Qs 10 Qualitätssicherung durch Zusammenarbeit - Univation
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QS <strong>10</strong><br />
Dieter Oelschlägel<br />
Effektiver (und ergänzend dazu unverzichtbar) für die unmittelbare Praxis<br />
scheinen mir die informellen Netze zu sein, die über Personen und deren Alltagskommunikation<br />
laufen (Fachbasis, Stadtteilarbeitskreis). Sie sind flexibler<br />
und variabler, und ich stimme Franz Josef Krafeld zu, wenn er schreibt:<br />
„Vernetzende Arbeit und infrastrukturell angelegte Arbeit werden letzlich<br />
nur über Personen effektiv, nicht über noch so perfekte Organisationsmuster.<br />
Einmischung bedeutet also hier, aus den konkreten vorfindlichen Bedingungen<br />
lebendige Vernetzungen und Strukturen zu schaffen und zu gestalten.“<br />
(Krafeld, 1995, 45)<br />
Gemeinwesenökonomie<br />
Gefahren<br />
26<br />
In der neueren GWA-Diskussion und -Praxis kommt ein weiterer Aspekt der<br />
Vernetzung hinzu: Während die „klassische“ Gemeinwesenarbeit das Gemeinwesen<br />
eindeutig auf die Funktion der Reproduktion reduzierte – allerdings<br />
muß diese Behauptung historisch überprüft werden –, beziehen neuere<br />
Entwicklungen den Bereich der Existenzsicherung <strong>durch</strong> Arbeit, den Bereich<br />
der Ökonomie in die Gemeinwesenarbeit ein – sicherlich auch eine Folge<br />
der rasanten Verarmung ganzer Stadtteile. Natürlich muß dafür auch ein<br />
neuer Begriff her: Gemeinwesenökonomie. Neben die Vernetzung der „Betroffenen“<br />
und die der „Fachbasis“ tritt nun noch die Vernetzung dieser mit<br />
Institutionen ökonomischer Selbsthilfe (alternative Betriebe, Wohngenossenschaften<br />
etc.). Gemeinweisenarbeit initiiert und unterstützt auch solche Initiativen,<br />
wie die Beispiele der Wohngenossenschaften z.B. in Freiburg und<br />
Trier (vgl. Elsen, 1996, Wohngenossenschaft 1996), Tauschringe und andere<br />
Initiativen zeigen. Diese „neue“ Vernetzungsarbeit „scheut sich nicht vor<br />
dem Markt“ (Krebs, 1996, 4) und drängt auf ein Umdenken in der GWA und<br />
in der lokalen Politik, z.B. in Richtung einer – in der GWA im ländlichen Raum<br />
in Österreich und in Deutschland schon seit einem Jahrzehnt versuchten –<br />
gemeinwesenorientierten Wirtschaftsförderung. Diese „Förderung integrierter,<br />
vernetzter und kooperativer Problemlösungen vor Ort erfordert einen<br />
Umbau von Verwaltungsstrukturen 'quer' zu den vorhandenen“(ebd.). Hier<br />
liegt <strong>durch</strong>aus eine Perspektive für einen produktiven Dialog zwischen GWA<br />
und Verwaltungsmodernisierung. Berührungsängste bringen da nicht weiter.<br />
Allerdings muß gerade an dieser Stelle gesagt werden: Bei allem Reden von<br />
der Notwendigkeit solcher Vernetzung – die Gefahr eines modischen Begriffs<br />
ist nicht von der Hand zu weisen – muß noch einmal auf die Priorität der<br />
Netze der „Betroffenen“ hingewiesen werden. Es ist wichtig, vorhandene<br />
Hilfspotentiale in den Lebenswelten der Menschen vor professionellen Übergriffen<br />
zu bewahren. Damit wird hier auf eine Gefahr der Netzwerkarbeit<br />
hingewiesen: Sie wird schnell zur verfeinerten Sozialtechnologie und trägt so<br />
bei zur Kolonisierung von Lebenswelten. Der Gemeinwesenarbeiter würde<br />
zum Netzwerktechniker, oder wie Keupp es formuliert, zum „Beziehungsmechaniker,<br />
der Beziehungsknotenpunkte und -relais installiert, unterbricht<br />
und repariert“(Keupp in Oelschlägel, 1989, 31).<br />
Netzwerkarbeit kann – und auch auf diese Gefahr muß hingewiesen werden<br />
– zum Selbstzweck werden, wie die Verwaltungsreform auch, ohne Wirkungen<br />
nach außen zu zeigen; und sie kann aufgrund ihres Tauschcharakters<br />
auch dem „Privilegiertenschutz“ dienen (Seilschaften als Sonderform des