Fazit:<br />
Diese Arbeits ermöglichte es uns, einige Aspekte einer<br />
nachhaltigen Entwicklung zu visualisieren, sowie<br />
einen ersten einblick ins Videoschaffen als Marketing-Mittel<br />
zu erhalten. Nachteilig hat sich die kurze<br />
Zeit ausgewirkt. Der enorme Zeitdruck <strong>und</strong> der Anspruch<br />
auf Professionalität verunmöglichte jegliches<br />
videotechnische Experimentieren unsererseits.<br />
Wir haben die Architekturstudierenden zum Zielpublikum<br />
gewählt, weil bei ihnen ein grosser Effekt<br />
zu erwarten ist <strong>und</strong> da<strong>durch</strong> das Problem an der Wurzel<br />
angegangen wird. Interessant ist nun, mit welcher<br />
Wirkung der Video eingesetzt werden kann.<br />
Abb. 4.2.3. Standbild (Sulzer-Escher Wyss-Areal) zum Thema Gestaltung. Sprecher-Text: «<strong>Bauen</strong> ist<br />
Gestalten. Jede Sek<strong>und</strong>e wird 1 m 2 Schweiz versiegelt <strong>und</strong> verbaut. Nachhaltig <strong>Bauen</strong> heisst: Altes mit seinem<br />
Charme möglichst zu erhalten <strong>und</strong>gezielt den Ansprüchen der Gegenwart anzupassen. Eine neue Qualität des<br />
Gestaltms. »<br />
Literatur<br />
Bussmann, K., Coutalides, R., Jenny, A., Kobe, U., Scheibier, Y.,<br />
Sigg, R.Z. (1993): Visiotopia: Nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten<br />
für Wetzikon (Kurzbericht, Oktober 1993). Universität<br />
Zürich: Nachdiplomstudiengang in <strong>Umwelt</strong>lehre.<br />
Enquete Kommission Des Deutschen B<strong>und</strong>estages (1988): Schutz<br />
der Erdatmosphäre: Eine internationale Herausforderung, Zwischenberichr.<br />
INFRAS (1995): Elemente für ein Konzept der nachhaltigen Entwicklung.<br />
Interdepartementaler Ausschuss Rio (IDARio), Zürich.<br />
Jungk, R. & Müllert, N. (1981): Zukunftswerkstätten. Hamburg:<br />
Hoffmann & Campe.<br />
Koch, U. & Wiener, D. (1992): Lebensqualität im Kreis 5. Dokumentation<br />
einer Zukunftswerkstatt vom 2. bis 4. Oktober 1992<br />
in der Schule für Gestaltung, Zürich, mit Bewohnerninnen <strong>und</strong><br />
Bewohnern des Kreises 5 <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />
der Stadtverwaltung.<br />
Meadows, D. H., Meadows, D. L., Randers, J. (1994): Die neuen<br />
Grenzen des Wachstums. Hamburg: RohwoIt.<br />
Minsch, J. (1993): Nachhaltige Entwicklung Idee - Kernpostulate:<br />
Ein ökologisch.ökonomisches Referenzsystem für eine Politik des<br />
ökologischen Strukturwandels in der Schweiz (IWÖ-Diskussionsbeitrag<br />
Nr. 14, November 1993). lWÖ: Institut für Wirtschaft <strong>und</strong><br />
Ökologie der Hochschule Sr. Gallen.<br />
Müller, M. (1995) «Gr<strong>und</strong>begriffe des Marketing», Vortrag anlässlieh<br />
der <strong>Fallstudie</strong> UNS.<br />
Ninck, M. (1994). Nachhaltigkeit - ein Plastikwort? Diplomarbeit<br />
ETH Zürich.<br />
Pearce D.W., Turner R.K. (1990): Economics ofNatural Resources<br />
and the Environment. Harvester Wheatsheaf, New York.<br />
Schlicksupp, H. (1989): Innovation, Kreativität <strong>und</strong> Ideenfindung<br />
(3. Aufl.). Würzburg: Vogel Buchverlag.<br />
Seiler, A. (1992): «Marketing, Erfolgreiche Umsetzung in die<br />
Praxis», Zürich: Orell Füssli-Verlag.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
297
Inhalt<br />
1. Ökosystem Areal 301<br />
~t Bauchemie 3013<br />
3. Information, Wissen <strong>und</strong> Ausbildung 314<br />
4. Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum 318
Kurzberichte<br />
_<br />
300 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____________-'-<br />
~__.,__-------------Kurzberichte<br />
Autorinnen<br />
Mirjam Graf<br />
Thomas Hertach<br />
Dani Meier<br />
Heinz Waldmann<br />
Urs Weibel<br />
Peter Frischknecht (Tutor)<br />
Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojekrgruppe 1.8<br />
Mirjam Graf<br />
Thomas Hertach<br />
Dani Meier<br />
leinz Waldmann<br />
Urs Weibel<br />
Peter FrischlUiecht (Tutor)<br />
1.1 Einleitung<br />
Grün in der Stadt erfüllt bioklimatische, naturschützerische,<br />
ästhetische <strong>und</strong> baufunktionale<br />
Zwecke. So verschieden die Funktionen sind, so<br />
haben auch die verschiedensten Nutzer unterschiedliche<br />
Ansprüche. Im allgemeinen sind Grün- <strong>und</strong><br />
Freiflächen in urbanen Systemen begrenzt. Deshalb<br />
sollten bereits zu Beginn des Planungsprozesses die<br />
verschiedensten Ansprüche integriert <strong>und</strong> koordiniert<br />
werden. Voraussetzungen dazu sind Aufnahme<br />
<strong>und</strong> Bewertung bestehender Flora <strong>und</strong> Fauna sowie<br />
die Erstellung siedlungsspezifischer Grünraum- <strong>und</strong><br />
Naturschutzkonzepte.<br />
<strong>Umnutzung</strong>en von ehemaligen Industriearealen<br />
bieten dabei spannende Möglichkeiten. Zum einen<br />
bestehen industrietypische Freiflächen, welche zum<br />
Teil über die Geschichte des Areals <strong>und</strong> seiner<br />
Nutzung Aufschluss geben. Zum anderen entstehen<br />
bei der <strong>Umnutzung</strong> andere Ansprüche an die Grünraumgestaltung.<br />
Wie kann dabei eine ökologische<br />
Wertschöpfung <strong>durch</strong> die <strong>Umnutzung</strong> realisiert<br />
werden?<br />
Weg zu unseren Beurteilungskrirerien<br />
• Quellenbeschaffung<br />
Kurzberichte ~ _<br />
1.3 Bewertung Vernetzung<br />
a) interne Vernetzung<br />
1.3.1 Bewertungssystem<br />
Kriterium<br />
Industrie/Gewerbe<br />
Qualitätsziel<br />
locker bebaute Gebiete<br />
Naturnähe 30% 35%<br />
Einheimische Pflanzen 67% 67%<br />
Sp.~lltan:,e~etati~n.. 5%<br />
Wilde Bereiche nmIn. 4yon 6. Elemente pro Par~elle vorhande~ .<br />
Extreme Standortverhältnisse<br />
10% 5%<br />
.Bi~t~p.~~ch.ellf~ktor ..<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
Dachbegrünung<br />
Multifunktionalität<br />
Vernetzung ....................<br />
Potentialerhaltung<br />
Literatur:<br />
Mischzonen<br />
0.3<br />
100% der unversiegelten Fläche<br />
0.3<br />
80% der bewachsenen Dächer sind spontan oder einheimisch:extensiv<br />
begrünt<br />
Das Qualitätsziel, das erreicht werden sollte, hängt<br />
von der Grösse des bewerteten Raumes ab.lm SEW<br />
Areal sollten entweder 6 von 8 möglichen Nutzungen<br />
oder 5 von 8 mit je mindestens 15% Flächenanteil<br />
(der unversiegelten Fläche) vorkommen. Die Faktoren<br />
«Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere» <strong>und</strong> «Wasserhaushalt,<br />
Klima <strong>und</strong> Lufthygiene» sind immer<br />
vorhanden.<br />
.3. :,on.6 Vernetzungsp'~nkten lTIüss~n vo~handen s~in..<br />
Während des Bauprozesses sind mindestens so viele<br />
der oben genannten Qualitätsziele zu erreichen, wie<br />
im Ausgangszustand erfüllt waren. Biotoptypen gefährdeter<br />
Arten müssen erhalten bleiben.<br />
Ökoskop (Hrsg.) (1995): Grünflächenbereich in Industriegebieten. Kurzbericht.<br />
Gelterkinden.<br />
2 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz (Hrsg.),<br />
(1993): Der Biotopflächenfaktor BFF. Berlin.<br />
3 Eigene Angaben: Die verwendeten Zahlen sind Schätzungen <strong>und</strong> müssten<br />
mit Untersuchungen bzw. <strong>durch</strong> Literaturstudium erhärtet werden.<br />
Multijunktionalität<br />
Bei einer optimalen Nutzung des Freiraumes erfüllt<br />
eine Fläche nicht nur eine Funktion. Wir schlagen<br />
vor, eine Bewertung nach der Anzahl der Funktionen,<br />
die im Raum vorkommen, '<strong>durch</strong>zuführen.<br />
Folgende Funktionen werden bewertet:<br />
.. passive Erholung (Ruheplätze, Spazierwege, usw.)<br />
• aktive Erholung (Spielplätze, Sportplätze, Schrebergärten,<br />
...)<br />
" Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere<br />
• Mobilität (Verbindungswege zwischen Gebäuden,<br />
Parkplätze, Velowege, ...)<br />
• Repräsentation/Erscheinungsbild (Formen <strong>und</strong><br />
Farbenvielfalt, Einbettung ins Quartier, kulturelles<br />
Erbe)<br />
" Kommunikation<br />
• Naturerlebnis<br />
• Wasserhaushalt, Klima, Lufthygiene<br />
Lit.<br />
2<br />
3<br />
" Im Areal existiert kein <strong>durch</strong>gehender*,<br />
naturnaher Grünraum -? 0 Punkte<br />
" Im Areal existiert in einer Richtung ein<br />
<strong>durch</strong>gehender*, naturnaher Grünraum<br />
-? 1 Punkt<br />
• Im Areal existieren in mindestens 2 Richtungen<br />
<strong>durch</strong>gehende*, naturnahe Grünräume<br />
-? 2 Punkte<br />
b) Vernetzung gegen aussen<br />
CI Es existieren keine erreichbaren**,<br />
gleichartigen Lebensräume in der Umgebung<br />
-? 0 Punkte<br />
CI<br />
Es existiert ein erreichbareru, gleichartiger<br />
Lebensraum in der Umgebung<br />
-? 1 Punkt<br />
CI Es existieren mindestens 2 erreich<br />
bareu, gleichartige Lebensräume in der<br />
Umgebung -? 2 Punkte<br />
c) Kopplung<br />
CI Es existiert ein oder kein <strong>durch</strong>gehender*,<br />
naturnaher Grünraum im Areal, der<br />
von aussen erreichbar u ist -? 0 Punkte<br />
" Mindestens ein <strong>durch</strong>gehender*, naturnaher<br />
Grünraum im Areal ist von der<br />
Umgebung erreichbar u -? 2 Punkte<br />
Ziel: 3 der 6 möglichen Punkte müssen erreicht<br />
sein!<br />
* Durchgehend:<br />
'" Keine Absätze >5 cm*u<br />
'" Keine versiegelten Flächen breiter<br />
>2 m***<br />
U<br />
Erreichbar:<br />
• Für Igel, Zaun- <strong>und</strong> Mauereidechse<br />
als Indikatorarten u *<br />
*U Zahlen nicht geprüfte Vorschläge<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente im SEW-Areal<br />
" Ruderal-, Restflächen<br />
" Strassen-, Allee-, Einzelbäume<br />
• Naturnaher Gebrauchsrasen<br />
CI Ritzenvegetation (Mauern, Plätze <strong>und</strong> Wege)<br />
" Offenes Versickerungssystem<br />
• Gepflanzte Sträucher <strong>und</strong> Gebüsche<br />
• Wildes Grün<br />
• Gebäudebegrünung, nischenreiche Gebäude<br />
" Mietergärten<br />
e Brachen<br />
'" an Klima <strong>und</strong> Boden angepasstes Repräsentationsgrün<br />
302 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
____________________________'--<br />
Kurzberichte<br />
1.3.2 lst·lllstt:md des SEW·Areals<br />
Mit einer kurzen Begehung haben wir die heute vorhandenen Biotope auf dem SEW-Areal aufgenommen:<br />
Flächen- Fläche FlächentYll Besonderheiten Anzahl Ökoskop Lage<br />
Nr. (m 2 ) Arten -Code<br />
1a 15 .. UngepfIe~teRestfIäche .. 10 ü1<br />
q2<br />
1b 5 2 Einzelbäume<br />
el<br />
2a 70 ..Ungepflegte RestfIäche. 10 ül **<br />
2b 30 5 Einzelbäume 1 e2 **<br />
3a 35 .. Ungepflegte .Restfläche 30 ü2 *<br />
3b 15 2 Einzelbäume 1 e2 *<br />
4 65 Ruderalfläche 20 r2 **<br />
5 100 Ruderalfläche 25 r2 *<br />
6 70 Ruderalfläche 20 r2 **<br />
7 3600 Ruderalfläche >40 r2 **<br />
8 450 Ruderalfläche 20 r2 **<br />
9 1500 Ruderalfläche 20 r1 .*<br />
10 120 Rasen
Nicht<br />
H H'" H H ~.i.cht.allf&.elloIllIllen<br />
•<br />
• H ~<br />
Ziel<br />
Kurzberichte<br />
_<br />
Variante Indlstrienahe Nltzung<br />
Naturnähe 5.84% Ziel nicht erreicht Naturnähe Nicht bewertbar<br />
Einheimische pflanzen Nicht bewertbar Einheimische pflanzen Nicht bewertbar<br />
......................... .. .............................. ................. .... ......<br />
.i\lt~ .ge\V~~hs~rJe .El~lll.e~t~ .. 0.24% Ziel nicht erreicht i\lt~ .~~\Va~~s~rJeEl~llle~t~ .. Nicht bewertbar<br />
•<br />
.Sp'o~t~rJye~~t~tio.n ... 5.69% Ziel erreicht .Sp()~t~rJve~~t~tio.n .. .................. ................... 1.06% ......... Ziel nicht erreicht<br />
.... ............... ......<br />
........ Wilde Bereiche Nicht bewertbar<br />
...... ......................... .................................................. Wilde Bereiche<br />
..............<br />
Nicht bewertbar<br />
Extreme Standortverhältnisse 5.69% Ziel nicht erreicht ................................... Extreme Standortverhältnisse ...... ........ .......................<br />
Nicht bewertbar<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
100% Ziel erreicht Arealtypische Stadtlandschafts·<br />
elemente<br />
Nicht bewertbar<br />
pach~~&.riirJ~ng bewertbar pac~~e&.riin~ng . Nicht bewertbar<br />
H<br />
.B.iotopflä~~enfa~t()r .. Nicht bewertbar Biotopflächenfaktor 1)0.23 2) 0.29<br />
.................... . . . . . . . . . . . . . . . . ... .<br />
Ziel nicht erreicht<br />
Multifunktionalität ~utzu~g~n H<br />
nicht erreicht Multifunktionalität Nicht bewertbar<br />
VerrJetzllllg 1 Punkt Ziel nicht erreicht yernetzu ll &. .. 1 Punkt Ziel nicht erreicht<br />
Potentialerhaltung Nicht bewertbar Potentialerhaltung Nicht bewertbar<br />
Begründungfür die Nichtbewertbarkeit des Ist-Zustandes:<br />
1) Variante «normale Dachbegrünung»<br />
2) Variante «maximale Begrünung»<br />
BewertullgskriteriWll<br />
Fehlende DetaIls<br />
Wilde Bereiche .. H ..<br />
pachb~griirJ~lIg do.<br />
Einheimische pflanzen .. ~i~l<strong>und</strong> .Met~od.e. ~~iÖ.k.o.sko.p a~w.ei~he.nd ..<br />
Biotopflächenfaktor<br />
.................................<br />
Daten fehlen<br />
Potentialerhaltung Bewertung bei Ist-Zustand nicht sinnvoll<br />
1.3.4 Bewertung der Varianten<br />
Variante GranfaR,"<br />
Naturnähe<br />
Einheimische pflanzen<br />
i\lt~g~\Vachs~lIe .EI~lll.e~t.e ..<br />
Spollt~nye&.~t~tion H<br />
Wilde Bereiche<br />
Extreme Standortverhältnisse<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
pach~egriirJung ..<br />
Biotopnä~hen~aktor ..<br />
Multifunktionalität<br />
Vernetzun&.<br />
Potentialerhaltung<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
1.46 % Ziel nicht erreicht<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
0.38 Ziel erreicht<br />
Nicht bewertbar<br />
2 Punkte Ziel nicht erreicht<br />
Nicht bewertbar<br />
Variante K,msthochsdalle<br />
Naturnähe<br />
Einheimische Pflanzen<br />
Alte gewachsene Elemente ..<br />
Spontanvegetation ..<br />
Wilde Bereiche<br />
Extreme Standortverhältnisse<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
Dach~~gr~lI~rJg<br />
Biotopfläc~enfaktor ..<br />
Multifunktionalität<br />
Vern.etzun&. ..<br />
Potentialerhaltung<br />
Variante WerkStadt<br />
Naturnähe<br />
Einheimische Pflanzen<br />
Alte gewachsene Elemente.<br />
Spontanvegetation ..<br />
Wilde Bereiche<br />
Extreme Standortverhältnisse<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
Dac~~~gr~nung ..<br />
Biotop~ächenfa~t()r ..<br />
Multifunktionalität<br />
yerlletzllll&. ..<br />
Potentialerhaltung<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
1.06%<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
..................<br />
0.26<br />
Nicht bewertbar<br />
I Punkt<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
1.33%<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
Nicht bewertbar<br />
0.35<br />
Nicht bewertbar<br />
1 Punkt<br />
Nicht bewertbar<br />
Ziel nicht erreicht<br />
Ziel nicht erreicht<br />
Ziel nicht erreicht<br />
Ziel nicht erreicht<br />
Ziel erreicht<br />
Ziel nicht erreicht<br />
304<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> '9S
_________________________________________Kurzberichte<br />
Begründungfür die Nichtbewertbarkeit der Varianten:<br />
Die Varianten sind für eine Bewertung zuwenig detailliert<br />
ausgearbeitet. Die fehlenden Details für die<br />
Bewertungskriterien sind im folgenden aufgelistet:<br />
Naturnähe<br />
Einheimische pflanzen<br />
~ltegel'l~ch~ene ~lell1~n.te ..<br />
Wilde Bereiche<br />
Multifunktionalität<br />
yer.netzu.n~ ....<br />
Potentialerhaltung<br />
1.3.5 Vergleich der Varianten<br />
Varianrenvergleich<br />
fehlende DetalJs<br />
Anteil der naturnahen Vegetation<br />
an der Gesamtarealfläche<br />
...............................<br />
Anteil der mit einheimischen Pflanzenarten<br />
bestockten Flächen<br />
Anteil alter Bäume<br />
Vorhandensein der Elemente auf den<br />
Parzellen<br />
.Extr.eme Standortv~r~ältnIsse ~~hrs~o~f~ .un.dW.asselV~rso.rgun.g ..<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente<br />
Detailgestaltung der Grunraumtypen<br />
Dachbegrunung<br />
Anteil der spontan oder einheimisch<br />
..ext~nsi~ ~egrünten D~cherd<br />
Angaben über Funktion Wasserhaus<br />
.. ~alt, ~lilll~ .un.d ~ufthy~ien~ ...<br />
.. . [)~tail~estalt~~~ de~~rün.r~urntype~ d<br />
Potential während der Bauphase <strong>und</strong><br />
im Endzustand aufgr<strong>und</strong> der Unterlagen<br />
nicht erfassbar<br />
Annahmen für die Bewertung der Varianten:<br />
• Spontanvegetation: Ruderalflächen sind naturnah,<br />
Gehölzflächen sind nicht berücksichtigt.<br />
• Biotopflächenfa'ktor: Wege, Plätze hart sind versiegelte<br />
Flächen; Wege, Plätze unversiegelt sind halboffene<br />
Flächen; Vorgarten, Rasen, Spielwiesen,<br />
Park <strong>und</strong> Ruderalflächen sind Vegetationsflächen<br />
mit Bodenanschluss; nicht berücksichtigt werden<br />
konnten die Regenwasserversickerungsfläche <strong>und</strong><br />
Vertikalbegrünungen.<br />
• Vernetzung: Das Areal ist <strong>und</strong> bleibt für die Indikatorarten<br />
über das Industriegeleise erreichbar.<br />
Der langgezogene Vegetationsgürtel der Variante<br />
Grünraum ist <strong>durch</strong>gehend.<br />
Variante SllOntanvege- lliotopfliichen· Vemetzung Rang<br />
tation (%) faktor (Punkte)<br />
Grünraum 1.46 0.38 1<br />
INN 1.06 I) 0.23 2) 0.29 5/3<br />
Kunsthoch- 1.06 0.26 4<br />
schule<br />
WerkStatt 1.33 0.35<br />
fazit zum Variantenvergleich<br />
Das Datenmaterial für einen umfassenden Vergleich<br />
der verschiedenen Varianten im Bereich der unver-<br />
siegelten Flächen ist unzureichend. Trotzdem lässt<br />
sich eine provisorische Rangierung der Projekte<br />
vornehmen, in welcher die Variante Grünraum am<br />
besten abschneidet. Allerdings erfüllt auch sie nur<br />
eines der drei bewerteten Qualitätsziele.<br />
Die Idee einer Vernetzung mit der Limmat ist nur<br />
unzureichend <strong>durch</strong>dacht, da zwei gr<strong>und</strong>sätzlich verschiedene<br />
Biotoptypen verb<strong>und</strong>en werden sollen,<br />
was kaum Sinn ergibt (vergleiche hierzu Abschnitt<br />
1.4.2).<br />
1.4 Hauptthesen<br />
1.4.1 Ökologische liele<br />
Ökologische Ziele bezüglich Freiflächen müssen<br />
gesetzlich in Planungswerten festgelegt werden. Die<br />
Planungswerte haben sich an einem quantitativen<br />
Bewertungssystem zu orientieren.<br />
Ökologische Ziele bezüglich Freiflächen umfassen<br />
folgende Nutzungsbereiche:<br />
• passive Erholung<br />
• aktive Erholung<br />
• Lebensraum für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere<br />
• Mobilität<br />
.. Repräsentation/Erscheinungsbild<br />
.. Kommunikation<br />
Wasserhaushalt, Lufthygiene <strong>und</strong> Klima<br />
• Naturerlebnis<br />
Die ökologische Qualität der Freiflächen darf während<br />
des Bauprozesses das Niveau des Anfangszustandes<br />
nicht unterschreiten.<br />
1.4.2 Ölwmax<br />
Erfüllung der 11 Qualitäuziele unseres<br />
Bewertungssystems<br />
Eine Erfüllung der Qualitätsanforderungen bedarf<br />
besonderer Steuerung. Wir formulieren folgende<br />
These:<br />
Die Erreichung des Ökomax ist nur möglich,<br />
wenn die nötigen gesetzlichen Bestimmungen<br />
vorliegen <strong>und</strong> die ökologischen Anliegen in den<br />
Entscheidungsgremien vom Beginn der Planung<br />
über die Baubegleitung bis zum Unterhalt detailliert<br />
umschrieben sind <strong>und</strong> berücksichtigt<br />
werden!<br />
Arealspezifische Optimierungshinweise:<br />
Biotopflächenfaktor: Die im privaten Gestaltungsplan<br />
des SEW-Areals vorgeschriebenen Freiflächenziffern<br />
von 10 bis 25%, je nach Baufeld, sind <strong>durch</strong> einen<br />
Biotopflächenfaktor von 0.3 zu ersetzen. Dies ver-<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 305
Kurzberichte<br />
_<br />
Klima <strong>und</strong> den Boden angepasstes Repräsentationsgrün<br />
verhindert z.B. das Installieren von Moorbeeten<br />
<strong>und</strong> hochalpinen Schuttflächen. Die Pflanzen müssen<br />
aber nicht ausschliesslich einheimisch sein.<br />
Vernetzung: Im Areal sind <strong>durch</strong>gehende, naturnahe<br />
Grünräume zu schaffen, die aus der Umgebung<br />
erreichbar sind. Anzustreben ist ein Biotopverb<strong>und</strong>system<br />
zwischen den Ruderalflächen des Hauptbahnhofes<br />
<strong>und</strong> des SEW-Areals mit den bestehenden<br />
Industriegeleisen. Die Pfingstweidstrasse wäre zu<br />
diesem Zweck für Mauereidechsen <strong>durch</strong>lässig zu<br />
gestalten (Unter-/Überführung). Das Meteorwasser<br />
ist auf dem Areal in einem offenen System versickern<br />
zu lassen. Die offene Wasserführung lässt viele interessante<br />
Gestaltungsmöglichkeiten zu. Das offene<br />
Versickerungssystem könnte mit einem Überlauf an<br />
die Limmat angeb<strong>und</strong>en werden. Eine Unterfüh~<br />
rung der Hardturmstrasse wäre dazu nötig. In diesel<br />
Form macht eine Vernetzung zwischen Limmat <strong>und</strong><br />
SEW-Areal Sinn.<br />
Eine Optimierung des Umgangs mit Biotopen oder Ruderalflächen istgleichermassen<br />
ein Thema von <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>. Diese Aspekte werden vom<br />
Biotopflächenindex nicht etfasst.<br />
hindert z.B. eine vollständige Unterkellerung des<br />
Areals, <strong>und</strong> Gebäudebegrünungen werden als anrechenbare,<br />
naturhaushalt-wirksame Flächen anerkannt.<br />
Hartbeläge müssen begründet werden. Die<br />
Mehrzahl der Nutzungen ist mit dem heutigen<br />
Wissen auf teilversiegelten Flächen möglich.<br />
Arealtypische Stadtlandschaftselemente: Die arealdominierenden<br />
Stadtlandschaftselemente sind aufgr<strong>und</strong><br />
der Nutzung Ruderalflächen <strong>und</strong> Brachen. Durch die<br />
<strong>Umnutzung</strong> sind, neben den Ruderalflächen, andere<br />
arealtypischen Stadtlandschaftselemente (vgL<br />
Bewertungssystem) anzustreben. Eine höhere Biotopvielfalt<br />
kann, je nach Ausgestaltung, eine ökologische<br />
Wertschöpfung sein. Ruderalflächen müssen<br />
sich <strong>durch</strong> die Nutzung erhalten <strong>und</strong> dürfen nicht<br />
gepflegt werden. Dazu sind unterschiedliche Nutzungsintensitäten<br />
<strong>und</strong> -frequenzen auf diesen Flächen<br />
zu planen. Dies könnte z.B. auf dem unversiegelten<br />
Parkplatz des Technoparkes <strong>durch</strong> zeitliche<br />
Änderung der Parkfeldanordnung erreicht werden.<br />
Auf den wenig <strong>und</strong> nicht genutzen Ruderalflächen<br />
ist der Sukzession freier Lauf zu lassen, so dass wildes<br />
Grün entsteht. Gepflanzte einheimische Sträucher<br />
<strong>und</strong> Bäume sind v.a. als Gestaltungselemente<br />
sinnvoll. Der naturnahe Gebrauchsrasen muss sich<br />
auch aufgr<strong>und</strong> seiner Nutzung (Spiel- <strong>und</strong> Tobeplatz)<br />
selbst erhalten <strong>und</strong> darf nicht intensiv gepflegt<br />
(Biozide, Dünger, Bewässerung) werden. An das<br />
1.S Steuerungsfaktoren<br />
1. Gesetze<br />
Raumplanungsgesetz (RPG), Planungs- <strong>und</strong> Baugesetz<br />
des Kantons Zürich (PBG) (Freiflächenziffer),<br />
Bau- <strong>und</strong> Zonenverordnung der Stadt Zürich (BZO),<br />
Zivilgesetzbuch (ZGB), Einführungsgesetz zum ZGB<br />
(Grenzabstände für Bäume <strong>und</strong> Sträucher), Natur<strong>und</strong><br />
Heimatschutzgesetz (NHG), Natur- <strong>und</strong> Heimatschutzverordnung<br />
(NHV), Gewässerschutzgesetz<br />
(GSchG) (Versickern unverschmutzter Abwässer<br />
nach kantonalen Anordnungen), Stoffverordnung<br />
(StoV) (Streusalz, Herbizidverbot)<br />
2. Räumliche Begebenheiten<br />
Klimafaktoren <strong>und</strong> Bodenbeschaffenheit sowie die<br />
Umgebung (Quartiergestalt, Stadtbild) beeinflussen<br />
wesentlich, welche Biotoptypen an einem bestimmten<br />
Standort sinnvoll erscheinen.<br />
3. Ausführung, Pflege, Nutzung<br />
Die Ausführung (= Realisierung) des Projektes füllt<br />
letzte Lücken der Planung. Diese müssen im Sinne<br />
der Planung ausgeführt werden, um das Gesamtprojekt<br />
nicht zu gefährden (Baubegleitung). Auch<br />
eine geglückte Realisierung kann bei ungeeigneter<br />
Pflege oder übermässiger/falscher Nutzung rasch<br />
verändert <strong>und</strong> das Planungskonzept verwässert werden.<br />
4. Werthaltungen (von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung)<br />
Abhängig von den Werthaltungen der Beteiligten<br />
werden unterschiedliche Interessen stärker oder<br />
306 UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________________________Kurzberichte<br />
schwächer verfolgt (Finanzen, Ruderalfächen, Parkplätze,<br />
Hecken, ...).<br />
5. Wissen von Gestaltern, Behörden etc.:<br />
Viele ökologisch sinnvolle Massnahmen sind leicht<br />
realisierbar <strong>und</strong> kostenneutral oder gar rentabel.<br />
Häufig fehlen Informationen oder es sind Vorurteile<br />
vorhanden.<br />
6. Ansprüche von Gestaltern, Behörden, etc.:<br />
Verschiedene Beteiligte stellen an ein Projekt unterschiedliche<br />
<strong>und</strong> teilweise sich widersprechende<br />
Anforderungen.<br />
7. Zusammensetzung von Entscheidungsgremien:<br />
Sie beeinflusst, welche Ansprüche letztlich zum<br />
Tragen kommen. Betroffene, die nicht im Entscheidungsgremium<br />
vertreten sind, können ihre<br />
Ansprüche <strong>und</strong> Interessen kaum realisieren.<br />
Adam, K., Nohl, W., Valentin, W. (1986): Bewertungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
für Kompensationsmassnahmen bei Eingriffen in die Landschaft.<br />
Landesamt für Agrarordnung. Düsseldorf.<br />
Bauamt I <strong>und</strong> II der Stadt Zürich (Hrsg.), (1990): Grün am Bau:<br />
Vorschläge für Hausbesitzer <strong>und</strong> Mieter, Architekten <strong>und</strong> Handwerker,<br />
Zürich.<br />
Bernowitz, K., Leutert, F. (1991): Vegetationskartierung der Stadt<br />
Zürich 1987/8, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Breuste, J. (1994): Urbanisierung des Naturschutzgedankens. Diskussion<br />
von gegenwärtigen Problemen des Stadrnaturschutzes.<br />
In: Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftsplanung 26 (6). Stungart: Eugen<br />
Ulmer.<br />
B<strong>und</strong>esamt für <strong>Umwelt</strong>, Wald <strong>und</strong> Landschaft (1995): Begrünte<br />
Dächer, Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong> Nr. 216. Gewässerschurz, Landschaftsschutz.<br />
Bern: EDMZ.<br />
Dokumentation Natur <strong>und</strong> Landschaft (1992): Untersuchungen<br />
zu Naturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege im besiedelten Bereich.<br />
Literaturnachträge bis 1992. Sonderheft 20, Bibliographie Nr. 66.<br />
Eichenberger, R., Eichberger, M., Rüdisüli, H. (1992): Durchgrünte<br />
Arbeitswelt, Gartenbauamt der Stadt Zürich.<br />
Fellenberg, G. (1991): Lebensraum Stadt. Zürich: vdf.<br />
Gartenbauamt Stadt Zürich (1989): Inventar der kommunalen<br />
Natur- <strong>und</strong> Landsthaftsschutzobjekte.<br />
Gilbert, O.L. (1994): Städtische Ökosysteme. Radebeul: Neumann<br />
Verlag.<br />
Huber, B. (et al.) (1989); Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Aussenraum. Eine<br />
Untersuchung über Nutzung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohnquartieren.<br />
ORL-Bericht 75. Zürich: vdf<br />
Ineichen, S. (1990): Naturleitbild Stadt Zürich.<br />
Jacsman, J. (1995): Zum ökologischen Ausgleich im Siedlungsraum.<br />
In: Schweizer Ingenieur <strong>und</strong> Architekt, 3/95, S. 31-34.<br />
Kowarik, 1. (1989): Einheimisch oder nichteinheimisch? In: Garten<br />
<strong>und</strong> Landschaft, 5/89, S. 15-18.<br />
Kuhn, U., Meier, C., Nievergelt, B., Pfändler, U. (1992): Naturschutz-Gesamtkonzept<br />
für den Kanton Zürich. Zürich.<br />
Meier, C., Pabst, B. (1985): Amphibien-Inventar der Stadt Zürich<br />
<strong>und</strong> Verzeichnis, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Neumayer, R. (1988): Reptilien in der Stadt Zürich: Verbreitung,<br />
Verzeichnis <strong>und</strong> Bewertung, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Ökoskop (Hrsg.), (1995): Erfassung <strong>und</strong> Bewertung der Natur im<br />
Siedlungsraum. Methode - Ziele - Literatur. Gelterkinden.<br />
Rüdisüli, H.P., C. V. (1989): Aussenräume sind Lebensräume - Bericht<br />
über das Pilotprojekt 1988/89, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Schiess-Bühler C. (1988): Wildtiere in Zürich, Spurentaxation,<br />
Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Schiess-Bühler C. (1986): Ornithologisches Inventar der Stadt<br />
Zürich, Zürcher Kantonalverband für Vogelschutz.<br />
Schwarze M., Rüdisüli H.P. (1992): Grünraum in der Stadt <br />
Erhalten, Gestalten <strong>und</strong> Nutzen. NFP 29, Stadt <strong>und</strong> Verkehr.<br />
Zürich.<br />
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
(Hrsg.), (1993): Der BiotopflächenfaktOf BFF. Berlin.<br />
Stutz, H.P. (1985): Die Fledermäuse der Stadt Zürich, Situationsaufnahme<br />
<strong>und</strong> Schutzkonzept, Gartenbauamt Stadt Zürich.<br />
Sukopp, H., Winig, R. (Hrsg.) (1993): Stadtökologie. Stuttgart:<br />
Gustav Fischer Verlag.<br />
<strong>Umwelt</strong>behörde Hamburg (Hrsg.): Grünvolumenzahl <strong>und</strong> Bodenfunktionszahl.<br />
Schriftenreihe <strong>Umwelt</strong>behörde Heft Nr. 9. Hamburg.<br />
Valentien, C., Kroitzsch, M. (et al.), (1993): Freiflächen an öffentlichen<br />
Gebäuden. Rahmenkonzepte für München, Kempten <strong>und</strong><br />
Forchheim. Bayrisches Landesamt für <strong>Umwelt</strong>schutz, Schriftenreihe<br />
Heft 119. München.<br />
Wittig, R., Zucchi, H. (Hrsg.), (1993): Städtische Brachflächen <strong>und</strong><br />
ihre Bedeutung aus der Sicht der Ökologie, <strong>Umwelt</strong>erziehung <strong>und</strong><br />
Planung. Geobot. Kolloq. 9. Frankfurt.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
307
Kurzberichte<br />
_<br />
Autor<br />
Lllcio Carlllcci (Tutor)<br />
Aufbauend allf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojektgruppen 1.3 <strong>und</strong> 1.9<br />
Anlle Desdollx<br />
Andreas Gerecke<br />
Johannes KoUOllall<br />
Oll Kramer<br />
Martin Schmid<br />
Jeall·Charles Paterna<br />
Lucio Carlucci (Tutor)<br />
2.1 Ziele <strong>und</strong> fragestellungen<br />
Gegenstand der Teilprojektsgruppe «Bauchemie<br />
<strong>und</strong> Innenraum» war die Anwendung problemträchtiger<br />
Baustoffe. Einerseits sollte der Bereich der<br />
Bauchemie <strong>durch</strong> eine Literaturstudie zu einzelnen<br />
Stoffgruppen fachlich angegangen werden. Andererseits<br />
sollte das Umfeld der Produktion <strong>und</strong> der Verwendung<br />
solcher Stoffe erkannt <strong>und</strong> beschrieben<br />
werden.<br />
Folgende Fragen standen für diese Arbeit im<br />
Vordergr<strong>und</strong>:<br />
• Wie sehen aktuelle Problemstellungen der Bauchemie<br />
aus, bezüglich Auswirkungen auf <strong>Umwelt</strong>systerne<br />
<strong>und</strong> Menschen bei Produktion, Anwendung<br />
<strong>und</strong> Rückbau?<br />
• Welche Rahmenbedingungen sind gegeben in<br />
Form von Gesetzen, Richtlinien, Empfehlungen,<br />
Finanzen, Forschung etc.? Wie könnten diese<br />
verbessert werden?<br />
'" Wo liegen die Differenzen zwischen einem fiktiven<br />
Ideal-Zustand <strong>und</strong> dem Ist-Zustand?<br />
• Welche bereits existierenden Alternativen kommen<br />
dem Ideal-Zustand näher als der Ist-Zustand?<br />
2.2 Methoden<br />
Der Teilprojekttutor stellte der Gruppe zu Beginn<br />
der Arbeit ausführliche Literatur zur Verfügung.<br />
Ebenfalls vorbereitet waren Kontakte zu Firmen<br />
bzw. Personen aus der Bauchemie~Branche sowie<br />
zu engagierten Architektinnen. Zur Beschaffung<br />
<strong>und</strong> Verarbeitung von Informationen wurden also<br />
folgende Methoden verwendet:<br />
'" Literaturstudium<br />
• Informationsgespräch mit der Direktion einer grossen<br />
Baustoffherstellerin <strong>und</strong> Firmenr<strong>und</strong>gang<br />
'" Expertenbefragung einer ausübenden Architektin<br />
mit grosser Kompetenz in Bauökologie <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
• Diskussionen in der Teilprojektgruppe<br />
Diese vier Ansätze ermöglichten den Studierenden<br />
die Analyse bauchemischer Probleme aus verschiedenen<br />
Perspektiven.<br />
Einstieg ins Thema<br />
In der ersten Arbeitssitzung eröffneten die Studierenden<br />
einander die Fragestellungen, welche aus der<br />
Projektarbeit «Bauchemie» für die Synthesegruppen<br />
beantwortet werden sollten. In der folgenden Diskussion<br />
kamen sie jedoch zu folgendem Schluss:<br />
Die Resultate dieser Teilprojektarbeit liefern keine<br />
direkte Beantwortung von Fragen aus Synthesegruppen,<br />
da sich etwa Fragen zur Innenraumbelastung<br />
erst zu späterem Zeitpunkt vertieft beantworten<br />
lassen. Sie sind vielmehr ein Werkzeug zur weiteren<br />
Ausgestaltung der vier Gestaltungsvarianten der<br />
SEW-Arealumnutzung.<br />
Fallheispie.le<br />
Die Teilprojektgruppe einigte sich darauf, das ausserordentlich<br />
weite Thema «Bauchemie» anhand<br />
von Fallbeispielen anzugehen. Dazu sollten Bau-<br />
308<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------------- Kurzberichte<br />
aktuelle Problemstellung ( Rahmenbedingungen )<br />
IST-ZUSTAND<br />
I<br />
I<br />
I<br />
~l/<br />
IIDEAL-ZUSTANDI<br />
Abb. 2.2 Einheitliches Untersuchungs-Schema für die behandelten Fallbeispiele:<br />
Nach einem Studium der <strong>Umwelt</strong>- bzw. Ges<strong>und</strong>heitsproblematik<br />
der Stoffe <strong>und</strong> der geltenden Rahmenbedingungen erfolgte die Beurteilung<br />
des Ist-Zustandes. Ausgehendvon einem Anforderungskatalog wurden ökologische<br />
Bewertungskriterien formuliert. Würden alle diese Kriterien eingehalten,<br />
so wäre der Ideal-Zustand erreicht. Nach der Beschreibung des<br />
Ist- <strong>und</strong> des Idealzustandes wurden Alternativen gesucht, welche den Ist<br />
Zustand näher in Richtung Idealzustand bewegen.<br />
stoffe oder Chemikalien aus Baustoffen nach einem<br />
einheitlichen Schema untersucht werden. Die Wahl<br />
fiel auf Betonzusatzstoffe, Formaldehyd <strong>und</strong> Holzschutzmittel.<br />
Betonzusatzstoffe sind hauptsächlich in Rückbau<br />
<strong>und</strong> Entsorgung bezüglich <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
problematisch. Formaldehyd <strong>und</strong> Holzschutzmittel<br />
wirken sich in Innenräumen negativ auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Raumbenützer aus.<br />
Das einheitliche Untersuchungs-Schema ist in<br />
Abbildung 2.2 dargestellt.<br />
2.3 Resultate<br />
2.3.1 Ökologische Kriterien für Baustoffe<br />
Die folgende Liste von «Anforderungen <strong>und</strong> Bewerrungskriterien<br />
für Baustoffe» wurde zum einen Teil<br />
aus Schwarz (1995) entnommen <strong>und</strong> zum anderen<br />
<strong>durch</strong> die Studierenden ergänzt. Ökologischen Kriterien<br />
sind umfassend zu betrachten. Sie beinhalten<br />
den gesamten Lebenszyklus des eingesetzten Baustoffes<br />
(Herstellung, Anwendung, Entsorgung).<br />
Giftklassefrei. Dies bedeutet weder ungiftig noch<br />
giftfrei. Die Bezeichnung besagt, dass die Giftigkeit<br />
des Produktes so gering ist, dass es bei Einhalrung<br />
der notwendigen Arbeitsschutzmassnahmen bei der<br />
Anwendung (z.B. gut lüften) <strong>und</strong> nach dem Aushärten<br />
(Nutzungsphase) zu keinen ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Beeinträchtigungen kommen sollte, auch dann nicht,<br />
wenn man sich dauernd in den betroffenen Räumen<br />
aufhält. Dieses Kriterium ist gültig für alle üblichen<br />
Anstrich-, Klebe- <strong>und</strong> Dichtungsarbeiten im Innenbereich<br />
(Farben, Lacke, Lasuren, Kleber, Kitte <strong>und</strong><br />
Fugenmasen).<br />
Ohne Wirkstoffe. Wirkstoffe sind häufig giftig <strong>und</strong><br />
gehören deshalb zu den ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> umweltgefährdenden<br />
Stoffen.<br />
Formaldehydfrei. Formaldehyd verursacht in erster<br />
Linie Raumluftprobleme. Wichtig für den Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
ist es, nicht Einzelemissionen, sondern<br />
die Summe der Formaldehydemissionen aus den<br />
verschiedenen Baumaterialien <strong>und</strong> Einrichtungsgegenständen<br />
zu bewerten.<br />
Kein PVC. Mit der Verwendung von PVC oder PVC<br />
Komponenten sind unüberblickbare Ges<strong>und</strong>heitsrisiken<br />
<strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>gefahren verb<strong>und</strong>en, vor allem bei<br />
der Herstellung, Entsorgung <strong>und</strong> im Brandfall. Auch<br />
zum Recycling von gebrauchten PVC-Produkten<br />
(z.B. alten Bodenbeläge oder Dachfolien) sind noch<br />
viele Fragen offen. Die meisten Baumaterialien sind<br />
heute PVC-frei erhältlich. Als Ersatzstoffe bieten<br />
sich Holz, Linoleum, Kork, Fliesen, Rauhfasertapeten<br />
<strong>und</strong> Metalle an.<br />
Ohne FCKW <strong>und</strong> H-FCKW. Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe<br />
(FCKW's) <strong>und</strong> Hydrierte-Fluor-Chlor<br />
Kohlenwasserstoffe (H-FCKW's) wirken als ozonabbauende<br />
Gase in der Stratosphäre.<br />
Weiterverwendbar, sonst unschädlich vernichtbar. Unschädlich<br />
vernichtbar stellt das wichtigste Entsorgungskriterium<br />
für Stoffe <strong>und</strong> Bauteile dar, die<br />
vorwiegend aus brennbarem Material bestehen. Ein<br />
Baumaterial ist unschädlich vernichtbar, wenn bei<br />
der Verbrennung keiner der nach der Stoffverordnung<br />
festgelegten Höchstwerte überschritten<br />
wird. Alle Produkte aus PVC-Kunststoff sind nicht<br />
unschädlich vernichtbar (Chlorkomponenten!).<br />
Inertstoffqualität. Das Leitkriterium Inertstoffqualität<br />
ist das wichtigste Entsorgungskriterium für alle nicht<br />
brennbaren Materialien.<br />
Bauweise. In Standard-Bauten, das heisst, wenn nicht<br />
unbedingt erforderlich, sollten keine Baukonstruktionen<br />
angewendet werden, die ökologisch bedenkliche<br />
Baustoffe erfordern, um die Statik zu erfüllen.<br />
Deklarationspflicht. In Zukunft sollen keine Baustoff-Produkte<br />
mehr verwendet werden, bei denen<br />
ökologisch relevante Inhaltsstoffe nicht deklariert<br />
sind.<br />
2.3.2 Betonzusatzstoffe<br />
Anforderungen ",nd 'verwendung<br />
Folgende Betonzusatzstoffe werden verwendet:<br />
41 Verflüssiger zur Verbesserung der Betoneigenschaften<br />
bezüglich Wasserbedarf, Ansteifverhalten <strong>und</strong><br />
Geschmeidigkeit.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
309
Kurzberichte<br />
_<br />
11 Erhärtungsbeschleuniger für Beton <strong>und</strong> Mörtel.<br />
Höhere Frühfestigkeiten lassen sich <strong>durch</strong> den<br />
gezielten Einsatz von Beschleunigern erreichen.<br />
________________________________________Kurzberichte<br />
Binde-, Desinfektions- <strong>und</strong> Konservierungsmittel<br />
verwendet werden. Entsprechend wird es bei der<br />
Herstellung vieler Baumaterialien eingesetzt, wie<br />
z.B. Spanplatten <strong>und</strong> Sperrhölzer, Tischlerplatten,<br />
Furniere, Weichfaserplatten, Parkettriegel, Ortsschäume<br />
(Füllstoffe), Spachtelmassen, Klebstoffe,<br />
Farben, Lacke, Lasuren, Tapeten, Teppiche mit<br />
Schaumrücken, Isoliermaterialien.<br />
Problemstellungen<br />
Belastung <strong>durch</strong> EmmissiOtl von Formaldehyd aus Baustoffen.<br />
Die wichtigsten Emissionsquellen für Formaldehyd<br />
in Innenräumen sind Pressspanplatten.<br />
Weitere Quellen sind wärmedämmende Ortsschäume<br />
<strong>und</strong> aminoplast-versiegelte Lacke.<br />
Formaldehyd kann bei chronischer Exposition bereits<br />
in geringen Konzentrationen die Ges<strong>und</strong>heit<br />
gefährden. Die häufigsten Symptome sind Reizungen<br />
der Atemwege, Allergien <strong>und</strong> «diffuse Symptome»<br />
wie Konzentrationsschwierigkeiten <strong>und</strong><br />
Müdigkeit. Formaldehyd ist auch eine Leitsubstanz<br />
bezüglich des «Siek Building Syndrome» (SBS), bei<br />
welchem derartige Symptome auftreten (Da<strong>und</strong>erer,<br />
1990/1; S<strong>und</strong>eIl 1994). Ausserdem ist Fomaldehyd<br />
eines der wirksamsten bekannten Mutagene. In den<br />
USA wird es auch als krebserregend eingestuft, im<br />
EG-Raum als krebsverdächtig (Schwarz, 1991).<br />
Konzentrationen in Innenräumen steigen mit zunehmender<br />
Temperatur, zunehmender Luftfeuchtigkeit<br />
<strong>und</strong> abnehmender Luftwechselrate (Kuhn 1983).<br />
Die Halbwertszeiten der Formaldehyd-Konzentrationen<br />
in Innenräumen liegen zwischen einem <strong>und</strong><br />
vier Jahren (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1).<br />
Verarbeitung VOll Formaldehyd. Das Deutsche B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsamt<br />
nennt eine Reihe von Berufen, in<br />
denen Beschäftigte mit Formaldehyd belastet sein<br />
können (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1). Inwiefern dies bei der<br />
Herstellung von Baustoffen der Fall ist, muss in den<br />
jeweiligen Produktionsbetrieben abgeklärt werden.<br />
Rahmenbedingungen<br />
Maximale Arbeitsplatz-Konze1ltratiollen (MAK-Werte):<br />
0.5 ppm im EG-Raum, 1 ppm in der Schweiz. Selbst<br />
bei Einhaltung der heute gültigen MAK-Werte ist<br />
jedoch eine ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdung der Arbeiter<br />
nicht auszuschliessen (Da<strong>und</strong>erer, 1990/1; HenschIer,<br />
1994).<br />
Weitere Richtwerte sind: MIK-Werte (Maximale<br />
Immisionskonzentrationen, Deutschland) 0.06 ppm<br />
für Kurzzeitbelastungen <strong>und</strong> 0.02 ppm für Dauerbelastungen;<br />
WHO, Konzentrationen über 0.08 ppm<br />
geben zu Besorgnis Anlass.<br />
Alternativen<br />
Alternativen für Spanplatten, welche keine Gefährdung<br />
für die Raumluft darstellen, sind Massivholz,<br />
verleimte Massivholzplatten, Tischlerplatten, kunstharzfreie<br />
Holzfaserplatten, magnesitgeb<strong>und</strong>ene Platten,<br />
Gipsspanplatten, zementgeb<strong>und</strong>ene Platten,<br />
Vollgipsplatten <strong>und</strong> Gipskarton-, Gipsfaser-, Gipsleichtbauplatten<br />
(Schwarz, 1995). Isocyanatgeb<strong>und</strong>ene<br />
Spanplatten «
Kurzberichte ---------------------------------<br />
Inhaltsstoffe weitgehend unbekannt (Da<strong>und</strong>erer,<br />
1990/3).<br />
Verwendungszweck<br />
Der Verwendungszweck von Holzschutzmitteln ist,<br />
das Holz vor Zerstörung <strong>durch</strong> Schimmelpilze oder<br />
Insekten zu schützen. Die tragende Funktion des<br />
Holzes im Bauwerk ist somit länger gewährleistet.<br />
Problemstellungen<br />
Wirkstoffe von Holzschutzmitteln befinden sich<br />
hauptsächlich in den obersten 3 Millimetern des behandelten<br />
Holzes. Die Ausgasung von Lösemitteln<br />
<strong>und</strong> Wirkstoffen stellt den Haupteintrag in die <strong>Umwelt</strong><br />
bzw. den Innenraum dar.<br />
Toxikologisch relevante Wirkstoffe in Holzschutzmitteln<br />
sind Pentachlorphenol (PCP) <strong>und</strong> Lindan<br />
. (g-Hexachlorcyclohexan). PCP gilt als eine der grössten<br />
Dioxinquellen in der <strong>Umwelt</strong>. Lindan ist ein<br />
Insektizid, das seit 1971 wegen seiner hohen Neurotoxizität<br />
in der Schweiz verboten ist. Die zwei Stoffe<br />
adsorbieren an Staubpartikel, welche als Schwebstaub<br />
(auch lungengängige Fraktionen!) oder als<br />
sedimentierter Grobstaub vorliegen. Für PCP wird<br />
von einer <strong>durch</strong>schnittlichen Halbwertszeit von<br />
3 Jahren ausgegangen. Die Ausgasung erfolgt zu<br />
50% in den ersten fünf Monaten. Der Rest verteilt<br />
sich auf 10 bis 20 Jahre. So können auch Jahrzente<br />
nach der Holzschutzmittelanwendung noch sehr<br />
hohe Konzentrationen an Schadstoffen im Hausstaub<br />
nachweisbar sein. Auch Spanplatten enthalten PCP<br />
in hohen Konzentrationen.<br />
Holz als umweltfre<strong>und</strong>licher Baustoffwird <strong>durch</strong> den<br />
Einsatz von Holzschutzmitteln zu Sondermüll!<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen <strong>durch</strong> Holzschutzmittel.<br />
Erste Reaktionen bei chronischer Exposition<br />
sind unspezifische Symptome, welche auf Erkrankungen<br />
der tieferen Atemwege zurückzuführen sind.<br />
Das Lungenepithel wird geschädigt, was die Luft<br />
Blut-Schranke <strong>durch</strong>lässiger für die Schadstoffe<br />
macht. Eine bleibende Überempfindlichkeit des<br />
Zentralnervensystems kann so eintreten (Multiple<br />
Chemical Sensitivities).<br />
Akute neurotoxische Symptome sind bei Personen<br />
zu erwarten welche sich während der ersten drei<br />
Monate nach, oder bei der Ausbringen der Holzschutzmittel<br />
in den Räumlichkeiten aufhielten.<br />
Symptome sind Schwindel, Übelkeit, Erbrechen <strong>und</strong><br />
Schwitzen, als Folge von Reizungen <strong>und</strong> Schädigungen<br />
des Hirnstammes (zentrales vegetatives<br />
Nervensystem). Betroffen sind auch das Hormon-,<br />
Stoffwechsel- <strong>und</strong> Immunsystem.<br />
Rahmenbedingungen<br />
Die Stoffverordnung (StoV) verlangt eine Zulassungsbewilligung<br />
für Hersteller, eine Fachbewilligung<br />
für Anwender (ausgenommen Eigengebrauch)<br />
<strong>und</strong> die Rücknahmepflicht für Abgeber von Holzschutzmitteln.<br />
Die EMPA-Richtlinie Holzschutz im Bauwesen empfiehlt<br />
für KOhstruktionshölzer in geheizten <strong>und</strong>/oder<br />
gut belüfteten Räumen sowie für Wandtäfer <strong>und</strong><br />
Bodenbeläge ohne erhöhte Feuchteeinwirkung lediglich<br />
einen lasierenden Anstrich ohne Wirkstoffe,<br />
d.h. keine konventionellen Holzuschutzmittel.<br />
Alternativen.<br />
Sanierung<br />
Chemische Alternativen für Holzschutzmittel gibt<br />
es kaum. Verschiedene Stoffe wurden untersucht<br />
oder bereits vertrieben (Furmecyclox, Pyrethriode,<br />
Chlorthalonil, Dichlofluanid, Aluminium oder Kupfer-HDO,<br />
Dichlofluanid etc.). Ihre Wirkung auf<br />
Mensch <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong> sind jedoch ähnlich negativ wie<br />
die konventionellen Biozide in Hozschutzmitteln.<br />
Für die Sanierung Holzschutzmittel-belasteter<br />
Innenräume müssen die Quellen beseitigt <strong>und</strong><br />
anschliessende der Staub als wichtiges Depot entfernt<br />
werden. Es können auch hoch abdichtende<br />
Anstriche (Diffusionssperren) auf behandeltes Holz<br />
appliziert werden. Eine Nachuntersuchung nach der<br />
Sanierung ist als Erfolgskontrolle unbedingt erforderlich.<br />
Idealziusti'llld gemiiss ökologischen Kriterien<br />
Die Kriterien «Giftklassefrei» <strong>und</strong> «Ohne Wirkstoffe»<br />
sind auf Holzschutzmittel nicht anwendbar.<br />
Die Wirkstoffe (Fungizide <strong>und</strong> Pestizide) in den<br />
Holzschutzmitteln können erhebliche ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Folgen für Anwender <strong>und</strong> Bewohner haben.<br />
Der unspezifische «R<strong>und</strong>umschlag» der eingesetzten<br />
Wirkstoffe <strong>und</strong> die daraus resultierenden Risiken<br />
stehen in keinem Verhältnis zu den beabsichtigen<br />
Effekten. Das Kriterium «\Veiterverwendbar, sonst<br />
unschädlich vernichtbar» ist für das mit Holzschutzmitteln<br />
behandelte Holz nicht mehr erfüllt. Das behandelte<br />
Holz wird dem Rückbau entzogen <strong>und</strong><br />
muss als Sondermüll entfernt werden. Das Kriterium<br />
«Deklarationspflicht» ist auf Gr<strong>und</strong> der unklaren<br />
Lösungsmittelkombinationen, die viele Hersteller<br />
nicht deklarieren, ebenfalls nicht erfüllt.<br />
Der Einsatz von Holzschutzmitteln in Innenräumen<br />
ist nicht verantwortbar. Für Holz-Aussenbauten<br />
kann der Einsatz unter Umständen erforderlich sein.<br />
Der Schutz von Holz vor Pilz- <strong>und</strong> Bakterienbefall in<br />
Innenräumen kann <strong>durch</strong> Steuerung von relativer<br />
312<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
_____________________________---------------Kurzberichte<br />
Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Luftwechselzahl <strong>und</strong><br />
direkter Sonneneinstrahlung auf ökologisch sinnvollere<br />
Art erfolgen.<br />
2.4 Diskussion zur Umsetzung<br />
Wer zahlt, befiehlt! Der Bauherr ist letztendlich<br />
entscheidend in der Frage, welche Chemie in sein<br />
Gebäude kommt. Die Architektin kann jedoch bereits<br />
beim Planen <strong>und</strong> später in der Ausführung<br />
Bauökologie einfliessen lassen. Dies auch ohne das<br />
Thema explizit mit dem Bauherrn anzugehen. Leider<br />
erscheint Bauökologie in der Ausbildung der<br />
Architekten nur am Rande, <strong>und</strong> eine Fortbildung in<br />
diesem Bereich beruht auf Eigeninitiative. Öffentliche<br />
Aufklärung kann dazu beitragen, dass der<br />
Bauherr selbst ökologische Anforderungen stellt.<br />
Schneller <strong>und</strong> noch schneller! Zeit ist Geld; <strong>Bauen</strong> muss<br />
schnell gehen. Produkte, die den Bauprozess verlangsamen,<br />
haben keine reellen Marktchancen. Bauchemiehersteller<br />
kämpfen mit ihren Ökoprodukten<br />
gegen dieses Marktgesetz. Hier müsste eine kräftige<br />
Regulierung nachhelfen, beispielsweise über Verwendungsbeschränkungen<br />
oder -verbote.<br />
Interessenabwägungen. Ob eine (Bau-)Chemikalie ökologisch<br />
bedenklich ist, steht nicht im einzelnen in<br />
der StoV (Stoffverordnung, 1992). Dementsprechend<br />
gibt es keine Listen verbOtener Baustoffe. Von Fall<br />
zu Fall wird eine Interessensabwägung vorgenommen<br />
um abgeklärt, ob die Verwendung gewisser<br />
Stoffe gerechtfertigt ist oder nicht. Dieses Vorgehen<br />
lässt zu viel Spielraum offen.<br />
Positiver Vorbildcharakter! Projekte von Grossbauherren<br />
(z.B. Banken, Migros) <strong>und</strong> öffentlichen Bauherren<br />
(Stadt, Kanton etc.) berücksichtigen immer<br />
stärker Ökologie im Bau. Der Privatbau wird davon<br />
teilweise angesteckt. Es ist zu hoffen, dass dieser<br />
Trend anhält.<br />
Literatur<br />
Da<strong>und</strong>erer, M. (1990): Handbuch der <strong>Umwelt</strong>gifte, Band 1, Toxikologische<br />
Einzelsstoffinformationen 1I1- Formaldehyd, ecomed,<br />
Landsberg.<br />
Da<strong>und</strong>erer, M. (1990): Handbuch der <strong>Umwelt</strong>gifte, Band 3, ecomed,<br />
Landsberg.<br />
Henschler, D. (1994): Ges<strong>und</strong>heitsschädliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische<br />
Begründung von MAK-Werten,<br />
VCH Weinheim.<br />
Kuhn, M. (1983): Verunreinigung der Raumluft <strong>durch</strong> Materialien,<br />
Dissertation ETH Nr. 7324.<br />
Leisse, B. (1994): Risiken chemisch geschützten Holzes Ein<br />
Überblick, Fachzeitschrift «Baubiologie» 4/94, S. 12-17.<br />
Schwarz, ]. (1991): Ökologie im Bau. Bem <strong>und</strong> Stuttgart: Verlag<br />
Paul Haupt.<br />
Schwarz, ]. (1995): Ökologische Leitkriterien im Bauwesen,<br />
Arbeitspapier zum ETH-Seminar vom 20.4.<br />
Stoffverordnung: Verordnung über umweltgefahrdende Stoffe<br />
(StoV), Stand 1.Juli 1992, SR 814.013.<br />
S<strong>und</strong>elI, ]. (1994): On the Associaton between Building Ventilation<br />
charcteristics, some Indoor Environmental Exposures, some<br />
Allergie Manifestationsand Subjective Symptome Reporrs, Fachzeitschrift<br />
«Indoor Air», Supplement 2/94.<br />
Wanner, H.U., Monn, C. (1994): Verunreinigungen der Raumluft,<br />
Skript zur Vorlesung <strong>Umwelt</strong>hygiene I, Abt. XB, ETH Zürich.<br />
Immissionen <strong>durch</strong> unsachgemässe Nutzung von Innenräumen sind hier<br />
nicht Gegenstand der Diskussion.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
313
Kurzberichte ---------------------------- _<br />
Autoren<br />
Daniel Aegerter<br />
Andre Fuhrer<br />
Daminik Käuferle,<br />
Saris Pezzatti<br />
J. W. Schregenberger (Tutor)<br />
Aufbauend auf den Ergebnissen der wissenschaftlicheIl Teilprojektgruppe 3.3<br />
Dal1iel Aegerter<br />
Andre Fuhrer<br />
Daminik Käuferle,<br />
Saris Pezzaui<br />
J.W. Schregenberger (Tutor)<br />
3.1<br />
Die Teilprojektsgruppe 3.3<br />
Fragen:<br />
untersuchte folgende<br />
'" Welches ökologische relevante Wissen <strong>und</strong> welche<br />
ökologische Problemlösungskompetenz sollten<br />
Planerinnen <strong>und</strong> Architekten besitzen? Was heisst<br />
überhaupt Ökologie <strong>und</strong> ökologisches <strong>Bauen</strong>?<br />
'" Welche anwendungsorientierte Instrumente eXIstieren<br />
für ökologisches Planen <strong>und</strong> <strong>Bauen</strong>?<br />
'" Welches für ökologisches <strong>Bauen</strong> relevante Wissen<br />
wird in der Ausbildung verwendet?<br />
'" Welche Organisationen, Schulen etc. bieten für<br />
ökologisches <strong>Bauen</strong> relevante Weiterbildungen an?<br />
11> Warum wird das ökologische Wissen bei der Bearbeitung<br />
von Bauprojekten nur teilweise angewendet?<br />
Die Beantwortung dieser Fragen erfolgte einerseits<br />
mit Literaturstudium <strong>und</strong> andererseits mit qualitativen<br />
Interviews mit vier Experten der Baubranche:<br />
.. J.w. Schregenberger, ETH Zürich<br />
.. A. Cotti, Schweizerischer Baumeisterverband<br />
(SBV), Zürich<br />
e D. Kündig, dip!. Arch. ETH, SIA<br />
.. A. Henz, Prof. für Architektur, ETH Zürich<br />
An dieser Stelle danken wir unseren Interviewpartnern<br />
sehr herzlich.<br />
Ökologie ist zunächst elll wertefreier Begriff <strong>und</strong><br />
bedeutet im wissensschaftlichen Sinn das Zusammenspiel<br />
von Lebendigem <strong>und</strong> Unbelebten in unserer<br />
Mitwelt (wobei die natürliche, soweit heute<br />
überhaupt noch vorhanden, <strong>und</strong> die kulturelle Mitwelt<br />
getrennt betrachtet werden können). Eine genaue<br />
Definition findet sich in Schwarz (1992, S. 167).<br />
Das <strong>Bauen</strong> greift <strong>durch</strong> Ver- oder Gebrauch von<br />
Raum <strong>und</strong> Ressourcen sehr gewichtig <strong>und</strong> nachhaltig<br />
verändernd in natürliche Stoffflüsse ein. Es kann<br />
deshalb als wichtiger Einflussfaktor auf die Öko:<br />
logie, oder sogar als Teil der Ökologie, bezeichnet<br />
werden. Solche Einflüsse können eine grosse ökologische<br />
Relevanz haben, sich vor- oder nachteilig<br />
auswirken, erst dann erhalten sie eine Wertung.<br />
So gesehen sind Kriterien für ökologisch optimiertes<br />
<strong>Bauen</strong> einfach aufzustellen <strong>und</strong> einleuchtend:<br />
Natürliche Mitwelt:<br />
e Minimierung unnatürlicher Stoffflüsse<br />
Oll Minimierung des direkten Einflusses auf natürliche<br />
Prozesse<br />
'" geschlossene Stoffkreisläufe<br />
Oll kompromisslose Verwendung erneuerbarer EnergIe<br />
Kulturelle Mitwelt:<br />
.. Schaffung kultureller Werte<br />
.. Maximierung des Nutzens für Benutzer <strong>und</strong> Gesellschaft<br />
314<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
______________________________________~Kurzberichte<br />
Diese Kriterien sollten die langfristigen ökologischen<br />
Ziele bilden, an denen alle Beteiligten im<br />
Bau- <strong>und</strong> Planungsprozess ihr Handeln überprüfen<br />
können.<br />
Der Begriff Ökologie hat sich im Volksm<strong>und</strong> etabliert<br />
<strong>und</strong> wird von vorn herein stark gewertet. Er<br />
ist vorbelastet. Dass Ökologie sehr schwierig zu definieren<br />
ist <strong>und</strong> von verschiedenen Menschen unterschiedlich<br />
gewertet wird, hat gewichtige Nachteile<br />
für die Umsetzung:<br />
e Es findet eine fragwürdige Trennung zwischen<br />
ökologischem <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> nichtökologischem <strong>Bauen</strong><br />
statt.<br />
@ Worum es beim «ökologischen <strong>Bauen</strong>» geht, wird<br />
sehr interessenabhängig, nicht problembezogen,<br />
formuliert.<br />
@ Mit «Ökologie» kann auch für relativ unökologische<br />
Produkte geworben werden.<br />
Der BegriffÖkologie muss in allen Teilbereichen des<br />
<strong>Bauen</strong>s geschärft <strong>und</strong> evtl. ersetzt werden. Beispiele:<br />
@ Baustoffökologie: Eine Wärmedämmung oder ein<br />
Fenster mit hohem k-Wert ist nicht von vornherein<br />
ökologisch, sonder primär «gut isolierend».<br />
"Solarzellen, die zur Energieerzeugung auf einem<br />
Einfamilienhaus (schlechte Ausnützungsziffer unökologisch)<br />
montiert werden, sind nicht «ökologisch»,<br />
sondern sparen lediglich fossile Energieträger<br />
ein.<br />
e Ein Kühlschrank, der ohne FCKWs auskommt,<br />
schont das Höhenozon, frei von negativen Einflüssen<br />
auf die <strong>Umwelt</strong> braucht er deshalb noch lange<br />
nicht zu sein.<br />
<strong>Bauen</strong> kann nicht ökologisch sein, sondern höchstens<br />
ökologisch optimiert, da es im heutigen Ausrnass<br />
die natürlichen Systeme dramatisch beeinflusst. Wir<br />
verwenden deshalb in der Folger den Begriff «ökologisch<br />
optimiertes <strong>Bauen</strong>». Der Begriff Ökologie<br />
soll wertefrei verwendet oder nach Möglichkeit sparsam<br />
verwendet werden.<br />
3.4<br />
Diese sehr verschiedenen Aspekte würden einen<br />
sehr breiten Wissensstand von Architektinnen, Planern<br />
<strong>und</strong> Bauausführenden zum Thema Ökologie<br />
voraussetzen. Dieser «... ist im allgemeinen ungenügend<br />
<strong>und</strong> <strong>durch</strong> Widersprüche gekennzeichnet»<br />
(Koller, 1994, S. 148, Kohler, 1992, S. 147).<br />
Wissen über Einzelaspekte allein führt zu keiner<br />
ökologischen Handlung. Wissen muss breit abgestützt<br />
werden.<br />
Was ist ökologisch relevantes Gr<strong>und</strong>lagenwissen?<br />
Müsste entschieden werden, welche Inhalte (ökologisch<br />
relevantes Gr<strong>und</strong>lagenwissen) vermittelt<br />
werden sollten, hätten folgende Punkte Priorität:<br />
e Massendenken (Massenbilanzen analog zu Energiebilanzen)<br />
(Technikum Winterthur, S. 1-6, 1-7)<br />
" Verstehen von Stoffkreisläufen<br />
" Verstehen qualitativer Aspekte des Planens <strong>und</strong><br />
<strong>Bauen</strong>s.<br />
Wissen zu diesen Gebieten ist heute zwar weitgehend<br />
vorhanden, jedoch meist in hochtheoretischer<br />
Form <strong>und</strong> nie unumstritten. Es muss daher<br />
in verständlicher <strong>und</strong> für den Praktiker nützlicher<br />
Form angeboten werden. Wissenschaftliche Vollständigkeit<br />
ist selten bis nie möglich oder sogar ganz<br />
unmöglich (Kohler, 1992, S. 147). Es muss betont<br />
werden, dass Wissen nur eine Voraussetzung für ökologisches<br />
Handeln ist, nicht unbedingt die wichtigste.<br />
Stärker ins Gewicht fallen Werte <strong>und</strong> Visionen,<br />
dass man überhaupt ökologisch bauen will. Die<br />
entscheidende Vorreiterrolle müssen hier die Bauherren,<br />
v.a. aber auch Architekten <strong>und</strong> Ingenieure<br />
übernehmen. «Schon heute wären Architekten <strong>und</strong><br />
Ingenieure <strong>durch</strong> ihre Nähe zur Bauwirtschaft in der<br />
Lage, diese in 50% der Fälle von unkonventionellem,<br />
ökologischem <strong>Bauen</strong> zu überzeugen» (Koller,<br />
1994, S. 117).<br />
3.3 Was ist ökologisch optimiertes <strong>Bauen</strong>?<br />
Um zu verstehen, was ökologisch relevantes Wissen<br />
für Leute aus der Bau- <strong>und</strong> Planungsbranche ist,<br />
lohnt es sich, kurz vor Augen zu führen, was ökologisch<br />
optimiertes <strong>Bauen</strong> alles beinhalten kann <strong>und</strong><br />
soll. Unter dem Begriff «Ökologisch <strong>Bauen</strong>» existieren<br />
eine Vielzahl von Definitionen (vgl. Technikum<br />
Winterthur, S. 15), deren Kriterien von verschieden<br />
Akteuren auf unterschiedliche Weise aufgestellt<br />
werden. Bei der Betrachtung solcher Kriterienkataloge<br />
ist es deshalb wichtig, sich die Sichtweise des<br />
jeweiligen Akteurs zu vergegenwärtigen.<br />
3.5 Ausbildung für Architekten<br />
Ingenieure an ETH <strong>und</strong> Weiterbildungsangebote<br />
Hochschulen<br />
<strong>und</strong> fachverbände<br />
Ist·Zustand<br />
Ob Ökologie als Thema eingebracht oder aufgenommen<br />
wird, ist stark von der Einzelinitiative der<br />
Professoren, DozentInnen <strong>und</strong> der Studierenden<br />
abhängig. Einzelne Vorlesungen <strong>und</strong> Kurse über<br />
Ökologie werden heute angeboten, vor allem in<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
315
Kurzberichte<br />
_<br />
der Weiterbildung. Es handelt sich dabei fast ausschliesslich<br />
um sehr fachspezifische Einzelaspekte<br />
(z.B. ökologische Dämmstoffe, Lüftungstechnik<br />
usw.). «Bauökologische Fragen sind weder an den<br />
Hochschulen noch an den Höheren technischen<br />
Lehranstalten oder Gewerbeschulen in die Lehrgänge<br />
integriert» (Schwarz, 1992, S.181).
___________________________________________Kurzberichte<br />
1994, S. 152). Dieser Haltung ist zu entgegnen, dass<br />
diese Probleme auch eine Flucht nach vorne auslösen<br />
können.<br />
Haltung der Verbände<br />
Die Verbreitung des ökologischen Wissens ist stark<br />
von der Haltung der bisher relativ passiven Verbände<br />
abhängig. Sie definieren die Normen <strong>und</strong> sind sehr<br />
wichtige Akteure in der Weiterbildung. Mit den<br />
Weiterbildungen FORM <strong>und</strong> SMART sind zwei innovative<br />
Programme angelaufen die Chancen für den<br />
Einbezug ökologischer Ziele bieten, aber die weitere<br />
Entwicklung ist schwer abzuschätzen.<br />
3.8 Ausblick<br />
Jas heute noch in kleinen Kreisen akkumulierte<br />
Wissen über Bau <strong>und</strong> Baustoffökologie ruft noch vermehrtem<br />
Engagement im Bereich Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung,<br />
nach Standardisierung <strong>und</strong> Vereinfachung<br />
<strong>und</strong> nach Vertiefung <strong>und</strong> Spezialisierung. Vielerorts<br />
sind Arbeiten im Gang, aus welchen umfangreiche<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> griffige Planungshilfsmittel<br />
entstehen werden. Es ist heute absehbar, dass in<br />
wenigen Jahren «ökologisierte" Ausschreibungstexte,<br />
klar definierte Beurteilungsmethoden <strong>und</strong> ein<br />
grösseres Wissen über Baustoffe <strong>und</strong> Baustoffflüsse<br />
zur Verfügung stehen werden. Wie rasch die ökologischen<br />
Anliegen im schweizerischen Bauwesen<br />
Fuss fassen (<strong>und</strong> dann auch wirklich umgesetzt<br />
werden), hängt aber von einigen Ungewissheiten ab:<br />
e Wie entwickelt sich die «Nachfrage» nachökologischen<br />
Bauleistungen? Verstärkt sich die Tendenz<br />
noch, dass öffentliche <strong>und</strong> private Bauherrschaften<br />
hohe Anforderungen an die ökologische Qualität<br />
stellen?<br />
e Verändern sich die ökonomischen Randbedingungen?<br />
Werden <strong>Umwelt</strong>abgaben wie die Energie<strong>und</strong><br />
COrSteuer oder Abgabe auf Lösungsmittel<br />
ihre lenkenden Effekte entfalten?<br />
e Werden Normen <strong>und</strong> Vorschriften entstehen, die<br />
einen ökologischen Minimalstandard erzwingen?<br />
All diese Bereiche sind im Fluss <strong>und</strong> beeinflussbar.<br />
Architekten <strong>und</strong> Ingenieure definieren mit ihrer<br />
Arbeit Qualität <strong>und</strong> Umfang der Stofflüsse im Bauwesen<br />
massgeblich. Sie können sich der Verantwortung<br />
nicht entziehen, sich der Herausforderung<br />
ökologischen <strong>Bauen</strong>s zu stellen. (Binz, 1994, S. 986)<br />
literatur<br />
Binz, A. (1994): Baustoffökologie. Schweizer Ing. <strong>und</strong> Arch., Nr. 47<br />
vom 17.11.94.<br />
Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.) (1992): Baukultur<br />
- Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum S. interdisziplinären<br />
Symposium an der Universität Zürich im April 1992. Zürich: vdf.<br />
Kohler, M. (1992): Ökologische Optimierung im Lebenszyklus<br />
eines Gebäudes. In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A.,<br />
(Hrsg.) (1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband<br />
zum S. interdisziplinären Symposium an der Universität Zürich im<br />
April 1992. Zürich: vdf.<br />
Koller, F. (1994): Ökologischer Branchenstrukturwandel in der<br />
Schweizer (Hoch-)Baubranche. Teilstudie des Forschungsprojektes<br />
"Ökologie <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmern<br />
<strong>und</strong> Branchen in der Schweiz». IWÖ, Institut für Wirtschaft <strong>und</strong><br />
Ökologie.<br />
Schwarz,]. (1992): Ökologie in der Baupraxis - Wege vom Wissen<br />
zum Handeln. In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.)<br />
(1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum<br />
S. interdisziplinären Symposium an der Universität Zürich im<br />
April 1992. Zürich: vdf.<br />
Technikum Winterthur: Ökologische Aspekte des <strong>Bauen</strong>s, Versuch<br />
einer gesamtheitlichen Betrachtung in der Ausbildung von<br />
Architekturstudentinnen <strong>und</strong> -studenten am Technikum Winterthur,<br />
Ingenieurschule. SIA Dokumentation D 0122.<br />
Vogel, M. (1992): Bauherren im Clinch mit ökologischen Forderungen.<br />
In: Emmenegger, B., Gurrner, K., Reller, A., (Hrsg.)<br />
(1992): Baukultur - Wohnkultur - Ökologie. Tagungsband zum<br />
S. interdisziplinären Symposium an der Universität ZÜrich im<br />
April 1992. Zürich: vdf.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
317
Kurzberichte<br />
!!II<br />
I<br />
_<br />
Autor<br />
Thomas MeUier<br />
Aufballend auf den Ergebnissen der wissenschaftlichen Teilprojektgrllppe 4.1<br />
Stephan Fischer<br />
Nathalie Gysi<br />
Patrick Häuptli<br />
Monika Mebold<br />
Thomas Meuier<br />
Monika Heer (Tutorin)<br />
1 Einführung<br />
In den Fragestellungen der Synthesegruppen nahmen<br />
ökonomische Aspekte eine wichtige Stellung<br />
ein. In der FS <strong>'95</strong> bestand eine Hauptaufgabe der<br />
Teilprojekte darin, Gr<strong>und</strong>lagen zu erarbeiten, die<br />
darauf von allen Synthesegruppen genutzt werden<br />
konnten. Die für die Arbeit in den Synthesegruppen<br />
wichtigen Gr<strong>und</strong>lagen zu Fragen der Ökonomie<br />
wurde in der FS <strong>'95</strong> <strong>durch</strong> zwei Teilprojektgruppen<br />
erarbeitet (Vgl. Kapitel ORGANISATION):<br />
• Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum<br />
@ Makroökonomie (volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen)<br />
Die Teilprojektgruppe Promotion bestand aus fünf<br />
StudentInnen <strong>und</strong> einer Tutorin <strong>und</strong> arbeitete vier<br />
Wochen zusammen. Im Rahmen der FS <strong>'95</strong> wird<br />
unter dem Begriff «Promotion» das Vermarkten von<br />
Investitionen im Immobilienbereich verstanden. Die<br />
Arbeit dieses Teilprojekts konzentrierte sich auf die<br />
betriebswirtschaftlichen Aspekte des <strong>Umnutzung</strong>sprojektes<br />
auf dem Sulzer-Escher Wyss-Areal. Zwei<br />
Themenbereiche wurden dabei vertieft untersucht:<br />
@ Variantenvergleich: Welche Wertschöpfung könnten<br />
die vier Planungsvarianten <strong>durch</strong> <strong>Umnutzung</strong> der<br />
frei werdenden Industrieflächen erreichen?<br />
@<br />
Rahmenbedingungen der Promotion: Welche Überlegungen<br />
machen sich potentielle Investoren zum<br />
Sulzer-Escher Wyss-Areal?<br />
Im folgenden Bericht soll ein kurzer Einblick in die<br />
Arbeit des Teilprojekts ermöglicht werden.<br />
4.2 Ziele<br />
Die Mitglieder der Teilprojektgruppe brachten<br />
verschiedene Fragestellungen aus ihren Synthesegruppen<br />
mit. Die Fragestellungen aus den einzelnen<br />
Synthesegruppen wurden vor Beginn der Teilprojektarbeit<br />
formuliert. Auf dieser Basis wurde ein<br />
gemeinsames Ziel der Teilprojektgruppe erarbeitet<br />
(Kasten 4.2). Im Zentrum stand der Renditen<br />
Vergleich der vier Varianten. Darüberhinaus sollte<br />
die Denkweise eines Investors qualitativ erfasst<br />
werden. Mit diesen Gr<strong>und</strong>lagen konnten die von<br />
den Synthesegruppen gestellten Fragen angegangen<br />
werden.<br />
Zur Erreichung der angestrebten Ziele wurde das<br />
folgende Vorgehen gewählt:<br />
1. Schritt:<br />
Erstellen einer Rendite-Abschätzung für die vier<br />
vorgegebenen Varianten mit Hilfe von Tabellenkalkulation<br />
(Variantenvergleich).<br />
2. Schritt:<br />
Durch systematisches Verändern der~ingesetzten<br />
Parameter (z.B. Mietpreise, Landpreis ~tc.) soll daraufhin<br />
ein Verständnis der wichtigsten Faktoren der<br />
Arealpromotion erreicht werden.<br />
3. Schritt:<br />
Als weiterer Schritt werden, ausgehend von den<br />
Erfahrungen der Rendite-Abschätzung, die Rahmenbedingungen<br />
einer Promotion diskutiert, z.B. Stand-<br />
318<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
------------_-<br />
Kurzberichte<br />
ort (Lebensqualität, Erschliessung, ... ), Rendite, Angebot<br />
etc.<br />
Die Rendite-Abschätzung nimmt innerhalb der Teilprojektarbeit<br />
eine zentrale Stellung ein. Sie ist der<br />
Ausgangspunkt für die weitereil Überlegungen, z.B.<br />
welche Faktoren die Promotion eines Areals entschei'dend<br />
beeinflussen.<br />
4.3<br />
Die zentrale Zielgrösse der Promotion ist die Rendite,<br />
genauer gesagt die Nettorendite. An ihr wird<br />
die Attraktivität einer Anlage für einen Investor<br />
gemessen. Einen GrQssteil der zur Verfügung stehenden<br />
Zeit beanspruchte die Ausarbeitung einer Rendite-Berechnung<br />
mit Hilfe von Tabellenkalkulation.<br />
Dabei wurde (für jede Variante) die zu erwartende<br />
Nettorendite für einen potentiellen Investor ermittelt.<br />
Die Nettorendite berechnet sich wie folgt:<br />
Nettorendite =<br />
Nettoertrag<br />
Alk<br />
nage osten<br />
(Mieteinnahmen - Verwaltungskosten - Unterhalt- Rückstellungen)<br />
(Investitionskosten +Landkosten +Altlasten +Abbruchkosten +Bauzins +Landzins)<br />
Aus der Formel lässt sich ableiten, welche Daten<br />
zur Berechnung der Nettorendite benötigt werden.<br />
Einerseits brauchen wir Angaben darüber, was der<br />
Bau <strong>und</strong> Unterhalt der projektierten Flächen kostet.<br />
Andererseits müssen die Einnahmen, die aus der<br />
Vermietung der Flächen resultieren, kalkuliert werden.<br />
Zur Vereinfachung wurde in Abweichung zu<br />
den ursprünglichen Varianten eine etappenweise<br />
Realisierung des geplanten Bauvorhabens bewusst<br />
vernachlässigt. Den Vergleich der Varianten beinträchtigt<br />
diese Vereinfachung nicht. Die Kalkulation<br />
sollte - dem gewählten Vorgehen entsprechend <br />
so aufgebaut werden, dass verschiedene Szenarien<br />
eingegeben werden konnten.<br />
Der Ablauf der Rendite-Berechnung ist in Abb. 4.3<br />
schematisch dargestellt. Zur Erläuterung der Abbildung<br />
wird im folgenden kurz auf die einzelnen<br />
Arbeitsschritte eingegangen.<br />
Kasten 4.2 Gemeinsame Ziele des Tei/projekts «Promotion: Kapita/ <strong>und</strong><br />
Raum».<br />
Kategorien zusammengefasst <strong>und</strong> die Flächen anhand<br />
eines eigenen Kriterienkatalogs in Lagen erster<br />
<strong>und</strong> zweiter Qualität eingeteilt. Tab. 4.3.1 (siehe<br />
nächste Seite) zeigt als Beispiel die Bilanzierung für<br />
die Variante Werkstadt.<br />
Mierfliichen lind Volumen<br />
In einem nächsten Schritt geht es darum,<br />
aus den bilanzierten Bruttogeschossflächen<br />
sowohl die Mietflächen als auch<br />
das Volumen der gebauten Räume zu<br />
ermitteln. Diese Daten erlauben eine<br />
Prognose von Mieteinnahmen <strong>und</strong> Baukosten. Zur<br />
Errechnung der Mietflächen wurden von der Bruttogeschossfläche<br />
prozentuale Abzüge (15-25%) für<br />
Treppenhäuser etc. gemacht. Das Volumen der<br />
gebauten Räume ergibt sich aus dem Produkt von<br />
Bruttogeschossfläche <strong>und</strong> mittleren Geschosshöhe.<br />
Hier wurden, abhängig von der Nutzung, mittlere<br />
Geschosshöhen von 3.5-5.5 meingesetzt.<br />
Brut!<br />
Tabelle 4.3.1<br />
••chossflächen<br />
BlIanzlerung<br />
1~-4-+:--l-<br />
:l~ill~<br />
Flächenbilanzierllllg<br />
Vor Beginn der FS wurde für jede der vier Varianten<br />
eine Dokumentation erstellt, die die projektierten<br />
Flächen, aufgeschlüsselt nach Nutzungen, auflistet.<br />
Davon ausgehend wurden, als erster Schritt der Rendite-Abschätzung,<br />
für jede Variante diese Flächen<br />
bilanziert. Dazu wurden ähnliche Nutzungen in<br />
Tabelle 4.3.2<br />
Abb. 4.3 Ab/aufder Rendite-Berechnung.<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong> 319
Kurzberichte<br />
_<br />
Nutzung llruttogescbossfläche 00 2<br />
best.<br />
neu<br />
Dienstleistung/Verwaltung, Schulen: 3'768 25'419<br />
Qualität 1<br />
Dienstleistung/Verwaltung, Schulen: 3'676 9'802<br />
Qualität 2<br />
Wohnen, Hotel:Qualität 1 1'095 29'823<br />
Wohnen, Hotel:Qualität 2 6'219<br />
Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen: 5'588 10'289<br />
Qualität 1<br />
Gewerbe, Verkauf, Warenhäuser, Museen: 6'312. 7'388<br />
Qualität 2<br />
Keller, La~er unterirdisch .. 6'702 9'686<br />
Gemeinschaftsflächen 1'225 928<br />
Parkplätze.oberirdisch. 418 4'632<br />
Parkplätze unterirdisch 0 6'989<br />
Total 28'783 111'175<br />
Aussenflächenversiegelt .. 43'180<br />
Aussenflächen unversiegelt 9'300<br />
Tab. 4.3.1 BilanzierungderBruttogeschossf/ächen der Variante WerkStadt.<br />
Im Unterschied zur ursprÜnglichen Dokumentation der Varianten wurdet!<br />
ähnliche Nutzunget! zusammengefasst.<br />
Einflilssgrössen<br />
Die berechneten Mietflächen <strong>und</strong> Volumen wurden<br />
als vorgegeben betrachtet <strong>und</strong> im Verlauf der Arbeit<br />
nicht mehr verändert. Sie bilden die Gr<strong>und</strong>lagen<br />
der Kalkulation. Alle übrigen benötigten Daten wurden<br />
als Einflussgrössen betrachtet, d.h. als variable<br />
Grössen, die in die Rechnung «hineingesteckt» werden<br />
müssen. Für die Rendite-Abschätzung wurden<br />
29 Einflussgrössen benötigt. Sie wurden definiert<br />
<strong>und</strong> auf einen Gr<strong>und</strong>wert gesetzt, der dem aktuellen<br />
Stand entspricht. So entstand ein Gr<strong>und</strong>szenario,<br />
dessen Einflussgrössen die aktuelle Situation am<br />
ehesten wiedergeben. Die benötigten Einflussgrössen<br />
<strong>und</strong> die im Gr<strong>und</strong>szenario eingesetzten Beträge<br />
sind in Tab. 4.3.2 zusammengestellt.<br />
Durch die gezielte Veränderung der Einflussgrössen<br />
können verschiedene Szenarien, z.B. höhere<br />
Baukosten oder sinkende Landkosten, gerechnet<br />
werden. So wurden die Einflussgrössen im Laufe<br />
der Arbeit systematisch verändert <strong>und</strong> ihre direkte<br />
Auswirkung auf die Nettorendite quantifiziert (vgl.<br />
Vorgehen).<br />
Eluflussgrösseu bestehend neu Eiuheit<br />
Tab. 4.3.2 Inputgrössen des Gr<strong>und</strong>szenarios.<br />
Landkosten 1500 Fr./m 2<br />
Baukosten unterirdisch 300 300 Fr./m 3 Mietpreise, Zinsen, Unterhalt etc. sind pro<br />
Altlastensanierung 500 1) Fr./m 2<br />
Jahr angegeben. Die eingesetzten Beträge<br />
Abbruchkosten 50 Fr./m 3<br />
sollen die Situation auf dem SEW-Areal<br />
Baukosten Dienstleistung 400 2) 500 Fr.jm3<br />
repräsentieren <strong>und</strong> basieren z. T. auf den<br />
Baukosten Wohnen 550 31 450 Fr./m 3<br />
Erfahrungen der beteiligtet! Tutorin.<br />
Baukosten Gewerbe 350 400 Fr./m 3<br />
Er/äutenmgen zum besseren Verständnis:<br />
.c Bạ .c u "k::.o,.s,t.e"n, ..K"e.IIe::r 1 ·1·· .,3.5:.0, 1 ,3.,5.0,. I F.. rr../,.m, ..,3 .<br />
Baukosten Gemeinschaftflächen 350 450 Fr./m 3<br />
BaukostenParkfplätze oberirdisch 350 350 Fr./m 3<br />
Baukosten Aussenflächen unversiegelt 100 Fr.jm2<br />
Baukosten Aussenflächen versiegelt. I 1..6..0 +.......... j j Fr./m 2<br />
Mietpreis Dienstleistun~:Qualitätl.. 350 350 Fr.jm2<br />
Mietpreis Dienstleistung: Qualität 2 320 320 Fr.jm2<br />
Mietpreis Wohnen: Qualität 1 264 4 ) 264 4 ) Fr./m 2<br />
MietpreisiVohnen:Qualität2 216 41 216 41 Fr.jm2<br />
Mietpreis GeIVerbe: Qualität 1 . 200 200 Fr.jm2<br />
Mietpreis Gewerbe: Qualität2 180 180 Fr.jm2<br />
Mietpreis Parkplätze 2400 Fr IPorknlot7<br />
MietpreisKeIler 50 Fr./m 2<br />
Landzins 5.50%<br />
%<br />
Bauzins 5.75 %<br />
%<br />
Hypothekarzins 5.50%<br />
Anteil Verwaltungskosten . 4.00%<br />
%der Mieteinnahmen<br />
Unterhalt bestehender Gebäude 7.00%<br />
%der Mieteinnahmen<br />
Unterhalt neuer Gebäude 5.00%<br />
%der<br />
RÜckstellungen 0.1%<br />
%der Investitionskosten<br />
Leerstand Mietfl~che 2%51<br />
(% unvermietete Fläche)<br />
Eigenkapital 60%<br />
%der Anlagekosten<br />
I) Die Kosten fiir die Altlasten sindwillkÜrlidl.<br />
Es wurde hypothetisch angenommen,<br />
dass ca. Ifi der Flächen, auf denet! keine<br />
Gebäude stehenbleibet!, saniert werden<br />
mÜssen. Diese Aussaget! sind nicht <strong>durch</strong><br />
gutachterfiche Analysen abgestÜtzt,<br />
dem dienen nur zur Illustration einer<br />
Rellditeberednung.<br />
2) Ein Teil der Gebäude, die stehet! bleiben,<br />
werden heute schon al.r BÜros benutzt.<br />
Dantrll ergebell sich geringere Kostet! als<br />
bei einem Neubau.<br />
3) Die Gebäude, die stehen bleibell, sind<br />
nicht auf Wohnen ausgelegt. Ein Umbau<br />
kommt daher etwas teurer als ein Neubau<br />
(oder bringt andemfalls Welliger Nieteinnahmen).<br />
4) Bei den Wohnungsmietet! wurde fÜr<br />
100m 2 (4-Zi-Wohnung) Fr. 2200.<br />
(Qualität 1) resp. Fr. 1800.- (Qualität<br />
2) pro Monat eingesetzt. Dabei wurde<br />
davon ausgegangen, dass die Wohnungsmieterz<br />
eher zurtlckgehen.<br />
5) Der Leerstand wurde fÜr alle Flächen<br />
5% gesetzt, wobei er bei Wohnungell geringer<br />
<strong>und</strong> bei BÜroflächen höher sein<br />
dÜrfte.<br />
320 UNS- <strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>
___________---,-<br />
Kurzberichte<br />
Verlmti"fung<br />
In einem weiteren' Arbeitsschritt mussten die erarbeiteten<br />
Daten, mit Hilfe von Tabellenkalkulation,<br />
miteinander verrechnet werden. Eine Verknüpfung<br />
der bestimmten Flächen <strong>und</strong> Volumen mit den Einflussgrössen<br />
lieferte schlussendlich die anvisierten<br />
Ergebnisse: Kosten, Erträge <strong>und</strong> die daraus berechnete<br />
Rendite für eine Bebauung des Areals.<br />
Nun konnten die Einflussgrössen verändert <strong>und</strong> die<br />
daraus resultierende Änderung der Rendite direkt<br />
beobachtet werden.<br />
Mit dem erarbeiteten Modell wurden nun die vier<br />
Varianten miteinander verglichen.<br />
Ergebnisse<br />
Das Teilprojekt «Promotion: Kapital <strong>und</strong> Raum"<br />
lieferte Ergebnisse auf drei Ebenen, welche den<br />
Schritten des Vorgehens entsprechen:<br />
@ Renditeabschätzung: Welche Rendite errechnet sich<br />
anhand unseres Modells für jede Variante?<br />
@ Wichtigste EinflussgriJssen: Welche Grössen beeinflussen<br />
unser Modell am meisten, worauf reagiert<br />
es am sensitivsten?<br />
EI Diskussion des Standorts: Welche Ansicht könnte ein<br />
potentieller Investor vom SEW-Areal haben?<br />
Renditenvergleich<br />
Die Ergebnisse der Rechnung für das Gr<strong>und</strong>szenario<br />
sind in Tab. 4.4.1 zusammengestellt. Für die vier<br />
Varianten ergeben sich erhebliche Unterschiede in<br />
der Rendite. Die Reihenfolge nach abnehmender<br />
Rendite lautet: Grünraum > Werkstadt > industrienahe<br />
Nutzung> Kunsthochschule. Aber: Mit den<br />
getroffenen 'Annahmen ist die Rendite aller Varianten<br />
für einen potentiellen Investor unattraktiv. Die<br />
Bruttoanfangsrendite müsste, konservativ gerechnet,<br />
alles in Mio, Fr. Griinramn WerkSladl lnduslrienahe Kunslhoch·<br />
Nmzung schule<br />
Aufwand bis 514 459 500 420<br />
<strong>Bauen</strong>de<br />
Laufende Koslen 12.0 10.1 n.5 9.6<br />
Mieleinnahmen 29;9 26.5 25.5 2D.9<br />
Wohnungen 8.0 7.6 2.9 5.8<br />
14.7 12.3 . 13.0 11.0<br />
Gewerbe 5.1 5.2 7.1 2.1<br />
0.6 0.8 2.1 1.3<br />
Lager, Keller 0.3 0.6 0.4 0.7<br />
Bruttorendile 5.9% 5.8% 5.1% 5.0%<br />
Tab. 4.4.1 Ergebnisse mit den Annahmen des Gmndsz.enarios (vgl. Tab. 4.3.2).<br />
ca. 1% höher sein als der Hypothekarzins, d.h. etwa<br />
6.5%. Diese Aussage basiert auf einem heute gültigen<br />
wirtschaftlichen Umfeld. Unsere Abschätzung<br />
deutet darauf hin, dass es schwierig werden könnte,<br />
die angestrebte Rendite mit einer der untersuchten<br />
Varianten zu erreichen.<br />
Die Reihenfolge der Varianten kommt v.a. <strong>durch</strong><br />
die Unterschiede in der Bruttogeschossfläche zustande<br />
(vgl. Kapitel DER FALL). Daneben spielt aber<br />
auch die Nurzungsverteilung innerhalb des Areals<br />
eine Rolle, da anhand einer Kriterienliste teurere<br />
<strong>und</strong> weniger teure Lagen unterschieden wurden.<br />
Nachtrag: Auch wenn die Hypothekarzinssenkungen<br />
des Herbstes 1995 eingerechnet werden (Hypothekarzins<br />
5%) ändert sich das Bild nur geringfügig. Die<br />
Nettorenditen der Varianten erhöhen sich um ca.<br />
0.2-0.3%. Sie liegen dann zwischen 2.7% <strong>und</strong> 3.7%,<br />
immer noch deutlich unter dem angestrebten Zielwert<br />
von ca. 6%.<br />
Wichtigste Einfllilssgrömm<br />
Um die Sensitivität der Berechnung abzuschätzen,<br />
wurde jeweils eine Inputgrösse gegenüber dem<br />
Gr<strong>und</strong>szenario systematisch verändert <strong>und</strong> die Rendite<br />
neu bestimmt. Den grössten Einfluss auf die<br />
Rendite zeigten, wie erwartet, die folgenden Grössen:<br />
EI Mietpreise<br />
@) Baukosten<br />
@) Leersta.nd<br />
i) Hypothekarzins<br />
EI Eigenkapital<br />
Entgegen unseren Erwartungen aber reagierte die<br />
Rendite weniger sensitiv auf Landkosten <strong>und</strong> Kosten<br />
der Altlastensanierung. Die Landkosten fallen<br />
bei der relativ hohen Ausnutzung von ca. 2.0 etwas<br />
weniger ins Gewicht. Die angenommenen Kosten für<br />
die Altlastensanierung auf einem Drittel des Areals<br />
von ca. 20 Mio. Fr. beeinflussen die<br />
Anlagekosten von ca. 500 Mio. Fr<br />
auch nicht stark. Die Bestimmung<br />
der wichtigsten Einflussgrösen erfolgte<br />
v.a. im Hinblick auf die Sze<br />
1<br />
narioanalyse, wo diese Resultate weiterverwendet<br />
wurden.<br />
Es ist schon hier ersichtlich, dass<br />
die Nettorendite nicht von einer Einflussgrösse<br />
allein massgeblich verändert<br />
werden kann. Will man eine<br />
verbesserte Rendite erreichen <strong>und</strong><br />
nur eine Einflussgrösse verändern, so<br />
muss man diese in utopische Höhen<br />
(oder Tiefen) schrauben. Fragt man<br />
sich also, wie das oben geschilderte<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong><br />
321
Kurzberichte<br />
_<br />
Resultat - eine unbefriedigende Rendite aller Varianten<br />
- zustande kommt; gibt es keine einfache.<br />
Antwort.<br />
Positiv-Negativ-Liste<br />
Zwei der wichtigsten Einflussgrössen, nämlich Mietpreise<br />
<strong>und</strong> Leerstand, hängen stark von Standortfaktoren<br />
des Areals ab. Eine aktuelle Beurteilung<br />
dieser Standortfaktoren wurde in einer Positiv-Negativ-Liste<br />
zusammengefasst (Tab. 4.4.2). Diese Liste<br />
enhält die zentralen Argumente zur Promotion des<br />
Areals, die auch ein Investor bei seinem Investitionsentscheid<br />
einbezieht. Mit diesen Argumenten kann<br />
eine Promotion des Areals erfolgen.<br />
Neben der prognostizierten Rendite sind diese<br />
qualitativen Aspekte, die sich auch in der Rendite<br />
niederschlagen können, beim Investitionsentscheid<br />
nicht zu vernachlässigen.<br />
4.5 Schlussfolgerungen<br />
Wie schon erwähnt ergaben die Berechnungen verschiedener<br />
Szenarien tendenziell niedrige Renditen.<br />
Worauf ist dies zurückzuführen? Beim Versuch, dies<br />
zu klären, stösst man darauf, dass dies nicht an einem<br />
einzelnen Parameter liegen kann. Vielmehr scheinen<br />
im Moment viele Rahmenbedingungen so zusam-<br />
Beurteilungskrilerien eines Investors: Positiv·Negaliv·Liste<br />
+ -<br />
•.. gute Erschliessung<br />
"".,,- ...................<br />
•· bewilligter . Gestaltungsplan<br />
- ......................<br />
• entwicklungsfähiges Quartier<br />
• städtische Infrastrukturen<br />
• hohe Ausnutzungsziffer<br />
• zeitlicher Vorsprung gegenüber<br />
anderen Grossprojekten<br />
• urbaner Charakter<br />
• Durchmischung der Nutzungsformen<br />
• Schauspielhaus bringt Leute auf<br />
das Areal<br />
• Verkehrslärm<br />
• kein familienfre<strong>und</strong>L Quartier<br />
• Steuerfuss<br />
Landpreis<br />
politisch-rechtliches Umfeld<br />
• Sanierungsrisiko<br />
• Störung <strong>durch</strong> Industrienutzung<br />
• Verschiedene Eigentümer<br />
Tab. 4.4.2 Positiv-Negativ-Liste des Standorts Escher Wyss. Unterschiedliche<br />
Beurteilungen desselben Aspektes stehen aufder gleichen Zeile. Landpreis<br />
<strong>und</strong>politische Lage wurden als ambivalent eingestuft <strong>und</strong> keinem der<br />
beiden Pole zugerechnet.<br />
menzuspielen, dass die angestrebte Nettorendite<br />
mit den untersuchten Varianten kaum realisiert werden<br />
kann. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören<br />
die aktuellen Mietansätze, die Rückstellungen für<br />
Unterhalt <strong>und</strong> Erneuerung sowie die Leerstände, die<br />
aufgr<strong>und</strong> des wirtschaftlichen Umfelds eingerechnet<br />
werden müssen. Eine Promotion des Areals anhand<br />
der untersuchten Varianten ist im Moment also<br />
schwierig <strong>und</strong> bedarf neuer Ideen. Auch aus ökologischer<br />
Sicht ist die Ausgangslage klar. In dieser<br />
Situation sind, mehr denn je, Konzepte gefragt, die<br />
(fast) nichts kosten, der <strong>Umwelt</strong> aber dennoch<br />
Gewinn bringen.<br />
Die Rendite steht naturgemäss im Zentrum der Aufmerksamkeit der<br />
Investoren. Im Zuge einer Arealentwicklung istjedoch das Interesse an der<br />
Rendite mit den Interessen anderer «Ansprechgruppen» abzugleichen (vgl.<br />
Kapitel RAUM-NuTZUNGS- VERHANDLUNGEN)<br />
Kleinwefers, H. & Pfister, R. (1993): Die Schweizerische Volkswirtschaft.<br />
Frauenfeld: Huber.<br />
Nägeli & Hungerbühler (1988): Handbuch des Liegenschaften<br />
Schätzers. Zürich: Schulthess.<br />
Schütz, B. (1995): Kennziffernmodell zur Beurteilung von Immobilieninvestitionen.<br />
Chur, Zürich: Rüegger.<br />
SIA (1990): Liegenschaftsbewertung - Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Methoden.<br />
SIA Dokumentation D 047. Zürich.<br />
Wüest, H., Schweizer, M. & Gabathuler, Ch. (1990): Bauland<br />
Schweiz. Zürich: Wüest & Gabathuler.<br />
322<br />
UNS-<strong>Fallstudie</strong> <strong>'95</strong>