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Infektiologie & Spitalhygiene Weissbuch 2012 - Universitätsspital ...

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<strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong><br />

<strong>Weissbuch</strong> <strong>2012</strong><br />

Inhaltsverzeichnis<br />

HIV-Infektion 2<br />

Human Immunodeficiency Virus (HIV)-Infektion und erworbenes Immundefizit-Syndrom (AIDS) ...... 2<br />

Antiretrovirale Medikamente .............................................................................................................. 5<br />

Liste der möglichen Abklärungen von symptomatischen HIV-infizierten Patienten ............................ 9<br />

Opportunistische Infektionen: Neurologische Krankheitsbilder bei HIV-Infektion ..............................12<br />

Opportunistische Infektion bei HIV-Patienten: Prophylaxe und Therapie ..........................................13<br />

HIV in der Geburtshilfe .....................................................................................................................21<br />

Postexpositionsprophylaxe (PEP) ....................................................................................................27<br />

Allgemeine <strong>Infektiologie</strong> 32<br />

Sepsis und empirische Infekttherapie ...............................................................................................32<br />

Diagnose und Therapie der infektiösen Endokarditis (IE) .................................................................36<br />

Diagnose und Therapie bei Harnwegsinfekt (HWI) ...........................................................................44<br />

Ambulant erworbene Pneumonie .....................................................................................................47<br />

Z N S - Infektionen ...........................................................................................................................52<br />

Intravaskuläre Katheterinfekte: Phlebitis, Infektion und Sepsis .........................................................64<br />

Gelenks-Protheseninfektionen ..........................................................................................................68<br />

Tuberkulose .....................................................................................................................................72<br />

Zecken-übertragene Erkrankungen in der Schweiz ..........................................................................83<br />

Anti-Infektiva bei schweren Infektionen auf der Intensivstation (für Erwachsene): ............................90<br />

Guidelines zur Dosierung bei Niereninsuffizienz, Hämodialyse und Hämofiltration ...........................90<br />

Infektionen bei Immunsuppression 96<br />

Prophylaxe und empirische antimikrobielle Therapie bei febrilen neutropenischen Patienten<br />

(Isolierstationsrichtlinien) ..................................................................................................................96<br />

Klinik und Therapie der Cytomegalievirus (CMV)-Infektion beim immunkompromittierten Patienten122<br />

Invasive Pilzinfektionen bei immunsupprimierten Patienten ............................................................ 128<br />

Impfungen bei transplantierten Patienten ....................................................................................... 130<br />

Tropenmedizin 134<br />

Richtlinien für diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Malaria ...................................... 134<br />

Diverses 139<br />

Interpretation von Körperflüssigkeiten ............................................................................................ 139<br />

Massnahmen bei möglicher Tollwutexposition ................................................................................ 141<br />

Chirurgische Prophylaxe ................................................................................................................ 144<br />

Antibiotika-Prophylaxe Urologie ...................................................................................................... 145<br />

Wir danken allen Autoren des <strong>Weissbuch</strong>es <strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong> (Kontakt: mweisser@uhbs.ch).<br />

Die hier aufgeführten Richtlinien zu Indikationen und Dosierungen von Antibiotika dienen zur Orientierung für den<br />

behandelnden Arzt. Zusätzliche wichtige klinische Informationen müssen im individuellen Fall berücksichtigt werden und<br />

können Indikationen und Dosierungen wesentlich beeinflussen. Die Verantwortung für die Verschreibung liegt einzig beim<br />

behandelnden Arzt, Dosierungen sind nachzuprüfen und ggf. anzupassen.<br />

Juni <strong>2012</strong> 1


HIV-Infektion<br />

Human Immunodeficiency Virus (HIV)-Infektion und erworbenes<br />

Immundefizit-Syndrom (AIDS)<br />

1. Definition<br />

1.1. HIV-Infektion<br />

• HIV-Antikörpernachweis (EIA, DUO-Test: kombinierter AK+Ag-Nachweis, in Spezialfällen<br />

Western-Blot, bei Frischinfektion ist der AK-Nachweis evtl. noch negativ bei hohem<br />

Verdacht: Risikosituation und grippale Symptome: Test wiederholen und Messung der<br />

Viruslast)<br />

• HIV-Nachweis (HIV-RNA, p24-Antigen, HIV provirale DNA) im Plasma, Gewebe oder in<br />

Körperflüssigkeiten bzw. Zellen<br />

1.2. AIDS<br />

• Klinische Einteilung gemäss Indikatorkrankheit (siehe untere Tabelle) bei Patienten mit<br />

einer HIV-Infektion.<br />

2. Klassifikation<br />

Die Centers for Disease Control (CDC)-Klassifikation der HIV-Krankheit von 1993<br />

(berücksichtigt die tiefste je gemessene CD4-Zellzahl, kein Zurückstufen bei Besserung)<br />

Immunologisch Klinisch Klinisch Klinisch<br />

Kategorie A Kategorie B Kategorie C<br />

CD4-Zellzahl (pro µl) asymptomatisch,<br />

akute HIV-Infektion,<br />

symptomatisch,<br />

weder A noch C<br />

AIDS-definierende<br />

Krankheiten<br />

Lymphadenopathie<br />

> 500 A1 B1 C1<br />

201-500 A2 B2 C2<br />

200 A3 B3 C3<br />

AIDS in Europa: C1-C3; AIDS in den USA: A3, B3 und C1-C3<br />

2.1. Krankheitssymptome und Erkrankungen der Kategorie B<br />

• Allgemeinsymptome, sofern sie nicht einer bestimmten Krankheit zugeordnet werden<br />

können und während mehr als 1 Monat persistieren, z.B. Fieber >38.5°C o. Diarrhoe<br />

• Pelvic inflammatory disease (Adnexitis, Tuboovarialabszess)<br />

• Bazilläre Angiomatose (Bartonella henselae/quintana-Infektion)<br />

• Oropharyngeale oder vulvovaginale Candidiasis (persistierend oder rezidivierend)<br />

• Zervikale Dysplasie (mässig oder schwer)<br />

• Zervikales Carcinoma in situ<br />

• Herpes zoster ( 2 Episoden oder 2 Dermatome)<br />

• Immunthrombozytopenie<br />

• Listeriose<br />

• Orale Haarleukoplakie<br />

• Periphere Neuropathie<br />

• Weitere nicht AIDS definierende Erkrankungen, welche:<br />

a) Der HIV-Infektion zugeschrieben werden oder auf eine beeinträchtigte zelluläre Immunität<br />

hinweisen und/oder<br />

b) Deren Krankheitsverlauf oder Behandlung in der ärztlichen Beurteilung als durch die HIV-<br />

Infektion beeinträchtigt erachtet werden<br />

Juni <strong>2012</strong> 2


2.2. Indikatorkrankheiten der Kategorie C (AIDS)<br />

• Bakterielle Pneumonie, rezidivierend<br />

• Candida-Ösophagitis<br />

• Herpes simplex-Infektionen: chronische Haut/Schleimhaut-Ulzeration (>1 Monat) oder<br />

Pneumonie oder Ösophagitis<br />

• Histoplasmose, disseminiert<br />

• HIV-assoziierte Enzephalopathie<br />

• Isosporiasis, Diarrhoe (>1 Monat)<br />

• Kachexie (HIV-Wasting Syndrome), Gewichtsverlust mindestens 10%<br />

• Kaposi-Sarkom<br />

• Kokzidioidomykose, disseminiert<br />

• Kryptokokkose, Meningitis oder disseminiert<br />

• Kryptosporidiose, Diarrhoe (>1 Monat)<br />

• Lymphome, primär im ZNS, vom B-Zell-Typ oder nicht typisierbar<br />

• nichttuberkulöse Mykobakteriosen, disseminiert<br />

• Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie<br />

• Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)<br />

• Salmonellen-Sepsis, rezidivierend<br />

• Toxoplasmose, zerebral<br />

• Tuberkulose, pulmonal oder extrapulmonal<br />

• Zervixkarzinom, invasiv<br />

• Zytomegaliekrankheit: Retinitis oder andere Lokalisation (nicht Leber, Milz oder<br />

Lymphknoten).<br />

3. Meldung<br />

In der Schweiz ist AIDS (klinische Kategorie C) anonym meldepflichtig. Die Meldeformulare<br />

können bei dem Datamanagement SHCS (intern 55293) bezogen werden. Die ausgefüllten<br />

Meldeformulare sind an das Datamangement zu senden.<br />

4. Vorgehen bei HIV-positiven Patienten<br />

4.1. Anamnese<br />

• Was weiss Patient über HIV-Infektion?<br />

• Wann und wie hat sich Patient angesteckt?<br />

• Hat Patient möglicherweise weitere angesteckt?<br />

• Soziale Situation (Beruf, Krankenkasse etc.)<br />

• Partner, Familie, Kinder: wer kennt die Diagnose? Sind Partner/Kinder gesund?<br />

• Frühere Infektionskrankheiten, die potentiell persistieren (wichtigste: Tuberkulose, Lues,<br />

Herpes genitalis, Hepatitis B und C, CMV-Infektion, Toxoplasmose)<br />

• Aktuelle oder vergangene Toxikomanie<br />

• Medikamentenallergie<br />

• Auslandreisen (Risiko für spez. Infektionen wie Histoplasmose, Penicilliose,<br />

Leishmaniose)<br />

• Impfanamnese: Grundimmunisierung inkl. Hepatitis B, Pneumokokken, Grippe<br />

4.2. Klinische Untersuchung (Befunde, die speziell gesucht werden müssen)<br />

• Körpertemperatur, Gewicht, Lymphknoten<br />

• Haut (Exanthem, Kaposi-Sarkom, Zoster, Petechien, Xerodermie, seborrhoische<br />

Dermatitis, Onychomykose)<br />

• Schleimhaut (Soorstomatitis, Kaposi-Sarkom, Herpes labialis/genitalis, orale<br />

Haarleukoplakie)<br />

• Augen (Retinitis)<br />

• Leber und Milz (malignes Lymphom, Mykobakteriose)<br />

• Meningismus, periphere Neuropathie, Myelopathie<br />

Juni <strong>2012</strong> 3


5. Labor<br />

Falls HIV-Infektion bestätigt (mit Einverständnis des orientierten Patienten):<br />

• Rotes und weisses Blutbild mit Differenzierung, Thrombozyten<br />

• Transaminasen, alkalische Phosphatase, Amylase, Serumeiweiss<br />

• Lues, Hepatitis (B, C), CMV, HSV, VZV, Toxoplasmose<br />

• Lymphozytensubpopulationen CD4/CD8-Lymphozyten<br />

• HIV-RNA (Virusmenge quantitativ)<br />

• Tuberkulintest (Mantoux)<br />

Juni <strong>2012</strong> 4


Antiretrovirale Medikamente<br />

Die Kombinationstherapie (meist 3er Kombination) hat die Prognose drastisch verbessert, d.h. 86%<br />

Reduktion der Mortalität gegenüber keiner Therapie. Eine Therapie ist indiziert bei einer CD4<br />

Zellzahl unter 200. Ein Graubereich ist gegeben, wenn die CD4 Zellzahl zwischen 200-350 liegt.<br />

Dabei spielt auch die Höhe der Viruslast eine Rolle. Eine HIV-Therapie ist kein Notfall und muss mit<br />

dem Patienten gut besprochen werden, da die Adherence für die Wirkung und die Prognose wichtig<br />

sind. Je besser die Adherence, desto besser die Senkung der Viruslast, desto besser der Anstieg<br />

der CD4, desto besser die Langzeitprognose.<br />

1. Praktische Anwendung<br />

1.1. Ziel<br />

Möglichst vollständige Suppression der HIV-Replikation in allen Kompartimenten des<br />

Organismus (Serum


2. Substanzklassen (wird halbjährlich aktualisiert siehe: www.hiv.ch/rubriken/therapie/ART2011.pdf)<br />

Juni <strong>2012</strong> 6


Juni <strong>2012</strong> 7


Juni <strong>2012</strong> 8


Liste der möglichen Abklärungen von symptomatischen HIVinfizierten<br />

Patienten<br />

Es ist meistens nicht sinnvoll, alle möglichen Ursachen gleichzeitig abzuklären. Andererseits erhebt<br />

diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für Fragen steht der infektiologische Dienst (8-<br />

6114) zur Verfügung. Fragen bezüglich der Entnahmetechnik oder des Versandes können bei den<br />

erwähnten Labors direkt gestellt oder dem Laborbuch USB entnommen werden.<br />

Gewebe von HIV-infizierten Patienten sollte für bakteriologische Untersuchungen nicht-fixiert<br />

entnommen werden. Zusätzlich fixiertes Material (4%iges Formalin) für die histologische<br />

Untersuchung einsenden. Bei speziellen Wünschen (z.B. PCR im Gewebe) muss mit der Pathologie<br />

und dem bakteriologischen Labor vorgängig Kontakt aufgenommen werden.<br />

Endoskopien müssen mit dem zuständigen Konsiliararzt (Pneumologie, Gastroenterologie)<br />

besprochen werden.<br />

Einsendelabors:<br />

Tel.<br />

(1) Mikrobiologielabor, <strong>Universitätsspital</strong> Basel 061-265 42 10/11<br />

(2) Chemielabor, <strong>Universitätsspital</strong> Basel 061-265 42 20<br />

(3) Institut für Pathologie des <strong>Universitätsspital</strong>s Basel, Schönbeinstrasse 40 061-265 28 58<br />

(4) Institut für med. Mikrobiologie, Petersplatz 10, 4051 Basel 061-267 32 62/63<br />

(5) Schweizerisches Tropeninstitut, Socinstrasse 57, 4051 Basel 061-284 81 11<br />

1. Respiratorisches Syndrom<br />

Leitsymptome: Husten mit/ohne Auswurf, Atemnot, atemabhängige Schmerzen, Fieber<br />

Abklärungen:<br />

Einsendelabor<br />

1.1. Falls produktiver Husten mit eitrigem Auswurf und relativ guter Immunzustand<br />

(>200/ml CD4-Lymphozyten) bakterielle Genese wahrscheinlich<br />

- Sputumbakteriologie<br />

- Routinekultur: Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Staphylococcus<br />

aureus<br />

Folgende Kulturen müssen bei entsprechendem Verdacht speziell verlangt werden:<br />

- Legionellen (1)<br />

- Mykobakterien (tuberkulöse und nichttuberkulöse) (1)<br />

- Nocardien (1)<br />

- bakt. Blutkulturen bei Fieber (1)<br />

1.2. Falls trockener Reizhusten und/oder Atemnot und schlechter Immunzustand<br />

(


2. ZNS-Syndrom<br />

Leitsymptome: Kopfschmerzen, Fieber, Meningismus, fokal-neurologische Zeichen,<br />

Epilepsie, Ataxie, Veränderung des Bewusstseins oder der Persönlichkeit, Demenz<br />

Abklärungen: LP, CT oder MRI, EEG<br />

Einsendelabor<br />

2.1. Falls meningitisches Syndrom: LP (falls kein erhöhter Hirndruck im CT,<br />

keine Stauungspapille)<br />

- Allgemeine Liquorbakteriologie (Gram + Kultur) (1)<br />

- Eiweiss, Glukose, Laktat (2)<br />

- Liquor auf Mykobakterien (PCR + Färbung auf säurefeste Stäbchen + Kultur) (1)<br />

- Antigen auf Cryptococcus neoformans in Liquor und/oder Serum (1)<br />

- PCR auf Viren (CMV, HSV, VZV, EBV, JCV) und Toxoplasma gondii (Stufenplan) (4)<br />

- Liquor-/Serumantikörper auf CMV, HSV, VZV, Toxoplasma gondii (im Liquor (4)<br />

nicht sinnvoll bei tiefer CD4-Zahl)<br />

- Liquorzytologie (2)<br />

2.2. Falls enzephalitisches Syndrom: MRT oder CT des Schädels ohne/mit Kontrastmittel<br />

Wenn im CT Herd mit nodulärer oder Ringanreicherung:<br />

- Serologien (HSV, VZV, CMV, Toxoplasmen), falls nicht schon bekannt positiv (4)<br />

- Empirische Toxoplasmosetherapie:<br />

Falls innert 10 Tagen kein Ansprechen Hirnbiopsie mit Neurochirurgen besprechen:<br />

- Histologie (Lymphom? andere Ätiologie?) (3)<br />

- Virologie: PCR auf CMV, EBV, JCV (HSV, VZV) (4)<br />

- Bakteriologie inkl. Mykobakterien, Nocardia, Pilze (1)<br />

3. Oesophagitis, Gastroenteritis, Kolitis<br />

Leitsymptome:<br />

Abklärungen:<br />

Odynophagie, Dysphagie, retrosternales Brennen, Nausea, Erbrechen,<br />

Durchfall<br />

Je nach Leitsymptom<br />

3.1. Falls Oesophagitis:<br />

- Obere Endoskopie mit Biopsie für: Histologie und Zytologie (3)<br />

Virologie (Kultur auf CMV, HSV) (4)<br />

Pilznachweis (Candida) (1)<br />

- Serologie: CMV, HSV (falls nicht schon früher positiv) (4)<br />

3.2. Falls Durchfall:<br />

- Stuhlbakteriologie: Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Aeromonas (1)<br />

- 3 SAF Stuhlparasitologien auf Cryptosporidien, Microsporidien, Cyclospora<br />

cayetanensis, Giardia lamblia, Isospora belli, Blastocystis hominis,<br />

Entamoeba histolytica, (5)<br />

- Nachweis von Mykobakterien (1)<br />

- Virusnachweis im Stuhl: Adenoviren (4)<br />

- CMV-Nachweis aus Kolonbiopsie (Histologie) (3)<br />

4. Hepatitis<br />

Leitsymptome: Ikterus, Hepatomegalie, Nausea, Fieber<br />

Abklärungen:<br />

- Serologie: HAV, HBV, HCV, CMV, EBV, HSV, VZV (falls nicht früher positiv) (4)<br />

- Heparinblut: Mykobakterienkultur (1)<br />

- evtl. Leberbiopsie: Histologie (3)<br />

- Mykobakterienkultur (1)<br />

- CMV-, HSV-Nachweis (Kultur), CMV-Antigenämie (3)<br />

Juni <strong>2012</strong> 10


5. Retinitis<br />

Leitsymptome: Gesichtsfeldausfälle, Sehunschärfe, Visusverlust<br />

Abklärungen:<br />

- Ophthalmologisches Konsilium<br />

- CMV: PCR aus Kammerwasser für CMV, VZV, Toxoplasma, (HSV) (4)<br />

6. Allgemeinsymptome<br />

Leitsymptome: Fieber, Gewichtsabnahme, reduzierter Allgemeinzustand, Lymphadenopathie<br />

Häufige Ursachen:<br />

- Konstitutionelles Syndrom im Rahmen der Grundkrankheit (CDC Kategorie B)<br />

- Disseminierter CMV-Infekt<br />

- Disseminierte Mykobakteriose (M. avium-intracellulare oder M. genavense)<br />

- Miliartuberkulose<br />

- Bakterielle Sepsis (Salmonellenbakteriämie, Kathetersepsis)<br />

Seltene Ursachen:<br />

- Pilzinfekte (Kryptokokkose, Histoplasmose, Kokzidioidomykose, Penicilliose)<br />

- Arzneimittelinduziertes Fieber<br />

- Viszerale Leishmaniose (Kala azar)<br />

Abklärungen:<br />

- Blutkulturen (Bakterien und Pilze) (1)<br />

- Mykobakterien-Nachweis (Heparinblut, Stuhl, LK-Biopsie) (1)<br />

- Serologien: CMV, HSV, VZV, Toxoplasma gondii (falls nicht schon bekannt positiv) (4)<br />

- Serologien: Leishmaniose, Strongyloidose (5)<br />

- Knochenmarkkultur + Direktpräparat (in 1 ml NaCl) auf Leishmanien und<br />

Histoplasmen<br />

- (nur bei entsprechender Reiseanamnese) (5)<br />

- Direktpräparat (2)<br />

Juni <strong>2012</strong> 11


Opportunistische Infektionen:<br />

Neurologische Krankheitsbilder bei HIV-Infektion<br />

Aseptische<br />

Meningitis<br />

Subakute HIV-<br />

Enzephalitis<br />

Zerebrale<br />

Toxoplasmose<br />

Kryptokokken-<br />

Meningitis<br />

Progressive<br />

multifokale<br />

Leukoenzephalopathie<br />

Primäres<br />

zerebrales<br />

Lymphom<br />

Symptome Labor CT/MRI Behandlung Entwicklung<br />

Kopfschmerzen,<br />

Nackensteife,<br />

Photophobie, Übelkeit,<br />

Erbrechen<br />

Psychomotorische Verlangsamung.<br />

Gedächtnis-,<br />

Verhaltensstörungen,<br />

Apathie<br />

Fokales neurologisches<br />

Defizit, Kopfschmerzen,<br />

Fieber, epileptische Anfälle<br />

u. Veränderungen<br />

des Bewusstseins<br />

Fieber, Kopfschmerzen,<br />

Nackensteife, Photophobie,<br />

Übelkeit u. Erbrechen<br />

Demenz (wie bei der HIV-<br />

Enzephalitis), fokales neurologisches<br />

Defizit (Hemiparese,<br />

Blindheit, Ataxie)<br />

Langsame oder rasche<br />

Veränderungen des<br />

Bewusstseinszustandes<br />

oder fokales<br />

neurologisches Defizit,<br />

Kopfschmerzen<br />

*cART = Combination Antiretroviral Therapy<br />

CD4 normal o. wenig<br />

vermindert. CD8 erhöht.<br />

Liquor: lymphozytäre<br />

Pleozytose (10-100 mm 3 )<br />

Im Allgemeinen schwere<br />

Immunsuppression mit


Opportunistische Infektion bei HIV-Patienten:<br />

Prophylaxe und Therapie<br />

Falls sich die Abwehrlage durch eine antiretrovirale Kombinationstherapie markant verbessert<br />

(CD4-Zellzahl >200/µl während mindestens 3 Monaten), kann die PcP- und Toxoplasmose –<br />

Primär- und Sekundärprophylaxe gestoppt werden. Auch bei anderen opportunistischen<br />

Infektionen kann dies bei guter Immunlage diskutiert werden.<br />

1. Primärprophylaxe<br />

Infektion Medikament Dosis Kommentar<br />

Pneumocystis jiroveci<br />

(früher carinii) (PCP) +<br />

Toxoplasma gondii<br />

(bei CD4-Zahl < 200/µl)<br />

Positive oder negative<br />

Toxoplasmenserologie<br />

Neg. Toxoplasmenserol.<br />

und TMP/SMX-Allergie<br />

Neg. Toxoplasmenserol.<br />

und keine<br />

Inhalationsmöglichkeit<br />

Pos. Toxoplasmenserol. und<br />

TMP/SMX-Allergie<br />

1. Bactrim 1 Tabl. forte 3x/Wo<br />

oder<br />

2. Pentacarinat-<br />

Isoethionat<br />

oder<br />

3. Dapson*<br />

(Diaphenylsulfon<br />

DDS)<br />

oder<br />

4. Daraprim<br />

+ Dapson*<br />

300 mg in 6 ml Aqua<br />

1x Inhalation/Mt<br />

Stopp bei CD4 > 200 über > 3 Mo<br />

100 mg p.o. 2x/Wo *G6PDH-Mangel ausschliessen<br />

75 mg p.o. 1x/Wo<br />

200 mg p.o. 1x/Wo *G6PDH-Mangel ausschliessen<br />

Nicht-tuberkulöse<br />

Mykobakterien<br />

(bei CD4-Zahl < 50/µl falls<br />

keine aktive Krankheit und<br />

keine antiretrovirale<br />

Therapie)<br />

Zithromax<br />

(Azithromycin)<br />

oder<br />

Klacid<br />

(Clarithromycin)<br />

1200 mg p.o. 1x/Wo<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

Stopp bei CD4 >100 > 3 Mo<br />

Latente Tuberkulose<br />

(unabhängig von der CD4-<br />

Zahl)<br />

bei Mantoux >5 mm oder<br />

vorher unbehandeltem<br />

positivem Mantoux oder<br />

nach Kontakt mit offener<br />

Tuberkulose<br />

Rimifon (Isoniazid)<br />

+ Pyridoxin (Vit. B6)<br />

5 mg/kg/d (300 mg/d<br />

p.o.)<br />

40 mg/d<br />

9 Monate<br />

Eine aktive Tuberkulose muss<br />

ausgeschlossen werden!<br />

Regelmässige Laborkontrollen<br />

(Leberwerte, BB, Harnsäure)<br />

Juni <strong>2012</strong> 13


2. Sekundärprophylaxe (nach Beendigung der initialen Therapie)<br />

Infektion Medikament Dosis Kommentar<br />

Pneumocystis jiroveci (früher carinii) Analog Primärprophylaxe, ausser:<br />

Bis CD4-Zahl > 200/µl während mindestens 3 Mo<br />

Pneumonie (PcP)<br />

Pentacarinat-Inhalation: 300 mg alle 2 Wo im 1. Mo, anschliessend 1x/Mo<br />

Toxoplasma gondii 1. Daraprim (Pyrimethamin) 1 x 50 mg/d p.o. Stopp bei CD4-Zahl > 200/µl > 3 Mo<br />

Enzephalitis + Sulfadiazin 2-3 g/d p.o. (in 4 Dosen) Evtl. 2x/Wo dosieren,<br />

+ Leucovorin (Osfolat) 1 x 5 mg/d p.o. PcP-Prophylaxe entfällt<br />

oder<br />

2. Daraprim 1 x 50 mg/d p.o.<br />

+ Dalacin (Clindamicin) 4 x 300 mg/d p.o. Zusätzlich PcP-Prophylaxe<br />

+ Leucovorin 1 x 5 mg/d p.o.<br />

oder<br />

3. Dalacin 4 x 300 mg/d p.o. Zusätzlich PcP-Prophylaxe<br />

Kryptokokkenmeningitis Diflucan (Fluconazol) 1 x 200 mg/d p.o. Bei CD4>200 Stopp diskutieren<br />

Candida-Stomatitis oder -Oesophagitis Diflucan<br />

150 mg resp. 400 mg p.o.<br />

Einmaldosis<br />

Bei >3 Rezidive/Mo, alle 1-4 Wo<br />

(je nach Bedarf)<br />

Zytomegalievirus-<br />

(CMV-) retinitis<br />

1. Cymevene (Ganciclovir) 5 mg/kg i.v. 5x/Wo Stopp bei CD4 > 150 > 3 Mo nach Rücksprache mit<br />

Augenarzt<br />

Via Port-à-Cath<br />

oder<br />

2. Valcyte (Valgancyclovir) 1 x 900 mg/d p.o. mit Mahlzeit Gleiche Wirkung wie i.v.<br />

oder<br />

3. Foscavir (Foscarnet) 100 mg/kg i.v. 5x/Wo Via Port-à-Cath oder Implantat diskutieren<br />

4. Vistide (Cidofovir) 5 mg/kg i.v. + Probenecid +<br />

Hydrierung alle 2 Wochen<br />

Mukokutane<br />

HSV-Infektion<br />

Zovirax (Aciclovir)<br />

oder<br />

Valtrex (Valacyclovir)<br />

3-4 x 200 mg/d p.o.<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

Isospora belli-Enteritis Bactrim (=Nopil) (TMP/SMX) 1 Tabl. forte 3x/Wo<br />

Mycobacterium<br />

Klacid (Clarithromycin) (AI)<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

avium-intracellulare-<br />

+ Myambutol (Ethambutol)<br />

1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />

(MAI-) Infektion<br />

Evtl. + Mycobutin** (Rifabutin) (CI) 1 x 300 mg/d p.o.<br />

oder<br />

Zithromax (Azithromycin) (AII)<br />

+ Myambutol (Ethambutol)<br />

500 mg/d p.o.<br />

1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />

Individuell<br />

Individuell<br />

Stopp bei CD4 > 100 > 6 Mo + 12 Mo<br />

MAC-Therapie + asymptomatisch<br />

Rifabutin zusätzlich falls fortgeschrittene<br />

Immunosuppression (CD42 log CFU/ml Blut), keine cART<br />

** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150 mg 3x/wo). Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist<br />

kontraindiziert.<br />

Für Interaktionen: siehe www.hiv-druginteractions.org<br />

Juni <strong>2012</strong> 14


3. Therapie<br />

Cave:<br />

Bei bis anhin cART-naiven Patienten kann eine gleichzeitige Therapie opportunistischer<br />

Krankheiten und Beginn einer antiretroviralen Therapie zu einem Immunrekonstitutions-<br />

Syndrom führen.<br />

Krankheit Initiale Therapie Dosis Dauer<br />

Pneumocystis jiroveci<br />

(früher carinii)<br />

Pneumonie (PCP)<br />

1.Wahl Bactrim (=Nopil) (TMP/SMX) (AI) 3 x 5 mg/kg/d TMP i.v./p.o. 3 Wo, anschliessend<br />

+ zusätzlich Prednison (AI)<br />

(bei arteriellem pO2


3. Therapie – Fortsetzung<br />

Krankheit Initiale Therapie Dosis Dauer<br />

Toxoplasma gondii<br />

Enzephalitis<br />

Standardtherapie 1. Daraprim (Pyrimethamin) (AI) 1 x 75 mg/d (1.Tag 200 mg) 6 Wo, anschliessend<br />

+ Sulfadiazin 4 x 1000-1500 mg/d p.o./i.v. Sekundärprophylaxe bis<br />

CD4 >200 über >3 Mo<br />

+ Leucovorin (Osfolat) 2 x 5 mg/d p.o. PcP-Prophylaxe entfällt<br />

oder<br />

2. Daraprim (AI) 1 x 75 mg/d (1. Tag 200 mg)<br />

+ Dalacin (Clindamycin) 4 x 600-900 mg/d p.o/i.v. Zusätzl. PcP-Prophylaxe<br />

+ Leucovorin (Osfolat) 2 x 5 mg/d p.o.<br />

oder<br />

3. Daraprim (BII)<br />

+ Wellvone (Atovaquon)<br />

+ Leucovorin (Osfolat) 1 x 5 mg/d p.o.<br />

1 x 75 mg/d (1. Tag 200 mg)<br />

3 x 1000 mg/d p.o Zusätzl. PcP-Prophylaxe<br />

4. Bactrim (TMP/SMX) (BI) 2 x 5 mg TMP /kg p.o.<br />

2 x 25 mg SMX /kg p.o.<br />

5. Daraprim (Pyrimethamin)<br />

1x75 mg (1. Tag 200mg)<br />

+ Klacid (Clarithromycin)<br />

2x1000mg<br />

+ Leucovorin (Osfolat)<br />

1x10mg<br />

6 Wo, anschliessend<br />

Sekundärprophylaxe<br />

Falls nur i.v.-Therapie<br />

möglich<br />

Dalacin (Clindamicin)<br />

+ Klacid<br />

4 x 600-900 mg/d i.v.<br />

3 x 500 mg/d i.v.<br />

Keine klinischen Daten<br />

* Rimactan (Rifampicin) ist zusammen mit Proteaseinhibitoren und Viramune (Nevirapine) kontraindiziert. Rimactan darf<br />

zusammen mit Stocrin (Efavirenz) verabreicht werden (Cave TDM, Stocrin evtl. auf 800 mg tgl. erhöhen).<br />

** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150 mg 3x/wo).<br />

Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist kontraindiziert.<br />

Juni <strong>2012</strong> 16


3. Therapie - Fortsetzung<br />

Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />

Candida-Stomatitis 1. Diflucan (AI)<br />

oder<br />

2. Sporanox (AI)<br />

150-200 mg p.o.<br />

Candida-Oesophagitis<br />

Kryptokokken-<br />

Meningitis<br />

oder<br />

2. Sporanox (AI)<br />

1-2 x 100-200 mg/d p.o.<br />

(Tbl. mit dem Essen, Lösung<br />

nüchtern)<br />

Einmaldosis oder bis<br />

Erfolg (ca. 5-7 d)<br />

Bis Erfolg (1-2 Wo)<br />

oder<br />

3. Ampho-Moronal Lutschtbl. 3-6 Tabl. à 10 mg/d Bis Erfolg (1-2 Wo)<br />

1. Diflucan (AI)<br />

400 mg p.o.<br />

3 d<br />

oder<br />

400 mg loading dosis,<br />

Bis Erfolg (ca. 10-14 d)<br />

anschliessend 200 mg/d p.o.<br />

Fungizone (Amphotericin B)<br />

+ Ancotil (Flucytosin) (AI)<br />

oder<br />

Abelcet oder Ambisome<br />

(liposomales AmphoB)<br />

+ Ancotil (Flucytosin) (AI)<br />

1-2 x 200 mg/d p.o.<br />

(Tbl. mit dem Essen, Lösung<br />

nüchtern)<br />

0.7-1 mg/kg/d i.v.<br />

25 mg/Kg i.v. alle 6 Std.<br />

5 mg/Kg/d i.v.<br />

25 mg/Kg alle 6 Std.<br />

Bis Erfolg (ca. 10-14 d)<br />

2 Wo<br />

dann LP-Kontrolle: falls Kultur<br />

negativ, Umstellung auf p.o.<br />

Therapie<br />

2 Wo<br />

Anschliessend<br />

Konsolidationstherapie<br />

Diflucan (Fluconazol) (AI)<br />

1x 400 mg/d p.o.<br />

(loading dosis 800 mg am<br />

1.Tag)<br />

8 Wo<br />

(oder länger bis Liquorkulturen<br />

steril) , dann<br />

Sekundärprophylaxe<br />

(Fluconazole 1x200mg /d)<br />

Herpes simplex Virus-<br />

(HSV-) Infektionen<br />

Cave: Wiederholung LP<br />

täglich bis intrakranieller<br />

Druck < 20 cmH 20 oder 50%<br />

des initialen Wertes<br />

- Genitale HSV-Infektion Valtrex (Valaciclovir) (AI)<br />

oder<br />

2 x 1000 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />

Sekundärprophylaxe<br />

Famvir (Famciclovir) (AI)<br />

oder<br />

2 x 500 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />

Sekundärprophylaxe<br />

Zovirax (Aciclovir) (AI) 5 x 200-400 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />

Sekundärprophylaxe<br />

- Schwere mukokutane<br />

Läsionen<br />

Zovirax (Aciclovir) (AIII) 3 x 5 mg/kg/d i.v. Individuell, evtl.<br />

Sekundärprophylaxe<br />

- Rezidivierende<br />

genitale HSV-Infekt.<br />

Suppressive Therapie mit Valtrex<br />

(AI)<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

- HSV-Enzephalitis Zovirax (AI) 3 x 10 mg/kg/d i.v. 14-21 d<br />

Varicella zoster Virus-<br />

(VZV-) Infektionen<br />

- Varizellen<br />

Valtrex (Valaciclovir) (AII)<br />

3 x 1000 mg/d p.o.<br />

5-7 d<br />

- Herpes zoster (nicht<br />

disseminiert)<br />

- Herpes zoster:<br />

disseminiert<br />

Valtrex (AII)<br />

oder<br />

3 x 1000 mg /d p.o<br />

10 d<br />

Famvir (AII)<br />

3 x 500 mg/d p.o. 10 d<br />

oder<br />

Zovirax (AIII) 3 x 5 mg/kg/d i.v. 10 d<br />

Zovirax (AII) 3 x 10 mg/kg/d i.v. 10-14 d<br />

Juni <strong>2012</strong> 17


3. Therapie - Fortsetzung<br />

Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />

Zytomegalievirus- (CMV-)<br />

Infektionen:<br />

- Retinitis Cymevene (Ganciclovir) (AI)<br />

oder<br />

Ganciclovir intraokuläres Implantat<br />

(AI)<br />

+ Valcyte (Valgancyclovir)<br />

2 x 5 mg/kg/d i.v.<br />

2 x 900 mg p.o.<br />

3 Wo, anschliessend<br />

Sekundärprophylaxe für<br />

CMV-Retinitis<br />

Für Läsionen mit dringender<br />

Gefahr der Erblindung<br />

oder<br />

Valcyte (Valganciclovir) (BII) 2 x 900 mg p.o. Nur für kleine periphere<br />

Läsionen<br />

oder<br />

Foscavir (Foscarnet) (AI)<br />

oder<br />

Vistide (Cidofovir) (AI)<br />

+ Probenecid + Hydrierung 1x/Wo<br />

2 x 90 mg/kg i.v. 2-3 Wo, anschliessend<br />

Sekundärprophylaxe<br />

5 mg/kg i.v.<br />

2 Wo, anschliessend<br />

Sekundärprophylaxe<br />

- Ösophagitis/Colitis<br />

Cymevene (Ganciclovir) (BII)<br />

oder<br />

Foscavir (Foscarnet) (BII)<br />

oder<br />

Valcyte (Valgancyclovir) (BII)<br />

- Encephalitis/Myelitis Cymevene (Ganciclovir) (BII)<br />

oder<br />

Foscavir<br />

2 x 5 mg/kg/d i.v.<br />

2 x 90 mg/kg i.v.<br />

2 x 900 mg p.o.<br />

2x 5 mg/kg/d i.v.<br />

2 x 90 mg/kg i.v.<br />

3 Wo<br />

Bei milden Symptomen (orale<br />

Absorption nicht<br />

beeinträchtigt)<br />

3-6 Wo<br />

Stomatitis aphtosa<br />

(idiopathisch)<br />

Bazilläre Angiomatose<br />

(Bartonella henselae,<br />

Bartonella quintana)<br />

1. Prednison<br />

oder<br />

2. Thalidomid<br />

1. Klacid (Clarithromycin)<br />

oder<br />

2. Vibramycin (Doxycyclin)<br />

1 x 80 mg/d p.o.<br />

1 x 300 (-600) mg/d p.o.<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

2 x 100 mg/d p.o.<br />

Bis Erfolg (5-7 d)<br />

Cave Embryopathie mit<br />

Thalidomid: Nicht für Frauen<br />

in gebärfähigem Alter;<br />

Bestellen nur mit<br />

Indikationsangabe<br />

Bis Erfolg (bis 2 Mo)<br />

Bis Erfolg (bis 2 Mo)<br />

Tuberkulose<br />

Rimifon (Isoniazid, INH) (AI)<br />

+ Rimactan (Rifampicin, RIF)*<br />

oder Mycobutin (Rifabutin)**<br />

+ Pyrazinamid (PZA)<br />

+ Myambutol (Ethambutol, EMB) 5 mg/kg/d (max.300 mg/d) p.o. Initialphase mit INH, PZA,<br />

EMB, RIF (oder Rifabutin) für<br />

2 Monate,<br />

anschliessend<br />

Konsolidationsphase mit<br />

Isoniazid und Rifampicin für<br />

weitere 4 Monate (siehe<br />

Tuberkulose-Kapitel)<br />

Juni <strong>2012</strong> 18


3. Therapie – Fortsetzung<br />

Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />

Nichttuberkulöse<br />

Mykobakteriosen:<br />

Mycobacterium aviumintracellulare<br />

(MAI-) Komplex<br />

Klacid (Clarithromycin) (AI)<br />

2 x 500 mg/d p.o.<br />

12 Monate<br />

+ Myambutol (Ethambutol)<br />

1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />

Anschliessend<br />

Sekundärprophylaxe bis CD4<br />

>100 während 6 Mo<br />

evtl.+ Mycobutin (Rifabutin)** (CI)<br />

450 mg/d p.o.<br />

(cave: Dosisanpassung bei<br />

Proteaseninhibitoren!)<br />

Zusätzlich Mycobutin falls<br />

Resistenzen möglich,<br />

schwere Immunosuppression<br />

(CD42 CFU/ml<br />

Blut), keine cART<br />

evtl.+ Tavanic (Levofloxacin)<br />

oder<br />

Amikin<br />

1x 500 mg/d p.o.<br />

1x 10-15 mg /Kg iv<br />

Mycobacterium kansasii Rimactan (Rifampicin)** (AI) 600 mg/d p.o. 15-18 Mo<br />

+ Rimifon (Isoniazid, INH) 1 x 300 mg/d p.o.<br />

+ Myambutol (Ethambutol)<br />

20 mg/kg/d p.o.<br />

oder<br />

Rimactan (Rifampicin)**<br />

600 mg p.o.<br />

+ Klacid (Clarithromycin)<br />

2 x 500 mg p.o.<br />

+ Myambutol (Ethambutol)<br />

20 mg/kg/d p.o<br />

Kryptosporidiose<br />

Start cART (AII)<br />

Mikrosporidiose Zentel (Albendazol) (AII) 2 x 400 mg/d p.o. 3 Wo<br />

Isospora belli-Enteritis<br />

Bactrim (=Nopil) (AI)<br />

2 x 2 Tabl. forte/d p.o.<br />

10 d<br />

Alternative: Ciproxin (BIII)<br />

2 x 500 mg<br />

Cyclospora cayatensis- Symptomatisch, Versuch mit Bactrim<br />

Enteritis<br />

2 x 1 Tabl. forte/d p.o.<br />

7 d<br />

Blastocystis hominis-<br />

Enteritis<br />

Flagyl (Metronidazol) 3 x 750 mg/d p.o. 10 d<br />

*<br />

Falls schwer disseminierter<br />

Befall<br />

Rimactan (Rifampicin) ist zusammen mit Proteaseinhibitoren und Viramune (Nevirapine) kontraindiziert.<br />

Rifampicin darf zusammen mit Stocrin (Efavirenz) verabreicht werden (cave TDM, Stocrin evtl. auf 800 mg tgl.<br />

erhöhen).<br />

** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150<br />

mg 3x/wo). Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist kontraindiziert.<br />

Juni <strong>2012</strong> 19


4. Literatur<br />

1. Nüesch R, Bassetti S, Battegay M: Notfallsituationen bei HIV-infizierten Patienten.<br />

In: Notfallmanagement internistischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart, 2009.<br />

2. DHHS: Guidelines for prevention and treatment of opportunistic infections in HIVinfected<br />

adults and adolescents: June 2008. www.aidsinfo.nih.gov<br />

3. Sanford guide to HIV/AIDS therapy 2009, erscheint jährlich<br />

4. DHHS: Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and<br />

adolescents. : November 2008. www.aidsinfo.nih.gov<br />

5. Benson CA et al. Treating opportunistic infections among HIV-infected adults and<br />

adolescents: recommendations from CDC, the National Institutes of Health, and the<br />

HIV Medicine Association / IDSA. Clin Infect Dis 2005; 40: S131-235.<br />

6. Hammer SM, Eron JJ, Reiss P et al.: Antiretroviral treatment of adult HIV infection.<br />

2008 recommendations of the International Aids Society-USA Panel. JAMA<br />

2008;300:555-570.<br />

7. May M, Sterne JA, Sabin C, et al. Prognosis of HIV-infected patients up to 5 years<br />

after initiation of HAART: collaborative analysis of prospective studies. AIDS 2007;<br />

21:1185-97.<br />

8. Battegay M, Hirschel B: HIV-Infektion und AIDS. In: Thiemes Innere Medizin; S.<br />

1888-1913. Thieme, Stuttgart, 1999.<br />

9. Fellay J, Boubaker K, Ledergerber B, Bernasconi E, Furrer H, Battegay M, Hirschel<br />

B, Vernazza P, Francioli P, Greub G, Flepp M, Telenti A; Swiss HIV Cohort Study.<br />

Prevalence of adverse events associated with potent antiretroviral treatment: Swiss<br />

HIV Cohort Study. Lancet 2001;15;358:2088<br />

10. www.hiv.ch<br />

11. www.hiv-druginteractions.org/<br />

Juni <strong>2012</strong> 20


HIV in der Geburtshilfe<br />

1. Generelle Empfehlung des HIV-Tests für ALLE Schwangeren:<br />

Baseline-HIV-Test bei Schwangerschafts-Erstuntersuchung<br />

Wiederholung im 3. Trimenon bei Risikofaktoren<br />

Von der Krankenkasse werden 2 HIV Tests in der Schwangerschaft übernommen.<br />

2. Betreuung von HIV positiven Schwangeren:<br />

Kooperation zwischen Infektiologen, Geburtshelfern und Pädiatern/Neonatologen.<br />

2.1. Ansprechpersonen:<br />

Pädiatrie: Prof. Ch. Rudin,<br />

<strong>Infektiologie</strong>: Dr. M. Stöckle, Dr. L. Elzi, Prof. M. Battegay<br />

Geburtshilfe: PD Dr. O. Lapaire, Prof. I. Hösli<br />

2.2. Ziel:<br />

Komplette Suppression der Viruslast (HIV-PCR:


3. Mögliche Therapie-Situationen (nach Absprache mit Infektiologe / Pädiater /<br />

Geburtshelfer):<br />

3.1. Patientin wird unter antiretroviraler Therapie schwanger:<br />

• Fortführen der antiretroviralen Therapie auch im 1.Trimenon.<br />

• Modifikation je nach Kombination siehe Tabelle 1 (Anhang)<br />

3.2. Patientinnen in Frühschwangerschaft bisher ohne Therapie:<br />

a) Qualifiziert für Therapiebeginn (CD4 350,


) Falls beide Partner HIV-positiv:<br />

Via naturalis d.h. ungeschützter GV (cave: bei nicht supprimierter Viruslast besteht ein<br />

theoretisches Risiko einer Superinfektion.<br />

Memento: 1-2 Monate präkonzeptionell Folsäure-Substition beginnen.<br />

Bactrim® als PcP-/Toxoplasmose-Prophylaxe darf in der Schwangerschaft unter<br />

Folsäuresubstitution gegeben werden.<br />

4. Geburt:<br />

4.1. Geburtsmodus:<br />

• Eine vaginale Geburt ist die Regel, Bedingungen:<br />

- bei einer Vaginalgeburt Fruchtblase möglichst lange erhalten<br />

- Verzicht auf interne Ableitungen oder Mikroblutuntersuchungen<br />

- Zange oder Vakuum nur mit äusserster Zurückhaltung anwenden<br />

- mehrmals nicht messbare Viruslast inkl. bei der Messung in der 36. SSW. Blips sind<br />

keine Kontraindikation für eine vaginale Geburt.<br />

- keine protrahierte Geburt abzusehen<br />

- keine geburtshilflichen Gründe, die dagegen sprechen<br />

• Entbindung mittels elektivem Kaiserschnitt<br />

- Viruslast anlässlich Blutentnahme in der 36. SSW unbekannt oder >20 HIV-RNA-<br />

Kopien/ml Blut<br />

- Frauen mit einer aktiven Hepatitis C<br />

- Kaiserschnitt wenn möglich ab der 38. SSW planen<br />

4.2. Antiretrovirale Therapie unter Geburt:<br />

• Zidovudin muss nicht Bestandteil einer antiretroviralen Therapie während der<br />

Schwangerschaft sein (Ausnahme: Infektion im 3. Trimenon entdeckt).<br />

• keine zusätzliche antiretrovirale Therapie unter der Geburt falls Virusreplikation


Postexpositionsprophylaxe (beachte: als Monotherapie nur Zidovudin gemäss<br />

PACTG-076 - übrige Substanzen nur in Kombination mit Zidovudin oder als Teil einer<br />

Dreierkombination)<br />

• Zidovudin (Suspension 10 mg/ml) 2 mg/kg KG alle 6 Stunden (während 4 Wochen p.p.)<br />

p.o. (bei i.v.-Gabe 1,5 mg/kg KG alle 6 Stunden) (Frühgeborene


8. Literatur<br />

1. British HIV Association Guidelines for the management of the sexual and<br />

reproductive health of people living with HIV infection 2008.<br />

2. DHHS Guidelines 2011. Recommendations for Use of Antiretroviral Drugs in<br />

Pregnant HIV-1-Infected Women for Maternal Health and Interventions to Reduce<br />

Perinatal HIV Transmission in the United States.<br />

3. EACS Guidelines 10/2011<br />

4. Empfehlungen zur Prävention der Mutter-Kind-Übertagung von Hepatitis B. Schweiz<br />

Med Forum 2007;20077:35-741.<br />

5. Fachkommission Klinik und Therapie HIV/AIDS des BAG. HIV, Schwangerschaft und<br />

Geburt: Ein update der Empfehlung zur Prävention der vertikalen HIV-Transmission.<br />

BAG Bulletin 5, 26 Januar 2009, S. 69-75.<br />

6. Lapaire O et al. Increased peri- and post-elective cesarean section morbidity in<br />

women infected with human immunodeficiency virus-1: a case-controlled multicenter<br />

study.<br />

7. Vernazza et al. ‚HIV-infizierte Menschen ohne andere STD sind unter wirksamer<br />

antiretroviraler Therapie sexuell nicht infektiös’. Schweizerische Ärztezeitung.<br />

2008;89:5<br />

Juni <strong>2012</strong> 25


Tabelle 1 (aus BAG Bulletin 5, 26.1.2009)<br />

Juni <strong>2012</strong> 26


Postexpositionsprophylaxe (PEP)<br />

Generell: Nach Exposition intakter, gesunder Haut gegenüber Blut oder anderen<br />

Körperflüssigkeiten wie z.B. Urin, Stuhl, Erbrochenem, Tränen, Schweiss, Speichel oder Sputum<br />

besteht keinerlei Indikation eine PEP durchzuführen.<br />

1. Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten von Personal<br />

im Gesundheitswesen<br />

1.1. Massnahmen, Risikostratifizierung und PEP-Indikation<br />

- Verletzungsgegenstand entfernen. Verletzte Stelle oder exponierte Haut muss sofort<br />

mit Wasser und Seife gewaschen werden, anschliessend Desinfektion (Octenisept,<br />

Jodlösung). Wunde ohne erhöhten Druck zum Bluten bringen. Offene Schleimhäute,<br />

Augen während 5 min. unter laufendem Wasser spülen.<br />

- Falls Indexpatient bekannt: Notfallmässiges Durchführen von HIV-Test (Ak und<br />

p24Ag), HbsAg (nicht nötig, falls exponierte Person geimpft und dokumentierte<br />

Immunantwort) und HCV-Ak. Bei nichtansprechbarem Patienten darf HIV-Test<br />

gemacht werden.<br />

- Falls Indexpatient unbekannt: Direkt zum nächsten Schritt:<br />

- Gleichzeitig bei exponierter Person HIV-Test, HBs-Ak (falls Titer nach Impfung<br />

nicht bekannt), HCV-Ak als Ausgangswert. Zusätzlich Blutbild, Kreatinin und<br />

Transaminasen.<br />

- Innerhalb 1-2h liegen bei uns im Hause die Testresultate vor. Daraus ergibt sich<br />

hinsichtlich HIV in untenstehender Tabelle aufgeführtes Procedere:<br />

Wichtig: Bei Verzögerung oder unklarer Situation soll eine erste Dosis PEP<br />

abgegeben werden (Medikamentenkombination liegt als single-dose-set auf der<br />

Notfallstation vor).<br />

Merke: Im Zweifelsfall: PEP<br />

Massnahmen Indexpatient bekannt Indexpatient unbekannt<br />

Test HIV-Test negativ HIV-Test positiv oder<br />

HIV-Positivität bekannt<br />

PEP<br />

Keine PEP<br />

Cave: Falls Indexpat.<br />

Risikosituation innerhalb<br />

vergangenen 3 Mt. hatte<br />

od. Hinweis auf<br />

Primoinfekt: Sofort PEP<br />

und bestimme HIV-PCR<br />

des Indexpat. Falls HIV-<br />

PCR negativ: Abbruch<br />

der PEP.<br />

Sofort PEP<br />

Ist Indexpat. bekanntermassen HIVpositiv.:<br />

Viruslast und<br />

aktuelle/vorgängige antiretrovirale<br />

Therapie in Erfahrung bringen<br />

(Resistenzen gegenüber begonnener<br />

PEP möglich?). Falls kein aktueller VL<br />

vorliegt dieser nachfordern.<br />

Rücksprache mit HIV-Spezialisten.<br />

Indikation zur PEP kann im Prinzip<br />

nicht gestellt werden (ausser auf<br />

Station liegt bekannter HIVpositiver<br />

Pat.). Im Zweifelsfalle der<br />

Indexperson PEP anbieten/<br />

Situation diskutieren.<br />

Nachkontrolle<br />

Wichtig<br />

Falls PEP: HIV-Test nach 4 und 6 Mt. nach Exposition<br />

Falls keine PEP: HIV-Test nach 3 Mt. (falls HIV-Test bei Indexpatient ohne Risikoanamnese negativ,<br />

kann auch auf 3-Mt-Kontroll-HIV-Test verzichtet werden, BAG-Bulletin 31 30.07.07; p.545, Tab.1)<br />

Falls als Risikosituation beurteilt: Unbedingt safer sex (Kondome) empfehlen<br />

Juni <strong>2012</strong> 27


1.2. PEP<br />

- Grundsätzlich: PEP muss möglichst rasch nach Exposition erfolgen (,jede Stunde<br />

zählt’, optimal innerhalb 2h!), kann aber bis 72h nach Risikoexposition angeboten<br />

werden. PEP-Dauer: 4 Wochen.<br />

Truvada (=Tenofovir + Emtricitabin) Tbl. 1-0-0 plus<br />

Kaletra (Lopinavir/Ritonavir) Tbl. 2-0-2.<br />

Alternative Kombinationen sind möglich (Rücksprache mit HIV-Spezialisten).<br />

- Für Schwangere: Combivr (AZT + 3TC) Tbl. 1-0-1 plus Kaletra Tbl. 2-0-2<br />

- Beachte Medikamenten-Interaktionen (cave: zu tiefe Spiegel von Kaletra wegen<br />

Interaktionen).<br />

- Kontrolle von Verträglichkeit 2-3 Tage nach Start (Personalarzt, MUP, Hausarzt).<br />

Blutbild und Chemogramm 2 und 4 Wochen nach Start.<br />

Juni <strong>2012</strong> 28


1.3. Vorgehen bei potentieller Hepatitis B Exposition<br />

Exponierte Person<br />

Prozedere<br />

In Abhängigkeit vom Indexpatienten (IP)<br />

Impfstatus<br />

Anti-HBs-Titer(nach Impfung)<br />

Aktuelle Serologie IP HBs-Ag positiv IP HBs-Ag negativ oder<br />

unklar<br />

Geimpft (3 ≥ Dosen)<br />

>100 IE/I = Responder - -<br />

10-100 = Hyporesponder 1 Dosis Aktivimpfung 1 Dosis Aktivimpfung<br />


1.4. Vorgehen bei potentieller Hepatitis C Exposition<br />

- Mangels etablierter Postexpositionsprophylaxe besteht das Vorgehen aus einer<br />

klinischen und serologischen Nachkontrolle, um ggf. eine frühe Tharapie einleiten zu<br />

können (nach 12 Wo).<br />

- Falls Indexpatient HCV-negativ und keine Risikosituation innerhalb vergangenen 6<br />

Mt.: Keine Nachkontrollen.<br />

- Falls Indexpatient HCV-positiv oder Risikosituation bei noch HCV-negativ<br />

getestetem Indexpatient oder Indexpatient unbekannt: ALAT und HCV-Ak nach 3<br />

und 6 Mt. HCV-PCR, falls ALAT erhöht. Therapie erwägen, falls HCV-PCR positiv.<br />

- Nach HCV-Exposition Stillen erlaubt.<br />

2. Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten von Personen<br />

ausserhalb des Gesundheitswesens<br />

2.1. HIV-PEP<br />

Generell: Gilt zu Art, Dauer, Monitoring dasselbe wie unter 1 erwähnt.<br />

Indikation:<br />

- Indexperson ist HIV-positiv: unbehandelt oder unter unvollständig wirksamer ART<br />

und HIV-Exposition ereignete sich unter einer der folgenden Umstände:<br />

a) Ungeschützter vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (GV)<br />

b) ungeschützter oraler GV mit Ejakulation (Fellatio)<br />

c) Verwendung von gebrauchtem Injektionsmaterial<br />

- Status der Indexperson nicht eruierbar: aber Indexperson gehört einer Region oder<br />

Gruppe mit hoher HIV-Prävalenz an (z.B.: HIV-Endemieländer, homosexuelle Männer,<br />

i.v. Drogenabhängige, Prostitution) und es fand ein Hochrisikokontakt statt (siehe a-c).<br />

- Vergewaltigung: PEP wird unverzüglich eingeleitet bis der Täter untersucht werden<br />

kann.<br />

In der Regel keine Indikation:<br />

- HIV-Serostatus der Indexperson unbekannt (Ausnahme: Hochrisikokontakt bei<br />

Risikopopulation).<br />

- Risikokontakt (sexuell/gebrauchtes Injektionsmaterial) mit HIV-infizierter Indexperson,<br />

aber unter einer stabilen und virologisch wirksamen ART d.h. vollständig supprimierte<br />

Virämiewerte


3. Wichtig:<br />

- Sofortiger Beginn einer aktiven Immunisierung gegen Hepatitis B bei allen nicht<br />

geimpften Exponierten (siehe auch 1.3).<br />

- Abklärung bezüglich anderen sexuell übertragbarer Krankheiten (Syphilis, Gonorrhoe,<br />

Chlamydia trachomatis)<br />

- Stichverletzung durch Nadel an öffentlichen Orten: Booster Tetanus-Impfung, wenn<br />

letzte Impfung > 5 Jahre her.<br />

4. Literatur:<br />

1. Exposition gegenüber HIV, Hepatitis B und C in Praxis und Spital. Vorbeugung und<br />

Post-Expositionsprophylaxe. Gruber V. et al. Schweiz Med Forum 2008;8(36):650-655<br />

2. Vorgehen nach Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten<br />

von Personal im Gesundheitswesen – aktualiserte Empfehlungen 2007. BAG-Bulletin<br />

31; 30. Juli 2007: 543-552.<br />

3. Empfehlung zur HIV-Postexpositionsprophylaxe ausserhalb des Medizinalbereichs –<br />

Update 2006. BAG-Bulletin 36; 4. September 2006: 712-715.<br />

Juni <strong>2012</strong> 31


Allgemeine <strong>Infektiologie</strong><br />

Sepsis und empirische Infekttherapie<br />

1. Definitionen<br />

1.1. Bakteriämie: Nachweis von Bakterien in der Blutkultur<br />

Transient: Dauer wenige Minuten; z.B. während Endoskopien, Zahnextraktionen und<br />

Manipulationen von infektiösen Herden<br />

Kontinuierlich: Dauer Stunden, Tage oder noch länger; 100% positive Blutkulturen; ist ein<br />

klarer Hinweis auf einen intravaskulären Herd (Endokarditis, septische Thrombose,<br />

infiziertes Aneurysma, infizierte Gefässprothese).<br />

Intermittierend: positive Blutkulturen nur zu Beginn der klinischen Symptome (evtl.<br />

Patient noch afebril); v.a. bei extravaskulären Infektionsherden wie z.B. einer<br />

Cholangitis oder einer Pyelonephritis.<br />

1.2. SIRS (systemic inflammatory response syndrome):<br />

Mindestens zwei der folgenden Entzündungszeichen:<br />

Temperatur >38°C (tympanal) oder 20/min, PaCO2<br />

< 4.25kPa/32mmHg, Tachykardie >90/min und Leukozyten >12x10 9 /L oder 10% stabkernige Neutrophile.<br />

1.3. Sepsis: SIRS mit dokumentiertem Infektfokus (klinisch oder mikrobiologisch)<br />

1.4. Schwere Sepsis (in-hospital-mortality ca. 30%):<br />

Sepsis mit Hypotension (BD syst. < 90mmHg oder Abfall 40mmHg) oder Zeichen einer<br />

Organdysfunktion: Oligurie < 0.5 ml Urin/kg KG in 1h bei liegendem Blasenkatheter oder<br />

Nierenersatzverfahren oder Kreatininanstieg > 0.5mg/dl, marmorierte Haut, kapilläre<br />

Reperfusion > 3s, arterielle Hypoxämie (PaO2/FiO2 1.5 oder aPTT > 60s),<br />

Thrombopenie (< 100'000/ml), kardiale Dysfunktion (Echokardiographie) Laktat ><br />

1mmol/L, neue Bewusstseinsstörung u/o abnormes EEG, Hyperbilirubinämie (><br />

70mmol/L).<br />

1.5. Septischer Schock (in-hospital-mortality ca. 50%):<br />

Schwere Sepsis mit Zeichen der Organminderperfusion und Hypotension (BD syst.<br />

< 90mmHg oder Abfall 40mmHg) trotz adäquater Rehydrierung (40-60ml/KG NaCl oder<br />

20-30ml/KG kolloidale Flüssigkeiten)<br />

oder: Vasoaktiva für Hypotonie und Zeichen der Organminderperfusion<br />

1.6. Multiorganversagen (MOF)<br />

Verminderte Organfunktion bei einem akut erkrankten Patienten, so dass die<br />

Homöostase nicht ohne Intervention erhalten werden kann (primär oder sekundär).<br />

2. Diagnostik/Fokusabklärung<br />

Da eine Sepsis empirisch möglichst gezielt behandelt werden soll, und da ein nicht<br />

sanierter Fokus die Prognose erheblich verschlechtern kann, ist die Suche des<br />

Primärherdes sehr wichtig.<br />

2.1. Anamnese/Status:<br />

Ausführliche Anamnese und vollständiger klinischer Status<br />

Juni <strong>2012</strong> 32


2.2. Infekt-Labor:<br />

- Blutkulturen, Urin-, Sputum-, ggf. Wundkulturen, Kulturen von Pleurapunktat, Ascites,<br />

Liquor, Gelenkspunktat.<br />

- Hautläsionen biopsieren (Gram, Kultur)<br />

- differenziertes Blutbild, CRP, Leber- und Nierenfunktion (Antibiotikadosierung)<br />

- evtl. Serologien gemäss klinischer Verdachtsdiagnose<br />

3. Therapie<br />

3.1. Allgemeines<br />

- optimale supportive Therapiemassnahmen<br />

- rascher Beginn einer empirischen Antibiotikatherapie<br />

- chirurgische Fokussanierung<br />

3.2. Antibiotika<br />

Bei Sepsis (SIRS-Kriterien s. Kapitel „Fieber“) sollte die antibiotische Therapie möglichst<br />

rasch empirisch eingeleitet und später gezielt angepasst werden. Die Prognose der<br />

Sepsis/septischen Schocks ist abhängig vom Zeitpunkt des Starts einer adäquaten<br />

Therapie.<br />

3.2.1. Checkliste vor Antibiotikatherapie<br />

Vor jeder Antibiotikatherapie sollten die folgenden Fragen gestellt werden:<br />

- Antibiotikum auf Grund der Klinik (Hinweis für bakteriellen Infekt) indiziert?<br />

- Mikrobiologische Diagnostik erfolgt?<br />

- Ist eine sofortige empirische Therapie notwendig, oder können die mikrobiologischen<br />

Resultate abgewartet werden?<br />

- Bestes Antibiotikum für empirische Therapie? (mögliche Erreger, Spektrum,<br />

Pharmakokinetik, Toxizität, Preis)<br />

- Synergistische Kombination nötig (z.B. Endokarditis)?<br />

- Zusatzprobleme (Immunsuppression)?<br />

- Verabreichung: Arzneimittelallergien, Applikationsart (i.v., p.o.), Dosis,<br />

Niereninsuffizienz, Dauer?<br />

- Fokussanierung notwendig?<br />

3.2.2. Richtlinien zur empirischen Infekttherapie<br />

Die untenstehenden Empfehlungen gelten primär für Patienten ohne vorbestehende<br />

antibiotische Therapie und ohne Niereninsuffizienz. Sollte bereits eine antibiotische<br />

Therapie bestehen, oder diese kurz zuvor abgeschlossen worden sein, muss dies bei der<br />

Wahl der Antibiotika berücksichtigt werden. Ebenso müssen bekannte Kolonisierungen<br />

mit multiresistenten Keimen (z.B. ESBL) beachtet werden.<br />

Die nachfolgend genannten Alternativtherapien für Patienten mit nicht-IgE vermittelter<br />

Penicillinallergie sind nicht anzuwenden bei Patienten mit Typ 1-Penicillinallergie<br />

(Anamnese von anaphylaktischer Reaktion, Bronchospasmus, Gesichts-/Hals-<br />

/Larynxödem). Bei Typ1-Penicillinallergie sollte die Antibiotikatherapie individualisiert<br />

und ggf. mit dem DA <strong>Infektiologie</strong> besprochen werden.<br />

Die nachfolgende Tabelle ist als kurze Übersicht zur empirischen Antibiotikatherapie<br />

gedacht, detaillierte Informationen finden sich in den entsprechenden <strong>Weissbuch</strong>kapiteln.<br />

Juni <strong>2012</strong> 33


Organsystem/Klinik Empirische Therapie Alternative<br />

(Penicillinunverträglichkeit, nicht Typ<br />

1-Allergie)<br />

Abdominale Infekte<br />

- ambulant erworben,<br />

hämodynamisch stabil<br />

- proximal bis Jejunum<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v<br />

oder Ceftriaxon 1x2g i.v.+ Metronidazol<br />

3x500mg i.v.<br />

Ceftriaxon 1x2gi.v. + Metronidazol<br />

3x500mg i.v/p.o.<br />

- distal (Ileum, Colon)<br />

Ceftriaxon 1x2g i.v.+ Metronidazol 3x500mg<br />

i.v.<br />

Ceftriaxon 1x2gi.v. + Metronidazol<br />

3x500mg i.v./p.o.<br />

- nosokomial oder<br />

hämoynamisch instabil<br />

Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v<br />

Meronem 3x1g i.v.<br />

Arthritis, septisch Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v Cefazolin 3x2g i.v.<br />

Encephalitis<br />

Zovirax 3x10mg/kg i.v. (bei Verdacht auf<br />

Herpesencephalitis)<br />

Endokarditis<br />

- Nativklappe<br />

- Prothesenklappe<br />

- < 1 Jahr postoperativ<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 4x2.2g i.v.+<br />

Gentamicin 1x3mg/kg i.v.<br />

Vancomycin 2x15mg/kg i.v.+ Gentamicin<br />

2x1.5mg/kg i.v.+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />

Cefazolin 3x2g i.v.+ Gentamicin 1<br />

1x3mg/kg i.v.<br />

Vancomycin 2x1g i.v.+ Gentamicin<br />

1x3mg/kg i.v.+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />

- > 1 Jahr postoperativ wie Nativklappe + Rifampicin 2x600mg i.v. wie Nativklappe + Rifampicin 2x600mg<br />

i.v.<br />

Erysipel/Weichteilinfekt Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v. Cefazolin 3x2g i.v., evtl. Clindamycin<br />

3x600mg po bei wenig ausgeprägtem<br />

Fieber in Neutropenie ohne<br />

Fokus (< 500 Neutrophile)<br />

Hirnabszess<br />

- ohne Operation/Trauma<br />

- nach Trauma<br />

- nach Operation<br />

Meningitis, bakteriell<br />

- bei Auslandanamnese<br />

Nekrotisierende Faszitis<br />

Pneumonie:<br />

- Aspiration und CAP<br />

(schwere CAP)<br />

Cefepim 3 x 2g i.v. + Amikacin 1x15mg/kg<br />

(max. 1g/d)<br />

Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v +<br />

Amikacin 1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />

Ceftriaxon 2x2g i.v.+ Metronidazol<br />

4x7.5mg/kg i.v. (max. 4g/d)<br />

Ceftriaxon 2x2g i.v.+ Rifampicin 2x600mg<br />

i.v.<br />

Meropenem 3x2g i.v.<br />

Ceftriaxon 2x2g i.v.<br />

± Amoxicillin 6x2g i.v.<br />

evtl. + Vancomycin 2x1g i.v.<br />

Imipenem 4x500mg i.v. + Clindamycin<br />

3x900mg i.v.<br />

Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v +<br />

Clindamycin 3x900mg i.v.<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2-2.2g i.v<br />

(+ Clarithromycin 2x500mg)<br />

Befund<br />

Cefepim 3 x 2g i.v. + Amikacin<br />

1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />

Meropenem 3x2g i.v.<br />

Meropenem 3x2g i.v.<br />

Meropenem 3x2g i.v.<br />

Vancomycin 2x1g i.v. und Rücksprache<br />

mit DA <strong>Infektiologie</strong><br />

Imipenem 4x500mg i.v. + Clindamycin<br />

3x900mg i.v.<br />

Ceftriaxon 1x2g für CAP<br />

Ceftriaxon 1x2g i.v. + Metronidazol<br />

3x500mg i.v./p.o. (bei Aspiration)<br />

- hospital acquired < 6 d<br />

- hospital acquired > 6 d<br />

und VAP<br />

Sepsis ohne Fokus<br />

- ambulant erworben<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2-2.2g i.v.<br />

Piperacillin/Tazobactam 3x4.5.g i.v.<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v.<br />

± Amikacin 1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />

Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />

Cefepim 2x2g i.v.<br />

Cefepim 2x2g i.v.<br />

- nosokomial erworben Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v<br />

Cefepim 3x2g i.v.<br />

Urosepsis Ceftriaxon 1x2g i.v. Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />

Juni <strong>2012</strong> 34


4. Literatur<br />

1. American College of Chest Physicians/Society of Critical Care Medicine Consensus<br />

Conference Committee: Definitions for sepsis and organ failure and guidelines for<br />

the use of innovative therapies in sepsis. Crit Care Med 20:864-874, 1992<br />

2. Annane D, Bellisant E and Cavaillon JM: Septic shock. Lancet 365:63-78, 2005<br />

3. Bochud PY, Glauser MP and Calandra T: Antibiotics in sepsis. Int Care Med 27:S33-<br />

S48, 2001<br />

4. Rivers E, Nguyen B, Havstad S et al: Early goal-directed therapy in the treatment of<br />

severe sepsis and septic shock. N Engl J Med 345:1368-1377, 2001<br />

5. Dellinger RP, Vincent JL: Surviving Sepsis Campaign: International guidelines for<br />

management of severe sepsis and septic shock: 2008. Intensive Care Med 34:17–<br />

60, 2008<br />

Juni <strong>2012</strong> 35


Diagnose und Therapie der infektiösen Endokarditis (IE)<br />

1. Keimidentifikation<br />

Mindestens 3 x 2 Blutkulturen (BK) entnehmen aus peripherer Vene<br />

Akute Endokarditis:<br />

Entnahme der BK über ca. 30 Minuten verteilt (rasche<br />

empirische Therapie indiziert)<br />

Subakute Endokarditis:<br />

Entnahme der BK nach 0, 2 und 4 Stunden; falls<br />

klinisch vertretbar nach 12 Stunden<br />

Vorgängige Antibiotikatherapie: Antibiotika Stopp falls klinisch vertretbar, dann<br />

Entnahme von 5-10 BK über mehrere Tage verteilt<br />

Wichtig:<br />

Vermerk „Endokarditisverdacht“ auf Formular für Mikrobiologielabor (längere<br />

Bebrütungszeit, spezielle Subkulturen)<br />

Bei Streptokokken Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) für Penicillin<br />

G, bei Enterokokken Ausschluss einer high level-Resistenz gegen Gentamicin und<br />

Streptomycin.<br />

Mögliche Diagnostik bei Kultur-negativer IE:<br />

Serologien: Coxiella burnetii (Phase I IgG), Bartonella spp., Brucella spp.,<br />

Chlamydophila spp. und Mycoplasma spp.<br />

Isolatorblutkulturen: für spezifische, nicht auf üblichen Nährmedien wachsende Keime<br />

(speziell verlangen)<br />

2. Diagnose der IE mittels modifizierter Duke-Kriterien<br />

Major Kriterien<br />

1. Positive Blutkulturen:<br />

2 sep. BK, beide positiv für typischen<br />

IE-assoziierten Keim* oder<br />

persistierend pos BK: 2 mehr als 12h<br />

auseinander, oder 3 hintereinander,<br />

oder die Mehrheit von mind. 4 BK<br />

abgenommen über 1h<br />

2. Evidenz für endokardiale Beteiligung:<br />

- ECHO: Vegetationen auf Klappenapparat<br />

oder implantiertem<br />

Material, perivalvulärer Abszess,<br />

neue Dehiszenz Kunstklappe<br />

- neues Insuffizienz-Geräusch<br />

3. Positive Q-Fieber Serologie<br />

(antiphase I IgG > 1:800) oder<br />

einzelne BK pos. für Coxiella burnetii<br />

Minor Kriterien<br />

1. Prädisposition: Kunstklappe, Valvulopathie,<br />

IVDU<br />

2. Fieber > 38°C<br />

3. vaskuläre Phänomene: art. Embolien,<br />

mykot. Aneurysma, Janeway, intrakranielle<br />

od. Bindehaut Hämorrhagien<br />

4. Immunologische Phänomene:<br />

Glomerulonephritis, Osler-Knötchen,<br />

Petechien, pos. Rheumafaktor, Roth spot<br />

5. einzelne BK pos. mit typischem Keim o.<br />

serol. Evidenz für aktive Infektion mit<br />

kompatiblem Keim<br />

* Viridans-Streptokokken, S. aureus, S. gallolyticus/S. infantarius (früher S. bovis), HACEK-<br />

Gruppe oder Enterokokken (Enterokokken falls kein primärer Fokus und ambulant erworben)<br />

Definitive IE: 2 Major, oder 1 Major und 3 Minor, oder 5 Minorkriterien<br />

Mögliche IE: 1 Major und 1 Minor, oder 3 Minorkriterien<br />

Juni <strong>2012</strong> 36


2.1. Echokardiographie<br />

• Indikation nur bei positiven Blutkulturen oder nach infektiologischem Konsil<br />

• Transthorakale oder transösophageale Echokardiographie:<br />

Quelle: Eur Heart J 2009;30:2379<br />

3. Antibiotikatherapie der IE<br />

<br />

<br />

Antibiotika-Dosierungsangaben gelten für normale Kreatinin-Clearance → für<br />

Dosisanpassung bei reduzierter Kreatinin-Clearance siehe Kapitel „Anpassung der<br />

Dosis bei Niereninsuffizienz“.<br />

Penicillinallergie:<br />

- Soforttyp (Coombs-Typ I): Urticaria, Angioödem, Bronchospasmus, Anaphylaxie<br />

- Spättyp (Coombs-Typ II-IV): Zytopenie, Serumkrankheit, Exanthem, interstitielle<br />

Nephritis, Hepatitis<br />

3.1. Empirische Antibiotikatherapie der IE<br />

Situation Häufigste Erreger Empirische Therapie Evidenz<br />

Nativklappen (NVE)<br />

S. aureus, Viridans-<br />

Streptokokken 1<br />

Penicillinallergie<br />

a) Spättyp<br />

b) Soforttyp<br />

Kunstklappen (PVE)<br />

< 1 Jahr postoperativ Koagulase-negative<br />

Staphylokokken, S.<br />

aureus<br />

> 1 Jahr postoperativ S. aureus, koagulaseneg.<br />

Staphylokokken,<br />

Viridans-Streptokokken,<br />

Enterokokken<br />

1<br />

2<br />

3<br />

S. aureus 31%, Streptokokken 29%, Enterokokken 11% (JAMA 2005)<br />

Enterokokken und HACEK nicht abgedeckt<br />

Rationale: je früher Rifampicin-Gabe, desto weniger Biofilm-Bildung<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

4x2.2g i.v. + Gentamicin<br />

1x3mg/kg<br />

a) Cefazolin 2 3x2g i.v. +<br />

Gentamicin 1x3mg/kg<br />

b) Vancomycin 2x15mg/kg i.v.<br />

+ Gentamicin 1x3mg/kg<br />

Juni <strong>2012</strong> 37<br />

IIb C<br />

IIb C<br />

IIb C<br />

Vancomycin 2x15mg/kg i.v. + IIb C<br />

Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.<br />

+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />

wie für NVE<br />

Rifampicin 2x600mg i.v. 3<br />

+


3.2. Gezielte Therapie der IE<br />

3.2.1. Therapie der NVE und PVE mit Viridans-Streptokokken und S. gallolyticus/<br />

S. infantarius, Penicillin-sensibel (MHK < 0.125 µg/ml a )<br />

2<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Penicillin G<br />

oder<br />

Ceftriaxon<br />

Penicillin G<br />

oder<br />

Ceftriaxon<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

4x5 Mio E i.v.<br />

1x2g i.v.<br />

4x5 Mio E i.v.<br />

1x2g i.v.<br />

1x3mg/kg i.v.<br />

4-6 Wochen<br />

2 Wochen<br />

2 Wochen<br />

IB<br />

IB<br />

IB<br />

4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

Nicht bei PVE,<br />

Niereninsuffizienz,<br />

perivalvulärem<br />

Abszess, septischen<br />

Embolien, S. milleri-<br />

Gruppe b<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp 2<br />

Vancomycin 1 2x1g i.v. 4-6 Wochen IC 4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

1<br />

Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />

Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />

in Analogie zu publizierten Guidelines, nicht kongruent mit EUCAST (MHK < 0.25 µg/ml = S<br />

S.anginosus, S. constellatus, S. intermedius<br />

a<br />

b<br />

3.2.2. Therapie der NVE und PVE mit Viridans-Streptokokken und S. gallolyticus/<br />

S. infantarius, relative Penicillinresistenz (MHK 0.125 - 2 µg/ml) und mit nutritionally<br />

variant streptococci (Abiotrophia spp., Granulicatella spp.)<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Penicillin G 4x5 Mio E i.v.<br />

oder<br />

Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />

+<br />

Gentamicin 1 1x3mg/kg i.v.<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp 2<br />

Vancomycin 1<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

2x1g i.v.<br />

1x3mg/kg i.v.<br />

4-6 Wochen<br />

2 Wochen<br />

4-6 Wochen<br />

2 Wochen<br />

IB<br />

IC<br />

4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

1<br />

2<br />

Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />

Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />

Juni <strong>2012</strong> 38


3.2.3. Therapie der NVE und PVE mit S. pneumoniae und mit β-hämolysierenden<br />

Streptokokken (S. pyogenes und Streptokokken der Gruppen B, C und G)<br />

Penicillin G 4x5 Mio E i.v. oder Ceftriaxon 1x2g i.v. für 4 Wochen (NVE) bzw. 6<br />

Wochen (PVE)<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp: Vancomycin 2x1g für 4 Wochen (NVE) bzw. 6<br />

Wochen (PVE); Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />

Streptokokken der Gruppe B: können eine relative Penicillinresistenz aufweisen →<br />

wenn Penicillin-MHK ≥ 0.125 µg/ml, zusätzlich Gentamicin 1x3mg/kg i.v. während der<br />

ersten 2 Wochen<br />

3.2.4. Therapie der NVE mit Staphylokokken<br />

1<br />

2<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Flucloxacillin<br />

+<br />

Gentamicin<br />

6x2g i.v.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

Penicillinallergie vom Spättyp<br />

Cefazolin 3x2g i.v.<br />

+<br />

Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.<br />

4 Wochen<br />

3-5 Tage<br />

4 Wochen<br />

3-5 Tage<br />

IB<br />

IB<br />

Falls sensibel,<br />

Penicillin G 4x5 Mio<br />

E i.v. anstelle von<br />

Flucloxacillin<br />

Gentamicin-Gabe<br />

fakultativ 1<br />

Gentamicin-Gabe<br />

fakultativ 1<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp oder Oxacillin-resistente Staphylokokken<br />

Vancomycin 2<br />

+<br />

Gentamicin<br />

2x1g i.v.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

4 Wochen<br />

3-5 Tage<br />

Benefit nicht erwiesen, potentiell nephrotoxisch<br />

Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Ziel 10-15 mg/L)<br />

3.2.5. Therapie der PVE mit Staphylokokken<br />

1<br />

IB<br />

Gentamicin-Gabe<br />

fakultativ 1<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Flucloxacillin<br />

+<br />

Rifampicin<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

6x2g i.v.<br />

2x600mg i.v./p.o.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

Gaben<br />

Penicillinallergie vom Spättyp<br />

Cefazolin<br />

+<br />

Rifampicin<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

3x2g i.v.<br />

2x600mg i.v./p.o.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

6 Wochen<br />

6 Wochen<br />

2 Wochen<br />

6 Wochen<br />

6 Wochen<br />

2 Wochen<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp oder Oxacillin-resistente Staphylokokken<br />

Vancomycin 1 2x1g i.v.<br />

6 Wochen IB<br />

+<br />

Rifampicin 2x600mg i.v./p.o. 6 Wochen<br />

+<br />

Gentamicin 1 2x1.5mg/kg i.v. 2 Wochen<br />

Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />

IB<br />

IB<br />

Juni <strong>2012</strong> 39


3.2.6. Rechtsherzendokarditis mit S. aureus (nicht PM-/ICD-assoziiert)<br />

i.a. bei i.v. Drogenabusus oder als Komplikation einer ZVK-Sepsis<br />

2-wöchige Therapie mit Flucloxacillin 6x2 g i.v. (oder Penicillin 4x5 Mio E i.v.<br />

falls sensibel) +/- Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.. (fakultativ) möglich falls:<br />

- S. aureus Oxacillin-sensibel<br />

- gutes Therapieansprechen<br />

- keine septischen Foci ausserhalb der Lunge<br />

- kein Rechtsherzversagen, keine respiratorische Insuffizienz<br />

- Vegetation < 20mm, kein perivalvulärer Abszess<br />

- keine Kunstklappe, keine zusätzliche Linksherzendokarditis<br />

- keine schwere Immunsuppression (HIV: CD4 < 200)<br />

Falls nicht alle Kriterien erfüllt: Therapie wie Linksherzendokarditis<br />

Bei septischen Lungenabszessen p.o. Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure oder<br />

Clindamycin im Anschluss an i.v. Therapie solange bis Lungenabszesse radiologisch<br />

<br />

nicht mehr nachweisbar<br />

Falls Patient nicht im Spital bleiben will: p.o. Therapie mit Ciprofloxacin 2x750mg und<br />

Rifampicin 2x450mg (2x450mg anstatt 2x600mg wegen geringerer Tablettenmenge)<br />

für 4 Wochen – CAVE: Interaktion Rifampicin mit Methadon, CAVE: Compliance!<br />

Penicillinallergie vom Spättyp: siehe 3.2.4<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp oder MRSA: Daptomycin 6mg/kg/24h für 4<br />

Wochen (nur für Rechtsherzendokarditis zugelassen) oder Ciproxin + Rifampicin<br />

(s.o.)<br />

3.2.7. Therapie der NVE und PVE mit Enterokokken, sensibel auf Pencillin und auf<br />

Gentamicin (high level)<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Amoxicillin<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

6x2g i.v.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

Penicillinallergie vom Spättyp und Soforttyp<br />

Vancomycin 1<br />

+<br />

Gentamicin 1<br />

2x1g i.v.<br />

2x1.5mg/kg i.v.<br />

4-6 Wochen<br />

4-6 Wochen<br />

6 Wochen<br />

6 Wochen<br />

IB<br />

4 Wochen: NVE<br />

mit Symptomen<br />

3 Monate, PVE<br />

1<br />

Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L).<br />

Audiogramm baseline und nach 4 Wochen<br />

3.2.8. Therapie der NVE und PVE mit Erregern der HACEK-Gruppe<br />

(Haemophilus, Aggregatibacter, Cardiobacterium, Eikenella, Kingella)<br />

AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />

Ceftriaxon 1x2g i.v. 4-6 Wochen IB 4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

IC<br />

Penicillinallergie vom Soforttyp<br />

Ciprofloxacin<br />

2x400mg i.v.<br />

oder<br />

2x500mg p.o.<br />

4-6 Wochen IIC 4 Wochen: NVE<br />

6 Wochen: PVE<br />

Juni <strong>2012</strong> 40


4. OPAT (= outpatient antibiotic therapy) für Linksherzendokarditis<br />

(Rechtsherzendokarditis siehe 3.2.6), immer nach Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>:<br />

Behandlungsphase<br />

Kritische Phase<br />

(Woche 0-2)<br />

Kontinuitätsphase<br />

(> 2 Wochen)<br />

Grundsatz<br />

Empfehlungen<br />

Komplikationen zu erwarten<br />

Hospitalisation empfohlen<br />

OPAT: falls Viridansstreptokokken, Patient stabil, keine<br />

Komplikationen<br />

OPAT: wenn Patient stabil<br />

Kontraindikation: Herzinsuffizienz, fokal neurologische<br />

Zeichen, Niereninsuffizienz, Verschlechterung des ECHO-<br />

Befundes<br />

Nur auf MedPol, keine Heiminfusionen empfohlen<br />

Regelmässige ärztliche Kontrollen (1-2x/Wo)<br />

5. Kommentare<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Jede bakterielle Endokarditis sollte mit dem infektiologischen Konsiliardienst<br />

besprochen werden, da Fehler in der Therapie Konsequenzen auf die Morbidität und<br />

Mortalität haben<br />

Fokussuche (z.B. bei IE mit Viridans-Streptokokken OPT mit Frage nach<br />

Zahngranulom/-Abszess, bei IE mit S. gallolyticus/S. infantarius Koloskopie mit Frage<br />

nach Kolonkarzinom)<br />

Überwachungsblutkulturen: 2 Tage nach Beginn einer adäquaten Therapie; 2 und<br />

4 Wochen nach stopp der Therapie<br />

An Interaktion Rifampicin mit Marcoumar denken → engmaschige INR-Kontrolle<br />

(erhöhtes Blutungsrisiko)<br />

Bei längerer Gabe (> 1 Woche) von Gentamicin oder Vancomycin: erstmalige<br />

Messung Serum-Talspiegel nach 48 Stunden → sobald im Zielbereich, Messung<br />

1x/Woche (für Dosisanpassung siehe Kapitel Dosisanpassung bei<br />

Niereninsuffizienz).<br />

Verlaufs-Echokardiographie: sofort bei Auftreten eines neuen Symptoms (z.B.<br />

Herzinsuffizienz, neues Herzgeräusch, neuer Leitungsblock) oder bei<br />

persistierendem Fieber/CRP; bei unkompliziertem Verlauf am Ende der<br />

Antibiotikatherapie<br />

Nach durchgemachter Endokarditis: Endokarditisprophylaxe → Ausweis mitgeben<br />

effektive Tage werden gezählt ab 1. Tag mit negativer BK (Voraussetzung, mind. 1x2<br />

BK im Abstand von 24-48h entnommen, bis negativ)<br />

Rifampicin-Gabe bei frühzeitigem Klappenersatz bei S. aureus IE: Diskrepanz<br />

zwischen AHA 2005 und ESC 2009 Guidelines: grundsätzlich postoperative<br />

Therapie wie für PVE, d.h. Zugabe von Rifampicin unabhängig davon ob Kultur<br />

Klappenbiopsie positiv wird.<br />

6. Endokarditisprophylaxe gemäss Schweizerischer Herzstiftung:<br />

6.1. Herzfehler, die eine antibiotische Endokarditisprophylaxe benötigen1:<br />

1. Nach Klappenersatz (mechanische oder biologische Prothese oder Homograft)<br />

2. Nach durchgemachter Endokarditis<br />

3. Mit/nach rekonstruierten Herzklappen<br />

a. unter Verwendung von Fremdmaterial für die Dauer von 6 Monaten nach<br />

Intervention<br />

b. mit paravalvulärem Leck<br />

Juni <strong>2012</strong> 41


4. Angeborene Vitien:<br />

a. unkorrigierte zyanotische Vitien sowie mit palliativem aortopulmonalem Shunt<br />

oder Conduit<br />

b. korrigierte Vitien mit implantiertem Fremdmaterial während den ersten 6 Monaten<br />

nach Implantation<br />

c. korrigierte Vitien mit Residualdefekten an oder nahe bei prothetischen Patches<br />

oder Prothesen<br />

d. Ventrikelseptumdefekt und persistierender Ductus arteriosus<br />

5. Nach Herztransplantation mit neu aufgetretener Valvulopathie<br />

1 Weiterführende Erklärungen in Flückiger U., Jaussi A. Kardiovaskuläre Medizin 2008;11(12):392-400<br />

6.2. Prophylaxe nach Organsystem: erste orale (60 Minuten) oder parenterale Dosis<br />

(30 – 60 Minuten) vor Intervention<br />

Organsystem Prozedere, Eingriff Standard Penicillinallergie<br />

A. Zähne, Kiefer Manipulationen des<br />

gingivalen Sulcus oder der<br />

Amoxicillin 2g po oder iv<br />

(Einzeldosis)<br />

Spättyp:<br />

Cefuroxim-Axetil 1g po<br />

periapikalen Region der<br />

Zähne<br />

Cefazolin<br />

oder Ceftriaxon<br />

1g iv<br />

2g iv<br />

B. Respirationstrakt<br />

(ORL)<br />

Perforation der oralen<br />

Schleimhaut<br />

Operation bei Infektion 3<br />

Tonsillektomie oder<br />

Adenektomie<br />

Inzision der Mukosa oder<br />

Biopsieentnahme<br />

Operation bei Infektion 3<br />

Endoskopien mit/ohne<br />

Biopsie, ohne Vorliegen<br />

einer Infektion<br />

Elektive chirurgische<br />

Abdominaleingriffe 4<br />

Endoskopien mit/ohne<br />

Biopsie oder Operationen<br />

mit Vorliegen einer<br />

Infektion<br />

Soforttyp:<br />

Clindamycin 600mg<br />

po oder iv<br />

Vancomycin 1g iv<br />

Therapie wie unter C. Dosis und Dauer<br />

entsprechend Infektion<br />

Amoxicillin 2g po oder iv Spättyp:<br />

(Einzeldosis)<br />

Cefuroxim-Axetil 1g po<br />

oder<br />

Cefazolin 1g iv<br />

oder Ceftriaxon 2g iv<br />

Soforttyp:<br />

Clindamycin<br />

po oder iv oder<br />

Vancomycin<br />

Therapie wie unter C. Dosis und Dauer<br />

entsprechend Infektion<br />

Keine Prophylaxe<br />

C. Gastrointestinaltrakt<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

2.2g iv<br />

(Einzeldosis)<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

2.2g iv oder<br />

Piperacillin/Tazobactam<br />

4.5g iv<br />

600mg<br />

1g iv<br />

Spät- oder Soforttyp:<br />

Vancomycin 1g iv +<br />

Aminoglykosid (oder<br />

Ciprofloxacin)<br />

+ Metronidazol<br />

Spät- oder Soforttyp:<br />

Vancomycin 1g iv +<br />

Aminoglykosid (oder<br />

Ciprofloxacin)<br />

+ Metronidazol<br />

Juni <strong>2012</strong> 42


E. Haut und<br />

Diverses<br />

Elektive Eingriffe 5 bei<br />

sterilem Urin und<br />

gynäkologische<br />

Interventionen ohne<br />

Vorliegen einer Infektion<br />

Eingriffe bei<br />

Harnwegsinfektion 6<br />

Gynäkologische<br />

Intervention bei Vorliegen<br />

einer Infektion 6<br />

Inzision von Furunkeln<br />

oder Abszessen<br />

Keine Prophylaxe<br />

D. Urogenitaltrakt<br />

und gynäkologische<br />

Interventionen<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

2.2g iv oder<br />

Piperacillin/Tazobactam<br />

4.5g iv<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

2.2g iv oder<br />

Piperacillin/Tazobactam<br />

4.5g iv<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

2g po oder 2.2g iv<br />

Dosis und Dauer<br />

entsprechend Infektion<br />

Spät- oder Soforttyp:<br />

Vancomycin 1g iv +<br />

Aminoglykosid (oder<br />

Ciprofloxacin)<br />

Spät- oder Soforttyp:<br />

Vancomycin 1g iv +<br />

Aminoglykosid (oder<br />

Ciprofloxacin)<br />

+ Metronidazol<br />

Spättyp:<br />

Cefuroxim-Axetil 1g po<br />

oder Cefazolin 2g iv<br />

Soforttyp:<br />

Clindamycin<br />

po oder iv oder<br />

Vancomycin<br />

600mg<br />

1g iv<br />

3 Bei Drainage von Abszessen oder eines Pleuraempyems soll die antibiotische Therapie der Infektion ein Antibiotikum mit<br />

Wirksamkeit gegen die wahrscheinlichsten Erreger (Viridans-Streptokokken, S. aureus) enthalten.<br />

4 z.B. Cholezystektomie, Sigmaresektion, Appendektomie, benötigen für Prophylaxe ein Antibiotikum mit Aktivität gegen<br />

Enterokokken<br />

5<br />

z.B. Prostatachirurgie, Zystoskopie, urethrale Dilatation<br />

6 Endokarditis-Prophylaxe und anschliessende Therapie mit Antibiotikum mit Aktivität gegen Enterokokken, bei gynäkologischem<br />

Eingriff und Infektion zusätzlich Anaerobier abdecken<br />

7. Literatur<br />

1. Habib G et al.: Guidelines on the Prevention, Diagnosis and Treatment of Infective<br />

Endocarditis. European Society of Cardiology, endorsed by the European Society of<br />

Clinical Microbiology and Infectious Diseases and by the International Society of<br />

Chemotherapy for Infection and Cancer. Eur Heart J 2009;30:2369-2413<br />

2. Baddour LM et al.: Infective Endocarditis: Diagnosis, Antimicrobial Therapy and<br />

Management of Complications. Guidelines of the Infectious Diseases Society of<br />

America.<br />

Circulation 2005;111: e394-e434<br />

3. Li JS et al.: Proposed Modifications to the Duke Criteria for the Diagnosis of Infective<br />

Endocarditis. Clin Inf Dis 2000;30:633-8<br />

4. Moreillon P et al.: Infective Endocarditis. Lancet 2004;363:139-148<br />

5. Cosgrove S et al.: Initial Low-Dose Gentamicin for Staphylococcus aureus<br />

Bacteremia and Endocarditis Is Nephrotoxic. Clin Inf Dis 2009;48:713-721<br />

6. Fowler VG et al. Daptomycin versus Standard Therapy for Bacteremia and<br />

Endocarditis Caused by Staphylococcus aureus. N Engl J Med 2006;355:653-665<br />

Juni <strong>2012</strong> 43


Diagnose und Therapie bei Harnwegsinfekt (HWI)<br />

1. Definitionen: (nach IDSA Ref. 9)<br />

1.1. Urosepsis:<br />

- Harnwegsinfekt (Dysurie, Pollakisurie, Flankenschmerz, Pyurie, d.h. 40 Lc / GF)<br />

- und SIRS, d.h. 2 der folgenden Kriterien:<br />

Kerntemperatur > 38.5°C oder < 36°C<br />

Herzfrequenz > 90/min<br />

Atemfrequenz > 20/min<br />

Lc > 12'000/ul, < 4'000/ul oder > 10% Stabkernigen<br />

(CAVE: bei älteren Patienten können die typischen HWI-Symptome fehlen).<br />

1.2. Signifikante Bakteriurie bei Erwachsenen:<br />

- 10 3 uropathogene Keime / ml Mittelstrahlurin (bei passender Klinik und Pyurie)<br />

1.3. Unkomplizierte HWI:<br />

- Infektion in strukturell und neurologisch normalen Harnwegen<br />

1.4. Komplizierte HWI:<br />

- Infektion in Harnwegen mit funktionellen oder strukturellen Anomalien (inkl. Liegenden<br />

Kathetern oder Steine)<br />

- HWI bei Männern, Schwangeren, Kindern, schwerer Immunsupprimierten<br />

1.5. Asymptomatische Bakteriurie:<br />

- Frauen: 10 5 KBE/ml des gleichen Erregers isoliert aus 2 konsekutiven<br />

Mittelstrahlurin-Proben oder Isolierung von 10 2 KBE/ml eines Erregers aus einem<br />

1x Katheterurin ohne Klinik.<br />

- Männer: 10 5 KBE/ml eines Erregers isoliert aus einer Mittelstrahlurin-Probe oder<br />

Isolierung von 10 2 KBE/ml eines Erregers aus einem Katheterurin.<br />

1.6. Akute Pyelonephritis:<br />

- Klinisches Syndrom charakterisiert durch Flankenschmerzen und/oder Klopfdolenz<br />

der Nierenlogen, Fieber und oft Dysurie und Pollakisurie + signifikante Bakteriurie<br />

1.7. Zystitis:<br />

- Klinisches Syndrom charakterisiert durch Dysurie und Pollakisurie, oft mit<br />

Blasenschmerzen + signifikante Bakteriurie<br />

2. Diagnostik<br />

- Urinstatus und Urinkultur: möglichst ohne Kontamination gewonnen (BAG-Richtlinien,<br />

Kapitel II.6, S 119-121) (ggf. Einmalkatheterisierung erwägen).<br />

- Bei V.a. Urosepsis: Blutkulturen (CAVE: ältere Patienten können trotz Urosepsis<br />

afebril sein: in diesen Fällen müssen Blutkulturen trotz fehlendem Fieber entnommen<br />

werden!)<br />

- N.B.: Patienten mit Langzeit-Blasenkathetern haben immer eine Bakteriurie und meist<br />

eine Pyurie. Andere Infektionen als Ursache der Sepsis sind deshalb<br />

auszuschliessen.<br />

Juni <strong>2012</strong> 44


3. Empirische Therapie der verschiedenen Gruppen der Harnwegsinfektion (HWI)<br />

Krankheitsgruppe<br />

Akuter unkomplizierter HWI bei der<br />

Frau<br />

Rezidivierender HWI bei der Frau 1<br />

Akute Pyelonephritis bei der nicht<br />

schwangeren Frau und HWI bei<br />

Männern 2<br />

Akute Pyelonephritis in der<br />

Schwangerschaft 4<br />

Empirische Therapie<br />

(Anpassung je nach Keim und Antibiogramm)<br />

3 Tage p.o.<br />

- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />

oder<br />

- Norfloxacin 2x400mg<br />

7-10 Tage p.o.<br />

- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />

oder<br />

- Norfloxacin 2x400mg<br />

10-14 Tage (i.v. oder p.o)<br />

- Ceftriaxon 1x2g i.v. oder<br />

- Ciprofloxacin 2x500mg p.o. 3 oder<br />

- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />

oder<br />

- Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2g i.v.<br />

oder 3x625mg p.o.<br />

10-14 Tage<br />

- Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />

- Amoxicillin 4x2g i.v. ± Aminoglykosid i.v.<br />

- Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2g i.v.<br />

oder 3x625mg p.o.<br />

- Cefuroxim-Axetil 2x500mg p.o.<br />

HWI bei Langzeitkatheterträgern 5<br />

Asymptomatische Bakteriurie<br />

10-14 Tage<br />

- Ciprofloxacin 2x500mg p.o<br />

- Ceftriaxon 1x2 g i.v.<br />

Bei Verdacht auf Pseudomonas aeruginosa:<br />

- Cefepime 2x2g i.v.<br />

3-7 Tage Therapie nur bei Schwangerschaft vor<br />

urologischen Eingriffen und bei schweren<br />

Immunsupprimierten; Antibiotika je nach Keim<br />

Alle Dosisangaben basieren auf einer normalen Nierenfunktion.<br />

1<br />

Bei ca. 20% der Frauen nach initialer Episode;<br />

falls >3 Episoden pro Jahr: prophylaktische Behandlung entweder postkoital (1x160/800mg<br />

Trimethoprim/Sulfamethoxazol), falls HWI mit Geschlechtsverkehr verbunden oder<br />

3-Tage-Selbstbehandlung mit Standardtherapie bei Beginn der Symptome oder<br />

6-monatige Prophylaxe mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol 40/200mg (= ½ Tbl. Bactrim) oder<br />

Nitrofurantoin 100mg (Furadantin retard) oder<br />

Norfloxacin 200mg oder Trimethoprim 200mg pro Tag<br />

Cranberry juice (Johannisbeersaft) 1x300ml/tgl. bis 3x250ml oder 2x1 Kps.<br />

2<br />

Orale Therapie möglich bei gutem Allgemeinzustand. Hospitalisation und intravenöse Therapie<br />

nötig bei Erbrechen oder schlechtem Allgemeinzustand.<br />

3 Ciprofloxacin für 7 Tage (Ref. 5)<br />

4<br />

Hospitalisation empfohlen, intravenöse Therapie bis Fieberfreiheit, dann Wechsel auf orale<br />

Therapie.<br />

5<br />

Behandlung nur von symptomatischen Episoden; asymptomatische Bakteriurie: Behandlung nur<br />

nach Entfernung des Katheters empfohlen.<br />

Juni <strong>2012</strong> 45


4. Literaturverzeichnis<br />

1. Echols RM, Tosiello RL, Haverstock DC, Tice AD. Demographic, clinical, and<br />

treatment parameters influencing the outcome of acute cystitis. Clin Infect Dis<br />

1999;29:113-9<br />

2. Mombelli G, Pezzoli R, Pinoja-Lutz G, Monotti R, Marone C, Franciolli M. Oral vs<br />

intravenous ciprofloxacin in the initial empirical management of severe pyelonephritis<br />

or complicated urinary tract infections: a prospective randomized clinical trial. Arch<br />

Intern Med 1999;159:53-8<br />

3. Naber KG, Bergman B, Bishop MC et al. EAU guidelines for the management of<br />

urinary and male genital tract infections. Urinary Tract Infection (UTI) Working Group<br />

of the Health Care Office (HCO) of the European Association of Urology (EAU). Eur<br />

Urol 2001;40:576-88<br />

4. Nicolle LE, Bradley S, Colgan R et al. Infectious Diseases Society of America<br />

Guidelines for the diagnosis and treatment of asymptomatic bacteriuria in adults. Clin<br />

Infect Dis 2005;40:643-54.<br />

5. Talan DA, Stamm WE, Hooton TM et al. Comparison of ciprofloxacin (7 days) and<br />

trimethoprim-sulfamethoxazole (14 days) for acute uncomplicated pyelonephritis in<br />

Women. A randomized trial. JAMA 2000;283:1583-90<br />

6. Vazquez JC, Villar J. Treatments for symptomatic urinary tract infections during<br />

pregnancy. Cochrane 2000. Database<br />

7. Villar J, Lydon-Rochelle MT, Gulmezoglu AM, Roganti A. Duration of treatment for<br />

asymptomatic bacteriuria during pregnancy. Cochrane 2000. Database<br />

8. Warren JW. Catheter-associated urinary tract infections. Infect Dis Clin North Am<br />

1997;11:609-22<br />

9. Warren J, Abrutyn WE, Hebel JR, Johnson JR, Schaeffer AJ, Stamm WE. Guidelines<br />

for antimicrobial treatment of uncomplicated acute bacterial cystitis and acute<br />

pyelonephritis in women. Infectious Diseases Society of America (IDSA). Clin Infect<br />

Dis 1999;29:745-58<br />

10. Stothers L. A randomized trial to evaluate effectiveness and cost effectiveness of<br />

naturopathic cranberry products as prophylaxis against urinary tract infection in<br />

women. Can J Urol 2002 Jun;9(3):1558-62<br />

Juni <strong>2012</strong> 46


Ambulant erworbene Pneumonie<br />

1. Allgemeines<br />

Ausserhalb des Spitals erworbene Pneumonien werden am häufigsten durch<br />

Pneumokokken (40-50%) verursacht, gelegentlich (5-10%) durch Haemophilus influenza,<br />

Mycoplasma pneumonia, Enterobacteriaceae und respiratorische Viren, selten durch<br />

(4 Tage<br />

- Dyspnoe / Tachypnoe<br />

- neuer fokaler klinischer Lungenbefund<br />

Zudem keine andere offensichtliche Ursache der Beschwerden.<br />

Definitiv: Neben Klinik zusätzlich Infiltrat im Röntgen des Thorax<br />

3. Diagnostik<br />

3.1. Ambulante Patienten: Mikrobiologische Diagnostik (Blutkulturen, Sputumdiagnostik)<br />

nicht empfohlen<br />

3.2. Hospitalisierte Patienten<br />

- Blutkulturen: bei allen hospitalisierten Patienten<br />

- Sputumkultur: bei allen hospitalisierten Patienten (gute Sputumqualität: ≥25<br />

PMN/GF)<br />

- Antigen-Nachweis im Urin:<br />

- Legionella pneumophila Serogruppe 1: bei entspr. klin./epidemiolog. Verdacht,<br />

schwere Pneumonie, typ. gastrointestinale/neurolog. Begleitsymptome, Alkohol,<br />

Immunsuppression, hohes Alter). Sensitivität 40-50% bei milder Pneumonie,<br />

steigt auf 90% bei 2 Messungen; Sensitivität 90% bei schwerer Pneumonie,<br />

Spezifität 99%, (cave nur Serogruppe 1); negatives Legionellenantigen schliesst<br />

eine Legionelllenpneumonie nicht aus.<br />

- Pneumokokken: wenn keine Sputumdiagnostik möglich bzw. wenn Sputum nicht<br />

konklusiv, Sensitivität 50-80% bzw. 80-90% bei Bakteriämie, Spezifität 90% bei<br />

Erwachsenen.<br />

- Antigen-Schnelltest im Nasopharnygealabstrich: Nachweis von RSV und<br />

Influenza (niedrige Sensitivität!) in der Wintersaison bei klinischem Verdacht und<br />

therapeutischer Konsequenz, gleichzeitig PCR für respiratorische Viren abnehmen<br />

- PCR-Diagnostik:<br />

- PCR für Legionellen bei klin./epidemiolog. Verdacht aus Sputum oder BAL<br />

- PCR für Mycoplasma pneumoniae und Chlamydophila bei klin./epidemiolog.<br />

Verdacht<br />

aus nasopharyngealem Abstrich oder Sputum oder BAL<br />

- PCR for Bortadella pertussis aus nasopharyngealem Abstrich bei Verdacht<br />

- PCR für respiratorische Viren Nasopharyngealabstrich: nur bei<br />

immunsupprimierten Patienten in der Wintersaison, falls therapeutische Relevanz<br />

- Serologien: nicht empfohlen, ausser für epidemiologische Studien<br />

- Bronchoskopie und BAL: bei Immunsuppression, intubierten Patienten ohne<br />

Besserung unter der initialen Antibiotikatherapie<br />

- Pleurapunktion: bei relevantem Pleuraerguss<br />

Juni <strong>2012</strong> 47


4. Risikostratifizierung<br />

Wichtigste Grundlage für das Management des Patienten ist die klinische Beurteilung<br />

(inkl.<br />

Sättigung, Atemfrequenz, Diurese) und kann nicht durch Letalitätsscores ersetzt werden.<br />

4.1 Letalitätsscore: CURB-65 [6]<br />

Im Fall einer Entscheidung für eine ambulante Behandlung sollte eine Nachkontrolle nach<br />

48 (-72h) erfolgen, da die klinische Verschlechterung häufig in diesem Zeitrahmen eintritt.<br />

Juni <strong>2012</strong> 48


4.2. Kriterien für Hospitalisation auf der Intensivstation (nach American Thoracic<br />

Society)<br />

Intensivstation erwägen bei ≥ 1 Majorkriterium, bzw ≥ 3 Minorkriterien<br />

Major-Kriterien<br />

(1) Notwendigkeit einer Intubation<br />

(2) septischer Schock<br />

Minor-Kriterien (1) schwere akute respirator. Insuffizienz (PaO 2/FiO 2 30/min<br />

(4) Verwirrtheit<br />

(5) Harnstoff > 7.15 mmol/l<br />

(6) Leukopenie


Beachte:<br />

- Anpassen der empirischen Therapie an die Kulturergebnisse und das Antibiogramm:<br />

Eindeutige Sputumkultur bzw. typischer Erregernachweis aus sterilen<br />

Kompartimenten wie Blut oder Pleuraflüssigkeit<br />

- Prävention nicht vergessen: Logopädie bei Schluckstörungen, Impfungen (Influenza,<br />

Pneumokokken), Nikotinstopp<br />

6. Therapiedauer:<br />

- (5)7-10 Tage, allenfalls gemäss Procalcitonin (Pro-CT


8. Literatur<br />

1. Woodhead et al. Guidelines for the management of adult lower respiratory tract<br />

infections. Clin Microbiol Infect 2011;17(Suppl.6):E1-E59<br />

2. Laifer G, Flückiger U, Scheidegger C, Boggian K, Mühlemann K, Weber R, Zanetti<br />

G, Kaiser L for the Swiss Society of Infectious Diseases: Management of Community<br />

Acquired Pneumonia in Adults: ERS/ESCMID guidelines adapted for Switzerland,<br />

2007<br />

3. Höffken G et al. Guidelines of the Paul-Ehrlich-Society of Chemotherapy, the<br />

German Respiratory Diseases Society, the German Infectious Diseases Society and<br />

of the Competence Network CAPNETZ for the Management of Lower Respiratory<br />

Tract Infections and Community-acquired Pneumonia. Pneumologie. 2010<br />

Mar;64(3):149-54<br />

4. Mandell LA et al; Infectious Diseases Society of America; American Thoracic<br />

Society. Infectious Diseases Society of America/American Thoracic Society<br />

consensus guidelines on the management of community-acquired pneumonia in<br />

adults. Clin Infect Dis. 2007 Mar1;44 Suppl 2:S27-72<br />

5. Mertz D et al. Outcomes of Early Switching from Intravenous to Oral Antibiotics on<br />

Medical Wards. JAC 2009<br />

6. Lim WS et al. Defining community acquired pneumonia severity on presentation to<br />

hospital: an international derivation and validation study. Thorax. 2003<br />

May;58(5):377-82<br />

Juni <strong>2012</strong> 51


Z N S - Infektionen<br />

1. MENINGOENCEPHALITIS<br />

1.1. Anamnestische und klinische Befunde als Schlüssel zur Ätiologie<br />

1.1.1. Wichtig ist die rasche klinische Unterscheidung zwischen Meningitis und Enzephalitis.<br />

Häufig wird jedoch auch ein Mischbild (Meningoenzephalitis) gesehen.<br />

Begleiterkrankungen,<br />

betroffenes Organsystem<br />

Haut<br />

HNO<br />

Kardiovaskulär<br />

Klinische Befunde<br />

Purpura, Petechien<br />

Zellulitis im Gesicht<br />

Bläschen genital<br />

Otitis media, Sinusitis<br />

Mastoiditis<br />

Liquorfistel<br />

Parotitis<br />

Zyanot. Herzvitium<br />

(Hirnabszess)<br />

Endokarditiszeichen (sept. Embol.)<br />

Perikarditis<br />

Keim<br />

N. meningitidis<br />

S. aureus<br />

HSV 2<br />

S. pneumoniae, H. influenzae<br />

Mumpsvirus<br />

Anaerobier, Streptokokken<br />

S. aureus, Streptokokken<br />

N. meningitidis, S. pneumoniae<br />

Lunge Lobärpneumonie S. pneumoniae<br />

Neurologie<br />

Hirnnervenausfälle<br />

M. tuberculosis, B. burgdorferi<br />

Fokale Zeichen (Hirnabszess)<br />

Bewegungsapparat<br />

Spondylodiszitis<br />

Septische Arthritis<br />

S. aureus<br />

S. aureus, S. pneumoniae<br />

Alkoholkrankheit<br />

Anamnese/klinische Stigmata<br />

bek. Leberzirrhose<br />

S. pneumoniae, Listeria<br />

monozytogenes, H. influenzae<br />

Nieren-/ Herztransplantation Anamnese Listeria monocytogenes,<br />

Cryptococcus neoformans<br />

Neutropenie<br />

Gramnegative Stäbchen, Pilze<br />

HIV-Infektion Abhängig von CD4 Zellzahl Cryptococcus neoformans,<br />

Nocardia spp., M. tuberculosis,<br />

Treponema pallidum<br />

Zeckenstich Anamnese Borrelia burgdorferi, FSME<br />

Splenektomie<br />

Schädelhirntrauma oder<br />

neurochirurgische<br />

Intervention<br />

S. pneumoniae, H. influenzae<br />

Aerobe gram-negative Bakterien<br />

(Klebsiella spp., E. coli,<br />

S.marcescens, P. aeruginosa,<br />

Salmonella spp.)<br />

1.2. Diagnostik<br />

- Blutkulturen: sind in 50-90 % bei akuter bakterieller Meningitis positiv<br />

- (häufig primäre od. sekundäre Sepsis als Auslöser)<br />

- Lumbalpunktion (siehe auch Interpretation Liquorbefunde im Kapitel<br />

„Interpretationen von Körperflüssigkeiten“)<br />

- Zellzahl, Protein, Glucose, Lactat, Ferritin, Xanthochromie<br />

- Direktpräparat (inkl. Tuschepräparat bei V.a. Cryptococcus neoformans)<br />

- Antigentest (Latexagglutination) für Pneumokokken, Meningokokken, Cryptokokken<br />

- Liquorkultur: Sensitivität bei akuter bakterieller Meningitis 50-90%. Ursachen für<br />

falsch negative Kulturen sind: inadäquater Transport, antibiotische Vorbehandlung<br />

(meist >24h), parameningealer Herd, Meningitis mit speziellem Keim (Treponema<br />

pallidum, Leptospiren, Mycoplasmen, Brucella, M. tuberculosis, Anaerobier) <br />

Resultat erst nach 12-48h, Therapie bei hohem Verdacht empirisch beginnen.<br />

- Breitspektrum oder spezifische PCR (nach RS mit <strong>Infektiologie</strong>)<br />

- Schädel-CT: Zeichen für Hirndruck, Abszess, Empyem, Mastoiditis etc.<br />

Juni <strong>2012</strong> 52


2. Akute bakterielle Meningitis<br />

Die bakterielle Meningitis ist eine medizinische Notfallsituation mit einer Mortalität von<br />

10-40%. Eine frühzeitige korrekte Therapie (Ziel: innert 30min nach Spitaleintritt) und das<br />

Erkennen von Komplikationen verbessert Morbidität und Mortalität und ist wichtiger als<br />

eine komplette Diagnostik.<br />

2.1. Praktischer Algorithmus bei V.a. akute bakterielle Meningitis<br />

Kardinalsymptome der Meningitis<br />

beim Erwachsenen:<br />

o Fieber<br />

o Kopfschmerzen<br />

o Nackensteifigkeit<br />

Weitere Symptome:<br />

o Nacken- oder<br />

Rückenschmerzen<br />

o Bewusstseinsstörung<br />

o Photophobie<br />

o Erbrechen<br />

o Lethargie<br />

o Gelenkschmerzen<br />

Bei V.a. Meningokokken:<br />

Tröpfchenisolation: Patient erhält<br />

chirurgische Maske<br />

Isolationsmassnahmen gemäss<br />

Hygieneordner<br />

Encephalitisches Syndrom:<br />

o Bewusstseinsstörung<br />

o Delir<br />

o Epilepsie<br />

o Fokal neurologische Ausfälle<br />

JA<br />

2x2 Blutkulturen<br />

ODER Risikofaktoren für abnormes<br />

Schädel-CT:<br />

o Immunsuppression, Alter ≥ 60 Jahre<br />

o anamnestisch ZNS-Läsionen<br />

o Papillenödem<br />

o Epileptischer Anfall < 1 Wo<br />

ODER Verzögerung der LP-Diagnostik<br />

(z.B. wegen Antikoagulation)<br />

Dexamethason 10mg i.v. 6-stdl.<br />

+<br />

empirische Antibiotikatherapie<br />

+<br />

Aciclovir 10mg/kg i.v. 8-stdl.<br />

falls encephalitisches Syndrom<br />

(s. auch Abschnitt 2.2.: Empirische Antibiotikatherapie der akuten bakt. Meningitis)<br />

NEIN<br />

2x2 Blutkulturen<br />

+<br />

Lumbalpunktion<br />

CT Schädel unauffällig<br />

Lumbalpunktion<br />

Dexamethason 10mg i.v. 6-stdl.<br />

+<br />

empirische Antibiotikatherapie<br />

Juni <strong>2012</strong> 53


2.2 Empirische Antibiotikatherapie der akuten bakteriellen Meningitis<br />

Situation Häufigste Keime 1. Wahl Antibiotikum 2. Wahl<br />

2-50 Jahre<br />

S. pneumoniae 1 ,<br />

Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />

(ohne Grundleiden) N. meningitidis<br />

(plus Vancomycin 2 )<br />

> 50 Jahre S. pneumoniae<br />

N. meningitidis<br />

L. monocytogenes, aerobe<br />

gram-negative Bakterien<br />

1-23 Monate S. pneumoniae 1<br />

N. meningitidis<br />

S. agalactiae, E. coli<br />

H. influenzae (heute selten)<br />

< 1 Monat S. agalactiae (Gr. B<br />

Streptokokken), E. coli,<br />

Listeria monocytogenes,<br />

Klebsiella spp.<br />

Schädelbasisfraktur S. pneumoniae 1 ,<br />

H. influenzae, S. pyogenes<br />

Penetrierendes<br />

Schädeltrauma<br />

Alkohol,<br />

Schwangerschaft,<br />

Diabetes, Malignom<br />

Immunsuppression<br />

Neutropenie<br />

Herz- oder<br />

Nierentransplantation<br />

(Gr. A Streptokokken)<br />

S. aureus, Koagulase-neg.<br />

Staphylokokken, aerobe<br />

Gram-negative Bakterien<br />

S. pneumoniae<br />

N. meningitidis<br />

L. monocytogenes<br />

S. pneumoniae 1<br />

N.meningitidis<br />

L. monocytogenes, aerobe<br />

gram-negative Stäbchen<br />

(inkl. P. aeruginosa)<br />

ev. Pilze<br />

zusätzlich C. neoformans<br />

Ceftriaxon 2x2g ivplus<br />

Amoxicillin 6x2g iv<br />

Ceftriaxon 100mg/kg/d<br />

iv<br />

Amoxicillin 100mg/kg/d<br />

iv plus Cefotaxim oder<br />

Aminoglykosid<br />

Ceftriaxon 2x2 g/d iv.<br />

(plus Vancomycin 2 )<br />

Rocephin 2x2g/d iv<br />

plus<br />

Rifampicin 2x600mg/d iv<br />

(plus Vancomycin 2 )<br />

Ceftriaxon 2x2g iv<br />

plus<br />

Amoxicillin 6x2g iv<br />

Ceftriaxon 2x2g /d iv<br />

plus<br />

Amoxicillin 6x2g/d iv<br />

Empirische Therapie bei<br />

hohem Verdacht<br />

Penicillin G 4x5 Mio<br />

E/d iv<br />

(MHK


2.3 Anpassung der Therapie gemäss Direktpräparat<br />

DIREKTPRÄPARAT 1. Wahl 2. Wahl<br />

Gram-positive oder gram- Ceftriaxon 2x2g/d iv Penicillin G 4x5 Mio E/d iv<br />

negative Diplokokken<br />

S. pneumoniae<br />

N. meningitidis<br />

Feine gram-neg. Stäbchen<br />

H. influenzae<br />

Ceftriaxon 2x2g/d iv Meropenem 3x2g/d iv<br />

Gram-positive Stäbchen<br />

Listeria monocytogenes<br />

Amoxicillin<br />

Gentamicin<br />

6x2g/d iv plus<br />

3x1.7mg/kg/d iv<br />

TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl. iv od.<br />

po im Verlauf<br />

oder<br />

Meropenem 3x2g/d iv<br />

Gram-negative Stäbchen Ceftriaxon 2x2g/d iv Meropenem 3x2g/d iv<br />

neg. Grampräparat<br />

Bei Ansprechen empirische<br />

Therapie weiter gemäss Alter,<br />

Grundleiden, Klinik und<br />

Abwarten Kultur<br />

2.4 Pathogenspezifische Therapie und Dauer bei bakterieller Meningitis<br />

Erreger 1. Wahl Antibiotikum Therapiedauer Alternativen<br />

S. pneumoniae<br />

Penicillin sensibel<br />

(MHK < 0.1 ug/ml)<br />

Penicillin G 4x5 Mio E iv/d 10-14 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />

Penicillin intermediär<br />

sensibel (MHK 0.1-<br />

1ug/ml)<br />

Ceftriaxon<br />

2x2g iv/d<br />

Meropenem 3x2g/d iv<br />

Penicillin resistent<br />

(MHK > 1ug/ml)<br />

Ceftriaxon<br />

Vancomycin<br />

2x2g iv/d plus<br />

N. meningitidis Ceftriaxon 2x2g iv/d 7 Tage<br />

H. influenzae<br />

ß-Lactamase negativ Penicillin 4x5 Mio E/d iv<br />

ß-Lactamase positiv Ceftriaxon 2x2g i.v./d<br />

Moxifloxacin 400mg/d iv<br />

oder po plus Rifampicin<br />

7 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />

Cefepime 3x2g/d iv od.<br />

Moxifloxacin 400mg/d iv<br />

S. agalactiae Penicillin G 4x5 Mio E/d iv 14-21 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />

S. pyogenes Penicillin G 4x5 Mio E/d iv 14-21 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />

S. aureus<br />

MRSA<br />

Flucloxacillin 4x2g/d iv<br />

Vancomycin 15mg/kg/12h iv<br />

S. epidermidis<br />

Oxacillin sensibel<br />

Oxacillin resistent<br />

Flucloxacillin 4x2g/d iv<br />

Vancomycin 15mg/kg/12h iv<br />

L. monocytogenes Amoxicillin 6x2g/d iv<br />

plus<br />

Gentamicin 1x5mg/kg/d iv<br />

14 Tage Cefepim 3x2g/d iv od.<br />

Tienam 4x500mg/d i.v.<br />

7 Tage und<br />

Shunt-<br />

Entfernung<br />

≥21 Tage<br />

TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl.<br />

oder Daptomycin<br />

TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl.<br />

iv od. po im Verlauf<br />

oder<br />

Meropenem 3x2g/d iv<br />

Gram-neg.<br />

Ceftriaxon 2x2g/d iv oder 21 Tage Meropenem 3x2g/d iv<br />

Enterobacteriaceae gem. Resistenzprüfung<br />

oder<br />

Cefepime 3x2g/d iv<br />

P. aeruginosa Ceftazidim 3x2g iv oder 21-28 Tage Meropenem 3x2g/d iv<br />

Cefepime 3x2g/d iv<br />

oder Ciprofloxacin<br />

plus<br />

Tobramycin 5-7mg/kg/d iv<br />

B. burgdorferi Ceftriaxon 1x2g/d iv 14-28 Tage Penicillin G 4x5 Mio E/d iv<br />

Juni <strong>2012</strong> 55


2.4.1 Re-Implantation nach Shunt-Entfernung<br />

- Koagulase neg. Staphylokokken: bei sonst normalem Liquor-Befund frühestens 3d nach<br />

Shunt-Entfernung (vorausgesetzt Kulturen nach Externalisierung steril), bei pathologischem<br />

Liquor-Befund frühestens nach 7 Tagen (vorausgesetzt Kulturen sind steril und Liquor-<br />

Protein normal)<br />

- S. aureus: frühestens 10 Tage nach neg. Kultur<br />

- Gram-negative aerobe Bakterien: nach 10-14 Tagen adäquater Ab-Therapie<br />

2.5 Adjuvante Therapie bei bakterieller Meningitis<br />

1.2.1. Steroide<br />

Die Dexamethasongabe (10mg 6-stdl. iv über 4 Tage) unmittelbar vor Antibiotikagabe ist<br />

assoziiert mit einer verminderten Mortalität und weniger persistierenden neurologischen<br />

Ausfällen, da die entzündliche Antwort auf die Infektion reduziert wird. Dies konnte<br />

gezeigt werden für Pneumokokken. Bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis sollte<br />

somit vor der 1. Antibiotikagabe Dexamethason gegeben werden, wobei die<br />

Antibiotikagabe nicht mehr als 15 Min. zu verzögern ist und sollte gestoppt werden,<br />

sobald ein anderer Erreger als S. pneumoniae bestätigt ist.<br />

2.6. Indikationen für eine Verlaufs-Lumbalpunktion nach 24-48h<br />

- Fehlendes klinisches Ansprechen nach 48h adäquater Therapie<br />

- Penicillin-intermediäre bzw. -resistente Pneumokokken (MIC >1µg/ml) und bei<br />

Pseudomonas: Frage nach Kultur-Negativierung?<br />

- Therapie mit Vancomycin und Steroiden: Frage nach Vancomycin-Spiegel<br />

intrathekal? Kultur-Negativierung?<br />

- bei erhöhtem intrakraniellem Druck (v.a. Kryptokokken-Meningitis)<br />

2.7. Meningokokken: Indikationen zur Chemoprophylaxe für Kontaktpersonen<br />

- Personen, die im gleichen Haushalt leben<br />

- Personen, die im gleichen Zimmer geschlafen haben<br />

- Personen, die den Nasen- oder Rachensekreten des Erkrankten direkt und intensiv<br />

ausgesetzt waren (intime Küsse, Reanimation, Intubation, nasotracheales Absaugen)<br />

und<br />

- der Kontakt hat in den 10 Tagen vor Diagnosestellung oder bis 24 Stunden nach<br />

Therapiebeginn stattgefunden<br />

- Erwachsene: Ciprofloxacin 500mg Einmaldosis, alternativ Rifampicin 600mg/12h für<br />

2 Tage<br />

- Schwangerschaft/Stillzeit: Ceftriaxon 1x250 mg i.m. oder in Kurzinfusion i.v.<br />

- Indikation zur Impfung zusätzlich zur Chemoprophylaxe siehe Bull BAG 2001;<br />

46:893-901 oder http://www.bag.admin.ch<br />

2.8. Aseptische Meningitis<br />

Es handelt sich um eine meningeale Entzündung, die sich klinisch und laborchemisch<br />

nachweisen lässt, wobei die bakteriellen Kulturen des Liquors negativ sind.<br />

Ätiologie:<br />

- V.a. Viren (Enteroviren, HSV-2, HIV)<br />

- Andere Infektionen (Mykobakterien, Leptospiren, Borrelien, Lues,<br />

Pilze)<br />

- Parameningeale Infektionen (Epidural-/Subduralabszess)<br />

- Medikamente (NSAR, Metronidazol, Carbamazepin, TMP/SMX)<br />

- Tumoren oder Autoimmunerkrankungen (Sarkoidose, SLE)<br />

Im Gegensatz zur bakteriellen Meningitis, zeigt sich bei der Mehrheit der aseptischen<br />

Meningitiden ein selbstlimitierender Verlauf.<br />

Juni <strong>2012</strong> 56


2.9. Literatur<br />

1. Tunkel A et al. Practice Guidelines for the Management of Bacterial Meningitis. CID<br />

2004;39(9):1267-84<br />

2. Van de Beek D et al. Community-acquired bacterial meningitis in adults. N Engl J<br />

Med 2006;354:44-53<br />

3. Weisfelt M et al. Community-acquired bacterial meningitis in older people. J Am<br />

Geriatr Soc 2006;54(10):1500-7<br />

4. Egger M et al. Akute bakterielle Meningitis. Schweiz Med Forum Nr. 42, Oktober<br />

2002:989-995<br />

5. Hasbun R et al. Computed tomography of the head before lumbar puncture in adults<br />

with suspected meningitis. N Engl J Med 2001;345:1727-33<br />

6. Leib SL et al. Predictive value of cerebrospinal fluid (CSF) lactate and CSF/blood<br />

glucose ratio for the diagnosis of bacterial meningitis following neurosurgery. CID<br />

1999;29: 69-74<br />

7. De Gans J et al. Dexamethasone in adults with bacterial meningitis. N Engl J Med<br />

2002;347:1549-56<br />

8. Pneumokokken Erkrankungen in der Schweiz. BAG Bulletin 2010;47:1121-1127<br />

9. Conen A et al. Characteristics and treatment outcome of cerebrospinal fluid shuntassociated<br />

infections in adults: a retrospective analysis over an 11-year period. CID<br />

2008;47(1):73-82<br />

10. Woehrl B et al. Bacterial meningitis: current therapy and possible future treatment<br />

options. Expert Rev. Anti Infect. Ther. 2011;9(11):1053-1065<br />

11. Chaudhuri A et al. EFNS guideline on the management of community-acquired<br />

bacterial meningitis: report of an EFNS Task Force on acute bacterial meningitis in<br />

older children and adults. European Journal of Neurology 2008;15:649-659<br />

12. Nudelman Y et al. Bacterial Meningitis. Drugs 2009;69(18):2577-2596<br />

13. Brouwer MC et al. Epidemiology, Diagnosis, and Antimcirobial Treatment of Acute<br />

Bacterial Meningitis. Clin Microbiol Rev 2010;23:467-492<br />

Juni <strong>2012</strong> 57


2. HIRNABSZESS<br />

Fokale "Hirneinschmelzung" multifaktorieller Genese:<br />

- per continuitatem von anderem Infektfokus (paranasale Sinus, Ohr, Mastoid, Zahn)<br />

- hämatogen (von pulmonalem, kutanem, intraabdominalem oder intravaskulärem Fokus)<br />

- postoperative oder posttraumatische Komplikation<br />

30%-60% der Hirnabszesse enthalten eine Mischflora.<br />

2.1. Symptome<br />

- bis zu 50% sind oligosymptomatisch und auch afebril<br />

- Fieber, Kopfschmerzen, Nausea, Erbrechen<br />

- qualitative und quantitative Bewusstseinsstörung<br />

- fokale neurologische Zeichen<br />

- epileptische Anfälle<br />

2.2. Pathogenese, Keime und empirische Therapie in Abhängigkeit der Prädisposition<br />

resp. des Primärfokus<br />

Ursprung der<br />

Infektion<br />

HNO<br />

Otitis media,<br />

Mastoiditis<br />

Sinusitis fronto-<br />

/ethmoidalis oder<br />

sphenoidalis<br />

Enoral/dentogen<br />

Lunge (Abszess,<br />

Empyem,<br />

Bronchiektasen)<br />

Endokarditis<br />

Keime<br />

Anaerobe/aerobe Mischflora:<br />

Streptokokken (v.a. S. milleri),<br />

Bacteroides, Prevotella spp.,<br />

Enterobacteriaceae, (Pseudomonas)<br />

Streptokokken, Bacteroides spp.<br />

Enterobacteriaceae<br />

Haemophilus spp.<br />

(S. aureus)<br />

Häufig Mischkultur Fusobacterium,<br />

Prevotella, Actinomyces und<br />

Bacteroides spp., Streptokokken<br />

Streptokokken, Haemophilus,<br />

Fusobacterium, Actinomyces,<br />

(Nocardia spp.)<br />

Viridans Streptokokken<br />

Therapie<br />

Ceftriaxon<br />

Metronidazol 1<br />

Ceftriaxon<br />

Metronidazol 1<br />

Ceftriaxon<br />

Metronidazol 1<br />

Ceftriaxon<br />

Metronidazol 1<br />

Ceftriaxon<br />

2x2g/d iv plus<br />

7.5mg/kg/6h iv od. po<br />

2x2g/d iv plus<br />

7.5mg/kg/6h iv od. po<br />

2x2g/d iv plus<br />

7.5mg/kg/6h iv od. po<br />

2x2g/d iv plus<br />

7.5mg/kg/6h iv od. po<br />

2x2g/d iv<br />

S. aureus<br />

Flucloxacillin<br />

6x2g/d iv<br />

Zyanot. Herzvitium<br />

Penetrierendes<br />

Kopftrauma<br />

Streptokokken, Anaerobier<br />

H. influenzae<br />

S. aureus, Streptokokken,<br />

Enterobacteriaceae, Clostridium spp.<br />

Ceftriaxon<br />

Ceftriaxon<br />

Rifampicin<br />

oder Meropenem<br />

2x2g/d iv<br />

2x2g/d iv plus<br />

2x600mg/d iv<br />

3x2g/d iv<br />

Neurochirurgische<br />

Operation<br />

Immunsuppression<br />

Neutropenie<br />

Transplantation<br />

HIV/AIDS<br />

1 max. Dosis von Metronidazol 4g/24h<br />

S. aureus, koagulase-negative<br />

Staphylokokken<br />

Streptokokken<br />

Propionibacterium<br />

Pseudomonas<br />

Enterobacteriaceae<br />

Zusätzlich Nocardia<br />

Toxoplasmose, Cryptococcus<br />

neoformans, M. Tuberculosis<br />

Listeria monocytogenes<br />

andere Pilze (Candida, Aspergillen,<br />

Zygomyzeten)<br />

Meropenem<br />

3x2g/d iv<br />

Ceftriaxon 2x2g/d iv plus<br />

Amoxicillin 6x2g/d iv plus<br />

Gentamicin 1x5mg/kg/d iv<br />

(Gentamicin nur bei bestätigter Listeriose)<br />

Pilzmittel, Therapie der Nocardiose,<br />

Toxoplasmose und Tuberkulose individuell<br />

siehe auch Kapitel HIV<br />

Juni <strong>2012</strong> 58


2.3 Diagnostik:<br />

- Bildgebung: idealerweise MRI mit Gadolinium (sensitiver als CT für frühe Cerebritis<br />

und Satellitenherde, ring-enhancement, Ödem, Nekrosen, Darstellung Hirnstamm)<br />

- Lumbalpunktion: grundsätzlich kontraindiziert bei fokaler Neurologie/Gefahr der<br />

Herniation; Parameter variabel, bei Abszesseinbruch in Ventrikelsystem (Rarität)<br />

Parameter vergleichbar mit akuter bakterieller Meningitis<br />

- Stereotaktische oder offene Biopsie: Gram-Färbung und Direktpräparat auf Säurefeste<br />

Stäbchen, Kulturen auf allgemeine Bakteriologie (aerob/anaerob),<br />

Mykobakterien, Nocardien und Pilze sowie Histologie, ggf.<br />

- Serologien: Toxoplasmose<br />

- Molekulare Diagnostik: nach Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong><br />

Bemerkungen: - Immer mit Neurochirurgen besprechen:<br />

- Materialgewinnung zur mikrobiolog. und histolog. Untersuchung<br />

- Diskussion kombiniert chirurgisch/antibiotische Therapie<br />

(Abszessdrainage?), v.a. wenn Abszess >2.5cm gross und<br />

Masseneffekt besteht<br />

- Therapiedauer: mind. 6-8 Wochen, länger (bis 12 Wochen) wenn<br />

keine chirurgische Intervention durchgeführt wird (Therapiedauer<br />

solange, bis bildgebend der Abszess weg ist)<br />

- gesamte Therapiedauer hochdosiert und somit intravenös<br />

(Rezidivgefahr!)<br />

- Zur Verlaufskontrolle repetitives Schädel-CT/-MRI<br />

- Glucocorticoide nur bei ausgeprägtem Masseneffekt<br />

(Dexamthason 10mg iv als Ladedosis, dann 4x4mg/d iv)<br />

2.4. Literatur<br />

1. Tseng JH et al: Brain abscess in 142 patients: factors influencing outcome and<br />

mortality. Surgical Neurology 65:557-562, 2006<br />

2. Yen PT et al: Brain abscess: With special reference to otolaryngologic sources of<br />

infection. Otolaryngol Head Neck Surg 113:15-22, 1995<br />

3. Lucht F et al: The penetration of Ceftriaxone into human brain tissue. J Antimicrob<br />

Chemother 26:81-86,1990<br />

4. Mindermann T et al: Rifampin concentrations in various compartments of the human<br />

brain: A novel method to determine drug levels in the cerebral extracellular space.<br />

Antimicrob Agents Chemother 42: 2626-2629, 1998<br />

5. Southwick F et al: Pathogenesis, clinical manifestations, diagnosis and treatment of<br />

brain abscess. In UpToDate <strong>2012</strong><br />

6. Tunkel AR (2010). Brain Abscess. In: Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles and<br />

Practice of Infectious Diseases, 7th ed.: 1265-1275<br />

7. Tumani H et al (2007): Hirnabszess. In: Klinische <strong>Infektiologie</strong>, Hrsg. Marre, Mertens,<br />

Trautmann und Zimmerli, 2. Auflage: S.236-238<br />

Juni <strong>2012</strong> 59


4. ENZEPHALITIS<br />

Es handelt sich um eine diffuse Entzündung des Gehirns. In 30-75% bleibt die Ursache<br />

unklar. Von infektiöser Seite findet sich in den meisten Fällen eine virale Ursache (70%),<br />

gefolgt von bakteriellen Ursachen (20%), Pilzen/Prionen (8%) und Parasiten (2%).<br />

Hauptzeichen der Enzephalitis ist die Veränderung des Bewusstseins.<br />

4.1. Enzephalitisches Syndrom<br />

- Fieber<br />

- Bewusstseinsveränderung, Delir, Konfusion<br />

- Epileptische Anfälle<br />

- Fokal neurologische Zeichen<br />

4.2. Pathogenese<br />

Primärer Replikationsort: meist im Bereich der Eintrittspforte:<br />

- Respirationstrakt:<br />

Masernvirus, Mumpsvirus, Influenzavirus, Varizella zoster Virus (VZV), M.<br />

tuberculosis, Cryptococcus neoformans<br />

- Gastrointestinaltrakt:<br />

Enteroviren, Adenoviren, Listeria monocytogenes<br />

- Subkutanes Gewebe:<br />

Togaviren (Rötelnvirus, FSME, Gelbfiebervirus), Rickettsien<br />

- Genitaltrakt:<br />

Herpes simplex Virus (HSV)<br />

- Neurales Ganglion:<br />

Rabiesvirus, Poliovirus, HSV, VZV, HIV<br />

Sekundäre Streuung:<br />

- Hämatogen ins ZNS (Virämie)<br />

- Retrograd axonal entlang peripherer Nerven/Hirnnerven ins ZNS:<br />

Rabiesvirus, HSV, VZV<br />

4.3. Differentialdiagnose<br />

Wichtig ist die Anamnese (!), Reise- und Expositionsanamnese, vorgängige Impfungen,<br />

virale Erkrankungen und Immunsuppression, um die Differentialdiagnose eingrenzen zu<br />

können.<br />

4.3.1 Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM)<br />

In den Neuronen wird kein Virus gefunden. Es handelt sich vorwiegend um perivenuläre<br />

lymphozytäre Entzündungen und angrenzender Demyelinisierung (im MRI<br />

Hyperintensitäten in weisser Substanz) im Sinne einer immunvermittelten Destruktion.<br />

Kann nach Impfungen oder (meist) viralen Infektionen auftreten (innerhalb 1-4 Wochen).<br />

Mumpsvirus, Masernvirus, Rötelnvirus, VZV, EBV, Influenza A und B,<br />

Hepatitisvirus, nicht viral: Mycoplasma<br />

4.3.2. Virale Enzephalitis<br />

Virus dringt ins ZNS ein und befällt und destruiert Neuronen. Viren können aus dem<br />

Hirngewebe angezüchtet oder direkt nachgewiesen werden.<br />

Herpesviren: HSV 1+2, VZV, CMV, EBV, HHV6<br />

Enteroviren: Coxsackievirus, Echoviridae, Enteroviren, Poliovirus<br />

Zecken/Moskitoübertragen: FSME, West Nile Virus<br />

Adenoviren<br />

Influenzaviren<br />

Mumpsviren, Masernviren, Rötelnviren<br />

Andere: HIV, JC-Virus, Rabiesvirus, Lymphozytäres Choriomeningitis Virus<br />

Juni <strong>2012</strong> 60


4.3.3. Nicht-virale infektiöse Enzephalitis<br />

Mycoplasma, Legionella, Brucella, Treponema pallidum, B. burgdorferi, Listeria<br />

monocytogenes, Leptospiren, M. tuberculosis, Cryptococcus neoformans, Toxoplasma<br />

gondii, Plasmodium falciparum, Tropheryma whipplei, Nocardia, Rickettsia, Bartonella,<br />

Prionen<br />

4.3.4. Nicht-infektiöse Enzephalopathie<br />

Medikamentös-toxisch, Drogen/Alkohol, metabolisch (entgleister Diabetes mellitus,<br />

Leber-/Niereninsuffizienz), ischämisch/hämorrhagisch, Tumor, systemische Infektion,<br />

nicht konvulsiver Status epilepticus, Sarkoidose, zerebrale Vaskulitis<br />

4.4. Diagnostik<br />

- MRI Neurocranium immer vor LP (alternativ CT falls MRI nicht verfügbar)<br />

- T2, FLAIR-Sequenz mit Hyperintensitäten in grauer Substanz, in DWI<br />

Läsionen früher oder ausgeprägter sichtbar sensitiver als CT<br />

- Lumbalpunktion für Interpretation siehe: Interpretation Liquorbefunde im Kapitel<br />

„Interpretationen von Körperflüssigkeiten“<br />

- Gram-Direktpräparat, Kultur auf allg. Bakteriologie, Tuberkulose, Pilze<br />

- PCR im Liquor für vermutete (virale) Ursachen<br />

- Serologien im Liquor und im Blut für vermutete Ursachen<br />

- Beachte: FSME IgM im Serum zusammen mit Klinik genügend für Diagnose<br />

der Früh-Sommer-Meningoenzephalitis<br />

- Zusätzliche Kulturen (je nach Fragestellung): Blut, Sputum,<br />

Nasopharyngealsekret, Stuhl<br />

- EEG<br />

- evt. Hirnbiopsie<br />

Juni <strong>2012</strong> 61


4.5. Ätiologische Hinweise je nach Alter, Klinik, Exposition und Grundleiden<br />

Situation/klinisches Bild<br />

ALTER<br />

Kinder<br />

Erwachsene<br />

KLINIK<br />

Zerebelläre Ataxie<br />

Parkinsonismus<br />

Bradykinesie, Rigor,<br />

Ruhetremor<br />

Hirnnervenausfälle<br />

Demenz<br />

REISEN<br />

Reiseanamnese<br />

IMMUNSTATUS<br />

Immunsuppression<br />

EXPOSITION<br />

Vögel<br />

Katzen<br />

Schafe, Ziegen<br />

Zecken<br />

Unpasteurisierte Milch<br />

Erreger<br />

Enteroviren, HSV, VZV, Masernvirus, Mumpsvirus,<br />

Rötelnvirus, Influenzavirus<br />

HSV, Enteroviren, L. monozytogenes, Influenzavirus, HIV,<br />

Prionen (Creutzfeld-Jakob Krankheit)<br />

VZV, EBV, Mumpsvirus, Tropheryma whipplei<br />

Flaviviren (West Nile Virus, Japanese encephalitis Virus, St.<br />

Louis encephalitis Virus)<br />

HSV, EBV, L. monozytogenes, M. tuberculosis, T. pallidum,<br />

B. burgdorferi, Tropheryma whipplei, Cryptococcus<br />

neoformans<br />

HIV, Prionen (Creutzfeld-Jakob Krankheit), Masern<br />

(SSPE*), T. pallidum, Tropheryma whipplei<br />

West Nile Virus, Eastern equine encephalitis Virus, St. Louis<br />

encephalitis Virus, Rabiesvirus, P. falciparum, Rickettsia,<br />

Japanese encephalitis Virus<br />

Verschiedene Erreger je nach geographischen Regionen<br />

HSV, VZV, CMV, EBV, HHV 6, JC Virus, HIV, West Nile<br />

Virus, L. monocytogenes, M. tuberculosis, T. pallidum,<br />

Toxoplasma gondii, Cryptococcus neoformans, Histoplasma<br />

capsulatum, Coccidioides sp.<br />

Cryptococcus neoformans, West Nile Virus<br />

Rabiesvirus, Coxiella burnetii, Bartonella henselae/quintana,<br />

Toxoplasma gondii<br />

Coxiella burnetii, Brucella<br />

FSME, Borrelia burgdorferi<br />

Rickettsia, Ehrlichia<br />

L. monocytogenes, Coxiella burnetii<br />

* SSPE: subakute sklerosierende Panenzephalitis<br />

Juni <strong>2012</strong> 62


4.6. Therapie<br />

Obwohl eine Vielzahl von Viren eine Enzephalitis verursachen kann, existiert eine<br />

spezifische antivirale Therapie nur für Herpesviren.<br />

Die übrigen antiinfektiösen Therapien müssen je nach Klinik, Epidemiologie<br />

(Reiseanamnese!) und Verdachtsdiagnose eingeleitet werden.<br />

4.6.1 Virale Enzephalitis:<br />

Sofortige empirische Therapie gegen HSV beginnen wegen hoher Morbidität und<br />

Mortalität.<br />

- Herpes simplex und Varizella zoster Virus:<br />

- Acyclovir (=Zovirax®) 10mg/kg 8-stdl. iv (in je 100 ml Glucose 5% über 1 h)<br />

- Therapiedauer: HSV 14 – 21 Tage<br />

VZV 10 – 14 Tage<br />

- CMV:<br />

- Ganciclovir (=Cymevene®) 5mg/kg 12-stdl. iv oder<br />

- Foscarnet (=Foscavir®) 60mg/kg 8-stdl. iv bzw. 90mg/kg 12-stdl. oder<br />

- Kombinationstherapie diskutieren<br />

- Therapiedauer: 14-21 Tage<br />

- HIV:<br />

- siehe Kapitel HIV<br />

4.7. Literatur<br />

1. Krech T. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Schweiz Med Forum<br />

2006;6:268–274<br />

2. Whitley RJ et al. Viral encephalitis. N Engl J Med 1990; 323:242<br />

3. Johnson RP et al. Viral encephalitis in adults. In UpToDate <strong>2012</strong><br />

4. Kennedy P et al. Viral encephalitis: Causes, differential diagnosis and management. J<br />

Neurol Neurosurg Psychiatry 2004;75:10-15<br />

5. Tunkel A et al. The Management of Encephalitis: Clinical Practice Guidelines by the<br />

Infectious Diseases Society of America. CID 2008;47:303-27<br />

6. Beckham JD et al. (2010). Encephalitis. In: Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles<br />

and Practice of Infectious Diseases, 7th ed.: 1243-1260<br />

Juni <strong>2012</strong> 63


Intravaskuläre Katheterinfekte: Phlebitis, Infektion und<br />

Sepsis<br />

1. Definitionen und diagnostische Kriterien<br />

Infektion<br />

Kolonisierter Katheter<br />

Phlebitis (periphere<br />

Katheter)<br />

Exit-site Infektion<br />

Tunnelinfektion<br />

Kathetersepsis<br />

Catheter-related<br />

bloodstream infection<br />

=CR-BSI<br />

Catheter-associated<br />

bloodstream infection<br />

=CA-BSI<br />

Definition<br />

Signifikantes Wachstum 1 Mikroorganismen an Katheterspitze<br />

Ausrollmethode: 15 KBE (Kolonie bildende Einheiten)<br />

2 der folgenden Kriterien: Überwärmung, Induration, Rötung,<br />

Druckdolenz oder Schmerz<br />

Klinisch: Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit im<br />

Abstand ≤ 2cm um Katheter-Austrittsstelle, ev. plus Eiter und Fieber<br />

oder<br />

Mikrobiologisch: Keimnachweis aus Exudat von Katheteraustrittstelle<br />

mit oder ohne Kathetersepsis<br />

Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit > 2cm um<br />

Katheter-Austrittsstelle entlang dem getunnelten Katheter<br />

mit oder ohne Kathetersepsis<br />

Bakteriämie oder Fungämie ( 1 pos. Blutkultur aus peripherer Vene)<br />

bei liegenden ZVK plus SIRS ohne andere Quelle für Sepsis.<br />

ZUSÄTZLICH eines der folgenden Kriterien:<br />

- Isolation identischer Keim von Katheterspitze in relevanter Menge<br />

oder<br />

- Differential Time to Positivity (DTP) 2 Stunden<br />

Primäre Sepsis ( 1 pos. Blutkultur ohne Hinweis für andere<br />

Infektquelle) in Anwesenheit eines ZVK ≥ 48h<br />

(v.a. für Surveillance)<br />

2. Kathetereinlage und Pflege<br />

2.1. Material<br />

Standardkatheter USB aus Polyurethan<br />

Bei immunsupprimierten Patienten auf Med Iso: Chlorhexidin-beschichteter Katheter<br />

2.2. Auswahlkriterien nach voraussichtlicher Liegedauer ("Daumenregel")<br />

≤ 7 Tage: peripherer Katheter oder Jugularis-ZVK<br />

7-28 Tage: Subclavia-Katheter, PICC (=Peripheral Inserted Central Catheter<br />

>28 Tage: Long-term Katheter: tunnelierte Katheter (z.B. Hickman), Port-à-Cath<br />

2.3 Einlage und Pflege<br />

Einlage ZVK in „full barrier precautions“: Mund-/Nasen-Schutz, sterile Handschuhe,<br />

Haube, Überschurz, Hautdesinfektion mit Braunoderm® oder Octeniderm®.<br />

ZVK-Verband mit Chlorhexidin-Patch (Tegaderm®) für alle ZVK und arterielle Katheter<br />

(ausser tunnelierte Katheter, Port-à-Cath, Dialysekatheter).<br />

Alle unter REA-Bedingungen eingelegten intravaskulären Katheter nach Stabilisierung<br />

des Patienten oder spätestens innerhalb 48h ziehen oder wechseln.<br />

Kein routinemässiger Wechsel intravaskulärer Katheter ohne Infektzeichen.<br />

3. Diagnostik bei Katheterinfektionen<br />

3.1. Blutkulturen<br />

Bei Verdacht auf Katheterinfektion gleichzeitige Entnahme von je 1 Paar Blutkultur aus<br />

Katheter und peripher vor Antibiotikagabe. Immer Ort und Zeit der Entnahme auf dem<br />

Auftragsformular vermerken (wichtig für Berechnung DTP!)<br />

Juni <strong>2012</strong> 64


3.2. Katheterspitze<br />

Kultur von Katheterspitze (10 cm) mittels Ausrollmethode bei:<br />

- Verdacht auf CR-BSI, Exit-site Infektion oder Phlebitis, auch bei peripheren Katheter<br />

- Entfernung ZVK bei hämatologischen Patienten<br />

Keine routinemässige Kultur Katheterspitze ohne Verdacht auf CRBSI.<br />

3.3 Indikation für Echokardiographie<br />

Bei CR-BSI (v.a. bei gram-positiven Keimen) und<br />

1. Fehlendes Therapieansprechen (persistierend Fieber/positive Blutkulturen ≥ 72h)<br />

2. Klinische Zeichen einer Endokarditis oder septischer Streuherde<br />

3. Kardialen Risikofaktoren (künstliche Herzklappe, Pacemaker/ICD, Klappenvitium)<br />

empfohlen<br />

4. Allen S. aureus CR-BSI mit kardialen Risikofaktoren zu diskutieren<br />

In der Regel keine Notfalluntersuchung (am sensitivsten 5-7 Tage nach Beginn<br />

Bakteriämie)<br />

3.4 Indikation für Duplexsonographie<br />

1. Klinische Hinweise auf Thrombose oder septische Thrombophlebitis<br />

2. Fehlendes Therapieansprechen (persistierend Fieber/positive Blutkulturen ≥ 72h)<br />

ohne Hinweise für Endokarditis<br />

3.5. Phlebitis<br />

Entfernung peripherer Katheter und Einsendung der Spitze auf Mikrobiologie. Bei<br />

systemischen Infektzeichen Entnahme von Blutkulturen peripher (nicht durch peripherer<br />

Katheter)<br />

4. Management und Therapie von Katheterinfekten<br />

4.1 Management CR-BSI bei nicht-tunnelierten ZVK (gemäss IDSA-Guidelines 2009)<br />

*<br />

* Komplizierte CR-BSI: Persistierendes Fieber und Bakteriämie/Fungämie ≥ 72h,<br />

intravaskulärer Fremdkörper in situ (z.B. Herzklappenprothese), Komplikationen wie<br />

Endokarditis, septische Thrombophlebitis, Osteomyelitis oder andere septische Streuherde<br />

Juni <strong>2012</strong> 65


4.2 Katheterentfernung<br />

- Generell bei schwerer Sepsis/septischer Schock ohne anderen Fokus und<br />

komplizierter CR-BSI<br />

- CR-BSI mit S. aureus, Enterokokken, gram-negativen Bakterien, Fungi<br />

- Tunnel-/Port-Infektion<br />

4.3 Katheter-erhaltende Therapie<br />

- Nur bei unkomplizierter CR-BSI mit koagulase-negativen Staphylokokken (KNS)<br />

- Folgeblutkulturen abnehmen, falls persistierende Bakteriämie ≥72hKatheter↑<br />

- Systemische Antibiotikatherapie über Katheter plus Locktherapie gemäss<br />

infektiologischem Konsil<br />

4.4 Empirische und spezifische Antibiotikatherapie<br />

Häufigste Erreger: KNS > S. aureus > Enterokokken > gram-neg. Erreger > Candida<br />

KNS sind am USB 50 % Oxacillin-resistent. Trotzdem keine empirische Vancomycin<br />

Therapie wegen Gefahr der Selektion von Vancomycin-resistenten Enterokokken.<br />

Schwere Komplikationen treten aufgrund niedriger Virulenz von KNS in der Regel bis<br />

zum Eintreffen des Antibiogrammes auch bei ungenügender Antibiotikatherapie nicht auf.<br />

Anpassen nach Erhalt des Antibiogrammes.<br />

Diagnose Empirische Therapie Bemerkungen<br />

Kolonisation<br />

Exit-site-/Tunnel-/Port-<br />

Infektion<br />

CR-BSI<br />

Erreger<br />

Nicht routinemässig<br />

Ausnahme: Bei Nachweis von<br />

S.aureus und Candida präemptive<br />

Therapie für 5-7 Tage<br />

Augmentin ® 3x2.2g iv für 7-10 Tage<br />

(+ Amikin 1g iv/24 Std. bei schwerer<br />

Sepsis)<br />

Ohne Vorbehandlung:<br />

Augmentin ® 3x2.2g iv<br />

(+ Amikin 1g iv/24 Std. bei schwerer<br />

Sepsis)<br />

Spezifische Therapie<br />

Bei Streptokokken und<br />

Enterobacteriaceae<br />

engmaschige Ueberwachung<br />

Katheter immer ziehen!<br />

Antibiotische Vorbehandlung,<br />

Neutropenie: Infektio Konsil<br />

KNS Vancomycin 2x1g/Tag iv Alternativ Daptomycin<br />

6mg/kgKG 1x/Tag iv<br />

falls Oxa-sens. Floxapen<br />

S. aureus (Oxa-sens) Floxapen® 4x2g/Tag iv<br />

Enterococcus faecalis<br />

Enterococcus faecium<br />

Gram-neg. Bakterien<br />

Candida albicans<br />

Amoxicillin 4x2g/Tag iv<br />

Vancomycin 2x1g/Tag iv<br />

+ Gentamycin 3x1mg/kgKG/Tag iv<br />

gemäss Resistenzprüfung<br />

Fluconazole 800mg LD, dann 400mg<br />

1x/Tag iv<br />

Alternative bei E. faecium:<br />

Daptomycin 6mg/kgKG 1x/Tag<br />

iv<br />

Candida nicht-albicans:<br />

Caspofungin 70mg LD, dann<br />

50mg 1x/Tag iv<br />

(bis Erhalt Resistenzprüfung)<br />

Juni <strong>2012</strong> 66


5. Katheter-Lock: Vancolock (5mg/ml) Zubereitung<br />

1. Eine Ampulle 500 mg Vancocin wird aufgelöst mit 10 ml Aqua dest = Stammlösung<br />

2. Von dieser Stammlösung werden<br />

• üblicherweise 0.2 ml (= 10 mg) abgezogen und mit 1.8 ml NaCI 0.9% verdünnt.<br />

Das ergibt 2 ml je Katheterschenkel, die eingelegt werden sollen.<br />

• bei Port-à-Cath-Kathetern 0.3 ml (= 15 mg) abgezogen und mit 2.7 ml NaCI<br />

0.9% verdünnt. Das ergibt 3 ml je Katheterschenkel, die eingelegt werden<br />

sollen.<br />

• bei Verlängerungen (z.B. Jugulariskatheter) 0.4 ml (= 20 mg) abgezogen und mit<br />

3.6ml NaCI 0.9% verdünnt. Das ergibt 4 ml je Katheterschenkel, die eingelegt<br />

werden sollen.<br />

3. Die Vancolock-Lösungen verbleiben so lange wie möglich (min. 1 Stunde) im<br />

abgestöpselten Schenkel<br />

4. Die Einlegelösung wird nicht aspiriert.<br />

5. Doppel- und Dreilumenkatheter werden gleichzeitig mit je 2 ml Vancocin-Lösung<br />

eingelegt (d.h. jeder Schenkel wird 1 mal pro 24 Std. eingelegt).<br />

6. Die restliche Stammlösung wird zur Herstellung von Kurzinfusionen verwendet<br />

6. Literatur<br />

1. Widmer AF, Frei R. Decontamination, Disinfection, Sterilization. In Murray PR, Baron<br />

EJ, Pfaller M, Tenover FC, Yolken R, eds. Manual of Clinical Microbiology, pp 138-<br />

64. Washington, D.C.: ASM Press, 2011<br />

2. Bally F, Ruef C, Troillet N. Möglichkeiten und Grenzen der konservativen<br />

Behandlung von Infektionen implantierter venöser Katheter. Swiss-Noso 2004; 11:<br />

25-32<br />

4. Hughes et al. Guidelines for the use of antimicrobial agents in neutropenic patients<br />

with cancer 2002. CID 2002; 34: 730-752<br />

5. Menon A, Ruhe J. Clinical significance of isolated Staphylococcus aureus central<br />

venous catheter tip cultures. Clin Microbiol Infect 2006; 12: 933-936<br />

6. Ekkelenkamp MB et al. Bacteremic complications of intravascular catheters<br />

colonized with Staphylococcus aureus. CID 2008; 46: 114-118<br />

7. Peacock SJ et al. Positive intravenous line tip cultures as predictors of bacteraemia.<br />

H Hosp Infect 1998; 40: 35-38<br />

8. C. Kaech et al. Course and outcome of Staphylococcus aureus bacteremia: a<br />

retrospective analysis of 308 episodes in a Swiss tertiary-care centre. Clin Microbiol<br />

Infect 2006; 12: 345-352<br />

9. Pigrau et al. Management of catheter-related Staphylococcus aureus bacteremia:<br />

when may sonographic study be unnecessary ? Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2003;<br />

22: 713-719<br />

10. Grady N. et al Guidelines for the Prevention of Intravascular Catheter-related<br />

Infections. CID 2011; 52: e1-e32<br />

11. Mermel L et al. Clinical Practice Guidelines for the Diagnosis and Management of<br />

Intravascular Catheter-Related Infection: 2009 Update by the Infectious Diseases<br />

Society of America. Clinical Infectious Diseases 2009; 49:1–45<br />

12. Bouza et al., How Many Lumens Should Be Cultured in the Conservative Diagnosis<br />

of Catheter-Related Bloodstream Infections? CID 2010; 50(12):1575–1579<br />

Juni <strong>2012</strong> 67


Gelenks-Protheseninfektionen<br />

1. Definition<br />

Protheseninfektion vorhanden falls ≥1 der folgenden Kriterien erfüllt:<br />

• Sichtbarer Eiter (Gelenkspunktat oder intraoperativ)<br />

• Fistelbildung (Kommunikation zwischen Prothese und Haut, mit oder ohne Sekretion)<br />

• Gelenkspunktat: Erhöhte Zellzahl >1.7 x 10 9 Leukozyten/l und/oder >65% Granulozyten<br />

(gilt nicht 1 Monat nach Implantation und bei entzündlichen Gelenkserkrankungen, z.B.<br />

Psoriasis, Kristallopathie)<br />

• Histologie: Akute Entzündung des periprothetischen Gewebes<br />

• Positive Kultur: Gelenkspunktat, intraoperative Gewebsbiopsien (bei niedrig-virulenten<br />

Erreger mindestens 2 Proben positiv), Sonikation der entfernten Prothese (>50 KBE/ml<br />

der Sonikationsflüssigkeit)<br />

Zeitpunkt der Manifestation von Protheseninfektion nach Implantation:<br />

• Frühinfektionen (24 Monate): meist hämatogen erworben, Primàrfokus: Harnwegs-,<br />

Haut- und Lungen-Infektionen<br />

2. Epidemiologie<br />

Häufigkeit einer Infektion:<br />

• Nach Prothesentyp (primäre Implantation, elektiv): Hüftprothese (


Untersuchung Probengefäss Auftragsformular<br />

Zellzahl &<br />

Differenzierung<br />

1 ml Punktat in Monovette lila,<br />

klein (EDTA)<br />

Hämostase/Hämatologie hellblau<br />

„Punktat“<br />

Kristalle Wenige Tropfen in Nativröhrchen Rheuma-Auftragsformular<br />

Mikrobiologie 0.5 ml Punktat in Nativröhrchen<br />

(für Grampräparat), Rest verteilt<br />

in 2 Blutkulturflaschen<br />

(aerob & anaerob)<br />

Mikrobiologie gelb (1 Blatt)<br />

„Punktat“ + Gelenk vermerken:<br />

Bakterien allgemein + Resistenzprüfung<br />

Priorität je nach Menge der Synovialflüssigkeit:<br />

• Ausreichende Probenmenge (≥1.5 ml): 1 EDTA Röhrchen (Zellzahl), 2 Nativröhrchen<br />

(Kristalle + Mikrobiologie) und 2 Blutkulturflaschen (Mikrobiologie) gefüllt.<br />

• Geringe Probenmenge (


Abbildung 1. Chirurgische Optionen, wenn keine Implantatretention möglich.<br />

Patients not qualifying for implant retention<br />

Condition of<br />

soft tissue<br />

• Intact or slightly damaged<br />

• Moderately or severely damaged<br />

• Abscess<br />

• Sinus tract<br />

Modifying<br />

circumstances<br />

Difficult-to-treat microorganism:<br />

• Methicillin-resistant<br />

Staphylococcus aureus (MRSA)<br />

• Small colony variants<br />

• Enterococcus spp.<br />

• Fungi<br />

General condition<br />

or surgical risk:<br />

• Debilitated<br />

• Bedridden<br />

• High risk for<br />

anaesthesia<br />

Underlying problems:<br />

• Severe immunosuppression<br />

• Active intravenous drug use<br />

• No functional improvement<br />

by exchange of the implant<br />

Surgical<br />

procedure<br />

• One-stage<br />

exchange<br />

• Antimicrobial<br />

treatment<br />

• Two-stage<br />

exchange with<br />

long interval<br />

(6-8 weeks)<br />

• No spacer<br />

• Antimicrobial<br />

treatment<br />

Long-term<br />

suppressive<br />

antimicrobial<br />

treatment<br />

• Implant<br />

removal<br />

without<br />

replacement<br />

• Antimicrobial<br />

treatment<br />

• Two-stage<br />

exchange with<br />

short interval<br />

(2-4 weeks)<br />

• Spacer<br />

• Antimicrobial<br />

treatment<br />

Zimmerli W. NEJM 2004;351:1645<br />

Zimmerli W, NEJM 2004, 351:1645<br />

Zu Beachten:<br />

• Bei 2-zeitigem Wechsel im Implantat-freien Intervall kein Rifampicin, auch wenn Spacer in<br />

situ.<br />

• Rifampicin wird erst nach Schluss der Wunde und Entfernung der Wunddrainagen dazu<br />

geben.<br />

• Gesamte Therapiedauer 3 Monate (bei Knieprothesen 6 Monate).<br />

Juni <strong>2012</strong> 70


Tabelle 1. Behandlung von Protheseninfektionen.<br />

Erreger Antibiotikum Dosis bei normaler<br />

Nierenfunktion<br />

Staphylococcus aureus<br />

oder koagulase-negative<br />

Staphylokokken<br />

Methicillin-sensibel<br />

Methicillin-resistent<br />

Streptococcus spp.<br />

(ausser S. agalactiae)<br />

Enterococcus spp.<br />

(penicillin-sensibel) und<br />

S. agalactiae<br />

Enterobacteriaceae<br />

(Chinolon-sensibel)<br />

Nonfermenter<br />

(z.B. Pseudomonas<br />

aeruginosa)<br />

Anaerobier 4<br />

Polymikrobieller Infekt<br />

Rifampicin plus<br />

Flucloxacillin 1<br />

für 2 Wochen, dann<br />

Rifampicin plus<br />

Ciprofloxacin oder<br />

Levofloxacin<br />

Rifampicin plus<br />

Vancomycin oder<br />

Daptomycin<br />

für 2 Wochen, dann<br />

Rifampicin plus<br />

Ciprofloxacin oder<br />

Levofloxacin oder<br />

Teicoplanin oder<br />

Fucidinsäure oder<br />

Cotrimoxazol oder<br />

Minocycline<br />

Penicillin G 1 oder<br />

Ceftriaxon<br />

für 4 Wochen, dann<br />

Amoxicillin<br />

Amoxicillin 2<br />

plus Gentamycin<br />

für 2-4 Wochen, dann<br />

Amoxicillin 3<br />

Ciprofloxacin<br />

Cefepime oder Ceftazidime<br />

plus Tobramycin<br />

für 2-4 Wochen, dann<br />

Ciprofloxacin<br />

Clindamycin<br />

für 2 Wochen, dann<br />

Clindamycin<br />

Infektiologisches Konsil<br />

2 x 450 mg po/iv<br />

4 x 2 g iv<br />

2 x 450 mg po<br />

2 x 750 mg po<br />

2 x 500 mg po<br />

2 x 450 mg po/iv<br />

2 x 1 g iv<br />

1 x 10 mg/kg iv<br />

2 x 450 mg po<br />

2 x 750 mg po<br />

2 x 500 mg po<br />

1 x 400 mg iv<br />

3 x 500 mg po<br />

2 x 2 Tabl. Forte po<br />

2 x 100 mg po<br />

4 x 5 million U iv<br />

2 g alle 24 h iv<br />

3 x 750-1000 mg po<br />

4 x 2 g iv<br />

3 x 1 mg/kg iv<br />

3 x 750-1000 mg po<br />

2 x 750 mg po<br />

3 x 2 g iv<br />

5-7 mg/kg/24 h iv<br />

2 x 750 mg po<br />

3 x 600 mg iv<br />

3 x 600 mg po<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Bei Penicillin-Allergie nicht vom Typ 1: Cefazolin (3 x 2 g iv);<br />

bei Typ 1 Allergie (Anaphylaxie): Vancomycin (2 x 1 g iv) oder Daptomycin (1 x 10 mg/kg iv).<br />

Bei Penicillin-Allergie: Vancomycin (2 x 1 g iv) plus Gentamycin (3 x 1 mg/kg iv) oder<br />

Daptomycin (1 x 10 mg/kg iv)<br />

Orale Therapie bei Penicillin-Allergie Infektiologisches Konsil<br />

Alternative: Penicillin G (5 million U alle 6 h iv) oder Ceftriaxon (2 g alle 24 h iv) bei grampositiven<br />

Anaerobiern (e.g. Propionibacterium acnes) und Metronidazole (500 mg alle 8 h iv<br />

oder po) bei gram-negativen Anaerobiern (e.g. Bacteroides spp.).<br />

Juni <strong>2012</strong> 71


Tuberkulose<br />

1. Diagnostik der offenen Lungentuberkulose<br />

1.1. Anamnese und Radiologie<br />

Frage insbesondere nach chronischem Husten, B-Symptomatik, Tbc-Fall im sozialen<br />

Umfeld, frühere Tbc-Diagnose/Therapie, Reiseanamnese, Herkunftsland,<br />

Asylbewerber, Risikofaktoren wie Malnutrition, Immunsuppression, HIV etc.<br />

Röntgen Thorax (falls unklar CT): Tbc-typische Veränderungen (Kaverne, Infiltrate<br />

Oberlappen etc.)<br />

1.2. Mikrobiologie<br />

Bei V.a. aktiver Lungentuberkulose sind folgende Proben zu entnehmen:<br />

3 Sputen mit Bronchialsekret (nicht Speichel), davon vorzugsweise min.<br />

1 Morgensputum. Alle Sputen können am gleichen Tag in zeitlichem Abstand von min.<br />

1 Stunde entnommen werden* oder<br />

3 induzierte Sputen nach Inhalation mit hypertoner NaCl Lösung 3% oder<br />

1 BAL und 1 Post-BAL-Sputum (Entnahme unmittelbar nach der BAL) und<br />

1 weiteres Sputum (spontan oder induziert)<br />

Bei allen 3 Proben Direktpräparat auf säurefeste Stäbchen und Kultur auf<br />

Mykobakterien, bei min. 2 Proben PCR Tbc<br />

Bemerkungen:<br />

Sputumproben sind sensitiver als eine BAL (Verdünnungseffekt)<br />

GeneXpert: PCR Tbc und Bestimmung genetischer Rifampicin-Resistenz (Sensitivität<br />

99%), Resultate innerhalb 2 Stunden auf Anfrage (bei hochgradigem Verdacht auf<br />

multiresistente Tbc oder schnell gewünschtem Resultat) möglich.<br />

Tbc=M. tuberculosis complex PCR: M. tuberculosis, M. africanum, M. bovis und M.<br />

bovis- BCG (Impfstamm), selten M. caprae, M. canettii, M. microti und M. pinnipedii.<br />

Tuberkulin-od. γ-Interferon-Test diskriminiert nicht zwischen aktiver und latenter Tbc<br />

Bei Tbc-Neudiagnose immer HIV-Test.<br />

Juni <strong>2012</strong> 72


2. Therapie der Tuberkulose<br />

2.1. Standardbehandlung bei Personen mit pansensibler Tbc<br />

Die Behandlung besteht aus einer 8-wöchigen Initialphase (rasche Keimreduktion durch<br />

Medikamente mit guter bakterizider Aktivität) sowie einer Konsolidationsphase<br />

(Sterilisation von Keimreservoirs). Zur Verhinderung einer Resistenzentwicklung werden<br />

in der Initialphase mindestens 4 wirksame Medikamente eingesetzt. Bei pansensibler Tbc<br />

kann Ethambutol nach Erhalt der Resistenz gestoppt werden.<br />

Einnahme der Medikamente prinzipiell morgens nüchtern.<br />

Initialphase (8 Wochen) Konsolidationsphase (Dauer vgl. Pkt. 2.2)<br />

Medikamente Dosierung/Tag (max. Dosierung) Medikamente Dosierung/Tag<br />

Isoniazid INH<br />

Rifampicin RIF<br />

Pyrazinamid PZA<br />

Ethambutol ETB<br />

5mg/kg KG (300mg)<br />

10mg/kg KG (600mg)<br />

25mg/kg KG<br />

15-20mg/kg KG<br />

Isoziazid INH<br />

Rifampicin RIF<br />

5mg/kg KG<br />

10mg/kg KG<br />

Medikamente Dosierung/Tag (max. Dosierung) Medikamente Dosierung/Tag<br />

Kombinationspräparate<br />

Kombinationspräparate<br />

Rimstar ®<br />

30–37kg: 2 Tabl<br />

Rifinah ®<br />

50kg: 4Tabl<br />

PZA 400mg, ETB 275mg pro Tabl) 55-70kg: 4 Tabl<br />

pro Tabl)<br />

oder<br />

≥71kg: 5 Tabl<br />

Rifater ®<br />

30-39kg: 3 Drg<br />

oder<br />

(INH 50mg, RIF 120mg,<br />

40-49kg: 4 Drg<br />

Isoniazid USP ® (INH) 300mg/Tag<br />

PZA 300mg pro Drg)<br />

50-64kg: 5 Drg<br />

+<br />

+<br />

≥ 65 kg: 6 Drg<br />

Rimactan ® (RIF)<br />

600mg/Tag<br />

Myambutol ® (ETB 100/400mg Tabl) 15-20 mg/kg KG<br />

Vitamin B6<br />

40mg/Tag sofern Isoniazid Bestandteil der Kombinationstherapie ist<br />

2.2. Therapiedauer bei Personen mit neuer Erkrankung (mit und ohne HIV Infektion)<br />

Klinik Dauer Steroide<br />

Lungentuberkulose<br />

Kavernös<br />

6 Monate (Kultur neg, nach 2 Mo) nein<br />

9 Monate (Kultur pos. nach 2 Mo)<br />

Nicht kavernös 6 Monate nein<br />

Extrapulmonale Tuberkulose<br />

Lymphknoten, Pleura, urogenital 6 Monate nein<br />

Perikard 6 Monate Prednison 60mg/Tag für 4 Wo,<br />

30mg/Tag für 4 Wo, 15mg/Tag für 2<br />

Wo, 5mg/Tag für 1 Wo<br />

Knochen/Gelenke<br />

6 Monate (9-12 Monate bei<br />

nein<br />

ausgedehntem Befund und Komplik.)<br />

ZNS inklusive Meningitis 12 Monate Dexamethason 3x4mg/Tag 3 Wo,<br />

Ausschleichen über 3 Wo<br />

Juni <strong>2012</strong> 73


2.3. Follow-up unter tuberkulostatischer Therapie bei pansensibler Lungen-Tbc<br />

Tag § Monat §<br />

Untersuchung<br />

0 10 14 21 1 1 ½ 2 3 4 5<br />

EoT<br />

Sputum (DP, Kultur)<br />

- nicht-kavernös<br />

- kavernös<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X 1<br />

X X 1 X 1<br />

X 1,2<br />

X<br />

X<br />

Rx- Thorax X (X) (X)<br />

Compliance X X X X X X X X<br />

ALAT 3 X X X X X X X X X<br />

Farbsehen 4 X 4 X 4 X 4 X 4 X 4 X 4<br />

1<br />

nach Austritt monatliche Sputumkontrollen bis 2 konsekutive Sputen Kultur negativ bei nichtkavernöser<br />

Tbc, rsp. 3 konsekutive Sputen bei kavernöser Tbc (bezüglich Entisolation vgl. 4.3)<br />

2<br />

bei kavernöser Tbc und pos. 2-Monats-SputumkulturenVerlängerung Therapie auf total 9 Monate<br />

3<br />

falls 3x Norm + Symptome oder 5x Norm ohne Symptome Stopp Therapie und infektiologisches<br />

Konsil, ev. HBV/HCV-Serologie<br />

4<br />

Elektroretinogramm/evorzierte Potentiale, falls Ethambutol > 2 Monate und Dosierung >20mg/kg KG<br />

§ angegebene Tage und Monate sind als ungefähre Richtgrössen zu verstehen<br />

(X) fakultativ, EoT End of treatment<br />

2.4. Resistente Tuberkulose<br />

2.4.1. Definitionen<br />

Isolierte Resistenz<br />

Resistenz gegen einzelne Substanzen (INH > RIF)<br />

MDR-Tbc (multidrug resistant) Resistenz gegen INH und RIF<br />

XDR-Tbc (extensively drug resistant) MDR plus Resistenz gegen alle Fluorochinolone und min. 1<br />

injizierbares Medikament (WHO-Definition)<br />

Risikofaktoren für resistente Tbc: frühere Tbc-Diagnose/-Therapie, abgebrochene Tbc-Therapie,<br />

Gefängnisaufenthalt, Herkunft aus Ländern mit erhöhtem Risiko für Multiresistenz (v.a.<br />

Osteuropa/Ex-Sowjetunion) Bei V.a. oder bestätigte resistente Tbc immer infektiol. Konsil<br />

2.4.2. 2 nd -line Medikamente gegen Tbc<br />

Medikament Dosierung Wichtige Nebenwirkungen<br />

Moxifloxacin 400mg/Tag Tendopathien, QT-Zeit-Verlängerungen<br />

Injizierbare Medikamente:<br />

- Aminoglykoside (Amikacin 15mg/kg KG Oto-/Nephrotoxizität<br />

Streptomycin*, Kanamycin*)<br />

- Capreomycin*<br />

15mg/kg KG<br />

Cycloserine* 500-750mg/Tag Neurotoxizität<br />

Para-Aminosalicylsäure PAS* 8-12g/Tag GIT-Nebenwirkungen<br />

Ethionamid/Prothionamid* 500-750mg/Tag GIT-Nebenwirkungen, Neurotoxizität<br />

3 rd -line Medikamente: Linezolid, Amoxicillin/Clavulansäure, Clarithromycin, TMC207* etc.<br />

*nicht in der Schweiz erhältlichBestellung über Spitalapotheke (weitere Infos www.tbinfo.ch)<br />

2.5. HIV und aktive Tuberkulose: Zeitpunkt cART-Beginn in Abhängigkeit der CD4<br />

CD4 (Zellen/ul)<br />

Beginn der cART<br />

< 100 So bald wie möglich, idealerweise innerhalb 2 Wo nach Start Tbc-Th<br />

100-350 ca. 2 Wochen nach Start Tbc-Therapie<br />

> 350 Individuell, ev. erst nach Abschluss der Tbc-Therapie<br />

CAVE Interaktionen Rifampicin mit cART und IRIS (Immunrekonstitutionssyndrom)<br />

immer infektiologisches Konsilium bei HIV-Patienten mit Tbc<br />

Juni <strong>2012</strong> 74


2.6. Behandlungsergebnisse Definitionen<br />

Therapie-naive Früher nie oder < 1 Monat mit Tuberkulostatika behandelt<br />

Vorbehandelt<br />

Früher ≥1 Monat mit Tuberkulostatika behandelt<br />

- Relapse (Rezidiv) Erneut positive mikrobiologische Untersuchung nach primär<br />

erfolgreich abgeschlossener tuberkulostatischer Therapie mit<br />

negativen Kulturen. Kann bedingt sein durch 1. ungenügende<br />

Therapie (true relapse) oder 2. exogene Reinfektion<br />

- Failure<br />

Persistierend oder wiederholt positive Kultur nach 4 Monaten<br />

(Therapieversagen) adäquater tuberkulostatischer Therapie<br />

- Therapieabbruch Unterbruch der Therapie für min. 2 Monate<br />

- Chron. Tuberkulose Positive mikrobiolog. Untersuchung nach der 2. vollständig<br />

überwachten Behandlung (idR. multiresitent)<br />

2.7. Management Therapieunterbruch<br />

Eine vollständige Therapie ist definiert durch die Anzahl eingenommener Dosen<br />

(Standardregime über 6 Monate bei Einnahme 7x/Woche: 56 Dosen Pyrazinamid, 182<br />

Dosen Isoniazid (INH) und Rifampicin (RIF)). Je früher und länger der<br />

Therapieunterbruch stattfindet, desto höher ist das Rezidivrisiko und desto eher muss die<br />

Therapie neu begonnen werden.<br />

CDC Recommendations and Reports, Treatment of Tuberculosis, June 20, 2003/Vol. 52/No. RR-11<br />

Juni <strong>2012</strong> 75


3. Latente Tuberkulose (LTbc)<br />

= positiver Tuberkulin-Test oder γ-Interferon-Test ohne Hinweise für aktive Tbc.<br />

3.1. Epidemiologie<br />

Das Lebenszeitrisiko für die Reaktivierung in aktive Tuberkulose beträgt ca. 5-10% (50%<br />

in den ersten 2 Jahren nach Exposition, die restlichen 50% im Verlaufe des Lebens), gilt<br />

auch für HIV-Patienten unter cART.<br />

3.2. Behandlung der latenten Tuberkulose beim Erwachsenen<br />

3.2.1. Indikation (adaptiert nach CDC und Lungenliga CH 2011)<br />

Eine latente Tbc soll generell nur dann gesucht werden, wenn bei einem positiven Befund<br />

auch eine entsprechende Therapie in Erwägung gezogen wird. Voraussetzung für die<br />

Therapie einer LTbc ist immer der Ausschluss einer aktiven Tbc (vgl. Kapitel 1).<br />

Risikofaktoren Tuberkulintest γ-Interferon- Behandlung<br />

Test<br />

Hohes Risiko<br />

Kürzliche Tbc Exposition 1<br />

- Immunkompetente ≥ 5mm oder Konversion positiv ja<br />

- Immunsuppression 3 positiv od. negativ 2 positiv,negativ 2 ja 2<br />

Radiologische Tbc Residuen ≥ 5mm oder Konversion positiv ja<br />

HIV Infektion<br />

≥ 5mm oder Konversion<br />

negativ<br />

positiv<br />

negativ<br />

ja<br />

fakultativ<br />

Immunsuppression 3 ≥ 5mm oder Konversion positiv 4 ja<br />

Mittleres Risiko<br />

Immigration von Endemiegebiet ≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />

innerhalb der letzten 5 Jahre<br />

Mitarbeitende des<br />

≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />

Gesundheitswesens<br />

Intravenöser Drogenkonsum ≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />

Grundkrankheit<br />

≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />

Silikose, Diabetes mellitus, chronische<br />

Niereninsuffizienz, Malignom,<br />

hämatologische Erkrankungen,<br />

Gastrektomie, Jejuno-ilealer Bypass,<br />

Gewichtsverlust >10% KG<br />

Kleines Risiko<br />

Keine Risikofaktoren ≥ 15mm oder Konversion positiv fakultativ 5<br />

1 innerhalb der letzten 2 Jahre<br />

2 Tuberkulin-und γ-Interferon-Test können falsch neg. seinBehandlung in jedem Fall erwägen<br />

3<br />

Transplantierte, Steroide ≥15mg Prednison für ≥1 Monat oder Äquivalent, TNF-α Blocker<br />

4<br />

Sensitivität bei dieser Population nicht definitiv festgelegt<br />

5<br />

Toxizität der Medikamente nimmt mit dem Alter zu, Behandlung zu empfehlen


3.3. Bemerkungen zum Tuberkulin- und γ-Interferon-Test<br />

3.3.1. Tuberkulin-Test (=Mantoux-Test)<br />

• Test kann bei Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien oder<br />

vorausgegangener BCG-Impfung falsch positiv sein.<br />

• Testdurchführung: 0,1 ml der Tuberkulinlösung intradermal in ventralen Teil des<br />

Unterarmes. Ablesung nach 48 bis 72 Stunden: Grösse des Querdurchmessers der<br />

tastbaren Induration (senkrecht zur Längsachse des Armes) in Millimetern, Induration<br />

muss deutlich erkennbar sein (ca.1 mm hoch).<br />

3.3.2 γ-Interferon-Tests (T-Spot ® -Test oder QuantiFERON-TB ® Test)<br />

• Die Tests basieren auf der in vitro gemessenen Produktion von γ-Interferon durch T-<br />

Lymphozyten, die mit Tbc-spezifischen Peptiden (ESAT-6 und CFP-10 beim T-Spot ® -<br />

Test) stimuliert wurden. Diese Peptide fehlen bei BCG-M. bovis und bei den meisten<br />

nicht-tuberkulosen Mykobakterien.<br />

T-Spot ® -Test wird durchgeführt am Institut für medizinische Mikrobiologie IMM Basel,<br />

Blutentnahme (Li-Heparin LH, 7,5ml, grüner Deckel) muss Montag-Freitag jeweils<br />

bis 12.00Uhr erfolgen!<br />

Vor- und Nachteile der γ-Interferon-Tests gegenüber dem Tuberkulintest<br />

Vorteile<br />

− Test spezifischer bei gleicher Sensitivität:<br />

Keine Beeinflussung durch BCG oder<br />

nicht-tuberkulöse Mykobakterien<br />

(Ausnahme<br />

M. kansasii, M. marinum, M. szulgai)<br />

− Keine Boosterreaktion bei wiederholten<br />

Testungen<br />

− Kein Ablese-Bias-/Fehler<br />

− Keine falsch positiven Resultate<br />

− Patient muss nur 1x für den Test kommen<br />

Nachteile<br />

− Venöse Blutabnahme<br />

− Zeitliche Limitation bei Weiterverarbeitung<br />

der Blutproben,Transportlogistik<br />

− Bedeutung der unterschiedlichen Spiegel<br />

unbekannt<br />

− Einfluss medikamentöser Behandlung<br />

unklar<br />

− Interpretation eines positiven Tests in Bezug<br />

auf Risiko der Entwicklung einer<br />

Tuberkulose im Gegensatz zum<br />

Tuberkulintest noch ungenügend bekannt<br />

− Teuer<br />

Juni <strong>2012</strong> 77


4. Isolation und Entisolation<br />

4.1. Indikationen für eine Tbc-Isolation<br />

Ziel: Vermeidung der Keimübertragung durch Mikrotröpfchen (= Aerosol,


4.2.3. Schutzausrüstung im Patientenzimmer<br />

Indikation<br />

FFP2<br />

Schutzmaske<br />

FFP3<br />

Schutzmaske<br />

mit Ventil<br />

Überschürze<br />

Handschuhe<br />

Tbc P/B P/B P/B<br />

Multiresistente Tbc *PA P/B P/B P/B<br />

Bei: Bronchoskopie,<br />

Inhalation,<br />

Sputuminduktion<br />

P/B P/B P/B<br />

P/B = Personal und Besuchende<br />

*PA = Patientinnen und Patienten: Tragen bei multiresistentem Erreger bei Anwesenheit von<br />

Personen im Zimmer (Visite, pflegerische Handlungen, Besuch) eine FFP2-Maske<br />

• Die Schutzmaske kann mehrmals durch die gleiche Person benutzt werden. Sie wird<br />

in der Schleuse in einer bezeichneten Einweg-Nierenschale aufbewahrt und muss<br />

nach Schichtende oder bei Durchnässung entsorgt werden.<br />

• Besuch von Kindern unter 12 Jahren: nach Rücksprache mit der <strong>Spitalhygiene</strong><br />

4.2.4. Patientinnen und Patienten<br />

verlassen das Zimmer nur in Begleitung von instruiertem Personal (Untersuchung<br />

oder Sonderregelung) und tragen eine FFP2 Schutzmaske<br />

notwendige diagnostische und therapeutische Massnahmen werden, wenn möglich,<br />

auf Ende des Tagesablaufes geplant oder im Patientenzimmer durchgeführt<br />

das Pflegepersonal beaufsichtigt und dokumentiert die Einnahme der<br />

Tuberkulostatika (=DOT)<br />

werden angeleitet, Einweg-Taschentücher zu verwenden und diese direkt in den<br />

bereitgestellten Abfallsack zu entsorgen<br />

werden informiert über die Notwendigkeit der Händedesinfektion, insbesondere nach<br />

Niesen, Husten, Gebrauch von Taschentüchern<br />

4.3 Aufhebung der Tbc-Isolation im Spital<br />

4.3.1. Bei bestätigter Tuberkulose<br />

Erfolgt ausschliesslich auf Anordnung des Dienstarztes/-aerztin <strong>Infektiologie</strong>,<br />

<strong>Spitalhygiene</strong> oder Pneumologie. Dieser meldet die Aufhebung der Isolation<br />

gleichentags der <strong>Spitalhygiene</strong><br />

Patienten mit offener Tbc sollen nach Rücksprache mit der <strong>Infektiologie</strong> oder<br />

<strong>Spitalhygiene</strong> baldmöglichst aus dem Spital entlassen werden. Voraussetzung ist die<br />

Weiterführung und Compliance der Tbc-Therapie, soziale oder administrative<br />

Hindernisse müssen vor Entlassung berücksichtigt werden.<br />

Falls der Patient nach Aufhebung der Tbc-Isolation nicht entlassen wird, soll er<br />

möglichst nicht in ein Mehrbettzimmer und nicht zu immunkompromittierten Patienten<br />

mit erhöhter Empfindlichkeit für Tuberkulose verlegt werden<br />

Juni <strong>2012</strong> 79


4.3.1.1. Kriterien für die Aufhebung der Isolation im Spital<br />

• überwachte Medikamenteneinnahme seit mindestens 14 Tagen, gut toleriert<br />

• klinisches Ansprechen auf die Therapie (Husten gering oder fehlend)<br />

• Deutliche Abnahme der säurefesten Stäbchen in je 1 Verlaufssputum ca. am Tag 10<br />

und 14 nach Therapiestart.<br />

• Empfindlichkeit von M. tuberculosis auf Isoniazid und Rifampicin in der Kultur oder<br />

negative PCR für Rifampicin Resistenz<br />

• Bei Kaverne vgl. 4.3.1.2<br />

• Bei MDR-/XDR-Tbc vgl. 4.3.1.2<br />

4.3.1.2. Spezialfälle<br />

Bei Vorliegen einer Kaverne (zusätzlich zu den Kriterien 4.3.1.1)<br />

• Verlängerung der Tbc-Isolation im Spital auf min. 21 Tage<br />

• Dokumentation deutlicher Abnahme der säurefesten Stäbchen in 3<br />

Verlaufssputen ca. am Tag 10, 14 und 21<br />

Bei Vorliegen einer multiresistenten Tuberkulose (MDR, XDR)<br />

• Weiterführung der Tbc-Isolation bis zum Vorliegen von drei negativen Sputum-<br />

Kulturen, die in einem Abstand von min 8-24 Stunden abgenommen wurden.<br />

4.3.2. Bei Tuberkuloseverdacht<br />

Hoher Tuberkuloseverdacht<br />

Bei klinisch hohem Tbc-Verdacht bleibt der Patient isoliert, bis er min. 2 Wochen<br />

behandelt ist, auch wenn Sputum und PCR negativ sind!<br />

Geringer bis mässiger Tuberkuloseverdacht<br />

Entisolation möglich, sobald 3 Sputen mit negativem Direktpräparat und min. 2 Sputen<br />

mit negativer PCR vorliegen. PatientInnen mit mässigem Verdacht können ggf. nach<br />

Entisolation in ein Zweibettzimmer zu einem immunkompetenten Patienten verlegt<br />

werden ( Auflage an Stationsleitung).<br />

4.4. Vorgehen im ambulanten Spitalbereich nach Entisolation im Spital<br />

• Grundsätzlich braucht es für die Betreuung der Patienten keine speziellen<br />

Vorsichtsmassnahmen, sofern die Entisolationskriterien erfüllt sind (vgl. 4.3.1.1/2).<br />

• Zusätzliche Vorsichtsmassnahmen werden bei einer kavernösen Lungen-Tbc<br />

zur weiteren Minimierung des Transmissionsrisiko auf Verordnung des Dienstarztes<br />

<strong>Infektiologie</strong> oder <strong>Spitalhygiene</strong> umgesetzt:<br />

- Patient trägt im Spitalbereich inklusive Untersuchungsraum eine FFP 2 Maske bis<br />

zur Dokumentation von 3 neg. Direktpräparaten oder neg. Kulturen (Verlaufssputen<br />

in Abstand von min. 8-24 Stunden abnehmen).<br />

- Empfehlung: Personal trägt bei engem Patientenkontakt (z.B. Auskultation) eine<br />

FFP2-Maske.<br />

- Ueberschürze und Handschuhe müssen nicht angezogen werden. Das<br />

Untersuchungszimmer muss keiner Schlussdesinfektion unterzogen werden.<br />

5. Information, Meldepflicht und Umgebungsuntersuchung<br />

5.1. Information der Patientin, des Patienten sowie der Angehörigen über<br />

• den Übertragungsweg<br />

• die Isolationsmassnahmen<br />

Juni <strong>2012</strong> 80


5.2. Meldepflicht (Details siehe HRL 3.05 und 8.4)<br />

• Patientinnen und Patienten mit Tuberkulose müssen vom behandelnden Arzt<br />

innerhalb einer Woche schriftlich dem Kantonsarzt gemeldet werden (Formular unter<br />

www.bag-anw.admin.ch/infreporting/forms/d//arzt_d.pdf).<br />

• Wenn die Diagnose im Mikrobiologielabor USB gestellt wird, sendet das Labor eine<br />

Kopie des Befundes an die <strong>Spitalhygiene</strong> und das Meldeformular für die spitalinterne<br />

Umgebungsuntersuchung an den zuständigen Stationsarzt.<br />

• Der Stationsarzt sendet das bearbeitete Formular an die <strong>Spitalhygiene</strong> weiter. Die<br />

<strong>Spitalhygiene</strong> entscheidet folgend über die Indikation für eine<br />

Umgebungsuntersuchung im USB.<br />

5.3. Umgebungsuntersuchung nach Tuberkulose-Kontakt (Details siehe HRL 3.05 und 8.4)<br />

• Die Umgebungsuntersuchung für das Personal wird vom Personalarztdienst<br />

organisiert und durchgeführt.<br />

• Die Umgebungsuntersuchung für Kontaktpatientinnen und -patienten wird vom<br />

verantwortlichen Oberarzt bzw. leitenden Arzt der Station durchgeführt.<br />

• Die Umgebungsuntersuchung für Angehörige und Kontaktpersonen ausserhalb des<br />

USB sowie bereits ausgetretene Kontaktpatientenen wird vom Kantonsärztlichen<br />

Dienst angeordnet.<br />

6. BCG-Impfung<br />

In der Schweiz wird die BCG-Routineimpfung nicht mehr empfohlen, auch nicht für<br />

medizinisches Personal (wurde bis ca. 1985 routinemässig durchgeführt).<br />

7. Untersuchung des Personals auf Tbc<br />

Wird vom PAD organisiert und durchgeführt (vgl auch HRL 6.01)<br />

Juni <strong>2012</strong> 81


8. Literatur:<br />

1. Laifer G et al. Polymerase chain reaction for Mycobacterium tuberculosis. Impact on clinical<br />

management of refugees with pulmonary infiltrates. Chest 2004; 125: 981-986.<br />

2. Long R. Relative versus absolute noncontagiousness of respiratory tuberculosis on<br />

treatment. Inf Control Hosp Epidmiol 2003; 24: 831-838.<br />

3. Tostmann et al. Tuberculosis transmission by patients with smear-negative pulmonary<br />

tuberculosis in a large cohort in the Netherlands. Clin Infect Dis 2008; 47: 1135-42.<br />

4. Brown M et al. Prospective study of sputum induction, gastric washing, and bronchoalveolar<br />

lavage fort he diagnosis of pulmonary tuberculosis in patients who are unable to expetorate.<br />

Clin Infect Dis 2007; 44: 1415-1420.<br />

5. Tissot F et al. Influence of Bacille Calmette-Guerin vaccination on size of tuberculin skin test<br />

reaction: to what size ? Clin Infect Dis 2005; 40. 211-217.<br />

6. Targeted Tuberculin-Testing and treatment of latent tuberculosis infection. MMWR 2000; 49:<br />

1-43.<br />

7. Elzi et al. Reducing tuberculosis incidence by tuberculin skin testing, preventive treatment,<br />

and antiretroviral therapy in an area of low tuberculosis transmission. Clin Infect Dis. 2007<br />

Jan 1;44(1):94-102.<br />

8. Hillemann D, Rüsch-Gerdes S, Richter E. Evaluation of the GenoType MTBCDRplus assay<br />

for rifampin and isoniazid susceptibility testing of Mycobacterium tuberculosis strains and<br />

clinical specimens. J Clin Microbiol 2007; 45: 2635-2640.<br />

9. Handbuch Tuberkulose. BAG und Schweizerische Lungenliga 2011.<br />

10. Treatment of tuberculosis. MMWR 2003; 52: 1-74.<br />

11. Mukherjee JS et al. Programmes and principles in treatment of multidrug-resistant<br />

tuberculosis. Lancet 2004; 363:474-481.<br />

12. Boehme et al, Rapid Molecular Detection of Tuberculosis and Rifampin Resistance. N Engl J<br />

Med 2010;363:1005-15.<br />

13. MMWR (CDC), Updated Guidelines for the Use of Nucleic Acid Amplification Tests in the<br />

Diagnosis of Tuberculosis 2009; Vol. 58, No 1<br />

14. Lungenliga, Handbuch Tuberkulose, 2011<br />

15. EACS HIV-Guidelines 2001<br />

Juni <strong>2012</strong> 82


Zecken-übertragene Erkrankungen in der Schweiz<br />

1. Uebersicht Zecken-übertragene Erkrankunge weltweit<br />

Borreliose<br />

Tularämie<br />

Keime Diagnostik Vorkommen<br />

Borrelia burgdorferi<br />

sensu latu<br />

s. unten Europa, USA<br />

FSME-Virus s. unten Von Europa, v.a. Zentraleuropa<br />

über Russland bis China, innerhalb<br />

dieses Gebietes gibt es Cluster von<br />

Endemiegebieten, nicht >1000<br />

m.ü.M.<br />

Francisella<br />

tularensis<br />

PCR aus<br />

Lymphknotenaspirat,<br />

Serologie (ab 3.<br />

Erkrankungswoche)<br />

Skandinavien, Osteueropa, aber<br />

auch in CH<br />

Q-Fieber Coxiella burnetti Serologie, PCR Ubiquitär inkl. CH<br />

Ehrlichiose<br />

Ehrlichia<br />

chaffeensis<br />

Anaplasma<br />

phagocytophilum<br />

PCR für frühe Dx,<br />

Ausstrich selten pos.<br />

Blutausstrich in 80%<br />

pos.<br />

Südosten USA<br />

Mittl. Westen USA, Europa inkl CH<br />

Babesiose B. microtii Blutausstrich USA, Zentralamerika<br />

Zeckenübertragene<br />

Rickettsiosen<br />

Rocky mountain<br />

spotted fever<br />

Frühsommer-<br />

Meningoencephalitis<br />

Mittelmeerfleckfieber<br />

B. divergens Blutausstrich Mitteleuropa, CH bisher kein Fall<br />

>> Riesige Gruppe mit vielen Erregern, untenstehend nur eine Auswahl, für<br />

umfassende Information siehe Referenz 1<br />

>> Die Serologie am IMM umfasst: R. conorii, R. africae, R. rickettsii, R. typhii,<br />

R. prowazeckii, whs auch R. sibiriae und R. australiae (ev noch weitere<br />

Typen, aber dafür zu wenig Daten)<br />

R. rickettsii USA, Zentralamerika<br />

R. conorii Mittelmeerraum, Afrika, Indien,<br />

Schwarzmeerraum<br />

R. helvetica R. helvetica Europa, Japan, Thailand<br />

African tick bite<br />

fever<br />

R. africae Afrika südlich der Sahara,<br />

Guadeloupe<br />

Juni <strong>2012</strong> 83


2. Frühsommer-Meningoencephalitis FSME<br />

(Synonym im engl. Sprachraum: tickborne encephalitis, tickborne disease)<br />

2.1. Vorkommen/Uebertragung<br />

Transmission während den ersten Minuten des Zeckenbisses (anders als Lyme). Saison:<br />

Frühling (über 6°C) bis November<br />

2.1.1. Internetadressen für Endemiegebiete<br />

Karte für CH: www.admin.bag.ch >> FSME<br />

Karte für D: www.rki.de >> FSME<br />

Angaben für F: www.sante.gouv.fr/meningoencephalite-a-tique.html<br />

Angaben für A: http://zecken.at/fsme/verbreitungsgebiete/<br />

Angaben für I: www.epicentro.iss.it/problemi/zecche/meningoencefalite.asp<br />

2.2. Klinik<br />

Inkubationszeit median 8 Tage (4-28d), symptomatisch nur 50%. Typisch biphasischer Verlauf:<br />

5d (2-10d) Prodromalphase mit Fieber (99%), Fatigue, Kopfweh, ev. leichte Leukopenie,<br />

Thrombopenie, erhöhte Transaminasen. Nach 7d (1-20d) symptomfreies Intervall Meningitis<br />

(45%), Meningoencephalitis (45%), Myelitis/Radikulitis (10%)<br />

Typisch für Flaviviren: Extrapyramidale Symptomatik mit Bradykinese, Rigor, Tremor oder Befall<br />

der Vorderhörner mit „poliomyelitis-like syndrome“ mit zusätzlichen schlaffen Paresen.<br />

2.3. Diagnostik<br />

Liquor: Pleocytose (i.d.R. unter 100/mm 3 ), mononukleär, leicht erhöhtes Protein.<br />

Serologie: FSME-IgM 7-10d nach Infektion, IgG 14d nach Infektion.<br />

Faustregel: Zum Zeitpunkt der Meningoencephalitis ist FSME-IgM im Serum positiv.<br />

IgM bleibt monatelang positiv, IgG persistiert lebenslang.<br />

Intrathekale Antikörper: Intrathekale Antikörper erscheinen einige Tage nach den Serumantikörpern.<br />

Liquor-Serum-Antikörperindex hilfreich bei Geimpften, da FSME-Antikörper im Liquor<br />

nur bei Infektion, nicht bei Impfung, gebildet werden.<br />

PCR: im Liquor nicht sinnvoll, da sehr tiefe Sensitivität.<br />

2.4. Therapie: symptomatisch<br />

2.5. Impfung<br />

Empfehlung BAG: für alle Erwachsene und Kinder >6j, die in Endemiegebieten wohnen oder<br />

sich zeitweise dort aufhalten<br />

Impfung: Wirksamkeit von ca. 95% nach 3 Dosen. Breakthrough-Infektionen trotz Impfung sind<br />

beschrieben (in CH 8 Fälle von 1995-2004). Impfung in akuter Infektion nicht empfohlen.<br />

Impfschema:<br />

- Primovakzination mit 3 Dosen (Encepur: 0, 1–3, 9–12 Monate; FSME-Immun: 0, 1-3,5–12<br />

Monate), Auffrischimpfungen alle 10 Jahre; Schutz bereits nach 2 Dosen vorhanden<br />

- Schnellschema: Encepur: 0,7,21 Tage, 12–18 Monate; FSME-Immun: 0,14 Tage, 5–12<br />

Monate<br />

Passivimpfung: gab es früher in Deutschland, existiert nicht mehr, nicht empfohlen<br />

Juni <strong>2012</strong> 84


2.6. Literatur<br />

1. Bassetti S. Rickettsiosen der Zeckenbissfieber-Gruppe. Internist (Berl). 2004<br />

Jun;45(6):669-76.<br />

2. Lindquist L et al. Tick-borne encephalitis. Lancet. 2008 May 31;371(9627):1861-71.<br />

3. Stanek G.Durch Zecken übertragene Krankheitserreger in Mitteleuropa. Wien Klin<br />

Wochenschr. 2005 Jun;117(11-12):373-80.<br />

3. Borreliose<br />

3.1. Epidemiologie<br />

In der CH in allen Gebieten bis 1500 m.ü.M vorkommend; Risikogruppen z.B. Waldarbeiter<br />

haben eine Seroprävalenz von bis zu 35%. Davon entwickeln nur 3,5%/10a Symptome.<br />

Vorkommen<br />

USA<br />

Borrelia burgdorferi<br />

sensu strictu<br />

D, A, CH Borrelia sensu latu:<br />

- Borrelia garinii<br />

- Borrelia afzelii<br />

Tropismus<br />

Gelenkstropismus<br />

Neurotropismus<br />

Hauttropismus<br />

3.2. Vorgehen bei Zeckenstich<br />

Zecke mit Pinzette möglichst nah an der Haut greifen und ohne Drehung rausziehen. Evtl<br />

verbleibende Reste belassen. In der Schweiz ist eine präemptive Therapie/<br />

Postexpositionsprophylaxe nicht indiziert, da es sehr selten zu einem Erythema migrans (EM)<br />

kommt, und dieses sehr gut behandelbar ist. Im Normalfall kommt es unter 24h nicht zu einer<br />

Uebertragung.<br />

3.3. Klinik<br />

3.3.1 Stadien<br />

I: Erythema migrans;<br />

II: Lymphozytom, frühe Neuroborreliose, Karditis, Arthritis;<br />

III: Acrodermatitis chronica atrophicans, späte Neuroborreliose, chron. Arthritis<br />

Diese Stadien müssen nicht alle durchlaufen werden.<br />

Juni <strong>2012</strong> 85


3.3.2 Klinische Manifestationen<br />

Erythema<br />

migrans (EM)<br />

Benignes<br />

Lymphozytom<br />

Acrodermatitis<br />

chronica<br />

atrophicans<br />

Arthritis<br />

Karditis<br />

Fru he<br />

Neuroborreliose<br />

Spa te<br />

Neuroborreliose<br />

Post-Lyme-<br />

Syndrom<br />

Klinik<br />

Scharf begrenzter, sich (meist) über Tage bis Wochen ausdehnender roter bis<br />

blauroter kaum oder nicht erhabener Fleck, oft mit zentraler Abheilung. Annuläre<br />

Erytheme (innerhalb von Stunden nach einem Zeckenstich) entsprechen einer<br />

Hypersensitivita tsreaktion und qualifizieren nicht als EM. Zusätzlich möglich: Fieber,<br />

Müdigkeit, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Arthralgien und Myalgien.<br />

Schmerzlose blau-rote Knoten oder Plaques, meist am Ohr (Läppchen und Helix),<br />

an der Brustwarze oder im Skrotum. Häufiger bei Kindern (v. a. Ohren).<br />

Langandauernde rot bis rot-blaue Läsionen, typischerweise u ber den Extensoren<br />

der Extremitäten. Möglicher Beginn mit teigiger Schwellung, Induration der Haut.<br />

Ohne Therapie kommt es zur Atrophie, v.a. über den knöchernen Vorspru ngen.<br />

Wiederholte kurze Attacken von objektivierbaren Gelenkschwellungen in einem oder<br />

mehreren grossen Gelenken, welche gelegentlich in eine chron. Arthritis übergehen<br />

ko nnen. Intermittierende Arthralgien können der Arthritis vorangehen. Arthralgien,<br />

Myalgien oder Fibromyalgie-Beschwerden alleine können nicht zur Diagnose<br />

herangezogen werden.<br />

Akuter Beginn eines transienten AV-Blockes II°, III° oder Herzrhythmusstörungen,<br />

gelegentlich mit Myokarditis oder Pankarditis. Palpitationen, Bradykardien,<br />

Schenkelblöcke oder eine Myokarditis alleine sind nicht ausreichend fu r die<br />

Diagnose einer Lyme-Karditis.<br />

Schmerzhafte lymphozytäre Meningo-Radikuloneuritis mit oder ohne Fazialisparese<br />

oder mit anderer kranialer Neuritis (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom). Bei<br />

Kindern meist Meningitis oder isolierte einseitige, manchmal beidseitige<br />

Fazialisparese oder andere kraniale Neuritis. Kopfschmerzen, Mu digkeit,<br />

Para sthesien oder Nackensteifigkeit alleine reichen nicht fu r die Diagnose aus.<br />

Langanhaltende Enzephalitis, Enzephalomyelitis, Meningoenzephalitis,<br />

Radikulomyelitis.<br />

Umstrittene Entität! Um diese Differentialdiagnose erwägen zu dürfen, müssen alle<br />

der folgenden Punkte zutreffen:<br />

1. Evidenz fu r fru here Lyme-Borreliose: Klinisch und labormässig<br />

dokumentierte LB gemäss obigen Falldefinitionen.<br />

2. Ada quate Therapie: dokumentierte, abgeschlossene und dem Stadium der LB<br />

angepasste Antibiotikatherapie gemäss publizierten Guidelines.<br />

3. Keine Evidenz fu r aktive Infektion.<br />

4. Persistierende, den Patienten in seinen täglichen Aktivitäten<br />

beeinträchtigende Symptome während mehr als sechs Monaten nach<br />

Abschluss einer adäquaten Antibiotikatherapie, mit einem oder mehreren der<br />

folgenden Symptome: Müdigkeit, Arthralgien, Myalgien, objektivierte<br />

kognitive Dysfunktion, radikuläre Beschwerden.<br />

5. Der Beginn der Beschwerden ist aufgrund des Verlaufs der LB plausibel; d.h.<br />

Beginn der Symptome unmittelbar mit oder nach akuter LB,<br />

u blicherweise innerhalb von sechs Monaten nach dokumentiertem und<br />

definiertem Beginn der LB.<br />

6. Objektive Defizite im allgemeinen internistischen oder neurologischen<br />

Status sind keine Voraussetzung fu r die Diagnose.<br />

7. Systematischer und umfassender Ausschluss von anderen neurologischen,<br />

rheumatologischen oder internistischen Krankheiten.<br />

8. Ausschluss von psychiatrischen Erkrankungen oder einer Sucht.<br />

Juni <strong>2012</strong> 86


3.4. Indikationen für Serologie: s. Tabelle zur Therapie<br />

3.5. Schwangerschaft<br />

Borreliose in der Schwangerschaft: sollte prompt behandelt werden, da es zur transplazentären<br />

Uebertragung kommen kann. Behandlung mit Ceftriaxon, da Doxycyclin kontraindiziert ist.<br />

3.6. Therapie: s. Tabelle[1, 2]<br />

3.7. Referenzen<br />

1. Evison, J., et al., [Lyme disease Part 3: prevention, pregnancy, immunodeficient<br />

state, post-Lyme disease syndrome]; [Lyme disease Part 2: clinic and treatment];<br />

[Lyme disease Part I: epidemiology and diagnosis]. Rev Med Suisse., 2006. 2(60): p.<br />

935-6, 938-40.<br />

2. Ljostad, U., et al., Oral doxycycline versus intravenous ceftriaxone for European<br />

Lyme neuroborreliosis: a multicentre, non-inferiority, double-blind, randomised trial.<br />

Lancet Neurol., 2008. 7(8): p. 690-5. Epub 2008 Jun 21.<br />

Juni <strong>2012</strong> 87


Erythema<br />

migrans<br />

(EM)<br />

Benignes<br />

Lymphozytom<br />

Auftreten<br />

nach<br />

Zeckenstich<br />

3–32d<br />

(im Mittel<br />

7–10 d)<br />

Indikation fu r<br />

Serologie<br />

(Sensitivita t)<br />

Serologie nicht<br />

indiziert!<br />

(«Nullserologie»<br />

einfrieren für später<br />

hilfreich)<br />

2-10 Monate Serologie indiziert<br />

(Sensitivita t 80%).<br />

Andere indizierte<br />

Labortests<br />

Keine<br />

(Klinische Diagnose!)<br />

Ev. Hautbiopsie in<br />

unklaren Fällen<br />

Therapie<br />

1. Wahl:<br />

Doxycyclin 2x100mg p.o.x10d od.<br />

Amoxicillin 3x500mg p.o.x14–21d<br />

2. Wahl (bei Allergien od. KI):<br />

Cefuroxim 2 x500 mg p.o. 14–21d od.<br />

Azithromycin 1x 500 mg p.o. 7–10d od.<br />

Clarithromycin 2x500 mg p.o. 14–21 d<br />

1. Wahl:<br />

Doxycyclin2x100mg p.o.21–28d od.<br />

Amoxicillin 3x500mg p.o.21–28d<br />

Bemerkungen<br />

i.v. Therapie nicht<br />

indiziert; Effektivita t der<br />

Makrolide klar schlechter,<br />

deshalb nur indiziert,<br />

wenn Therapie der 1.<br />

Wahl nicht mo glich ist<br />

Acrodermatitis<br />

chronica<br />

atrophicans<br />

6 Monate bis<br />

viele Jahre<br />

Serologie indiziert<br />

(Sensitivita t 99%).<br />

PCR aus der<br />

Hautbiopsie mit einer<br />

Sensitivita t von 70–<br />

80%. Meist B. afzelii.<br />

2. Wahl: (bei Allergien od. KI)<br />

Cefuroxim 2x500mg p.o. 21–28d od.<br />

Azithromycin 1x500mg p.o 21d od.<br />

Clarithromycin 2x500mg p.o. 21–28d<br />

Arthritis<br />

2 Wochen bis<br />

2 Jahre<br />

(meist 4–6<br />

Monate).<br />

Karditis 4d bis 7<br />

Monate<br />

(Median 21<br />

Tage).<br />

Serologie indiziert<br />

(Sensitivita t 80%<br />

fu r migratorische<br />

Arthritiden und<br />

90% fu r die chron.<br />

Arthritis).<br />

Serologie indiziert<br />

(Sensitivita t 80%).<br />

Gelenkspunktion:<br />

PCR aus der<br />

Synovialflu ssigkeit<br />

80% und<br />

Synovialbiopsie 90%<br />

sensitiv.<br />

Myokardbiopsien nur<br />

in unklaren diagnostischen<br />

Fa llen.<br />

Doxycyclin 2x100mg p.o. 30–60d od.<br />

Amoxicillin 3x500mg p.o. 30–60d<br />

1. Wahl:<br />

Doxycyclin 2x100mg p.o.14–21d od.<br />

Amoxicillin 3x500mg p.o.14–21d<br />

2. Wahl: (bei Allergien od. KI)<br />

Ceftriaxon 1 x 2 g i.v. 14–21d<br />

bei AV Block III°: Ceftriaxon 1x2g i.v. 28d<br />

• Mehr als zwei<br />

Therapiedurchga nge<br />

nicht sinnvoll<br />

• Meist B. burgdorferi<br />

sensu stricto.<br />

• Hospitalisation und<br />

Telemetrie bei P-R-<br />

Intervall > 0,3sec,<br />

AV-Block II°,<br />

klinischer<br />

Herzinsuffizienz<br />

88


Frühe<br />

Neuroborreliose<br />

Wochen bis<br />

Monate<br />

Serologie indiziert<br />

Falls sehr früh im<br />

Serum ev. noch<br />

neg., aber im<br />

Liquor bereits<br />

Antiko rperbildung.<br />

Diagnostisch: pos.<br />

Liquor/Serum-<br />

Index der spezif.<br />

Borrelienantikörper<br />

Liquorpunktion!<br />

Typisch: lymphozyta re<br />

Liquorpleozytose, pos<br />

Reiber IgM Quotient,<br />

ev. PCR aus dem<br />

Liquor (40% sensitiv)<br />

Ceftriaxon 1x2gi.v.28d od.<br />

Penicillin 6x3–4Mio.IE i.v. x28d<br />

Bei isolierter Facialisparese [siehe auch:<br />

Referenz 4]:<br />

Doxycyclin2x100mgp.o.x14–21d od.<br />

Ceftriaxone1x2gi.v.14–21d<br />

Bei persistierenden<br />

Beschwerden<br />

Wiederholung der<br />

Lumbalpunktion;<br />

Serologie ist weder im<br />

Serum noch Liquor<br />

hilfreich als<br />

Verlaufsparameter.<br />

Späte<br />

Neuroborreliose<br />

Post-Lyme-<br />

Syndrom<br />

Monate bis<br />

Jahre;<br />

meist innerhalb<br />

von 2–3<br />

Jahren.<br />

I.d.R. sechs<br />

Monate nach<br />

dokumentiertem<br />

Beginn der<br />

Lyme-<br />

Erkrankung<br />

Serologie indiziert<br />

im Serum u. Liquor<br />

(Sensitivita t 99%).<br />

Nachweis einer<br />

spezifischen<br />

intrathekalen<br />

Antiko rperbildung<br />

obligat!<br />

Serologie indiziert,<br />

ist in der Regel<br />

pos., bis auf<br />

wenige Patienten<br />

mit Seroreversion.<br />

PCR aus dem Liquor<br />

nicht indiziert<br />

(Sensitivita t nur 10%).<br />

Meist B. garinii.<br />

Klinischer und<br />

labormässiger<br />

Ausschluss von DD<br />

Ceftriaxon1x2g i.v.28d od.<br />

Penicillin6x3–4 Mio.IEi.v.28d<br />

Desensibilisierung bei Allergie<br />

Klinische Kontrolle des<br />

Ansprechens; Bei<br />

persistierenden<br />

Beschwerden LP<br />

wiederholen.<br />

Serologie nicht hilfreich<br />

als Verlaufsparameter<br />

89


Anti-Infektiva bei schweren Infektionen auf der Intensivstation (für Erwachsene):<br />

Guidelines zur Dosierung bei Niereninsuffizienz, Hämodialyse und Hämofiltration<br />

Diese Richtlinien beruhen u.a. auf einer Synthese von Empfehlungen aus dem Schweizerischen Arzneimittelkompendium und dem Sanford Guide to Antimicrobial<br />

Therapy 2011. Sie stellen ein pragmatisches Prozedere dar und müssen im individuellen Fall vom behandelnden Arzt kritisch beurteilt werden.<br />

Intravenöse<br />

Hämodialyse*<br />

Spezielles<br />

Anti-Infektiva<br />

ANTIBIOTIKA<br />

Amoxicillin<br />

(Clamoxyl ® )<br />

Amoxicillin /<br />

Clavulansäure<br />

(Augmentin ® )<br />

Cefazolin<br />

(Kefzol®)<br />

Ceftazidim<br />

(Fortam ® )<br />

Ceftriaxon<br />

(Rocephin ® )<br />

Cefepime<br />

(Cefepime ® )<br />

Ciprofloxacin<br />

(Ciproxin ® )<br />

Normale<br />

Dosierung<br />

2g alle 4*-6h iv<br />

* hohe Dosis bei Endokarditis/Meningitis<br />

1.2-2.2*g / 8h iv<br />

* hohe Dosis bei<br />

Sepsis u. Weichteilinfektionen<br />

2g / 8h iv<br />

(max 12g /d)<br />

2g / 8h iv<br />

(bei >80j evt Dosis-<br />

Reduktion (3g/d))<br />

2g / 12*-24h iv<br />

* hohe Dosis bei<br />

Meningitis<br />

2g / 8*-12h iv<br />

* hohe Dosis: Fieber in<br />

Neutropenie sowie<br />

Pseudomonas-Infekt<br />

400mg / 8*-12h iv od<br />

750*mg / 12h po /<br />

* hohe Dosis für<br />

Pseudomonas und<br />

Knocheninfektionen<br />

Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

CrCl 10-30 ml/min: 2g / 12h<br />

CrCl < 10 ml/min: 500mg / 12h<br />

CrCl 10-30ml/min: 1,2g / 12h<br />

CrCl


Intravenöse<br />

Anti-Infektiva<br />

Clarithromycin<br />

(Klacid ® )<br />

Clindamycin<br />

(Dalacin ® )<br />

Colistin<br />

1MioIU<br />

=33.3mg Colistin<br />

=79mg Colistimethat-Natrium<br />

(CMS)<br />

Daptomycin<br />

(Cubicin ® )<br />

Ertapenen<br />

(Invanz ®)<br />

Flucloxacillin<br />

(Floxapen ® )<br />

Imipenem/<br />

Cilastatin<br />

(Tienam ® )<br />

Levofloxacin<br />

(Tavanic ® )<br />

Meropenem<br />

(Meronem ® )<br />

Metronidazol<br />

(Flagyl ® )<br />

Normale<br />

Dosierung<br />

Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

Hämodialyse*<br />

Hämofiltration<br />

CVVH: CrCl 40ml/min<br />

Leberinsuffizienz<br />

Spezielles<br />

500mg / 12h po/iv CrCl < 30 ml/min: 250mg / 12h 250mg / 12h Normale Dosierung Normale Dosierung Cave:<br />

Interaktion<br />

900mg / 8h iv<br />

Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung<br />

(Indikation: nekrot.<br />

Faszitis)<br />

>60kg: 2 MioIU/8h iv<br />


Intravenöse<br />

Anti-Infektiva<br />

Normale<br />

Dosierung<br />

Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

Penicillin G 5Mio IE / 6h iv CrCl 10-50 ml/min: 5Mio /IE 8h<br />

CrCl < 10 ml/min: 5Mio /IE 12h<br />

Piperacillin/ 4.5g / 8h iv CrCl 20-40 ml/min: 4.5 g / 8h<br />

Tazobactam<br />

CrCl < 20 ml/min: 4.5g / 12h<br />

(Tazobac ® )<br />

Hämodialyse* Hämofiltration Leberinsuffizienz<br />

CVVH: CrCl 40ml/min<br />

5Mio IE / 12h 5Mio IE / 8h Normale Dosierung<br />

4.5g / 12h Normale Dosierung Normale Dosierung<br />

Spezielles<br />

Rifampicin<br />

(Rimactan ® )<br />

Trimethoprim/<br />

Sulfamethoxazol<br />

(Nopil ® )<br />

Vancomycin<br />

(Vancocin ® )<br />

450-600*mg / 12h iv/po<br />

* Neurochirurgische<br />

Shunt-Infekte und<br />

Kunstklappenendokarditis<br />

5mg TMP/kg / 8*-12h<br />

iv/po<br />

* hohe Dosis für PCP<br />

und S. maltophilia<br />

Startdosis:<br />

1g (15mg/kg) / 12h iv<br />

Anpassung an Spiegel<br />

obligat<br />

ANTIFUNGALE SUBSTANZEN<br />

Anidulafungin<br />

(Ecalta®)<br />

Amphotericin B<br />

(Fungizone ® )<br />

Amphotericin B<br />

Liposomal<br />

(AmBisome ® )<br />

Ladedosis 200mg<br />

dann 100mg / 24h iv<br />

Maximale Dosis 1mg/kg /<br />

24h iv<br />

(Prämedik + Test-Dosis<br />

1mg in 20ml 5% Glc in<br />

30 min; dann Infusion<br />

über 24h resp. so<br />

langsam wie möglich)<br />

3-6*mg/kg / 24 h iv<br />

* hohe Dosis b. Cryptokokken-Meningitis<br />

Normale Dosierung<br />

Cave: schwere NI und gleichzeitige<br />

Leberinsuffizienz<br />

CrCl 10-30 ml/min: halbe Dosis<br />

CrCl < 10 ml/min: vermeiden<br />

ausser für PCP 1,25-2,5 mg/kg 8h<br />

CrCl 60-80 ml/min:<br />

CrCl 40-60 ml/min:<br />

CrCl 20-40 ml/min:<br />

CrCl < 20 ml/min:<br />

Anurie: wie HD<br />

750mg / 12h<br />

500mg / 12h<br />

250mg / 12h<br />

250mg / 24h<br />

Normale Dosierung Normale Dosierung Dosisreduktion bei<br />

schwerer<br />

Leberinsuffizienz<br />

Vermeiden ausser für<br />

PCP 1,25-2,5 mg/kg<br />

8h<br />

500mg 3x/Woche<br />

nach HD,<br />

regelmässige<br />

Talspiegelkontrolle<br />

Normale Dosierung<br />

Normale Dosierung<br />

Kontrolle:<br />

Leberfunktion<br />

Cave:<br />

Interaktion<br />

(Induktor)<br />

500mg / 24h Normale Dosierung Talspiegel nach<br />

4 Dosen.<br />

Ziel 10-15mg/l<br />

MRSA bis<br />

20mg/L)<br />

Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung<br />

Normale Dosierung, aber Abwägung<br />

Benefit gegen Nephrotoxizität!!!<br />

(wenn immer möglich auch bei leichter<br />

NI vermeiden (Nephrotoxizität)<br />

Normale Dosierung<br />

Normale Dosierung<br />

aber Abwägung<br />

Benefit gegen<br />

Nephrotoxizität!!!<br />

(wenn immer möglich<br />

vermeiden)<br />

Normale Dosierung<br />

Nephrotoxizität<br />

!<br />

tgl. Kontrolle:<br />

BB, Elektrolyte,<br />

Mg, Krea,<br />

Leber!<br />

Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Regelmässige<br />

Kontrolle: BB<br />

Elektrolyte, Mg,<br />

Krea, Leber<br />

M. Weisser (<strong>Infektiologie</strong>), M. Haschke (Klinische Pharmakologie), M. Mayr (Nephrologie), E. Bucher (OIB)<br />

92


Intravenöse<br />

Anti-Infektiva<br />

Caspofungin<br />

(Cancidas ® )<br />

Fluconazole<br />

(Diflucan®)<br />

Voriconazol<br />

(Vfend ® )<br />

VIROSTATIKA<br />

Acyclovir<br />

(Zovirax ® )<br />

Foscarnet<br />

(Foscavir®)<br />

Nephrotoxizität!<br />

Bei NI vermeiden.<br />

Gancyclovir<br />

(Cymevene®)<br />

Normale<br />

Dosierung<br />

Ladedosis 70mg<br />

dann 50mg / 24h iv<br />

200*-400mg / 24h po od<br />

iv nach 400*/ 800mg<br />

Ladedosis<br />

* oberflächliche Infekte<br />

oder präemptiv<br />

> 40kg: Ladedosis<br />

400mg / 12h (2x), dann<br />

200mg / 12h<br />

< 40kg: Ladedosis<br />

200mg / 12h (2x), dann<br />

100mg / 12h<br />

5-10*mg/kg / 8h iv<br />

* Hohe Dosis:<br />

Encephalitis,<br />

viszeraler HSV und<br />

schwere Infekte bei<br />

Immunsuppression<br />

Bei asymptomatischer<br />

Replikation:<br />

60mg/kg 12stdl iv<br />

Bei Organbeteiligung:<br />

60mg/kg 8stdl iv oder<br />

90mg/kg 12stdl<br />

5mg/kg / 12 h iv<br />

Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

Hämodialyse<br />

Hämofiltration<br />

CVVH: CrCl 40ml/min<br />

Leberinsuffizienz<br />

Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Moderate LI (Child-<br />

Pugh-Score 7–9): LD<br />

70mg, dann 35 mg /<br />

24h.<br />

Schwere LI (Child-<br />

Pugh-Score > 9):<br />

keine Daten<br />

Erste Dosis: 200*-400mg / 24h po od<br />

iv, dann bei CrCl < 50 ml/min: halbe<br />

Dosis / 24h<br />

Normale Dosierung<br />

Abbau über polymorphes CYP2C19,<br />

3-5% der Kaukasier metabolisieren<br />

langsam: Spiegelkontrolle<br />

bei NI wenn möglich p.o. (Kumulation iv<br />

Trägerstubstanz bei Cl


Intravenöse<br />

Anti-Infektiva<br />

Normale<br />

Dosierung<br />

Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

Hämodialyse<br />

Hämofiltration<br />

CVVH: CrCl 40ml/min<br />

Leberinsuffizienz<br />

Oseltamivir 75-150*mg / 12h po CrCl 30-50 ml/min: 75 mg / 12h Bei lebensbedrohlichen<br />

75 mg /12 h Moderate LI: normale<br />

(Tamiflu®) * bei schweren<br />

Infektionen erste<br />

Tage<br />

CrCl 10-30 ml/min: 75 mg / 24h<br />

CrCl


AMINOGLYCOSIDE: Empfehlungen für die wichtigsten klinischen Situationen<br />

Aminoglycosid<br />

Start-Dosis bei<br />

normaler GFR<br />

Start-Dosis bei Niereninsuffizienz<br />

(CrCl ml/min)<br />

Gentamicin (Garamycin®): Synergistische Dosierung (idR + Penicillin/Vancocin)<br />

A: Einmal täglich<br />

(empirische Therapie für<br />

Nativklappen-<br />

Endokarditis oder<br />

Streptokokken-IE)<br />

B: Mehrmals täglich<br />

(empirische Therapie für<br />

Kunstklappen-IE,<br />

Enterokokken-<br />

Staphylokokken-IE)<br />

1x3mg/kg / 24h<br />

(max 240mg/24h)<br />

CrCl 50-75 ml/min<br />

CrCl 30-50 ml/min<br />

CrCl 10-30 ml/min<br />

CrCl


Infektionen bei Immunsuppression<br />

Prophylaxe und empirische antimikrobielle Therapie bei febrilen<br />

neutropenischen Patienten (Isolierstationsrichtlinien)<br />

1. Infekt-Screening bei Eintritt und im Verlauf<br />

PROBE<br />

LABOR KÜRZEL AUF<br />

UNTERSUCHUNGSUMFANG<br />

AUFTRAGSFORMULAR<br />

PROBE UNTERSUCHUNG<br />

SPEZIELL ISO<br />

KOMMENTAR<br />

EINTRITT EINES NEUEN PATIENTEN AUF ISOLIERSTATION<br />

Urin Bakt um, ue, ud br + re Bakteriologie allgemein +<br />

Resistenzprüfung<br />

Pos. Befund: Vorgehen<br />

nach Klinik<br />

Rektalabstrich Bakt rec Psu Pseudomonas (aeruginosa) Pos. Befund: keine<br />

Massnahmen<br />

Vre<br />

Vancomycin-Resistente<br />

Enterokokken (VRE)<br />

Pos. Befund:<br />

Kontaktisolation<br />

Blut<br />

Mo-Fr bis 12.00<br />

Esbls<br />

ESBL (extended spectrum<br />

betalactamase) positive<br />

gramnegative Keime<br />

IMM Li-Heparin T-spot TB Tuberkulose-Screening bei<br />

positiver Anamnese oder Herkunft<br />

aus Endemiegebiet<br />

Blut IMM Serum Serologien Gemäss SOP<br />

Eintrittsuntersuchung<br />

Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />

Virus PCR quant<br />

Epstein Barr-<br />

Virus PCR quant<br />

CMV und EBV<br />

für Patienten mit geplanter HSCT<br />

Positiv: siehe (Kapitel<br />

präemptive Therapie)<br />

Falls positiv:<br />

Infektiologisches Konsil<br />

WÖCHENTLICHE ROUTINE-UNTERSUCHUNGEN („FOLLOW UP“) AUF ISOLIERSTATION<br />

Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />

Virus PCR quant<br />

Epstein Barr-<br />

Virus PCR quant<br />

CMV und EBV<br />

für Patienten nach HSCT<br />

1/Woche (bei pos. Vorwert<br />

cordblood und AntiCD52<br />

2x/Wo)<br />

Therapie: siehe Kapitel xy<br />

MONATLICHE ROUTINE-UNTERSUCHUNGEN („FOLLOW UP“) AUF ISOLIERSTATION<br />

Rektalabstrich Bakt rec Vre Vancomycin-Resistente<br />

Enterokokken (VRE)<br />

Pos. Befund:<br />

Kontaktisolation<br />

Psu Pseudomonas (aeruginosa) Pos. Befund: keine<br />

therapeutischen<br />

Massnahmen<br />

Bakt Esbls ESBL (extended spectrum<br />

betalactamase) positive<br />

gramnegative Keime<br />

Kontaktisolation<br />

wöchentlich<br />

UNTERSUCHUNGEN VON PATIENTEN IM ZELLERSATZAMBULATORIUM<br />

Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />

Virus PCR quant<br />

Epstein Barr-<br />

Virus PCR quant<br />

CMV, EBV nach allogener HSCT,<br />

nicht bei D-/R-<br />

Bei Kontrolle (max einmal<br />

wöchentlich) bis Tag 100,<br />

dann individuell<br />

Stuhl VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken): Abstrich rektal im Block Med Iso „Follow up“ ankreuzen<br />

(Ausnahmsweise auch aus Stuhlprobe machbar)<br />

96


2. Infekt-Prophylaxen hämatologischer Patienten<br />

Antibiotisch<br />

Patienten nach HSCT<br />

(d0-30)<br />

Autologe HSCT (Mulitples Myelom):<br />

in Aplasie Levofloxacin (Tavanic®)<br />

500mg 1-0-0 po<br />

Allo-HSCT: keine<br />

Antiviral<br />

HSV R+ Start Konditionierung - d30:<br />

Valacyclovir (Valtrex®)<br />

VZV R+<br />

Antifungal<br />

Pneumozystis<br />

jirovecii (PCP)<br />

(+ Toxoplasmose)<br />

Patienten mit GVHD/<br />

Immunsuppression nach allogener<br />

HSCT<br />

Pneumokokken bei chron. GVHD 1 :<br />

- Keine Primärprophylaxe. Bei Fieber:<br />

Tel an DA Hämatologie UND sofortige<br />

Notfallmedikation (<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

(Augmentin®) 1g po)<br />

- Bei St.n. invasiver Penumokokken-<br />

Infektion: Sekundärprophylaxe mit<br />

Amoxicillin (Clamoxyl®) 2x375mg<br />

Chemotherapie für akute<br />

Leukämie<br />

(incl elderly)<br />

500mg 1-0-1 po 2 Valtrex 500mg 1-0-1 po 2 Während Gesamtdauer der<br />

Chemo u/o Aplasie: Valtrex<br />

500mg 1-0-1 po 2<br />

Autologe HSCT: Start Konditionierung<br />

Valtrex 500mg 1-0-1 po 2<br />

Während Gesamtdauer der<br />

- d30: Valacyclovir (Valtrex®) Bei geringer Immunsuppression (d.h. Chemo u/o Aplasie: Valtrex<br />

500mg 1-0-1 po 2<br />

Monotherapie mit einem Immunsuppressivum)<br />

500mg 1-0-1 po 2<br />

Allogene HSCT: Start Konditionierung<br />

alternativ 1x 500mg möglich<br />

– d360<br />

TMP/SMX (Nopil®) forte<br />

Mo-Mi-Fr 1-0-0 po oder iv 3<br />

Candida/Schimmel in Aplasie:<br />

Fluconazol (Diflucan®)<br />

400mg po / iv 1/Woche 4<br />

Bei St.n. Pilzinfektion individuelle<br />

Sekundärprophylaxe (siehe Text)<br />

idem (bis CD4> 200 UND Stopp<br />

Immunsuppression)<br />

Chronische GVHD<br />

Alternativen für Schimmelpilz-Prophylaxen:<br />

- Voriconazol 4mg/kg 1-0-1 po 5<br />

- Posaconazol 200mg 1-1-1 (!!) 6<br />

- liposomales Amphotericin B<br />

(Ambisome®) iR eines Pilotprojektes:<br />

Inhalation 2.5ml (5mg/ml) über 30min<br />

2/Wo an 2 aufeinanderfolgenden<br />

Tagen<br />

Keine<br />

Bei ALL: immer<br />

Bei AML: ab 2. Zyklus<br />

Während Mucositis in Aplasie<br />

Fluconazol (Diflucan®) 200mg<br />

po oder iv 1/d<br />

Sekundärprophylaxe für<br />

Schimmelpilze individuell<br />

ATG, andere Protokolle ,<br />

Immunsuppression, CD4<<br />

200/µl, best supportive care<br />

Keine<br />

Keine Daten<br />

Keine Daten, ausser<br />

Bortezomib: Valtrex 1x500mg/d<br />

ATG, Anti-CD52, Purinanaloga,<br />

Steroide > 0.3mg/kg und andere<br />

Immunsuppressiva<br />

Bei SAA nach ATG bis die<br />

Neutrophilenzahl > 0,5 x 10 9 /l :<br />

Fluconazol (Diflucan®)<br />

200mg po oder iv 1/d<br />

Toxoplasmose / Tuberkulose/Hepatitis B: siehe Text<br />

1 IVIG 1/Monat bis d100 falls IgG < 4g/L;<br />

2 alternativ Zovirax 5mg/kg 1-0-1 iv;<br />

3 alternativ Wellvone Suspension 1500mg 1/d po (=2ML à 5ml, zusammen mit einer vollen Mahlzeit): weitere Details siehe Text<br />

4 länger bei akuter intestinaler GVHD, parenteraler Ernährung und Breitbandantibiotika,<br />

5 Loading Dose 6mg/kg 1-0-1 für 24h. Spiegel nach ca. 5 Tagen, Ziel0.5-5mg/l; 6 zu den Mahlzeiten, bei schlechter<br />

Resorption: 200mg 1-1-1-<br />

97


Infektprophylaxen<br />

Langdauernde Neutropenien infolge Hochdosis-Chemotherapien und Immunsuppressiva mit Wirkung<br />

auf die Zahl/Funktion der Lymphozyten sowie die Leukämien prädisponieren für schwerwiegende<br />

Infektionen. Das Risiko ist abhängig von Ausmass und Dauer der Aplasie und der Mukositis. Einen<br />

100%-igen prophylaktischen Schutz gibt es nicht. Die Prophylaxe richtet sich nach der lokalen<br />

Epidemiologie (siehe Tabelle).<br />

2.1. Bakterien<br />

Chinolon-Prophylaxe in Aplasie:<br />

Die Chinolonprophylaxe wird in den Guidelines empfohlen. Bei uns wird sie nicht durchgeführt aus<br />

folgenden Gründen:<br />

- Die Zunahme der Resistenz konnte in allen Prophylaxe-Studien gezeigt werden.<br />

- Assoziation der Chinolon-Prophylaxe mit C. difficile.<br />

- Während der Hospitalisation ist ein engmaschiges Monitoring mit Beginn einer sofortigen<br />

Antibiotikatherapie bei Fieber möglich.<br />

ASBMT: Guidelines for Preventing Infectious Complications among Hematopoietic Stem Cell Trnsplantation<br />

Recipients: A Global Perspective. Biol Blood Marrow Transplant 2009; 15: 1143-1238<br />

IDSA: Clinical Practice Guideline for the Use of Antimicrobial Agents in Neutropenic Patients with Cancer:<br />

2010 Update by the Infectious Diseases Society of America; 2011 CID:e52-e93<br />

ECIL: Quinolone prophylaxis for bacterial infections in afebrile high risk neutropenic patients. E J C<br />

supplements 5 (2007) 5-12<br />

Spezielle Situationen:<br />

- Patienten in Neutropenie nach autologer HSCT für ein Multiples Myelom:<br />

Levofloxacin (Tavanic®) 500mg po 1/Tag während der Neutropenie<br />

(Ziel: ambulante Therapie)<br />

- Invasive Eingriffe der Zähne (z.B. Zahnextraktion): für Patienten vor HSCT oder<br />

Hochdosis-Chemotherapie Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentin®) 625 mg po vor<br />

Intervention und 2 Dosen à 625mg (nach 8 und 16h) nach Intervention.<br />

- Prävention invasiver Pneumokokken bei Patienten mit chronischer GVHD u/o funktionelle<br />

Asplenie nach HSCT:<br />

- Keine Primärprophylaxe: Bei Fieber sofortiges Telefon an DA Hämatologie + Einnahme einer<br />

Notfallmedikation: Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentin®) 1g po (bei Penicillin-Allergie:<br />

Tavanic 500mg einmalig)<br />

(daran denken, dass Angehörige gegen Pneumokokken geimpft werden sollen) + Substitution<br />

Immunglobuline bei IgG < 4g/l (IVIG 1/Monat) bis Tag 100<br />

- Sekundärprophylaxe bei St.n. invasiver Pneumokokkeninfektion: Amoxicillin<br />

(Clamoxyl®) 2x375mg<br />

- Ambulante Neutropenie: eine Levofloxacin Prophylaxe kann individuell diskutiert werden.<br />

2.2. Viren<br />

2.2.1. HSV I/II<br />

Reaktivierung und Erkrankung häufig bei seropositiven Patienten nach HSZT (80%).<br />

98


2.2.2. HSV Prophylaxe<br />

Patienten<br />

HSV-seropositive Patienten nach allogener und autologer HSZT<br />

Seronegative keine Prophylaxe (unabhängig vom Donorstatus)<br />

Patienten mit aplasierender Chemotherapie<br />

Regime<br />

Valtrex 2x500 mg/d p.os<br />

Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 12-stdl. i.v.<br />

Pausieren bei Behandlung mit Cymevene oder Foscavir<br />

Dauer<br />

Beginn aplasierende Chemotherapie für die Dauer von 30 Tagen. Falls nach Stopp<br />

Rezidive auftreten, Sekundärprophylaxe mit Valtrex in gleicher Dosierung diskutieren.<br />

Nach HSCT Verlängerung bei Patienten mit GVHD und Immunsuppression (insb. mit T-<br />

Zelldepletion, Anti-T-Zell-Ak und Hochdosissteroiden)<br />

Stopp bei Sistieren der Immunsuppression<br />

2.2.3. VZV<br />

Reaktivierung und Erkrankung bei seropositiven Patienten häufig im ersten Jahr nach HSZT (50%)<br />

nach Absetzen der HSV-Prophylaxe. Patienten über Risiko und Präsentation informieren, damit<br />

frühzeitig eine Therapie begonnen werden kann.<br />

Patienten<br />

VZV-seropositive Patienten nach allogener und autologer HSZT<br />

Seronegative keine Prophylaxe (unabhängig vom Donorstatus)<br />

Patienten mit aplasierender Chemotherapie<br />

Regime<br />

Valtrex 2x500 mg/d po (bei geringer Immunsuppression d.h. bei Monotherapie mit einem<br />

Immunsuppressivum 1x500mg/d möglich)<br />

Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 12-stdl. i.v.<br />

Pausieren bei Behandlung mit Cymevene oder Foscavir<br />

Dauer<br />

Beginn aplasierende Chemotherapie und nach autologer HSCT für die Dauer von 30<br />

Tagen. Bei Auftreten eines Herpes Zosters Sekundärprophylaxe mit Valtrex in gleicher<br />

Dosierung diskutieren.<br />

Nach allogener HSCT minimal ein Jahr; Verlängerung bei Patienten mit GVHD und<br />

Immunsuppression (insb. mit T-Zelldepletion, Anti-T-Zell-Ak und Hochdosissteroiden).<br />

2.2.4. HBV Prophylaxe<br />

Präemptive Therapie bei positivem HBs Antigen (chronische Hepatitis B), positiven HBs- und HBc<br />

Antikörpern (St.n. Hepatitis B) und bei positiven HBc-Antikörpern (core only) mit oder ohne positive<br />

HBV DNA<br />

Lamivudine 100mg/Tag vor Konditionierung bis Ende Immunsuppression nach HSZT oder 3<br />

Monate nach aplasierender Chemotherapie<br />

Impfung bei HBs Antikörper und HBc Antikörper positiv („St. n. Hepatitis B) und bei HBc<br />

only Antikörper positiv frühestens nach 6 Monaten (siehe Impfplan S. 31).<br />

Keine Impfung bei chronischer Hepatitis mit positivem HBs Antigen<br />

Cave: Bei Hepatitis B Umgebungs-Abklärung und ggf. Impfung von Angehörigen<br />

99


2.3. Pilze<br />

2.3.1. Pneumocystis jiroveci Pneumonie (PCP)<br />

Patienten mit einer zellulären Immunsuppression (CD4-Zellzahl < 0.2 x 10 9 /L) haben ein erhöhtes<br />

Risiko für eine Pneumocystis jirovecii-Pneumonie.<br />

Center for Disease Control and Prevention. Guidelines for preventing opportunistic infections among<br />

hematopoietic stem cell transplant recipients: recommendations of the CDC, the Infectious Disease Society of<br />

America and the American Societ of Blood and Marrow Transplantation. MMWR Recomm Rep 2000: 49: 1-125<br />

Patienten<br />

Patienten mit allogener und autologer HSZT bis d 30 resp. Bis Stopp Immunsuppression<br />

und CD4-Zellzahl < 0.2 x 10 9 /l<br />

Alle Patienten nach 2-CDA-Therapie<br />

Individuelle je nach Behandlungsprotokoll (z.B. bei ALL)<br />

Individuell bei anderen Patienten mit < 0.2 x 10 9 /l CD4-Lymphozyten<br />

Regime<br />

TMP/SMX (Nopil®) forte 1 Tabl. Po oder 1x2 Ampullen iv an 3 Tagen/Woche, z.B. Mo-Mi-<br />

Fr. Bei Nopil-Unverträglichkeit: Atovaquone (Wellvone) Susp. 1500mg 1/d (=2 ML à 5ml),<br />

zusammen mit einer vollen Mahlzeit).<br />

In Ausnahmefällen (kein Schutz vor Toxo, Handhabung für Personal toxisch):<br />

Pentamidin 300mg per Inh. Z.B. am Austrittstag, dann 1/Mo<br />

Dauer<br />

Bis Sistieren der Immunsuppression (Steroide < o.3mg/kg)<br />

Solange CD4-Lymphozyten < 0.2 x 10 9 /l<br />

2.3.2. Hefe<br />

Ziel einer Pilzprophylaxe ist die Verhinderung der schmerzhaften mukokutanen Candidiasis, die<br />

Reduzierung des Befalls von Hefepilzen in Haut und Schleimhaut und eine Reduktion der invasiven<br />

Candida-Infektionen. Zusätzlich sollte auch die Anzahl der unklaren febrilen Episoden unter<br />

laufender Antibiotikatherapie reduziert werden (Ziel nach Literatur: 0.5 x 10 9 /l<br />

100


2.3.3. Schimmelpilze<br />

Fluconazol wirkt nicht gegen Schimmelpilze.<br />

Sekundärprophylaxe:<br />

- während der Aplasie: Für Patienten mit St.n. probable und proven Schimmelpilzinfektion ohne<br />

Infekt-Residuen ist eine Sekundärprophylaxe mit Voriconazol (Vfend®) 4mg/kg 1-0-1 während der<br />

Aplasie indiziert (Loading dose 6mg/kg 1-0-1), bei bestehenden Restinfiltraten solange diese im<br />

CT sichtbar. Bei Voriconazol-resistentem Keim: Wahl der Prophylaxe gemäss Resistenzprüfung.<br />

Bei Patienten mit St.n. possible pulmonaler Schimmelpilzinfektion muss individuell entschieden<br />

werden.<br />

Primärprophylaxe<br />

- Chronische GVHD:<br />

Alternativen<br />

- Voriconazol 4mg/kg 1-0-1 po 5<br />

- Posaconazol 200mg 1-1-1 (!!) 6<br />

- liposomales Amphotericin B (Ambisome®) Inhalation 2.5ml (5mg/ml) über 30min 2/Wo an<br />

2 aufeinanderfolgenden Tagen<br />

2.4. Parasiten<br />

2.4.1. Toxoplasmose<br />

Patienten mit eingeschränkter zellvermittelter Immunität (z.B. nach allogener HSZT haben ein<br />

erhöhtes Risiko, an einer klinisch schweren Toxoplasmose (ZNS oder disseminiert) zu erkranken.<br />

Diese Infektionen sind entweder neu erworben (z.B. mit dem Transplantat) oder reaktiviert. Es ist<br />

deshalb sinnvoll, bei Risikopatienten eine Prophylaxe durchzuführen. Die Serologie ist bei Patienten<br />

mit Leukämie nicht zuverlässig.<br />

Center for Disease Control and Prevention. Guidelines for preventing opportunistic infections among<br />

hematopoietic stem cell transplant recipients: recommendations of the CDC, the Infectious Disease Society of<br />

America and the American Societ of Blood and Marrow Transplantation. MMWR Recomm Rep 2000: 49: 1-125<br />

Patienten<br />

Patienten mit allogener HSZT<br />

Regime<br />

Die PCP-Prophylaxe mit Nopil oder Wellvone wirkt auch gut zur Verhinderung der<br />

Toxoplasmose (s.o.). Alternativ: Daraprim (50 mg/d) + Leukovorin 10-15 mg/d bis Tag 30.<br />

Fansidar (2 Tabl. alle 2 Wochen) ist eine Alternative, die bei Herztransplantierten erfolgreich<br />

durchgeführt wird.<br />

Dauer<br />

Bis Sistieren der Immunsuppression (Steroide < 0.3mg/kg)<br />

Solange CD4-Lymphozyten < 0.2 x 10 9 /l<br />

2.5. Tuberkulose<br />

Patienten mit latenter TBC oder St.n. aktiver unbehandelter oder ungenügend behandelter<br />

Tuberkulose haben ein erhöhtes Risiko, diese nach einer allogenen Stammzelltransplantation zu<br />

reaktivieren. Besonders gefährdet sind Patienten mit durchgemachter, nicht adäquat behandelter<br />

TBC, Ganzkörper-Bestrahlung und GVHD. Die autologe HSCT führt nicht zu einem erhöhten Risiko.<br />

Ueber Patienten mit wiederholten Chemotherapien gibt es wenige Daten. Zur klinisch manifesten<br />

Reaktivierung kommt es durchschnittlich 100 Tage nach Transplantation (1Mo bis 4Jahre). In 84%<br />

kommt es zur pulmonalen Infektion, atypische Manifestationen sind häufig. Die INH-Prophylaxe soll<br />

eine klinisch signifikante Reaktivierung verhindern.<br />

101


Patienten<br />

<br />

Allogene HSCT mit<br />

- Anamnese einer nicht oder ungenügend behandelten Tuberkulose<br />

- radiologischen Tbc-Residuen<br />

- positiver TB-spot (Indikation für TB-spot: Risiko durch Herkunft, TB in Umgebung)<br />

ABER: ein negativer TB-spot schliesst eine TBC nicht aus<br />

Regime<br />

Isoniazid 300 mg 1-0-0 po / iv + Vitamin B6 40mg 1-0-0<br />

Beginn<br />

<br />

Dauer<br />

<br />

Vorzugsweise nach Beendigung der Chemotherapie (aufgrund möglicher Interaktionen und<br />

Toxizität)<br />

Cave: vor HSCT UND vor Start INH muss eine aktive TBC ausgeschlossen werden. In der<br />

Regel mittels Rx oder CT Thorax und Sputum, bei Symptomen entsprechend Klinik.<br />

Mindestens 9 Monate, bei Immunsuppression evt länger. Monatliche Kontrolle der<br />

Leberwerte<br />

Akan et al: Tuberculosis in stem cell transplant patients. J Hosp Infect; 2006 (62): 421-426<br />

3. Vorgehen bei Fieber in Neutropenie<br />

IDSA-Guidelines; CID; 2011;52(4):e56–e93; angepasst<br />

102


3.1. Definitionen<br />

Fieber:<br />

Kerntemperatur >38,5°C (1x gemessen) oder >38,0°C (2x gemessen über 1 Stunde).<br />

Neutropenie:<br />

Granulozytenzahl


Score 0-26, > 21: low risk. PPV 95%<br />

No or mild symptoms of FN 5<br />

Moderate symptoms of FN 3<br />

No hypertension 5<br />

No COPD 4<br />

Solid Tumor or no Previous Fungal Infection 4<br />

No Dehydration 3<br />

Outpatient 3<br />

Age < 60Y 2<br />

Cave: Symptomatologie nicht standardisiert, Hospitalisation eher Surrogatmarker als Risikofaktor;<br />

4 der Variablen sind statisch - > keine Verlaufsbeurteilung<br />

3.4. Anpassung der AB-Therapie:<br />

Ein möglicher Fokus wird – im Unterschied zum immunkompetenten Patienten NACH Start der<br />

Antibiotika-Therapie gesucht, primär durch eine sorgfältige klinische Untersuchung. Zusätzliche<br />

Untersuchungen:<br />

- Pulmonal: CT Thorax 1/Woche bei Fieber, falls positiv: BAL mit Infekt-Diagnostik (Bakt,<br />

Schimmelpilze, Respifinder, Galactomannan). Galactomannan im Serum, evt<br />

Legionellen/Pneumokokken-AG im Urin insbesondere bei Va. Community acquired pneumonia.<br />

- Bei sinusitischen Beschwerden: CT Nasennebenhöhlen (Knochenarrosionen?),<br />

HNO-ärztliche Untersuchung, (tiefer Nasenabstrich mit Kultur auf<br />

Bakt/Schimmelpilze). Nasopharyngealabstrich mit Respifinder (=Multiplex-PCR für<br />

respiratorische Viren)<br />

- Bei Diarrhoe: Clostridien-Ag im Stuhl, allenfalls Parasiten<br />

- Bei Dysurie: Urinstatus + Bakt, bei Hämaturie zusätzlich BK-Virus, CMV, Adenovirus im Urin/Blut<br />

- Abdominelle Klinik: Ultraschall Gallenwege, evt CT Abdomen<br />

Anpassung der Antibiotika<br />

- Positive Blutkultur mit Kokken in Trauben oder in Ketten unter Antibiotika (idR Oxacillin-resistente<br />

koagulase-negative Staphylokokken oder Ampicillin-resistente Enterococcus faecium) : Abnahme<br />

von zentral+peripheren BK + Start Vancocin 15mg/kg.1-0-1 iv; ( idR 2x1g). Talspiegel vor 5.<br />

Dosis, Ziel 10-15mg/l)<br />

Reevaluation nach 3Tagen: wenn AP für Katheterinfekt: siehe unten, wenn keine weitere BK<br />

positiv wird: Antibiotika Stopp nach 3 Tagen im Falle von KNS<br />

- Positive BK mit gramnegativen Keimen unter Antibiotika: Carbapenem<br />

- Bei klinischem Fokus: Anpassung siehe Flowchart. Bei V.a. Schimmelpilzinfekt: siehe unten<br />

3.5. Reevaluation der empirischen Antibiotikatherapie<br />

Bei stabilem Patienten wird die primäre empirische Antibiotikatherapie nach 96 Stunden re-evaluiert.<br />

Bei instabilem Patienten (Fieber >39°C, Schüttelfrost, Kreislaufinstabilität, unklarer Tachypnoe oder<br />

respiratorischer Insuffizienz) muss früher re-evaluiert werden (Wechsel der empirischen AB-Therapie<br />

frühestens nach 48h sinnvoll, falls kein Fokus oder mikrobiologisches Resultat).<br />

A: Bei Entfieberung wird in der Regel die gewählte empirische Therapie weitergeführt. Bei<br />

negativen Blutkulturen wird nach spätestens 3 Tagen Amikin abgesetzt.<br />

B: Bei nach 96 Stunden persistierendem Fieber, hängt das weitere Vorgehen vom Zustand des<br />

Patienten ab. Bei stabiler Situation sind weitere Abklärungen (s.o.) indiziert. Bei fehlendem<br />

Fokus wird die empirische Antibiotikatherapie unter täglicher sorgfältiger klinischer Untersuchung<br />

und Beachtung allfälliger relevanter Keimisolate während 5-7 Tagen ohne Änderung<br />

weitergeführt. Bei Verschlechterung des Zustandes (Kriterien: Fieber, Schüttelfrost, Kreislauf,<br />

Atemfrequenz, Oxygenierung) sollen Modifikationen evaluiert werden:<br />

- Antibiotic Cycling: Idee ist die Verhinderung eines Infektes von resistenten gramnegativen<br />

Keimen unter einer antibiotischen Therapie. Es gibt hierfür keine solide Daten in der Literatur.<br />

Indikation ist das nach 5-7 Tage persistierende Fieber in Aplasie ohne Fokus beim stabilen<br />

Patienten. Bei ESBL-kolonisierten Patienten, die febril sind unter Meropenem, darf auf<br />

Piperacillin/Tazobactam gewechselt werden.<br />

104


- Pilztherapie:<br />

Bei persistierendem Fieber und schwerer Mucositis sollte eine empirische Pilztherapie mit<br />

Caspofungin (Cancidas®) 70mg 1x Ladedosis, dann 50mg/d verabreicht werden (Stopp<br />

Fluconazol-Prophylaxe).<br />

Voriconazole ist bei Verdacht auf eine mögliche Schimmelpilzinfektion (dokumentierte<br />

Sinusitis unter Antibiotikatherapie, typisches Infiltrat radiologisch) indiziert (s.u.). Dosis:<br />

6mg/kg 2malige Ladedosis, dann 4mg/kg. Spiegel ca nach 5 Tagen. Ziel 1-5mg/l<br />

Ohne Hinweise auf eine invasive Schimmelpilzinfektion (CT Lunge und NNH, keine kutanen<br />

septischen Herde, keine Hinweise auf eine hepatolienale Candidiasis und keine<br />

schwergradige Mucositis kann auf eine Pilztherapie verzichtet werden.<br />

3.6. Dauer der empirischen Antibiotikatherapie<br />

Nach drei Tagen Fieberfreiheit und neutrophilen Granulozyten ≥ 0,5 x 10 9 /l kann (sofern kein<br />

dokumentierter Infekt vorliegt, der länger behandelt werden muss) die Antibiotikatherapie gestoppt<br />

werden.<br />

Bei einer raschen Entfieberung, negativen Blutkulturen, und gutem AZ, jedoch persistierender<br />

Neutropenie, soll die antimikrobielle Therapie in der Regel bis zum Engraftment weitergeführt<br />

werden.<br />

Bei langer Neutropeniedauer soll bei afebrilen Patienten in gutem Allgemeinzustand die<br />

antimikrobielle Therapie in der Regel nach 14 Tagen abgesetzt werden, auch wenn die<br />

Neutrophilenzahl von 0,5 x 10 9 /l noch nicht erreicht ist.<br />

4. Vorgehen bei dokumentierten Infektionen<br />

4.1. Katheterinfekt<br />

4.1.1. Definition:<br />

Infektion<br />

Definition<br />

Kolonisierter Katheter Signifikantes Wachstum 1 Mikroorganismen an Katheterspitze<br />

Ausrollmethode: 15 KBE (Kolonie bildende Einheiten)<br />

Phlebitis (periphere Katheter) 2 der folgenden Kriterien: Überwärmung, Induration, Rötung,<br />

Druckdolenz oder Schmerz<br />

Exit-site Infektion<br />

Klinisch: Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit im<br />

Abstand ≤ 2cm um Katheter-Austrittsstelle, ev. plus Eiter und Fieber<br />

oder<br />

Mikrobiologisch: Keimnachweis aus Exudat von Katheteraustrittstelle<br />

mit oder ohne Kathetersepsis<br />

Tunnelinfektion<br />

Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit > 2cm um<br />

Katheter-Austrittsstelle entlang dem getunnelten Katheter<br />

mit oder ohne Kathetersepsis<br />

Kathetersepsis<br />

Catheter-related<br />

bloodstream infection<br />

Bakteriämie oder Fungämie ( 1 pos. Blutkultur aus peripherer Vene)<br />

bei liegenden ZVK plus SIRS ohne andere Quelle für Sepsis.<br />

ZUSÄTZLICH eines der folgenden Kriterien:<br />

=CR-BSI<br />

- Isolation identischer Keim von Katheterspitze in relevanter Menge<br />

oder<br />

Catheter-associated<br />

bloodstream infection<br />

=CA-BSI<br />

- Differential Time to Positivity (DTP) 2 Stunden<br />

Primäre Sepsis ( 1 pos. Blutkultur ohne Hinweis für andere<br />

Infektquelle) in Anwesenheit eines ZVK ≥ 48h<br />

(v.a. für Surveillance)<br />

Die häufigsten Erreger bei Katheterinfekt sind:<br />

- Koagulase-negative Staphylokokken (CNS, sind zu ca. 80% Methicillin-resistent)<br />

- Enterococcus faecium (idR Ampicllin-resistent)<br />

- Staphylococcus aureus (Med Iso < 1% der S. aureus-Stämme Methicillin-resistent).<br />

- seltener Viridans-Streptokokken oder gramnegative nosokomiale Keime<br />

105


4.1.2. Vorgehen<br />

- Abnahme von 2 Blutkulturen, 1x zentral und 1x peripher gleichzeitig (s.o.)<br />

- Kathterentfernung/wechsel bei ALLEN Bakteriämien und dokumentierten Katheterinfektionen<br />

indiziert.<br />

Ausnahmen:<br />

- Katheterinfektion (CR-BSI) mit CNS OHNE Exit-site infection, Phlebitis, tieferliegenden Tunneloder<br />

Logeninfekten,oder septischer Thrombose).<br />

Therapie mit Vancocin 2x 15mg/kg (idR 2x1g) und Vancolock*. Dosisanpassung entsprechend<br />

Talspiegel vor 5. Gabe (Ziel 10-15mg/l).<br />

Alternative (v.a. bei Clearance < 50ml/min: Daptomycin(Cubicin®) 6mg/kg 1/d iv.<br />

Bei Rezidiv ist ein vollständiges Auswechseln des Kathetermaterials indiziert und die Suche nach<br />

einer Thrombose.<br />

- Schwierige Venenverhältinisse bei Bakteriämien OHNE Komplikationen mit<br />

- Enterococcus faecium Bakteriämie: Bei CA-BSI zusätzlich Vancolock*<br />

- Gramnegativer Bakteriämie (Pseudomonas: immer wechseln). Bei CA-BSI zusätzlich<br />

Ciproxinlock*<br />

* Locktherapien siehe <strong>Weissbuch</strong> <strong>Infektiologie</strong><br />

- Katheterwechsel: idealerweise Antibiotikum via alten Katheter, dann ziehen (evt überbrücken<br />

mit Venflon, neuer Katheter nach 12-24h)<br />

- Therapiedauer: 14tägige IV-Antibiotikatherapie<br />

Bei septischer Thrombose 28 Tage.<br />

Bei KNS, Katheter gewechselt: 5 Tage<br />

Bei KNS und erhaltenem Kahteter: 14 Tage<br />

4.2. Virale Infektionen<br />

4.2.1. Allgemeines<br />

Bei immunsupprimierten Patienten insbesondere nach HSZT:<br />

- Virusreplikation ist erhöht und verlängert<br />

- Antivirale Lymphozytenfunktionen qualtitativ und quantitativ für mindestens 3 Monate vermindert<br />

- Risikofaktoren: HSZT (allo-, cord blood > auto) 38°C).<br />

- Probable viral disease: Detection of virus replication and symptoms/signs of concurrent organ<br />

dysfunction. Other pathogens are excluded.<br />

106


- Proven viral disease: Detection of virus replication with corresponding pathology in biopsy<br />

tissues.<br />

Note:<br />

* Latent infectious disease is reported by serology in baseline data. First episode in a seronegative recipient is<br />

defined as primary infection. Indicate site of infection in symptomatic patients.<br />

Viral infectious disease specific criteria<br />

Virus<br />

Organ manifestations Comment<br />

(probable or proven)<br />

Herpes simplex virus (HSV) Mucocutaneous, respiratory<br />

tract, liver, visceral, CNS $ ,<br />

bone marrow suppression<br />

Varicella zoster virus (VZV) Mucocutaneous, respiratory<br />

tract, liver, visceral, CNS $ ,<br />

bone marrow suppression<br />

Epstein Barr virus (EBV) Hepatitis, CNS $ ,<br />

hematological, PTLD<br />

Cytomegalovirus (CMV) Gastrointestinal, hepatitis,<br />

respiratory tract, eye, CNS $ ,<br />

bone marrow suppression<br />

Human Herpes virus 6 (HHV-6) Gastrointestinal, hepatitis,<br />

respiratory tract, CNS $ , bone<br />

marrow suppression<br />

Human Herpes virus 7 (HHV-7) Gastrointestinal, liver,<br />

respiratory tract, CNS $ , bone<br />

marrow suppression<br />

Human Herpes virus 8 (HHV-8) Mucocutaneous, liver,<br />

visceral, bone marrow<br />

suppression<br />

Proven: Kaposi’s sarcoma,<br />

primary effusion lymphoma and<br />

Castleman disease<br />

BK virus (BKV) Urinary tract $ Probable BK-associated<br />

nephropathy: BKV load in plasma<br />

> 10 4 cp/mL > 3 weeks<br />

Probable hemorrhagic cystitis:<br />

BKV load in urine > 10 8 cp/ml and<br />

macroscopic hematuria<br />

JC virus (JCV) CNS $ , urinary tract Probable PML: includes possible<br />

(clinical + MRT) and laboratory<br />

confirmed (clinical + MRT + JCV<br />

DNA detection in cerebrospinal<br />

fluid)<br />

Adenovirus (ADV)<br />

Respiratory viruses including<br />

Respiratory syncytial virus<br />

(RSV), Influenza A-C,<br />

Parainfluenza, Rhinovirus,<br />

Metapneumovirus<br />

Gastrointestinal, urinary tract,<br />

eye (conjunctivitis),<br />

respiratory tract<br />

Respiratory tract, eye<br />

107<br />

Probable hemorrhagic cystitis:<br />

ADV load in urine > 10 4 cp/mL or<br />

isolation and macroscopic<br />

hematuria<br />

Hepatitis B 1 Liver Asymptomatic replication:<br />

inactive HBsAg carrier state<br />

Proven: chronic OR recurrence<br />

Hepatitis C Liver Asymptomatic replication: HCV<br />

viremia, normal liver enzymes<br />

and if available normal biopsy<br />

Proven: chronic disease > 6<br />

months = HCV viremia + liver<br />

biopsy compatible with HCV<br />

infectious disease (+ abnormal<br />

liver enzymes in non-liver-Tx)<br />

Rotavirus, Norovirus, Astrovirus,<br />

Echovirus, Coxsackie<br />

$ CNS: central nervous system<br />

Gastrointestinal


4.2.2. HSV Therapie<br />

Patienten<br />

Möglichkeiten von Manifestationen:<br />

Unter Prophylaxe bei HSZT<br />

Serologisch falsch negative bei HSZT<br />

<br />

<br />

Nach Stopp der Prophylaxe<br />

Klinisch: Mukokutane und seltene, aber schwerwiegende ZNS-, viszerale, oder<br />

opthalmologische Manifestationen<br />

Diagnostik<br />

Typische kutane Manifestation: kein Virusnachweis.<br />

PCR bei atypischer, enoraler, okkulärer, ZNS- oder viszeraler Manifestation: lokal, im<br />

Punktat, im Blut, Liquor, BAL.<br />

Therapie<br />

Mukokutane HSV-Erkrankung:<br />

<br />

<br />

Unter Prophylaxe bei HSZT entspricht klinisch definierte Acyclovirresistenz.<br />

Infektiologisches Konsil wird empfohlen; VTM zur virologischen Resistenztestung,<br />

empirische Therapie mit Foscavir oder high dose Famvir sollte erwogen werden.<br />

Serologisch falsch negative bei HSZT:<br />

Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 8-stdl. i.v. bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />

Valtrex 2x1000 mg/d p.os bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />

Beginn Sekundärprophylaxe<br />

Nach Stopp der Prophylaxe:<br />

Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 8-stdl. i.v. bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />

Valtrex 2x1000 mg/d p.os bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />

Sekundärprophylaxe evaluieren<br />

Seltene und schwere HSV Reaktivierungen sollen separat evaluiert werden:<br />

HSV-Enzephalitis, occuläre oder viszerale Manifestation (Leber, Lunge, GIT)<br />

Zovirax i.v. 10 mg/kg 8-stdl bis klinisch Abheilung<br />

Verlaufsdiagnostik evaluieren (ggf. VTM zur virologische Resistenztestung)<br />

Okkuläre Manifestation immer konsiliarisch vorstellen (topische Therapie)<br />

4.2.3. VZV<br />

Patienten:<br />

Lanzinierende Schmerzen, Brennen, Rötung in Dermatom, vor Bläschen<br />

V.a. viszerale Varicella-Zoster Erkrankung (Leber, Lunge, GIT)<br />

V.a. Encephalitis<br />

V.a. Keratokonjunktivitis, Endopthalmitis, Retinanekrose<br />

Diagnostik:<br />

PCR bei atypischer, enoraler, okkulärer, ZNS- oder viszeraler Manifestation: lokal, im<br />

Punktat, im Blut, Liquor, BAL.<br />

Therapie:<br />

Herpes Zoster: Valtrex 3x1000mg/d<br />

Disseminierte oder viszerale VZV Erkrankung: Zovirax i.v. 10 mg/kg 8-stdl.<br />

Dauer:<br />

Bis Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />

Opthalmologisch: topische Therapie?<br />

(Sekundärprophylaxe?)<br />

108


4.2.4. CMV<br />

CMV-Replikation tritt nach allogener HSZT bei rund 50% der Patienten auf (D-/R+ > D+/R+ > D-/R+).<br />

Deshalb Bestimmung des Serostatus vor HSZT und zusätzlich PCR im Vollblut von Empfänger. Eine<br />

preemptive Therapie kann Fortschreiten zu CMV Syndrom und CMV Organerkrankung verhindern<br />

(Leber, Darm, Lunge), welche eine Mortalität von 20-50% (bes. Pneumonie) hat.<br />

Patientenmonitoring<br />

Alle D+ oder R+ Patienten werden monitorisiert und bei Nachweis der CMV Replikation preemptiv<br />

behandelt<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von CMV IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />

intravenöse Immunglobuline, Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrat). Erythrozyten- und<br />

Thrombozytenkonzentrat führen typischerweise zu niedrig positiven IgG Titern.<br />

Replikation: Nachweis von CMV in primär sterilem Material mittels Kultur, Antigen, in situ<br />

Hybridisierung, Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Vollblut, Plasma, Serum,<br />

Liquor, BAL).<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von CMV Replikation<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />

Diagnostik<br />

Überwachung mittels 1x wöchentliche CMV-PCR (Woche 1 - Woche 12)<br />

Bei Risiko (GvHD, Steroide, Antilymphozyten-Antikörper)<br />

CMV Therapie<br />

First-line Therapie ist Cymevene gemäss Neutrophilenzahl > 1,0x10 9 /l<br />

- Bei Neutrophilen < 1,0x10 9 /l Therapie mit Neupogen<br />

- Bei V.a. Myelotoxizität ggf. Wechsel auf Foscavir (cave: direkter CMV Effekt)<br />

Preemptiv bei asymptomatischer Replikation (gemäss Tabelle)<br />

CMV PCR Kopien/mL Vorgehen<br />

< 1000 Wöchentliches Monitoring<br />

1000 – 10000 Innerhalb einer Woche bestätigen<br />

- Falls = oder ↑ Therapie beginnen<br />

- Falls > 2- facher Abfall mit Therapie<br />

warten und wöchentliches Monitoring<br />

> 10000 Therapie und Verlaufskontrolle<br />

2 x wöchentlich<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Therapeutisch bei symptomatischer Replikation (wahrscheinlich oder definitiv)<br />

Cymevene: 5 mg/kg 12-stdl. iv, Anpassung an Nierenfunktion<br />

Foscavir*: Bei asymptomatischer Replikation 60 mg/kg 12-stdl. iv (1-Std.-Infusion).<br />

Bei möglicher oder definitiver Erkrankung 60 mg/kg 8-stdl. iv oder 90 mg/kg 12-stdl. iv,<br />

Anpassung an Nierenfunktion<br />

Valcyte (bei ambulanten Pat. in gutem AZ und asymptomatischer Replikation): 900 mg 2xtgl.,<br />

Anpassung an Nierenfunktion<br />

109


Dauer<br />

<br />

<br />

Bei asymptomatischer Replikation: bei negativem CMV Nachweis 14 Tage ansonsten<br />

Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />

Bei Organerkrankung: bei negativem CMV Nachweis 14 -21 Tage<br />

Erhaltungstherapie (Sekundärprophylaxe) nur in Einzelfällen. Rücksprache mit Infektiologen<br />

empfohlen.<br />

CMV Addendum<br />

CMV-Pneumonie: zusätzlich ein polyklonales Immunglobulinpräparat (z.B. Privigen®) in einer Dosis<br />

von 0.5g/kg iv jeden 2. Tag während 2 Wochen, dann zweimal pro Woche für weitere 4 Wochen.<br />

Die Toxizitäten von Cymevene (Knochenmark) und Foscarnet (Nierentoxizität) sind nicht<br />

überlappend, so dass je nach Problemstellung die passende Therapie ausgewählt werden kann.<br />

* Foscavir: zusätzliche Hydrierung mit 500 ml parenteraler Kochsalz- oder Glucoselösung vor und bei<br />

Foscavir-Gabe Kontrolle der Nierenfunktion und der Serumelektrolyte (inkl. Ca, Ph, Mg).<br />

Vistide (Cidofovir) bei Patienten nach HSZT ist nur in Ausnahmefällen indiziert wie Foscavir- und<br />

Ganciclovir-Unverträglichkeit oder –Resistenz bzw. andere Virusinfektionen und soll nach<br />

Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong> bzw. klinischem Virologen erwogen werden. Indikation sehr selten da<br />

Gefahr der Nephrotoxizität. Zugelassen zur Therapie der CMV Retinitis beim HIV Patienten.<br />

Dosierung: Induktionstherapie: 5mg/kg iv als 1h Infusion 1x/Woche für 2 Wochen.<br />

Sekundärprophylaxe: 5mg/kg iv als 1h Infusion alle 2 Woche. Wichtigste Nebenwirkung: Proteinurie,<br />

Erhöhung Serumkreatinin, Neutropenie, Fieber. Zur Senkung der Nephrotoxizität muss Cidofovir mit<br />

Probenecid (Santuril) kombiniert gegeben werden.<br />

4.2.5. EBV<br />

Allgemeines<br />

Primoinfektion ist beim Erwachsenen selten (Seroprävalenz 95%) und von einer Reaktivierung zu<br />

unterscheiden. Risikofaktoren für eine Reaktivierung sind T-Zell Depletion (u. a. Alemtuzumab, ATG),<br />

haploidentische HSZT, cord blood HSZT und second line GvHD Theapie (u. a. Alemtuzumab,<br />

Infliximab).<br />

Patienten<br />

Gemäss Risikofaktoren<br />

V.a. Mononukleose-Syndrom<br />

V.a. Lymphom (klinisch: (sub)febrile Temperaturen und Malaise, radiologisch:<br />

Lymphadenopathie, Raumforderung; labortechnisch: Eiweisselektrophorese)<br />

Frühe Manifestation (1. Jahr nach HSZT) meist EBV-positive „Post-transplant<br />

lymphoproliferative disease" (PTLD);<br />

Späte Manifestation (>1Jahr) häufiger EBV-negative PTLD.<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von EBV IgG anti-VCA und anti-EBNA (nach Ausschluss von passiver<br />

Transfusion durch intravenöse Immunglobuline).<br />

Replikation: Nachweis von EBV in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />

Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Vollblut, (Plasma, Serum) Liquor, BAL).<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen und EBV Replikation<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie<br />

Diagnostik<br />

PCR im Vollblut 1x/Woche bei oben genannten Risikofaktoren bis Woche 12<br />

PCR Baselinewert vor GVHD Therapie<br />

CT Thorax/Abdomen, evt. PET CT<br />

Biopsie bei V.a. PTLD<br />

110


EBV-PTLD Therapie<br />

Bei ansteigender EBV-Last im Blut (50-fach in 1-2 Wochen über 50000 Kopien/ml) mit oder ohne<br />

Symptomatik sollten die PTLD Abklärungen durchgeführt werden und eine preemptive Therapie<br />

diskutiert werden.<br />

- Immunsuppression reduzieren falls möglich<br />

- Anti- CD20 375mg/m2 1 (-2) Gaben. Darunter sollte nach 1 Woche die EBV Viruslast um > 1log<br />

abnehmen. Dann Reevaluation<br />

- Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />

- Indikation zur adjuvanten antiviralen Therapie nur bei seronegativen Patienten mit EBV-<br />

Primoinfektion. Ganciclovir Dosis gemäss CMV.<br />

- Adoptiver T-Zell Transfer diskutieren insbesondere bei fehlendem Ansprechen auf Anti-CD20.<br />

4.2.6. HHV-6<br />

Die HHV-6 Seroprävalenz erreicht >95% ab dem 2 Lebensjahr. HHV6 Replikation tritt nach allogener<br />

HSZT bei rund 20-60% der Patienten in den ersten 2 - 6 Wochen auf. Die HHV-6 Organerkrankungen<br />

sind Encephalitis (limbische Enzephalitis), Pneumonitis, Hepatitis, Thrombozytopenie,<br />

Leukopenie bis zur Knochenmarkssuppression.<br />

Patienten<br />

Alle D+ oder R+ Patienten<br />

V.a. Enzephalitis, unklares Fieber, Thrombopenie, Non Engraftment, Hepatitis, Pneumonie<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von HHV-6 IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />

intravenöse Immunglobuline).<br />

Replikation: Nachweis von HHV-6 in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />

Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Plasma, Serum, Liquor, BAL).<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von HHV-6 Replikation<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />

Diagnostik<br />

Bei Symptomen HHV-6 PCR im Plasma und am Ort der Symptomatik<br />

Bei Risiko (GvHD, Steroide)<br />

HHV6-Therapie<br />

Antivirale Therapie mit <strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />

Therapeutisch bei symptomatischer Replikation (wahrscheinlich oder definitiv)<br />

Wie für CMV<br />

Dauer<br />

<br />

2-3 Wochen, bis asymptomatisch und PCR im Plasma bzw. Liquor negativ.<br />

* Bei einem asymptomatischen Anstieg der HHV-6 Viruslast im peripheren Blut, die mit dem<br />

Engraftment zusammenfällt und sehr hohe Werte von Millionen erreicht, sollte an das Vorliegen<br />

einer chromosomalen HHV-6 Integration gedacht werden. Diese kommt bei ~1% der Bevölkerung<br />

vor. Rücksprache mit dem Virologie-Labor und/oder einem Spezialisten in klinischer Virologie<br />

sollte zur Beurteilung und vor evt. Therapie erwogen werden.<br />

111


4.2.7. HHV-7<br />

Wenig ist bekannt über die Reaktivierung von HHV-7. Pneumonitiden, Hepatitiden Enzephalitiden<br />

und Knochenmarksuppression wurden beschrieben.<br />

Definitionen<br />

Analog zu HHV-6<br />

Diagnostik<br />

Bei Symptomen HHV-7 PCR im Plasma und am Ort der klin. Manifesation<br />

Bei Risiko (GvHD, Steroide)<br />

HHV- 7-Therapie<br />

Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />

Analog zu HHV-6 Therapie<br />

4.2.8. Virale respiratorische Infekte<br />

Risiko für Transmission entspricht der Virusaktivität im Einzugsgebiet, wobei Kinder eine zentrale<br />

Rolle durch höhere und längere Virusausscheidung haben. Respiratory Syncytial virus (RSV) und<br />

Influenza verursachen je 30% der respiratorischen Viruserkrankungen. Die restlichen werden durch<br />

Parainfluenza, Adenoviren und Metapneumoviren verursacht. Spitalhygienische Massnahmen sind<br />

bei Infektionen bei Patienten, Angehörigen und Pflegenenden angezeigt. Es sollte daran gedacht<br />

werden, dass Angehörige gegen Influenza geimpft werden sollten.<br />

Eine erhöhte Mortalität besteht bei Progression eines Infekts von den oberen Luftwegen zu einer<br />

Pneumonie und schwerer Immundefizienz (s.u.).<br />

Eine Früherkennung insbesondere von Influenza, RSV, Humanes Metapneumovirus und<br />

Parainfluenzaviren ist bei diesen Patienten wichtig. Bei Patienten mit Zeichen eines Infekts der<br />

oberen Luftwege vor Konditionierung sollte die Transplantation nach Möglichkeit verschoben werden.<br />

Patienten<br />

Symptomatische Patienten<br />

Patienten nach dokumentierter Exposition und starker Immunschwäche<br />

Definitionen<br />

Moderate Immundefizienz (MID): Lymphopenie (< 0.3x10 9 /l) , immunsupprimierende<br />

Therapie, T-Zelldepletion > 3 Monate<br />

Schwere Immundefizienz (SID): HSZT (allo-, cord blood > auto)


RSV Therapie<br />

Moderate Immundefizienz (MID):<br />

Obere oder untere Luftwege<br />

Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1x pro Woche bis klinisch<br />

asymptomatisch.<br />

Ribavirin (Rebetol®):<br />

- per os: maximale Dosis 10 mg/kg Körpergewicht 8-stündlich; Beginn mit 600 mg loading<br />

dose, dann 200mg 8-stündlich, bei Verträglichkeit am Tag 2 erhöhen auf 400 mg 8-<br />

stündlich, nach weiteren 2 Tagen auf 600 mg 8-stündlich bzw. maximale Dosis.<br />

- Intravenös: maximale Dosis 10 mg/kg Körpergewicht 8- stündlich; Dosierung wie per os.<br />

Anpassung bei Niereninsuffizienz (Kreatininclearance zwischen 30-50 mL/min maximal<br />

200 mg 8-stündlich; unter 30 ml/ min sistieren) und gemäss weiterer Komedikationen. Bei<br />

Hämolyse sollte Erythrozytenkonzentrate substituiert werden und die Dosierung von<br />

Ribavirin neu beurteilt werden.<br />

Schwere Immundefizienz (SID):<br />

Obere oder untere Luftwege<br />

Immunglobulin (z.B. Privigen®): 3x /Woche bis klinisch asymptomatisch<br />

Ribavirin: siehe oben<br />

Pavilizumab (Synagis®): nur in Einzelfällen. Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong> empfohlen.<br />

Therapiedauer<br />

Bis Ende Symptomatik und PCR aus Nasopharyngealabstrich negativ.<br />

Influenza Virus (A und B) Therapie<br />

Alle Patienten inkl. moderate oder schwere Immundefizienz<br />

Obere Luftwegsinfektion<br />

Relenza® (Zanamivir): 48h).<br />

Anpassung bei Niereninsuffizienz (Kreatininclearance zwischen 10-30 mL/min 75mg<br />

1xtäglich, Kreatininclearance < 10mL/min kein Tamiflu)<br />

bei positivem Virusnachweis auch wenn Symptomatik > 48h besteht<br />

Untere Luftwegsinfektion<br />

Tamiflu® (Oseltamivir): 150 mg 2x täglich am 1. und 2. Tag, dann 75mg 2xtäglich<br />

bei positivem Virusnachweis auch wenn Symptomatik > 48h besteht<br />

Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1-3x /Woche<br />

Dauer<br />

<br />

Bis Ende Symptomatik bzw. PCR negativ.<br />

Parainfluenza<br />

Moderate oder schwere Immundefizienz<br />

Obere oder untere Luftwege<br />

Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1x pro Woche bis klinisch<br />

asymptomatisch.<br />

Ribavirin (Rebetol®): Nur in Einzelfällen, Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />

Schwere Immundefizienz (SID)<br />

Obere oder untere Luftwege<br />

Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 3x /Woche bis klinisch<br />

asymptomatisch<br />

Ribavirin: Gemäss Klinik und Immunstatus. Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />

113


Adenovirus<br />

Adenovirus-(ADV) Replikation tritt bei Erwachsenen nach allogener HSZT selten auf. Es ist unklar,<br />

ob es sich um eine Reaktivierung oder Primoinfekt handelt. Risikofaktoren für eine Replikation sind<br />

allogene HSZT, mismatched related donor, matched unrelated donor, haploidentische HSZT,<br />

Lymphopenie (50% der Fälle im Urin. Bei etwa 5-10% kommt<br />

es zum Auftreten einer Polyomavirus-BK assoziierten hämorrhagische Cystitis (PVHC), meist nach<br />

Engraftment ca. 2-6 Wochen nach HSCT (late-onset). Risikofaktoren für eine PVHC sind allogene<br />

HSZT, mismatched related donor, matched unrelated donor, GvHD, Steroide, BKV Last im Urin<br />

>10e8 cp/ml und BKV Last im Plasma >10e4 cp/ml.<br />

Patienten<br />

Alle Patienten mit den oben genannten Risikofaktoren<br />

Klinisch: Zeichen der Cystitis mit Dysurie und Urge plus Hämaturie<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von BK IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />

intravenöse Immunglobuline).<br />

114


Replikation: Nachweis von BK in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />

Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Materialen (Plasma, Urin, Serum, Liquor, BAL).<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von BK Virus Replikation<br />

- Hämorrhagische Zystitis:<br />

Grad 0: keine Hämaturie.<br />

Grad 1: > 100 Erythrozyten pro high-power microscopic field an > 2 folgenden Tagen<br />

Grad 2: Makroskopische Hämaturie<br />

Grad 3: Makroskopische Hämaturie mit Koagel<br />

Grad 4: Makroskopische Hämaturie mit Koagel und ansteigendem Serumkreatinin wegen<br />

Obstruktion.<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />

Diagnostik<br />

Hämaturie Grading<br />

PCR auf BKV, Adenovirus, CMV im Urin und Plasma<br />

Histologie bei urologischer Intervention<br />

BKV Therapie<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Symptomatisch, Urologe beiziehen, Tamponade ausschliessen. Spülkatheter<br />

Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />

bei wahrscheinlicher (≥ Grad 2) oder definitiver Erkrankung<br />

Cidofovir 0.5 - 1 mg/kg KG 3x/Woche (ohne Probenecid; S-Kreatinin Kontrolle)<br />

Cidofovir 5 mg/kg KG 1x/Woche mit Probenicid 2g p.o. 1x 3h vor Cidofovirgabe, 1x1h und<br />

1x8h nach Cidofovir.<br />

Ungenügende Evidenz vorhanden, um die prophylaktische oder pre-emptive Gabe von<br />

Fluorochinolonen zu empfehlen.<br />

4.2.10. Polyomavirus JC-(JCV)<br />

JC Virus Reaktivierung mit Virusnachweis im Urin findet sich 20% der gesunden Blutspender.<br />

Klinische Manifestationen der JCV-Replikation sind bei HSZT Patienten selten. Die progressive<br />

multifokale Leukencephalopathie (PML) ist die bekannteste Erkrankung bei Immunsupprimierten,<br />

welche durch JCV-Replikation im ZNS verursacht wird.<br />

Patienten<br />

Alle Patienten mit lang andauernder Immnsuppression (CD4 < 100 Zellen/µl)<br />

Klinisch: neurologische Veränderung<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von JC IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />

intravenöse Immunglobuline).<br />

Replikation: Nachweis von JC in primär sterilem Material mittels PCR, Kultur, in situ Hybridiesierung<br />

oder Immunhistochemie in zellfreien Proben (Liquor, Plasma, Urin, Serum, BAL). Um die Sensitivität<br />

der PCR im Liquor zu erhöhen sollte mindestens 1ml Liquor ins IMM geschickt werden.<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von JC Virus Replikation<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />

Diagnostik<br />

PCR auf JCV im nicht-zentrifugiertem Liquor (mindestens 1ml!) und Plasma<br />

MRT Schädel mit typischen Veränderungen in T2<br />

Histologie nach klinischer Differentialdiagnose<br />

115


JCV Therapie<br />

Antivirale Therapie gemäss Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>/klinische Virologie<br />

bei wahrscheinlicher oder definitiver Erkrankung<br />

Reduktion der Immunosuppression<br />

Cidofovir 5 mg/kg KG 1x/Woche mit Probenicid 2g p.o. vor Cidofovirgabe.<br />

4.2.11. HHV-8<br />

HHV-8 Reaktivierungen bei HSZT Patienten sind sehr selten beschrieben worden, obwohl Fälle mit<br />

Kaposi-Sarkom nach HSZT sowie ein Fall von Donor-Transmission unter 1500 HSZT beschrieben<br />

worden ist.<br />

Patienten<br />

Klinisch: Kutanes (indolente, blau livide Papeln/Plaques häufig an den unteren<br />

Extremitäten) und viszerales Kaposi’s Sarkom, primary effusion lymphoma (PEL),<br />

multicentric Castleman disease (MCD), Knochenmarkssuppression.<br />

Definitionen<br />

Latente Infektion: Nachweis von HHV-8 IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />

intravenöse Immunglobuline).<br />

Replikation: Nachweis von HHV-8 in primär sterilem Material mittels PCR, Kultur, in situ<br />

Hybridiesierung oder Immunhistochemie in zellfreien Proben (Liquor, Plasma, Urin, Serum, BAL).<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von HHV-8 Replikation<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />

Diagnostik<br />

HHV-8 Serologie (Latenz-associated LANA und lytic antigene ORF65)<br />

PCR auf HHV-8<br />

HIV Antikörper wiederholen bzw. HIV Viruslast bestimmen bei möglicherweise falsch<br />

negativen Antikörpernachweis.<br />

Bei kutanem Befall beiziehen der Dermatologen<br />

Histologie<br />

HHV-8 Therapie<br />

Therapie bei wahrscheinlicher und definitiver Diagnose:<br />

Reduktion der Immunosuppression<br />

Chemotherapie<br />

Antivirale Therapie mit Ganciclovir nur bei Verdacht auf virales Syndrom. Rücksprache mit<br />

<strong>Infektiologie</strong> empfohlen.<br />

4.2.12. Hepatitis B<br />

Die Hepatitis B bleibt lebenslänglich in den Leberzellen und kann reaktivieren bei Immunsuppression.<br />

Nach HSZT treten in 50-70% Reaktivierungen bei durchgemachter Hepatitis B auf.<br />

Patienten<br />

Alle Patienten mit folgendenden Serostatus:<br />

- HBs Antigen und HBc Antikörper positiv<br />

- HBc Antikörper „only“ (Replikation in ca 10%)<br />

- HBs Antikörper und HBc Antikörper (je nach Studie in 50-90%)<br />

116


Definitionen<br />

Replikation: Nachweis von HBV mittels PCR, in situ Hybridiesierung oder Immunhistochemie im<br />

Plasma.<br />

<br />

<br />

Asymptomatisch<br />

Wahrscheinliche Erkrankung<br />

- Erhöhte Transaminasen<br />

- Leberstrukturveränderung im Ultraschall, Fibroscan<br />

- Nachweis von HBV Replikation<br />

<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Histopathologie<br />

Diagnostik<br />

PCR im Plasma auf HBV vor Konditionierung, dann 2-4 wöchentlich bei obengenannten<br />

Risikopatienten<br />

Bei ansteigenden Transaminasen ohne anderen klaren Grund sollte eine HBV PCR<br />

veranlasst werden<br />

Histologie bei Transaminasen, HBV PCR oder strukturellen Veränderungen im Ultraschall<br />

HBV Therapie<br />

Bei erhöhten Transaminasen und HBV DNA >2000 Kopien/ml sollte eine bildgebende und<br />

histologische Diagnostik nach Rücksprache mit den Gastroenterologen veranlasst werden.<br />

Therapiemöglichkeiten: Entecavir und Tenofovir<br />

Cave: bei Hepatitis B Umgebungs-Abklärung und ggf. Impfung von Angehörigen<br />

4.2.13. Hepatitis C<br />

Patienten mit einer chronischen Hepatitis C, die mit oder ohne Therapie über 6 Monate keine<br />

Virusreplikation aufweisen, sind von der Hepatitis C geheilt. Im Unterschied zur Hepatitis B gibt es<br />

kein Reservoir für die Hepatitis C Viren. Bei Patienten, mit einer persistierenden HCV Replikation,<br />

kann eine Progression zu fortgeschrittener Lebererkrankung oder Zirrhose nach 15 bzw. 20 Jahren in<br />

ca. 11% bzw. 24% auftreten. Dies unterscheidet sich nicht von nicht-transplantierten Patienten.<br />

Patienten<br />

Alle Patienten mit Nachweis von HCV Ak und nachweisbare HCV Replikation<br />

Definitionen<br />

Replikation: Nachweis von HCV mittels PCR, in situ Hybridisierung oder Immunhistochemie im<br />

Plasma.<br />

Asymptomatisch:<br />

- Normale Transaminasen<br />

- Keine Leberstrukturveränderung im Ultraschall, Fibroscan, ev. normale Biopsie<br />

- Nachweis von HCV Replikation<br />

<br />

Definitive Erkrankung<br />

- Histopathologie,<br />

- > 6 Monate Nachweis von HCV Replikation<br />

- Erhöhte Leberenzyme<br />

Diagnostik<br />

Bei HCV AK positiv<br />

PCR im Plasma auf HCV und einmalig Genotyp bestimmen<br />

Leberstrukturveränderungen im Ultraschall, Fibroscan<br />

Histologie<br />

Bei Patienten, die über 6 Monate PCR negativ waren, ist eine Hepatitis C unwahrscheinlich.<br />

Deshalb sollte bei erhöhten Transaminasen nach anderen Ursachen gesucht werden und<br />

eine Biopsie angestrebt werden. HCV PCR nur bei V.a. Neuansteckung.<br />

117


HCV Therapie<br />

<br />

<br />

Eine engmaschige Monitorisierung sollte bei Langzeitüberlebenden durchgeführt werden.<br />

Therapie nach 6 Monaten nach HSZT gemäss Rücksprache mit Hepathologen.<br />

4.2.14 Gastrointestinale Viren<br />

Noro-, Coxsackie-, Echo-, Rota-, Adeno- und Astroviren sind die häufigsten Viren, die eine<br />

Gastroenteritis verursachen. Infektionen werden grundsätzlich fäkal-oral übertragen. Bei HSCT<br />

Patienten können beispielsweise Echoviren auch andere Organsysteme befallen wie Lunge oder<br />

ZNS. Zudem können die Symptomatik der Enteritis sowie die Virusausscheidung verlängert sein (3<br />

Monate). Rotavirus Infekte können besonders im Kindesalter schwer verlaufen.<br />

Definitionen:<br />

Asymptomatische Replikation<br />

Symptomatisch<br />

Diagnostik:<br />

PCR im Stuhl<br />

Therapie:<br />

Symptomatisch<br />

Kontaktisolation gemäss Hygienerichtlinien HRL 03.13<br />

Dosistabelle<br />

Valtrex<br />

(Valacyclovir)<br />

Zovirax<br />

(Acyclovir)<br />

Valcyte<br />

(Valganciclovir)<br />

Famvir<br />

(Famciclovir)<br />

Cymevene<br />

(Ganciclovir)<br />

Foscavir<br />

(Foscarnet)<br />

Vistide<br />

(Cidofovir)<br />

Asymtomatische<br />

Replikation<br />

Organerkrankung Prophylaxe Niereninsuffizienz<br />

Siehe unter HSV oder<br />

VZV Therapie (da<br />

unterschiedlich)<br />

Siehe unter HSV oder<br />

VZV Therapie<br />

500mg po 12h<br />

500mg po 12h<br />

900mg po 12-h Bisher keine Indikation 900mg 24h<br />

(grundsätzlich bei<br />

Gefahr einer<br />

Resistenzbildung<br />

nicht indiziert)<br />

VZV 500mg po 8h<br />

HSV 500mg po 12h<br />

Höhere Dosis bei V.a.<br />

Aciclovirresistenz<br />

5mg/kg iv 12-h 5mg/kg iv 12h 6mg/kg iv 24h<br />

60mg/kg iv 12-h 60mg/kg iv 8h oder 90-120mg/kg iv 24h<br />

90mg/kg 12h<br />

5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/2 Wo<br />

siehe <strong>Weissbuch</strong><br />

<strong>Infektiologie</strong> *<br />

PDF aufrufbar auf der Website: http://www.unispital-basel.ch/das-universitaetsspital/bereiche/medizin/ klinikeninstitute-abteilungen/infektiologie-spitalhygiene/<br />

118


4.3. Pilz-Infektionen<br />

Die häufigsten invasiven Pilzinfekte sind Candidämien, hepatolienale Candidiasis und invasive<br />

Aspergillosen (pulmonal, Sinus, cerebral), seltener Infektionen mit Mucorales oder Rhizopus.<br />

4.3.1. Candida-Stomatitis<br />

Bei klinisch manifester Candidastomatitis sollte ein Abstrich mit Differenzierung und<br />

Resistenzprüfung veranlasst werden und mit Fluconazol (Diflucan®) 200mg/d behandelt werden.<br />

Falls der Patient bereits unter Fluconazol prophylaktisch steht, soll empirisch auf Caspofungin<br />

(Cancidas®) gewechselt werden.<br />

Therapiedauer: mindestens 10 Tage.<br />

Ohne klinischen Befund sollten keine Abstriche gemacht werden.<br />

4.3.2. Candidämie<br />

Eine Candidämie kann von den Schleimhäuten ausgehen (Stomatitis, Mucositis des GI-Traktes) oder<br />

von einem Katheter (Katheterinfekt).<br />

Diagnostik: bei Nachweis von Hefe in einer BK: Abnahme von erneuten BK (peripher und zentral),<br />

Fundoskopie (septische Streuherde?), Echokardiographie (Endokarditis?).<br />

Empirische Therapie in Aplasie: Caspofungin (Cancidas®): Loading dose 70mg iv, dann 50mg iv 1/d,<br />

alternativ liposomales Amphotericin B (Ambisome®) 3mg/kg iv 1/d. Nach Erhalt der Differenzierung<br />

und Resistenzprüfung soll gemäss Resistenzprüfung weiterbehandelt werden. Zentralvenöse<br />

Katheter müssen immer entfernt/gewechselt werden.<br />

Therapiedauer: 14 Tage, bei Endokarditis 4-6 Wochen<br />

Treatment options für invasive fungal infections in adults. Flückiger U, FUNGINOS; Swiss Med Wkly, 2006;<br />

138: 447-463<br />

4.3.3. Hepatolienale Candididasis<br />

Als Komplikation einer Candidämie kann es - typischerweise nach hämatologischer Regeneration -<br />

zur hepatolienalen Candidiasis kommen. Die Symptomatik ist unspezifisch (Fieber, evt Schmerzen<br />

im rechten Oberbauch und Anstieg der Cholestaseparameter), sonographisch oder computertomographisch<br />

lassen sich multiple kleine Abszessherde nachweisen. Die Blutkulturen bleiben meist<br />

negativ. In der Leberbiopsie histologisch/kultureller Nachweis, Sensitivität kann durch eine<br />

panfungale PCR erhöht werden.<br />

Therapie in Aplasie: Caspofungin (Cancidas®) iv, im Verlauf (ambulante Therapie) Fluconazol<br />

400mg/d po (bei Vorhandensein einer Spezies-Identifikation oder Resistenzprüfung muss<br />

entsprechend angepasst werden).<br />

Therapiedauer mindestens 6 Monate (bis Herde im CT nicht mehr nachweisbar)<br />

4.3.4. Invasive Schimmelpilzinfektionen<br />

Invasive Schimmelpilzinfektionen bei immunkompromittierten Patienten sind schwierig zu<br />

diagnostizieren, da der Goldstandard, der Nachweis von Pilzwachstum in sterilem Gewebe meist<br />

nicht möglich ist. Eine Einteilung nach Wahrscheinlichkeit wurde 2002 publiziert und 2008 revidiert:<br />

Defining opportunistic invasive fungal infections in immunocompromised patients with cancer and hematopoetic<br />

stem cell transplants: An international consensus. CID; 2002; 34: 7-14<br />

Revised Definitions of Invasive Fungal Disease from the European Organization for Research and Treatment of<br />

Cancer/Invasive Fungal Infections Cooperative Group and the National Institute of Allergy and Infectious<br />

Diseases Mycoses Study Group (EORTC/MSG) Consensus Group; CID 2008;46:1813–21<br />

119


Definitionen<br />

Bewiesene invasive Pilzinfektion (Proven)<br />

Histo-, zytopathologischer oder kultureller Pilznachweis in sterilem Gewebe inkl. Blut (mit oder ohne<br />

Keim-Identifikation)<br />

Positives Cryptokokken-Ag im Liquor<br />

Wahrscheinliche invasive Pilzinfektion (Probable)<br />

1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen + 1 mykologisches Kriterium<br />

Mögliche invasive Pilzinfektion (Possible)<br />

1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen (ohne Mykologie)<br />

Wirtsfaktoren:<br />

- Kürzliche Neutropenie (< 0.5 x 109/l für > 10 days) mit zeitlichem Zusammenhang zum Beginn der<br />

Pilzinfektion<br />

- St.n. allogener HSCT - Prolongierte Steroidtherapie: Prednison äquivalent mit einer mittleren minimalen Dosis<br />

von 0.3 mg/kg/da für > 3 Wochen - T-zell supprimierende Therapie (z.B. Cyclosporin, TNFa-Blocker,<br />

spezifische AK (z.B. Alemtuzumab) oder Nukleosidanaloga (z.B. Fludarabine) in den letzten 90 Tagen) -<br />

Angeborene schwere Immundefizienz (z.B. chron. Granulomatose oder SCID)<br />

Klinische Faktoren:<br />

- Untere Atemwege: mindestens 1 der folgenden Zeichen im CT: Dichtes, begrenztes Infiltrat mit oder ohne<br />

Halo oder Air-crescent sign oder Kaverne<br />

- Tracheobronchitis: Tracheobronchiale Ulzeration, Knoten, Pseudomembranen, Plaques oder ‚eschar’ in der<br />

Bronchoskopie<br />

- Sinonasale Infektion: radiologische Sinusitis + mind. 1 der folgenden Zeichen: Akuter lokalisierter Schmerz<br />

(inkl. Ausstrahlung in die Augen) oder Ulkus der Nase mit ‚eschar’ (Verkrustung) oder Knochendestruktion<br />

ausgehend von den paranasalen Sinuses<br />

- ZNS Infektion: mindestens 1 von 2 Zeichen: Fokale Läsion in der Bildgebung oder meningeales Enhancement<br />

im MRI/CT<br />

- Disseminierte Candidiasis: mind. 1 von 2 Entitäten nach einer Candidämie in den letzten 2 Wo: Kleine, targetähnliche<br />

Abszesse (bull’s-eye lesions) in Leber oder Milz. Progressive retinale Exudate in der<br />

ophthalmologischen Untersuchung<br />

Mykologische Kriterien<br />

- Direkte Tests (Zytologie, Direktpräparat, Kultur, panfungale PCR): Nachweis von Schimmelpilz im Sputum,<br />

BAL, Trachealsekret oder Sinusaspirat (mit oder ohne Spezies-Identifikation)<br />

- Indirekte Tests (Antigen oder Zellwandbestandteile): Aspergillose: Galactomannan im Plasma, Serum, BAL<br />

oder Liquor<br />

- Invasive Pilzinfektion (ausser Cryptococcen /Zygomyceten): Beta-D-Glucan im Serum (bei uns nicht<br />

erhältlich)<br />

Therapie<br />

Possible, probable und proven Schimmelpilzinfektionen qualifizieren für einen sofortigen<br />

Therapiebeginn. Therapie-Entscheide sollten sich aber nicht alleine auf diese Kriterien stützen und<br />

können Patienten betreffen, die diese nicht erfüllen.<br />

Die am häufigsten gefundenen Schimmelpilze (>95%) sind Aspergillen. Die beste Therapie für den<br />

Aspergillus ist Voriconazol (Vfend®) 6mg/kg loading dose 2x, dann 4mg/kg 1-0-1 (NEJM 2002).<br />

Talspiegel nach ca 5 Tagen, Ziel 1-5mg/l. Unter der initialen Therapie nehmen die Herde in der<br />

ersten Woche meist an Grösse zu, insbesondere unter dem Engraftment. Dies ist Ausdruck des<br />

Einwanderns von Leukozyten. Für Kombinationstherapien gibt es kaum Daten, eine solche kann im<br />

Einzelfall zusammen mit dem infektiologischen Konsiliardienst besprochen werden. Eine andere<br />

therapeutische (und diagnostische) Option ist eine thoraxchirurgische VATS oder Lobektomie. Eine<br />

solche sollte interdisziplinär mit Thoraxchirurgie, <strong>Infektiologie</strong> und Pneumologie diskutiert werden.<br />

Therapiedauer:<br />

- probable/proven: mindestens 3 Monate, resp. bis Infiltrate im CT weg/stabile Narben.<br />

- possible: bei typischer Bildmorphologie s.o., bei retrospektiv anderer Diagnose oder nur kleinsten<br />

Befunden: Stopp bei Ende Aplasie<br />

120


Seltenere Schimmelpilze<br />

Nebst den Aspergillen treten unter dem verbesserten Ueberleben der Patienten, unter Breitspektrum-<br />

Pilztherapien häufiger seltene Schimmelpilze auf. Zu diesen gehören Zygomyceten (v.a. Mucor,<br />

Rhizopus), Scedosporien und Fusarien. Es sind oft sehr schwierig zu behandelnde Infektionen,<br />

inbesondere beim neutropenen Patienten. Die empirische Therapie sollte breit (Amphotericin B, evt.<br />

Kombinationstherapie in Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>) sein und an die Spezies-Identifikation und<br />

allfällige Resistenzprüfung (cave: keine etablierten Breakpoints) angepasst werden.<br />

Uebersicht: Therapie invasiver Pilzinfektionen<br />

Indikation Massnahme Kommentar/Alternativen<br />

Fieber in Neutropenie,<br />

trotz Antibiotika und<br />

Mucositis<br />

Caspofungin (Cancidas®)<br />

70mg loading, dann 50mg<br />

qd iv<br />

Gut verträglich. Cave<br />

Hepatopathie<br />

Stopp, wenn kein Infekt und<br />

Patient afebril<br />

Invasive Candidose<br />

(Candidämie,<br />

hepatolienale Candidiasis)<br />

V.a. invasive Aspergillose<br />

(radiologisch, possible,<br />

probable or proven)<br />

Seltenere Pilze: Fusarien,<br />

Mucorales, Scedosporium<br />

Empirisch Caspofungin<br />

(Cancidas®) 70mg iv<br />

loading, dann 50mg qd iv<br />

Wechsel auf Fluconazol<br />

(Diflucan®) 400mg/d falls<br />

MHK < 2mg/l<br />

Voriconazole (Vfend®), iv<br />

oder p.o.<br />

iv loading: 6 mg/kg bid,<br />

dann 4 mg/kg bid. p.o. oder<br />

iv*<br />

Liposomales Amphotericin<br />

B (Ambisome®) bis Erhalt<br />

ID/Resistenzprüfung,<br />

Alternative: Amphotericin B<br />

Dauer: Candiämie: minimal 14<br />

Tage; hepatolienale Candidiasis:<br />

6 Monate resp bis Herde weg<br />

Alternative: Voriconazol*<br />

Cave: parenterale Form bei<br />

Niereninsuffizienz, Hepatopathie<br />

Alternative:<br />

Liposomales Ampho B<br />

(Ambisome®) 3mg/kg)<br />

Posaconazol (Noxafil®) 2x400mg<br />

po (4x200mg bei schlechter<br />

Absorption)<br />

Alternative:<br />

Posaconazol (Noxafil®)<br />

* Voriconazol-Tal-Spiegel nach min 5 Tagen, Ziel 1-5mg/l<br />

121


Klinik und Therapie der Cytomegalievirus (CMV)-Infektion beim<br />

immunkompromittierten Patienten<br />

1. Allgemeines<br />

1.1. Definitionen<br />

- Latente Infektion: Nachweis von CMV IgG ohne Hinweis für Symptome.<br />

- Serokonversion/primäre Infektion: Nachweis von Antikörpern oder Virusreplikation bei<br />

einem bisher seronegativen Patienten. Kann asymptomatisch oder symptomatisch sein.<br />

- Asymptomatische Virus Replikation: Virusnachweis in einem Untersuchungsmaterial<br />

(Blut, Biopsie, Liquor, BAL, Urin) ohne klinische, laborchemische oder histologische<br />

Manifestation.<br />

- Viral Syndrome (CMV-Syndrom): Nachweis von Virusreplikation und nichtorgansspezifischen<br />

klinischen Symptomen (Fieber > 38°C).<br />

- Probable viral disease (mögliche CMV Organerkrankung): Nachweis von<br />

Virusreplikation und Symptome von begleitender Organdysfunktion. Andere Pathogene<br />

wurden ausgeschlossen.<br />

- Proven viral disease (definitive CMV-Organerkrankung): CMV Nachweis in Biopsien in<br />

Verbindung mit klinischen Symptomen und Befunden, die zu einer CMV-Erkrankung<br />

passen.<br />

1.2. Risikogruppen<br />

- Seropositive (CMV IgG+) HIV-infizierte Patienten<br />

- Patienten nach Solidorgantransplantation (SOT):<br />

- Donor IgG+(D+)/ Rezipient IgG- (R-) > D+/R+ > D-/R+<br />

- Patienten nach allogener Stammzelltransplantation (HSCT):<br />

- D-/R+ > D+/R+ > D+/R-<br />

2. Labordiagnostik<br />

2.1. CMV-Serologie<br />

Nachweis von CMV-spezifischen Antikörpern IgG und/oder IgM (z. B.. ELISA).<br />

Beachte: Falsch positive IgG nach Transfusion von Immunglobulinen. Serologie ist zur<br />

Diagnose beim Immunsupprimierten ungeeignet.<br />

2.2. CMV-Antigenämie<br />

Testprinzip: Nachweis von CMV-Protein pp65 in Granulozyten mittels Immunfluoreszenz mit<br />

monoklonalem Antikörper. Quantitatives Resultat z.B. pro 250'000 Leukozyten. Nicht<br />

standardisiert in verschiedenen Labors.<br />

Indikation: Überwachung und Therapiekontrolle der CMV-Infektion nach Transplantation.<br />

Interpretation: Nachweis einer asymptomatischen Replikation nicht gleichzusetzen mit CMV-<br />

Erkrankung. Positiver und negativer prädiktiver Wert der Antigenämie für CMV-Erkrankung ist<br />

abhängig von immunologischer Situation (Primär- oder Sekundär-Infektion, HLA-mismatch,<br />

nicht-verwandter Spender), Höhe der Antigenämie (Schwellenwert) und klinischer Situation<br />

(HSCT>SOT mit Lunge> Herz > Leber > Niere).<br />

Der Schwellenwert für Frühtherapie bei HSCT 2 / 250'000, bei SOT 20 /250'000.<br />

Beachte: Bei Patienten in Neutropenie (< 500 Neutrophile/uL) (z. B.. Preengraftment nach<br />

HSCT) ist die Antigenämie nur bedingt aussagekräftig ( PCR)<br />

2.3. CMV Isolierung (=Kultur)<br />

Testprinzip: Anzüchtung des Virus in einer Zellkultur. Das infektiöse Virus kann nach 24-48h<br />

in Zellkultur mittels Immunfluoreszenz nachgewiesen werden.<br />

Indikation: Nicht quantitativer Nachweis von CMV-Erkrankung in Biopsie oder BAL, (selten<br />

Blut [„Virämie“] oder Urin).<br />

Interpretation: Begrenzte Sensitivität, aber gute Spezifität für CMV-Organerkrankung bei<br />

Nachweis im Biopsiematerial. Für die Steuerung der Frühtherapie nicht sinnvoll.<br />

122


2.4. CMV-DNA Nachweis (CMV-PCR)<br />

Testprinzip: CMV-DNA Nachweis mittels PCR<br />

Indikation: CMV-PCR zum Nachweis im Liquor, Augenkammerwasser und im EDTA-Blut. Die<br />

PCR kann wie die Antigenämie zur Steuerung von Frühtherapie und Therapieverlauf<br />

verwendet werden.<br />

Interpretation: PCR-Nachweis von CMV-DNA im Liquor oder Kammerwasser zeigt bei<br />

passender Klinik eine CMV-Enzephalitis oder -Ventrikulitis bzw. CMV-Retinitis. Der negative<br />

prädiktive Wert der PCR in der BAL für eine CMV Pneumonitis ist hoch.<br />

Die quantitative PCR im EDTA-Blut ist aufgrund der verschiedenen Testmethoden nicht mit<br />

der Antigenämie vergleichbar. Das Vorgehen auf der Isolierstation/Zellersatzambulatorium<br />

wurde festgelegt:<br />

CMV PCR Kopien/mL<br />

Vorgehen<br />

< 1’000 Wöchentliches Monitoring<br />

1’000 – 10’000 Innerhalb einer Woche bestätigen<br />

• Falls = oder ↑ Therapie beginnen<br />

• Falls > 2- facher Abfall mit Therapie warten und<br />

wöchentliches Monitoring<br />

> 10’000 Therapie und Verlaufskontrolle 2xwöchentlich<br />

Bei SOT Patienten liegt der cut-off höher. Therapieentscheid ist abhängig von der Dynamik.<br />

2.5. Nachweismethoden in der Pathologie<br />

Pathohistologie<br />

Testprinzip: Nachweis von Riesenzellen (30μm) mit einem 15μm grossen<br />

Kerneinschlusskörper „Eulenaugenkern“.<br />

Indikation: CMV-Nachweis aus Histologie (Gewebsbiopsien) oder Zytologie (z. B. BAL)<br />

Interpretation: Gute Spezifität.<br />

Direkte Immunfluoreszenz<br />

Testprinzip: Spezifische Antikörper für ein CMV spezifisches Protein werden mit dem<br />

Fluorochrom gekoppelt. Die markierten Antikörper binden spezifisch an das gesuchte Antigen<br />

auf der Probe.<br />

Indikation: Nicht quantitativer Nachweis von CMV-Infektion BAL.<br />

Interpretation: Gute Spezifität. Gefahr der Überdiagnose.<br />

Immunhistochemie (IHC)<br />

Testprinzip: CMV-spezifische Antigene werden mit Hilfe von Antikörpern im Gewebe<br />

(Biopsien) sichtbar gemacht.<br />

Indikation: Biopsiematerialien<br />

Interpretation: Gute Sensitivität und Spezifität<br />

In-situ-Hybridisierung (ISH)<br />

Testprinzip: Nachweis von CMV DNA in den Zellen in der Biopsie<br />

Indikation: Gewebsbiopsien<br />

Interpretation: Gute Sensitivität und Spezifität<br />

123


3. Klinik<br />

3.1. CMV-Syndrom" (siehe Definition oben)<br />

speziell: Ausschluss HHV-6 bei schwer immunsupprimierten Patienten<br />

3.2. CMV-Pneumonitis<br />

Allg.: Bei SOT höchste Mortalität.<br />

Bei AIDS Patienten mit symptomatischer Pneumonie ist CMV in >95% der<br />

Fälle zusammen mit anderen Erreger nachweisbar, die als primäre Ätiologie in<br />

Frage kommen.<br />

Symptome: Dyspnoe, Tachypnoe, unproduktiver Husten, Fieber.<br />

Befunde: Hypoxämie; Thoraxröntgen: diffuse interstitielle Infiltrate.<br />

Diagnose: Nachweis einer CMV-Infektion mittels IHC, ISH oder Zellkultur aus<br />

Lungenbiopsie oder BAL in Verbindung mit klinischer Pneumonie. PCR aus<br />

BAL alleine dient nicht zur Diagnose. Der negative prädiktive Wert der PCR ist<br />

in der BAL hoch.<br />

3.3. CMV-Colitis<br />

Symptome:<br />

Befunde:<br />

Diagnose:<br />

Intermittierende, krampfartige Bauchschmerzen, Diarrhoe.<br />

Endoskopisch: diffuse oder fokale Bezirke mit Erythem, Schleimhautödem und<br />

-erosionen, oft auch Hämorrhagien und Ulzerationen (0.5-1 cm ).<br />

In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur. PCR aus Stuhl<br />

alleine ist nicht aussagekräftig.<br />

3.4. CMV-Oesophagitis / -Gastritis<br />

Symptome: Dysphagie, retrosternale oder epigastrische Schmerzen.<br />

Befunde: Endoskopisch ähnliche Befunde wie unter 3.3.<br />

Diagnose: In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur.<br />

3.5. CMV-Hepatitis<br />

Befunde: Erhöhtes Bilirubin und/oder Transaminasen bei Ausschluss anderer Ätiologien<br />

inkl. Infektionen.<br />

Diagnose: In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur.<br />

3.6. CMV-Encephalitis /-Meningoradikulitis<br />

Befunde: (Meningo-)Enzephalitis. Bildgebung nicht richtungsweisend.<br />

Diagnose: Im Liquor Nachweis von CMV mittels PCR.<br />

3.7. CMV-Retinitis<br />

Allg.: Vor cART häufigste CMV-Organerkrankung bei HIV (CD4 < 100, Inzidenz bis<br />

zu 25%). Unter cART Immunrekonstitutions-Syndrom als Komplikation.<br />

Nach Organtransplantation sehr selten.<br />

Symptome: Unscharfes, verzerrtes Sehen, Gesichtsfeldausfälle.<br />

Befunde: Herdförmige, weissliche Retinaläsionen, Exsudate oder Hämorrhagien, oft<br />

entlang der Venen. Selten milde Uveitis.<br />

Diagnose: Fundoskopie (durch Ophthalmologen).<br />

Im Kammerwasser Nachweis von CMV mittels PCR.<br />

124


4. Therapie<br />

4.1. Allgemeines<br />

Bei immunsupprimierten Patienten sollte bei einer CMV Replikation/Erkrankung wenn immer<br />

möglich die Immunsuppression gesenkt werden.<br />

3 unterschiedliche Strategien für die Anwendung von Virostatika:<br />

- Prophylaxe: z. B.. SOT-Patienten. Verabreichung von Virostatika an alle Patienten zur<br />

Verhinderung einer CMV-Primärinfektion, -Reinfektion oder –Reaktivierung.<br />

- Frühtherapie: z. B.. HSCT-Patienten. Monitoring und Einsatz von Virostatika, bei Nachweis<br />

einer CMV-Replikation im Blut , um nachfolgende CMV-Erkrankung zu verhindern.<br />

- Therapie: Virostatika zur Therapie des viral syndroms oder bewiesenen Organerkrankung.<br />

CMV wirksame Medikamente: Ganciclovir (Cymevene®), Valgancyclovir (Valcyte®),<br />

Foscarnet (Foscavir®) und Cidofovir (Vistide®). Dosistabelle (siehe Punkt 5).<br />

4.2. Prophylaxe<br />

Eine Primärprophylaxe mit Valgancyclovir (Valcyte®) wird in den meisten Zentren (auch bei<br />

uns) in den ersten 3 Monaten nach SOT durchgeführt. Valcyte® ist als Prophylaxe bei SOT<br />

Patienten zugelassen. Nach HSCT wird meist keine Primärprophylaxe verabreicht (auch bei<br />

uns).<br />

Die Sekundärprophylaxe ist bei AIDS-, HSCT- und SOT-Patienten mit St. n. CMV-<br />

Organerkrankung empfohlen. Es sollte eine individuelle Risikoabwägung mit Einschätzung der<br />

Dynamik der Immundefizienz erfolgen. Gefahr der Sekundärprophylaxe ist die Entstehung von<br />

Resistenzen oder Nebenwirkungen (siehe unten).<br />

4.2.1. Dosierung von Valcyte® für Prophylaxe bei normaler Nierenfunktion<br />

Dosis: 1x900mg /Tag (1x2 Filmtabletten zu 450 mg- zu den Mahlzeiten).<br />

Patienten: Alle Patienten nach Nieren-Tx und bei Abstossungstherapie.<br />

Ausnahme: D-/R- Patienten<br />

Dauer: Ab Tag 5 für ca. 3-4 Monate (100 Tage)<br />

4.3. Früh- (Präemptive) Therapie<br />

Ganciclovir (Cymevene®) ist Therapie der Wahl für die präemptive Therapie. Im USB wird bei<br />

ambulanten hämatologischen Patienten in gutem AZ und asymptomatischer Replikation<br />

Valcyte als Frühtherapie (2 x 900mg po. für 2 Wochen) unter 1x/Woche Monitoring<br />

verabreicht.<br />

4.3.1. Cymevene (Ganciclovir)<br />

4.3.1.1. Therapeutische Dosierung von Cymevene (bei normaler Nierenfunktion)<br />

Dosierung: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 12 h<br />

Dauer: während mindestens 14 Tagen resp. bis CMV mittels PCR nicht mehr<br />

nachweisbar oder die Antigenämie negativ ist.<br />

4.3.1.2. Dosierung bei Hämatotoxizität<br />

Bei Neutropenie 1000/ul<br />

Bei Thrombopenie


4.4. Therapie der CMV Organerkrankung<br />

Es existieren wenige Daten hinsichtlich Therapie und -dauer bei CMV Organerkrankungen.<br />

Grundsätzlich wird eine Therapie verabreicht bis die klinischen Symptome verschwunden sind<br />

und die Virämie nicht mehr nachweisbar ist. Anschliessend wird eine Sekundärprophylaxe<br />

(siehe unten) für ca. 3 Monate empfohlen. Zur Verabreichung der Sekundärprophylaxe sollte<br />

eine individuelle Risikoabwägung mit Einschätzung der Dynamik der Immundefizienz erfolgen.<br />

4.4.1. Therapie der CMV-Pneumonitis nach HSCT<br />

Cymevene in Kombination mit intravenösen Immunglobulinen reduziert die Letalität der<br />

CMV-Pneumonie von >85% auf 40%-50%.<br />

Das meist publizierte Therapieschema ist wie folgt:<br />

Induktions-Th: Cymevene 5 mg/kg i.v. alle 12 Std. während 21 Tagen,<br />

kombiniert mit polyspezifischem Immunglobulinpräparat (IVIG)<br />

(z.B. Redimune) in einer Dosis 500 mg/kg i.v., jeden 2. Tag<br />

für 2 Wochen.<br />

Sekundär-P: Cymevene 5 mg/kg i.v. 1xtäglich während mindestens weiteren 14 Tagen,<br />

kombiniert mit IVIG 500 mg/kg i.v. 2 x/Woche.<br />

NB: Je nach Schweregrad der Pneumonitis kann über die Dosisintervalle und Dauer von IVIG<br />

diskutiert werden.<br />

4.4.2. Therapie des CMV-Nachweises in der Lunge bei HIV-Infektion<br />

Studien haben gezeigt, dass bei CMV Nachweis (IF oder PCR) in der BAL eine antivirale<br />

CMV-Therapie nur dann sinnvoll ist, wenn kein anderer Keim die Klinik erklärt (z.B. PcP).<br />

4.4.3. Therapie der CMV-Retinitis bei HIV-Infektion<br />

Induktions-Th: 2x900 mg/Tag (= 2x2 Filmtabletten zu 450 mg) per os für 3 Wochen<br />

Sekundär-P: 1x900 mg/Tag (1x2 Filmtabletten zu 450 mg) bis Immunrekonstitution<br />

4.5. Foscavir (Foscarnet)<br />

- Zugelassen zur Therapie der CMV-Retinitis beim AIDS-Patienten<br />

- Alternative zu Cymevene zur Therapie der asymptomatischen Replikation nach HSCT,<br />

anderen CMV-Erkrankungen bei AIDS-Patienten und CMV-Organerkrankungen nach SOT<br />

(z. B. bei Cymevene/Valcyte-assoz. Leukopenie u/o Thrombopenie oder Verdacht auf<br />

eine Ganciclovir–Resistenz bei klinischer Progression der Retinitis unter langdauernder<br />

Cymevene-oder Valcyte-Therapie).<br />

Wichtigste NW: Einschränkung der Nierenfunktion bei ca. ¼ der Patienten, Hypo- oder<br />

Hyperkalzämie, Hypo- oder Hyperphosphatämie.<br />

4.5.1. Dosierung von Foscavir (bei normaler Nierenfunktion)<br />

CMV Retinitis<br />

Induktions-Th: 60 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 8 h während 14 Tagen oder<br />

90mg/kg alle 12 h<br />

Sekundär-P: 90-120 mg/kg i.v. als 2-h-Infusion 1x täglich.<br />

Asymptomatische Replikation bei HSCT Patienten<br />

Induktions-Th: 60 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 12h während mindestens 14 Tagen, bzw.<br />

keine Virämie mehr nachweisbar.<br />

WICHTIG: Parallel zu jeder Foscavir-Infusion 1’000 ml isotone Kochsalzlösung<br />

infundieren, um Niereninsuffizienzrisiko zu verringern (SOP auf Isolierstation).<br />

4.5.2. Resistenzentwicklung<br />

Das Auftreten von Foscavir-resistenten CMV-Stämmen wird selten beschrieben.<br />

126


4.6. Vistide (Cidofovir) bei normaler Nierenfunktion<br />

- Indikation sehr selten, da Gefahr der Nephrotoxizität.<br />

- Zugelassen zur Therapie der CMV Retinitis beim AIDS-Patienten.<br />

- Als Alternative bei Verdacht auf Cymevene oder Foscavir Resistenz.<br />

Induktions-Th: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion 1x/Woche für 2 Wochen.<br />

Sekundär-P: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 2 Wochen<br />

Wichtigste NW: Proteinurie, Erhöhung des Serumkreatinins, Neutropenie, Fieber. Zur<br />

Senkung der Nephrotoxizität muss Cidofovir mit Probenecid (Santuril) kombiniert gegeben<br />

werden.<br />

5. Dosistabelle<br />

Asymptomatische<br />

Replikation<br />

Organerkrankung Prophylaxe Dosis-<br />

Anpassung<br />

Valcyte<br />

(Valganciclovir)<br />

Cymevene<br />

(Ganciclovir)<br />

Foscavir<br />

(Foscarnet)<br />

Vistide<br />

(Cidofovir)<br />

900mg po 12-h Bisher keine<br />

Indikation<br />

900mg 24-h Kompendium/<br />

Sanford<br />

5mg/kg iv 12-h 5mg/kg iv 12-h 6mg/kg iv 24-h Kompendium/<br />

Sanford<br />

60mg/kg iv 12-h 60mg/kg iv 8-h oder 90-120mg/kg iv Kompendium/<br />

90mg/kg 12-h 24-h<br />

Sanford<br />

5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/2 Kompendium/<br />

Wo<br />

Sanford<br />

6. Literatur<br />

1. Ljungman P, Griffiths P, Paya C. Definitions of Cytomegalovirus Infections and Disease in<br />

Transplant Recipients. Clin Inf Dis 2002 ; 34 :1094-7.<br />

2. Drew WL. Cytomegalovirus infection in patients with AIDS. Clin Infect Dis1992;14:608-15.<br />

3. Boeckh M, Boivin G. Quantitation of Cytomegalovirus: Methodologic Aspects and Clinical<br />

Applications. Clin Microbiol Rev 1998; 11:533-554.<br />

4. Ngyuen Q, Champlin R, Giralt, S, et al. Late Cytomegalovirus pneumonia in adult<br />

allogenic blood and marrow transplant recipients. Clin Infect Dis 1999;28:618-23.<br />

5. Balfour HH Jr. Antiviral drugs. N Engl J Med 1999; 340:1255-68.<br />

6. Studies of Ocular Complications of AIDS Research Group. Mortality in patients with the<br />

acquired immuno-deficiency syndrome treated with either foscarnet or ganciclovir for<br />

cytomegalovirus retinitis. N Engl J Med 1992; 326:213-220.<br />

7. Martin DF, Sierra-Madero J, Walmsley S et al. A controlled trial of valganciclovir as<br />

induction therapy for cytomegalovirus retinitis. N Engl J Med. 2002 Apr 11;346(15):1119-<br />

26<br />

8. Reusser P, Einsele H, Lee J, et al., for the Infectious Diseases Working Party of the<br />

European Group for Blood and Marrow Transplantation. Randomized multicenter trial of<br />

foscarnet versus ganciclovir for preemptive therapy of cytomegalovirus infection after<br />

allogeneic stem cell transplantation. Blood 2002; 99:1159-64.<br />

9. Len O, Gavalda J, Aguado JM et al. on behalf of RESITRA. Valgancyclovir as treatment<br />

for cytomegalovirus disease in solid organ transplant recipients. Clin Infect Dis 2008;46:<br />

20-6.<br />

10. Gilbert C, Bovin G. Human cytomegalovirus resistance to antiviral drugs. Antimicrob<br />

Agents Chemother. 2005;49:873-83.<br />

127


Invasive Pilzinfektionen bei immunsupprimierten Patienten<br />

1. Definitionen (EORTC/MSG) Consensus Group, CID 2008; 46:1813–21<br />

Die Diagnose invasiver Mykosen ist schwierig, weshalb von der EORTC/MSG für<br />

Studienzwecke Konsensus-Definitionen erarbeitet 2002 und revidiert 6/2008 publiziert<br />

wurden. Therapie-Entscheide sollten sich nicht alleine auf diese Kriterien stützen und<br />

können Patienten betreffen, die diese nicht erfüllen.<br />

Dieses Merkblatt ist eine Vereinfachung der publizierten Definitionen; die bei uns seltenen<br />

endemischen Mykosen, wurden nicht berücksichtigt. (Bei Fragen oder Problemen<br />

Originalartikel konsultieren u/o ein infektiologisches Konsil veranlassen).<br />

Bewiesene invasive Pilzinfektion (Proven)<br />

Histo-, zytopathologischer oder kultureller Pilznachweis in sterilem Gewebe inkl. Blut (mit oder ohne<br />

Keim-Identifikation)<br />

Positives Cryptokokken-Ag im Liquor<br />

Wahrscheinliche invasive Pilzinfektion (Probable)<br />

1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen + 1 mykologisches Kriterium<br />

Mögliche invasive Pilzinfektion (Possible)<br />

1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen (ohne Mykologie)<br />

2. Wirtsfaktoren:<br />

- Kürzliche Neutropenie (< 0.5 x 10 9 /L für > 10 days) mit zeitlichem Zusammenhang zum<br />

Beginn der Pilzinfektion<br />

- St. n allogener HSCT<br />

- Prolongierte Steroidtherapie: Prednison äquivalent mit einer mittleren minimalen Dosis<br />

von 0.3 mg/kg/da für > 3 Wochen<br />

- T-zell supprimierende Therapie (z.B. Cyclosporin, TNFa-Blocker, spezifische AK (z.B.<br />

Alemtuzumab) oder Nukleosidanaloga (z.B. Fludarabine) in den letzten 90 Tagen)<br />

- Angeborene schwere Immundefizienz (z.B. chron. Granulomatose oder SCID)<br />

3. Klinische Faktoren:<br />

- Untere Atemwege: mindestens 1 der folgenden Zeichen im CT:<br />

Dichtes, begrenztes Infiltrat mit oder ohne Halo oder Air-crescent sign oder Kaverne<br />

- Tracheobronchitis: Tracheobronchiale Ulzeration, Knoten, Pseudomembranen, Plaques<br />

oder ‚eschar’ in der Bronchoskopie<br />

- Sinonasale Infektion: radiologische Sinusitis + mind. 1 der folgenden Zeichen:<br />

Akuter lokalisierter Schmerz (inkl. Ausstrahlung in die Augen) oder Ulkus der Nase mit<br />

‚eschar’ (Verkrustung) oder Knochendestruktion ausgehend von den paranasalen Sinuses<br />

- ZNS Infektion: mindestens 1 von 2 Zeichen: Fokale Läsion in der Bildgebung oder<br />

meningeales Enhancement im MRI/CT<br />

- Disseminierte Candidiasis: mind. 1 von 2 Entitäten nach einer Candidämie in den letzten 2<br />

Wo: Kleine, target-ähnliche Abszesse (bull’s-eye lesions) in Leber oder Milz. Progressive<br />

retinale Exudate in der ophthalmologischen Untersuchung<br />

4. Mykologische Kriterien<br />

Direkte Tests (Zytologie, Direktpräparat, Kultur): Nachweis von Schimmelpilz im Sputum, BAL,<br />

Trachealsekret oder Sinusaspirat (mit oder ohne Spezies-Identifikation)<br />

Indirekt Tests (Antigen oder Zellwandbestandteile):<br />

Aspergillose: Galactomannan im Plasma, Serum, BAL oder Liquor<br />

Invasive Pilzinfektion (ausser Cryptococcen /Zygomyceten): Beta-D-Glucan im Serum (bei uns<br />

noch nicht erhältlich)<br />

128


5. Therapie invasiver Mykosen<br />

Indikation Massnahme Kommentar<br />

Fieber in Neutropenie,<br />

persistierend trotz Antibiotika<br />

bei schwerer Mucositis<br />

Caspofungin 70mg loading,<br />

dann 50mg qd iv<br />

Gut verträglich. Cave<br />

Hepatopathie<br />

Stoppen wenn kein<br />

dokumentierter Infekt und<br />

Invasive Candidose<br />

(Candidämie, hepatolienale<br />

Candidiasis)<br />

V.a. invasive Aspergillose<br />

(radiologisch, possible,<br />

probable or proven)<br />

Seltenere Pilze: Fusarien,<br />

Mucorales, Scedosporium<br />

Empirisch Caspofungin 70mg<br />

i.v. loading, dann 50mg qd i.v.<br />

Voriconazole, i.v. oder p.o.<br />

i.v. loading: 6 mg/kg bid, dann 4<br />

mg/kg bid. p.o.<br />

Fungizone 1mg/kg empirisch bis<br />

Erhalt der Resistenzprüfung, uU<br />

in Kombination<br />

Patient afebril wird<br />

Wechsel auf Diflucan 400mg<br />

falls MHK < 2mg/l<br />

1. Wahl für invasive<br />

Aspergillose ist Voriconazole,<br />

Cave: parenterale Form bei<br />

Niereninsuffizienz<br />

Alternativen:<br />

Posaconazol 2x400mg po<br />

Ambisome 3mg/kg iv<br />

129


Impfungen bei transplantierten Patienten<br />

Impfplan nach Knochenmarks-/Stammzelltransplantation<br />

Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />

INAKTIVIERTE Impfstoffe<br />

Diphterie, Tetanus, Pertussis und<br />

Polio, Hämophilus influenza Typ B<br />

INFANRIX DTPa-IPV+Hib 0.5ml i.m.<br />

Pneumokokken<br />

PREVENAR-13 0.5ml i.m.<br />

(Konjugierter Impfstoff)<br />

Cave: offlabel + nicht kassenpflichtig<br />

Booster: PNEUMOVAX-23 0,5 ml i.m.<br />

(Polysaccharidimpfstoff)<br />

Influenza<br />

INFLEXAL Berna 0,5 ml i.m. (s.c.)<br />

(inaktivierter Impfstoff)<br />

Hepatitis B<br />

ENGERIX B 1 ml i.m. (s.c.)<br />

(inaktivierter Impfstoff)<br />

Hepatitis A<br />

EPAXAL Berna 0.5ml i.m. (s.c.)<br />

Für di-Te und Hib:<br />

verbesserte<br />

Immunität des<br />

Empfängers durch<br />

Impfung des<br />

Spenders<br />

Konj. Impfstoff<br />

Spender+Empfänger<br />

vor HSCT:<br />

Immunität post-<br />

HSCT besser<br />

(gezeigt bei Kindern<br />

bis 5J)<br />

Wer: Alle<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo<br />

Auffrischimpfungen: - diTe: alle 10 J (Ditanrix)<br />

- Polio: bei Reisen alle 10J<br />

(Revaxis)<br />

Wer: Alle<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 3 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen PREVENAR-13: 0, 1, 3 Mo<br />

Booster PNEUMOVAX-23: 18-24 Mo<br />

bei GVHD mit PREVENAR<br />

Keine Daten Wer: Alle<br />

Zeitpunkt: Ab 4-6 Mo nach HSCT<br />

Schema: 1 Dosis (erste 6 Mo nach HSCT: 0, 1 Mo)<br />

Jährlich (im Herbst/Winter) 1x solange<br />

immunsupprimiert<br />

Impfung Spender<br />

verbessert<br />

Immunität bei<br />

Empfänger<br />

Wer: Alle<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo: insg. 3 Dosen<br />

Keine Daten Wer: Chronische Hepatopathie (zB. GVHD); Reisen in<br />

Endemiegebiete, berufliches Risiko<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo (Schutz ≥ 20J)<br />

di-Te:<br />


Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />

INAKTIVIERTE Impfstoffe<br />

Meningokokken<br />

MENVEO 0.5ml i.m. (konjugierter<br />

quadrivalenter Impfstoff ACWY)<br />

Booster MENCEVAX ACWY 0,5ml s.c.<br />

(Polysaccharid-Impfstoff ACWY)**<br />

FSME<br />

FSME Immun CC 0.5ml i.m. (s.c.)<br />

(inaktivierter Impfstoff)<br />

Humanes Papillomavirus<br />

Gardasil 0.5ml i.m. (inaktivierter<br />

Impfstoff)**<br />

Rabies<br />

RABIPUR 1ml i.m. (inaktivierter<br />

Impfstoff)<br />

Typhus<br />

TYPHIM i.m. od s.c. (Totimpfstoff!!<br />

erhältlich via Schweizerisches<br />

Tropeninstitut)<br />

Keine Daten Wer: (Funktionelle) Asplenie, Schulalter, Militär:Reisen in<br />

Meningokokken-Endemie-Gebiet<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: MENVEO: 2 Dosen: 0, 6 Mo<br />

Nach 5 Jahren Auffrischimpfung mit Mencevax 1x<br />

Keine Daten Wer: Berufliche Exposition, Outdoor-Aktivitäten in Endemie-<br />

Gebieten<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo - Booster alle 10Jahre<br />

Keine Daten Wer: Frauen 9-26Jahre (Keine Daten nach HSCT)<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 3 Dosen: 0, 1, 6 Mo<br />

Keine Daten Wer: Berufliche Exposition, Reisen<br />

(Keine Daten nach HSCT)<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />

Schema: 4 Dosen: 0, 1, 2, 12 Mo<br />

Keine Daten Wer: Keine Daten nach HSCT; Reisen in Endemiegebiete<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12-24 Mo nach HSCT<br />

Mit GVHD: 24Mo nach HSCT<br />

Schema: 1 Dosis<br />

Nein Impfplan BAG 2011<br />

Nein Impfplan BAG 2011<br />

Nur bei beruflicher<br />

Exposition:<br />


Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />

LEBEND-Impfstoffe (CAVE Lebendimpfstoffe und IVIG: Sicherheitsabstand von 3 Monaten)<br />

Masern/Mumps/Röteln (MMR)<br />

PRIORIX 0.5ml (Lebendimpfstoff) i.m.<br />

od s.c.<br />

Varicellen<br />

VARILRIX 0.5ml s.c.<br />

(Lebendimpfstoff)**<br />

Gelbfieber<br />

STAMARIL PASTEUR 0.5ml s.c./i.m.<br />

Tuberkulose<br />

BCG Mérieux<br />

Keine Daten Wer: Alle<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />

Schema: 2 Dosen: 0, 1 Mo<br />

Keine Daten Wer: Seronegative Empfänger<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12 Monate nach HSCT<br />

Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />

Schema: 2 Dosen: 0, 6 Mo<br />

Keine Daten Wer: Keine Daten nach HSCT; Reisen in Endemiegebiete<br />

Zeitpunkt: Ohne GVHD: 24 Mo nach HSCT<br />

Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />

Falls Reise in Endemiegebiet unumgänglich: Ausnahmeattest<br />

ausstellen<br />

Schema: 1 Dosis<br />

Heutzutage keine Indikation mehr<br />

Masern<br />


Postexpositionelle passive Immunisierung: Bei Exposition von Hepatitis A+B, Tollwut, Tetanus und Varizellen stehen spezifische Immunglobuline zur<br />

Verfügung, bei Masern-Exposition ist eine Passivimmunisierung mit Standard-IVIG möglich<br />

Empfehlung für Patienten mit anatomischer ODER funktioneller Asplenie (BAG-Bulletin, 49/2006)<br />

Wegen mangelnder Filtration und Phagozytpse von Bakterien sowie verminderter Funktionalität des Komplementsystemes kann es nach Splenektomie zu fulminanten Infektionen<br />

kommen (OPSI=overwhelming postsplenectomy syndrome) mit dem höchsten Risiko in den ersten zwei Jahren (50%) und einem lebenslangen Risiko von 5%, v.a. durch<br />

bekapselte Bakterien (Pneumokokken und Meningokokken. Seit Einführung der Impfung ist Hämophilus influenzae kein Risiko mehr.<br />

1. Information des Patienten über Risikosituation und notwendige Vorsichtsmassnahmen. AUSWEIS<br />

2. Impfungen: 1x PREVENAR 13; Booster (frühestens nach 8 Wochen) mit PNEUMOVAX-23<br />

MENVEO 2x, (Abstand 4-8 Wochen), Booster mit Mencevax nach 5 Jahren<br />

Jährliche Grippeimpfung: empfohlen aufgrund des Risikos einer sekundären Pneumokokken-Infektion<br />

Zeitpunkt der Impfungen:<br />

Ohne oder zeitlich nicht limitierte Immunsuppression:<br />

Bei zeitlich limitierter Immunsuppression:<br />

2 Wo präoperativ oder postoperativ nach kataboler Phase (vor Spitalaustritt)<br />

1Mo nach Stop Steroide >20mg/d, 3Mo nach Stop Chemotherapie<br />

3. Antibiotikaprophylaxe: keine Dauer-AB für Erwachsene (in Ausnahmefällen bei Splenektomie, Chemotherapie mit verschobener Impfung)<br />

Notfall-Antibiotikatherapie: Fieber u/ grippalen Symptomen: sofort Amoxicillin/Clavulansäure 3x1g po + Arztkonsultation<br />

Penicillinallergie: Clarythromycin oder Doxyzyklin oder Moxifloxacin.<br />

<strong>2012</strong>: M. Weisser, USB <strong>Infektiologie</strong>, J. Halter, USB Hämatologie<br />

133


Tropenmedizin<br />

Richtlinien für diagnostisches und therapeutisches Vorgehen<br />

bei Malaria<br />

1. Allgemeines<br />

Die Abklärung und Behandlung einer Malaria muss notfallmässig erfolgen. Expositions-<br />

Anamnese: Reisen, Bluttransfusionen, i.v. Drogenabusus, Nähe zum Flughafen,<br />

Transplantationen. Über 80% der P. falciparum-Infektionen treten innerhalb von 2-3 Monaten<br />

nach Exposition auf. Selten kann die Inkubationszeit jedoch bis zu mehr als einem Jahr<br />

betragen.<br />

1.1. Erreger<br />

Es sind fünf humanpathogene Plasmodien bekannt (P. falciparum, P. vivax, P. ovale,<br />

P. malariae und P. knowlesi), welche durch Stiche der nachtaktiven weiblichen Anopheles-<br />

Mücken übertragen werden können.<br />

1.2. Klinik<br />

• Leitsymptome: Fieber (97%), Erschöpfung (98%), Schüttelfrost (78%)<br />

• (meist schweres) Krankheitsgefühl mit Allgemeinsymptomen wie Kopfschmerzen (74%),<br />

profuses Schwitzen (64%), Myalgien (34%)<br />

• Gastrointestinale Symptome: Übelkeit mit Erbrechen 27% (häufiger bei Kindern),<br />

Durchfall, Bauchschmerzen (in der Regel keine Krämpfe).<br />

Cave:<br />

• Unter Malariaprophylaxe, Antibiotikatherapie und bei semi-immunen Patienten aus<br />

Endemiegebieten kann sich die Krankheit mitigiert präsentieren (z.B. nur Kopfschmerzen,<br />

gelegentlich sogar ohne Fieber).<br />

• Nicht selten erleiden Migranten aus Afrika schwere Falciparum-Malariaerkrankungen mit<br />

hoher Parasitämie nach der Rückkehr aus ihrem Ursprungsland.<br />

1.3. Hospitalisation<br />

In der Regel indiziert, insbesondere bei:<br />

• Falciparum-Malaria (P. falciparum)<br />

immer bei:<br />

• Zeichen einer schweren Malaria (vgl. Tabelle 1)<br />

• Nachweis ausgereifter Parasiten (wegen Sequestration in der Peripherie und damit<br />

fehlleitender tiefer Parasitämie im Blutausstrich)<br />

• Zweifel an einer korrekten ambulanten Verlaufskontrolle (Patient kann nicht verlässlich zu<br />

Hause von Angehörigen oder Bekannten betreut und/oder bei Verschlechterung nicht sofort<br />

ins Spital gebracht werden)<br />

• Schwangerschaft, Alter ≥ 60 Jahren, schwerer Komorbidität<br />

Tabelle 1:<br />

Zeichen einer schweren Malaria / Komplikationen einer Malaria<br />

Einschränkung des Bewusstseins Schwere Anämie<br />

(zerebrale Malaria)<br />

Wiederholtes Erbrechen<br />

Parasitämie ≥2%<br />

Azidose<br />

Ikterus<br />

Nierenversagen<br />

Fieber >40°C<br />

Hypoglykämie<br />

akutes Nierenversagen<br />

Hämoglobinurie<br />

Lungenödem<br />

DIC<br />

Septischer Schock<br />

Patienten mit Zeichen einer schweren Malaria sind intensivstationspflichtig.<br />

134


1.4. Konsilium<br />

In jedem Fall soll der tropenmedizinische oder infektiologische Konsiliarius kontaktiert werden,<br />

insbesondere bei schwerer Malaria oder bei Komplikationen.<br />

• Infektiologischer Konsiliardienst (intern: 86114 oder 061 265 25 25)<br />

• Dienstarzt Schweiz. Tropeninstitut (061 284 81 44 oder via Infektiologischer Konsiliardienst)<br />

2. Diagnose<br />

2.1. Blutausstrich und dicker Tropfen (EDTA-Blut und ungefärbtes Doppel)<br />

• Express Hämatologie-Labor Schweizerisches Tropeninstitut.<br />

• Bei negativem Resultat trotz Verdacht muss die Blutuntersuchung im Abstand von mehreren<br />

Stunden, am besten beim Fieberanstieg, wiederholt werden, ggf. unter empirischer<br />

Therapie, bis Resultat dreimal negativ oder andere Diagnose gesichert ist.<br />

• Unter Therapie Blutausstriche täglich 1x bis keine Parasiten mehr nachweisbar sind. Die<br />

Parasitendichte ist für die Verlaufskontrolle wichtig. Innerhalb der ersten 24 Stunden unter<br />

Therapie kann die Parasitämie noch ansteigen und bedeutet kein Therapieversagen.<br />

• Cave: Schnelltests können wegen des Prozonenphänomens (hohe Antigenkonzentration)<br />

trotz hoher Parasitämie negativ ausfallen.<br />

2.2. Labor, Verlaufskontrolle<br />

• Thrombozyten, weisses und rotes Blutbild<br />

• tgl. Parasitämie (vgl. 2.1.)<br />

• regelmässige Blutzucker (unter Chinintherapie min. 6-stdl.)<br />

• Leber- und Nierenfunktionsparameter<br />

• Parameter der DIC<br />

• 2 Paare Blutkulturen (Ausschluss einer bakterieller Sepsis)<br />

• Urinstatus, Flüssigkeitsbilanzierung<br />

• ev. Lumbalpunktion, je nach möglicher Differentialdiagnose<br />

2.3. Differentialdiagnose (nicht abschliessend)<br />

Diese ist abhängig von der Reiseanamnese, Exposition und Klinik.<br />

• Virale Infektionen (grippaler Infekt, Dengue, Chikungunya, HIV, CMV, EBV, Meningitis,<br />

Enzephalitis, Hepatitiden, hämorrhagisches Fieber (Gelbfieber, Lassa, Ebola))<br />

• Bakterielle Infektionen (Sepsis, Meningitis, Typhus, Leptospirose, Rickettsiose, Syphillis,<br />

Pneumonie, Melioidose, Q-Fieber, Brucellose)<br />

• Parasitäre Infektionen (Amöbenabszess, Leishmaniose, Fascioliasis, akute Bilharziose<br />

(Katayama Fieber))<br />

• Systemische Mykosen (Histoplasmose)<br />

• Nicht-infektiöse Ursachen<br />

3. Therapie<br />

Im Zweifelsfall empirische Therapie gemäss Tabelle 2 (Therapie der Falciparum-Malaria)<br />

beginnen und weiterführen, bis Malaria ausgeschlossen wurde oder nicht-falciparum<br />

Plasmodien (P. vivax, ovale, malariae) als Monoinfektion nachgewiesen wurden (Therapie<br />

gemäss Tabelle 3).<br />

3.1. Therapie der Falciparum-Malaria<br />

• Mit Ausnahme von Zentralamerika nördlich des Panamakanals ist bei Patienten aus allen<br />

tropischen Gebieten mit Chloroquin-resistenten P. falciparum zu rechnen (Stand Juli 2011).<br />

Die Therapie erfolgt daher, mit Ausnahme der besagten Gebiete immer gemäss Tabelle 2.<br />

• In verschiedenen Gebieten Südostasiens (westliche und östliche Grenzgebiete zu und von<br />

Thailand) sind multiresistente P. falciparum-Infektionen häufig.<br />

• Die Behandlung des akuten Schubs einer Chloroquin-empfindlichen Falciparum-Malaria<br />

erfolgt wie die Behandlung von P. vivax, P. ovale oder P. malariae (siehe Tabelle 3).<br />

• Therapie einer P. knowlesi-Malaria: obwohl eine Chloroquin-Therapie wirksam sein dürfte,<br />

ist wegen der raschen Replikation und der damit verbundenen Hyperparasitämie eine i.v.-<br />

Therapie mit Chinin empfohlen.<br />

135


Substanz<br />

Tabelle 2: Therapie der Falciparum-Malaria (P. falciparum)<br />

Falls orale Behandlung möglich:<br />

Dosierung (< 90 kg KG*) und Dauer der Behandlung<br />

(In der Regel nicht selbe Substanz, wie für Prophylaxe verwendet)<br />

Artemether/Lumefantrin<br />

(RIAMET ® )<br />

Alternativtherapien:<br />

1. Atovaquon/Proguanil<br />

(MALARONE ® )<br />

2. Mefloquin<br />

(MEPHAQUIN ® , LARIAM ® )<br />

(zur Zeit einziges p.o.-<br />

Medikament in der<br />

Schwangerschaft)<br />

Je 4 Tabl. (20 mg/120 mg pro Tabl.) zum Zeitpunkt 0 und 8<br />

Stunden, Tag 2 und 3 jeweils morgens und abends (= total 24 Tabl.)<br />

4 Tabl. (250 mg/100 mg pro Tabl.) täglich während 3 Tagen (= total<br />

12 Tabl.)<br />

3 Tabl. (, 250 mg pro Tabl.) sofort; nach 6-8 Std. 2 Tabl. und falls<br />

Patient >60 kg nach weiteren 6-8 Std. 1 Tabl.<br />

(Totaldosis max. 25 mg/kg) (schlechteres NW-Profil)<br />

Parenteraler Therapiebeginn (klinisch schwere Erkrankung, (Definition siehe Tabelle 1))<br />

Artesunate i.v.<br />

(60 mg pro Ampulle)<br />

(auf der NFS gelagert)<br />

Chinin-Dihydrochlorid<br />

(Salz) i.v.<br />

(zur Zeit einziges i.v.-<br />

Medikament in der<br />

Schwangerschaft)<br />

2.4 mg/kg KG zum<br />

Zeitpunkt 0, 12, 24<br />

Std., dann tägl.<br />

als Bolus<br />

Beginn mit „loading“-<br />

Dosis: 7 mg/kg Chinin-<br />

Salz über 30 Min. i.v.,<br />

unmittelbar danach:<br />

8-stündlich<br />

10 mg/kg Chinin-Salz<br />

(= 8.3 mg/kg Base)<br />

über 4 Std. i.v.<br />

(Dosisreduktion<br />

(10 mg/kg 12-stdl) bei<br />

Leber- oder<br />

Niereninsuffizienz)<br />

Vorteil: Raschere Elimination der<br />

Parasiten, kein Therapierisiko für<br />

Hypoglykämie.<br />

First line i.v.-Therapie gemäss WHO.<br />

Formular für SwissMedic muss vom<br />

Patienten oder Angehörigen<br />

unterschrieben werden.<br />

Falls der Pat. zuvor eine Malariatherapie<br />

erhalten hat, soll keine „loading“-Dosis<br />

gegeben werden.<br />

Chinin-Dosis in 5 ml Mischinfusion pro kg<br />

Körpergewicht verdünnen.<br />

Chinin-Dosis über 4 Std. infundieren,<br />

abwechselnd mit 4 Std. Pause, d.h. insgesamt<br />

3 Chinin-Infusionen pro 24 Std.<br />

plus Doxycyclin<br />

(VIBRAVENÖS ® ) oder bei<br />

Schwangeren: Clindamycin<br />

(DALACIN ®)<br />

2 x 100 mg/Tag i.v.<br />

2 x 300 mg/Tag i.v.<br />

Dauer der Infusionstherapie so lange, bis orale Therapie möglich ist, mindestens aber 48<br />

Stunden. Gesamte Therapiedauer 7 Tage.<br />

Alternative Abschlussbehandlung nach parenteralem Therapiebeginn mit Chinin:<br />

Nach mindestens 48 Std. Chinin i.v. RIAMET ® oder MALARONE ® in voller therapeutischer<br />

Dosierung (mindestens 12 Std. Abstand zur letzten Chinindosis)<br />

*) 90-120 kg: 1.5-fache Dosis; über 120 kg: 2-fache Dosis<br />

(interne Dosis Richtlinien des Swiss TPH)<br />

136


• Austauschtransfusion (Gemäss Protokoll, auf dem I Laufwerk).<br />

Eine Austauschtransfusion ist bei einer initialen Parasitämie von > 30% generell empfohlen.<br />

Bei einer Parasitämie zwischen 5% und 30% und gleichzeitigem Vorliegen einer der<br />

folgenden Kriterien: GCS 4 mmol/l, HCO 3 - 250µmol/l oder PaCO 2 60 Jahre alt, welche eine Parasitämie von >15% haben. Auf jeden<br />

Fall Rücksprache mit dem Tropeninstitut vor Indikationsstellung einer Austauschtranfusion.<br />

3.2. Therapie der Malaria tertiana (P. vivax/P. ovale) und Malaria quartana (P. malariae)<br />

• Nachgewiesene P. vivax, P. ovale oder P. malariae-Monoinfektion:<br />

Diese Malariaformen sprechen normalerweise auf Chloroquin an und können in der Regel<br />

ambulant behandelt werden. In Südostasien und Südamerika können Chloroquin-resistente<br />

P. vivax-Stämme vorkommen! Schwere Verläufe kommen auch bei dieser Form der Malaria<br />

vor.<br />

• Eine Hospitalisation ist bei reduziertem AZ oder anderen Begleiterkrankungen notwendig.<br />

• Im Zweifelsfall eine Infektion mit P. falciparum annehmen und entsprechend behandeln.<br />

Tabelle 3: Therapie der Malaria tertiana (P. vivax/P. ovale) und der Malaria quartana<br />

(P. malariae)<br />

Behandlung der Blutformen:<br />

Chloroquin: Gesamtdosis 25 mg Base/kg KG verteilt über 48 h<br />

(z.B. bei 60 kg schwerem Patienten 600 mg Base initial, je 300 mg Base nach 6, 24<br />

und 48 h).<br />

Präparate:<br />

CHLOROCHINE ® = Chloroquinphosphat à 150 mg Base pro Tabl.<br />

NIVAQUINE ® = Chloroquinsulfat à 100 mg Base pro Tabl.<br />

Anschliessend Eradikation der Leberformen (Hypnozoiten) - nur bei P. vivax und<br />

P. ovale und falls keine Reexposition innert 3 Monaten geplant ist:<br />

Primaquine: 30 mg Base/Tag per os für 14 Tage (> 90 kg: 0,3 mg/kg KG/Dosis)<br />

Vor Primaquinetherapie: Bestimmung der Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase<br />

(falls tief: Tropenmedizinisches Konsil wegen möglicher schwerer Hämolyse).<br />

Wurde kein Chloroquin zur initialen Therapie der P. vivax/ovale verwendet, soll zusätzlich<br />

zur Primaquine-Therapie tgl. 150 mg Chloroquin-Base auf Grund des synergistischen<br />

Effektes gegeben werden.<br />

Bei Chloroquineresistenz (Papua Neuguinea, Südostasien, Brasilien):<br />

RIAMET ® (oder MALARONE ® oder LARIAM ® )(siehe Tabelle 2).<br />

4. Meldung<br />

Bitte alle Malariapatienten an Dr. Marcel Stöckle, Klinik für <strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong>,<br />

<strong>Universitätsspital</strong> Basel melden (stoecklem@uhbs.ch; intern: 86635.<br />

(Erfassung aller Malariapatienten).<br />

137


5. Literatur<br />

1. Alving AS, Arnold J, Hockwald RS, Clayman CB, Dern RJ, Beutler E, Flanagan CL.<br />

Potentiation of the curative action of primaquine in vivax malaria by quinine and<br />

chloroquine. J Lab Clin Med. 1955 Aug;46(2):301-6<br />

2. Blum J, Tichelli A, Hatz C. Diagnostische und therapeutische Probleme der Malaria tertiana.<br />

Praxis 1999, 88: 985-991<br />

3. Cox-Singh J, Davis T Lee K et al. Plasmodium knowlesi malaria in humans is widely<br />

distributed and potentially life threatening. CID 2008; 46:165-71<br />

4. D’Acremont V, Landry P, Darioli R et al. Treatment of imported malaria in an ambulatory<br />

setting: prospective study. Brit Med J 2002; 324:875-7<br />

5. Dondorp A, Fanello C, Hendriksen I et al. Artesunate versus quinine in the treatment of<br />

severe falciparum malaria in African children (AQUAMAT): an open-label, randomised<br />

trial. Lancet 2010; 376:1647-57<br />

6. Hatz Ch. Malaria. In Internistische Notfälle, Editor Schoenenberger R., 2009: 296-299.<br />

7. Nuesch R, Scheller M, Gyr N. Hospital admissions for malaria in Basel, Switzerland: an<br />

epidemiological review of 150 cases. J Travel Med 2000;7:95-7<br />

8. Orton L., Gardner N. Drugs for treating uncomplicated malaria in pregnant women.<br />

Cochrane Database Syst Rev. 2005 Jul 20;(3):CD004912<br />

9. Riddle MS, Jackson JL, Sanders JW, Blazes DL. Exchange transfusion as an adjunct<br />

therapy in severe Plasmodium falciparum Malaria: A Meta-analysis. Clin Inf Dis 2002;<br />

34:1192-8<br />

10. South East Asian Quinine Artesunate Malaria Trial (SEAQUAMAT) group. Artesunate<br />

versus quinine for treatment of severe falciparum malaria: a randomised trial. Lancet 2005;<br />

366:717-25<br />

11. Vivona S, Brewer GJ, Conrad M, Alving AS. The concurrent weekly administration of<br />

chloroquine and primaquine for the prevention of Korean vivax malaria. Bull WHO 1961;<br />

25(2):267-269<br />

12. WHO Guidelines for the treatment of malaria. Second edition. 2010<br />

www.fevertravel.ch<br />

138


Diverses<br />

Interpretation von Körperflüssigkeiten<br />

1. Liquor cerebrospinalis<br />

Die erwähnten Befunde sind zwar typisch, ihr Fehlen schliesst jedoch die entsprechende<br />

Ätiologie nicht aus.<br />

Normal<br />

Virale<br />

Meningitis<br />

Bakterielle<br />

Meningitis<br />

Tuberkulöse<br />

Meningitis<br />

Aspekt wasserklar klar trüb klar-trüb<br />

Druck (cm H 2 O) 5-12 normal oder >20 normal oder <br />

Leukozyten (x 10 9 /l) 1-4 1000<br />

(>70% PMN)<br />

10 >20 >5 75% >75% >75% 2 x 10 9 /l gilt als entzündlich, diskriminiert aber nicht zwischen<br />

bakterieller, viraler, parainfektiöser oder reaktiver Arthritis oder Kristallarthropathie. Je<br />

höher die Lc-Zahl (und %-Satz an PMN), desto höher der V. a. septische Arthritis. Eine Lc-<br />

Zahl >100 x 10 9 /l ist hochgradig verdächtig auf eine septische Arthritis<br />

- der Nachweis von Kristallen im Punktat schliesst eine bakterielle Arthritis nicht aus, da die<br />

Inzidenz der bakteriellen Arthritis bei Kristallarthropathien erhöht ist (Kulturresultate<br />

abwarten)<br />

3. Pleuraerguss<br />

Vorschlag zur Abklärung eines Pleuraergusses (NEJM 2002; 346: 1971):<br />

- Bei V.a. Transsudat (z.B. Herzinsuffizienz, Zirrhose, Lungenembolie): Bestimmung von<br />

LDH und Totalprotein (TP)<br />

- Bei V. a. Exsudat (gemäss LDH und TP): zusätzlich Zellzahl, Glucose, pH, sowie<br />

Gramfärbung und Kultur (Bakterien, Pilze, evtl. Mykobakterien) und Zytologie<br />

139


Argumente für einen infektiösen Erguss:<br />

• Protein >30 g/l, oder bei Hypoproteinämie: >50% des Serumwertes<br />

• Glukose 1000 U/L (LDH-Level korreliert mit dem Ausmass der Entzündung)<br />

• pH 1 x 10 9 Lc/L (>50% Polymorphkernige)<br />

4. Aszites<br />

Argumente für eine bakterielle Peritonitis:<br />

• Protein >25 g/L (>32 g/L nie kardial oder zirrhotisch)<br />

• Laktat >3.7 mmol/l oder zuverlässiger:<br />

Laktat (Aszites) - Laktat (Blut) 2.2 mmol/l infiziert<br />

• erlaubt die Beurteilung des Aszites-Laktats auch bei erhöhtem Serumlaktat<br />

• Zellen:<br />

-


Massnahmen bei möglicher Tollwutexposition<br />

1. Tollwut (Rabies) bei Menschen<br />

• Erreger: neurotrope RNA-Viren der Gattung Lyssavirus (Familie Rhabdoviridae)<br />

• Exposition:<br />

Speichel eines infizierten Säugetieres (Expositionsgrad nach WHO):<br />

Grad I: Berühren oder füttern von Tieren, Lecken der intakten Haut<br />

Grad II: Oberflächliche Hautläsionen ohne Blutung, Lecken von lädierten Haut<br />

Grad III: perkutane Biss- oder Kratzverletzung, Lecken der Schleimhäute<br />

Transplantation virushaltiger Organe<br />

Kontakt mit virushaltigem Material (im Labor; lebend-attenuierte Impfviren von Ködern)<br />

• Inkubation: 20-90 Tage, im Extremfall mehrere Jahre<br />

• Klinik: Prodromalstadium (Parästhesien an der Bissstelle), dann entweder enzephalitische<br />

Tollwut (Bewusstseins-/Verhaltensstörungen, Hydrophobie, Aerophobie, Konvulsionen)<br />

oder paralytische Tollwut (Lähmungen).<br />

• Diagnostik: Während Inkubation nicht möglich, nach Krankheitsbeginn positiv (50-70%):<br />

Tag 4-5: Speichel, Hirn- und Hautbiopsie vom Haaransatz des Nackens<br />

Tag 5-8: Serum (Serokonversion)<br />

Tag 9-16: Liquor (Serokonversion und Virusnachweis)<br />

Wiederholung der Labordiagnostik nach 1 Woche<br />

Postmortal: Untersuchung des Hirnstamms (Medulla oblongata, Kleinhirn,<br />

Ammonshorn; frisches unfixiertes Gewebe)<br />

2. Tollwut (Rabies) bei Tieren<br />

• Hauptüberträger (Reservoirtiere) und mögliche Überträger:<br />

Terrestrische Haustiere: Hunde (wenn Population ungeimpft), Katzen, Rinder, Pferde,<br />

Schafe u.a.<br />

Wildlebende Land-Säugetiere: Füchse, Marderhunde, Waschbären, Stinktere,<br />

Kojoten,Dachse, Bären, Nagetiere, Affen u.a.<br />

Fledermäuse: können in sehr seltenen Fällen Tollwut auf alle anderen Wild- und<br />

Haustiere und auf den Menschen übertragen<br />

Alle Säugetiere: empfänglich für Tollwut<br />

• Infektiosität bei Hund, Katze und Frettchen: 50’000/Jahr (weltweit), 281 (Europa Jahr 1977-<br />

2000).<br />

• Schweiz:<br />

Seit Januar 1999 ist die Schweiz bei Landtieren tollwutfrei, seit 1998 wird keine Tier-<br />

Tollwutimpfung mit Ködern (Lebendimpfstoff) mehr durchgeführt<br />

Das Auftreten von terrestrischen Tollwutfällen bei Wildtieren ist unwahrscheinlich,<br />

weiterhin können jedoch Fälle bei Fledermäusen vorkommen oder tollwutinfizierte<br />

Haustiere aus dem Ausland importiert werden (v.a. aus der Türkei und Nordafrika).<br />

<br />

Seit 1977 sind bei Menschen keine Tollwut-Todesfälle registriert. Registrierte<br />

Tollwutfälle bei Tieren in der Schweiz von 01.01.1999 bis 01.09.2005:<br />

Datum Tierart Gemeinde Kanton Bemerkung<br />

04.09.2002 Wasserfledermaus Genève GE<br />

24.07.2003 Hund Nyon VD Importiert aus Nordafrika (Marokko?)<br />

141


4. Indikation zur postexpositionellen Tollwut-Prophylaxe (PEP), siehe Abbildung 1<br />

• Bei Exposition des Grades II oder III (siehe oben) durch:<br />

Säugetiere in oder aus einem Tollwutgebiet (Aufenthalt in den letzten 12 Monaten)<br />

Hunde und Katzen, wenn das exponierte Tier krank, entwichen oder Halter unbekannt<br />

ist, oder sich in den letzten 12 Monaten in einem Tollwutgebiet aufgehalten hat. Falls<br />

das Tier 10 Tage unter tierärztlicher Kontrolle beobachtet werden kann und es gesund<br />

bleibt, kann PEP gestoppt werden. Mit der PEP kann in tollwutfreien Gebieten 48-72<br />

Stunden nach Exposition gewartet werden, um das Tier zu finden (ausser bei kleinen<br />

Kindern und schweren Bissverletzungen am Kopf und Hals). Falls das Tier in den<br />

letzten 12 Monaten nicht in einem Tollwutgebiet war, wird das Tier 10 Tage<br />

beobachtet und PEP nur begonnen, falls Tier in dieser Periode krank wird. Bei<br />

Tollwutverdacht unverzügliche Laboruntersuchung und Meldung an Kantonstierarzt.<br />

Fledermäuse (auch Personen, die aus dem Schlaf erwachen und eine lebende, kranke<br />

oder tote Fledermaus im gleichen Raum vorfinden)<br />

Patienten mit vermuteter oder gesichterter Tollwut<br />

virushaltige Materialien im Labor<br />

Kontakt (offene Wunden, Schleimhäute) mit lebend-attenuierten Impfviren von Ködern<br />

• Personen ohne präexpositioneller Impfung aktive + passive Immunisierung, Personen<br />

mit präexpositioneller Impfung nur aktive Immunisierung (Impfung)<br />

5. Vorgehen bei Tollwutexposition<br />

• Wundbehandlung: Wunddesinfektion mit reichlich Jod-Povidon-Lösung (Betadine ® ,<br />

Braunol ® ), bei tiefen Wunden grosszügige Wundexzision, keine Wundnaht, bei Bedarf<br />

Tetanusprophylaxe und Antibiotika<br />

• Aktive Immunisierung (Impfung)<br />

Rabipur ® (inaktiviertes Impfstoff) bei Personen ohne präexpositioneller Impfung: 5<br />

Dosen an Tagen 0, 3, 7, 14 und 30 i.m. in Deltoidmuskel (Kinder und Erwachsene<br />

gleiche Dosis)<br />

Eine Verdopplung der ersten Dosis (je 1 Dosis in kontralaterale Deltoidmuskel) bei<br />

Immunschwäche, schweren Wunden am Kopf, Exposition >48 h zurückliegend oder<br />

wenn keine passive Immunisierung möglich ist<br />

Serokontrolle am Tag 21 (Impferfolg falls 0.5 IE/ml im Serumneutralisationstest<br />

RFFIT), 2-10 ml natives Vollblut an Schweizerische Tollwutzentrale senden (Adresse<br />

unten)<br />

• Passive Immunisierung<br />

Berirab ® (humanes Tollwut-Immunglobulin): einmalig 20 IE/kg Körpergewicht (mit der<br />

ersten postexpositionellen Impfdosis)<br />

Wenn anatomisch möglich, das ganze Volumen in, um und unter der Verletzung<br />

infiltrieren, verbleibendes Volumen i.m. in kontralateralen Deltoid oder Oberschenkel,<br />

nicht gluteal<br />

• Kontraindikationen gegen Tollwut-Prophylaxe: keine (auch Schwangerschaft nicht)<br />

6. Isolation und Meldung<br />

• Isolation: Bei Verdacht auf Tollwuterkrankung (wie bei MRSA gemäss Hygieneordner<br />

USB). Wenn Tollwut laborgesichert ist, wird das betreuende Personal aktiv<br />

(prophylaktisch) und passiv (falls PEP nötig) immunisiert<br />

• Meldepflicht: Tollwutverdacht beim Menschen an Kantonsarzt innert 24 Stunden melden<br />

(wegen Auslösen der Suche nach exponierten Menschen und Tieren)<br />

142


7. Weitere Informationen<br />

• Schweizerische Tollwutzentrale (Labordiagnostik und aktuelle epidemiologische Lage)<br />

→ Länggassstrasse 122, 3001 Bern, Tel: 031 631 23 78, Fax: 031 631 25 34,<br />

www.cx.unibe.ch/ivv/Swiss_Rabies_Center/swiss_rabies_center.html<br />

• WHO über Rabies → http://www.who.int/zoonoses/diseases/rabies/en/index.html<br />

• WHO Global Health Atlas (Data Query for rabies) http://globalatlas.who.int/<br />

• Rabies Bulletin für Europa → www.who-rabies-bulletin.org<br />

• Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum (STIZ) → Freiestrasse 16,<br />

8028 Zürich, Tel: 01 251 66 66, Fax: 01 252 88 33, www.toxi.ch<br />

Quelle: BAG, Supplementum X: Ordner „Infektionskrankheiten – Diagnose und Bekämpfung“<br />

PEP: siehe „4. Indikation zur postexpositionellen Tollwut-Prophylaxe<br />

143


Chirurgische Prophylaxe<br />

Bei antibiotischer Vorbehandlung Rücksprache mit infektiologischem Konsiliardienst (Tel. 86114)<br />

Applikations-Zeitpunkt:<br />

-


Antibiotika-Prophylaxe Urologie<br />

Bei antibiotischer Vorbehandlung Rücksprache mit infektiologischem Konsiliardienst (Tel. 86114)<br />

Applikations-Zeitpunkt:<br />

-

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