Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Welche Chancen haben Traditionsbranchen in der ländlich geprägten Agglomeration?<br />
• Ein Grossteil der Unternehmen ist, bezogen auf Eigenkapital<br />
und den «free cash flow» (flüssige Mittel),<br />
kerngesund. Das Motto «Maschinen werden bar gekauft»<br />
wird somit nicht nur verbal hochgehalten.<br />
• Überlebt haben vornehmlich Betriebe, die über Jahrzehnte<br />
innovative Produkte entwickelt, aktiv Märkte<br />
bearbeitet haben und sich immer wieder auf neue Produktionsprozesse<br />
einstellen konnten.<br />
• Hochwertige, gut designte Produkte haben auf dem<br />
Textilmarkt auch in der Zukunft eine Chance und können<br />
in der Schweiz produziert werden.<br />
• Da die Branche wegen des laufenden Beschäftigungsund<br />
Umsatzrückgangs bei den Banken einen schlechten<br />
Ruf besitzt, ist der Zugang zur Kapitaldienstleistungen<br />
erschwert.<br />
Die Produktionskettenanalyse sowie die Befragung ergab<br />
bezüglich Vernetzung und Kooperationen folgende<br />
Aussagen:<br />
• Die Glieder der Produktions- und Wertschöpfungskette<br />
in der Schweiz sind nur noch durch wenige Firmen besetzt.<br />
Dies stellt ein wesentliches unternehmerisches<br />
Risiko dar. Viele Unternehmen besitzen Klumpenrisiken,<br />
indem vier bis fünf Kunden mehr als 3/4 des Umsatzes<br />
ausmachen.<br />
• Das die Unternehmen tragende lokale und nationale<br />
Netzwerk ist aufgrund der weiter schrumpfenden<br />
Branche akut gefährdet. Dies betrifft insbesondere die<br />
Bereiche Ausbildung FacharbeiterInnen und Textilingenieure,<br />
Zulieferer, Maschinenproduzenten.<br />
• Der Technologievorsprung ist gefährdet, da die<br />
Schweizer Maschinenproduzenten mit den Maschinen<br />
auch das operative Know-how vermarkten.<br />
Im Bereich Umwelt und Soziales schliesslich ergab sich<br />
folgende Aussage:<br />
• Aufgrund des hohen Verbrauchs an fossilen Energieträgern<br />
spielen die Treibhausgase (CO 2 ) für die Textilindustrie<br />
eine wichtige Rolle, insbesondere vor dem<br />
Hintergrund einer allfälligen Einführung einer CO 2 -<br />
Abgabe. Es ist für die Textilbetriebe sehr wichtig, dass<br />
sie eine allfällige CO 2 -Abgabe vermeiden können. Wie<br />
<strong>and</strong>ere Wirtschaftsbranchen versucht die Textilindustrie<br />
eine Branchenlösung zu finden und sich mit dem<br />
Bund über freiwillige Reduktionsverpflichtungen zu<br />
einigen.<br />
Erhöhte Umwelt- sowie Sozialanforderungen stellen für<br />
die Schweizer Textilindustrie eine der grössten Chancen<br />
dar, wenn auf der Seite des Käufermarktes Umweltst<strong>and</strong>ards<br />
und auf internationaler Ebene ethisch vertretbare<br />
Arbeitsbedingungen gefordert werden (vgl. das Beispiel<br />
Sportschuhe und Fussbälle im Rahmen der «Clean Clothes<br />
Campaign»: Erklärung von Bern, 2003).<br />
Befunde aus dem Explorationsparcours<br />
In der Begleitgruppe wurde beschlossen mittels eines Variantenstudiums<br />
zu prüfen, welche Kooperationen zwischen<br />
den Unternehmen in den Bereichen Ausbildung,<br />
Kapitaldienstleistungen, Einkauf/Verkauf oder Produktion<br />
sinnvoll sind. Die Variantenbildung erfolgte zunächst intuitiv.<br />
Anschliessend erfolgte ein Abgleich mit formativ<br />
gebildeten Varianten. Dafür wurden 16 Einflussfaktoren<br />
ausgewählt, mit denen sich Kooperationen und technologische<br />
und wirtschaftliche Positionierung der Branche bestimmen<br />
liessen. Die Varianten waren wie bei einer formativen<br />
Szenario-Analyse üblich, vollständige Kombinationen<br />
von Ausprägungen der Einflussfaktoren. Die Auswahl<br />
der Varianten wurde durch eine Konsistenzanalyse<br />
unterstützt (Scholz & Tietje, 2002). Mittels eines speziellen<br />
Clusteranalyse-Algorithmus (Tietje, in press) wurden<br />
vier Varianten ausgewählt. Die Varianten werden hier nur<br />
kurz skizziert. Für weitere Details verweisen wir auf das<br />
entsprechende Kapitel im vorliegenden B<strong>and</strong> (Schöll et<br />
al., 2003).<br />
• Minimale Kooperation<br />
Die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Einzelbetriebe<br />
wird, mit all ihren positiven und negativen Begleiterscheinungen,<br />
aufrechterhalten. Dies verhindert die Bereitschaft<br />
zu intensiveren Kooperationen zwischen den<br />
einzelnen Betrieben und hat dezentrale Produktionssteuerung<br />
und Vermarktung zu Folge.<br />
• Ressourcensharing<br />
Die Variante Ressourcensharing zielt auf die gemeinsame<br />
Erschliessung, Verwaltung und Nutzung von<br />
Ressourcen ab. Es werden Ressourcen gemeinsam beschafft<br />
und anschliessend unter den Unternehmen effizient<br />
aufgeteilt. Dies mit dem Ziel, aufgrund der grösseren<br />
Beschaffungsmengen, die Kosten für die Bereitstellung<br />
einer Ressourceneinheit zu senken.<br />
• AR Textile Network<br />
Die Unternehmen behalten ihre Autonomie und Kernkompetenzen<br />
(unterschiedliche Produktionsschritte in<br />
der Textilkette), verpflichten sich aber zu einer ähnlichen<br />
Philosophie und vergleichbaren Qualitätsst<strong>and</strong>ards.<br />
Die Variante AR Textile Network sieht die<br />
Schaffung übergeordneter Organisationsstrukturen vor,<br />
wie man sie bei Hotelketten vorfindet. Die Kooperation<br />
bezieht sich primär auf die gemeinsame Vermarktung.<br />
• Volle Integration<br />
Die Betriebe im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> schliessen sich zu einer<br />
einzigen grossen Firma zusammen. Durch diese<br />
volle Integration der einzelnen Betriebe werden die<br />
Steigerung der Effizienz und einer nachhaltigen Optimierung<br />
der Produktionsabläufe in allen Bereichen des<br />
neuen Unternehmens angestrebt.<br />
Tab. 3.1 präsentiert die Ergebnisse der MAUT I und<br />
MAUT II sowie die intuitive Bewertung der Varianten.<br />
UNS-Fallstudie 2002 25