Infektiologie & Spitalhygiene Weissbuch 2012 - Universitätsspital ...
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<strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong><br />
<strong>Weissbuch</strong> <strong>2012</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
HIV-Infektion 2<br />
Human Immunodeficiency Virus (HIV)-Infektion und erworbenes Immundefizit-Syndrom (AIDS) ...... 2<br />
Antiretrovirale Medikamente .............................................................................................................. 5<br />
Liste der möglichen Abklärungen von symptomatischen HIV-infizierten Patienten ............................ 9<br />
Opportunistische Infektionen: Neurologische Krankheitsbilder bei HIV-Infektion ..............................12<br />
Opportunistische Infektion bei HIV-Patienten: Prophylaxe und Therapie ..........................................13<br />
HIV in der Geburtshilfe .....................................................................................................................21<br />
Postexpositionsprophylaxe (PEP) ....................................................................................................27<br />
Allgemeine <strong>Infektiologie</strong> 32<br />
Sepsis und empirische Infekttherapie ...............................................................................................32<br />
Diagnose und Therapie der infektiösen Endokarditis (IE) .................................................................36<br />
Diagnose und Therapie bei Harnwegsinfekt (HWI) ...........................................................................44<br />
Ambulant erworbene Pneumonie .....................................................................................................47<br />
Z N S - Infektionen ...........................................................................................................................52<br />
Intravaskuläre Katheterinfekte: Phlebitis, Infektion und Sepsis .........................................................64<br />
Gelenks-Protheseninfektionen ..........................................................................................................68<br />
Tuberkulose .....................................................................................................................................72<br />
Zecken-übertragene Erkrankungen in der Schweiz ..........................................................................83<br />
Anti-Infektiva bei schweren Infektionen auf der Intensivstation (für Erwachsene): ............................90<br />
Guidelines zur Dosierung bei Niereninsuffizienz, Hämodialyse und Hämofiltration ...........................90<br />
Infektionen bei Immunsuppression 96<br />
Prophylaxe und empirische antimikrobielle Therapie bei febrilen neutropenischen Patienten<br />
(Isolierstationsrichtlinien) ..................................................................................................................96<br />
Klinik und Therapie der Cytomegalievirus (CMV)-Infektion beim immunkompromittierten Patienten122<br />
Invasive Pilzinfektionen bei immunsupprimierten Patienten ............................................................ 128<br />
Impfungen bei transplantierten Patienten ....................................................................................... 130<br />
Tropenmedizin 134<br />
Richtlinien für diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Malaria ...................................... 134<br />
Diverses 139<br />
Interpretation von Körperflüssigkeiten ............................................................................................ 139<br />
Massnahmen bei möglicher Tollwutexposition ................................................................................ 141<br />
Chirurgische Prophylaxe ................................................................................................................ 144<br />
Antibiotika-Prophylaxe Urologie ...................................................................................................... 145<br />
Wir danken allen Autoren des <strong>Weissbuch</strong>es <strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong> (Kontakt: mweisser@uhbs.ch).<br />
Die hier aufgeführten Richtlinien zu Indikationen und Dosierungen von Antibiotika dienen zur Orientierung für den<br />
behandelnden Arzt. Zusätzliche wichtige klinische Informationen müssen im individuellen Fall berücksichtigt werden und<br />
können Indikationen und Dosierungen wesentlich beeinflussen. Die Verantwortung für die Verschreibung liegt einzig beim<br />
behandelnden Arzt, Dosierungen sind nachzuprüfen und ggf. anzupassen.<br />
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HIV-Infektion<br />
Human Immunodeficiency Virus (HIV)-Infektion und erworbenes<br />
Immundefizit-Syndrom (AIDS)<br />
1. Definition<br />
1.1. HIV-Infektion<br />
• HIV-Antikörpernachweis (EIA, DUO-Test: kombinierter AK+Ag-Nachweis, in Spezialfällen<br />
Western-Blot, bei Frischinfektion ist der AK-Nachweis evtl. noch negativ bei hohem<br />
Verdacht: Risikosituation und grippale Symptome: Test wiederholen und Messung der<br />
Viruslast)<br />
• HIV-Nachweis (HIV-RNA, p24-Antigen, HIV provirale DNA) im Plasma, Gewebe oder in<br />
Körperflüssigkeiten bzw. Zellen<br />
1.2. AIDS<br />
• Klinische Einteilung gemäss Indikatorkrankheit (siehe untere Tabelle) bei Patienten mit<br />
einer HIV-Infektion.<br />
2. Klassifikation<br />
Die Centers for Disease Control (CDC)-Klassifikation der HIV-Krankheit von 1993<br />
(berücksichtigt die tiefste je gemessene CD4-Zellzahl, kein Zurückstufen bei Besserung)<br />
Immunologisch Klinisch Klinisch Klinisch<br />
Kategorie A Kategorie B Kategorie C<br />
CD4-Zellzahl (pro µl) asymptomatisch,<br />
akute HIV-Infektion,<br />
symptomatisch,<br />
weder A noch C<br />
AIDS-definierende<br />
Krankheiten<br />
Lymphadenopathie<br />
> 500 A1 B1 C1<br />
201-500 A2 B2 C2<br />
200 A3 B3 C3<br />
AIDS in Europa: C1-C3; AIDS in den USA: A3, B3 und C1-C3<br />
2.1. Krankheitssymptome und Erkrankungen der Kategorie B<br />
• Allgemeinsymptome, sofern sie nicht einer bestimmten Krankheit zugeordnet werden<br />
können und während mehr als 1 Monat persistieren, z.B. Fieber >38.5°C o. Diarrhoe<br />
• Pelvic inflammatory disease (Adnexitis, Tuboovarialabszess)<br />
• Bazilläre Angiomatose (Bartonella henselae/quintana-Infektion)<br />
• Oropharyngeale oder vulvovaginale Candidiasis (persistierend oder rezidivierend)<br />
• Zervikale Dysplasie (mässig oder schwer)<br />
• Zervikales Carcinoma in situ<br />
• Herpes zoster ( 2 Episoden oder 2 Dermatome)<br />
• Immunthrombozytopenie<br />
• Listeriose<br />
• Orale Haarleukoplakie<br />
• Periphere Neuropathie<br />
• Weitere nicht AIDS definierende Erkrankungen, welche:<br />
a) Der HIV-Infektion zugeschrieben werden oder auf eine beeinträchtigte zelluläre Immunität<br />
hinweisen und/oder<br />
b) Deren Krankheitsverlauf oder Behandlung in der ärztlichen Beurteilung als durch die HIV-<br />
Infektion beeinträchtigt erachtet werden<br />
Juni <strong>2012</strong> 2
2.2. Indikatorkrankheiten der Kategorie C (AIDS)<br />
• Bakterielle Pneumonie, rezidivierend<br />
• Candida-Ösophagitis<br />
• Herpes simplex-Infektionen: chronische Haut/Schleimhaut-Ulzeration (>1 Monat) oder<br />
Pneumonie oder Ösophagitis<br />
• Histoplasmose, disseminiert<br />
• HIV-assoziierte Enzephalopathie<br />
• Isosporiasis, Diarrhoe (>1 Monat)<br />
• Kachexie (HIV-Wasting Syndrome), Gewichtsverlust mindestens 10%<br />
• Kaposi-Sarkom<br />
• Kokzidioidomykose, disseminiert<br />
• Kryptokokkose, Meningitis oder disseminiert<br />
• Kryptosporidiose, Diarrhoe (>1 Monat)<br />
• Lymphome, primär im ZNS, vom B-Zell-Typ oder nicht typisierbar<br />
• nichttuberkulöse Mykobakteriosen, disseminiert<br />
• Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie<br />
• Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)<br />
• Salmonellen-Sepsis, rezidivierend<br />
• Toxoplasmose, zerebral<br />
• Tuberkulose, pulmonal oder extrapulmonal<br />
• Zervixkarzinom, invasiv<br />
• Zytomegaliekrankheit: Retinitis oder andere Lokalisation (nicht Leber, Milz oder<br />
Lymphknoten).<br />
3. Meldung<br />
In der Schweiz ist AIDS (klinische Kategorie C) anonym meldepflichtig. Die Meldeformulare<br />
können bei dem Datamanagement SHCS (intern 55293) bezogen werden. Die ausgefüllten<br />
Meldeformulare sind an das Datamangement zu senden.<br />
4. Vorgehen bei HIV-positiven Patienten<br />
4.1. Anamnese<br />
• Was weiss Patient über HIV-Infektion?<br />
• Wann und wie hat sich Patient angesteckt?<br />
• Hat Patient möglicherweise weitere angesteckt?<br />
• Soziale Situation (Beruf, Krankenkasse etc.)<br />
• Partner, Familie, Kinder: wer kennt die Diagnose? Sind Partner/Kinder gesund?<br />
• Frühere Infektionskrankheiten, die potentiell persistieren (wichtigste: Tuberkulose, Lues,<br />
Herpes genitalis, Hepatitis B und C, CMV-Infektion, Toxoplasmose)<br />
• Aktuelle oder vergangene Toxikomanie<br />
• Medikamentenallergie<br />
• Auslandreisen (Risiko für spez. Infektionen wie Histoplasmose, Penicilliose,<br />
Leishmaniose)<br />
• Impfanamnese: Grundimmunisierung inkl. Hepatitis B, Pneumokokken, Grippe<br />
4.2. Klinische Untersuchung (Befunde, die speziell gesucht werden müssen)<br />
• Körpertemperatur, Gewicht, Lymphknoten<br />
• Haut (Exanthem, Kaposi-Sarkom, Zoster, Petechien, Xerodermie, seborrhoische<br />
Dermatitis, Onychomykose)<br />
• Schleimhaut (Soorstomatitis, Kaposi-Sarkom, Herpes labialis/genitalis, orale<br />
Haarleukoplakie)<br />
• Augen (Retinitis)<br />
• Leber und Milz (malignes Lymphom, Mykobakteriose)<br />
• Meningismus, periphere Neuropathie, Myelopathie<br />
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5. Labor<br />
Falls HIV-Infektion bestätigt (mit Einverständnis des orientierten Patienten):<br />
• Rotes und weisses Blutbild mit Differenzierung, Thrombozyten<br />
• Transaminasen, alkalische Phosphatase, Amylase, Serumeiweiss<br />
• Lues, Hepatitis (B, C), CMV, HSV, VZV, Toxoplasmose<br />
• Lymphozytensubpopulationen CD4/CD8-Lymphozyten<br />
• HIV-RNA (Virusmenge quantitativ)<br />
• Tuberkulintest (Mantoux)<br />
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Antiretrovirale Medikamente<br />
Die Kombinationstherapie (meist 3er Kombination) hat die Prognose drastisch verbessert, d.h. 86%<br />
Reduktion der Mortalität gegenüber keiner Therapie. Eine Therapie ist indiziert bei einer CD4<br />
Zellzahl unter 200. Ein Graubereich ist gegeben, wenn die CD4 Zellzahl zwischen 200-350 liegt.<br />
Dabei spielt auch die Höhe der Viruslast eine Rolle. Eine HIV-Therapie ist kein Notfall und muss mit<br />
dem Patienten gut besprochen werden, da die Adherence für die Wirkung und die Prognose wichtig<br />
sind. Je besser die Adherence, desto besser die Senkung der Viruslast, desto besser der Anstieg<br />
der CD4, desto besser die Langzeitprognose.<br />
1. Praktische Anwendung<br />
1.1. Ziel<br />
Möglichst vollständige Suppression der HIV-Replikation in allen Kompartimenten des<br />
Organismus (Serum
2. Substanzklassen (wird halbjährlich aktualisiert siehe: www.hiv.ch/rubriken/therapie/ART2011.pdf)<br />
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Liste der möglichen Abklärungen von symptomatischen HIVinfizierten<br />
Patienten<br />
Es ist meistens nicht sinnvoll, alle möglichen Ursachen gleichzeitig abzuklären. Andererseits erhebt<br />
diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für Fragen steht der infektiologische Dienst (8-<br />
6114) zur Verfügung. Fragen bezüglich der Entnahmetechnik oder des Versandes können bei den<br />
erwähnten Labors direkt gestellt oder dem Laborbuch USB entnommen werden.<br />
Gewebe von HIV-infizierten Patienten sollte für bakteriologische Untersuchungen nicht-fixiert<br />
entnommen werden. Zusätzlich fixiertes Material (4%iges Formalin) für die histologische<br />
Untersuchung einsenden. Bei speziellen Wünschen (z.B. PCR im Gewebe) muss mit der Pathologie<br />
und dem bakteriologischen Labor vorgängig Kontakt aufgenommen werden.<br />
Endoskopien müssen mit dem zuständigen Konsiliararzt (Pneumologie, Gastroenterologie)<br />
besprochen werden.<br />
Einsendelabors:<br />
Tel.<br />
(1) Mikrobiologielabor, <strong>Universitätsspital</strong> Basel 061-265 42 10/11<br />
(2) Chemielabor, <strong>Universitätsspital</strong> Basel 061-265 42 20<br />
(3) Institut für Pathologie des <strong>Universitätsspital</strong>s Basel, Schönbeinstrasse 40 061-265 28 58<br />
(4) Institut für med. Mikrobiologie, Petersplatz 10, 4051 Basel 061-267 32 62/63<br />
(5) Schweizerisches Tropeninstitut, Socinstrasse 57, 4051 Basel 061-284 81 11<br />
1. Respiratorisches Syndrom<br />
Leitsymptome: Husten mit/ohne Auswurf, Atemnot, atemabhängige Schmerzen, Fieber<br />
Abklärungen:<br />
Einsendelabor<br />
1.1. Falls produktiver Husten mit eitrigem Auswurf und relativ guter Immunzustand<br />
(>200/ml CD4-Lymphozyten) bakterielle Genese wahrscheinlich<br />
- Sputumbakteriologie<br />
- Routinekultur: Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Staphylococcus<br />
aureus<br />
Folgende Kulturen müssen bei entsprechendem Verdacht speziell verlangt werden:<br />
- Legionellen (1)<br />
- Mykobakterien (tuberkulöse und nichttuberkulöse) (1)<br />
- Nocardien (1)<br />
- bakt. Blutkulturen bei Fieber (1)<br />
1.2. Falls trockener Reizhusten und/oder Atemnot und schlechter Immunzustand<br />
(
2. ZNS-Syndrom<br />
Leitsymptome: Kopfschmerzen, Fieber, Meningismus, fokal-neurologische Zeichen,<br />
Epilepsie, Ataxie, Veränderung des Bewusstseins oder der Persönlichkeit, Demenz<br />
Abklärungen: LP, CT oder MRI, EEG<br />
Einsendelabor<br />
2.1. Falls meningitisches Syndrom: LP (falls kein erhöhter Hirndruck im CT,<br />
keine Stauungspapille)<br />
- Allgemeine Liquorbakteriologie (Gram + Kultur) (1)<br />
- Eiweiss, Glukose, Laktat (2)<br />
- Liquor auf Mykobakterien (PCR + Färbung auf säurefeste Stäbchen + Kultur) (1)<br />
- Antigen auf Cryptococcus neoformans in Liquor und/oder Serum (1)<br />
- PCR auf Viren (CMV, HSV, VZV, EBV, JCV) und Toxoplasma gondii (Stufenplan) (4)<br />
- Liquor-/Serumantikörper auf CMV, HSV, VZV, Toxoplasma gondii (im Liquor (4)<br />
nicht sinnvoll bei tiefer CD4-Zahl)<br />
- Liquorzytologie (2)<br />
2.2. Falls enzephalitisches Syndrom: MRT oder CT des Schädels ohne/mit Kontrastmittel<br />
Wenn im CT Herd mit nodulärer oder Ringanreicherung:<br />
- Serologien (HSV, VZV, CMV, Toxoplasmen), falls nicht schon bekannt positiv (4)<br />
- Empirische Toxoplasmosetherapie:<br />
Falls innert 10 Tagen kein Ansprechen Hirnbiopsie mit Neurochirurgen besprechen:<br />
- Histologie (Lymphom? andere Ätiologie?) (3)<br />
- Virologie: PCR auf CMV, EBV, JCV (HSV, VZV) (4)<br />
- Bakteriologie inkl. Mykobakterien, Nocardia, Pilze (1)<br />
3. Oesophagitis, Gastroenteritis, Kolitis<br />
Leitsymptome:<br />
Abklärungen:<br />
Odynophagie, Dysphagie, retrosternales Brennen, Nausea, Erbrechen,<br />
Durchfall<br />
Je nach Leitsymptom<br />
3.1. Falls Oesophagitis:<br />
- Obere Endoskopie mit Biopsie für: Histologie und Zytologie (3)<br />
Virologie (Kultur auf CMV, HSV) (4)<br />
Pilznachweis (Candida) (1)<br />
- Serologie: CMV, HSV (falls nicht schon früher positiv) (4)<br />
3.2. Falls Durchfall:<br />
- Stuhlbakteriologie: Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Aeromonas (1)<br />
- 3 SAF Stuhlparasitologien auf Cryptosporidien, Microsporidien, Cyclospora<br />
cayetanensis, Giardia lamblia, Isospora belli, Blastocystis hominis,<br />
Entamoeba histolytica, (5)<br />
- Nachweis von Mykobakterien (1)<br />
- Virusnachweis im Stuhl: Adenoviren (4)<br />
- CMV-Nachweis aus Kolonbiopsie (Histologie) (3)<br />
4. Hepatitis<br />
Leitsymptome: Ikterus, Hepatomegalie, Nausea, Fieber<br />
Abklärungen:<br />
- Serologie: HAV, HBV, HCV, CMV, EBV, HSV, VZV (falls nicht früher positiv) (4)<br />
- Heparinblut: Mykobakterienkultur (1)<br />
- evtl. Leberbiopsie: Histologie (3)<br />
- Mykobakterienkultur (1)<br />
- CMV-, HSV-Nachweis (Kultur), CMV-Antigenämie (3)<br />
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5. Retinitis<br />
Leitsymptome: Gesichtsfeldausfälle, Sehunschärfe, Visusverlust<br />
Abklärungen:<br />
- Ophthalmologisches Konsilium<br />
- CMV: PCR aus Kammerwasser für CMV, VZV, Toxoplasma, (HSV) (4)<br />
6. Allgemeinsymptome<br />
Leitsymptome: Fieber, Gewichtsabnahme, reduzierter Allgemeinzustand, Lymphadenopathie<br />
Häufige Ursachen:<br />
- Konstitutionelles Syndrom im Rahmen der Grundkrankheit (CDC Kategorie B)<br />
- Disseminierter CMV-Infekt<br />
- Disseminierte Mykobakteriose (M. avium-intracellulare oder M. genavense)<br />
- Miliartuberkulose<br />
- Bakterielle Sepsis (Salmonellenbakteriämie, Kathetersepsis)<br />
Seltene Ursachen:<br />
- Pilzinfekte (Kryptokokkose, Histoplasmose, Kokzidioidomykose, Penicilliose)<br />
- Arzneimittelinduziertes Fieber<br />
- Viszerale Leishmaniose (Kala azar)<br />
Abklärungen:<br />
- Blutkulturen (Bakterien und Pilze) (1)<br />
- Mykobakterien-Nachweis (Heparinblut, Stuhl, LK-Biopsie) (1)<br />
- Serologien: CMV, HSV, VZV, Toxoplasma gondii (falls nicht schon bekannt positiv) (4)<br />
- Serologien: Leishmaniose, Strongyloidose (5)<br />
- Knochenmarkkultur + Direktpräparat (in 1 ml NaCl) auf Leishmanien und<br />
Histoplasmen<br />
- (nur bei entsprechender Reiseanamnese) (5)<br />
- Direktpräparat (2)<br />
Juni <strong>2012</strong> 11
Opportunistische Infektionen:<br />
Neurologische Krankheitsbilder bei HIV-Infektion<br />
Aseptische<br />
Meningitis<br />
Subakute HIV-<br />
Enzephalitis<br />
Zerebrale<br />
Toxoplasmose<br />
Kryptokokken-<br />
Meningitis<br />
Progressive<br />
multifokale<br />
Leukoenzephalopathie<br />
Primäres<br />
zerebrales<br />
Lymphom<br />
Symptome Labor CT/MRI Behandlung Entwicklung<br />
Kopfschmerzen,<br />
Nackensteife,<br />
Photophobie, Übelkeit,<br />
Erbrechen<br />
Psychomotorische Verlangsamung.<br />
Gedächtnis-,<br />
Verhaltensstörungen,<br />
Apathie<br />
Fokales neurologisches<br />
Defizit, Kopfschmerzen,<br />
Fieber, epileptische Anfälle<br />
u. Veränderungen<br />
des Bewusstseins<br />
Fieber, Kopfschmerzen,<br />
Nackensteife, Photophobie,<br />
Übelkeit u. Erbrechen<br />
Demenz (wie bei der HIV-<br />
Enzephalitis), fokales neurologisches<br />
Defizit (Hemiparese,<br />
Blindheit, Ataxie)<br />
Langsame oder rasche<br />
Veränderungen des<br />
Bewusstseinszustandes<br />
oder fokales<br />
neurologisches Defizit,<br />
Kopfschmerzen<br />
*cART = Combination Antiretroviral Therapy<br />
CD4 normal o. wenig<br />
vermindert. CD8 erhöht.<br />
Liquor: lymphozytäre<br />
Pleozytose (10-100 mm 3 )<br />
Im Allgemeinen schwere<br />
Immunsuppression mit
Opportunistische Infektion bei HIV-Patienten:<br />
Prophylaxe und Therapie<br />
Falls sich die Abwehrlage durch eine antiretrovirale Kombinationstherapie markant verbessert<br />
(CD4-Zellzahl >200/µl während mindestens 3 Monaten), kann die PcP- und Toxoplasmose –<br />
Primär- und Sekundärprophylaxe gestoppt werden. Auch bei anderen opportunistischen<br />
Infektionen kann dies bei guter Immunlage diskutiert werden.<br />
1. Primärprophylaxe<br />
Infektion Medikament Dosis Kommentar<br />
Pneumocystis jiroveci<br />
(früher carinii) (PCP) +<br />
Toxoplasma gondii<br />
(bei CD4-Zahl < 200/µl)<br />
Positive oder negative<br />
Toxoplasmenserologie<br />
Neg. Toxoplasmenserol.<br />
und TMP/SMX-Allergie<br />
Neg. Toxoplasmenserol.<br />
und keine<br />
Inhalationsmöglichkeit<br />
Pos. Toxoplasmenserol. und<br />
TMP/SMX-Allergie<br />
1. Bactrim 1 Tabl. forte 3x/Wo<br />
oder<br />
2. Pentacarinat-<br />
Isoethionat<br />
oder<br />
3. Dapson*<br />
(Diaphenylsulfon<br />
DDS)<br />
oder<br />
4. Daraprim<br />
+ Dapson*<br />
300 mg in 6 ml Aqua<br />
1x Inhalation/Mt<br />
Stopp bei CD4 > 200 über > 3 Mo<br />
100 mg p.o. 2x/Wo *G6PDH-Mangel ausschliessen<br />
75 mg p.o. 1x/Wo<br />
200 mg p.o. 1x/Wo *G6PDH-Mangel ausschliessen<br />
Nicht-tuberkulöse<br />
Mykobakterien<br />
(bei CD4-Zahl < 50/µl falls<br />
keine aktive Krankheit und<br />
keine antiretrovirale<br />
Therapie)<br />
Zithromax<br />
(Azithromycin)<br />
oder<br />
Klacid<br />
(Clarithromycin)<br />
1200 mg p.o. 1x/Wo<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
Stopp bei CD4 >100 > 3 Mo<br />
Latente Tuberkulose<br />
(unabhängig von der CD4-<br />
Zahl)<br />
bei Mantoux >5 mm oder<br />
vorher unbehandeltem<br />
positivem Mantoux oder<br />
nach Kontakt mit offener<br />
Tuberkulose<br />
Rimifon (Isoniazid)<br />
+ Pyridoxin (Vit. B6)<br />
5 mg/kg/d (300 mg/d<br />
p.o.)<br />
40 mg/d<br />
9 Monate<br />
Eine aktive Tuberkulose muss<br />
ausgeschlossen werden!<br />
Regelmässige Laborkontrollen<br />
(Leberwerte, BB, Harnsäure)<br />
Juni <strong>2012</strong> 13
2. Sekundärprophylaxe (nach Beendigung der initialen Therapie)<br />
Infektion Medikament Dosis Kommentar<br />
Pneumocystis jiroveci (früher carinii) Analog Primärprophylaxe, ausser:<br />
Bis CD4-Zahl > 200/µl während mindestens 3 Mo<br />
Pneumonie (PcP)<br />
Pentacarinat-Inhalation: 300 mg alle 2 Wo im 1. Mo, anschliessend 1x/Mo<br />
Toxoplasma gondii 1. Daraprim (Pyrimethamin) 1 x 50 mg/d p.o. Stopp bei CD4-Zahl > 200/µl > 3 Mo<br />
Enzephalitis + Sulfadiazin 2-3 g/d p.o. (in 4 Dosen) Evtl. 2x/Wo dosieren,<br />
+ Leucovorin (Osfolat) 1 x 5 mg/d p.o. PcP-Prophylaxe entfällt<br />
oder<br />
2. Daraprim 1 x 50 mg/d p.o.<br />
+ Dalacin (Clindamicin) 4 x 300 mg/d p.o. Zusätzlich PcP-Prophylaxe<br />
+ Leucovorin 1 x 5 mg/d p.o.<br />
oder<br />
3. Dalacin 4 x 300 mg/d p.o. Zusätzlich PcP-Prophylaxe<br />
Kryptokokkenmeningitis Diflucan (Fluconazol) 1 x 200 mg/d p.o. Bei CD4>200 Stopp diskutieren<br />
Candida-Stomatitis oder -Oesophagitis Diflucan<br />
150 mg resp. 400 mg p.o.<br />
Einmaldosis<br />
Bei >3 Rezidive/Mo, alle 1-4 Wo<br />
(je nach Bedarf)<br />
Zytomegalievirus-<br />
(CMV-) retinitis<br />
1. Cymevene (Ganciclovir) 5 mg/kg i.v. 5x/Wo Stopp bei CD4 > 150 > 3 Mo nach Rücksprache mit<br />
Augenarzt<br />
Via Port-à-Cath<br />
oder<br />
2. Valcyte (Valgancyclovir) 1 x 900 mg/d p.o. mit Mahlzeit Gleiche Wirkung wie i.v.<br />
oder<br />
3. Foscavir (Foscarnet) 100 mg/kg i.v. 5x/Wo Via Port-à-Cath oder Implantat diskutieren<br />
4. Vistide (Cidofovir) 5 mg/kg i.v. + Probenecid +<br />
Hydrierung alle 2 Wochen<br />
Mukokutane<br />
HSV-Infektion<br />
Zovirax (Aciclovir)<br />
oder<br />
Valtrex (Valacyclovir)<br />
3-4 x 200 mg/d p.o.<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
Isospora belli-Enteritis Bactrim (=Nopil) (TMP/SMX) 1 Tabl. forte 3x/Wo<br />
Mycobacterium<br />
Klacid (Clarithromycin) (AI)<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
avium-intracellulare-<br />
+ Myambutol (Ethambutol)<br />
1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />
(MAI-) Infektion<br />
Evtl. + Mycobutin** (Rifabutin) (CI) 1 x 300 mg/d p.o.<br />
oder<br />
Zithromax (Azithromycin) (AII)<br />
+ Myambutol (Ethambutol)<br />
500 mg/d p.o.<br />
1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />
Individuell<br />
Individuell<br />
Stopp bei CD4 > 100 > 6 Mo + 12 Mo<br />
MAC-Therapie + asymptomatisch<br />
Rifabutin zusätzlich falls fortgeschrittene<br />
Immunosuppression (CD42 log CFU/ml Blut), keine cART<br />
** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150 mg 3x/wo). Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist<br />
kontraindiziert.<br />
Für Interaktionen: siehe www.hiv-druginteractions.org<br />
Juni <strong>2012</strong> 14
3. Therapie<br />
Cave:<br />
Bei bis anhin cART-naiven Patienten kann eine gleichzeitige Therapie opportunistischer<br />
Krankheiten und Beginn einer antiretroviralen Therapie zu einem Immunrekonstitutions-<br />
Syndrom führen.<br />
Krankheit Initiale Therapie Dosis Dauer<br />
Pneumocystis jiroveci<br />
(früher carinii)<br />
Pneumonie (PCP)<br />
1.Wahl Bactrim (=Nopil) (TMP/SMX) (AI) 3 x 5 mg/kg/d TMP i.v./p.o. 3 Wo, anschliessend<br />
+ zusätzlich Prednison (AI)<br />
(bei arteriellem pO2
3. Therapie – Fortsetzung<br />
Krankheit Initiale Therapie Dosis Dauer<br />
Toxoplasma gondii<br />
Enzephalitis<br />
Standardtherapie 1. Daraprim (Pyrimethamin) (AI) 1 x 75 mg/d (1.Tag 200 mg) 6 Wo, anschliessend<br />
+ Sulfadiazin 4 x 1000-1500 mg/d p.o./i.v. Sekundärprophylaxe bis<br />
CD4 >200 über >3 Mo<br />
+ Leucovorin (Osfolat) 2 x 5 mg/d p.o. PcP-Prophylaxe entfällt<br />
oder<br />
2. Daraprim (AI) 1 x 75 mg/d (1. Tag 200 mg)<br />
+ Dalacin (Clindamycin) 4 x 600-900 mg/d p.o/i.v. Zusätzl. PcP-Prophylaxe<br />
+ Leucovorin (Osfolat) 2 x 5 mg/d p.o.<br />
oder<br />
3. Daraprim (BII)<br />
+ Wellvone (Atovaquon)<br />
+ Leucovorin (Osfolat) 1 x 5 mg/d p.o.<br />
1 x 75 mg/d (1. Tag 200 mg)<br />
3 x 1000 mg/d p.o Zusätzl. PcP-Prophylaxe<br />
4. Bactrim (TMP/SMX) (BI) 2 x 5 mg TMP /kg p.o.<br />
2 x 25 mg SMX /kg p.o.<br />
5. Daraprim (Pyrimethamin)<br />
1x75 mg (1. Tag 200mg)<br />
+ Klacid (Clarithromycin)<br />
2x1000mg<br />
+ Leucovorin (Osfolat)<br />
1x10mg<br />
6 Wo, anschliessend<br />
Sekundärprophylaxe<br />
Falls nur i.v.-Therapie<br />
möglich<br />
Dalacin (Clindamicin)<br />
+ Klacid<br />
4 x 600-900 mg/d i.v.<br />
3 x 500 mg/d i.v.<br />
Keine klinischen Daten<br />
* Rimactan (Rifampicin) ist zusammen mit Proteaseinhibitoren und Viramune (Nevirapine) kontraindiziert. Rimactan darf<br />
zusammen mit Stocrin (Efavirenz) verabreicht werden (Cave TDM, Stocrin evtl. auf 800 mg tgl. erhöhen).<br />
** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150 mg 3x/wo).<br />
Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist kontraindiziert.<br />
Juni <strong>2012</strong> 16
3. Therapie - Fortsetzung<br />
Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />
Candida-Stomatitis 1. Diflucan (AI)<br />
oder<br />
2. Sporanox (AI)<br />
150-200 mg p.o.<br />
Candida-Oesophagitis<br />
Kryptokokken-<br />
Meningitis<br />
oder<br />
2. Sporanox (AI)<br />
1-2 x 100-200 mg/d p.o.<br />
(Tbl. mit dem Essen, Lösung<br />
nüchtern)<br />
Einmaldosis oder bis<br />
Erfolg (ca. 5-7 d)<br />
Bis Erfolg (1-2 Wo)<br />
oder<br />
3. Ampho-Moronal Lutschtbl. 3-6 Tabl. à 10 mg/d Bis Erfolg (1-2 Wo)<br />
1. Diflucan (AI)<br />
400 mg p.o.<br />
3 d<br />
oder<br />
400 mg loading dosis,<br />
Bis Erfolg (ca. 10-14 d)<br />
anschliessend 200 mg/d p.o.<br />
Fungizone (Amphotericin B)<br />
+ Ancotil (Flucytosin) (AI)<br />
oder<br />
Abelcet oder Ambisome<br />
(liposomales AmphoB)<br />
+ Ancotil (Flucytosin) (AI)<br />
1-2 x 200 mg/d p.o.<br />
(Tbl. mit dem Essen, Lösung<br />
nüchtern)<br />
0.7-1 mg/kg/d i.v.<br />
25 mg/Kg i.v. alle 6 Std.<br />
5 mg/Kg/d i.v.<br />
25 mg/Kg alle 6 Std.<br />
Bis Erfolg (ca. 10-14 d)<br />
2 Wo<br />
dann LP-Kontrolle: falls Kultur<br />
negativ, Umstellung auf p.o.<br />
Therapie<br />
2 Wo<br />
Anschliessend<br />
Konsolidationstherapie<br />
Diflucan (Fluconazol) (AI)<br />
1x 400 mg/d p.o.<br />
(loading dosis 800 mg am<br />
1.Tag)<br />
8 Wo<br />
(oder länger bis Liquorkulturen<br />
steril) , dann<br />
Sekundärprophylaxe<br />
(Fluconazole 1x200mg /d)<br />
Herpes simplex Virus-<br />
(HSV-) Infektionen<br />
Cave: Wiederholung LP<br />
täglich bis intrakranieller<br />
Druck < 20 cmH 20 oder 50%<br />
des initialen Wertes<br />
- Genitale HSV-Infektion Valtrex (Valaciclovir) (AI)<br />
oder<br />
2 x 1000 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />
Sekundärprophylaxe<br />
Famvir (Famciclovir) (AI)<br />
oder<br />
2 x 500 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />
Sekundärprophylaxe<br />
Zovirax (Aciclovir) (AI) 5 x 200-400 mg/d p.o. 7-10 d, evtl.<br />
Sekundärprophylaxe<br />
- Schwere mukokutane<br />
Läsionen<br />
Zovirax (Aciclovir) (AIII) 3 x 5 mg/kg/d i.v. Individuell, evtl.<br />
Sekundärprophylaxe<br />
- Rezidivierende<br />
genitale HSV-Infekt.<br />
Suppressive Therapie mit Valtrex<br />
(AI)<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
- HSV-Enzephalitis Zovirax (AI) 3 x 10 mg/kg/d i.v. 14-21 d<br />
Varicella zoster Virus-<br />
(VZV-) Infektionen<br />
- Varizellen<br />
Valtrex (Valaciclovir) (AII)<br />
3 x 1000 mg/d p.o.<br />
5-7 d<br />
- Herpes zoster (nicht<br />
disseminiert)<br />
- Herpes zoster:<br />
disseminiert<br />
Valtrex (AII)<br />
oder<br />
3 x 1000 mg /d p.o<br />
10 d<br />
Famvir (AII)<br />
3 x 500 mg/d p.o. 10 d<br />
oder<br />
Zovirax (AIII) 3 x 5 mg/kg/d i.v. 10 d<br />
Zovirax (AII) 3 x 10 mg/kg/d i.v. 10-14 d<br />
Juni <strong>2012</strong> 17
3. Therapie - Fortsetzung<br />
Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />
Zytomegalievirus- (CMV-)<br />
Infektionen:<br />
- Retinitis Cymevene (Ganciclovir) (AI)<br />
oder<br />
Ganciclovir intraokuläres Implantat<br />
(AI)<br />
+ Valcyte (Valgancyclovir)<br />
2 x 5 mg/kg/d i.v.<br />
2 x 900 mg p.o.<br />
3 Wo, anschliessend<br />
Sekundärprophylaxe für<br />
CMV-Retinitis<br />
Für Läsionen mit dringender<br />
Gefahr der Erblindung<br />
oder<br />
Valcyte (Valganciclovir) (BII) 2 x 900 mg p.o. Nur für kleine periphere<br />
Läsionen<br />
oder<br />
Foscavir (Foscarnet) (AI)<br />
oder<br />
Vistide (Cidofovir) (AI)<br />
+ Probenecid + Hydrierung 1x/Wo<br />
2 x 90 mg/kg i.v. 2-3 Wo, anschliessend<br />
Sekundärprophylaxe<br />
5 mg/kg i.v.<br />
2 Wo, anschliessend<br />
Sekundärprophylaxe<br />
- Ösophagitis/Colitis<br />
Cymevene (Ganciclovir) (BII)<br />
oder<br />
Foscavir (Foscarnet) (BII)<br />
oder<br />
Valcyte (Valgancyclovir) (BII)<br />
- Encephalitis/Myelitis Cymevene (Ganciclovir) (BII)<br />
oder<br />
Foscavir<br />
2 x 5 mg/kg/d i.v.<br />
2 x 90 mg/kg i.v.<br />
2 x 900 mg p.o.<br />
2x 5 mg/kg/d i.v.<br />
2 x 90 mg/kg i.v.<br />
3 Wo<br />
Bei milden Symptomen (orale<br />
Absorption nicht<br />
beeinträchtigt)<br />
3-6 Wo<br />
Stomatitis aphtosa<br />
(idiopathisch)<br />
Bazilläre Angiomatose<br />
(Bartonella henselae,<br />
Bartonella quintana)<br />
1. Prednison<br />
oder<br />
2. Thalidomid<br />
1. Klacid (Clarithromycin)<br />
oder<br />
2. Vibramycin (Doxycyclin)<br />
1 x 80 mg/d p.o.<br />
1 x 300 (-600) mg/d p.o.<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
2 x 100 mg/d p.o.<br />
Bis Erfolg (5-7 d)<br />
Cave Embryopathie mit<br />
Thalidomid: Nicht für Frauen<br />
in gebärfähigem Alter;<br />
Bestellen nur mit<br />
Indikationsangabe<br />
Bis Erfolg (bis 2 Mo)<br />
Bis Erfolg (bis 2 Mo)<br />
Tuberkulose<br />
Rimifon (Isoniazid, INH) (AI)<br />
+ Rimactan (Rifampicin, RIF)*<br />
oder Mycobutin (Rifabutin)**<br />
+ Pyrazinamid (PZA)<br />
+ Myambutol (Ethambutol, EMB) 5 mg/kg/d (max.300 mg/d) p.o. Initialphase mit INH, PZA,<br />
EMB, RIF (oder Rifabutin) für<br />
2 Monate,<br />
anschliessend<br />
Konsolidationsphase mit<br />
Isoniazid und Rifampicin für<br />
weitere 4 Monate (siehe<br />
Tuberkulose-Kapitel)<br />
Juni <strong>2012</strong> 18
3. Therapie – Fortsetzung<br />
Krankheit Initiale Therapie Dosis / Tag Dauer<br />
Nichttuberkulöse<br />
Mykobakteriosen:<br />
Mycobacterium aviumintracellulare<br />
(MAI-) Komplex<br />
Klacid (Clarithromycin) (AI)<br />
2 x 500 mg/d p.o.<br />
12 Monate<br />
+ Myambutol (Ethambutol)<br />
1 x 15 mg/kg/d p.o.<br />
Anschliessend<br />
Sekundärprophylaxe bis CD4<br />
>100 während 6 Mo<br />
evtl.+ Mycobutin (Rifabutin)** (CI)<br />
450 mg/d p.o.<br />
(cave: Dosisanpassung bei<br />
Proteaseninhibitoren!)<br />
Zusätzlich Mycobutin falls<br />
Resistenzen möglich,<br />
schwere Immunosuppression<br />
(CD42 CFU/ml<br />
Blut), keine cART<br />
evtl.+ Tavanic (Levofloxacin)<br />
oder<br />
Amikin<br />
1x 500 mg/d p.o.<br />
1x 10-15 mg /Kg iv<br />
Mycobacterium kansasii Rimactan (Rifampicin)** (AI) 600 mg/d p.o. 15-18 Mo<br />
+ Rimifon (Isoniazid, INH) 1 x 300 mg/d p.o.<br />
+ Myambutol (Ethambutol)<br />
20 mg/kg/d p.o.<br />
oder<br />
Rimactan (Rifampicin)**<br />
600 mg p.o.<br />
+ Klacid (Clarithromycin)<br />
2 x 500 mg p.o.<br />
+ Myambutol (Ethambutol)<br />
20 mg/kg/d p.o<br />
Kryptosporidiose<br />
Start cART (AII)<br />
Mikrosporidiose Zentel (Albendazol) (AII) 2 x 400 mg/d p.o. 3 Wo<br />
Isospora belli-Enteritis<br />
Bactrim (=Nopil) (AI)<br />
2 x 2 Tabl. forte/d p.o.<br />
10 d<br />
Alternative: Ciproxin (BIII)<br />
2 x 500 mg<br />
Cyclospora cayatensis- Symptomatisch, Versuch mit Bactrim<br />
Enteritis<br />
2 x 1 Tabl. forte/d p.o.<br />
7 d<br />
Blastocystis hominis-<br />
Enteritis<br />
Flagyl (Metronidazol) 3 x 750 mg/d p.o. 10 d<br />
*<br />
Falls schwer disseminierter<br />
Befall<br />
Rimactan (Rifampicin) ist zusammen mit Proteaseinhibitoren und Viramune (Nevirapine) kontraindiziert.<br />
Rifampicin darf zusammen mit Stocrin (Efavirenz) verabreicht werden (cave TDM, Stocrin evtl. auf 800 mg tgl.<br />
erhöhen).<br />
** Dosis von Mycobutin (Rifabutin) muss bei gleichzeitiger Gabe von Proteaseinhibitoren halbiert werden (d.h. 150<br />
mg 3x/wo). Die gleichzeitige Gabe von Saquinavir ist kontraindiziert.<br />
Juni <strong>2012</strong> 19
4. Literatur<br />
1. Nüesch R, Bassetti S, Battegay M: Notfallsituationen bei HIV-infizierten Patienten.<br />
In: Notfallmanagement internistischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart, 2009.<br />
2. DHHS: Guidelines for prevention and treatment of opportunistic infections in HIVinfected<br />
adults and adolescents: June 2008. www.aidsinfo.nih.gov<br />
3. Sanford guide to HIV/AIDS therapy 2009, erscheint jährlich<br />
4. DHHS: Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and<br />
adolescents. : November 2008. www.aidsinfo.nih.gov<br />
5. Benson CA et al. Treating opportunistic infections among HIV-infected adults and<br />
adolescents: recommendations from CDC, the National Institutes of Health, and the<br />
HIV Medicine Association / IDSA. Clin Infect Dis 2005; 40: S131-235.<br />
6. Hammer SM, Eron JJ, Reiss P et al.: Antiretroviral treatment of adult HIV infection.<br />
2008 recommendations of the International Aids Society-USA Panel. JAMA<br />
2008;300:555-570.<br />
7. May M, Sterne JA, Sabin C, et al. Prognosis of HIV-infected patients up to 5 years<br />
after initiation of HAART: collaborative analysis of prospective studies. AIDS 2007;<br />
21:1185-97.<br />
8. Battegay M, Hirschel B: HIV-Infektion und AIDS. In: Thiemes Innere Medizin; S.<br />
1888-1913. Thieme, Stuttgart, 1999.<br />
9. Fellay J, Boubaker K, Ledergerber B, Bernasconi E, Furrer H, Battegay M, Hirschel<br />
B, Vernazza P, Francioli P, Greub G, Flepp M, Telenti A; Swiss HIV Cohort Study.<br />
Prevalence of adverse events associated with potent antiretroviral treatment: Swiss<br />
HIV Cohort Study. Lancet 2001;15;358:2088<br />
10. www.hiv.ch<br />
11. www.hiv-druginteractions.org/<br />
Juni <strong>2012</strong> 20
HIV in der Geburtshilfe<br />
1. Generelle Empfehlung des HIV-Tests für ALLE Schwangeren:<br />
Baseline-HIV-Test bei Schwangerschafts-Erstuntersuchung<br />
Wiederholung im 3. Trimenon bei Risikofaktoren<br />
Von der Krankenkasse werden 2 HIV Tests in der Schwangerschaft übernommen.<br />
2. Betreuung von HIV positiven Schwangeren:<br />
Kooperation zwischen Infektiologen, Geburtshelfern und Pädiatern/Neonatologen.<br />
2.1. Ansprechpersonen:<br />
Pädiatrie: Prof. Ch. Rudin,<br />
<strong>Infektiologie</strong>: Dr. M. Stöckle, Dr. L. Elzi, Prof. M. Battegay<br />
Geburtshilfe: PD Dr. O. Lapaire, Prof. I. Hösli<br />
2.2. Ziel:<br />
Komplette Suppression der Viruslast (HIV-PCR:
3. Mögliche Therapie-Situationen (nach Absprache mit Infektiologe / Pädiater /<br />
Geburtshelfer):<br />
3.1. Patientin wird unter antiretroviraler Therapie schwanger:<br />
• Fortführen der antiretroviralen Therapie auch im 1.Trimenon.<br />
• Modifikation je nach Kombination siehe Tabelle 1 (Anhang)<br />
3.2. Patientinnen in Frühschwangerschaft bisher ohne Therapie:<br />
a) Qualifiziert für Therapiebeginn (CD4 350,
) Falls beide Partner HIV-positiv:<br />
Via naturalis d.h. ungeschützter GV (cave: bei nicht supprimierter Viruslast besteht ein<br />
theoretisches Risiko einer Superinfektion.<br />
Memento: 1-2 Monate präkonzeptionell Folsäure-Substition beginnen.<br />
Bactrim® als PcP-/Toxoplasmose-Prophylaxe darf in der Schwangerschaft unter<br />
Folsäuresubstitution gegeben werden.<br />
4. Geburt:<br />
4.1. Geburtsmodus:<br />
• Eine vaginale Geburt ist die Regel, Bedingungen:<br />
- bei einer Vaginalgeburt Fruchtblase möglichst lange erhalten<br />
- Verzicht auf interne Ableitungen oder Mikroblutuntersuchungen<br />
- Zange oder Vakuum nur mit äusserster Zurückhaltung anwenden<br />
- mehrmals nicht messbare Viruslast inkl. bei der Messung in der 36. SSW. Blips sind<br />
keine Kontraindikation für eine vaginale Geburt.<br />
- keine protrahierte Geburt abzusehen<br />
- keine geburtshilflichen Gründe, die dagegen sprechen<br />
• Entbindung mittels elektivem Kaiserschnitt<br />
- Viruslast anlässlich Blutentnahme in der 36. SSW unbekannt oder >20 HIV-RNA-<br />
Kopien/ml Blut<br />
- Frauen mit einer aktiven Hepatitis C<br />
- Kaiserschnitt wenn möglich ab der 38. SSW planen<br />
4.2. Antiretrovirale Therapie unter Geburt:<br />
• Zidovudin muss nicht Bestandteil einer antiretroviralen Therapie während der<br />
Schwangerschaft sein (Ausnahme: Infektion im 3. Trimenon entdeckt).<br />
• keine zusätzliche antiretrovirale Therapie unter der Geburt falls Virusreplikation
Postexpositionsprophylaxe (beachte: als Monotherapie nur Zidovudin gemäss<br />
PACTG-076 - übrige Substanzen nur in Kombination mit Zidovudin oder als Teil einer<br />
Dreierkombination)<br />
• Zidovudin (Suspension 10 mg/ml) 2 mg/kg KG alle 6 Stunden (während 4 Wochen p.p.)<br />
p.o. (bei i.v.-Gabe 1,5 mg/kg KG alle 6 Stunden) (Frühgeborene
8. Literatur<br />
1. British HIV Association Guidelines for the management of the sexual and<br />
reproductive health of people living with HIV infection 2008.<br />
2. DHHS Guidelines 2011. Recommendations for Use of Antiretroviral Drugs in<br />
Pregnant HIV-1-Infected Women for Maternal Health and Interventions to Reduce<br />
Perinatal HIV Transmission in the United States.<br />
3. EACS Guidelines 10/2011<br />
4. Empfehlungen zur Prävention der Mutter-Kind-Übertagung von Hepatitis B. Schweiz<br />
Med Forum 2007;20077:35-741.<br />
5. Fachkommission Klinik und Therapie HIV/AIDS des BAG. HIV, Schwangerschaft und<br />
Geburt: Ein update der Empfehlung zur Prävention der vertikalen HIV-Transmission.<br />
BAG Bulletin 5, 26 Januar 2009, S. 69-75.<br />
6. Lapaire O et al. Increased peri- and post-elective cesarean section morbidity in<br />
women infected with human immunodeficiency virus-1: a case-controlled multicenter<br />
study.<br />
7. Vernazza et al. ‚HIV-infizierte Menschen ohne andere STD sind unter wirksamer<br />
antiretroviraler Therapie sexuell nicht infektiös’. Schweizerische Ärztezeitung.<br />
2008;89:5<br />
Juni <strong>2012</strong> 25
Tabelle 1 (aus BAG Bulletin 5, 26.1.2009)<br />
Juni <strong>2012</strong> 26
Postexpositionsprophylaxe (PEP)<br />
Generell: Nach Exposition intakter, gesunder Haut gegenüber Blut oder anderen<br />
Körperflüssigkeiten wie z.B. Urin, Stuhl, Erbrochenem, Tränen, Schweiss, Speichel oder Sputum<br />
besteht keinerlei Indikation eine PEP durchzuführen.<br />
1. Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten von Personal<br />
im Gesundheitswesen<br />
1.1. Massnahmen, Risikostratifizierung und PEP-Indikation<br />
- Verletzungsgegenstand entfernen. Verletzte Stelle oder exponierte Haut muss sofort<br />
mit Wasser und Seife gewaschen werden, anschliessend Desinfektion (Octenisept,<br />
Jodlösung). Wunde ohne erhöhten Druck zum Bluten bringen. Offene Schleimhäute,<br />
Augen während 5 min. unter laufendem Wasser spülen.<br />
- Falls Indexpatient bekannt: Notfallmässiges Durchführen von HIV-Test (Ak und<br />
p24Ag), HbsAg (nicht nötig, falls exponierte Person geimpft und dokumentierte<br />
Immunantwort) und HCV-Ak. Bei nichtansprechbarem Patienten darf HIV-Test<br />
gemacht werden.<br />
- Falls Indexpatient unbekannt: Direkt zum nächsten Schritt:<br />
- Gleichzeitig bei exponierter Person HIV-Test, HBs-Ak (falls Titer nach Impfung<br />
nicht bekannt), HCV-Ak als Ausgangswert. Zusätzlich Blutbild, Kreatinin und<br />
Transaminasen.<br />
- Innerhalb 1-2h liegen bei uns im Hause die Testresultate vor. Daraus ergibt sich<br />
hinsichtlich HIV in untenstehender Tabelle aufgeführtes Procedere:<br />
Wichtig: Bei Verzögerung oder unklarer Situation soll eine erste Dosis PEP<br />
abgegeben werden (Medikamentenkombination liegt als single-dose-set auf der<br />
Notfallstation vor).<br />
Merke: Im Zweifelsfall: PEP<br />
Massnahmen Indexpatient bekannt Indexpatient unbekannt<br />
Test HIV-Test negativ HIV-Test positiv oder<br />
HIV-Positivität bekannt<br />
PEP<br />
Keine PEP<br />
Cave: Falls Indexpat.<br />
Risikosituation innerhalb<br />
vergangenen 3 Mt. hatte<br />
od. Hinweis auf<br />
Primoinfekt: Sofort PEP<br />
und bestimme HIV-PCR<br />
des Indexpat. Falls HIV-<br />
PCR negativ: Abbruch<br />
der PEP.<br />
Sofort PEP<br />
Ist Indexpat. bekanntermassen HIVpositiv.:<br />
Viruslast und<br />
aktuelle/vorgängige antiretrovirale<br />
Therapie in Erfahrung bringen<br />
(Resistenzen gegenüber begonnener<br />
PEP möglich?). Falls kein aktueller VL<br />
vorliegt dieser nachfordern.<br />
Rücksprache mit HIV-Spezialisten.<br />
Indikation zur PEP kann im Prinzip<br />
nicht gestellt werden (ausser auf<br />
Station liegt bekannter HIVpositiver<br />
Pat.). Im Zweifelsfalle der<br />
Indexperson PEP anbieten/<br />
Situation diskutieren.<br />
Nachkontrolle<br />
Wichtig<br />
Falls PEP: HIV-Test nach 4 und 6 Mt. nach Exposition<br />
Falls keine PEP: HIV-Test nach 3 Mt. (falls HIV-Test bei Indexpatient ohne Risikoanamnese negativ,<br />
kann auch auf 3-Mt-Kontroll-HIV-Test verzichtet werden, BAG-Bulletin 31 30.07.07; p.545, Tab.1)<br />
Falls als Risikosituation beurteilt: Unbedingt safer sex (Kondome) empfehlen<br />
Juni <strong>2012</strong> 27
1.2. PEP<br />
- Grundsätzlich: PEP muss möglichst rasch nach Exposition erfolgen (,jede Stunde<br />
zählt’, optimal innerhalb 2h!), kann aber bis 72h nach Risikoexposition angeboten<br />
werden. PEP-Dauer: 4 Wochen.<br />
Truvada (=Tenofovir + Emtricitabin) Tbl. 1-0-0 plus<br />
Kaletra (Lopinavir/Ritonavir) Tbl. 2-0-2.<br />
Alternative Kombinationen sind möglich (Rücksprache mit HIV-Spezialisten).<br />
- Für Schwangere: Combivr (AZT + 3TC) Tbl. 1-0-1 plus Kaletra Tbl. 2-0-2<br />
- Beachte Medikamenten-Interaktionen (cave: zu tiefe Spiegel von Kaletra wegen<br />
Interaktionen).<br />
- Kontrolle von Verträglichkeit 2-3 Tage nach Start (Personalarzt, MUP, Hausarzt).<br />
Blutbild und Chemogramm 2 und 4 Wochen nach Start.<br />
Juni <strong>2012</strong> 28
1.3. Vorgehen bei potentieller Hepatitis B Exposition<br />
Exponierte Person<br />
Prozedere<br />
In Abhängigkeit vom Indexpatienten (IP)<br />
Impfstatus<br />
Anti-HBs-Titer(nach Impfung)<br />
Aktuelle Serologie IP HBs-Ag positiv IP HBs-Ag negativ oder<br />
unklar<br />
Geimpft (3 ≥ Dosen)<br />
>100 IE/I = Responder - -<br />
10-100 = Hyporesponder 1 Dosis Aktivimpfung 1 Dosis Aktivimpfung<br />
1.4. Vorgehen bei potentieller Hepatitis C Exposition<br />
- Mangels etablierter Postexpositionsprophylaxe besteht das Vorgehen aus einer<br />
klinischen und serologischen Nachkontrolle, um ggf. eine frühe Tharapie einleiten zu<br />
können (nach 12 Wo).<br />
- Falls Indexpatient HCV-negativ und keine Risikosituation innerhalb vergangenen 6<br />
Mt.: Keine Nachkontrollen.<br />
- Falls Indexpatient HCV-positiv oder Risikosituation bei noch HCV-negativ<br />
getestetem Indexpatient oder Indexpatient unbekannt: ALAT und HCV-Ak nach 3<br />
und 6 Mt. HCV-PCR, falls ALAT erhöht. Therapie erwägen, falls HCV-PCR positiv.<br />
- Nach HCV-Exposition Stillen erlaubt.<br />
2. Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten von Personen<br />
ausserhalb des Gesundheitswesens<br />
2.1. HIV-PEP<br />
Generell: Gilt zu Art, Dauer, Monitoring dasselbe wie unter 1 erwähnt.<br />
Indikation:<br />
- Indexperson ist HIV-positiv: unbehandelt oder unter unvollständig wirksamer ART<br />
und HIV-Exposition ereignete sich unter einer der folgenden Umstände:<br />
a) Ungeschützter vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr (GV)<br />
b) ungeschützter oraler GV mit Ejakulation (Fellatio)<br />
c) Verwendung von gebrauchtem Injektionsmaterial<br />
- Status der Indexperson nicht eruierbar: aber Indexperson gehört einer Region oder<br />
Gruppe mit hoher HIV-Prävalenz an (z.B.: HIV-Endemieländer, homosexuelle Männer,<br />
i.v. Drogenabhängige, Prostitution) und es fand ein Hochrisikokontakt statt (siehe a-c).<br />
- Vergewaltigung: PEP wird unverzüglich eingeleitet bis der Täter untersucht werden<br />
kann.<br />
In der Regel keine Indikation:<br />
- HIV-Serostatus der Indexperson unbekannt (Ausnahme: Hochrisikokontakt bei<br />
Risikopopulation).<br />
- Risikokontakt (sexuell/gebrauchtes Injektionsmaterial) mit HIV-infizierter Indexperson,<br />
aber unter einer stabilen und virologisch wirksamen ART d.h. vollständig supprimierte<br />
Virämiewerte
3. Wichtig:<br />
- Sofortiger Beginn einer aktiven Immunisierung gegen Hepatitis B bei allen nicht<br />
geimpften Exponierten (siehe auch 1.3).<br />
- Abklärung bezüglich anderen sexuell übertragbarer Krankheiten (Syphilis, Gonorrhoe,<br />
Chlamydia trachomatis)<br />
- Stichverletzung durch Nadel an öffentlichen Orten: Booster Tetanus-Impfung, wenn<br />
letzte Impfung > 5 Jahre her.<br />
4. Literatur:<br />
1. Exposition gegenüber HIV, Hepatitis B und C in Praxis und Spital. Vorbeugung und<br />
Post-Expositionsprophylaxe. Gruber V. et al. Schweiz Med Forum 2008;8(36):650-655<br />
2. Vorgehen nach Exposition gegenüber Blut oder anderen biologischen Flüssigkeiten<br />
von Personal im Gesundheitswesen – aktualiserte Empfehlungen 2007. BAG-Bulletin<br />
31; 30. Juli 2007: 543-552.<br />
3. Empfehlung zur HIV-Postexpositionsprophylaxe ausserhalb des Medizinalbereichs –<br />
Update 2006. BAG-Bulletin 36; 4. September 2006: 712-715.<br />
Juni <strong>2012</strong> 31
Allgemeine <strong>Infektiologie</strong><br />
Sepsis und empirische Infekttherapie<br />
1. Definitionen<br />
1.1. Bakteriämie: Nachweis von Bakterien in der Blutkultur<br />
Transient: Dauer wenige Minuten; z.B. während Endoskopien, Zahnextraktionen und<br />
Manipulationen von infektiösen Herden<br />
Kontinuierlich: Dauer Stunden, Tage oder noch länger; 100% positive Blutkulturen; ist ein<br />
klarer Hinweis auf einen intravaskulären Herd (Endokarditis, septische Thrombose,<br />
infiziertes Aneurysma, infizierte Gefässprothese).<br />
Intermittierend: positive Blutkulturen nur zu Beginn der klinischen Symptome (evtl.<br />
Patient noch afebril); v.a. bei extravaskulären Infektionsherden wie z.B. einer<br />
Cholangitis oder einer Pyelonephritis.<br />
1.2. SIRS (systemic inflammatory response syndrome):<br />
Mindestens zwei der folgenden Entzündungszeichen:<br />
Temperatur >38°C (tympanal) oder 20/min, PaCO2<br />
< 4.25kPa/32mmHg, Tachykardie >90/min und Leukozyten >12x10 9 /L oder 10% stabkernige Neutrophile.<br />
1.3. Sepsis: SIRS mit dokumentiertem Infektfokus (klinisch oder mikrobiologisch)<br />
1.4. Schwere Sepsis (in-hospital-mortality ca. 30%):<br />
Sepsis mit Hypotension (BD syst. < 90mmHg oder Abfall 40mmHg) oder Zeichen einer<br />
Organdysfunktion: Oligurie < 0.5 ml Urin/kg KG in 1h bei liegendem Blasenkatheter oder<br />
Nierenersatzverfahren oder Kreatininanstieg > 0.5mg/dl, marmorierte Haut, kapilläre<br />
Reperfusion > 3s, arterielle Hypoxämie (PaO2/FiO2 1.5 oder aPTT > 60s),<br />
Thrombopenie (< 100'000/ml), kardiale Dysfunktion (Echokardiographie) Laktat ><br />
1mmol/L, neue Bewusstseinsstörung u/o abnormes EEG, Hyperbilirubinämie (><br />
70mmol/L).<br />
1.5. Septischer Schock (in-hospital-mortality ca. 50%):<br />
Schwere Sepsis mit Zeichen der Organminderperfusion und Hypotension (BD syst.<br />
< 90mmHg oder Abfall 40mmHg) trotz adäquater Rehydrierung (40-60ml/KG NaCl oder<br />
20-30ml/KG kolloidale Flüssigkeiten)<br />
oder: Vasoaktiva für Hypotonie und Zeichen der Organminderperfusion<br />
1.6. Multiorganversagen (MOF)<br />
Verminderte Organfunktion bei einem akut erkrankten Patienten, so dass die<br />
Homöostase nicht ohne Intervention erhalten werden kann (primär oder sekundär).<br />
2. Diagnostik/Fokusabklärung<br />
Da eine Sepsis empirisch möglichst gezielt behandelt werden soll, und da ein nicht<br />
sanierter Fokus die Prognose erheblich verschlechtern kann, ist die Suche des<br />
Primärherdes sehr wichtig.<br />
2.1. Anamnese/Status:<br />
Ausführliche Anamnese und vollständiger klinischer Status<br />
Juni <strong>2012</strong> 32
2.2. Infekt-Labor:<br />
- Blutkulturen, Urin-, Sputum-, ggf. Wundkulturen, Kulturen von Pleurapunktat, Ascites,<br />
Liquor, Gelenkspunktat.<br />
- Hautläsionen biopsieren (Gram, Kultur)<br />
- differenziertes Blutbild, CRP, Leber- und Nierenfunktion (Antibiotikadosierung)<br />
- evtl. Serologien gemäss klinischer Verdachtsdiagnose<br />
3. Therapie<br />
3.1. Allgemeines<br />
- optimale supportive Therapiemassnahmen<br />
- rascher Beginn einer empirischen Antibiotikatherapie<br />
- chirurgische Fokussanierung<br />
3.2. Antibiotika<br />
Bei Sepsis (SIRS-Kriterien s. Kapitel „Fieber“) sollte die antibiotische Therapie möglichst<br />
rasch empirisch eingeleitet und später gezielt angepasst werden. Die Prognose der<br />
Sepsis/septischen Schocks ist abhängig vom Zeitpunkt des Starts einer adäquaten<br />
Therapie.<br />
3.2.1. Checkliste vor Antibiotikatherapie<br />
Vor jeder Antibiotikatherapie sollten die folgenden Fragen gestellt werden:<br />
- Antibiotikum auf Grund der Klinik (Hinweis für bakteriellen Infekt) indiziert?<br />
- Mikrobiologische Diagnostik erfolgt?<br />
- Ist eine sofortige empirische Therapie notwendig, oder können die mikrobiologischen<br />
Resultate abgewartet werden?<br />
- Bestes Antibiotikum für empirische Therapie? (mögliche Erreger, Spektrum,<br />
Pharmakokinetik, Toxizität, Preis)<br />
- Synergistische Kombination nötig (z.B. Endokarditis)?<br />
- Zusatzprobleme (Immunsuppression)?<br />
- Verabreichung: Arzneimittelallergien, Applikationsart (i.v., p.o.), Dosis,<br />
Niereninsuffizienz, Dauer?<br />
- Fokussanierung notwendig?<br />
3.2.2. Richtlinien zur empirischen Infekttherapie<br />
Die untenstehenden Empfehlungen gelten primär für Patienten ohne vorbestehende<br />
antibiotische Therapie und ohne Niereninsuffizienz. Sollte bereits eine antibiotische<br />
Therapie bestehen, oder diese kurz zuvor abgeschlossen worden sein, muss dies bei der<br />
Wahl der Antibiotika berücksichtigt werden. Ebenso müssen bekannte Kolonisierungen<br />
mit multiresistenten Keimen (z.B. ESBL) beachtet werden.<br />
Die nachfolgend genannten Alternativtherapien für Patienten mit nicht-IgE vermittelter<br />
Penicillinallergie sind nicht anzuwenden bei Patienten mit Typ 1-Penicillinallergie<br />
(Anamnese von anaphylaktischer Reaktion, Bronchospasmus, Gesichts-/Hals-<br />
/Larynxödem). Bei Typ1-Penicillinallergie sollte die Antibiotikatherapie individualisiert<br />
und ggf. mit dem DA <strong>Infektiologie</strong> besprochen werden.<br />
Die nachfolgende Tabelle ist als kurze Übersicht zur empirischen Antibiotikatherapie<br />
gedacht, detaillierte Informationen finden sich in den entsprechenden <strong>Weissbuch</strong>kapiteln.<br />
Juni <strong>2012</strong> 33
Organsystem/Klinik Empirische Therapie Alternative<br />
(Penicillinunverträglichkeit, nicht Typ<br />
1-Allergie)<br />
Abdominale Infekte<br />
- ambulant erworben,<br />
hämodynamisch stabil<br />
- proximal bis Jejunum<br />
Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v<br />
oder Ceftriaxon 1x2g i.v.+ Metronidazol<br />
3x500mg i.v.<br />
Ceftriaxon 1x2gi.v. + Metronidazol<br />
3x500mg i.v/p.o.<br />
- distal (Ileum, Colon)<br />
Ceftriaxon 1x2g i.v.+ Metronidazol 3x500mg<br />
i.v.<br />
Ceftriaxon 1x2gi.v. + Metronidazol<br />
3x500mg i.v./p.o.<br />
- nosokomial oder<br />
hämoynamisch instabil<br />
Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v<br />
Meronem 3x1g i.v.<br />
Arthritis, septisch Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v Cefazolin 3x2g i.v.<br />
Encephalitis<br />
Zovirax 3x10mg/kg i.v. (bei Verdacht auf<br />
Herpesencephalitis)<br />
Endokarditis<br />
- Nativklappe<br />
- Prothesenklappe<br />
- < 1 Jahr postoperativ<br />
Amoxicillin/Clavulansäure 4x2.2g i.v.+<br />
Gentamicin 1x3mg/kg i.v.<br />
Vancomycin 2x15mg/kg i.v.+ Gentamicin<br />
2x1.5mg/kg i.v.+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />
Cefazolin 3x2g i.v.+ Gentamicin 1<br />
1x3mg/kg i.v.<br />
Vancomycin 2x1g i.v.+ Gentamicin<br />
1x3mg/kg i.v.+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />
- > 1 Jahr postoperativ wie Nativklappe + Rifampicin 2x600mg i.v. wie Nativklappe + Rifampicin 2x600mg<br />
i.v.<br />
Erysipel/Weichteilinfekt Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v. Cefazolin 3x2g i.v., evtl. Clindamycin<br />
3x600mg po bei wenig ausgeprägtem<br />
Fieber in Neutropenie ohne<br />
Fokus (< 500 Neutrophile)<br />
Hirnabszess<br />
- ohne Operation/Trauma<br />
- nach Trauma<br />
- nach Operation<br />
Meningitis, bakteriell<br />
- bei Auslandanamnese<br />
Nekrotisierende Faszitis<br />
Pneumonie:<br />
- Aspiration und CAP<br />
(schwere CAP)<br />
Cefepim 3 x 2g i.v. + Amikacin 1x15mg/kg<br />
(max. 1g/d)<br />
Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v +<br />
Amikacin 1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />
Ceftriaxon 2x2g i.v.+ Metronidazol<br />
4x7.5mg/kg i.v. (max. 4g/d)<br />
Ceftriaxon 2x2g i.v.+ Rifampicin 2x600mg<br />
i.v.<br />
Meropenem 3x2g i.v.<br />
Ceftriaxon 2x2g i.v.<br />
± Amoxicillin 6x2g i.v.<br />
evtl. + Vancomycin 2x1g i.v.<br />
Imipenem 4x500mg i.v. + Clindamycin<br />
3x900mg i.v.<br />
Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v +<br />
Clindamycin 3x900mg i.v.<br />
Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2-2.2g i.v<br />
(+ Clarithromycin 2x500mg)<br />
Befund<br />
Cefepim 3 x 2g i.v. + Amikacin<br />
1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />
Meropenem 3x2g i.v.<br />
Meropenem 3x2g i.v.<br />
Meropenem 3x2g i.v.<br />
Vancomycin 2x1g i.v. und Rücksprache<br />
mit DA <strong>Infektiologie</strong><br />
Imipenem 4x500mg i.v. + Clindamycin<br />
3x900mg i.v.<br />
Ceftriaxon 1x2g für CAP<br />
Ceftriaxon 1x2g i.v. + Metronidazol<br />
3x500mg i.v./p.o. (bei Aspiration)<br />
- hospital acquired < 6 d<br />
- hospital acquired > 6 d<br />
und VAP<br />
Sepsis ohne Fokus<br />
- ambulant erworben<br />
Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2-2.2g i.v.<br />
Piperacillin/Tazobactam 3x4.5.g i.v.<br />
Amoxicillin/Clavulansäure 3x2.2g i.v.<br />
± Amikacin 1x15mg/kg (max. 1g/d)<br />
Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />
Cefepim 2x2g i.v.<br />
Cefepim 2x2g i.v.<br />
- nosokomial erworben Piperacillin/Tazobactam 3x4.5g i.v<br />
Cefepim 3x2g i.v.<br />
Urosepsis Ceftriaxon 1x2g i.v. Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />
Juni <strong>2012</strong> 34
4. Literatur<br />
1. American College of Chest Physicians/Society of Critical Care Medicine Consensus<br />
Conference Committee: Definitions for sepsis and organ failure and guidelines for<br />
the use of innovative therapies in sepsis. Crit Care Med 20:864-874, 1992<br />
2. Annane D, Bellisant E and Cavaillon JM: Septic shock. Lancet 365:63-78, 2005<br />
3. Bochud PY, Glauser MP and Calandra T: Antibiotics in sepsis. Int Care Med 27:S33-<br />
S48, 2001<br />
4. Rivers E, Nguyen B, Havstad S et al: Early goal-directed therapy in the treatment of<br />
severe sepsis and septic shock. N Engl J Med 345:1368-1377, 2001<br />
5. Dellinger RP, Vincent JL: Surviving Sepsis Campaign: International guidelines for<br />
management of severe sepsis and septic shock: 2008. Intensive Care Med 34:17–<br />
60, 2008<br />
Juni <strong>2012</strong> 35
Diagnose und Therapie der infektiösen Endokarditis (IE)<br />
1. Keimidentifikation<br />
Mindestens 3 x 2 Blutkulturen (BK) entnehmen aus peripherer Vene<br />
Akute Endokarditis:<br />
Entnahme der BK über ca. 30 Minuten verteilt (rasche<br />
empirische Therapie indiziert)<br />
Subakute Endokarditis:<br />
Entnahme der BK nach 0, 2 und 4 Stunden; falls<br />
klinisch vertretbar nach 12 Stunden<br />
Vorgängige Antibiotikatherapie: Antibiotika Stopp falls klinisch vertretbar, dann<br />
Entnahme von 5-10 BK über mehrere Tage verteilt<br />
Wichtig:<br />
Vermerk „Endokarditisverdacht“ auf Formular für Mikrobiologielabor (längere<br />
Bebrütungszeit, spezielle Subkulturen)<br />
Bei Streptokokken Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) für Penicillin<br />
G, bei Enterokokken Ausschluss einer high level-Resistenz gegen Gentamicin und<br />
Streptomycin.<br />
Mögliche Diagnostik bei Kultur-negativer IE:<br />
Serologien: Coxiella burnetii (Phase I IgG), Bartonella spp., Brucella spp.,<br />
Chlamydophila spp. und Mycoplasma spp.<br />
Isolatorblutkulturen: für spezifische, nicht auf üblichen Nährmedien wachsende Keime<br />
(speziell verlangen)<br />
2. Diagnose der IE mittels modifizierter Duke-Kriterien<br />
Major Kriterien<br />
1. Positive Blutkulturen:<br />
2 sep. BK, beide positiv für typischen<br />
IE-assoziierten Keim* oder<br />
persistierend pos BK: 2 mehr als 12h<br />
auseinander, oder 3 hintereinander,<br />
oder die Mehrheit von mind. 4 BK<br />
abgenommen über 1h<br />
2. Evidenz für endokardiale Beteiligung:<br />
- ECHO: Vegetationen auf Klappenapparat<br />
oder implantiertem<br />
Material, perivalvulärer Abszess,<br />
neue Dehiszenz Kunstklappe<br />
- neues Insuffizienz-Geräusch<br />
3. Positive Q-Fieber Serologie<br />
(antiphase I IgG > 1:800) oder<br />
einzelne BK pos. für Coxiella burnetii<br />
Minor Kriterien<br />
1. Prädisposition: Kunstklappe, Valvulopathie,<br />
IVDU<br />
2. Fieber > 38°C<br />
3. vaskuläre Phänomene: art. Embolien,<br />
mykot. Aneurysma, Janeway, intrakranielle<br />
od. Bindehaut Hämorrhagien<br />
4. Immunologische Phänomene:<br />
Glomerulonephritis, Osler-Knötchen,<br />
Petechien, pos. Rheumafaktor, Roth spot<br />
5. einzelne BK pos. mit typischem Keim o.<br />
serol. Evidenz für aktive Infektion mit<br />
kompatiblem Keim<br />
* Viridans-Streptokokken, S. aureus, S. gallolyticus/S. infantarius (früher S. bovis), HACEK-<br />
Gruppe oder Enterokokken (Enterokokken falls kein primärer Fokus und ambulant erworben)<br />
Definitive IE: 2 Major, oder 1 Major und 3 Minor, oder 5 Minorkriterien<br />
Mögliche IE: 1 Major und 1 Minor, oder 3 Minorkriterien<br />
Juni <strong>2012</strong> 36
2.1. Echokardiographie<br />
• Indikation nur bei positiven Blutkulturen oder nach infektiologischem Konsil<br />
• Transthorakale oder transösophageale Echokardiographie:<br />
Quelle: Eur Heart J 2009;30:2379<br />
3. Antibiotikatherapie der IE<br />
<br />
<br />
Antibiotika-Dosierungsangaben gelten für normale Kreatinin-Clearance → für<br />
Dosisanpassung bei reduzierter Kreatinin-Clearance siehe Kapitel „Anpassung der<br />
Dosis bei Niereninsuffizienz“.<br />
Penicillinallergie:<br />
- Soforttyp (Coombs-Typ I): Urticaria, Angioödem, Bronchospasmus, Anaphylaxie<br />
- Spättyp (Coombs-Typ II-IV): Zytopenie, Serumkrankheit, Exanthem, interstitielle<br />
Nephritis, Hepatitis<br />
3.1. Empirische Antibiotikatherapie der IE<br />
Situation Häufigste Erreger Empirische Therapie Evidenz<br />
Nativklappen (NVE)<br />
S. aureus, Viridans-<br />
Streptokokken 1<br />
Penicillinallergie<br />
a) Spättyp<br />
b) Soforttyp<br />
Kunstklappen (PVE)<br />
< 1 Jahr postoperativ Koagulase-negative<br />
Staphylokokken, S.<br />
aureus<br />
> 1 Jahr postoperativ S. aureus, koagulaseneg.<br />
Staphylokokken,<br />
Viridans-Streptokokken,<br />
Enterokokken<br />
1<br />
2<br />
3<br />
S. aureus 31%, Streptokokken 29%, Enterokokken 11% (JAMA 2005)<br />
Enterokokken und HACEK nicht abgedeckt<br />
Rationale: je früher Rifampicin-Gabe, desto weniger Biofilm-Bildung<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
4x2.2g i.v. + Gentamicin<br />
1x3mg/kg<br />
a) Cefazolin 2 3x2g i.v. +<br />
Gentamicin 1x3mg/kg<br />
b) Vancomycin 2x15mg/kg i.v.<br />
+ Gentamicin 1x3mg/kg<br />
Juni <strong>2012</strong> 37<br />
IIb C<br />
IIb C<br />
IIb C<br />
Vancomycin 2x15mg/kg i.v. + IIb C<br />
Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.<br />
+ Rifampicin 2x600mg i.v.<br />
wie für NVE<br />
Rifampicin 2x600mg i.v. 3<br />
+
3.2. Gezielte Therapie der IE<br />
3.2.1. Therapie der NVE und PVE mit Viridans-Streptokokken und S. gallolyticus/<br />
S. infantarius, Penicillin-sensibel (MHK < 0.125 µg/ml a )<br />
2<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Penicillin G<br />
oder<br />
Ceftriaxon<br />
Penicillin G<br />
oder<br />
Ceftriaxon<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
4x5 Mio E i.v.<br />
1x2g i.v.<br />
4x5 Mio E i.v.<br />
1x2g i.v.<br />
1x3mg/kg i.v.<br />
4-6 Wochen<br />
2 Wochen<br />
2 Wochen<br />
IB<br />
IB<br />
IB<br />
4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
Nicht bei PVE,<br />
Niereninsuffizienz,<br />
perivalvulärem<br />
Abszess, septischen<br />
Embolien, S. milleri-<br />
Gruppe b<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp 2<br />
Vancomycin 1 2x1g i.v. 4-6 Wochen IC 4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
1<br />
Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />
Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />
in Analogie zu publizierten Guidelines, nicht kongruent mit EUCAST (MHK < 0.25 µg/ml = S<br />
S.anginosus, S. constellatus, S. intermedius<br />
a<br />
b<br />
3.2.2. Therapie der NVE und PVE mit Viridans-Streptokokken und S. gallolyticus/<br />
S. infantarius, relative Penicillinresistenz (MHK 0.125 - 2 µg/ml) und mit nutritionally<br />
variant streptococci (Abiotrophia spp., Granulicatella spp.)<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Penicillin G 4x5 Mio E i.v.<br />
oder<br />
Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />
+<br />
Gentamicin 1 1x3mg/kg i.v.<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp 2<br />
Vancomycin 1<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
2x1g i.v.<br />
1x3mg/kg i.v.<br />
4-6 Wochen<br />
2 Wochen<br />
4-6 Wochen<br />
2 Wochen<br />
IB<br />
IC<br />
4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
1<br />
2<br />
Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />
Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />
Juni <strong>2012</strong> 38
3.2.3. Therapie der NVE und PVE mit S. pneumoniae und mit β-hämolysierenden<br />
Streptokokken (S. pyogenes und Streptokokken der Gruppen B, C und G)<br />
Penicillin G 4x5 Mio E i.v. oder Ceftriaxon 1x2g i.v. für 4 Wochen (NVE) bzw. 6<br />
Wochen (PVE)<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp: Vancomycin 2x1g für 4 Wochen (NVE) bzw. 6<br />
Wochen (PVE); Penicillinallergie vom Spättyp: Ceftriaxon<br />
Streptokokken der Gruppe B: können eine relative Penicillinresistenz aufweisen →<br />
wenn Penicillin-MHK ≥ 0.125 µg/ml, zusätzlich Gentamicin 1x3mg/kg i.v. während der<br />
ersten 2 Wochen<br />
3.2.4. Therapie der NVE mit Staphylokokken<br />
1<br />
2<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Flucloxacillin<br />
+<br />
Gentamicin<br />
6x2g i.v.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
Penicillinallergie vom Spättyp<br />
Cefazolin 3x2g i.v.<br />
+<br />
Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.<br />
4 Wochen<br />
3-5 Tage<br />
4 Wochen<br />
3-5 Tage<br />
IB<br />
IB<br />
Falls sensibel,<br />
Penicillin G 4x5 Mio<br />
E i.v. anstelle von<br />
Flucloxacillin<br />
Gentamicin-Gabe<br />
fakultativ 1<br />
Gentamicin-Gabe<br />
fakultativ 1<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp oder Oxacillin-resistente Staphylokokken<br />
Vancomycin 2<br />
+<br />
Gentamicin<br />
2x1g i.v.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
4 Wochen<br />
3-5 Tage<br />
Benefit nicht erwiesen, potentiell nephrotoxisch<br />
Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Ziel 10-15 mg/L)<br />
3.2.5. Therapie der PVE mit Staphylokokken<br />
1<br />
IB<br />
Gentamicin-Gabe<br />
fakultativ 1<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Flucloxacillin<br />
+<br />
Rifampicin<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
6x2g i.v.<br />
2x600mg i.v./p.o.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
Gaben<br />
Penicillinallergie vom Spättyp<br />
Cefazolin<br />
+<br />
Rifampicin<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
3x2g i.v.<br />
2x600mg i.v./p.o.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
6 Wochen<br />
6 Wochen<br />
2 Wochen<br />
6 Wochen<br />
6 Wochen<br />
2 Wochen<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp oder Oxacillin-resistente Staphylokokken<br />
Vancomycin 1 2x1g i.v.<br />
6 Wochen IB<br />
+<br />
Rifampicin 2x600mg i.v./p.o. 6 Wochen<br />
+<br />
Gentamicin 1 2x1.5mg/kg i.v. 2 Wochen<br />
Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L)<br />
IB<br />
IB<br />
Juni <strong>2012</strong> 39
3.2.6. Rechtsherzendokarditis mit S. aureus (nicht PM-/ICD-assoziiert)<br />
i.a. bei i.v. Drogenabusus oder als Komplikation einer ZVK-Sepsis<br />
2-wöchige Therapie mit Flucloxacillin 6x2 g i.v. (oder Penicillin 4x5 Mio E i.v.<br />
falls sensibel) +/- Gentamicin 2x1.5mg/kg i.v.. (fakultativ) möglich falls:<br />
- S. aureus Oxacillin-sensibel<br />
- gutes Therapieansprechen<br />
- keine septischen Foci ausserhalb der Lunge<br />
- kein Rechtsherzversagen, keine respiratorische Insuffizienz<br />
- Vegetation < 20mm, kein perivalvulärer Abszess<br />
- keine Kunstklappe, keine zusätzliche Linksherzendokarditis<br />
- keine schwere Immunsuppression (HIV: CD4 < 200)<br />
Falls nicht alle Kriterien erfüllt: Therapie wie Linksherzendokarditis<br />
Bei septischen Lungenabszessen p.o. Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure oder<br />
Clindamycin im Anschluss an i.v. Therapie solange bis Lungenabszesse radiologisch<br />
<br />
nicht mehr nachweisbar<br />
Falls Patient nicht im Spital bleiben will: p.o. Therapie mit Ciprofloxacin 2x750mg und<br />
Rifampicin 2x450mg (2x450mg anstatt 2x600mg wegen geringerer Tablettenmenge)<br />
für 4 Wochen – CAVE: Interaktion Rifampicin mit Methadon, CAVE: Compliance!<br />
Penicillinallergie vom Spättyp: siehe 3.2.4<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp oder MRSA: Daptomycin 6mg/kg/24h für 4<br />
Wochen (nur für Rechtsherzendokarditis zugelassen) oder Ciproxin + Rifampicin<br />
(s.o.)<br />
3.2.7. Therapie der NVE und PVE mit Enterokokken, sensibel auf Pencillin und auf<br />
Gentamicin (high level)<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Amoxicillin<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
6x2g i.v.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
Penicillinallergie vom Spättyp und Soforttyp<br />
Vancomycin 1<br />
+<br />
Gentamicin 1<br />
2x1g i.v.<br />
2x1.5mg/kg i.v.<br />
4-6 Wochen<br />
4-6 Wochen<br />
6 Wochen<br />
6 Wochen<br />
IB<br />
4 Wochen: NVE<br />
mit Symptomen<br />
3 Monate, PVE<br />
1<br />
Dosisanpassung gemäss Talspiegel (Gentamicin: Ziel < 1 mg/L; Vancomycin: Ziel 10-15 mg/L).<br />
Audiogramm baseline und nach 4 Wochen<br />
3.2.8. Therapie der NVE und PVE mit Erregern der HACEK-Gruppe<br />
(Haemophilus, Aggregatibacter, Cardiobacterium, Eikenella, Kingella)<br />
AB Dosierung Dauer Evidenz Kommentar<br />
Ceftriaxon 1x2g i.v. 4-6 Wochen IB 4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
IC<br />
Penicillinallergie vom Soforttyp<br />
Ciprofloxacin<br />
2x400mg i.v.<br />
oder<br />
2x500mg p.o.<br />
4-6 Wochen IIC 4 Wochen: NVE<br />
6 Wochen: PVE<br />
Juni <strong>2012</strong> 40
4. OPAT (= outpatient antibiotic therapy) für Linksherzendokarditis<br />
(Rechtsherzendokarditis siehe 3.2.6), immer nach Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>:<br />
Behandlungsphase<br />
Kritische Phase<br />
(Woche 0-2)<br />
Kontinuitätsphase<br />
(> 2 Wochen)<br />
Grundsatz<br />
Empfehlungen<br />
Komplikationen zu erwarten<br />
Hospitalisation empfohlen<br />
OPAT: falls Viridansstreptokokken, Patient stabil, keine<br />
Komplikationen<br />
OPAT: wenn Patient stabil<br />
Kontraindikation: Herzinsuffizienz, fokal neurologische<br />
Zeichen, Niereninsuffizienz, Verschlechterung des ECHO-<br />
Befundes<br />
Nur auf MedPol, keine Heiminfusionen empfohlen<br />
Regelmässige ärztliche Kontrollen (1-2x/Wo)<br />
5. Kommentare<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Jede bakterielle Endokarditis sollte mit dem infektiologischen Konsiliardienst<br />
besprochen werden, da Fehler in der Therapie Konsequenzen auf die Morbidität und<br />
Mortalität haben<br />
Fokussuche (z.B. bei IE mit Viridans-Streptokokken OPT mit Frage nach<br />
Zahngranulom/-Abszess, bei IE mit S. gallolyticus/S. infantarius Koloskopie mit Frage<br />
nach Kolonkarzinom)<br />
Überwachungsblutkulturen: 2 Tage nach Beginn einer adäquaten Therapie; 2 und<br />
4 Wochen nach stopp der Therapie<br />
An Interaktion Rifampicin mit Marcoumar denken → engmaschige INR-Kontrolle<br />
(erhöhtes Blutungsrisiko)<br />
Bei längerer Gabe (> 1 Woche) von Gentamicin oder Vancomycin: erstmalige<br />
Messung Serum-Talspiegel nach 48 Stunden → sobald im Zielbereich, Messung<br />
1x/Woche (für Dosisanpassung siehe Kapitel Dosisanpassung bei<br />
Niereninsuffizienz).<br />
Verlaufs-Echokardiographie: sofort bei Auftreten eines neuen Symptoms (z.B.<br />
Herzinsuffizienz, neues Herzgeräusch, neuer Leitungsblock) oder bei<br />
persistierendem Fieber/CRP; bei unkompliziertem Verlauf am Ende der<br />
Antibiotikatherapie<br />
Nach durchgemachter Endokarditis: Endokarditisprophylaxe → Ausweis mitgeben<br />
effektive Tage werden gezählt ab 1. Tag mit negativer BK (Voraussetzung, mind. 1x2<br />
BK im Abstand von 24-48h entnommen, bis negativ)<br />
Rifampicin-Gabe bei frühzeitigem Klappenersatz bei S. aureus IE: Diskrepanz<br />
zwischen AHA 2005 und ESC 2009 Guidelines: grundsätzlich postoperative<br />
Therapie wie für PVE, d.h. Zugabe von Rifampicin unabhängig davon ob Kultur<br />
Klappenbiopsie positiv wird.<br />
6. Endokarditisprophylaxe gemäss Schweizerischer Herzstiftung:<br />
6.1. Herzfehler, die eine antibiotische Endokarditisprophylaxe benötigen1:<br />
1. Nach Klappenersatz (mechanische oder biologische Prothese oder Homograft)<br />
2. Nach durchgemachter Endokarditis<br />
3. Mit/nach rekonstruierten Herzklappen<br />
a. unter Verwendung von Fremdmaterial für die Dauer von 6 Monaten nach<br />
Intervention<br />
b. mit paravalvulärem Leck<br />
Juni <strong>2012</strong> 41
4. Angeborene Vitien:<br />
a. unkorrigierte zyanotische Vitien sowie mit palliativem aortopulmonalem Shunt<br />
oder Conduit<br />
b. korrigierte Vitien mit implantiertem Fremdmaterial während den ersten 6 Monaten<br />
nach Implantation<br />
c. korrigierte Vitien mit Residualdefekten an oder nahe bei prothetischen Patches<br />
oder Prothesen<br />
d. Ventrikelseptumdefekt und persistierender Ductus arteriosus<br />
5. Nach Herztransplantation mit neu aufgetretener Valvulopathie<br />
1 Weiterführende Erklärungen in Flückiger U., Jaussi A. Kardiovaskuläre Medizin 2008;11(12):392-400<br />
6.2. Prophylaxe nach Organsystem: erste orale (60 Minuten) oder parenterale Dosis<br />
(30 – 60 Minuten) vor Intervention<br />
Organsystem Prozedere, Eingriff Standard Penicillinallergie<br />
A. Zähne, Kiefer Manipulationen des<br />
gingivalen Sulcus oder der<br />
Amoxicillin 2g po oder iv<br />
(Einzeldosis)<br />
Spättyp:<br />
Cefuroxim-Axetil 1g po<br />
periapikalen Region der<br />
Zähne<br />
Cefazolin<br />
oder Ceftriaxon<br />
1g iv<br />
2g iv<br />
B. Respirationstrakt<br />
(ORL)<br />
Perforation der oralen<br />
Schleimhaut<br />
Operation bei Infektion 3<br />
Tonsillektomie oder<br />
Adenektomie<br />
Inzision der Mukosa oder<br />
Biopsieentnahme<br />
Operation bei Infektion 3<br />
Endoskopien mit/ohne<br />
Biopsie, ohne Vorliegen<br />
einer Infektion<br />
Elektive chirurgische<br />
Abdominaleingriffe 4<br />
Endoskopien mit/ohne<br />
Biopsie oder Operationen<br />
mit Vorliegen einer<br />
Infektion<br />
Soforttyp:<br />
Clindamycin 600mg<br />
po oder iv<br />
Vancomycin 1g iv<br />
Therapie wie unter C. Dosis und Dauer<br />
entsprechend Infektion<br />
Amoxicillin 2g po oder iv Spättyp:<br />
(Einzeldosis)<br />
Cefuroxim-Axetil 1g po<br />
oder<br />
Cefazolin 1g iv<br />
oder Ceftriaxon 2g iv<br />
Soforttyp:<br />
Clindamycin<br />
po oder iv oder<br />
Vancomycin<br />
Therapie wie unter C. Dosis und Dauer<br />
entsprechend Infektion<br />
Keine Prophylaxe<br />
C. Gastrointestinaltrakt<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
2.2g iv<br />
(Einzeldosis)<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
2.2g iv oder<br />
Piperacillin/Tazobactam<br />
4.5g iv<br />
600mg<br />
1g iv<br />
Spät- oder Soforttyp:<br />
Vancomycin 1g iv +<br />
Aminoglykosid (oder<br />
Ciprofloxacin)<br />
+ Metronidazol<br />
Spät- oder Soforttyp:<br />
Vancomycin 1g iv +<br />
Aminoglykosid (oder<br />
Ciprofloxacin)<br />
+ Metronidazol<br />
Juni <strong>2012</strong> 42
E. Haut und<br />
Diverses<br />
Elektive Eingriffe 5 bei<br />
sterilem Urin und<br />
gynäkologische<br />
Interventionen ohne<br />
Vorliegen einer Infektion<br />
Eingriffe bei<br />
Harnwegsinfektion 6<br />
Gynäkologische<br />
Intervention bei Vorliegen<br />
einer Infektion 6<br />
Inzision von Furunkeln<br />
oder Abszessen<br />
Keine Prophylaxe<br />
D. Urogenitaltrakt<br />
und gynäkologische<br />
Interventionen<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
2.2g iv oder<br />
Piperacillin/Tazobactam<br />
4.5g iv<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
2.2g iv oder<br />
Piperacillin/Tazobactam<br />
4.5g iv<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
2g po oder 2.2g iv<br />
Dosis und Dauer<br />
entsprechend Infektion<br />
Spät- oder Soforttyp:<br />
Vancomycin 1g iv +<br />
Aminoglykosid (oder<br />
Ciprofloxacin)<br />
Spät- oder Soforttyp:<br />
Vancomycin 1g iv +<br />
Aminoglykosid (oder<br />
Ciprofloxacin)<br />
+ Metronidazol<br />
Spättyp:<br />
Cefuroxim-Axetil 1g po<br />
oder Cefazolin 2g iv<br />
Soforttyp:<br />
Clindamycin<br />
po oder iv oder<br />
Vancomycin<br />
600mg<br />
1g iv<br />
3 Bei Drainage von Abszessen oder eines Pleuraempyems soll die antibiotische Therapie der Infektion ein Antibiotikum mit<br />
Wirksamkeit gegen die wahrscheinlichsten Erreger (Viridans-Streptokokken, S. aureus) enthalten.<br />
4 z.B. Cholezystektomie, Sigmaresektion, Appendektomie, benötigen für Prophylaxe ein Antibiotikum mit Aktivität gegen<br />
Enterokokken<br />
5<br />
z.B. Prostatachirurgie, Zystoskopie, urethrale Dilatation<br />
6 Endokarditis-Prophylaxe und anschliessende Therapie mit Antibiotikum mit Aktivität gegen Enterokokken, bei gynäkologischem<br />
Eingriff und Infektion zusätzlich Anaerobier abdecken<br />
7. Literatur<br />
1. Habib G et al.: Guidelines on the Prevention, Diagnosis and Treatment of Infective<br />
Endocarditis. European Society of Cardiology, endorsed by the European Society of<br />
Clinical Microbiology and Infectious Diseases and by the International Society of<br />
Chemotherapy for Infection and Cancer. Eur Heart J 2009;30:2369-2413<br />
2. Baddour LM et al.: Infective Endocarditis: Diagnosis, Antimicrobial Therapy and<br />
Management of Complications. Guidelines of the Infectious Diseases Society of<br />
America.<br />
Circulation 2005;111: e394-e434<br />
3. Li JS et al.: Proposed Modifications to the Duke Criteria for the Diagnosis of Infective<br />
Endocarditis. Clin Inf Dis 2000;30:633-8<br />
4. Moreillon P et al.: Infective Endocarditis. Lancet 2004;363:139-148<br />
5. Cosgrove S et al.: Initial Low-Dose Gentamicin for Staphylococcus aureus<br />
Bacteremia and Endocarditis Is Nephrotoxic. Clin Inf Dis 2009;48:713-721<br />
6. Fowler VG et al. Daptomycin versus Standard Therapy for Bacteremia and<br />
Endocarditis Caused by Staphylococcus aureus. N Engl J Med 2006;355:653-665<br />
Juni <strong>2012</strong> 43
Diagnose und Therapie bei Harnwegsinfekt (HWI)<br />
1. Definitionen: (nach IDSA Ref. 9)<br />
1.1. Urosepsis:<br />
- Harnwegsinfekt (Dysurie, Pollakisurie, Flankenschmerz, Pyurie, d.h. 40 Lc / GF)<br />
- und SIRS, d.h. 2 der folgenden Kriterien:<br />
Kerntemperatur > 38.5°C oder < 36°C<br />
Herzfrequenz > 90/min<br />
Atemfrequenz > 20/min<br />
Lc > 12'000/ul, < 4'000/ul oder > 10% Stabkernigen<br />
(CAVE: bei älteren Patienten können die typischen HWI-Symptome fehlen).<br />
1.2. Signifikante Bakteriurie bei Erwachsenen:<br />
- 10 3 uropathogene Keime / ml Mittelstrahlurin (bei passender Klinik und Pyurie)<br />
1.3. Unkomplizierte HWI:<br />
- Infektion in strukturell und neurologisch normalen Harnwegen<br />
1.4. Komplizierte HWI:<br />
- Infektion in Harnwegen mit funktionellen oder strukturellen Anomalien (inkl. Liegenden<br />
Kathetern oder Steine)<br />
- HWI bei Männern, Schwangeren, Kindern, schwerer Immunsupprimierten<br />
1.5. Asymptomatische Bakteriurie:<br />
- Frauen: 10 5 KBE/ml des gleichen Erregers isoliert aus 2 konsekutiven<br />
Mittelstrahlurin-Proben oder Isolierung von 10 2 KBE/ml eines Erregers aus einem<br />
1x Katheterurin ohne Klinik.<br />
- Männer: 10 5 KBE/ml eines Erregers isoliert aus einer Mittelstrahlurin-Probe oder<br />
Isolierung von 10 2 KBE/ml eines Erregers aus einem Katheterurin.<br />
1.6. Akute Pyelonephritis:<br />
- Klinisches Syndrom charakterisiert durch Flankenschmerzen und/oder Klopfdolenz<br />
der Nierenlogen, Fieber und oft Dysurie und Pollakisurie + signifikante Bakteriurie<br />
1.7. Zystitis:<br />
- Klinisches Syndrom charakterisiert durch Dysurie und Pollakisurie, oft mit<br />
Blasenschmerzen + signifikante Bakteriurie<br />
2. Diagnostik<br />
- Urinstatus und Urinkultur: möglichst ohne Kontamination gewonnen (BAG-Richtlinien,<br />
Kapitel II.6, S 119-121) (ggf. Einmalkatheterisierung erwägen).<br />
- Bei V.a. Urosepsis: Blutkulturen (CAVE: ältere Patienten können trotz Urosepsis<br />
afebril sein: in diesen Fällen müssen Blutkulturen trotz fehlendem Fieber entnommen<br />
werden!)<br />
- N.B.: Patienten mit Langzeit-Blasenkathetern haben immer eine Bakteriurie und meist<br />
eine Pyurie. Andere Infektionen als Ursache der Sepsis sind deshalb<br />
auszuschliessen.<br />
Juni <strong>2012</strong> 44
3. Empirische Therapie der verschiedenen Gruppen der Harnwegsinfektion (HWI)<br />
Krankheitsgruppe<br />
Akuter unkomplizierter HWI bei der<br />
Frau<br />
Rezidivierender HWI bei der Frau 1<br />
Akute Pyelonephritis bei der nicht<br />
schwangeren Frau und HWI bei<br />
Männern 2<br />
Akute Pyelonephritis in der<br />
Schwangerschaft 4<br />
Empirische Therapie<br />
(Anpassung je nach Keim und Antibiogramm)<br />
3 Tage p.o.<br />
- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />
oder<br />
- Norfloxacin 2x400mg<br />
7-10 Tage p.o.<br />
- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />
oder<br />
- Norfloxacin 2x400mg<br />
10-14 Tage (i.v. oder p.o)<br />
- Ceftriaxon 1x2g i.v. oder<br />
- Ciprofloxacin 2x500mg p.o. 3 oder<br />
- Trimethoprim/Sulfamethoxazol 2x160/800mg<br />
oder<br />
- Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2g i.v.<br />
oder 3x625mg p.o.<br />
10-14 Tage<br />
- Ceftriaxon 1x2g i.v.<br />
- Amoxicillin 4x2g i.v. ± Aminoglykosid i.v.<br />
- Amoxicillin/Clavulansäure 3x1.2g i.v.<br />
oder 3x625mg p.o.<br />
- Cefuroxim-Axetil 2x500mg p.o.<br />
HWI bei Langzeitkatheterträgern 5<br />
Asymptomatische Bakteriurie<br />
10-14 Tage<br />
- Ciprofloxacin 2x500mg p.o<br />
- Ceftriaxon 1x2 g i.v.<br />
Bei Verdacht auf Pseudomonas aeruginosa:<br />
- Cefepime 2x2g i.v.<br />
3-7 Tage Therapie nur bei Schwangerschaft vor<br />
urologischen Eingriffen und bei schweren<br />
Immunsupprimierten; Antibiotika je nach Keim<br />
Alle Dosisangaben basieren auf einer normalen Nierenfunktion.<br />
1<br />
Bei ca. 20% der Frauen nach initialer Episode;<br />
falls >3 Episoden pro Jahr: prophylaktische Behandlung entweder postkoital (1x160/800mg<br />
Trimethoprim/Sulfamethoxazol), falls HWI mit Geschlechtsverkehr verbunden oder<br />
3-Tage-Selbstbehandlung mit Standardtherapie bei Beginn der Symptome oder<br />
6-monatige Prophylaxe mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol 40/200mg (= ½ Tbl. Bactrim) oder<br />
Nitrofurantoin 100mg (Furadantin retard) oder<br />
Norfloxacin 200mg oder Trimethoprim 200mg pro Tag<br />
Cranberry juice (Johannisbeersaft) 1x300ml/tgl. bis 3x250ml oder 2x1 Kps.<br />
2<br />
Orale Therapie möglich bei gutem Allgemeinzustand. Hospitalisation und intravenöse Therapie<br />
nötig bei Erbrechen oder schlechtem Allgemeinzustand.<br />
3 Ciprofloxacin für 7 Tage (Ref. 5)<br />
4<br />
Hospitalisation empfohlen, intravenöse Therapie bis Fieberfreiheit, dann Wechsel auf orale<br />
Therapie.<br />
5<br />
Behandlung nur von symptomatischen Episoden; asymptomatische Bakteriurie: Behandlung nur<br />
nach Entfernung des Katheters empfohlen.<br />
Juni <strong>2012</strong> 45
4. Literaturverzeichnis<br />
1. Echols RM, Tosiello RL, Haverstock DC, Tice AD. Demographic, clinical, and<br />
treatment parameters influencing the outcome of acute cystitis. Clin Infect Dis<br />
1999;29:113-9<br />
2. Mombelli G, Pezzoli R, Pinoja-Lutz G, Monotti R, Marone C, Franciolli M. Oral vs<br />
intravenous ciprofloxacin in the initial empirical management of severe pyelonephritis<br />
or complicated urinary tract infections: a prospective randomized clinical trial. Arch<br />
Intern Med 1999;159:53-8<br />
3. Naber KG, Bergman B, Bishop MC et al. EAU guidelines for the management of<br />
urinary and male genital tract infections. Urinary Tract Infection (UTI) Working Group<br />
of the Health Care Office (HCO) of the European Association of Urology (EAU). Eur<br />
Urol 2001;40:576-88<br />
4. Nicolle LE, Bradley S, Colgan R et al. Infectious Diseases Society of America<br />
Guidelines for the diagnosis and treatment of asymptomatic bacteriuria in adults. Clin<br />
Infect Dis 2005;40:643-54.<br />
5. Talan DA, Stamm WE, Hooton TM et al. Comparison of ciprofloxacin (7 days) and<br />
trimethoprim-sulfamethoxazole (14 days) for acute uncomplicated pyelonephritis in<br />
Women. A randomized trial. JAMA 2000;283:1583-90<br />
6. Vazquez JC, Villar J. Treatments for symptomatic urinary tract infections during<br />
pregnancy. Cochrane 2000. Database<br />
7. Villar J, Lydon-Rochelle MT, Gulmezoglu AM, Roganti A. Duration of treatment for<br />
asymptomatic bacteriuria during pregnancy. Cochrane 2000. Database<br />
8. Warren JW. Catheter-associated urinary tract infections. Infect Dis Clin North Am<br />
1997;11:609-22<br />
9. Warren J, Abrutyn WE, Hebel JR, Johnson JR, Schaeffer AJ, Stamm WE. Guidelines<br />
for antimicrobial treatment of uncomplicated acute bacterial cystitis and acute<br />
pyelonephritis in women. Infectious Diseases Society of America (IDSA). Clin Infect<br />
Dis 1999;29:745-58<br />
10. Stothers L. A randomized trial to evaluate effectiveness and cost effectiveness of<br />
naturopathic cranberry products as prophylaxis against urinary tract infection in<br />
women. Can J Urol 2002 Jun;9(3):1558-62<br />
Juni <strong>2012</strong> 46
Ambulant erworbene Pneumonie<br />
1. Allgemeines<br />
Ausserhalb des Spitals erworbene Pneumonien werden am häufigsten durch<br />
Pneumokokken (40-50%) verursacht, gelegentlich (5-10%) durch Haemophilus influenza,<br />
Mycoplasma pneumonia, Enterobacteriaceae und respiratorische Viren, selten durch<br />
(4 Tage<br />
- Dyspnoe / Tachypnoe<br />
- neuer fokaler klinischer Lungenbefund<br />
Zudem keine andere offensichtliche Ursache der Beschwerden.<br />
Definitiv: Neben Klinik zusätzlich Infiltrat im Röntgen des Thorax<br />
3. Diagnostik<br />
3.1. Ambulante Patienten: Mikrobiologische Diagnostik (Blutkulturen, Sputumdiagnostik)<br />
nicht empfohlen<br />
3.2. Hospitalisierte Patienten<br />
- Blutkulturen: bei allen hospitalisierten Patienten<br />
- Sputumkultur: bei allen hospitalisierten Patienten (gute Sputumqualität: ≥25<br />
PMN/GF)<br />
- Antigen-Nachweis im Urin:<br />
- Legionella pneumophila Serogruppe 1: bei entspr. klin./epidemiolog. Verdacht,<br />
schwere Pneumonie, typ. gastrointestinale/neurolog. Begleitsymptome, Alkohol,<br />
Immunsuppression, hohes Alter). Sensitivität 40-50% bei milder Pneumonie,<br />
steigt auf 90% bei 2 Messungen; Sensitivität 90% bei schwerer Pneumonie,<br />
Spezifität 99%, (cave nur Serogruppe 1); negatives Legionellenantigen schliesst<br />
eine Legionelllenpneumonie nicht aus.<br />
- Pneumokokken: wenn keine Sputumdiagnostik möglich bzw. wenn Sputum nicht<br />
konklusiv, Sensitivität 50-80% bzw. 80-90% bei Bakteriämie, Spezifität 90% bei<br />
Erwachsenen.<br />
- Antigen-Schnelltest im Nasopharnygealabstrich: Nachweis von RSV und<br />
Influenza (niedrige Sensitivität!) in der Wintersaison bei klinischem Verdacht und<br />
therapeutischer Konsequenz, gleichzeitig PCR für respiratorische Viren abnehmen<br />
- PCR-Diagnostik:<br />
- PCR für Legionellen bei klin./epidemiolog. Verdacht aus Sputum oder BAL<br />
- PCR für Mycoplasma pneumoniae und Chlamydophila bei klin./epidemiolog.<br />
Verdacht<br />
aus nasopharyngealem Abstrich oder Sputum oder BAL<br />
- PCR for Bortadella pertussis aus nasopharyngealem Abstrich bei Verdacht<br />
- PCR für respiratorische Viren Nasopharyngealabstrich: nur bei<br />
immunsupprimierten Patienten in der Wintersaison, falls therapeutische Relevanz<br />
- Serologien: nicht empfohlen, ausser für epidemiologische Studien<br />
- Bronchoskopie und BAL: bei Immunsuppression, intubierten Patienten ohne<br />
Besserung unter der initialen Antibiotikatherapie<br />
- Pleurapunktion: bei relevantem Pleuraerguss<br />
Juni <strong>2012</strong> 47
4. Risikostratifizierung<br />
Wichtigste Grundlage für das Management des Patienten ist die klinische Beurteilung<br />
(inkl.<br />
Sättigung, Atemfrequenz, Diurese) und kann nicht durch Letalitätsscores ersetzt werden.<br />
4.1 Letalitätsscore: CURB-65 [6]<br />
Im Fall einer Entscheidung für eine ambulante Behandlung sollte eine Nachkontrolle nach<br />
48 (-72h) erfolgen, da die klinische Verschlechterung häufig in diesem Zeitrahmen eintritt.<br />
Juni <strong>2012</strong> 48
4.2. Kriterien für Hospitalisation auf der Intensivstation (nach American Thoracic<br />
Society)<br />
Intensivstation erwägen bei ≥ 1 Majorkriterium, bzw ≥ 3 Minorkriterien<br />
Major-Kriterien<br />
(1) Notwendigkeit einer Intubation<br />
(2) septischer Schock<br />
Minor-Kriterien (1) schwere akute respirator. Insuffizienz (PaO 2/FiO 2 30/min<br />
(4) Verwirrtheit<br />
(5) Harnstoff > 7.15 mmol/l<br />
(6) Leukopenie
Beachte:<br />
- Anpassen der empirischen Therapie an die Kulturergebnisse und das Antibiogramm:<br />
Eindeutige Sputumkultur bzw. typischer Erregernachweis aus sterilen<br />
Kompartimenten wie Blut oder Pleuraflüssigkeit<br />
- Prävention nicht vergessen: Logopädie bei Schluckstörungen, Impfungen (Influenza,<br />
Pneumokokken), Nikotinstopp<br />
6. Therapiedauer:<br />
- (5)7-10 Tage, allenfalls gemäss Procalcitonin (Pro-CT
8. Literatur<br />
1. Woodhead et al. Guidelines for the management of adult lower respiratory tract<br />
infections. Clin Microbiol Infect 2011;17(Suppl.6):E1-E59<br />
2. Laifer G, Flückiger U, Scheidegger C, Boggian K, Mühlemann K, Weber R, Zanetti<br />
G, Kaiser L for the Swiss Society of Infectious Diseases: Management of Community<br />
Acquired Pneumonia in Adults: ERS/ESCMID guidelines adapted for Switzerland,<br />
2007<br />
3. Höffken G et al. Guidelines of the Paul-Ehrlich-Society of Chemotherapy, the<br />
German Respiratory Diseases Society, the German Infectious Diseases Society and<br />
of the Competence Network CAPNETZ for the Management of Lower Respiratory<br />
Tract Infections and Community-acquired Pneumonia. Pneumologie. 2010<br />
Mar;64(3):149-54<br />
4. Mandell LA et al; Infectious Diseases Society of America; American Thoracic<br />
Society. Infectious Diseases Society of America/American Thoracic Society<br />
consensus guidelines on the management of community-acquired pneumonia in<br />
adults. Clin Infect Dis. 2007 Mar1;44 Suppl 2:S27-72<br />
5. Mertz D et al. Outcomes of Early Switching from Intravenous to Oral Antibiotics on<br />
Medical Wards. JAC 2009<br />
6. Lim WS et al. Defining community acquired pneumonia severity on presentation to<br />
hospital: an international derivation and validation study. Thorax. 2003<br />
May;58(5):377-82<br />
Juni <strong>2012</strong> 51
Z N S - Infektionen<br />
1. MENINGOENCEPHALITIS<br />
1.1. Anamnestische und klinische Befunde als Schlüssel zur Ätiologie<br />
1.1.1. Wichtig ist die rasche klinische Unterscheidung zwischen Meningitis und Enzephalitis.<br />
Häufig wird jedoch auch ein Mischbild (Meningoenzephalitis) gesehen.<br />
Begleiterkrankungen,<br />
betroffenes Organsystem<br />
Haut<br />
HNO<br />
Kardiovaskulär<br />
Klinische Befunde<br />
Purpura, Petechien<br />
Zellulitis im Gesicht<br />
Bläschen genital<br />
Otitis media, Sinusitis<br />
Mastoiditis<br />
Liquorfistel<br />
Parotitis<br />
Zyanot. Herzvitium<br />
(Hirnabszess)<br />
Endokarditiszeichen (sept. Embol.)<br />
Perikarditis<br />
Keim<br />
N. meningitidis<br />
S. aureus<br />
HSV 2<br />
S. pneumoniae, H. influenzae<br />
Mumpsvirus<br />
Anaerobier, Streptokokken<br />
S. aureus, Streptokokken<br />
N. meningitidis, S. pneumoniae<br />
Lunge Lobärpneumonie S. pneumoniae<br />
Neurologie<br />
Hirnnervenausfälle<br />
M. tuberculosis, B. burgdorferi<br />
Fokale Zeichen (Hirnabszess)<br />
Bewegungsapparat<br />
Spondylodiszitis<br />
Septische Arthritis<br />
S. aureus<br />
S. aureus, S. pneumoniae<br />
Alkoholkrankheit<br />
Anamnese/klinische Stigmata<br />
bek. Leberzirrhose<br />
S. pneumoniae, Listeria<br />
monozytogenes, H. influenzae<br />
Nieren-/ Herztransplantation Anamnese Listeria monocytogenes,<br />
Cryptococcus neoformans<br />
Neutropenie<br />
Gramnegative Stäbchen, Pilze<br />
HIV-Infektion Abhängig von CD4 Zellzahl Cryptococcus neoformans,<br />
Nocardia spp., M. tuberculosis,<br />
Treponema pallidum<br />
Zeckenstich Anamnese Borrelia burgdorferi, FSME<br />
Splenektomie<br />
Schädelhirntrauma oder<br />
neurochirurgische<br />
Intervention<br />
S. pneumoniae, H. influenzae<br />
Aerobe gram-negative Bakterien<br />
(Klebsiella spp., E. coli,<br />
S.marcescens, P. aeruginosa,<br />
Salmonella spp.)<br />
1.2. Diagnostik<br />
- Blutkulturen: sind in 50-90 % bei akuter bakterieller Meningitis positiv<br />
- (häufig primäre od. sekundäre Sepsis als Auslöser)<br />
- Lumbalpunktion (siehe auch Interpretation Liquorbefunde im Kapitel<br />
„Interpretationen von Körperflüssigkeiten“)<br />
- Zellzahl, Protein, Glucose, Lactat, Ferritin, Xanthochromie<br />
- Direktpräparat (inkl. Tuschepräparat bei V.a. Cryptococcus neoformans)<br />
- Antigentest (Latexagglutination) für Pneumokokken, Meningokokken, Cryptokokken<br />
- Liquorkultur: Sensitivität bei akuter bakterieller Meningitis 50-90%. Ursachen für<br />
falsch negative Kulturen sind: inadäquater Transport, antibiotische Vorbehandlung<br />
(meist >24h), parameningealer Herd, Meningitis mit speziellem Keim (Treponema<br />
pallidum, Leptospiren, Mycoplasmen, Brucella, M. tuberculosis, Anaerobier) <br />
Resultat erst nach 12-48h, Therapie bei hohem Verdacht empirisch beginnen.<br />
- Breitspektrum oder spezifische PCR (nach RS mit <strong>Infektiologie</strong>)<br />
- Schädel-CT: Zeichen für Hirndruck, Abszess, Empyem, Mastoiditis etc.<br />
Juni <strong>2012</strong> 52
2. Akute bakterielle Meningitis<br />
Die bakterielle Meningitis ist eine medizinische Notfallsituation mit einer Mortalität von<br />
10-40%. Eine frühzeitige korrekte Therapie (Ziel: innert 30min nach Spitaleintritt) und das<br />
Erkennen von Komplikationen verbessert Morbidität und Mortalität und ist wichtiger als<br />
eine komplette Diagnostik.<br />
2.1. Praktischer Algorithmus bei V.a. akute bakterielle Meningitis<br />
Kardinalsymptome der Meningitis<br />
beim Erwachsenen:<br />
o Fieber<br />
o Kopfschmerzen<br />
o Nackensteifigkeit<br />
Weitere Symptome:<br />
o Nacken- oder<br />
Rückenschmerzen<br />
o Bewusstseinsstörung<br />
o Photophobie<br />
o Erbrechen<br />
o Lethargie<br />
o Gelenkschmerzen<br />
Bei V.a. Meningokokken:<br />
Tröpfchenisolation: Patient erhält<br />
chirurgische Maske<br />
Isolationsmassnahmen gemäss<br />
Hygieneordner<br />
Encephalitisches Syndrom:<br />
o Bewusstseinsstörung<br />
o Delir<br />
o Epilepsie<br />
o Fokal neurologische Ausfälle<br />
JA<br />
2x2 Blutkulturen<br />
ODER Risikofaktoren für abnormes<br />
Schädel-CT:<br />
o Immunsuppression, Alter ≥ 60 Jahre<br />
o anamnestisch ZNS-Läsionen<br />
o Papillenödem<br />
o Epileptischer Anfall < 1 Wo<br />
ODER Verzögerung der LP-Diagnostik<br />
(z.B. wegen Antikoagulation)<br />
Dexamethason 10mg i.v. 6-stdl.<br />
+<br />
empirische Antibiotikatherapie<br />
+<br />
Aciclovir 10mg/kg i.v. 8-stdl.<br />
falls encephalitisches Syndrom<br />
(s. auch Abschnitt 2.2.: Empirische Antibiotikatherapie der akuten bakt. Meningitis)<br />
NEIN<br />
2x2 Blutkulturen<br />
+<br />
Lumbalpunktion<br />
CT Schädel unauffällig<br />
Lumbalpunktion<br />
Dexamethason 10mg i.v. 6-stdl.<br />
+<br />
empirische Antibiotikatherapie<br />
Juni <strong>2012</strong> 53
2.2 Empirische Antibiotikatherapie der akuten bakteriellen Meningitis<br />
Situation Häufigste Keime 1. Wahl Antibiotikum 2. Wahl<br />
2-50 Jahre<br />
S. pneumoniae 1 ,<br />
Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />
(ohne Grundleiden) N. meningitidis<br />
(plus Vancomycin 2 )<br />
> 50 Jahre S. pneumoniae<br />
N. meningitidis<br />
L. monocytogenes, aerobe<br />
gram-negative Bakterien<br />
1-23 Monate S. pneumoniae 1<br />
N. meningitidis<br />
S. agalactiae, E. coli<br />
H. influenzae (heute selten)<br />
< 1 Monat S. agalactiae (Gr. B<br />
Streptokokken), E. coli,<br />
Listeria monocytogenes,<br />
Klebsiella spp.<br />
Schädelbasisfraktur S. pneumoniae 1 ,<br />
H. influenzae, S. pyogenes<br />
Penetrierendes<br />
Schädeltrauma<br />
Alkohol,<br />
Schwangerschaft,<br />
Diabetes, Malignom<br />
Immunsuppression<br />
Neutropenie<br />
Herz- oder<br />
Nierentransplantation<br />
(Gr. A Streptokokken)<br />
S. aureus, Koagulase-neg.<br />
Staphylokokken, aerobe<br />
Gram-negative Bakterien<br />
S. pneumoniae<br />
N. meningitidis<br />
L. monocytogenes<br />
S. pneumoniae 1<br />
N.meningitidis<br />
L. monocytogenes, aerobe<br />
gram-negative Stäbchen<br />
(inkl. P. aeruginosa)<br />
ev. Pilze<br />
zusätzlich C. neoformans<br />
Ceftriaxon 2x2g ivplus<br />
Amoxicillin 6x2g iv<br />
Ceftriaxon 100mg/kg/d<br />
iv<br />
Amoxicillin 100mg/kg/d<br />
iv plus Cefotaxim oder<br />
Aminoglykosid<br />
Ceftriaxon 2x2 g/d iv.<br />
(plus Vancomycin 2 )<br />
Rocephin 2x2g/d iv<br />
plus<br />
Rifampicin 2x600mg/d iv<br />
(plus Vancomycin 2 )<br />
Ceftriaxon 2x2g iv<br />
plus<br />
Amoxicillin 6x2g iv<br />
Ceftriaxon 2x2g /d iv<br />
plus<br />
Amoxicillin 6x2g/d iv<br />
Empirische Therapie bei<br />
hohem Verdacht<br />
Penicillin G 4x5 Mio<br />
E/d iv<br />
(MHK
2.3 Anpassung der Therapie gemäss Direktpräparat<br />
DIREKTPRÄPARAT 1. Wahl 2. Wahl<br />
Gram-positive oder gram- Ceftriaxon 2x2g/d iv Penicillin G 4x5 Mio E/d iv<br />
negative Diplokokken<br />
S. pneumoniae<br />
N. meningitidis<br />
Feine gram-neg. Stäbchen<br />
H. influenzae<br />
Ceftriaxon 2x2g/d iv Meropenem 3x2g/d iv<br />
Gram-positive Stäbchen<br />
Listeria monocytogenes<br />
Amoxicillin<br />
Gentamicin<br />
6x2g/d iv plus<br />
3x1.7mg/kg/d iv<br />
TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl. iv od.<br />
po im Verlauf<br />
oder<br />
Meropenem 3x2g/d iv<br />
Gram-negative Stäbchen Ceftriaxon 2x2g/d iv Meropenem 3x2g/d iv<br />
neg. Grampräparat<br />
Bei Ansprechen empirische<br />
Therapie weiter gemäss Alter,<br />
Grundleiden, Klinik und<br />
Abwarten Kultur<br />
2.4 Pathogenspezifische Therapie und Dauer bei bakterieller Meningitis<br />
Erreger 1. Wahl Antibiotikum Therapiedauer Alternativen<br />
S. pneumoniae<br />
Penicillin sensibel<br />
(MHK < 0.1 ug/ml)<br />
Penicillin G 4x5 Mio E iv/d 10-14 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />
Penicillin intermediär<br />
sensibel (MHK 0.1-<br />
1ug/ml)<br />
Ceftriaxon<br />
2x2g iv/d<br />
Meropenem 3x2g/d iv<br />
Penicillin resistent<br />
(MHK > 1ug/ml)<br />
Ceftriaxon<br />
Vancomycin<br />
2x2g iv/d plus<br />
N. meningitidis Ceftriaxon 2x2g iv/d 7 Tage<br />
H. influenzae<br />
ß-Lactamase negativ Penicillin 4x5 Mio E/d iv<br />
ß-Lactamase positiv Ceftriaxon 2x2g i.v./d<br />
Moxifloxacin 400mg/d iv<br />
oder po plus Rifampicin<br />
7 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />
Cefepime 3x2g/d iv od.<br />
Moxifloxacin 400mg/d iv<br />
S. agalactiae Penicillin G 4x5 Mio E/d iv 14-21 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />
S. pyogenes Penicillin G 4x5 Mio E/d iv 14-21 Tage Ceftriaxon 2x2g/d iv<br />
S. aureus<br />
MRSA<br />
Flucloxacillin 4x2g/d iv<br />
Vancomycin 15mg/kg/12h iv<br />
S. epidermidis<br />
Oxacillin sensibel<br />
Oxacillin resistent<br />
Flucloxacillin 4x2g/d iv<br />
Vancomycin 15mg/kg/12h iv<br />
L. monocytogenes Amoxicillin 6x2g/d iv<br />
plus<br />
Gentamicin 1x5mg/kg/d iv<br />
14 Tage Cefepim 3x2g/d iv od.<br />
Tienam 4x500mg/d i.v.<br />
7 Tage und<br />
Shunt-<br />
Entfernung<br />
≥21 Tage<br />
TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl.<br />
oder Daptomycin<br />
TMP/SMX 5mg/kg 8-stdl.<br />
iv od. po im Verlauf<br />
oder<br />
Meropenem 3x2g/d iv<br />
Gram-neg.<br />
Ceftriaxon 2x2g/d iv oder 21 Tage Meropenem 3x2g/d iv<br />
Enterobacteriaceae gem. Resistenzprüfung<br />
oder<br />
Cefepime 3x2g/d iv<br />
P. aeruginosa Ceftazidim 3x2g iv oder 21-28 Tage Meropenem 3x2g/d iv<br />
Cefepime 3x2g/d iv<br />
oder Ciprofloxacin<br />
plus<br />
Tobramycin 5-7mg/kg/d iv<br />
B. burgdorferi Ceftriaxon 1x2g/d iv 14-28 Tage Penicillin G 4x5 Mio E/d iv<br />
Juni <strong>2012</strong> 55
2.4.1 Re-Implantation nach Shunt-Entfernung<br />
- Koagulase neg. Staphylokokken: bei sonst normalem Liquor-Befund frühestens 3d nach<br />
Shunt-Entfernung (vorausgesetzt Kulturen nach Externalisierung steril), bei pathologischem<br />
Liquor-Befund frühestens nach 7 Tagen (vorausgesetzt Kulturen sind steril und Liquor-<br />
Protein normal)<br />
- S. aureus: frühestens 10 Tage nach neg. Kultur<br />
- Gram-negative aerobe Bakterien: nach 10-14 Tagen adäquater Ab-Therapie<br />
2.5 Adjuvante Therapie bei bakterieller Meningitis<br />
1.2.1. Steroide<br />
Die Dexamethasongabe (10mg 6-stdl. iv über 4 Tage) unmittelbar vor Antibiotikagabe ist<br />
assoziiert mit einer verminderten Mortalität und weniger persistierenden neurologischen<br />
Ausfällen, da die entzündliche Antwort auf die Infektion reduziert wird. Dies konnte<br />
gezeigt werden für Pneumokokken. Bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis sollte<br />
somit vor der 1. Antibiotikagabe Dexamethason gegeben werden, wobei die<br />
Antibiotikagabe nicht mehr als 15 Min. zu verzögern ist und sollte gestoppt werden,<br />
sobald ein anderer Erreger als S. pneumoniae bestätigt ist.<br />
2.6. Indikationen für eine Verlaufs-Lumbalpunktion nach 24-48h<br />
- Fehlendes klinisches Ansprechen nach 48h adäquater Therapie<br />
- Penicillin-intermediäre bzw. -resistente Pneumokokken (MIC >1µg/ml) und bei<br />
Pseudomonas: Frage nach Kultur-Negativierung?<br />
- Therapie mit Vancomycin und Steroiden: Frage nach Vancomycin-Spiegel<br />
intrathekal? Kultur-Negativierung?<br />
- bei erhöhtem intrakraniellem Druck (v.a. Kryptokokken-Meningitis)<br />
2.7. Meningokokken: Indikationen zur Chemoprophylaxe für Kontaktpersonen<br />
- Personen, die im gleichen Haushalt leben<br />
- Personen, die im gleichen Zimmer geschlafen haben<br />
- Personen, die den Nasen- oder Rachensekreten des Erkrankten direkt und intensiv<br />
ausgesetzt waren (intime Küsse, Reanimation, Intubation, nasotracheales Absaugen)<br />
und<br />
- der Kontakt hat in den 10 Tagen vor Diagnosestellung oder bis 24 Stunden nach<br />
Therapiebeginn stattgefunden<br />
- Erwachsene: Ciprofloxacin 500mg Einmaldosis, alternativ Rifampicin 600mg/12h für<br />
2 Tage<br />
- Schwangerschaft/Stillzeit: Ceftriaxon 1x250 mg i.m. oder in Kurzinfusion i.v.<br />
- Indikation zur Impfung zusätzlich zur Chemoprophylaxe siehe Bull BAG 2001;<br />
46:893-901 oder http://www.bag.admin.ch<br />
2.8. Aseptische Meningitis<br />
Es handelt sich um eine meningeale Entzündung, die sich klinisch und laborchemisch<br />
nachweisen lässt, wobei die bakteriellen Kulturen des Liquors negativ sind.<br />
Ätiologie:<br />
- V.a. Viren (Enteroviren, HSV-2, HIV)<br />
- Andere Infektionen (Mykobakterien, Leptospiren, Borrelien, Lues,<br />
Pilze)<br />
- Parameningeale Infektionen (Epidural-/Subduralabszess)<br />
- Medikamente (NSAR, Metronidazol, Carbamazepin, TMP/SMX)<br />
- Tumoren oder Autoimmunerkrankungen (Sarkoidose, SLE)<br />
Im Gegensatz zur bakteriellen Meningitis, zeigt sich bei der Mehrheit der aseptischen<br />
Meningitiden ein selbstlimitierender Verlauf.<br />
Juni <strong>2012</strong> 56
2.9. Literatur<br />
1. Tunkel A et al. Practice Guidelines for the Management of Bacterial Meningitis. CID<br />
2004;39(9):1267-84<br />
2. Van de Beek D et al. Community-acquired bacterial meningitis in adults. N Engl J<br />
Med 2006;354:44-53<br />
3. Weisfelt M et al. Community-acquired bacterial meningitis in older people. J Am<br />
Geriatr Soc 2006;54(10):1500-7<br />
4. Egger M et al. Akute bakterielle Meningitis. Schweiz Med Forum Nr. 42, Oktober<br />
2002:989-995<br />
5. Hasbun R et al. Computed tomography of the head before lumbar puncture in adults<br />
with suspected meningitis. N Engl J Med 2001;345:1727-33<br />
6. Leib SL et al. Predictive value of cerebrospinal fluid (CSF) lactate and CSF/blood<br />
glucose ratio for the diagnosis of bacterial meningitis following neurosurgery. CID<br />
1999;29: 69-74<br />
7. De Gans J et al. Dexamethasone in adults with bacterial meningitis. N Engl J Med<br />
2002;347:1549-56<br />
8. Pneumokokken Erkrankungen in der Schweiz. BAG Bulletin 2010;47:1121-1127<br />
9. Conen A et al. Characteristics and treatment outcome of cerebrospinal fluid shuntassociated<br />
infections in adults: a retrospective analysis over an 11-year period. CID<br />
2008;47(1):73-82<br />
10. Woehrl B et al. Bacterial meningitis: current therapy and possible future treatment<br />
options. Expert Rev. Anti Infect. Ther. 2011;9(11):1053-1065<br />
11. Chaudhuri A et al. EFNS guideline on the management of community-acquired<br />
bacterial meningitis: report of an EFNS Task Force on acute bacterial meningitis in<br />
older children and adults. European Journal of Neurology 2008;15:649-659<br />
12. Nudelman Y et al. Bacterial Meningitis. Drugs 2009;69(18):2577-2596<br />
13. Brouwer MC et al. Epidemiology, Diagnosis, and Antimcirobial Treatment of Acute<br />
Bacterial Meningitis. Clin Microbiol Rev 2010;23:467-492<br />
Juni <strong>2012</strong> 57
2. HIRNABSZESS<br />
Fokale "Hirneinschmelzung" multifaktorieller Genese:<br />
- per continuitatem von anderem Infektfokus (paranasale Sinus, Ohr, Mastoid, Zahn)<br />
- hämatogen (von pulmonalem, kutanem, intraabdominalem oder intravaskulärem Fokus)<br />
- postoperative oder posttraumatische Komplikation<br />
30%-60% der Hirnabszesse enthalten eine Mischflora.<br />
2.1. Symptome<br />
- bis zu 50% sind oligosymptomatisch und auch afebril<br />
- Fieber, Kopfschmerzen, Nausea, Erbrechen<br />
- qualitative und quantitative Bewusstseinsstörung<br />
- fokale neurologische Zeichen<br />
- epileptische Anfälle<br />
2.2. Pathogenese, Keime und empirische Therapie in Abhängigkeit der Prädisposition<br />
resp. des Primärfokus<br />
Ursprung der<br />
Infektion<br />
HNO<br />
Otitis media,<br />
Mastoiditis<br />
Sinusitis fronto-<br />
/ethmoidalis oder<br />
sphenoidalis<br />
Enoral/dentogen<br />
Lunge (Abszess,<br />
Empyem,<br />
Bronchiektasen)<br />
Endokarditis<br />
Keime<br />
Anaerobe/aerobe Mischflora:<br />
Streptokokken (v.a. S. milleri),<br />
Bacteroides, Prevotella spp.,<br />
Enterobacteriaceae, (Pseudomonas)<br />
Streptokokken, Bacteroides spp.<br />
Enterobacteriaceae<br />
Haemophilus spp.<br />
(S. aureus)<br />
Häufig Mischkultur Fusobacterium,<br />
Prevotella, Actinomyces und<br />
Bacteroides spp., Streptokokken<br />
Streptokokken, Haemophilus,<br />
Fusobacterium, Actinomyces,<br />
(Nocardia spp.)<br />
Viridans Streptokokken<br />
Therapie<br />
Ceftriaxon<br />
Metronidazol 1<br />
Ceftriaxon<br />
Metronidazol 1<br />
Ceftriaxon<br />
Metronidazol 1<br />
Ceftriaxon<br />
Metronidazol 1<br />
Ceftriaxon<br />
2x2g/d iv plus<br />
7.5mg/kg/6h iv od. po<br />
2x2g/d iv plus<br />
7.5mg/kg/6h iv od. po<br />
2x2g/d iv plus<br />
7.5mg/kg/6h iv od. po<br />
2x2g/d iv plus<br />
7.5mg/kg/6h iv od. po<br />
2x2g/d iv<br />
S. aureus<br />
Flucloxacillin<br />
6x2g/d iv<br />
Zyanot. Herzvitium<br />
Penetrierendes<br />
Kopftrauma<br />
Streptokokken, Anaerobier<br />
H. influenzae<br />
S. aureus, Streptokokken,<br />
Enterobacteriaceae, Clostridium spp.<br />
Ceftriaxon<br />
Ceftriaxon<br />
Rifampicin<br />
oder Meropenem<br />
2x2g/d iv<br />
2x2g/d iv plus<br />
2x600mg/d iv<br />
3x2g/d iv<br />
Neurochirurgische<br />
Operation<br />
Immunsuppression<br />
Neutropenie<br />
Transplantation<br />
HIV/AIDS<br />
1 max. Dosis von Metronidazol 4g/24h<br />
S. aureus, koagulase-negative<br />
Staphylokokken<br />
Streptokokken<br />
Propionibacterium<br />
Pseudomonas<br />
Enterobacteriaceae<br />
Zusätzlich Nocardia<br />
Toxoplasmose, Cryptococcus<br />
neoformans, M. Tuberculosis<br />
Listeria monocytogenes<br />
andere Pilze (Candida, Aspergillen,<br />
Zygomyzeten)<br />
Meropenem<br />
3x2g/d iv<br />
Ceftriaxon 2x2g/d iv plus<br />
Amoxicillin 6x2g/d iv plus<br />
Gentamicin 1x5mg/kg/d iv<br />
(Gentamicin nur bei bestätigter Listeriose)<br />
Pilzmittel, Therapie der Nocardiose,<br />
Toxoplasmose und Tuberkulose individuell<br />
siehe auch Kapitel HIV<br />
Juni <strong>2012</strong> 58
2.3 Diagnostik:<br />
- Bildgebung: idealerweise MRI mit Gadolinium (sensitiver als CT für frühe Cerebritis<br />
und Satellitenherde, ring-enhancement, Ödem, Nekrosen, Darstellung Hirnstamm)<br />
- Lumbalpunktion: grundsätzlich kontraindiziert bei fokaler Neurologie/Gefahr der<br />
Herniation; Parameter variabel, bei Abszesseinbruch in Ventrikelsystem (Rarität)<br />
Parameter vergleichbar mit akuter bakterieller Meningitis<br />
- Stereotaktische oder offene Biopsie: Gram-Färbung und Direktpräparat auf Säurefeste<br />
Stäbchen, Kulturen auf allgemeine Bakteriologie (aerob/anaerob),<br />
Mykobakterien, Nocardien und Pilze sowie Histologie, ggf.<br />
- Serologien: Toxoplasmose<br />
- Molekulare Diagnostik: nach Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong><br />
Bemerkungen: - Immer mit Neurochirurgen besprechen:<br />
- Materialgewinnung zur mikrobiolog. und histolog. Untersuchung<br />
- Diskussion kombiniert chirurgisch/antibiotische Therapie<br />
(Abszessdrainage?), v.a. wenn Abszess >2.5cm gross und<br />
Masseneffekt besteht<br />
- Therapiedauer: mind. 6-8 Wochen, länger (bis 12 Wochen) wenn<br />
keine chirurgische Intervention durchgeführt wird (Therapiedauer<br />
solange, bis bildgebend der Abszess weg ist)<br />
- gesamte Therapiedauer hochdosiert und somit intravenös<br />
(Rezidivgefahr!)<br />
- Zur Verlaufskontrolle repetitives Schädel-CT/-MRI<br />
- Glucocorticoide nur bei ausgeprägtem Masseneffekt<br />
(Dexamthason 10mg iv als Ladedosis, dann 4x4mg/d iv)<br />
2.4. Literatur<br />
1. Tseng JH et al: Brain abscess in 142 patients: factors influencing outcome and<br />
mortality. Surgical Neurology 65:557-562, 2006<br />
2. Yen PT et al: Brain abscess: With special reference to otolaryngologic sources of<br />
infection. Otolaryngol Head Neck Surg 113:15-22, 1995<br />
3. Lucht F et al: The penetration of Ceftriaxone into human brain tissue. J Antimicrob<br />
Chemother 26:81-86,1990<br />
4. Mindermann T et al: Rifampin concentrations in various compartments of the human<br />
brain: A novel method to determine drug levels in the cerebral extracellular space.<br />
Antimicrob Agents Chemother 42: 2626-2629, 1998<br />
5. Southwick F et al: Pathogenesis, clinical manifestations, diagnosis and treatment of<br />
brain abscess. In UpToDate <strong>2012</strong><br />
6. Tunkel AR (2010). Brain Abscess. In: Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles and<br />
Practice of Infectious Diseases, 7th ed.: 1265-1275<br />
7. Tumani H et al (2007): Hirnabszess. In: Klinische <strong>Infektiologie</strong>, Hrsg. Marre, Mertens,<br />
Trautmann und Zimmerli, 2. Auflage: S.236-238<br />
Juni <strong>2012</strong> 59
4. ENZEPHALITIS<br />
Es handelt sich um eine diffuse Entzündung des Gehirns. In 30-75% bleibt die Ursache<br />
unklar. Von infektiöser Seite findet sich in den meisten Fällen eine virale Ursache (70%),<br />
gefolgt von bakteriellen Ursachen (20%), Pilzen/Prionen (8%) und Parasiten (2%).<br />
Hauptzeichen der Enzephalitis ist die Veränderung des Bewusstseins.<br />
4.1. Enzephalitisches Syndrom<br />
- Fieber<br />
- Bewusstseinsveränderung, Delir, Konfusion<br />
- Epileptische Anfälle<br />
- Fokal neurologische Zeichen<br />
4.2. Pathogenese<br />
Primärer Replikationsort: meist im Bereich der Eintrittspforte:<br />
- Respirationstrakt:<br />
Masernvirus, Mumpsvirus, Influenzavirus, Varizella zoster Virus (VZV), M.<br />
tuberculosis, Cryptococcus neoformans<br />
- Gastrointestinaltrakt:<br />
Enteroviren, Adenoviren, Listeria monocytogenes<br />
- Subkutanes Gewebe:<br />
Togaviren (Rötelnvirus, FSME, Gelbfiebervirus), Rickettsien<br />
- Genitaltrakt:<br />
Herpes simplex Virus (HSV)<br />
- Neurales Ganglion:<br />
Rabiesvirus, Poliovirus, HSV, VZV, HIV<br />
Sekundäre Streuung:<br />
- Hämatogen ins ZNS (Virämie)<br />
- Retrograd axonal entlang peripherer Nerven/Hirnnerven ins ZNS:<br />
Rabiesvirus, HSV, VZV<br />
4.3. Differentialdiagnose<br />
Wichtig ist die Anamnese (!), Reise- und Expositionsanamnese, vorgängige Impfungen,<br />
virale Erkrankungen und Immunsuppression, um die Differentialdiagnose eingrenzen zu<br />
können.<br />
4.3.1 Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM)<br />
In den Neuronen wird kein Virus gefunden. Es handelt sich vorwiegend um perivenuläre<br />
lymphozytäre Entzündungen und angrenzender Demyelinisierung (im MRI<br />
Hyperintensitäten in weisser Substanz) im Sinne einer immunvermittelten Destruktion.<br />
Kann nach Impfungen oder (meist) viralen Infektionen auftreten (innerhalb 1-4 Wochen).<br />
Mumpsvirus, Masernvirus, Rötelnvirus, VZV, EBV, Influenza A und B,<br />
Hepatitisvirus, nicht viral: Mycoplasma<br />
4.3.2. Virale Enzephalitis<br />
Virus dringt ins ZNS ein und befällt und destruiert Neuronen. Viren können aus dem<br />
Hirngewebe angezüchtet oder direkt nachgewiesen werden.<br />
Herpesviren: HSV 1+2, VZV, CMV, EBV, HHV6<br />
Enteroviren: Coxsackievirus, Echoviridae, Enteroviren, Poliovirus<br />
Zecken/Moskitoübertragen: FSME, West Nile Virus<br />
Adenoviren<br />
Influenzaviren<br />
Mumpsviren, Masernviren, Rötelnviren<br />
Andere: HIV, JC-Virus, Rabiesvirus, Lymphozytäres Choriomeningitis Virus<br />
Juni <strong>2012</strong> 60
4.3.3. Nicht-virale infektiöse Enzephalitis<br />
Mycoplasma, Legionella, Brucella, Treponema pallidum, B. burgdorferi, Listeria<br />
monocytogenes, Leptospiren, M. tuberculosis, Cryptococcus neoformans, Toxoplasma<br />
gondii, Plasmodium falciparum, Tropheryma whipplei, Nocardia, Rickettsia, Bartonella,<br />
Prionen<br />
4.3.4. Nicht-infektiöse Enzephalopathie<br />
Medikamentös-toxisch, Drogen/Alkohol, metabolisch (entgleister Diabetes mellitus,<br />
Leber-/Niereninsuffizienz), ischämisch/hämorrhagisch, Tumor, systemische Infektion,<br />
nicht konvulsiver Status epilepticus, Sarkoidose, zerebrale Vaskulitis<br />
4.4. Diagnostik<br />
- MRI Neurocranium immer vor LP (alternativ CT falls MRI nicht verfügbar)<br />
- T2, FLAIR-Sequenz mit Hyperintensitäten in grauer Substanz, in DWI<br />
Läsionen früher oder ausgeprägter sichtbar sensitiver als CT<br />
- Lumbalpunktion für Interpretation siehe: Interpretation Liquorbefunde im Kapitel<br />
„Interpretationen von Körperflüssigkeiten“<br />
- Gram-Direktpräparat, Kultur auf allg. Bakteriologie, Tuberkulose, Pilze<br />
- PCR im Liquor für vermutete (virale) Ursachen<br />
- Serologien im Liquor und im Blut für vermutete Ursachen<br />
- Beachte: FSME IgM im Serum zusammen mit Klinik genügend für Diagnose<br />
der Früh-Sommer-Meningoenzephalitis<br />
- Zusätzliche Kulturen (je nach Fragestellung): Blut, Sputum,<br />
Nasopharyngealsekret, Stuhl<br />
- EEG<br />
- evt. Hirnbiopsie<br />
Juni <strong>2012</strong> 61
4.5. Ätiologische Hinweise je nach Alter, Klinik, Exposition und Grundleiden<br />
Situation/klinisches Bild<br />
ALTER<br />
Kinder<br />
Erwachsene<br />
KLINIK<br />
Zerebelläre Ataxie<br />
Parkinsonismus<br />
Bradykinesie, Rigor,<br />
Ruhetremor<br />
Hirnnervenausfälle<br />
Demenz<br />
REISEN<br />
Reiseanamnese<br />
IMMUNSTATUS<br />
Immunsuppression<br />
EXPOSITION<br />
Vögel<br />
Katzen<br />
Schafe, Ziegen<br />
Zecken<br />
Unpasteurisierte Milch<br />
Erreger<br />
Enteroviren, HSV, VZV, Masernvirus, Mumpsvirus,<br />
Rötelnvirus, Influenzavirus<br />
HSV, Enteroviren, L. monozytogenes, Influenzavirus, HIV,<br />
Prionen (Creutzfeld-Jakob Krankheit)<br />
VZV, EBV, Mumpsvirus, Tropheryma whipplei<br />
Flaviviren (West Nile Virus, Japanese encephalitis Virus, St.<br />
Louis encephalitis Virus)<br />
HSV, EBV, L. monozytogenes, M. tuberculosis, T. pallidum,<br />
B. burgdorferi, Tropheryma whipplei, Cryptococcus<br />
neoformans<br />
HIV, Prionen (Creutzfeld-Jakob Krankheit), Masern<br />
(SSPE*), T. pallidum, Tropheryma whipplei<br />
West Nile Virus, Eastern equine encephalitis Virus, St. Louis<br />
encephalitis Virus, Rabiesvirus, P. falciparum, Rickettsia,<br />
Japanese encephalitis Virus<br />
Verschiedene Erreger je nach geographischen Regionen<br />
HSV, VZV, CMV, EBV, HHV 6, JC Virus, HIV, West Nile<br />
Virus, L. monocytogenes, M. tuberculosis, T. pallidum,<br />
Toxoplasma gondii, Cryptococcus neoformans, Histoplasma<br />
capsulatum, Coccidioides sp.<br />
Cryptococcus neoformans, West Nile Virus<br />
Rabiesvirus, Coxiella burnetii, Bartonella henselae/quintana,<br />
Toxoplasma gondii<br />
Coxiella burnetii, Brucella<br />
FSME, Borrelia burgdorferi<br />
Rickettsia, Ehrlichia<br />
L. monocytogenes, Coxiella burnetii<br />
* SSPE: subakute sklerosierende Panenzephalitis<br />
Juni <strong>2012</strong> 62
4.6. Therapie<br />
Obwohl eine Vielzahl von Viren eine Enzephalitis verursachen kann, existiert eine<br />
spezifische antivirale Therapie nur für Herpesviren.<br />
Die übrigen antiinfektiösen Therapien müssen je nach Klinik, Epidemiologie<br />
(Reiseanamnese!) und Verdachtsdiagnose eingeleitet werden.<br />
4.6.1 Virale Enzephalitis:<br />
Sofortige empirische Therapie gegen HSV beginnen wegen hoher Morbidität und<br />
Mortalität.<br />
- Herpes simplex und Varizella zoster Virus:<br />
- Acyclovir (=Zovirax®) 10mg/kg 8-stdl. iv (in je 100 ml Glucose 5% über 1 h)<br />
- Therapiedauer: HSV 14 – 21 Tage<br />
VZV 10 – 14 Tage<br />
- CMV:<br />
- Ganciclovir (=Cymevene®) 5mg/kg 12-stdl. iv oder<br />
- Foscarnet (=Foscavir®) 60mg/kg 8-stdl. iv bzw. 90mg/kg 12-stdl. oder<br />
- Kombinationstherapie diskutieren<br />
- Therapiedauer: 14-21 Tage<br />
- HIV:<br />
- siehe Kapitel HIV<br />
4.7. Literatur<br />
1. Krech T. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Schweiz Med Forum<br />
2006;6:268–274<br />
2. Whitley RJ et al. Viral encephalitis. N Engl J Med 1990; 323:242<br />
3. Johnson RP et al. Viral encephalitis in adults. In UpToDate <strong>2012</strong><br />
4. Kennedy P et al. Viral encephalitis: Causes, differential diagnosis and management. J<br />
Neurol Neurosurg Psychiatry 2004;75:10-15<br />
5. Tunkel A et al. The Management of Encephalitis: Clinical Practice Guidelines by the<br />
Infectious Diseases Society of America. CID 2008;47:303-27<br />
6. Beckham JD et al. (2010). Encephalitis. In: Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles<br />
and Practice of Infectious Diseases, 7th ed.: 1243-1260<br />
Juni <strong>2012</strong> 63
Intravaskuläre Katheterinfekte: Phlebitis, Infektion und<br />
Sepsis<br />
1. Definitionen und diagnostische Kriterien<br />
Infektion<br />
Kolonisierter Katheter<br />
Phlebitis (periphere<br />
Katheter)<br />
Exit-site Infektion<br />
Tunnelinfektion<br />
Kathetersepsis<br />
Catheter-related<br />
bloodstream infection<br />
=CR-BSI<br />
Catheter-associated<br />
bloodstream infection<br />
=CA-BSI<br />
Definition<br />
Signifikantes Wachstum 1 Mikroorganismen an Katheterspitze<br />
Ausrollmethode: 15 KBE (Kolonie bildende Einheiten)<br />
2 der folgenden Kriterien: Überwärmung, Induration, Rötung,<br />
Druckdolenz oder Schmerz<br />
Klinisch: Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit im<br />
Abstand ≤ 2cm um Katheter-Austrittsstelle, ev. plus Eiter und Fieber<br />
oder<br />
Mikrobiologisch: Keimnachweis aus Exudat von Katheteraustrittstelle<br />
mit oder ohne Kathetersepsis<br />
Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit > 2cm um<br />
Katheter-Austrittsstelle entlang dem getunnelten Katheter<br />
mit oder ohne Kathetersepsis<br />
Bakteriämie oder Fungämie ( 1 pos. Blutkultur aus peripherer Vene)<br />
bei liegenden ZVK plus SIRS ohne andere Quelle für Sepsis.<br />
ZUSÄTZLICH eines der folgenden Kriterien:<br />
- Isolation identischer Keim von Katheterspitze in relevanter Menge<br />
oder<br />
- Differential Time to Positivity (DTP) 2 Stunden<br />
Primäre Sepsis ( 1 pos. Blutkultur ohne Hinweis für andere<br />
Infektquelle) in Anwesenheit eines ZVK ≥ 48h<br />
(v.a. für Surveillance)<br />
2. Kathetereinlage und Pflege<br />
2.1. Material<br />
Standardkatheter USB aus Polyurethan<br />
Bei immunsupprimierten Patienten auf Med Iso: Chlorhexidin-beschichteter Katheter<br />
2.2. Auswahlkriterien nach voraussichtlicher Liegedauer ("Daumenregel")<br />
≤ 7 Tage: peripherer Katheter oder Jugularis-ZVK<br />
7-28 Tage: Subclavia-Katheter, PICC (=Peripheral Inserted Central Catheter<br />
>28 Tage: Long-term Katheter: tunnelierte Katheter (z.B. Hickman), Port-à-Cath<br />
2.3 Einlage und Pflege<br />
Einlage ZVK in „full barrier precautions“: Mund-/Nasen-Schutz, sterile Handschuhe,<br />
Haube, Überschurz, Hautdesinfektion mit Braunoderm® oder Octeniderm®.<br />
ZVK-Verband mit Chlorhexidin-Patch (Tegaderm®) für alle ZVK und arterielle Katheter<br />
(ausser tunnelierte Katheter, Port-à-Cath, Dialysekatheter).<br />
Alle unter REA-Bedingungen eingelegten intravaskulären Katheter nach Stabilisierung<br />
des Patienten oder spätestens innerhalb 48h ziehen oder wechseln.<br />
Kein routinemässiger Wechsel intravaskulärer Katheter ohne Infektzeichen.<br />
3. Diagnostik bei Katheterinfektionen<br />
3.1. Blutkulturen<br />
Bei Verdacht auf Katheterinfektion gleichzeitige Entnahme von je 1 Paar Blutkultur aus<br />
Katheter und peripher vor Antibiotikagabe. Immer Ort und Zeit der Entnahme auf dem<br />
Auftragsformular vermerken (wichtig für Berechnung DTP!)<br />
Juni <strong>2012</strong> 64
3.2. Katheterspitze<br />
Kultur von Katheterspitze (10 cm) mittels Ausrollmethode bei:<br />
- Verdacht auf CR-BSI, Exit-site Infektion oder Phlebitis, auch bei peripheren Katheter<br />
- Entfernung ZVK bei hämatologischen Patienten<br />
Keine routinemässige Kultur Katheterspitze ohne Verdacht auf CRBSI.<br />
3.3 Indikation für Echokardiographie<br />
Bei CR-BSI (v.a. bei gram-positiven Keimen) und<br />
1. Fehlendes Therapieansprechen (persistierend Fieber/positive Blutkulturen ≥ 72h)<br />
2. Klinische Zeichen einer Endokarditis oder septischer Streuherde<br />
3. Kardialen Risikofaktoren (künstliche Herzklappe, Pacemaker/ICD, Klappenvitium)<br />
empfohlen<br />
4. Allen S. aureus CR-BSI mit kardialen Risikofaktoren zu diskutieren<br />
In der Regel keine Notfalluntersuchung (am sensitivsten 5-7 Tage nach Beginn<br />
Bakteriämie)<br />
3.4 Indikation für Duplexsonographie<br />
1. Klinische Hinweise auf Thrombose oder septische Thrombophlebitis<br />
2. Fehlendes Therapieansprechen (persistierend Fieber/positive Blutkulturen ≥ 72h)<br />
ohne Hinweise für Endokarditis<br />
3.5. Phlebitis<br />
Entfernung peripherer Katheter und Einsendung der Spitze auf Mikrobiologie. Bei<br />
systemischen Infektzeichen Entnahme von Blutkulturen peripher (nicht durch peripherer<br />
Katheter)<br />
4. Management und Therapie von Katheterinfekten<br />
4.1 Management CR-BSI bei nicht-tunnelierten ZVK (gemäss IDSA-Guidelines 2009)<br />
*<br />
* Komplizierte CR-BSI: Persistierendes Fieber und Bakteriämie/Fungämie ≥ 72h,<br />
intravaskulärer Fremdkörper in situ (z.B. Herzklappenprothese), Komplikationen wie<br />
Endokarditis, septische Thrombophlebitis, Osteomyelitis oder andere septische Streuherde<br />
Juni <strong>2012</strong> 65
4.2 Katheterentfernung<br />
- Generell bei schwerer Sepsis/septischer Schock ohne anderen Fokus und<br />
komplizierter CR-BSI<br />
- CR-BSI mit S. aureus, Enterokokken, gram-negativen Bakterien, Fungi<br />
- Tunnel-/Port-Infektion<br />
4.3 Katheter-erhaltende Therapie<br />
- Nur bei unkomplizierter CR-BSI mit koagulase-negativen Staphylokokken (KNS)<br />
- Folgeblutkulturen abnehmen, falls persistierende Bakteriämie ≥72hKatheter↑<br />
- Systemische Antibiotikatherapie über Katheter plus Locktherapie gemäss<br />
infektiologischem Konsil<br />
4.4 Empirische und spezifische Antibiotikatherapie<br />
Häufigste Erreger: KNS > S. aureus > Enterokokken > gram-neg. Erreger > Candida<br />
KNS sind am USB 50 % Oxacillin-resistent. Trotzdem keine empirische Vancomycin<br />
Therapie wegen Gefahr der Selektion von Vancomycin-resistenten Enterokokken.<br />
Schwere Komplikationen treten aufgrund niedriger Virulenz von KNS in der Regel bis<br />
zum Eintreffen des Antibiogrammes auch bei ungenügender Antibiotikatherapie nicht auf.<br />
Anpassen nach Erhalt des Antibiogrammes.<br />
Diagnose Empirische Therapie Bemerkungen<br />
Kolonisation<br />
Exit-site-/Tunnel-/Port-<br />
Infektion<br />
CR-BSI<br />
Erreger<br />
Nicht routinemässig<br />
Ausnahme: Bei Nachweis von<br />
S.aureus und Candida präemptive<br />
Therapie für 5-7 Tage<br />
Augmentin ® 3x2.2g iv für 7-10 Tage<br />
(+ Amikin 1g iv/24 Std. bei schwerer<br />
Sepsis)<br />
Ohne Vorbehandlung:<br />
Augmentin ® 3x2.2g iv<br />
(+ Amikin 1g iv/24 Std. bei schwerer<br />
Sepsis)<br />
Spezifische Therapie<br />
Bei Streptokokken und<br />
Enterobacteriaceae<br />
engmaschige Ueberwachung<br />
Katheter immer ziehen!<br />
Antibiotische Vorbehandlung,<br />
Neutropenie: Infektio Konsil<br />
KNS Vancomycin 2x1g/Tag iv Alternativ Daptomycin<br />
6mg/kgKG 1x/Tag iv<br />
falls Oxa-sens. Floxapen<br />
S. aureus (Oxa-sens) Floxapen® 4x2g/Tag iv<br />
Enterococcus faecalis<br />
Enterococcus faecium<br />
Gram-neg. Bakterien<br />
Candida albicans<br />
Amoxicillin 4x2g/Tag iv<br />
Vancomycin 2x1g/Tag iv<br />
+ Gentamycin 3x1mg/kgKG/Tag iv<br />
gemäss Resistenzprüfung<br />
Fluconazole 800mg LD, dann 400mg<br />
1x/Tag iv<br />
Alternative bei E. faecium:<br />
Daptomycin 6mg/kgKG 1x/Tag<br />
iv<br />
Candida nicht-albicans:<br />
Caspofungin 70mg LD, dann<br />
50mg 1x/Tag iv<br />
(bis Erhalt Resistenzprüfung)<br />
Juni <strong>2012</strong> 66
5. Katheter-Lock: Vancolock (5mg/ml) Zubereitung<br />
1. Eine Ampulle 500 mg Vancocin wird aufgelöst mit 10 ml Aqua dest = Stammlösung<br />
2. Von dieser Stammlösung werden<br />
• üblicherweise 0.2 ml (= 10 mg) abgezogen und mit 1.8 ml NaCI 0.9% verdünnt.<br />
Das ergibt 2 ml je Katheterschenkel, die eingelegt werden sollen.<br />
• bei Port-à-Cath-Kathetern 0.3 ml (= 15 mg) abgezogen und mit 2.7 ml NaCI<br />
0.9% verdünnt. Das ergibt 3 ml je Katheterschenkel, die eingelegt werden<br />
sollen.<br />
• bei Verlängerungen (z.B. Jugulariskatheter) 0.4 ml (= 20 mg) abgezogen und mit<br />
3.6ml NaCI 0.9% verdünnt. Das ergibt 4 ml je Katheterschenkel, die eingelegt<br />
werden sollen.<br />
3. Die Vancolock-Lösungen verbleiben so lange wie möglich (min. 1 Stunde) im<br />
abgestöpselten Schenkel<br />
4. Die Einlegelösung wird nicht aspiriert.<br />
5. Doppel- und Dreilumenkatheter werden gleichzeitig mit je 2 ml Vancocin-Lösung<br />
eingelegt (d.h. jeder Schenkel wird 1 mal pro 24 Std. eingelegt).<br />
6. Die restliche Stammlösung wird zur Herstellung von Kurzinfusionen verwendet<br />
6. Literatur<br />
1. Widmer AF, Frei R. Decontamination, Disinfection, Sterilization. In Murray PR, Baron<br />
EJ, Pfaller M, Tenover FC, Yolken R, eds. Manual of Clinical Microbiology, pp 138-<br />
64. Washington, D.C.: ASM Press, 2011<br />
2. Bally F, Ruef C, Troillet N. Möglichkeiten und Grenzen der konservativen<br />
Behandlung von Infektionen implantierter venöser Katheter. Swiss-Noso 2004; 11:<br />
25-32<br />
4. Hughes et al. Guidelines for the use of antimicrobial agents in neutropenic patients<br />
with cancer 2002. CID 2002; 34: 730-752<br />
5. Menon A, Ruhe J. Clinical significance of isolated Staphylococcus aureus central<br />
venous catheter tip cultures. Clin Microbiol Infect 2006; 12: 933-936<br />
6. Ekkelenkamp MB et al. Bacteremic complications of intravascular catheters<br />
colonized with Staphylococcus aureus. CID 2008; 46: 114-118<br />
7. Peacock SJ et al. Positive intravenous line tip cultures as predictors of bacteraemia.<br />
H Hosp Infect 1998; 40: 35-38<br />
8. C. Kaech et al. Course and outcome of Staphylococcus aureus bacteremia: a<br />
retrospective analysis of 308 episodes in a Swiss tertiary-care centre. Clin Microbiol<br />
Infect 2006; 12: 345-352<br />
9. Pigrau et al. Management of catheter-related Staphylococcus aureus bacteremia:<br />
when may sonographic study be unnecessary ? Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2003;<br />
22: 713-719<br />
10. Grady N. et al Guidelines for the Prevention of Intravascular Catheter-related<br />
Infections. CID 2011; 52: e1-e32<br />
11. Mermel L et al. Clinical Practice Guidelines for the Diagnosis and Management of<br />
Intravascular Catheter-Related Infection: 2009 Update by the Infectious Diseases<br />
Society of America. Clinical Infectious Diseases 2009; 49:1–45<br />
12. Bouza et al., How Many Lumens Should Be Cultured in the Conservative Diagnosis<br />
of Catheter-Related Bloodstream Infections? CID 2010; 50(12):1575–1579<br />
Juni <strong>2012</strong> 67
Gelenks-Protheseninfektionen<br />
1. Definition<br />
Protheseninfektion vorhanden falls ≥1 der folgenden Kriterien erfüllt:<br />
• Sichtbarer Eiter (Gelenkspunktat oder intraoperativ)<br />
• Fistelbildung (Kommunikation zwischen Prothese und Haut, mit oder ohne Sekretion)<br />
• Gelenkspunktat: Erhöhte Zellzahl >1.7 x 10 9 Leukozyten/l und/oder >65% Granulozyten<br />
(gilt nicht 1 Monat nach Implantation und bei entzündlichen Gelenkserkrankungen, z.B.<br />
Psoriasis, Kristallopathie)<br />
• Histologie: Akute Entzündung des periprothetischen Gewebes<br />
• Positive Kultur: Gelenkspunktat, intraoperative Gewebsbiopsien (bei niedrig-virulenten<br />
Erreger mindestens 2 Proben positiv), Sonikation der entfernten Prothese (>50 KBE/ml<br />
der Sonikationsflüssigkeit)<br />
Zeitpunkt der Manifestation von Protheseninfektion nach Implantation:<br />
• Frühinfektionen (24 Monate): meist hämatogen erworben, Primàrfokus: Harnwegs-,<br />
Haut- und Lungen-Infektionen<br />
2. Epidemiologie<br />
Häufigkeit einer Infektion:<br />
• Nach Prothesentyp (primäre Implantation, elektiv): Hüftprothese (
Untersuchung Probengefäss Auftragsformular<br />
Zellzahl &<br />
Differenzierung<br />
1 ml Punktat in Monovette lila,<br />
klein (EDTA)<br />
Hämostase/Hämatologie hellblau<br />
„Punktat“<br />
Kristalle Wenige Tropfen in Nativröhrchen Rheuma-Auftragsformular<br />
Mikrobiologie 0.5 ml Punktat in Nativröhrchen<br />
(für Grampräparat), Rest verteilt<br />
in 2 Blutkulturflaschen<br />
(aerob & anaerob)<br />
Mikrobiologie gelb (1 Blatt)<br />
„Punktat“ + Gelenk vermerken:<br />
Bakterien allgemein + Resistenzprüfung<br />
Priorität je nach Menge der Synovialflüssigkeit:<br />
• Ausreichende Probenmenge (≥1.5 ml): 1 EDTA Röhrchen (Zellzahl), 2 Nativröhrchen<br />
(Kristalle + Mikrobiologie) und 2 Blutkulturflaschen (Mikrobiologie) gefüllt.<br />
• Geringe Probenmenge (
Abbildung 1. Chirurgische Optionen, wenn keine Implantatretention möglich.<br />
Patients not qualifying for implant retention<br />
Condition of<br />
soft tissue<br />
• Intact or slightly damaged<br />
• Moderately or severely damaged<br />
• Abscess<br />
• Sinus tract<br />
Modifying<br />
circumstances<br />
Difficult-to-treat microorganism:<br />
• Methicillin-resistant<br />
Staphylococcus aureus (MRSA)<br />
• Small colony variants<br />
• Enterococcus spp.<br />
• Fungi<br />
General condition<br />
or surgical risk:<br />
• Debilitated<br />
• Bedridden<br />
• High risk for<br />
anaesthesia<br />
Underlying problems:<br />
• Severe immunosuppression<br />
• Active intravenous drug use<br />
• No functional improvement<br />
by exchange of the implant<br />
Surgical<br />
procedure<br />
• One-stage<br />
exchange<br />
• Antimicrobial<br />
treatment<br />
• Two-stage<br />
exchange with<br />
long interval<br />
(6-8 weeks)<br />
• No spacer<br />
• Antimicrobial<br />
treatment<br />
Long-term<br />
suppressive<br />
antimicrobial<br />
treatment<br />
• Implant<br />
removal<br />
without<br />
replacement<br />
• Antimicrobial<br />
treatment<br />
• Two-stage<br />
exchange with<br />
short interval<br />
(2-4 weeks)<br />
• Spacer<br />
• Antimicrobial<br />
treatment<br />
Zimmerli W. NEJM 2004;351:1645<br />
Zimmerli W, NEJM 2004, 351:1645<br />
Zu Beachten:<br />
• Bei 2-zeitigem Wechsel im Implantat-freien Intervall kein Rifampicin, auch wenn Spacer in<br />
situ.<br />
• Rifampicin wird erst nach Schluss der Wunde und Entfernung der Wunddrainagen dazu<br />
geben.<br />
• Gesamte Therapiedauer 3 Monate (bei Knieprothesen 6 Monate).<br />
Juni <strong>2012</strong> 70
Tabelle 1. Behandlung von Protheseninfektionen.<br />
Erreger Antibiotikum Dosis bei normaler<br />
Nierenfunktion<br />
Staphylococcus aureus<br />
oder koagulase-negative<br />
Staphylokokken<br />
Methicillin-sensibel<br />
Methicillin-resistent<br />
Streptococcus spp.<br />
(ausser S. agalactiae)<br />
Enterococcus spp.<br />
(penicillin-sensibel) und<br />
S. agalactiae<br />
Enterobacteriaceae<br />
(Chinolon-sensibel)<br />
Nonfermenter<br />
(z.B. Pseudomonas<br />
aeruginosa)<br />
Anaerobier 4<br />
Polymikrobieller Infekt<br />
Rifampicin plus<br />
Flucloxacillin 1<br />
für 2 Wochen, dann<br />
Rifampicin plus<br />
Ciprofloxacin oder<br />
Levofloxacin<br />
Rifampicin plus<br />
Vancomycin oder<br />
Daptomycin<br />
für 2 Wochen, dann<br />
Rifampicin plus<br />
Ciprofloxacin oder<br />
Levofloxacin oder<br />
Teicoplanin oder<br />
Fucidinsäure oder<br />
Cotrimoxazol oder<br />
Minocycline<br />
Penicillin G 1 oder<br />
Ceftriaxon<br />
für 4 Wochen, dann<br />
Amoxicillin<br />
Amoxicillin 2<br />
plus Gentamycin<br />
für 2-4 Wochen, dann<br />
Amoxicillin 3<br />
Ciprofloxacin<br />
Cefepime oder Ceftazidime<br />
plus Tobramycin<br />
für 2-4 Wochen, dann<br />
Ciprofloxacin<br />
Clindamycin<br />
für 2 Wochen, dann<br />
Clindamycin<br />
Infektiologisches Konsil<br />
2 x 450 mg po/iv<br />
4 x 2 g iv<br />
2 x 450 mg po<br />
2 x 750 mg po<br />
2 x 500 mg po<br />
2 x 450 mg po/iv<br />
2 x 1 g iv<br />
1 x 10 mg/kg iv<br />
2 x 450 mg po<br />
2 x 750 mg po<br />
2 x 500 mg po<br />
1 x 400 mg iv<br />
3 x 500 mg po<br />
2 x 2 Tabl. Forte po<br />
2 x 100 mg po<br />
4 x 5 million U iv<br />
2 g alle 24 h iv<br />
3 x 750-1000 mg po<br />
4 x 2 g iv<br />
3 x 1 mg/kg iv<br />
3 x 750-1000 mg po<br />
2 x 750 mg po<br />
3 x 2 g iv<br />
5-7 mg/kg/24 h iv<br />
2 x 750 mg po<br />
3 x 600 mg iv<br />
3 x 600 mg po<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Bei Penicillin-Allergie nicht vom Typ 1: Cefazolin (3 x 2 g iv);<br />
bei Typ 1 Allergie (Anaphylaxie): Vancomycin (2 x 1 g iv) oder Daptomycin (1 x 10 mg/kg iv).<br />
Bei Penicillin-Allergie: Vancomycin (2 x 1 g iv) plus Gentamycin (3 x 1 mg/kg iv) oder<br />
Daptomycin (1 x 10 mg/kg iv)<br />
Orale Therapie bei Penicillin-Allergie Infektiologisches Konsil<br />
Alternative: Penicillin G (5 million U alle 6 h iv) oder Ceftriaxon (2 g alle 24 h iv) bei grampositiven<br />
Anaerobiern (e.g. Propionibacterium acnes) und Metronidazole (500 mg alle 8 h iv<br />
oder po) bei gram-negativen Anaerobiern (e.g. Bacteroides spp.).<br />
Juni <strong>2012</strong> 71
Tuberkulose<br />
1. Diagnostik der offenen Lungentuberkulose<br />
1.1. Anamnese und Radiologie<br />
Frage insbesondere nach chronischem Husten, B-Symptomatik, Tbc-Fall im sozialen<br />
Umfeld, frühere Tbc-Diagnose/Therapie, Reiseanamnese, Herkunftsland,<br />
Asylbewerber, Risikofaktoren wie Malnutrition, Immunsuppression, HIV etc.<br />
Röntgen Thorax (falls unklar CT): Tbc-typische Veränderungen (Kaverne, Infiltrate<br />
Oberlappen etc.)<br />
1.2. Mikrobiologie<br />
Bei V.a. aktiver Lungentuberkulose sind folgende Proben zu entnehmen:<br />
3 Sputen mit Bronchialsekret (nicht Speichel), davon vorzugsweise min.<br />
1 Morgensputum. Alle Sputen können am gleichen Tag in zeitlichem Abstand von min.<br />
1 Stunde entnommen werden* oder<br />
3 induzierte Sputen nach Inhalation mit hypertoner NaCl Lösung 3% oder<br />
1 BAL und 1 Post-BAL-Sputum (Entnahme unmittelbar nach der BAL) und<br />
1 weiteres Sputum (spontan oder induziert)<br />
Bei allen 3 Proben Direktpräparat auf säurefeste Stäbchen und Kultur auf<br />
Mykobakterien, bei min. 2 Proben PCR Tbc<br />
Bemerkungen:<br />
Sputumproben sind sensitiver als eine BAL (Verdünnungseffekt)<br />
GeneXpert: PCR Tbc und Bestimmung genetischer Rifampicin-Resistenz (Sensitivität<br />
99%), Resultate innerhalb 2 Stunden auf Anfrage (bei hochgradigem Verdacht auf<br />
multiresistente Tbc oder schnell gewünschtem Resultat) möglich.<br />
Tbc=M. tuberculosis complex PCR: M. tuberculosis, M. africanum, M. bovis und M.<br />
bovis- BCG (Impfstamm), selten M. caprae, M. canettii, M. microti und M. pinnipedii.<br />
Tuberkulin-od. γ-Interferon-Test diskriminiert nicht zwischen aktiver und latenter Tbc<br />
Bei Tbc-Neudiagnose immer HIV-Test.<br />
Juni <strong>2012</strong> 72
2. Therapie der Tuberkulose<br />
2.1. Standardbehandlung bei Personen mit pansensibler Tbc<br />
Die Behandlung besteht aus einer 8-wöchigen Initialphase (rasche Keimreduktion durch<br />
Medikamente mit guter bakterizider Aktivität) sowie einer Konsolidationsphase<br />
(Sterilisation von Keimreservoirs). Zur Verhinderung einer Resistenzentwicklung werden<br />
in der Initialphase mindestens 4 wirksame Medikamente eingesetzt. Bei pansensibler Tbc<br />
kann Ethambutol nach Erhalt der Resistenz gestoppt werden.<br />
Einnahme der Medikamente prinzipiell morgens nüchtern.<br />
Initialphase (8 Wochen) Konsolidationsphase (Dauer vgl. Pkt. 2.2)<br />
Medikamente Dosierung/Tag (max. Dosierung) Medikamente Dosierung/Tag<br />
Isoniazid INH<br />
Rifampicin RIF<br />
Pyrazinamid PZA<br />
Ethambutol ETB<br />
5mg/kg KG (300mg)<br />
10mg/kg KG (600mg)<br />
25mg/kg KG<br />
15-20mg/kg KG<br />
Isoziazid INH<br />
Rifampicin RIF<br />
5mg/kg KG<br />
10mg/kg KG<br />
Medikamente Dosierung/Tag (max. Dosierung) Medikamente Dosierung/Tag<br />
Kombinationspräparate<br />
Kombinationspräparate<br />
Rimstar ®<br />
30–37kg: 2 Tabl<br />
Rifinah ®<br />
50kg: 4Tabl<br />
PZA 400mg, ETB 275mg pro Tabl) 55-70kg: 4 Tabl<br />
pro Tabl)<br />
oder<br />
≥71kg: 5 Tabl<br />
Rifater ®<br />
30-39kg: 3 Drg<br />
oder<br />
(INH 50mg, RIF 120mg,<br />
40-49kg: 4 Drg<br />
Isoniazid USP ® (INH) 300mg/Tag<br />
PZA 300mg pro Drg)<br />
50-64kg: 5 Drg<br />
+<br />
+<br />
≥ 65 kg: 6 Drg<br />
Rimactan ® (RIF)<br />
600mg/Tag<br />
Myambutol ® (ETB 100/400mg Tabl) 15-20 mg/kg KG<br />
Vitamin B6<br />
40mg/Tag sofern Isoniazid Bestandteil der Kombinationstherapie ist<br />
2.2. Therapiedauer bei Personen mit neuer Erkrankung (mit und ohne HIV Infektion)<br />
Klinik Dauer Steroide<br />
Lungentuberkulose<br />
Kavernös<br />
6 Monate (Kultur neg, nach 2 Mo) nein<br />
9 Monate (Kultur pos. nach 2 Mo)<br />
Nicht kavernös 6 Monate nein<br />
Extrapulmonale Tuberkulose<br />
Lymphknoten, Pleura, urogenital 6 Monate nein<br />
Perikard 6 Monate Prednison 60mg/Tag für 4 Wo,<br />
30mg/Tag für 4 Wo, 15mg/Tag für 2<br />
Wo, 5mg/Tag für 1 Wo<br />
Knochen/Gelenke<br />
6 Monate (9-12 Monate bei<br />
nein<br />
ausgedehntem Befund und Komplik.)<br />
ZNS inklusive Meningitis 12 Monate Dexamethason 3x4mg/Tag 3 Wo,<br />
Ausschleichen über 3 Wo<br />
Juni <strong>2012</strong> 73
2.3. Follow-up unter tuberkulostatischer Therapie bei pansensibler Lungen-Tbc<br />
Tag § Monat §<br />
Untersuchung<br />
0 10 14 21 1 1 ½ 2 3 4 5<br />
EoT<br />
Sputum (DP, Kultur)<br />
- nicht-kavernös<br />
- kavernös<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X<br />
X 1<br />
X X 1 X 1<br />
X 1,2<br />
X<br />
X<br />
Rx- Thorax X (X) (X)<br />
Compliance X X X X X X X X<br />
ALAT 3 X X X X X X X X X<br />
Farbsehen 4 X 4 X 4 X 4 X 4 X 4 X 4<br />
1<br />
nach Austritt monatliche Sputumkontrollen bis 2 konsekutive Sputen Kultur negativ bei nichtkavernöser<br />
Tbc, rsp. 3 konsekutive Sputen bei kavernöser Tbc (bezüglich Entisolation vgl. 4.3)<br />
2<br />
bei kavernöser Tbc und pos. 2-Monats-SputumkulturenVerlängerung Therapie auf total 9 Monate<br />
3<br />
falls 3x Norm + Symptome oder 5x Norm ohne Symptome Stopp Therapie und infektiologisches<br />
Konsil, ev. HBV/HCV-Serologie<br />
4<br />
Elektroretinogramm/evorzierte Potentiale, falls Ethambutol > 2 Monate und Dosierung >20mg/kg KG<br />
§ angegebene Tage und Monate sind als ungefähre Richtgrössen zu verstehen<br />
(X) fakultativ, EoT End of treatment<br />
2.4. Resistente Tuberkulose<br />
2.4.1. Definitionen<br />
Isolierte Resistenz<br />
Resistenz gegen einzelne Substanzen (INH > RIF)<br />
MDR-Tbc (multidrug resistant) Resistenz gegen INH und RIF<br />
XDR-Tbc (extensively drug resistant) MDR plus Resistenz gegen alle Fluorochinolone und min. 1<br />
injizierbares Medikament (WHO-Definition)<br />
Risikofaktoren für resistente Tbc: frühere Tbc-Diagnose/-Therapie, abgebrochene Tbc-Therapie,<br />
Gefängnisaufenthalt, Herkunft aus Ländern mit erhöhtem Risiko für Multiresistenz (v.a.<br />
Osteuropa/Ex-Sowjetunion) Bei V.a. oder bestätigte resistente Tbc immer infektiol. Konsil<br />
2.4.2. 2 nd -line Medikamente gegen Tbc<br />
Medikament Dosierung Wichtige Nebenwirkungen<br />
Moxifloxacin 400mg/Tag Tendopathien, QT-Zeit-Verlängerungen<br />
Injizierbare Medikamente:<br />
- Aminoglykoside (Amikacin 15mg/kg KG Oto-/Nephrotoxizität<br />
Streptomycin*, Kanamycin*)<br />
- Capreomycin*<br />
15mg/kg KG<br />
Cycloserine* 500-750mg/Tag Neurotoxizität<br />
Para-Aminosalicylsäure PAS* 8-12g/Tag GIT-Nebenwirkungen<br />
Ethionamid/Prothionamid* 500-750mg/Tag GIT-Nebenwirkungen, Neurotoxizität<br />
3 rd -line Medikamente: Linezolid, Amoxicillin/Clavulansäure, Clarithromycin, TMC207* etc.<br />
*nicht in der Schweiz erhältlichBestellung über Spitalapotheke (weitere Infos www.tbinfo.ch)<br />
2.5. HIV und aktive Tuberkulose: Zeitpunkt cART-Beginn in Abhängigkeit der CD4<br />
CD4 (Zellen/ul)<br />
Beginn der cART<br />
< 100 So bald wie möglich, idealerweise innerhalb 2 Wo nach Start Tbc-Th<br />
100-350 ca. 2 Wochen nach Start Tbc-Therapie<br />
> 350 Individuell, ev. erst nach Abschluss der Tbc-Therapie<br />
CAVE Interaktionen Rifampicin mit cART und IRIS (Immunrekonstitutionssyndrom)<br />
immer infektiologisches Konsilium bei HIV-Patienten mit Tbc<br />
Juni <strong>2012</strong> 74
2.6. Behandlungsergebnisse Definitionen<br />
Therapie-naive Früher nie oder < 1 Monat mit Tuberkulostatika behandelt<br />
Vorbehandelt<br />
Früher ≥1 Monat mit Tuberkulostatika behandelt<br />
- Relapse (Rezidiv) Erneut positive mikrobiologische Untersuchung nach primär<br />
erfolgreich abgeschlossener tuberkulostatischer Therapie mit<br />
negativen Kulturen. Kann bedingt sein durch 1. ungenügende<br />
Therapie (true relapse) oder 2. exogene Reinfektion<br />
- Failure<br />
Persistierend oder wiederholt positive Kultur nach 4 Monaten<br />
(Therapieversagen) adäquater tuberkulostatischer Therapie<br />
- Therapieabbruch Unterbruch der Therapie für min. 2 Monate<br />
- Chron. Tuberkulose Positive mikrobiolog. Untersuchung nach der 2. vollständig<br />
überwachten Behandlung (idR. multiresitent)<br />
2.7. Management Therapieunterbruch<br />
Eine vollständige Therapie ist definiert durch die Anzahl eingenommener Dosen<br />
(Standardregime über 6 Monate bei Einnahme 7x/Woche: 56 Dosen Pyrazinamid, 182<br />
Dosen Isoniazid (INH) und Rifampicin (RIF)). Je früher und länger der<br />
Therapieunterbruch stattfindet, desto höher ist das Rezidivrisiko und desto eher muss die<br />
Therapie neu begonnen werden.<br />
CDC Recommendations and Reports, Treatment of Tuberculosis, June 20, 2003/Vol. 52/No. RR-11<br />
Juni <strong>2012</strong> 75
3. Latente Tuberkulose (LTbc)<br />
= positiver Tuberkulin-Test oder γ-Interferon-Test ohne Hinweise für aktive Tbc.<br />
3.1. Epidemiologie<br />
Das Lebenszeitrisiko für die Reaktivierung in aktive Tuberkulose beträgt ca. 5-10% (50%<br />
in den ersten 2 Jahren nach Exposition, die restlichen 50% im Verlaufe des Lebens), gilt<br />
auch für HIV-Patienten unter cART.<br />
3.2. Behandlung der latenten Tuberkulose beim Erwachsenen<br />
3.2.1. Indikation (adaptiert nach CDC und Lungenliga CH 2011)<br />
Eine latente Tbc soll generell nur dann gesucht werden, wenn bei einem positiven Befund<br />
auch eine entsprechende Therapie in Erwägung gezogen wird. Voraussetzung für die<br />
Therapie einer LTbc ist immer der Ausschluss einer aktiven Tbc (vgl. Kapitel 1).<br />
Risikofaktoren Tuberkulintest γ-Interferon- Behandlung<br />
Test<br />
Hohes Risiko<br />
Kürzliche Tbc Exposition 1<br />
- Immunkompetente ≥ 5mm oder Konversion positiv ja<br />
- Immunsuppression 3 positiv od. negativ 2 positiv,negativ 2 ja 2<br />
Radiologische Tbc Residuen ≥ 5mm oder Konversion positiv ja<br />
HIV Infektion<br />
≥ 5mm oder Konversion<br />
negativ<br />
positiv<br />
negativ<br />
ja<br />
fakultativ<br />
Immunsuppression 3 ≥ 5mm oder Konversion positiv 4 ja<br />
Mittleres Risiko<br />
Immigration von Endemiegebiet ≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />
innerhalb der letzten 5 Jahre<br />
Mitarbeitende des<br />
≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />
Gesundheitswesens<br />
Intravenöser Drogenkonsum ≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />
Grundkrankheit<br />
≥ 10mm oder Konversion positiv ja<br />
Silikose, Diabetes mellitus, chronische<br />
Niereninsuffizienz, Malignom,<br />
hämatologische Erkrankungen,<br />
Gastrektomie, Jejuno-ilealer Bypass,<br />
Gewichtsverlust >10% KG<br />
Kleines Risiko<br />
Keine Risikofaktoren ≥ 15mm oder Konversion positiv fakultativ 5<br />
1 innerhalb der letzten 2 Jahre<br />
2 Tuberkulin-und γ-Interferon-Test können falsch neg. seinBehandlung in jedem Fall erwägen<br />
3<br />
Transplantierte, Steroide ≥15mg Prednison für ≥1 Monat oder Äquivalent, TNF-α Blocker<br />
4<br />
Sensitivität bei dieser Population nicht definitiv festgelegt<br />
5<br />
Toxizität der Medikamente nimmt mit dem Alter zu, Behandlung zu empfehlen
3.3. Bemerkungen zum Tuberkulin- und γ-Interferon-Test<br />
3.3.1. Tuberkulin-Test (=Mantoux-Test)<br />
• Test kann bei Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien oder<br />
vorausgegangener BCG-Impfung falsch positiv sein.<br />
• Testdurchführung: 0,1 ml der Tuberkulinlösung intradermal in ventralen Teil des<br />
Unterarmes. Ablesung nach 48 bis 72 Stunden: Grösse des Querdurchmessers der<br />
tastbaren Induration (senkrecht zur Längsachse des Armes) in Millimetern, Induration<br />
muss deutlich erkennbar sein (ca.1 mm hoch).<br />
3.3.2 γ-Interferon-Tests (T-Spot ® -Test oder QuantiFERON-TB ® Test)<br />
• Die Tests basieren auf der in vitro gemessenen Produktion von γ-Interferon durch T-<br />
Lymphozyten, die mit Tbc-spezifischen Peptiden (ESAT-6 und CFP-10 beim T-Spot ® -<br />
Test) stimuliert wurden. Diese Peptide fehlen bei BCG-M. bovis und bei den meisten<br />
nicht-tuberkulosen Mykobakterien.<br />
T-Spot ® -Test wird durchgeführt am Institut für medizinische Mikrobiologie IMM Basel,<br />
Blutentnahme (Li-Heparin LH, 7,5ml, grüner Deckel) muss Montag-Freitag jeweils<br />
bis 12.00Uhr erfolgen!<br />
Vor- und Nachteile der γ-Interferon-Tests gegenüber dem Tuberkulintest<br />
Vorteile<br />
− Test spezifischer bei gleicher Sensitivität:<br />
Keine Beeinflussung durch BCG oder<br />
nicht-tuberkulöse Mykobakterien<br />
(Ausnahme<br />
M. kansasii, M. marinum, M. szulgai)<br />
− Keine Boosterreaktion bei wiederholten<br />
Testungen<br />
− Kein Ablese-Bias-/Fehler<br />
− Keine falsch positiven Resultate<br />
− Patient muss nur 1x für den Test kommen<br />
Nachteile<br />
− Venöse Blutabnahme<br />
− Zeitliche Limitation bei Weiterverarbeitung<br />
der Blutproben,Transportlogistik<br />
− Bedeutung der unterschiedlichen Spiegel<br />
unbekannt<br />
− Einfluss medikamentöser Behandlung<br />
unklar<br />
− Interpretation eines positiven Tests in Bezug<br />
auf Risiko der Entwicklung einer<br />
Tuberkulose im Gegensatz zum<br />
Tuberkulintest noch ungenügend bekannt<br />
− Teuer<br />
Juni <strong>2012</strong> 77
4. Isolation und Entisolation<br />
4.1. Indikationen für eine Tbc-Isolation<br />
Ziel: Vermeidung der Keimübertragung durch Mikrotröpfchen (= Aerosol,
4.2.3. Schutzausrüstung im Patientenzimmer<br />
Indikation<br />
FFP2<br />
Schutzmaske<br />
FFP3<br />
Schutzmaske<br />
mit Ventil<br />
Überschürze<br />
Handschuhe<br />
Tbc P/B P/B P/B<br />
Multiresistente Tbc *PA P/B P/B P/B<br />
Bei: Bronchoskopie,<br />
Inhalation,<br />
Sputuminduktion<br />
P/B P/B P/B<br />
P/B = Personal und Besuchende<br />
*PA = Patientinnen und Patienten: Tragen bei multiresistentem Erreger bei Anwesenheit von<br />
Personen im Zimmer (Visite, pflegerische Handlungen, Besuch) eine FFP2-Maske<br />
• Die Schutzmaske kann mehrmals durch die gleiche Person benutzt werden. Sie wird<br />
in der Schleuse in einer bezeichneten Einweg-Nierenschale aufbewahrt und muss<br />
nach Schichtende oder bei Durchnässung entsorgt werden.<br />
• Besuch von Kindern unter 12 Jahren: nach Rücksprache mit der <strong>Spitalhygiene</strong><br />
4.2.4. Patientinnen und Patienten<br />
verlassen das Zimmer nur in Begleitung von instruiertem Personal (Untersuchung<br />
oder Sonderregelung) und tragen eine FFP2 Schutzmaske<br />
notwendige diagnostische und therapeutische Massnahmen werden, wenn möglich,<br />
auf Ende des Tagesablaufes geplant oder im Patientenzimmer durchgeführt<br />
das Pflegepersonal beaufsichtigt und dokumentiert die Einnahme der<br />
Tuberkulostatika (=DOT)<br />
werden angeleitet, Einweg-Taschentücher zu verwenden und diese direkt in den<br />
bereitgestellten Abfallsack zu entsorgen<br />
werden informiert über die Notwendigkeit der Händedesinfektion, insbesondere nach<br />
Niesen, Husten, Gebrauch von Taschentüchern<br />
4.3 Aufhebung der Tbc-Isolation im Spital<br />
4.3.1. Bei bestätigter Tuberkulose<br />
Erfolgt ausschliesslich auf Anordnung des Dienstarztes/-aerztin <strong>Infektiologie</strong>,<br />
<strong>Spitalhygiene</strong> oder Pneumologie. Dieser meldet die Aufhebung der Isolation<br />
gleichentags der <strong>Spitalhygiene</strong><br />
Patienten mit offener Tbc sollen nach Rücksprache mit der <strong>Infektiologie</strong> oder<br />
<strong>Spitalhygiene</strong> baldmöglichst aus dem Spital entlassen werden. Voraussetzung ist die<br />
Weiterführung und Compliance der Tbc-Therapie, soziale oder administrative<br />
Hindernisse müssen vor Entlassung berücksichtigt werden.<br />
Falls der Patient nach Aufhebung der Tbc-Isolation nicht entlassen wird, soll er<br />
möglichst nicht in ein Mehrbettzimmer und nicht zu immunkompromittierten Patienten<br />
mit erhöhter Empfindlichkeit für Tuberkulose verlegt werden<br />
Juni <strong>2012</strong> 79
4.3.1.1. Kriterien für die Aufhebung der Isolation im Spital<br />
• überwachte Medikamenteneinnahme seit mindestens 14 Tagen, gut toleriert<br />
• klinisches Ansprechen auf die Therapie (Husten gering oder fehlend)<br />
• Deutliche Abnahme der säurefesten Stäbchen in je 1 Verlaufssputum ca. am Tag 10<br />
und 14 nach Therapiestart.<br />
• Empfindlichkeit von M. tuberculosis auf Isoniazid und Rifampicin in der Kultur oder<br />
negative PCR für Rifampicin Resistenz<br />
• Bei Kaverne vgl. 4.3.1.2<br />
• Bei MDR-/XDR-Tbc vgl. 4.3.1.2<br />
4.3.1.2. Spezialfälle<br />
Bei Vorliegen einer Kaverne (zusätzlich zu den Kriterien 4.3.1.1)<br />
• Verlängerung der Tbc-Isolation im Spital auf min. 21 Tage<br />
• Dokumentation deutlicher Abnahme der säurefesten Stäbchen in 3<br />
Verlaufssputen ca. am Tag 10, 14 und 21<br />
Bei Vorliegen einer multiresistenten Tuberkulose (MDR, XDR)<br />
• Weiterführung der Tbc-Isolation bis zum Vorliegen von drei negativen Sputum-<br />
Kulturen, die in einem Abstand von min 8-24 Stunden abgenommen wurden.<br />
4.3.2. Bei Tuberkuloseverdacht<br />
Hoher Tuberkuloseverdacht<br />
Bei klinisch hohem Tbc-Verdacht bleibt der Patient isoliert, bis er min. 2 Wochen<br />
behandelt ist, auch wenn Sputum und PCR negativ sind!<br />
Geringer bis mässiger Tuberkuloseverdacht<br />
Entisolation möglich, sobald 3 Sputen mit negativem Direktpräparat und min. 2 Sputen<br />
mit negativer PCR vorliegen. PatientInnen mit mässigem Verdacht können ggf. nach<br />
Entisolation in ein Zweibettzimmer zu einem immunkompetenten Patienten verlegt<br />
werden ( Auflage an Stationsleitung).<br />
4.4. Vorgehen im ambulanten Spitalbereich nach Entisolation im Spital<br />
• Grundsätzlich braucht es für die Betreuung der Patienten keine speziellen<br />
Vorsichtsmassnahmen, sofern die Entisolationskriterien erfüllt sind (vgl. 4.3.1.1/2).<br />
• Zusätzliche Vorsichtsmassnahmen werden bei einer kavernösen Lungen-Tbc<br />
zur weiteren Minimierung des Transmissionsrisiko auf Verordnung des Dienstarztes<br />
<strong>Infektiologie</strong> oder <strong>Spitalhygiene</strong> umgesetzt:<br />
- Patient trägt im Spitalbereich inklusive Untersuchungsraum eine FFP 2 Maske bis<br />
zur Dokumentation von 3 neg. Direktpräparaten oder neg. Kulturen (Verlaufssputen<br />
in Abstand von min. 8-24 Stunden abnehmen).<br />
- Empfehlung: Personal trägt bei engem Patientenkontakt (z.B. Auskultation) eine<br />
FFP2-Maske.<br />
- Ueberschürze und Handschuhe müssen nicht angezogen werden. Das<br />
Untersuchungszimmer muss keiner Schlussdesinfektion unterzogen werden.<br />
5. Information, Meldepflicht und Umgebungsuntersuchung<br />
5.1. Information der Patientin, des Patienten sowie der Angehörigen über<br />
• den Übertragungsweg<br />
• die Isolationsmassnahmen<br />
Juni <strong>2012</strong> 80
5.2. Meldepflicht (Details siehe HRL 3.05 und 8.4)<br />
• Patientinnen und Patienten mit Tuberkulose müssen vom behandelnden Arzt<br />
innerhalb einer Woche schriftlich dem Kantonsarzt gemeldet werden (Formular unter<br />
www.bag-anw.admin.ch/infreporting/forms/d//arzt_d.pdf).<br />
• Wenn die Diagnose im Mikrobiologielabor USB gestellt wird, sendet das Labor eine<br />
Kopie des Befundes an die <strong>Spitalhygiene</strong> und das Meldeformular für die spitalinterne<br />
Umgebungsuntersuchung an den zuständigen Stationsarzt.<br />
• Der Stationsarzt sendet das bearbeitete Formular an die <strong>Spitalhygiene</strong> weiter. Die<br />
<strong>Spitalhygiene</strong> entscheidet folgend über die Indikation für eine<br />
Umgebungsuntersuchung im USB.<br />
5.3. Umgebungsuntersuchung nach Tuberkulose-Kontakt (Details siehe HRL 3.05 und 8.4)<br />
• Die Umgebungsuntersuchung für das Personal wird vom Personalarztdienst<br />
organisiert und durchgeführt.<br />
• Die Umgebungsuntersuchung für Kontaktpatientinnen und -patienten wird vom<br />
verantwortlichen Oberarzt bzw. leitenden Arzt der Station durchgeführt.<br />
• Die Umgebungsuntersuchung für Angehörige und Kontaktpersonen ausserhalb des<br />
USB sowie bereits ausgetretene Kontaktpatientenen wird vom Kantonsärztlichen<br />
Dienst angeordnet.<br />
6. BCG-Impfung<br />
In der Schweiz wird die BCG-Routineimpfung nicht mehr empfohlen, auch nicht für<br />
medizinisches Personal (wurde bis ca. 1985 routinemässig durchgeführt).<br />
7. Untersuchung des Personals auf Tbc<br />
Wird vom PAD organisiert und durchgeführt (vgl auch HRL 6.01)<br />
Juni <strong>2012</strong> 81
8. Literatur:<br />
1. Laifer G et al. Polymerase chain reaction for Mycobacterium tuberculosis. Impact on clinical<br />
management of refugees with pulmonary infiltrates. Chest 2004; 125: 981-986.<br />
2. Long R. Relative versus absolute noncontagiousness of respiratory tuberculosis on<br />
treatment. Inf Control Hosp Epidmiol 2003; 24: 831-838.<br />
3. Tostmann et al. Tuberculosis transmission by patients with smear-negative pulmonary<br />
tuberculosis in a large cohort in the Netherlands. Clin Infect Dis 2008; 47: 1135-42.<br />
4. Brown M et al. Prospective study of sputum induction, gastric washing, and bronchoalveolar<br />
lavage fort he diagnosis of pulmonary tuberculosis in patients who are unable to expetorate.<br />
Clin Infect Dis 2007; 44: 1415-1420.<br />
5. Tissot F et al. Influence of Bacille Calmette-Guerin vaccination on size of tuberculin skin test<br />
reaction: to what size ? Clin Infect Dis 2005; 40. 211-217.<br />
6. Targeted Tuberculin-Testing and treatment of latent tuberculosis infection. MMWR 2000; 49:<br />
1-43.<br />
7. Elzi et al. Reducing tuberculosis incidence by tuberculin skin testing, preventive treatment,<br />
and antiretroviral therapy in an area of low tuberculosis transmission. Clin Infect Dis. 2007<br />
Jan 1;44(1):94-102.<br />
8. Hillemann D, Rüsch-Gerdes S, Richter E. Evaluation of the GenoType MTBCDRplus assay<br />
for rifampin and isoniazid susceptibility testing of Mycobacterium tuberculosis strains and<br />
clinical specimens. J Clin Microbiol 2007; 45: 2635-2640.<br />
9. Handbuch Tuberkulose. BAG und Schweizerische Lungenliga 2011.<br />
10. Treatment of tuberculosis. MMWR 2003; 52: 1-74.<br />
11. Mukherjee JS et al. Programmes and principles in treatment of multidrug-resistant<br />
tuberculosis. Lancet 2004; 363:474-481.<br />
12. Boehme et al, Rapid Molecular Detection of Tuberculosis and Rifampin Resistance. N Engl J<br />
Med 2010;363:1005-15.<br />
13. MMWR (CDC), Updated Guidelines for the Use of Nucleic Acid Amplification Tests in the<br />
Diagnosis of Tuberculosis 2009; Vol. 58, No 1<br />
14. Lungenliga, Handbuch Tuberkulose, 2011<br />
15. EACS HIV-Guidelines 2001<br />
Juni <strong>2012</strong> 82
Zecken-übertragene Erkrankungen in der Schweiz<br />
1. Uebersicht Zecken-übertragene Erkrankunge weltweit<br />
Borreliose<br />
Tularämie<br />
Keime Diagnostik Vorkommen<br />
Borrelia burgdorferi<br />
sensu latu<br />
s. unten Europa, USA<br />
FSME-Virus s. unten Von Europa, v.a. Zentraleuropa<br />
über Russland bis China, innerhalb<br />
dieses Gebietes gibt es Cluster von<br />
Endemiegebieten, nicht >1000<br />
m.ü.M.<br />
Francisella<br />
tularensis<br />
PCR aus<br />
Lymphknotenaspirat,<br />
Serologie (ab 3.<br />
Erkrankungswoche)<br />
Skandinavien, Osteueropa, aber<br />
auch in CH<br />
Q-Fieber Coxiella burnetti Serologie, PCR Ubiquitär inkl. CH<br />
Ehrlichiose<br />
Ehrlichia<br />
chaffeensis<br />
Anaplasma<br />
phagocytophilum<br />
PCR für frühe Dx,<br />
Ausstrich selten pos.<br />
Blutausstrich in 80%<br />
pos.<br />
Südosten USA<br />
Mittl. Westen USA, Europa inkl CH<br />
Babesiose B. microtii Blutausstrich USA, Zentralamerika<br />
Zeckenübertragene<br />
Rickettsiosen<br />
Rocky mountain<br />
spotted fever<br />
Frühsommer-<br />
Meningoencephalitis<br />
Mittelmeerfleckfieber<br />
B. divergens Blutausstrich Mitteleuropa, CH bisher kein Fall<br />
>> Riesige Gruppe mit vielen Erregern, untenstehend nur eine Auswahl, für<br />
umfassende Information siehe Referenz 1<br />
>> Die Serologie am IMM umfasst: R. conorii, R. africae, R. rickettsii, R. typhii,<br />
R. prowazeckii, whs auch R. sibiriae und R. australiae (ev noch weitere<br />
Typen, aber dafür zu wenig Daten)<br />
R. rickettsii USA, Zentralamerika<br />
R. conorii Mittelmeerraum, Afrika, Indien,<br />
Schwarzmeerraum<br />
R. helvetica R. helvetica Europa, Japan, Thailand<br />
African tick bite<br />
fever<br />
R. africae Afrika südlich der Sahara,<br />
Guadeloupe<br />
Juni <strong>2012</strong> 83
2. Frühsommer-Meningoencephalitis FSME<br />
(Synonym im engl. Sprachraum: tickborne encephalitis, tickborne disease)<br />
2.1. Vorkommen/Uebertragung<br />
Transmission während den ersten Minuten des Zeckenbisses (anders als Lyme). Saison:<br />
Frühling (über 6°C) bis November<br />
2.1.1. Internetadressen für Endemiegebiete<br />
Karte für CH: www.admin.bag.ch >> FSME<br />
Karte für D: www.rki.de >> FSME<br />
Angaben für F: www.sante.gouv.fr/meningoencephalite-a-tique.html<br />
Angaben für A: http://zecken.at/fsme/verbreitungsgebiete/<br />
Angaben für I: www.epicentro.iss.it/problemi/zecche/meningoencefalite.asp<br />
2.2. Klinik<br />
Inkubationszeit median 8 Tage (4-28d), symptomatisch nur 50%. Typisch biphasischer Verlauf:<br />
5d (2-10d) Prodromalphase mit Fieber (99%), Fatigue, Kopfweh, ev. leichte Leukopenie,<br />
Thrombopenie, erhöhte Transaminasen. Nach 7d (1-20d) symptomfreies Intervall Meningitis<br />
(45%), Meningoencephalitis (45%), Myelitis/Radikulitis (10%)<br />
Typisch für Flaviviren: Extrapyramidale Symptomatik mit Bradykinese, Rigor, Tremor oder Befall<br />
der Vorderhörner mit „poliomyelitis-like syndrome“ mit zusätzlichen schlaffen Paresen.<br />
2.3. Diagnostik<br />
Liquor: Pleocytose (i.d.R. unter 100/mm 3 ), mononukleär, leicht erhöhtes Protein.<br />
Serologie: FSME-IgM 7-10d nach Infektion, IgG 14d nach Infektion.<br />
Faustregel: Zum Zeitpunkt der Meningoencephalitis ist FSME-IgM im Serum positiv.<br />
IgM bleibt monatelang positiv, IgG persistiert lebenslang.<br />
Intrathekale Antikörper: Intrathekale Antikörper erscheinen einige Tage nach den Serumantikörpern.<br />
Liquor-Serum-Antikörperindex hilfreich bei Geimpften, da FSME-Antikörper im Liquor<br />
nur bei Infektion, nicht bei Impfung, gebildet werden.<br />
PCR: im Liquor nicht sinnvoll, da sehr tiefe Sensitivität.<br />
2.4. Therapie: symptomatisch<br />
2.5. Impfung<br />
Empfehlung BAG: für alle Erwachsene und Kinder >6j, die in Endemiegebieten wohnen oder<br />
sich zeitweise dort aufhalten<br />
Impfung: Wirksamkeit von ca. 95% nach 3 Dosen. Breakthrough-Infektionen trotz Impfung sind<br />
beschrieben (in CH 8 Fälle von 1995-2004). Impfung in akuter Infektion nicht empfohlen.<br />
Impfschema:<br />
- Primovakzination mit 3 Dosen (Encepur: 0, 1–3, 9–12 Monate; FSME-Immun: 0, 1-3,5–12<br />
Monate), Auffrischimpfungen alle 10 Jahre; Schutz bereits nach 2 Dosen vorhanden<br />
- Schnellschema: Encepur: 0,7,21 Tage, 12–18 Monate; FSME-Immun: 0,14 Tage, 5–12<br />
Monate<br />
Passivimpfung: gab es früher in Deutschland, existiert nicht mehr, nicht empfohlen<br />
Juni <strong>2012</strong> 84
2.6. Literatur<br />
1. Bassetti S. Rickettsiosen der Zeckenbissfieber-Gruppe. Internist (Berl). 2004<br />
Jun;45(6):669-76.<br />
2. Lindquist L et al. Tick-borne encephalitis. Lancet. 2008 May 31;371(9627):1861-71.<br />
3. Stanek G.Durch Zecken übertragene Krankheitserreger in Mitteleuropa. Wien Klin<br />
Wochenschr. 2005 Jun;117(11-12):373-80.<br />
3. Borreliose<br />
3.1. Epidemiologie<br />
In der CH in allen Gebieten bis 1500 m.ü.M vorkommend; Risikogruppen z.B. Waldarbeiter<br />
haben eine Seroprävalenz von bis zu 35%. Davon entwickeln nur 3,5%/10a Symptome.<br />
Vorkommen<br />
USA<br />
Borrelia burgdorferi<br />
sensu strictu<br />
D, A, CH Borrelia sensu latu:<br />
- Borrelia garinii<br />
- Borrelia afzelii<br />
Tropismus<br />
Gelenkstropismus<br />
Neurotropismus<br />
Hauttropismus<br />
3.2. Vorgehen bei Zeckenstich<br />
Zecke mit Pinzette möglichst nah an der Haut greifen und ohne Drehung rausziehen. Evtl<br />
verbleibende Reste belassen. In der Schweiz ist eine präemptive Therapie/<br />
Postexpositionsprophylaxe nicht indiziert, da es sehr selten zu einem Erythema migrans (EM)<br />
kommt, und dieses sehr gut behandelbar ist. Im Normalfall kommt es unter 24h nicht zu einer<br />
Uebertragung.<br />
3.3. Klinik<br />
3.3.1 Stadien<br />
I: Erythema migrans;<br />
II: Lymphozytom, frühe Neuroborreliose, Karditis, Arthritis;<br />
III: Acrodermatitis chronica atrophicans, späte Neuroborreliose, chron. Arthritis<br />
Diese Stadien müssen nicht alle durchlaufen werden.<br />
Juni <strong>2012</strong> 85
3.3.2 Klinische Manifestationen<br />
Erythema<br />
migrans (EM)<br />
Benignes<br />
Lymphozytom<br />
Acrodermatitis<br />
chronica<br />
atrophicans<br />
Arthritis<br />
Karditis<br />
Fru he<br />
Neuroborreliose<br />
Spa te<br />
Neuroborreliose<br />
Post-Lyme-<br />
Syndrom<br />
Klinik<br />
Scharf begrenzter, sich (meist) über Tage bis Wochen ausdehnender roter bis<br />
blauroter kaum oder nicht erhabener Fleck, oft mit zentraler Abheilung. Annuläre<br />
Erytheme (innerhalb von Stunden nach einem Zeckenstich) entsprechen einer<br />
Hypersensitivita tsreaktion und qualifizieren nicht als EM. Zusätzlich möglich: Fieber,<br />
Müdigkeit, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Arthralgien und Myalgien.<br />
Schmerzlose blau-rote Knoten oder Plaques, meist am Ohr (Läppchen und Helix),<br />
an der Brustwarze oder im Skrotum. Häufiger bei Kindern (v. a. Ohren).<br />
Langandauernde rot bis rot-blaue Läsionen, typischerweise u ber den Extensoren<br />
der Extremitäten. Möglicher Beginn mit teigiger Schwellung, Induration der Haut.<br />
Ohne Therapie kommt es zur Atrophie, v.a. über den knöchernen Vorspru ngen.<br />
Wiederholte kurze Attacken von objektivierbaren Gelenkschwellungen in einem oder<br />
mehreren grossen Gelenken, welche gelegentlich in eine chron. Arthritis übergehen<br />
ko nnen. Intermittierende Arthralgien können der Arthritis vorangehen. Arthralgien,<br />
Myalgien oder Fibromyalgie-Beschwerden alleine können nicht zur Diagnose<br />
herangezogen werden.<br />
Akuter Beginn eines transienten AV-Blockes II°, III° oder Herzrhythmusstörungen,<br />
gelegentlich mit Myokarditis oder Pankarditis. Palpitationen, Bradykardien,<br />
Schenkelblöcke oder eine Myokarditis alleine sind nicht ausreichend fu r die<br />
Diagnose einer Lyme-Karditis.<br />
Schmerzhafte lymphozytäre Meningo-Radikuloneuritis mit oder ohne Fazialisparese<br />
oder mit anderer kranialer Neuritis (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom). Bei<br />
Kindern meist Meningitis oder isolierte einseitige, manchmal beidseitige<br />
Fazialisparese oder andere kraniale Neuritis. Kopfschmerzen, Mu digkeit,<br />
Para sthesien oder Nackensteifigkeit alleine reichen nicht fu r die Diagnose aus.<br />
Langanhaltende Enzephalitis, Enzephalomyelitis, Meningoenzephalitis,<br />
Radikulomyelitis.<br />
Umstrittene Entität! Um diese Differentialdiagnose erwägen zu dürfen, müssen alle<br />
der folgenden Punkte zutreffen:<br />
1. Evidenz fu r fru here Lyme-Borreliose: Klinisch und labormässig<br />
dokumentierte LB gemäss obigen Falldefinitionen.<br />
2. Ada quate Therapie: dokumentierte, abgeschlossene und dem Stadium der LB<br />
angepasste Antibiotikatherapie gemäss publizierten Guidelines.<br />
3. Keine Evidenz fu r aktive Infektion.<br />
4. Persistierende, den Patienten in seinen täglichen Aktivitäten<br />
beeinträchtigende Symptome während mehr als sechs Monaten nach<br />
Abschluss einer adäquaten Antibiotikatherapie, mit einem oder mehreren der<br />
folgenden Symptome: Müdigkeit, Arthralgien, Myalgien, objektivierte<br />
kognitive Dysfunktion, radikuläre Beschwerden.<br />
5. Der Beginn der Beschwerden ist aufgrund des Verlaufs der LB plausibel; d.h.<br />
Beginn der Symptome unmittelbar mit oder nach akuter LB,<br />
u blicherweise innerhalb von sechs Monaten nach dokumentiertem und<br />
definiertem Beginn der LB.<br />
6. Objektive Defizite im allgemeinen internistischen oder neurologischen<br />
Status sind keine Voraussetzung fu r die Diagnose.<br />
7. Systematischer und umfassender Ausschluss von anderen neurologischen,<br />
rheumatologischen oder internistischen Krankheiten.<br />
8. Ausschluss von psychiatrischen Erkrankungen oder einer Sucht.<br />
Juni <strong>2012</strong> 86
3.4. Indikationen für Serologie: s. Tabelle zur Therapie<br />
3.5. Schwangerschaft<br />
Borreliose in der Schwangerschaft: sollte prompt behandelt werden, da es zur transplazentären<br />
Uebertragung kommen kann. Behandlung mit Ceftriaxon, da Doxycyclin kontraindiziert ist.<br />
3.6. Therapie: s. Tabelle[1, 2]<br />
3.7. Referenzen<br />
1. Evison, J., et al., [Lyme disease Part 3: prevention, pregnancy, immunodeficient<br />
state, post-Lyme disease syndrome]; [Lyme disease Part 2: clinic and treatment];<br />
[Lyme disease Part I: epidemiology and diagnosis]. Rev Med Suisse., 2006. 2(60): p.<br />
935-6, 938-40.<br />
2. Ljostad, U., et al., Oral doxycycline versus intravenous ceftriaxone for European<br />
Lyme neuroborreliosis: a multicentre, non-inferiority, double-blind, randomised trial.<br />
Lancet Neurol., 2008. 7(8): p. 690-5. Epub 2008 Jun 21.<br />
Juni <strong>2012</strong> 87
Erythema<br />
migrans<br />
(EM)<br />
Benignes<br />
Lymphozytom<br />
Auftreten<br />
nach<br />
Zeckenstich<br />
3–32d<br />
(im Mittel<br />
7–10 d)<br />
Indikation fu r<br />
Serologie<br />
(Sensitivita t)<br />
Serologie nicht<br />
indiziert!<br />
(«Nullserologie»<br />
einfrieren für später<br />
hilfreich)<br />
2-10 Monate Serologie indiziert<br />
(Sensitivita t 80%).<br />
Andere indizierte<br />
Labortests<br />
Keine<br />
(Klinische Diagnose!)<br />
Ev. Hautbiopsie in<br />
unklaren Fällen<br />
Therapie<br />
1. Wahl:<br />
Doxycyclin 2x100mg p.o.x10d od.<br />
Amoxicillin 3x500mg p.o.x14–21d<br />
2. Wahl (bei Allergien od. KI):<br />
Cefuroxim 2 x500 mg p.o. 14–21d od.<br />
Azithromycin 1x 500 mg p.o. 7–10d od.<br />
Clarithromycin 2x500 mg p.o. 14–21 d<br />
1. Wahl:<br />
Doxycyclin2x100mg p.o.21–28d od.<br />
Amoxicillin 3x500mg p.o.21–28d<br />
Bemerkungen<br />
i.v. Therapie nicht<br />
indiziert; Effektivita t der<br />
Makrolide klar schlechter,<br />
deshalb nur indiziert,<br />
wenn Therapie der 1.<br />
Wahl nicht mo glich ist<br />
Acrodermatitis<br />
chronica<br />
atrophicans<br />
6 Monate bis<br />
viele Jahre<br />
Serologie indiziert<br />
(Sensitivita t 99%).<br />
PCR aus der<br />
Hautbiopsie mit einer<br />
Sensitivita t von 70–<br />
80%. Meist B. afzelii.<br />
2. Wahl: (bei Allergien od. KI)<br />
Cefuroxim 2x500mg p.o. 21–28d od.<br />
Azithromycin 1x500mg p.o 21d od.<br />
Clarithromycin 2x500mg p.o. 21–28d<br />
Arthritis<br />
2 Wochen bis<br />
2 Jahre<br />
(meist 4–6<br />
Monate).<br />
Karditis 4d bis 7<br />
Monate<br />
(Median 21<br />
Tage).<br />
Serologie indiziert<br />
(Sensitivita t 80%<br />
fu r migratorische<br />
Arthritiden und<br />
90% fu r die chron.<br />
Arthritis).<br />
Serologie indiziert<br />
(Sensitivita t 80%).<br />
Gelenkspunktion:<br />
PCR aus der<br />
Synovialflu ssigkeit<br />
80% und<br />
Synovialbiopsie 90%<br />
sensitiv.<br />
Myokardbiopsien nur<br />
in unklaren diagnostischen<br />
Fa llen.<br />
Doxycyclin 2x100mg p.o. 30–60d od.<br />
Amoxicillin 3x500mg p.o. 30–60d<br />
1. Wahl:<br />
Doxycyclin 2x100mg p.o.14–21d od.<br />
Amoxicillin 3x500mg p.o.14–21d<br />
2. Wahl: (bei Allergien od. KI)<br />
Ceftriaxon 1 x 2 g i.v. 14–21d<br />
bei AV Block III°: Ceftriaxon 1x2g i.v. 28d<br />
• Mehr als zwei<br />
Therapiedurchga nge<br />
nicht sinnvoll<br />
• Meist B. burgdorferi<br />
sensu stricto.<br />
• Hospitalisation und<br />
Telemetrie bei P-R-<br />
Intervall > 0,3sec,<br />
AV-Block II°,<br />
klinischer<br />
Herzinsuffizienz<br />
88
Frühe<br />
Neuroborreliose<br />
Wochen bis<br />
Monate<br />
Serologie indiziert<br />
Falls sehr früh im<br />
Serum ev. noch<br />
neg., aber im<br />
Liquor bereits<br />
Antiko rperbildung.<br />
Diagnostisch: pos.<br />
Liquor/Serum-<br />
Index der spezif.<br />
Borrelienantikörper<br />
Liquorpunktion!<br />
Typisch: lymphozyta re<br />
Liquorpleozytose, pos<br />
Reiber IgM Quotient,<br />
ev. PCR aus dem<br />
Liquor (40% sensitiv)<br />
Ceftriaxon 1x2gi.v.28d od.<br />
Penicillin 6x3–4Mio.IE i.v. x28d<br />
Bei isolierter Facialisparese [siehe auch:<br />
Referenz 4]:<br />
Doxycyclin2x100mgp.o.x14–21d od.<br />
Ceftriaxone1x2gi.v.14–21d<br />
Bei persistierenden<br />
Beschwerden<br />
Wiederholung der<br />
Lumbalpunktion;<br />
Serologie ist weder im<br />
Serum noch Liquor<br />
hilfreich als<br />
Verlaufsparameter.<br />
Späte<br />
Neuroborreliose<br />
Post-Lyme-<br />
Syndrom<br />
Monate bis<br />
Jahre;<br />
meist innerhalb<br />
von 2–3<br />
Jahren.<br />
I.d.R. sechs<br />
Monate nach<br />
dokumentiertem<br />
Beginn der<br />
Lyme-<br />
Erkrankung<br />
Serologie indiziert<br />
im Serum u. Liquor<br />
(Sensitivita t 99%).<br />
Nachweis einer<br />
spezifischen<br />
intrathekalen<br />
Antiko rperbildung<br />
obligat!<br />
Serologie indiziert,<br />
ist in der Regel<br />
pos., bis auf<br />
wenige Patienten<br />
mit Seroreversion.<br />
PCR aus dem Liquor<br />
nicht indiziert<br />
(Sensitivita t nur 10%).<br />
Meist B. garinii.<br />
Klinischer und<br />
labormässiger<br />
Ausschluss von DD<br />
Ceftriaxon1x2g i.v.28d od.<br />
Penicillin6x3–4 Mio.IEi.v.28d<br />
Desensibilisierung bei Allergie<br />
Klinische Kontrolle des<br />
Ansprechens; Bei<br />
persistierenden<br />
Beschwerden LP<br />
wiederholen.<br />
Serologie nicht hilfreich<br />
als Verlaufsparameter<br />
89
Anti-Infektiva bei schweren Infektionen auf der Intensivstation (für Erwachsene):<br />
Guidelines zur Dosierung bei Niereninsuffizienz, Hämodialyse und Hämofiltration<br />
Diese Richtlinien beruhen u.a. auf einer Synthese von Empfehlungen aus dem Schweizerischen Arzneimittelkompendium und dem Sanford Guide to Antimicrobial<br />
Therapy 2011. Sie stellen ein pragmatisches Prozedere dar und müssen im individuellen Fall vom behandelnden Arzt kritisch beurteilt werden.<br />
Intravenöse<br />
Hämodialyse*<br />
Spezielles<br />
Anti-Infektiva<br />
ANTIBIOTIKA<br />
Amoxicillin<br />
(Clamoxyl ® )<br />
Amoxicillin /<br />
Clavulansäure<br />
(Augmentin ® )<br />
Cefazolin<br />
(Kefzol®)<br />
Ceftazidim<br />
(Fortam ® )<br />
Ceftriaxon<br />
(Rocephin ® )<br />
Cefepime<br />
(Cefepime ® )<br />
Ciprofloxacin<br />
(Ciproxin ® )<br />
Normale<br />
Dosierung<br />
2g alle 4*-6h iv<br />
* hohe Dosis bei Endokarditis/Meningitis<br />
1.2-2.2*g / 8h iv<br />
* hohe Dosis bei<br />
Sepsis u. Weichteilinfektionen<br />
2g / 8h iv<br />
(max 12g /d)<br />
2g / 8h iv<br />
(bei >80j evt Dosis-<br />
Reduktion (3g/d))<br />
2g / 12*-24h iv<br />
* hohe Dosis bei<br />
Meningitis<br />
2g / 8*-12h iv<br />
* hohe Dosis: Fieber in<br />
Neutropenie sowie<br />
Pseudomonas-Infekt<br />
400mg / 8*-12h iv od<br />
750*mg / 12h po /<br />
* hohe Dosis für<br />
Pseudomonas und<br />
Knocheninfektionen<br />
Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
CrCl 10-30 ml/min: 2g / 12h<br />
CrCl < 10 ml/min: 500mg / 12h<br />
CrCl 10-30ml/min: 1,2g / 12h<br />
CrCl
Intravenöse<br />
Anti-Infektiva<br />
Clarithromycin<br />
(Klacid ® )<br />
Clindamycin<br />
(Dalacin ® )<br />
Colistin<br />
1MioIU<br />
=33.3mg Colistin<br />
=79mg Colistimethat-Natrium<br />
(CMS)<br />
Daptomycin<br />
(Cubicin ® )<br />
Ertapenen<br />
(Invanz ®)<br />
Flucloxacillin<br />
(Floxapen ® )<br />
Imipenem/<br />
Cilastatin<br />
(Tienam ® )<br />
Levofloxacin<br />
(Tavanic ® )<br />
Meropenem<br />
(Meronem ® )<br />
Metronidazol<br />
(Flagyl ® )<br />
Normale<br />
Dosierung<br />
Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
Hämodialyse*<br />
Hämofiltration<br />
CVVH: CrCl 40ml/min<br />
Leberinsuffizienz<br />
Spezielles<br />
500mg / 12h po/iv CrCl < 30 ml/min: 250mg / 12h 250mg / 12h Normale Dosierung Normale Dosierung Cave:<br />
Interaktion<br />
900mg / 8h iv<br />
Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung<br />
(Indikation: nekrot.<br />
Faszitis)<br />
>60kg: 2 MioIU/8h iv<br />
Intravenöse<br />
Anti-Infektiva<br />
Normale<br />
Dosierung<br />
Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
Penicillin G 5Mio IE / 6h iv CrCl 10-50 ml/min: 5Mio /IE 8h<br />
CrCl < 10 ml/min: 5Mio /IE 12h<br />
Piperacillin/ 4.5g / 8h iv CrCl 20-40 ml/min: 4.5 g / 8h<br />
Tazobactam<br />
CrCl < 20 ml/min: 4.5g / 12h<br />
(Tazobac ® )<br />
Hämodialyse* Hämofiltration Leberinsuffizienz<br />
CVVH: CrCl 40ml/min<br />
5Mio IE / 12h 5Mio IE / 8h Normale Dosierung<br />
4.5g / 12h Normale Dosierung Normale Dosierung<br />
Spezielles<br />
Rifampicin<br />
(Rimactan ® )<br />
Trimethoprim/<br />
Sulfamethoxazol<br />
(Nopil ® )<br />
Vancomycin<br />
(Vancocin ® )<br />
450-600*mg / 12h iv/po<br />
* Neurochirurgische<br />
Shunt-Infekte und<br />
Kunstklappenendokarditis<br />
5mg TMP/kg / 8*-12h<br />
iv/po<br />
* hohe Dosis für PCP<br />
und S. maltophilia<br />
Startdosis:<br />
1g (15mg/kg) / 12h iv<br />
Anpassung an Spiegel<br />
obligat<br />
ANTIFUNGALE SUBSTANZEN<br />
Anidulafungin<br />
(Ecalta®)<br />
Amphotericin B<br />
(Fungizone ® )<br />
Amphotericin B<br />
Liposomal<br />
(AmBisome ® )<br />
Ladedosis 200mg<br />
dann 100mg / 24h iv<br />
Maximale Dosis 1mg/kg /<br />
24h iv<br />
(Prämedik + Test-Dosis<br />
1mg in 20ml 5% Glc in<br />
30 min; dann Infusion<br />
über 24h resp. so<br />
langsam wie möglich)<br />
3-6*mg/kg / 24 h iv<br />
* hohe Dosis b. Cryptokokken-Meningitis<br />
Normale Dosierung<br />
Cave: schwere NI und gleichzeitige<br />
Leberinsuffizienz<br />
CrCl 10-30 ml/min: halbe Dosis<br />
CrCl < 10 ml/min: vermeiden<br />
ausser für PCP 1,25-2,5 mg/kg 8h<br />
CrCl 60-80 ml/min:<br />
CrCl 40-60 ml/min:<br />
CrCl 20-40 ml/min:<br />
CrCl < 20 ml/min:<br />
Anurie: wie HD<br />
750mg / 12h<br />
500mg / 12h<br />
250mg / 12h<br />
250mg / 24h<br />
Normale Dosierung Normale Dosierung Dosisreduktion bei<br />
schwerer<br />
Leberinsuffizienz<br />
Vermeiden ausser für<br />
PCP 1,25-2,5 mg/kg<br />
8h<br />
500mg 3x/Woche<br />
nach HD,<br />
regelmässige<br />
Talspiegelkontrolle<br />
Normale Dosierung<br />
Normale Dosierung<br />
Kontrolle:<br />
Leberfunktion<br />
Cave:<br />
Interaktion<br />
(Induktor)<br />
500mg / 24h Normale Dosierung Talspiegel nach<br />
4 Dosen.<br />
Ziel 10-15mg/l<br />
MRSA bis<br />
20mg/L)<br />
Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung<br />
Normale Dosierung, aber Abwägung<br />
Benefit gegen Nephrotoxizität!!!<br />
(wenn immer möglich auch bei leichter<br />
NI vermeiden (Nephrotoxizität)<br />
Normale Dosierung<br />
Normale Dosierung<br />
aber Abwägung<br />
Benefit gegen<br />
Nephrotoxizität!!!<br />
(wenn immer möglich<br />
vermeiden)<br />
Normale Dosierung<br />
Nephrotoxizität<br />
!<br />
tgl. Kontrolle:<br />
BB, Elektrolyte,<br />
Mg, Krea,<br />
Leber!<br />
Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Regelmässige<br />
Kontrolle: BB<br />
Elektrolyte, Mg,<br />
Krea, Leber<br />
M. Weisser (<strong>Infektiologie</strong>), M. Haschke (Klinische Pharmakologie), M. Mayr (Nephrologie), E. Bucher (OIB)<br />
92
Intravenöse<br />
Anti-Infektiva<br />
Caspofungin<br />
(Cancidas ® )<br />
Fluconazole<br />
(Diflucan®)<br />
Voriconazol<br />
(Vfend ® )<br />
VIROSTATIKA<br />
Acyclovir<br />
(Zovirax ® )<br />
Foscarnet<br />
(Foscavir®)<br />
Nephrotoxizität!<br />
Bei NI vermeiden.<br />
Gancyclovir<br />
(Cymevene®)<br />
Normale<br />
Dosierung<br />
Ladedosis 70mg<br />
dann 50mg / 24h iv<br />
200*-400mg / 24h po od<br />
iv nach 400*/ 800mg<br />
Ladedosis<br />
* oberflächliche Infekte<br />
oder präemptiv<br />
> 40kg: Ladedosis<br />
400mg / 12h (2x), dann<br />
200mg / 12h<br />
< 40kg: Ladedosis<br />
200mg / 12h (2x), dann<br />
100mg / 12h<br />
5-10*mg/kg / 8h iv<br />
* Hohe Dosis:<br />
Encephalitis,<br />
viszeraler HSV und<br />
schwere Infekte bei<br />
Immunsuppression<br />
Bei asymptomatischer<br />
Replikation:<br />
60mg/kg 12stdl iv<br />
Bei Organbeteiligung:<br />
60mg/kg 8stdl iv oder<br />
90mg/kg 12stdl<br />
5mg/kg / 12 h iv<br />
Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
Hämodialyse<br />
Hämofiltration<br />
CVVH: CrCl 40ml/min<br />
Leberinsuffizienz<br />
Normale Dosierung Normale Dosierung Normale Dosierung Moderate LI (Child-<br />
Pugh-Score 7–9): LD<br />
70mg, dann 35 mg /<br />
24h.<br />
Schwere LI (Child-<br />
Pugh-Score > 9):<br />
keine Daten<br />
Erste Dosis: 200*-400mg / 24h po od<br />
iv, dann bei CrCl < 50 ml/min: halbe<br />
Dosis / 24h<br />
Normale Dosierung<br />
Abbau über polymorphes CYP2C19,<br />
3-5% der Kaukasier metabolisieren<br />
langsam: Spiegelkontrolle<br />
bei NI wenn möglich p.o. (Kumulation iv<br />
Trägerstubstanz bei Cl
Intravenöse<br />
Anti-Infektiva<br />
Normale<br />
Dosierung<br />
Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
Hämodialyse<br />
Hämofiltration<br />
CVVH: CrCl 40ml/min<br />
Leberinsuffizienz<br />
Oseltamivir 75-150*mg / 12h po CrCl 30-50 ml/min: 75 mg / 12h Bei lebensbedrohlichen<br />
75 mg /12 h Moderate LI: normale<br />
(Tamiflu®) * bei schweren<br />
Infektionen erste<br />
Tage<br />
CrCl 10-30 ml/min: 75 mg / 24h<br />
CrCl
AMINOGLYCOSIDE: Empfehlungen für die wichtigsten klinischen Situationen<br />
Aminoglycosid<br />
Start-Dosis bei<br />
normaler GFR<br />
Start-Dosis bei Niereninsuffizienz<br />
(CrCl ml/min)<br />
Gentamicin (Garamycin®): Synergistische Dosierung (idR + Penicillin/Vancocin)<br />
A: Einmal täglich<br />
(empirische Therapie für<br />
Nativklappen-<br />
Endokarditis oder<br />
Streptokokken-IE)<br />
B: Mehrmals täglich<br />
(empirische Therapie für<br />
Kunstklappen-IE,<br />
Enterokokken-<br />
Staphylokokken-IE)<br />
1x3mg/kg / 24h<br />
(max 240mg/24h)<br />
CrCl 50-75 ml/min<br />
CrCl 30-50 ml/min<br />
CrCl 10-30 ml/min<br />
CrCl
Infektionen bei Immunsuppression<br />
Prophylaxe und empirische antimikrobielle Therapie bei febrilen<br />
neutropenischen Patienten (Isolierstationsrichtlinien)<br />
1. Infekt-Screening bei Eintritt und im Verlauf<br />
PROBE<br />
LABOR KÜRZEL AUF<br />
UNTERSUCHUNGSUMFANG<br />
AUFTRAGSFORMULAR<br />
PROBE UNTERSUCHUNG<br />
SPEZIELL ISO<br />
KOMMENTAR<br />
EINTRITT EINES NEUEN PATIENTEN AUF ISOLIERSTATION<br />
Urin Bakt um, ue, ud br + re Bakteriologie allgemein +<br />
Resistenzprüfung<br />
Pos. Befund: Vorgehen<br />
nach Klinik<br />
Rektalabstrich Bakt rec Psu Pseudomonas (aeruginosa) Pos. Befund: keine<br />
Massnahmen<br />
Vre<br />
Vancomycin-Resistente<br />
Enterokokken (VRE)<br />
Pos. Befund:<br />
Kontaktisolation<br />
Blut<br />
Mo-Fr bis 12.00<br />
Esbls<br />
ESBL (extended spectrum<br />
betalactamase) positive<br />
gramnegative Keime<br />
IMM Li-Heparin T-spot TB Tuberkulose-Screening bei<br />
positiver Anamnese oder Herkunft<br />
aus Endemiegebiet<br />
Blut IMM Serum Serologien Gemäss SOP<br />
Eintrittsuntersuchung<br />
Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />
Virus PCR quant<br />
Epstein Barr-<br />
Virus PCR quant<br />
CMV und EBV<br />
für Patienten mit geplanter HSCT<br />
Positiv: siehe (Kapitel<br />
präemptive Therapie)<br />
Falls positiv:<br />
Infektiologisches Konsil<br />
WÖCHENTLICHE ROUTINE-UNTERSUCHUNGEN („FOLLOW UP“) AUF ISOLIERSTATION<br />
Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />
Virus PCR quant<br />
Epstein Barr-<br />
Virus PCR quant<br />
CMV und EBV<br />
für Patienten nach HSCT<br />
1/Woche (bei pos. Vorwert<br />
cordblood und AntiCD52<br />
2x/Wo)<br />
Therapie: siehe Kapitel xy<br />
MONATLICHE ROUTINE-UNTERSUCHUNGEN („FOLLOW UP“) AUF ISOLIERSTATION<br />
Rektalabstrich Bakt rec Vre Vancomycin-Resistente<br />
Enterokokken (VRE)<br />
Pos. Befund:<br />
Kontaktisolation<br />
Psu Pseudomonas (aeruginosa) Pos. Befund: keine<br />
therapeutischen<br />
Massnahmen<br />
Bakt Esbls ESBL (extended spectrum<br />
betalactamase) positive<br />
gramnegative Keime<br />
Kontaktisolation<br />
wöchentlich<br />
UNTERSUCHUNGEN VON PATIENTEN IM ZELLERSATZAMBULATORIUM<br />
Blut IMM EDTA Cytomegalie-<br />
Virus PCR quant<br />
Epstein Barr-<br />
Virus PCR quant<br />
CMV, EBV nach allogener HSCT,<br />
nicht bei D-/R-<br />
Bei Kontrolle (max einmal<br />
wöchentlich) bis Tag 100,<br />
dann individuell<br />
Stuhl VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken): Abstrich rektal im Block Med Iso „Follow up“ ankreuzen<br />
(Ausnahmsweise auch aus Stuhlprobe machbar)<br />
96
2. Infekt-Prophylaxen hämatologischer Patienten<br />
Antibiotisch<br />
Patienten nach HSCT<br />
(d0-30)<br />
Autologe HSCT (Mulitples Myelom):<br />
in Aplasie Levofloxacin (Tavanic®)<br />
500mg 1-0-0 po<br />
Allo-HSCT: keine<br />
Antiviral<br />
HSV R+ Start Konditionierung - d30:<br />
Valacyclovir (Valtrex®)<br />
VZV R+<br />
Antifungal<br />
Pneumozystis<br />
jirovecii (PCP)<br />
(+ Toxoplasmose)<br />
Patienten mit GVHD/<br />
Immunsuppression nach allogener<br />
HSCT<br />
Pneumokokken bei chron. GVHD 1 :<br />
- Keine Primärprophylaxe. Bei Fieber:<br />
Tel an DA Hämatologie UND sofortige<br />
Notfallmedikation (<br />
Amoxicillin/Clavulansäure<br />
(Augmentin®) 1g po)<br />
- Bei St.n. invasiver Penumokokken-<br />
Infektion: Sekundärprophylaxe mit<br />
Amoxicillin (Clamoxyl®) 2x375mg<br />
Chemotherapie für akute<br />
Leukämie<br />
(incl elderly)<br />
500mg 1-0-1 po 2 Valtrex 500mg 1-0-1 po 2 Während Gesamtdauer der<br />
Chemo u/o Aplasie: Valtrex<br />
500mg 1-0-1 po 2<br />
Autologe HSCT: Start Konditionierung<br />
Valtrex 500mg 1-0-1 po 2<br />
Während Gesamtdauer der<br />
- d30: Valacyclovir (Valtrex®) Bei geringer Immunsuppression (d.h. Chemo u/o Aplasie: Valtrex<br />
500mg 1-0-1 po 2<br />
Monotherapie mit einem Immunsuppressivum)<br />
500mg 1-0-1 po 2<br />
Allogene HSCT: Start Konditionierung<br />
alternativ 1x 500mg möglich<br />
– d360<br />
TMP/SMX (Nopil®) forte<br />
Mo-Mi-Fr 1-0-0 po oder iv 3<br />
Candida/Schimmel in Aplasie:<br />
Fluconazol (Diflucan®)<br />
400mg po / iv 1/Woche 4<br />
Bei St.n. Pilzinfektion individuelle<br />
Sekundärprophylaxe (siehe Text)<br />
idem (bis CD4> 200 UND Stopp<br />
Immunsuppression)<br />
Chronische GVHD<br />
Alternativen für Schimmelpilz-Prophylaxen:<br />
- Voriconazol 4mg/kg 1-0-1 po 5<br />
- Posaconazol 200mg 1-1-1 (!!) 6<br />
- liposomales Amphotericin B<br />
(Ambisome®) iR eines Pilotprojektes:<br />
Inhalation 2.5ml (5mg/ml) über 30min<br />
2/Wo an 2 aufeinanderfolgenden<br />
Tagen<br />
Keine<br />
Bei ALL: immer<br />
Bei AML: ab 2. Zyklus<br />
Während Mucositis in Aplasie<br />
Fluconazol (Diflucan®) 200mg<br />
po oder iv 1/d<br />
Sekundärprophylaxe für<br />
Schimmelpilze individuell<br />
ATG, andere Protokolle ,<br />
Immunsuppression, CD4<<br />
200/µl, best supportive care<br />
Keine<br />
Keine Daten<br />
Keine Daten, ausser<br />
Bortezomib: Valtrex 1x500mg/d<br />
ATG, Anti-CD52, Purinanaloga,<br />
Steroide > 0.3mg/kg und andere<br />
Immunsuppressiva<br />
Bei SAA nach ATG bis die<br />
Neutrophilenzahl > 0,5 x 10 9 /l :<br />
Fluconazol (Diflucan®)<br />
200mg po oder iv 1/d<br />
Toxoplasmose / Tuberkulose/Hepatitis B: siehe Text<br />
1 IVIG 1/Monat bis d100 falls IgG < 4g/L;<br />
2 alternativ Zovirax 5mg/kg 1-0-1 iv;<br />
3 alternativ Wellvone Suspension 1500mg 1/d po (=2ML à 5ml, zusammen mit einer vollen Mahlzeit): weitere Details siehe Text<br />
4 länger bei akuter intestinaler GVHD, parenteraler Ernährung und Breitbandantibiotika,<br />
5 Loading Dose 6mg/kg 1-0-1 für 24h. Spiegel nach ca. 5 Tagen, Ziel0.5-5mg/l; 6 zu den Mahlzeiten, bei schlechter<br />
Resorption: 200mg 1-1-1-<br />
97
Infektprophylaxen<br />
Langdauernde Neutropenien infolge Hochdosis-Chemotherapien und Immunsuppressiva mit Wirkung<br />
auf die Zahl/Funktion der Lymphozyten sowie die Leukämien prädisponieren für schwerwiegende<br />
Infektionen. Das Risiko ist abhängig von Ausmass und Dauer der Aplasie und der Mukositis. Einen<br />
100%-igen prophylaktischen Schutz gibt es nicht. Die Prophylaxe richtet sich nach der lokalen<br />
Epidemiologie (siehe Tabelle).<br />
2.1. Bakterien<br />
Chinolon-Prophylaxe in Aplasie:<br />
Die Chinolonprophylaxe wird in den Guidelines empfohlen. Bei uns wird sie nicht durchgeführt aus<br />
folgenden Gründen:<br />
- Die Zunahme der Resistenz konnte in allen Prophylaxe-Studien gezeigt werden.<br />
- Assoziation der Chinolon-Prophylaxe mit C. difficile.<br />
- Während der Hospitalisation ist ein engmaschiges Monitoring mit Beginn einer sofortigen<br />
Antibiotikatherapie bei Fieber möglich.<br />
ASBMT: Guidelines for Preventing Infectious Complications among Hematopoietic Stem Cell Trnsplantation<br />
Recipients: A Global Perspective. Biol Blood Marrow Transplant 2009; 15: 1143-1238<br />
IDSA: Clinical Practice Guideline for the Use of Antimicrobial Agents in Neutropenic Patients with Cancer:<br />
2010 Update by the Infectious Diseases Society of America; 2011 CID:e52-e93<br />
ECIL: Quinolone prophylaxis for bacterial infections in afebrile high risk neutropenic patients. E J C<br />
supplements 5 (2007) 5-12<br />
Spezielle Situationen:<br />
- Patienten in Neutropenie nach autologer HSCT für ein Multiples Myelom:<br />
Levofloxacin (Tavanic®) 500mg po 1/Tag während der Neutropenie<br />
(Ziel: ambulante Therapie)<br />
- Invasive Eingriffe der Zähne (z.B. Zahnextraktion): für Patienten vor HSCT oder<br />
Hochdosis-Chemotherapie Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentin®) 625 mg po vor<br />
Intervention und 2 Dosen à 625mg (nach 8 und 16h) nach Intervention.<br />
- Prävention invasiver Pneumokokken bei Patienten mit chronischer GVHD u/o funktionelle<br />
Asplenie nach HSCT:<br />
- Keine Primärprophylaxe: Bei Fieber sofortiges Telefon an DA Hämatologie + Einnahme einer<br />
Notfallmedikation: Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentin®) 1g po (bei Penicillin-Allergie:<br />
Tavanic 500mg einmalig)<br />
(daran denken, dass Angehörige gegen Pneumokokken geimpft werden sollen) + Substitution<br />
Immunglobuline bei IgG < 4g/l (IVIG 1/Monat) bis Tag 100<br />
- Sekundärprophylaxe bei St.n. invasiver Pneumokokkeninfektion: Amoxicillin<br />
(Clamoxyl®) 2x375mg<br />
- Ambulante Neutropenie: eine Levofloxacin Prophylaxe kann individuell diskutiert werden.<br />
2.2. Viren<br />
2.2.1. HSV I/II<br />
Reaktivierung und Erkrankung häufig bei seropositiven Patienten nach HSZT (80%).<br />
98
2.2.2. HSV Prophylaxe<br />
Patienten<br />
HSV-seropositive Patienten nach allogener und autologer HSZT<br />
Seronegative keine Prophylaxe (unabhängig vom Donorstatus)<br />
Patienten mit aplasierender Chemotherapie<br />
Regime<br />
Valtrex 2x500 mg/d p.os<br />
Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 12-stdl. i.v.<br />
Pausieren bei Behandlung mit Cymevene oder Foscavir<br />
Dauer<br />
Beginn aplasierende Chemotherapie für die Dauer von 30 Tagen. Falls nach Stopp<br />
Rezidive auftreten, Sekundärprophylaxe mit Valtrex in gleicher Dosierung diskutieren.<br />
Nach HSCT Verlängerung bei Patienten mit GVHD und Immunsuppression (insb. mit T-<br />
Zelldepletion, Anti-T-Zell-Ak und Hochdosissteroiden)<br />
Stopp bei Sistieren der Immunsuppression<br />
2.2.3. VZV<br />
Reaktivierung und Erkrankung bei seropositiven Patienten häufig im ersten Jahr nach HSZT (50%)<br />
nach Absetzen der HSV-Prophylaxe. Patienten über Risiko und Präsentation informieren, damit<br />
frühzeitig eine Therapie begonnen werden kann.<br />
Patienten<br />
VZV-seropositive Patienten nach allogener und autologer HSZT<br />
Seronegative keine Prophylaxe (unabhängig vom Donorstatus)<br />
Patienten mit aplasierender Chemotherapie<br />
Regime<br />
Valtrex 2x500 mg/d po (bei geringer Immunsuppression d.h. bei Monotherapie mit einem<br />
Immunsuppressivum 1x500mg/d möglich)<br />
Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 12-stdl. i.v.<br />
Pausieren bei Behandlung mit Cymevene oder Foscavir<br />
Dauer<br />
Beginn aplasierende Chemotherapie und nach autologer HSCT für die Dauer von 30<br />
Tagen. Bei Auftreten eines Herpes Zosters Sekundärprophylaxe mit Valtrex in gleicher<br />
Dosierung diskutieren.<br />
Nach allogener HSCT minimal ein Jahr; Verlängerung bei Patienten mit GVHD und<br />
Immunsuppression (insb. mit T-Zelldepletion, Anti-T-Zell-Ak und Hochdosissteroiden).<br />
2.2.4. HBV Prophylaxe<br />
Präemptive Therapie bei positivem HBs Antigen (chronische Hepatitis B), positiven HBs- und HBc<br />
Antikörpern (St.n. Hepatitis B) und bei positiven HBc-Antikörpern (core only) mit oder ohne positive<br />
HBV DNA<br />
Lamivudine 100mg/Tag vor Konditionierung bis Ende Immunsuppression nach HSZT oder 3<br />
Monate nach aplasierender Chemotherapie<br />
Impfung bei HBs Antikörper und HBc Antikörper positiv („St. n. Hepatitis B) und bei HBc<br />
only Antikörper positiv frühestens nach 6 Monaten (siehe Impfplan S. 31).<br />
Keine Impfung bei chronischer Hepatitis mit positivem HBs Antigen<br />
Cave: Bei Hepatitis B Umgebungs-Abklärung und ggf. Impfung von Angehörigen<br />
99
2.3. Pilze<br />
2.3.1. Pneumocystis jiroveci Pneumonie (PCP)<br />
Patienten mit einer zellulären Immunsuppression (CD4-Zellzahl < 0.2 x 10 9 /L) haben ein erhöhtes<br />
Risiko für eine Pneumocystis jirovecii-Pneumonie.<br />
Center for Disease Control and Prevention. Guidelines for preventing opportunistic infections among<br />
hematopoietic stem cell transplant recipients: recommendations of the CDC, the Infectious Disease Society of<br />
America and the American Societ of Blood and Marrow Transplantation. MMWR Recomm Rep 2000: 49: 1-125<br />
Patienten<br />
Patienten mit allogener und autologer HSZT bis d 30 resp. Bis Stopp Immunsuppression<br />
und CD4-Zellzahl < 0.2 x 10 9 /l<br />
Alle Patienten nach 2-CDA-Therapie<br />
Individuelle je nach Behandlungsprotokoll (z.B. bei ALL)<br />
Individuell bei anderen Patienten mit < 0.2 x 10 9 /l CD4-Lymphozyten<br />
Regime<br />
TMP/SMX (Nopil®) forte 1 Tabl. Po oder 1x2 Ampullen iv an 3 Tagen/Woche, z.B. Mo-Mi-<br />
Fr. Bei Nopil-Unverträglichkeit: Atovaquone (Wellvone) Susp. 1500mg 1/d (=2 ML à 5ml),<br />
zusammen mit einer vollen Mahlzeit).<br />
In Ausnahmefällen (kein Schutz vor Toxo, Handhabung für Personal toxisch):<br />
Pentamidin 300mg per Inh. Z.B. am Austrittstag, dann 1/Mo<br />
Dauer<br />
Bis Sistieren der Immunsuppression (Steroide < o.3mg/kg)<br />
Solange CD4-Lymphozyten < 0.2 x 10 9 /l<br />
2.3.2. Hefe<br />
Ziel einer Pilzprophylaxe ist die Verhinderung der schmerzhaften mukokutanen Candidiasis, die<br />
Reduzierung des Befalls von Hefepilzen in Haut und Schleimhaut und eine Reduktion der invasiven<br />
Candida-Infektionen. Zusätzlich sollte auch die Anzahl der unklaren febrilen Episoden unter<br />
laufender Antibiotikatherapie reduziert werden (Ziel nach Literatur: 0.5 x 10 9 /l<br />
100
2.3.3. Schimmelpilze<br />
Fluconazol wirkt nicht gegen Schimmelpilze.<br />
Sekundärprophylaxe:<br />
- während der Aplasie: Für Patienten mit St.n. probable und proven Schimmelpilzinfektion ohne<br />
Infekt-Residuen ist eine Sekundärprophylaxe mit Voriconazol (Vfend®) 4mg/kg 1-0-1 während der<br />
Aplasie indiziert (Loading dose 6mg/kg 1-0-1), bei bestehenden Restinfiltraten solange diese im<br />
CT sichtbar. Bei Voriconazol-resistentem Keim: Wahl der Prophylaxe gemäss Resistenzprüfung.<br />
Bei Patienten mit St.n. possible pulmonaler Schimmelpilzinfektion muss individuell entschieden<br />
werden.<br />
Primärprophylaxe<br />
- Chronische GVHD:<br />
Alternativen<br />
- Voriconazol 4mg/kg 1-0-1 po 5<br />
- Posaconazol 200mg 1-1-1 (!!) 6<br />
- liposomales Amphotericin B (Ambisome®) Inhalation 2.5ml (5mg/ml) über 30min 2/Wo an<br />
2 aufeinanderfolgenden Tagen<br />
2.4. Parasiten<br />
2.4.1. Toxoplasmose<br />
Patienten mit eingeschränkter zellvermittelter Immunität (z.B. nach allogener HSZT haben ein<br />
erhöhtes Risiko, an einer klinisch schweren Toxoplasmose (ZNS oder disseminiert) zu erkranken.<br />
Diese Infektionen sind entweder neu erworben (z.B. mit dem Transplantat) oder reaktiviert. Es ist<br />
deshalb sinnvoll, bei Risikopatienten eine Prophylaxe durchzuführen. Die Serologie ist bei Patienten<br />
mit Leukämie nicht zuverlässig.<br />
Center for Disease Control and Prevention. Guidelines for preventing opportunistic infections among<br />
hematopoietic stem cell transplant recipients: recommendations of the CDC, the Infectious Disease Society of<br />
America and the American Societ of Blood and Marrow Transplantation. MMWR Recomm Rep 2000: 49: 1-125<br />
Patienten<br />
Patienten mit allogener HSZT<br />
Regime<br />
Die PCP-Prophylaxe mit Nopil oder Wellvone wirkt auch gut zur Verhinderung der<br />
Toxoplasmose (s.o.). Alternativ: Daraprim (50 mg/d) + Leukovorin 10-15 mg/d bis Tag 30.<br />
Fansidar (2 Tabl. alle 2 Wochen) ist eine Alternative, die bei Herztransplantierten erfolgreich<br />
durchgeführt wird.<br />
Dauer<br />
Bis Sistieren der Immunsuppression (Steroide < 0.3mg/kg)<br />
Solange CD4-Lymphozyten < 0.2 x 10 9 /l<br />
2.5. Tuberkulose<br />
Patienten mit latenter TBC oder St.n. aktiver unbehandelter oder ungenügend behandelter<br />
Tuberkulose haben ein erhöhtes Risiko, diese nach einer allogenen Stammzelltransplantation zu<br />
reaktivieren. Besonders gefährdet sind Patienten mit durchgemachter, nicht adäquat behandelter<br />
TBC, Ganzkörper-Bestrahlung und GVHD. Die autologe HSCT führt nicht zu einem erhöhten Risiko.<br />
Ueber Patienten mit wiederholten Chemotherapien gibt es wenige Daten. Zur klinisch manifesten<br />
Reaktivierung kommt es durchschnittlich 100 Tage nach Transplantation (1Mo bis 4Jahre). In 84%<br />
kommt es zur pulmonalen Infektion, atypische Manifestationen sind häufig. Die INH-Prophylaxe soll<br />
eine klinisch signifikante Reaktivierung verhindern.<br />
101
Patienten<br />
<br />
Allogene HSCT mit<br />
- Anamnese einer nicht oder ungenügend behandelten Tuberkulose<br />
- radiologischen Tbc-Residuen<br />
- positiver TB-spot (Indikation für TB-spot: Risiko durch Herkunft, TB in Umgebung)<br />
ABER: ein negativer TB-spot schliesst eine TBC nicht aus<br />
Regime<br />
Isoniazid 300 mg 1-0-0 po / iv + Vitamin B6 40mg 1-0-0<br />
Beginn<br />
<br />
Dauer<br />
<br />
Vorzugsweise nach Beendigung der Chemotherapie (aufgrund möglicher Interaktionen und<br />
Toxizität)<br />
Cave: vor HSCT UND vor Start INH muss eine aktive TBC ausgeschlossen werden. In der<br />
Regel mittels Rx oder CT Thorax und Sputum, bei Symptomen entsprechend Klinik.<br />
Mindestens 9 Monate, bei Immunsuppression evt länger. Monatliche Kontrolle der<br />
Leberwerte<br />
Akan et al: Tuberculosis in stem cell transplant patients. J Hosp Infect; 2006 (62): 421-426<br />
3. Vorgehen bei Fieber in Neutropenie<br />
IDSA-Guidelines; CID; 2011;52(4):e56–e93; angepasst<br />
102
3.1. Definitionen<br />
Fieber:<br />
Kerntemperatur >38,5°C (1x gemessen) oder >38,0°C (2x gemessen über 1 Stunde).<br />
Neutropenie:<br />
Granulozytenzahl
Score 0-26, > 21: low risk. PPV 95%<br />
No or mild symptoms of FN 5<br />
Moderate symptoms of FN 3<br />
No hypertension 5<br />
No COPD 4<br />
Solid Tumor or no Previous Fungal Infection 4<br />
No Dehydration 3<br />
Outpatient 3<br />
Age < 60Y 2<br />
Cave: Symptomatologie nicht standardisiert, Hospitalisation eher Surrogatmarker als Risikofaktor;<br />
4 der Variablen sind statisch - > keine Verlaufsbeurteilung<br />
3.4. Anpassung der AB-Therapie:<br />
Ein möglicher Fokus wird – im Unterschied zum immunkompetenten Patienten NACH Start der<br />
Antibiotika-Therapie gesucht, primär durch eine sorgfältige klinische Untersuchung. Zusätzliche<br />
Untersuchungen:<br />
- Pulmonal: CT Thorax 1/Woche bei Fieber, falls positiv: BAL mit Infekt-Diagnostik (Bakt,<br />
Schimmelpilze, Respifinder, Galactomannan). Galactomannan im Serum, evt<br />
Legionellen/Pneumokokken-AG im Urin insbesondere bei Va. Community acquired pneumonia.<br />
- Bei sinusitischen Beschwerden: CT Nasennebenhöhlen (Knochenarrosionen?),<br />
HNO-ärztliche Untersuchung, (tiefer Nasenabstrich mit Kultur auf<br />
Bakt/Schimmelpilze). Nasopharyngealabstrich mit Respifinder (=Multiplex-PCR für<br />
respiratorische Viren)<br />
- Bei Diarrhoe: Clostridien-Ag im Stuhl, allenfalls Parasiten<br />
- Bei Dysurie: Urinstatus + Bakt, bei Hämaturie zusätzlich BK-Virus, CMV, Adenovirus im Urin/Blut<br />
- Abdominelle Klinik: Ultraschall Gallenwege, evt CT Abdomen<br />
Anpassung der Antibiotika<br />
- Positive Blutkultur mit Kokken in Trauben oder in Ketten unter Antibiotika (idR Oxacillin-resistente<br />
koagulase-negative Staphylokokken oder Ampicillin-resistente Enterococcus faecium) : Abnahme<br />
von zentral+peripheren BK + Start Vancocin 15mg/kg.1-0-1 iv; ( idR 2x1g). Talspiegel vor 5.<br />
Dosis, Ziel 10-15mg/l)<br />
Reevaluation nach 3Tagen: wenn AP für Katheterinfekt: siehe unten, wenn keine weitere BK<br />
positiv wird: Antibiotika Stopp nach 3 Tagen im Falle von KNS<br />
- Positive BK mit gramnegativen Keimen unter Antibiotika: Carbapenem<br />
- Bei klinischem Fokus: Anpassung siehe Flowchart. Bei V.a. Schimmelpilzinfekt: siehe unten<br />
3.5. Reevaluation der empirischen Antibiotikatherapie<br />
Bei stabilem Patienten wird die primäre empirische Antibiotikatherapie nach 96 Stunden re-evaluiert.<br />
Bei instabilem Patienten (Fieber >39°C, Schüttelfrost, Kreislaufinstabilität, unklarer Tachypnoe oder<br />
respiratorischer Insuffizienz) muss früher re-evaluiert werden (Wechsel der empirischen AB-Therapie<br />
frühestens nach 48h sinnvoll, falls kein Fokus oder mikrobiologisches Resultat).<br />
A: Bei Entfieberung wird in der Regel die gewählte empirische Therapie weitergeführt. Bei<br />
negativen Blutkulturen wird nach spätestens 3 Tagen Amikin abgesetzt.<br />
B: Bei nach 96 Stunden persistierendem Fieber, hängt das weitere Vorgehen vom Zustand des<br />
Patienten ab. Bei stabiler Situation sind weitere Abklärungen (s.o.) indiziert. Bei fehlendem<br />
Fokus wird die empirische Antibiotikatherapie unter täglicher sorgfältiger klinischer Untersuchung<br />
und Beachtung allfälliger relevanter Keimisolate während 5-7 Tagen ohne Änderung<br />
weitergeführt. Bei Verschlechterung des Zustandes (Kriterien: Fieber, Schüttelfrost, Kreislauf,<br />
Atemfrequenz, Oxygenierung) sollen Modifikationen evaluiert werden:<br />
- Antibiotic Cycling: Idee ist die Verhinderung eines Infektes von resistenten gramnegativen<br />
Keimen unter einer antibiotischen Therapie. Es gibt hierfür keine solide Daten in der Literatur.<br />
Indikation ist das nach 5-7 Tage persistierende Fieber in Aplasie ohne Fokus beim stabilen<br />
Patienten. Bei ESBL-kolonisierten Patienten, die febril sind unter Meropenem, darf auf<br />
Piperacillin/Tazobactam gewechselt werden.<br />
104
- Pilztherapie:<br />
Bei persistierendem Fieber und schwerer Mucositis sollte eine empirische Pilztherapie mit<br />
Caspofungin (Cancidas®) 70mg 1x Ladedosis, dann 50mg/d verabreicht werden (Stopp<br />
Fluconazol-Prophylaxe).<br />
Voriconazole ist bei Verdacht auf eine mögliche Schimmelpilzinfektion (dokumentierte<br />
Sinusitis unter Antibiotikatherapie, typisches Infiltrat radiologisch) indiziert (s.u.). Dosis:<br />
6mg/kg 2malige Ladedosis, dann 4mg/kg. Spiegel ca nach 5 Tagen. Ziel 1-5mg/l<br />
Ohne Hinweise auf eine invasive Schimmelpilzinfektion (CT Lunge und NNH, keine kutanen<br />
septischen Herde, keine Hinweise auf eine hepatolienale Candidiasis und keine<br />
schwergradige Mucositis kann auf eine Pilztherapie verzichtet werden.<br />
3.6. Dauer der empirischen Antibiotikatherapie<br />
Nach drei Tagen Fieberfreiheit und neutrophilen Granulozyten ≥ 0,5 x 10 9 /l kann (sofern kein<br />
dokumentierter Infekt vorliegt, der länger behandelt werden muss) die Antibiotikatherapie gestoppt<br />
werden.<br />
Bei einer raschen Entfieberung, negativen Blutkulturen, und gutem AZ, jedoch persistierender<br />
Neutropenie, soll die antimikrobielle Therapie in der Regel bis zum Engraftment weitergeführt<br />
werden.<br />
Bei langer Neutropeniedauer soll bei afebrilen Patienten in gutem Allgemeinzustand die<br />
antimikrobielle Therapie in der Regel nach 14 Tagen abgesetzt werden, auch wenn die<br />
Neutrophilenzahl von 0,5 x 10 9 /l noch nicht erreicht ist.<br />
4. Vorgehen bei dokumentierten Infektionen<br />
4.1. Katheterinfekt<br />
4.1.1. Definition:<br />
Infektion<br />
Definition<br />
Kolonisierter Katheter Signifikantes Wachstum 1 Mikroorganismen an Katheterspitze<br />
Ausrollmethode: 15 KBE (Kolonie bildende Einheiten)<br />
Phlebitis (periphere Katheter) 2 der folgenden Kriterien: Überwärmung, Induration, Rötung,<br />
Druckdolenz oder Schmerz<br />
Exit-site Infektion<br />
Klinisch: Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit im<br />
Abstand ≤ 2cm um Katheter-Austrittsstelle, ev. plus Eiter und Fieber<br />
oder<br />
Mikrobiologisch: Keimnachweis aus Exudat von Katheteraustrittstelle<br />
mit oder ohne Kathetersepsis<br />
Tunnelinfektion<br />
Erythem, Induration und/oder Druckschmerzhaftigkeit > 2cm um<br />
Katheter-Austrittsstelle entlang dem getunnelten Katheter<br />
mit oder ohne Kathetersepsis<br />
Kathetersepsis<br />
Catheter-related<br />
bloodstream infection<br />
Bakteriämie oder Fungämie ( 1 pos. Blutkultur aus peripherer Vene)<br />
bei liegenden ZVK plus SIRS ohne andere Quelle für Sepsis.<br />
ZUSÄTZLICH eines der folgenden Kriterien:<br />
=CR-BSI<br />
- Isolation identischer Keim von Katheterspitze in relevanter Menge<br />
oder<br />
Catheter-associated<br />
bloodstream infection<br />
=CA-BSI<br />
- Differential Time to Positivity (DTP) 2 Stunden<br />
Primäre Sepsis ( 1 pos. Blutkultur ohne Hinweis für andere<br />
Infektquelle) in Anwesenheit eines ZVK ≥ 48h<br />
(v.a. für Surveillance)<br />
Die häufigsten Erreger bei Katheterinfekt sind:<br />
- Koagulase-negative Staphylokokken (CNS, sind zu ca. 80% Methicillin-resistent)<br />
- Enterococcus faecium (idR Ampicllin-resistent)<br />
- Staphylococcus aureus (Med Iso < 1% der S. aureus-Stämme Methicillin-resistent).<br />
- seltener Viridans-Streptokokken oder gramnegative nosokomiale Keime<br />
105
4.1.2. Vorgehen<br />
- Abnahme von 2 Blutkulturen, 1x zentral und 1x peripher gleichzeitig (s.o.)<br />
- Kathterentfernung/wechsel bei ALLEN Bakteriämien und dokumentierten Katheterinfektionen<br />
indiziert.<br />
Ausnahmen:<br />
- Katheterinfektion (CR-BSI) mit CNS OHNE Exit-site infection, Phlebitis, tieferliegenden Tunneloder<br />
Logeninfekten,oder septischer Thrombose).<br />
Therapie mit Vancocin 2x 15mg/kg (idR 2x1g) und Vancolock*. Dosisanpassung entsprechend<br />
Talspiegel vor 5. Gabe (Ziel 10-15mg/l).<br />
Alternative (v.a. bei Clearance < 50ml/min: Daptomycin(Cubicin®) 6mg/kg 1/d iv.<br />
Bei Rezidiv ist ein vollständiges Auswechseln des Kathetermaterials indiziert und die Suche nach<br />
einer Thrombose.<br />
- Schwierige Venenverhältinisse bei Bakteriämien OHNE Komplikationen mit<br />
- Enterococcus faecium Bakteriämie: Bei CA-BSI zusätzlich Vancolock*<br />
- Gramnegativer Bakteriämie (Pseudomonas: immer wechseln). Bei CA-BSI zusätzlich<br />
Ciproxinlock*<br />
* Locktherapien siehe <strong>Weissbuch</strong> <strong>Infektiologie</strong><br />
- Katheterwechsel: idealerweise Antibiotikum via alten Katheter, dann ziehen (evt überbrücken<br />
mit Venflon, neuer Katheter nach 12-24h)<br />
- Therapiedauer: 14tägige IV-Antibiotikatherapie<br />
Bei septischer Thrombose 28 Tage.<br />
Bei KNS, Katheter gewechselt: 5 Tage<br />
Bei KNS und erhaltenem Kahteter: 14 Tage<br />
4.2. Virale Infektionen<br />
4.2.1. Allgemeines<br />
Bei immunsupprimierten Patienten insbesondere nach HSZT:<br />
- Virusreplikation ist erhöht und verlängert<br />
- Antivirale Lymphozytenfunktionen qualtitativ und quantitativ für mindestens 3 Monate vermindert<br />
- Risikofaktoren: HSZT (allo-, cord blood > auto) 38°C).<br />
- Probable viral disease: Detection of virus replication and symptoms/signs of concurrent organ<br />
dysfunction. Other pathogens are excluded.<br />
106
- Proven viral disease: Detection of virus replication with corresponding pathology in biopsy<br />
tissues.<br />
Note:<br />
* Latent infectious disease is reported by serology in baseline data. First episode in a seronegative recipient is<br />
defined as primary infection. Indicate site of infection in symptomatic patients.<br />
Viral infectious disease specific criteria<br />
Virus<br />
Organ manifestations Comment<br />
(probable or proven)<br />
Herpes simplex virus (HSV) Mucocutaneous, respiratory<br />
tract, liver, visceral, CNS $ ,<br />
bone marrow suppression<br />
Varicella zoster virus (VZV) Mucocutaneous, respiratory<br />
tract, liver, visceral, CNS $ ,<br />
bone marrow suppression<br />
Epstein Barr virus (EBV) Hepatitis, CNS $ ,<br />
hematological, PTLD<br />
Cytomegalovirus (CMV) Gastrointestinal, hepatitis,<br />
respiratory tract, eye, CNS $ ,<br />
bone marrow suppression<br />
Human Herpes virus 6 (HHV-6) Gastrointestinal, hepatitis,<br />
respiratory tract, CNS $ , bone<br />
marrow suppression<br />
Human Herpes virus 7 (HHV-7) Gastrointestinal, liver,<br />
respiratory tract, CNS $ , bone<br />
marrow suppression<br />
Human Herpes virus 8 (HHV-8) Mucocutaneous, liver,<br />
visceral, bone marrow<br />
suppression<br />
Proven: Kaposi’s sarcoma,<br />
primary effusion lymphoma and<br />
Castleman disease<br />
BK virus (BKV) Urinary tract $ Probable BK-associated<br />
nephropathy: BKV load in plasma<br />
> 10 4 cp/mL > 3 weeks<br />
Probable hemorrhagic cystitis:<br />
BKV load in urine > 10 8 cp/ml and<br />
macroscopic hematuria<br />
JC virus (JCV) CNS $ , urinary tract Probable PML: includes possible<br />
(clinical + MRT) and laboratory<br />
confirmed (clinical + MRT + JCV<br />
DNA detection in cerebrospinal<br />
fluid)<br />
Adenovirus (ADV)<br />
Respiratory viruses including<br />
Respiratory syncytial virus<br />
(RSV), Influenza A-C,<br />
Parainfluenza, Rhinovirus,<br />
Metapneumovirus<br />
Gastrointestinal, urinary tract,<br />
eye (conjunctivitis),<br />
respiratory tract<br />
Respiratory tract, eye<br />
107<br />
Probable hemorrhagic cystitis:<br />
ADV load in urine > 10 4 cp/mL or<br />
isolation and macroscopic<br />
hematuria<br />
Hepatitis B 1 Liver Asymptomatic replication:<br />
inactive HBsAg carrier state<br />
Proven: chronic OR recurrence<br />
Hepatitis C Liver Asymptomatic replication: HCV<br />
viremia, normal liver enzymes<br />
and if available normal biopsy<br />
Proven: chronic disease > 6<br />
months = HCV viremia + liver<br />
biopsy compatible with HCV<br />
infectious disease (+ abnormal<br />
liver enzymes in non-liver-Tx)<br />
Rotavirus, Norovirus, Astrovirus,<br />
Echovirus, Coxsackie<br />
$ CNS: central nervous system<br />
Gastrointestinal
4.2.2. HSV Therapie<br />
Patienten<br />
Möglichkeiten von Manifestationen:<br />
Unter Prophylaxe bei HSZT<br />
Serologisch falsch negative bei HSZT<br />
<br />
<br />
Nach Stopp der Prophylaxe<br />
Klinisch: Mukokutane und seltene, aber schwerwiegende ZNS-, viszerale, oder<br />
opthalmologische Manifestationen<br />
Diagnostik<br />
Typische kutane Manifestation: kein Virusnachweis.<br />
PCR bei atypischer, enoraler, okkulärer, ZNS- oder viszeraler Manifestation: lokal, im<br />
Punktat, im Blut, Liquor, BAL.<br />
Therapie<br />
Mukokutane HSV-Erkrankung:<br />
<br />
<br />
Unter Prophylaxe bei HSZT entspricht klinisch definierte Acyclovirresistenz.<br />
Infektiologisches Konsil wird empfohlen; VTM zur virologischen Resistenztestung,<br />
empirische Therapie mit Foscavir oder high dose Famvir sollte erwogen werden.<br />
Serologisch falsch negative bei HSZT:<br />
Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 8-stdl. i.v. bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />
Valtrex 2x1000 mg/d p.os bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />
Beginn Sekundärprophylaxe<br />
Nach Stopp der Prophylaxe:<br />
Zovirax 250 mg/m2 oder 5 mg/kg 8-stdl. i.v. bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />
Valtrex 2x1000 mg/d p.os bis klinisch Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />
Sekundärprophylaxe evaluieren<br />
Seltene und schwere HSV Reaktivierungen sollen separat evaluiert werden:<br />
HSV-Enzephalitis, occuläre oder viszerale Manifestation (Leber, Lunge, GIT)<br />
Zovirax i.v. 10 mg/kg 8-stdl bis klinisch Abheilung<br />
Verlaufsdiagnostik evaluieren (ggf. VTM zur virologische Resistenztestung)<br />
Okkuläre Manifestation immer konsiliarisch vorstellen (topische Therapie)<br />
4.2.3. VZV<br />
Patienten:<br />
Lanzinierende Schmerzen, Brennen, Rötung in Dermatom, vor Bläschen<br />
V.a. viszerale Varicella-Zoster Erkrankung (Leber, Lunge, GIT)<br />
V.a. Encephalitis<br />
V.a. Keratokonjunktivitis, Endopthalmitis, Retinanekrose<br />
Diagnostik:<br />
PCR bei atypischer, enoraler, okkulärer, ZNS- oder viszeraler Manifestation: lokal, im<br />
Punktat, im Blut, Liquor, BAL.<br />
Therapie:<br />
Herpes Zoster: Valtrex 3x1000mg/d<br />
Disseminierte oder viszerale VZV Erkrankung: Zovirax i.v. 10 mg/kg 8-stdl.<br />
Dauer:<br />
Bis Abheilung (mindestens 7-10 Tage)<br />
Opthalmologisch: topische Therapie?<br />
(Sekundärprophylaxe?)<br />
108
4.2.4. CMV<br />
CMV-Replikation tritt nach allogener HSZT bei rund 50% der Patienten auf (D-/R+ > D+/R+ > D-/R+).<br />
Deshalb Bestimmung des Serostatus vor HSZT und zusätzlich PCR im Vollblut von Empfänger. Eine<br />
preemptive Therapie kann Fortschreiten zu CMV Syndrom und CMV Organerkrankung verhindern<br />
(Leber, Darm, Lunge), welche eine Mortalität von 20-50% (bes. Pneumonie) hat.<br />
Patientenmonitoring<br />
Alle D+ oder R+ Patienten werden monitorisiert und bei Nachweis der CMV Replikation preemptiv<br />
behandelt<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von CMV IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />
intravenöse Immunglobuline, Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentrat). Erythrozyten- und<br />
Thrombozytenkonzentrat führen typischerweise zu niedrig positiven IgG Titern.<br />
Replikation: Nachweis von CMV in primär sterilem Material mittels Kultur, Antigen, in situ<br />
Hybridisierung, Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Vollblut, Plasma, Serum,<br />
Liquor, BAL).<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von CMV Replikation<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />
Diagnostik<br />
Überwachung mittels 1x wöchentliche CMV-PCR (Woche 1 - Woche 12)<br />
Bei Risiko (GvHD, Steroide, Antilymphozyten-Antikörper)<br />
CMV Therapie<br />
First-line Therapie ist Cymevene gemäss Neutrophilenzahl > 1,0x10 9 /l<br />
- Bei Neutrophilen < 1,0x10 9 /l Therapie mit Neupogen<br />
- Bei V.a. Myelotoxizität ggf. Wechsel auf Foscavir (cave: direkter CMV Effekt)<br />
Preemptiv bei asymptomatischer Replikation (gemäss Tabelle)<br />
CMV PCR Kopien/mL Vorgehen<br />
< 1000 Wöchentliches Monitoring<br />
1000 – 10000 Innerhalb einer Woche bestätigen<br />
- Falls = oder ↑ Therapie beginnen<br />
- Falls > 2- facher Abfall mit Therapie<br />
warten und wöchentliches Monitoring<br />
> 10000 Therapie und Verlaufskontrolle<br />
2 x wöchentlich<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Therapeutisch bei symptomatischer Replikation (wahrscheinlich oder definitiv)<br />
Cymevene: 5 mg/kg 12-stdl. iv, Anpassung an Nierenfunktion<br />
Foscavir*: Bei asymptomatischer Replikation 60 mg/kg 12-stdl. iv (1-Std.-Infusion).<br />
Bei möglicher oder definitiver Erkrankung 60 mg/kg 8-stdl. iv oder 90 mg/kg 12-stdl. iv,<br />
Anpassung an Nierenfunktion<br />
Valcyte (bei ambulanten Pat. in gutem AZ und asymptomatischer Replikation): 900 mg 2xtgl.,<br />
Anpassung an Nierenfunktion<br />
109
Dauer<br />
<br />
<br />
Bei asymptomatischer Replikation: bei negativem CMV Nachweis 14 Tage ansonsten<br />
Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />
Bei Organerkrankung: bei negativem CMV Nachweis 14 -21 Tage<br />
Erhaltungstherapie (Sekundärprophylaxe) nur in Einzelfällen. Rücksprache mit Infektiologen<br />
empfohlen.<br />
CMV Addendum<br />
CMV-Pneumonie: zusätzlich ein polyklonales Immunglobulinpräparat (z.B. Privigen®) in einer Dosis<br />
von 0.5g/kg iv jeden 2. Tag während 2 Wochen, dann zweimal pro Woche für weitere 4 Wochen.<br />
Die Toxizitäten von Cymevene (Knochenmark) und Foscarnet (Nierentoxizität) sind nicht<br />
überlappend, so dass je nach Problemstellung die passende Therapie ausgewählt werden kann.<br />
* Foscavir: zusätzliche Hydrierung mit 500 ml parenteraler Kochsalz- oder Glucoselösung vor und bei<br />
Foscavir-Gabe Kontrolle der Nierenfunktion und der Serumelektrolyte (inkl. Ca, Ph, Mg).<br />
Vistide (Cidofovir) bei Patienten nach HSZT ist nur in Ausnahmefällen indiziert wie Foscavir- und<br />
Ganciclovir-Unverträglichkeit oder –Resistenz bzw. andere Virusinfektionen und soll nach<br />
Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong> bzw. klinischem Virologen erwogen werden. Indikation sehr selten da<br />
Gefahr der Nephrotoxizität. Zugelassen zur Therapie der CMV Retinitis beim HIV Patienten.<br />
Dosierung: Induktionstherapie: 5mg/kg iv als 1h Infusion 1x/Woche für 2 Wochen.<br />
Sekundärprophylaxe: 5mg/kg iv als 1h Infusion alle 2 Woche. Wichtigste Nebenwirkung: Proteinurie,<br />
Erhöhung Serumkreatinin, Neutropenie, Fieber. Zur Senkung der Nephrotoxizität muss Cidofovir mit<br />
Probenecid (Santuril) kombiniert gegeben werden.<br />
4.2.5. EBV<br />
Allgemeines<br />
Primoinfektion ist beim Erwachsenen selten (Seroprävalenz 95%) und von einer Reaktivierung zu<br />
unterscheiden. Risikofaktoren für eine Reaktivierung sind T-Zell Depletion (u. a. Alemtuzumab, ATG),<br />
haploidentische HSZT, cord blood HSZT und second line GvHD Theapie (u. a. Alemtuzumab,<br />
Infliximab).<br />
Patienten<br />
Gemäss Risikofaktoren<br />
V.a. Mononukleose-Syndrom<br />
V.a. Lymphom (klinisch: (sub)febrile Temperaturen und Malaise, radiologisch:<br />
Lymphadenopathie, Raumforderung; labortechnisch: Eiweisselektrophorese)<br />
Frühe Manifestation (1. Jahr nach HSZT) meist EBV-positive „Post-transplant<br />
lymphoproliferative disease" (PTLD);<br />
Späte Manifestation (>1Jahr) häufiger EBV-negative PTLD.<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von EBV IgG anti-VCA und anti-EBNA (nach Ausschluss von passiver<br />
Transfusion durch intravenöse Immunglobuline).<br />
Replikation: Nachweis von EBV in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />
Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Vollblut, (Plasma, Serum) Liquor, BAL).<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen und EBV Replikation<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie<br />
Diagnostik<br />
PCR im Vollblut 1x/Woche bei oben genannten Risikofaktoren bis Woche 12<br />
PCR Baselinewert vor GVHD Therapie<br />
CT Thorax/Abdomen, evt. PET CT<br />
Biopsie bei V.a. PTLD<br />
110
EBV-PTLD Therapie<br />
Bei ansteigender EBV-Last im Blut (50-fach in 1-2 Wochen über 50000 Kopien/ml) mit oder ohne<br />
Symptomatik sollten die PTLD Abklärungen durchgeführt werden und eine preemptive Therapie<br />
diskutiert werden.<br />
- Immunsuppression reduzieren falls möglich<br />
- Anti- CD20 375mg/m2 1 (-2) Gaben. Darunter sollte nach 1 Woche die EBV Viruslast um > 1log<br />
abnehmen. Dann Reevaluation<br />
- Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />
- Indikation zur adjuvanten antiviralen Therapie nur bei seronegativen Patienten mit EBV-<br />
Primoinfektion. Ganciclovir Dosis gemäss CMV.<br />
- Adoptiver T-Zell Transfer diskutieren insbesondere bei fehlendem Ansprechen auf Anti-CD20.<br />
4.2.6. HHV-6<br />
Die HHV-6 Seroprävalenz erreicht >95% ab dem 2 Lebensjahr. HHV6 Replikation tritt nach allogener<br />
HSZT bei rund 20-60% der Patienten in den ersten 2 - 6 Wochen auf. Die HHV-6 Organerkrankungen<br />
sind Encephalitis (limbische Enzephalitis), Pneumonitis, Hepatitis, Thrombozytopenie,<br />
Leukopenie bis zur Knochenmarkssuppression.<br />
Patienten<br />
Alle D+ oder R+ Patienten<br />
V.a. Enzephalitis, unklares Fieber, Thrombopenie, Non Engraftment, Hepatitis, Pneumonie<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von HHV-6 IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />
intravenöse Immunglobuline).<br />
Replikation: Nachweis von HHV-6 in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />
Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Proben (Plasma, Serum, Liquor, BAL).<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von HHV-6 Replikation<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />
Diagnostik<br />
Bei Symptomen HHV-6 PCR im Plasma und am Ort der Symptomatik<br />
Bei Risiko (GvHD, Steroide)<br />
HHV6-Therapie<br />
Antivirale Therapie mit <strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />
Therapeutisch bei symptomatischer Replikation (wahrscheinlich oder definitiv)<br />
Wie für CMV<br />
Dauer<br />
<br />
2-3 Wochen, bis asymptomatisch und PCR im Plasma bzw. Liquor negativ.<br />
* Bei einem asymptomatischen Anstieg der HHV-6 Viruslast im peripheren Blut, die mit dem<br />
Engraftment zusammenfällt und sehr hohe Werte von Millionen erreicht, sollte an das Vorliegen<br />
einer chromosomalen HHV-6 Integration gedacht werden. Diese kommt bei ~1% der Bevölkerung<br />
vor. Rücksprache mit dem Virologie-Labor und/oder einem Spezialisten in klinischer Virologie<br />
sollte zur Beurteilung und vor evt. Therapie erwogen werden.<br />
111
4.2.7. HHV-7<br />
Wenig ist bekannt über die Reaktivierung von HHV-7. Pneumonitiden, Hepatitiden Enzephalitiden<br />
und Knochenmarksuppression wurden beschrieben.<br />
Definitionen<br />
Analog zu HHV-6<br />
Diagnostik<br />
Bei Symptomen HHV-7 PCR im Plasma und am Ort der klin. Manifesation<br />
Bei Risiko (GvHD, Steroide)<br />
HHV- 7-Therapie<br />
Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />
Analog zu HHV-6 Therapie<br />
4.2.8. Virale respiratorische Infekte<br />
Risiko für Transmission entspricht der Virusaktivität im Einzugsgebiet, wobei Kinder eine zentrale<br />
Rolle durch höhere und längere Virusausscheidung haben. Respiratory Syncytial virus (RSV) und<br />
Influenza verursachen je 30% der respiratorischen Viruserkrankungen. Die restlichen werden durch<br />
Parainfluenza, Adenoviren und Metapneumoviren verursacht. Spitalhygienische Massnahmen sind<br />
bei Infektionen bei Patienten, Angehörigen und Pflegenenden angezeigt. Es sollte daran gedacht<br />
werden, dass Angehörige gegen Influenza geimpft werden sollten.<br />
Eine erhöhte Mortalität besteht bei Progression eines Infekts von den oberen Luftwegen zu einer<br />
Pneumonie und schwerer Immundefizienz (s.u.).<br />
Eine Früherkennung insbesondere von Influenza, RSV, Humanes Metapneumovirus und<br />
Parainfluenzaviren ist bei diesen Patienten wichtig. Bei Patienten mit Zeichen eines Infekts der<br />
oberen Luftwege vor Konditionierung sollte die Transplantation nach Möglichkeit verschoben werden.<br />
Patienten<br />
Symptomatische Patienten<br />
Patienten nach dokumentierter Exposition und starker Immunschwäche<br />
Definitionen<br />
Moderate Immundefizienz (MID): Lymphopenie (< 0.3x10 9 /l) , immunsupprimierende<br />
Therapie, T-Zelldepletion > 3 Monate<br />
Schwere Immundefizienz (SID): HSZT (allo-, cord blood > auto)
RSV Therapie<br />
Moderate Immundefizienz (MID):<br />
Obere oder untere Luftwege<br />
Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1x pro Woche bis klinisch<br />
asymptomatisch.<br />
Ribavirin (Rebetol®):<br />
- per os: maximale Dosis 10 mg/kg Körpergewicht 8-stündlich; Beginn mit 600 mg loading<br />
dose, dann 200mg 8-stündlich, bei Verträglichkeit am Tag 2 erhöhen auf 400 mg 8-<br />
stündlich, nach weiteren 2 Tagen auf 600 mg 8-stündlich bzw. maximale Dosis.<br />
- Intravenös: maximale Dosis 10 mg/kg Körpergewicht 8- stündlich; Dosierung wie per os.<br />
Anpassung bei Niereninsuffizienz (Kreatininclearance zwischen 30-50 mL/min maximal<br />
200 mg 8-stündlich; unter 30 ml/ min sistieren) und gemäss weiterer Komedikationen. Bei<br />
Hämolyse sollte Erythrozytenkonzentrate substituiert werden und die Dosierung von<br />
Ribavirin neu beurteilt werden.<br />
Schwere Immundefizienz (SID):<br />
Obere oder untere Luftwege<br />
Immunglobulin (z.B. Privigen®): 3x /Woche bis klinisch asymptomatisch<br />
Ribavirin: siehe oben<br />
Pavilizumab (Synagis®): nur in Einzelfällen. Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong> empfohlen.<br />
Therapiedauer<br />
Bis Ende Symptomatik und PCR aus Nasopharyngealabstrich negativ.<br />
Influenza Virus (A und B) Therapie<br />
Alle Patienten inkl. moderate oder schwere Immundefizienz<br />
Obere Luftwegsinfektion<br />
Relenza® (Zanamivir): 48h).<br />
Anpassung bei Niereninsuffizienz (Kreatininclearance zwischen 10-30 mL/min 75mg<br />
1xtäglich, Kreatininclearance < 10mL/min kein Tamiflu)<br />
bei positivem Virusnachweis auch wenn Symptomatik > 48h besteht<br />
Untere Luftwegsinfektion<br />
Tamiflu® (Oseltamivir): 150 mg 2x täglich am 1. und 2. Tag, dann 75mg 2xtäglich<br />
bei positivem Virusnachweis auch wenn Symptomatik > 48h besteht<br />
Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1-3x /Woche<br />
Dauer<br />
<br />
Bis Ende Symptomatik bzw. PCR negativ.<br />
Parainfluenza<br />
Moderate oder schwere Immundefizienz<br />
Obere oder untere Luftwege<br />
Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 1x pro Woche bis klinisch<br />
asymptomatisch.<br />
Ribavirin (Rebetol®): Nur in Einzelfällen, Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />
Schwere Immundefizienz (SID)<br />
Obere oder untere Luftwege<br />
Immunglobulin (z.B. Privigen®): 0.5 g/kg Körpergewicht, 3x /Woche bis klinisch<br />
asymptomatisch<br />
Ribavirin: Gemäss Klinik und Immunstatus. Rücksprache mit Infektiologen empfohlen.<br />
113
Adenovirus<br />
Adenovirus-(ADV) Replikation tritt bei Erwachsenen nach allogener HSZT selten auf. Es ist unklar,<br />
ob es sich um eine Reaktivierung oder Primoinfekt handelt. Risikofaktoren für eine Replikation sind<br />
allogene HSZT, mismatched related donor, matched unrelated donor, haploidentische HSZT,<br />
Lymphopenie (50% der Fälle im Urin. Bei etwa 5-10% kommt<br />
es zum Auftreten einer Polyomavirus-BK assoziierten hämorrhagische Cystitis (PVHC), meist nach<br />
Engraftment ca. 2-6 Wochen nach HSCT (late-onset). Risikofaktoren für eine PVHC sind allogene<br />
HSZT, mismatched related donor, matched unrelated donor, GvHD, Steroide, BKV Last im Urin<br />
>10e8 cp/ml und BKV Last im Plasma >10e4 cp/ml.<br />
Patienten<br />
Alle Patienten mit den oben genannten Risikofaktoren<br />
Klinisch: Zeichen der Cystitis mit Dysurie und Urge plus Hämaturie<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von BK IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />
intravenöse Immunglobuline).<br />
114
Replikation: Nachweis von BK in primär sterilem Material mittels Kultur, in situ Hybridisierung,<br />
Immunhistochemie oder durch PCR in zellfreien Materialen (Plasma, Urin, Serum, Liquor, BAL).<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von BK Virus Replikation<br />
- Hämorrhagische Zystitis:<br />
Grad 0: keine Hämaturie.<br />
Grad 1: > 100 Erythrozyten pro high-power microscopic field an > 2 folgenden Tagen<br />
Grad 2: Makroskopische Hämaturie<br />
Grad 3: Makroskopische Hämaturie mit Koagel<br />
Grad 4: Makroskopische Hämaturie mit Koagel und ansteigendem Serumkreatinin wegen<br />
Obstruktion.<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />
Diagnostik<br />
Hämaturie Grading<br />
PCR auf BKV, Adenovirus, CMV im Urin und Plasma<br />
Histologie bei urologischer Intervention<br />
BKV Therapie<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Symptomatisch, Urologe beiziehen, Tamponade ausschliessen. Spülkatheter<br />
Antivirale Therapie mit klin. Virologen/<strong>Infektiologie</strong> besprechen<br />
bei wahrscheinlicher (≥ Grad 2) oder definitiver Erkrankung<br />
Cidofovir 0.5 - 1 mg/kg KG 3x/Woche (ohne Probenecid; S-Kreatinin Kontrolle)<br />
Cidofovir 5 mg/kg KG 1x/Woche mit Probenicid 2g p.o. 1x 3h vor Cidofovirgabe, 1x1h und<br />
1x8h nach Cidofovir.<br />
Ungenügende Evidenz vorhanden, um die prophylaktische oder pre-emptive Gabe von<br />
Fluorochinolonen zu empfehlen.<br />
4.2.10. Polyomavirus JC-(JCV)<br />
JC Virus Reaktivierung mit Virusnachweis im Urin findet sich 20% der gesunden Blutspender.<br />
Klinische Manifestationen der JCV-Replikation sind bei HSZT Patienten selten. Die progressive<br />
multifokale Leukencephalopathie (PML) ist die bekannteste Erkrankung bei Immunsupprimierten,<br />
welche durch JCV-Replikation im ZNS verursacht wird.<br />
Patienten<br />
Alle Patienten mit lang andauernder Immnsuppression (CD4 < 100 Zellen/µl)<br />
Klinisch: neurologische Veränderung<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von JC IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />
intravenöse Immunglobuline).<br />
Replikation: Nachweis von JC in primär sterilem Material mittels PCR, Kultur, in situ Hybridiesierung<br />
oder Immunhistochemie in zellfreien Proben (Liquor, Plasma, Urin, Serum, BAL). Um die Sensitivität<br />
der PCR im Liquor zu erhöhen sollte mindestens 1ml Liquor ins IMM geschickt werden.<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von JC Virus Replikation<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />
Diagnostik<br />
PCR auf JCV im nicht-zentrifugiertem Liquor (mindestens 1ml!) und Plasma<br />
MRT Schädel mit typischen Veränderungen in T2<br />
Histologie nach klinischer Differentialdiagnose<br />
115
JCV Therapie<br />
Antivirale Therapie gemäss Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>/klinische Virologie<br />
bei wahrscheinlicher oder definitiver Erkrankung<br />
Reduktion der Immunosuppression<br />
Cidofovir 5 mg/kg KG 1x/Woche mit Probenicid 2g p.o. vor Cidofovirgabe.<br />
4.2.11. HHV-8<br />
HHV-8 Reaktivierungen bei HSZT Patienten sind sehr selten beschrieben worden, obwohl Fälle mit<br />
Kaposi-Sarkom nach HSZT sowie ein Fall von Donor-Transmission unter 1500 HSZT beschrieben<br />
worden ist.<br />
Patienten<br />
Klinisch: Kutanes (indolente, blau livide Papeln/Plaques häufig an den unteren<br />
Extremitäten) und viszerales Kaposi’s Sarkom, primary effusion lymphoma (PEL),<br />
multicentric Castleman disease (MCD), Knochenmarkssuppression.<br />
Definitionen<br />
Latente Infektion: Nachweis von HHV-8 IgG (nach Ausschluss von passiver Transfusion durch<br />
intravenöse Immunglobuline).<br />
Replikation: Nachweis von HHV-8 in primär sterilem Material mittels PCR, Kultur, in situ<br />
Hybridiesierung oder Immunhistochemie in zellfreien Proben (Liquor, Plasma, Urin, Serum, BAL).<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Nachweis von HHV-8 Replikation<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Organ-spezifische Symptome/Zeichen plus Histopathologie.<br />
Diagnostik<br />
HHV-8 Serologie (Latenz-associated LANA und lytic antigene ORF65)<br />
PCR auf HHV-8<br />
HIV Antikörper wiederholen bzw. HIV Viruslast bestimmen bei möglicherweise falsch<br />
negativen Antikörpernachweis.<br />
Bei kutanem Befall beiziehen der Dermatologen<br />
Histologie<br />
HHV-8 Therapie<br />
Therapie bei wahrscheinlicher und definitiver Diagnose:<br />
Reduktion der Immunosuppression<br />
Chemotherapie<br />
Antivirale Therapie mit Ganciclovir nur bei Verdacht auf virales Syndrom. Rücksprache mit<br />
<strong>Infektiologie</strong> empfohlen.<br />
4.2.12. Hepatitis B<br />
Die Hepatitis B bleibt lebenslänglich in den Leberzellen und kann reaktivieren bei Immunsuppression.<br />
Nach HSZT treten in 50-70% Reaktivierungen bei durchgemachter Hepatitis B auf.<br />
Patienten<br />
Alle Patienten mit folgendenden Serostatus:<br />
- HBs Antigen und HBc Antikörper positiv<br />
- HBc Antikörper „only“ (Replikation in ca 10%)<br />
- HBs Antikörper und HBc Antikörper (je nach Studie in 50-90%)<br />
116
Definitionen<br />
Replikation: Nachweis von HBV mittels PCR, in situ Hybridiesierung oder Immunhistochemie im<br />
Plasma.<br />
<br />
<br />
Asymptomatisch<br />
Wahrscheinliche Erkrankung<br />
- Erhöhte Transaminasen<br />
- Leberstrukturveränderung im Ultraschall, Fibroscan<br />
- Nachweis von HBV Replikation<br />
<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Histopathologie<br />
Diagnostik<br />
PCR im Plasma auf HBV vor Konditionierung, dann 2-4 wöchentlich bei obengenannten<br />
Risikopatienten<br />
Bei ansteigenden Transaminasen ohne anderen klaren Grund sollte eine HBV PCR<br />
veranlasst werden<br />
Histologie bei Transaminasen, HBV PCR oder strukturellen Veränderungen im Ultraschall<br />
HBV Therapie<br />
Bei erhöhten Transaminasen und HBV DNA >2000 Kopien/ml sollte eine bildgebende und<br />
histologische Diagnostik nach Rücksprache mit den Gastroenterologen veranlasst werden.<br />
Therapiemöglichkeiten: Entecavir und Tenofovir<br />
Cave: bei Hepatitis B Umgebungs-Abklärung und ggf. Impfung von Angehörigen<br />
4.2.13. Hepatitis C<br />
Patienten mit einer chronischen Hepatitis C, die mit oder ohne Therapie über 6 Monate keine<br />
Virusreplikation aufweisen, sind von der Hepatitis C geheilt. Im Unterschied zur Hepatitis B gibt es<br />
kein Reservoir für die Hepatitis C Viren. Bei Patienten, mit einer persistierenden HCV Replikation,<br />
kann eine Progression zu fortgeschrittener Lebererkrankung oder Zirrhose nach 15 bzw. 20 Jahren in<br />
ca. 11% bzw. 24% auftreten. Dies unterscheidet sich nicht von nicht-transplantierten Patienten.<br />
Patienten<br />
Alle Patienten mit Nachweis von HCV Ak und nachweisbare HCV Replikation<br />
Definitionen<br />
Replikation: Nachweis von HCV mittels PCR, in situ Hybridisierung oder Immunhistochemie im<br />
Plasma.<br />
Asymptomatisch:<br />
- Normale Transaminasen<br />
- Keine Leberstrukturveränderung im Ultraschall, Fibroscan, ev. normale Biopsie<br />
- Nachweis von HCV Replikation<br />
<br />
Definitive Erkrankung<br />
- Histopathologie,<br />
- > 6 Monate Nachweis von HCV Replikation<br />
- Erhöhte Leberenzyme<br />
Diagnostik<br />
Bei HCV AK positiv<br />
PCR im Plasma auf HCV und einmalig Genotyp bestimmen<br />
Leberstrukturveränderungen im Ultraschall, Fibroscan<br />
Histologie<br />
Bei Patienten, die über 6 Monate PCR negativ waren, ist eine Hepatitis C unwahrscheinlich.<br />
Deshalb sollte bei erhöhten Transaminasen nach anderen Ursachen gesucht werden und<br />
eine Biopsie angestrebt werden. HCV PCR nur bei V.a. Neuansteckung.<br />
117
HCV Therapie<br />
<br />
<br />
Eine engmaschige Monitorisierung sollte bei Langzeitüberlebenden durchgeführt werden.<br />
Therapie nach 6 Monaten nach HSZT gemäss Rücksprache mit Hepathologen.<br />
4.2.14 Gastrointestinale Viren<br />
Noro-, Coxsackie-, Echo-, Rota-, Adeno- und Astroviren sind die häufigsten Viren, die eine<br />
Gastroenteritis verursachen. Infektionen werden grundsätzlich fäkal-oral übertragen. Bei HSCT<br />
Patienten können beispielsweise Echoviren auch andere Organsysteme befallen wie Lunge oder<br />
ZNS. Zudem können die Symptomatik der Enteritis sowie die Virusausscheidung verlängert sein (3<br />
Monate). Rotavirus Infekte können besonders im Kindesalter schwer verlaufen.<br />
Definitionen:<br />
Asymptomatische Replikation<br />
Symptomatisch<br />
Diagnostik:<br />
PCR im Stuhl<br />
Therapie:<br />
Symptomatisch<br />
Kontaktisolation gemäss Hygienerichtlinien HRL 03.13<br />
Dosistabelle<br />
Valtrex<br />
(Valacyclovir)<br />
Zovirax<br />
(Acyclovir)<br />
Valcyte<br />
(Valganciclovir)<br />
Famvir<br />
(Famciclovir)<br />
Cymevene<br />
(Ganciclovir)<br />
Foscavir<br />
(Foscarnet)<br />
Vistide<br />
(Cidofovir)<br />
Asymtomatische<br />
Replikation<br />
Organerkrankung Prophylaxe Niereninsuffizienz<br />
Siehe unter HSV oder<br />
VZV Therapie (da<br />
unterschiedlich)<br />
Siehe unter HSV oder<br />
VZV Therapie<br />
500mg po 12h<br />
500mg po 12h<br />
900mg po 12-h Bisher keine Indikation 900mg 24h<br />
(grundsätzlich bei<br />
Gefahr einer<br />
Resistenzbildung<br />
nicht indiziert)<br />
VZV 500mg po 8h<br />
HSV 500mg po 12h<br />
Höhere Dosis bei V.a.<br />
Aciclovirresistenz<br />
5mg/kg iv 12-h 5mg/kg iv 12h 6mg/kg iv 24h<br />
60mg/kg iv 12-h 60mg/kg iv 8h oder 90-120mg/kg iv 24h<br />
90mg/kg 12h<br />
5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/2 Wo<br />
siehe <strong>Weissbuch</strong><br />
<strong>Infektiologie</strong> *<br />
PDF aufrufbar auf der Website: http://www.unispital-basel.ch/das-universitaetsspital/bereiche/medizin/ klinikeninstitute-abteilungen/infektiologie-spitalhygiene/<br />
118
4.3. Pilz-Infektionen<br />
Die häufigsten invasiven Pilzinfekte sind Candidämien, hepatolienale Candidiasis und invasive<br />
Aspergillosen (pulmonal, Sinus, cerebral), seltener Infektionen mit Mucorales oder Rhizopus.<br />
4.3.1. Candida-Stomatitis<br />
Bei klinisch manifester Candidastomatitis sollte ein Abstrich mit Differenzierung und<br />
Resistenzprüfung veranlasst werden und mit Fluconazol (Diflucan®) 200mg/d behandelt werden.<br />
Falls der Patient bereits unter Fluconazol prophylaktisch steht, soll empirisch auf Caspofungin<br />
(Cancidas®) gewechselt werden.<br />
Therapiedauer: mindestens 10 Tage.<br />
Ohne klinischen Befund sollten keine Abstriche gemacht werden.<br />
4.3.2. Candidämie<br />
Eine Candidämie kann von den Schleimhäuten ausgehen (Stomatitis, Mucositis des GI-Traktes) oder<br />
von einem Katheter (Katheterinfekt).<br />
Diagnostik: bei Nachweis von Hefe in einer BK: Abnahme von erneuten BK (peripher und zentral),<br />
Fundoskopie (septische Streuherde?), Echokardiographie (Endokarditis?).<br />
Empirische Therapie in Aplasie: Caspofungin (Cancidas®): Loading dose 70mg iv, dann 50mg iv 1/d,<br />
alternativ liposomales Amphotericin B (Ambisome®) 3mg/kg iv 1/d. Nach Erhalt der Differenzierung<br />
und Resistenzprüfung soll gemäss Resistenzprüfung weiterbehandelt werden. Zentralvenöse<br />
Katheter müssen immer entfernt/gewechselt werden.<br />
Therapiedauer: 14 Tage, bei Endokarditis 4-6 Wochen<br />
Treatment options für invasive fungal infections in adults. Flückiger U, FUNGINOS; Swiss Med Wkly, 2006;<br />
138: 447-463<br />
4.3.3. Hepatolienale Candididasis<br />
Als Komplikation einer Candidämie kann es - typischerweise nach hämatologischer Regeneration -<br />
zur hepatolienalen Candidiasis kommen. Die Symptomatik ist unspezifisch (Fieber, evt Schmerzen<br />
im rechten Oberbauch und Anstieg der Cholestaseparameter), sonographisch oder computertomographisch<br />
lassen sich multiple kleine Abszessherde nachweisen. Die Blutkulturen bleiben meist<br />
negativ. In der Leberbiopsie histologisch/kultureller Nachweis, Sensitivität kann durch eine<br />
panfungale PCR erhöht werden.<br />
Therapie in Aplasie: Caspofungin (Cancidas®) iv, im Verlauf (ambulante Therapie) Fluconazol<br />
400mg/d po (bei Vorhandensein einer Spezies-Identifikation oder Resistenzprüfung muss<br />
entsprechend angepasst werden).<br />
Therapiedauer mindestens 6 Monate (bis Herde im CT nicht mehr nachweisbar)<br />
4.3.4. Invasive Schimmelpilzinfektionen<br />
Invasive Schimmelpilzinfektionen bei immunkompromittierten Patienten sind schwierig zu<br />
diagnostizieren, da der Goldstandard, der Nachweis von Pilzwachstum in sterilem Gewebe meist<br />
nicht möglich ist. Eine Einteilung nach Wahrscheinlichkeit wurde 2002 publiziert und 2008 revidiert:<br />
Defining opportunistic invasive fungal infections in immunocompromised patients with cancer and hematopoetic<br />
stem cell transplants: An international consensus. CID; 2002; 34: 7-14<br />
Revised Definitions of Invasive Fungal Disease from the European Organization for Research and Treatment of<br />
Cancer/Invasive Fungal Infections Cooperative Group and the National Institute of Allergy and Infectious<br />
Diseases Mycoses Study Group (EORTC/MSG) Consensus Group; CID 2008;46:1813–21<br />
119
Definitionen<br />
Bewiesene invasive Pilzinfektion (Proven)<br />
Histo-, zytopathologischer oder kultureller Pilznachweis in sterilem Gewebe inkl. Blut (mit oder ohne<br />
Keim-Identifikation)<br />
Positives Cryptokokken-Ag im Liquor<br />
Wahrscheinliche invasive Pilzinfektion (Probable)<br />
1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen + 1 mykologisches Kriterium<br />
Mögliche invasive Pilzinfektion (Possible)<br />
1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen (ohne Mykologie)<br />
Wirtsfaktoren:<br />
- Kürzliche Neutropenie (< 0.5 x 109/l für > 10 days) mit zeitlichem Zusammenhang zum Beginn der<br />
Pilzinfektion<br />
- St.n. allogener HSCT - Prolongierte Steroidtherapie: Prednison äquivalent mit einer mittleren minimalen Dosis<br />
von 0.3 mg/kg/da für > 3 Wochen - T-zell supprimierende Therapie (z.B. Cyclosporin, TNFa-Blocker,<br />
spezifische AK (z.B. Alemtuzumab) oder Nukleosidanaloga (z.B. Fludarabine) in den letzten 90 Tagen) -<br />
Angeborene schwere Immundefizienz (z.B. chron. Granulomatose oder SCID)<br />
Klinische Faktoren:<br />
- Untere Atemwege: mindestens 1 der folgenden Zeichen im CT: Dichtes, begrenztes Infiltrat mit oder ohne<br />
Halo oder Air-crescent sign oder Kaverne<br />
- Tracheobronchitis: Tracheobronchiale Ulzeration, Knoten, Pseudomembranen, Plaques oder ‚eschar’ in der<br />
Bronchoskopie<br />
- Sinonasale Infektion: radiologische Sinusitis + mind. 1 der folgenden Zeichen: Akuter lokalisierter Schmerz<br />
(inkl. Ausstrahlung in die Augen) oder Ulkus der Nase mit ‚eschar’ (Verkrustung) oder Knochendestruktion<br />
ausgehend von den paranasalen Sinuses<br />
- ZNS Infektion: mindestens 1 von 2 Zeichen: Fokale Läsion in der Bildgebung oder meningeales Enhancement<br />
im MRI/CT<br />
- Disseminierte Candidiasis: mind. 1 von 2 Entitäten nach einer Candidämie in den letzten 2 Wo: Kleine, targetähnliche<br />
Abszesse (bull’s-eye lesions) in Leber oder Milz. Progressive retinale Exudate in der<br />
ophthalmologischen Untersuchung<br />
Mykologische Kriterien<br />
- Direkte Tests (Zytologie, Direktpräparat, Kultur, panfungale PCR): Nachweis von Schimmelpilz im Sputum,<br />
BAL, Trachealsekret oder Sinusaspirat (mit oder ohne Spezies-Identifikation)<br />
- Indirekte Tests (Antigen oder Zellwandbestandteile): Aspergillose: Galactomannan im Plasma, Serum, BAL<br />
oder Liquor<br />
- Invasive Pilzinfektion (ausser Cryptococcen /Zygomyceten): Beta-D-Glucan im Serum (bei uns nicht<br />
erhältlich)<br />
Therapie<br />
Possible, probable und proven Schimmelpilzinfektionen qualifizieren für einen sofortigen<br />
Therapiebeginn. Therapie-Entscheide sollten sich aber nicht alleine auf diese Kriterien stützen und<br />
können Patienten betreffen, die diese nicht erfüllen.<br />
Die am häufigsten gefundenen Schimmelpilze (>95%) sind Aspergillen. Die beste Therapie für den<br />
Aspergillus ist Voriconazol (Vfend®) 6mg/kg loading dose 2x, dann 4mg/kg 1-0-1 (NEJM 2002).<br />
Talspiegel nach ca 5 Tagen, Ziel 1-5mg/l. Unter der initialen Therapie nehmen die Herde in der<br />
ersten Woche meist an Grösse zu, insbesondere unter dem Engraftment. Dies ist Ausdruck des<br />
Einwanderns von Leukozyten. Für Kombinationstherapien gibt es kaum Daten, eine solche kann im<br />
Einzelfall zusammen mit dem infektiologischen Konsiliardienst besprochen werden. Eine andere<br />
therapeutische (und diagnostische) Option ist eine thoraxchirurgische VATS oder Lobektomie. Eine<br />
solche sollte interdisziplinär mit Thoraxchirurgie, <strong>Infektiologie</strong> und Pneumologie diskutiert werden.<br />
Therapiedauer:<br />
- probable/proven: mindestens 3 Monate, resp. bis Infiltrate im CT weg/stabile Narben.<br />
- possible: bei typischer Bildmorphologie s.o., bei retrospektiv anderer Diagnose oder nur kleinsten<br />
Befunden: Stopp bei Ende Aplasie<br />
120
Seltenere Schimmelpilze<br />
Nebst den Aspergillen treten unter dem verbesserten Ueberleben der Patienten, unter Breitspektrum-<br />
Pilztherapien häufiger seltene Schimmelpilze auf. Zu diesen gehören Zygomyceten (v.a. Mucor,<br />
Rhizopus), Scedosporien und Fusarien. Es sind oft sehr schwierig zu behandelnde Infektionen,<br />
inbesondere beim neutropenen Patienten. Die empirische Therapie sollte breit (Amphotericin B, evt.<br />
Kombinationstherapie in Rücksprache mit <strong>Infektiologie</strong>) sein und an die Spezies-Identifikation und<br />
allfällige Resistenzprüfung (cave: keine etablierten Breakpoints) angepasst werden.<br />
Uebersicht: Therapie invasiver Pilzinfektionen<br />
Indikation Massnahme Kommentar/Alternativen<br />
Fieber in Neutropenie,<br />
trotz Antibiotika und<br />
Mucositis<br />
Caspofungin (Cancidas®)<br />
70mg loading, dann 50mg<br />
qd iv<br />
Gut verträglich. Cave<br />
Hepatopathie<br />
Stopp, wenn kein Infekt und<br />
Patient afebril<br />
Invasive Candidose<br />
(Candidämie,<br />
hepatolienale Candidiasis)<br />
V.a. invasive Aspergillose<br />
(radiologisch, possible,<br />
probable or proven)<br />
Seltenere Pilze: Fusarien,<br />
Mucorales, Scedosporium<br />
Empirisch Caspofungin<br />
(Cancidas®) 70mg iv<br />
loading, dann 50mg qd iv<br />
Wechsel auf Fluconazol<br />
(Diflucan®) 400mg/d falls<br />
MHK < 2mg/l<br />
Voriconazole (Vfend®), iv<br />
oder p.o.<br />
iv loading: 6 mg/kg bid,<br />
dann 4 mg/kg bid. p.o. oder<br />
iv*<br />
Liposomales Amphotericin<br />
B (Ambisome®) bis Erhalt<br />
ID/Resistenzprüfung,<br />
Alternative: Amphotericin B<br />
Dauer: Candiämie: minimal 14<br />
Tage; hepatolienale Candidiasis:<br />
6 Monate resp bis Herde weg<br />
Alternative: Voriconazol*<br />
Cave: parenterale Form bei<br />
Niereninsuffizienz, Hepatopathie<br />
Alternative:<br />
Liposomales Ampho B<br />
(Ambisome®) 3mg/kg)<br />
Posaconazol (Noxafil®) 2x400mg<br />
po (4x200mg bei schlechter<br />
Absorption)<br />
Alternative:<br />
Posaconazol (Noxafil®)<br />
* Voriconazol-Tal-Spiegel nach min 5 Tagen, Ziel 1-5mg/l<br />
121
Klinik und Therapie der Cytomegalievirus (CMV)-Infektion beim<br />
immunkompromittierten Patienten<br />
1. Allgemeines<br />
1.1. Definitionen<br />
- Latente Infektion: Nachweis von CMV IgG ohne Hinweis für Symptome.<br />
- Serokonversion/primäre Infektion: Nachweis von Antikörpern oder Virusreplikation bei<br />
einem bisher seronegativen Patienten. Kann asymptomatisch oder symptomatisch sein.<br />
- Asymptomatische Virus Replikation: Virusnachweis in einem Untersuchungsmaterial<br />
(Blut, Biopsie, Liquor, BAL, Urin) ohne klinische, laborchemische oder histologische<br />
Manifestation.<br />
- Viral Syndrome (CMV-Syndrom): Nachweis von Virusreplikation und nichtorgansspezifischen<br />
klinischen Symptomen (Fieber > 38°C).<br />
- Probable viral disease (mögliche CMV Organerkrankung): Nachweis von<br />
Virusreplikation und Symptome von begleitender Organdysfunktion. Andere Pathogene<br />
wurden ausgeschlossen.<br />
- Proven viral disease (definitive CMV-Organerkrankung): CMV Nachweis in Biopsien in<br />
Verbindung mit klinischen Symptomen und Befunden, die zu einer CMV-Erkrankung<br />
passen.<br />
1.2. Risikogruppen<br />
- Seropositive (CMV IgG+) HIV-infizierte Patienten<br />
- Patienten nach Solidorgantransplantation (SOT):<br />
- Donor IgG+(D+)/ Rezipient IgG- (R-) > D+/R+ > D-/R+<br />
- Patienten nach allogener Stammzelltransplantation (HSCT):<br />
- D-/R+ > D+/R+ > D+/R-<br />
2. Labordiagnostik<br />
2.1. CMV-Serologie<br />
Nachweis von CMV-spezifischen Antikörpern IgG und/oder IgM (z. B.. ELISA).<br />
Beachte: Falsch positive IgG nach Transfusion von Immunglobulinen. Serologie ist zur<br />
Diagnose beim Immunsupprimierten ungeeignet.<br />
2.2. CMV-Antigenämie<br />
Testprinzip: Nachweis von CMV-Protein pp65 in Granulozyten mittels Immunfluoreszenz mit<br />
monoklonalem Antikörper. Quantitatives Resultat z.B. pro 250'000 Leukozyten. Nicht<br />
standardisiert in verschiedenen Labors.<br />
Indikation: Überwachung und Therapiekontrolle der CMV-Infektion nach Transplantation.<br />
Interpretation: Nachweis einer asymptomatischen Replikation nicht gleichzusetzen mit CMV-<br />
Erkrankung. Positiver und negativer prädiktiver Wert der Antigenämie für CMV-Erkrankung ist<br />
abhängig von immunologischer Situation (Primär- oder Sekundär-Infektion, HLA-mismatch,<br />
nicht-verwandter Spender), Höhe der Antigenämie (Schwellenwert) und klinischer Situation<br />
(HSCT>SOT mit Lunge> Herz > Leber > Niere).<br />
Der Schwellenwert für Frühtherapie bei HSCT 2 / 250'000, bei SOT 20 /250'000.<br />
Beachte: Bei Patienten in Neutropenie (< 500 Neutrophile/uL) (z. B.. Preengraftment nach<br />
HSCT) ist die Antigenämie nur bedingt aussagekräftig ( PCR)<br />
2.3. CMV Isolierung (=Kultur)<br />
Testprinzip: Anzüchtung des Virus in einer Zellkultur. Das infektiöse Virus kann nach 24-48h<br />
in Zellkultur mittels Immunfluoreszenz nachgewiesen werden.<br />
Indikation: Nicht quantitativer Nachweis von CMV-Erkrankung in Biopsie oder BAL, (selten<br />
Blut [„Virämie“] oder Urin).<br />
Interpretation: Begrenzte Sensitivität, aber gute Spezifität für CMV-Organerkrankung bei<br />
Nachweis im Biopsiematerial. Für die Steuerung der Frühtherapie nicht sinnvoll.<br />
122
2.4. CMV-DNA Nachweis (CMV-PCR)<br />
Testprinzip: CMV-DNA Nachweis mittels PCR<br />
Indikation: CMV-PCR zum Nachweis im Liquor, Augenkammerwasser und im EDTA-Blut. Die<br />
PCR kann wie die Antigenämie zur Steuerung von Frühtherapie und Therapieverlauf<br />
verwendet werden.<br />
Interpretation: PCR-Nachweis von CMV-DNA im Liquor oder Kammerwasser zeigt bei<br />
passender Klinik eine CMV-Enzephalitis oder -Ventrikulitis bzw. CMV-Retinitis. Der negative<br />
prädiktive Wert der PCR in der BAL für eine CMV Pneumonitis ist hoch.<br />
Die quantitative PCR im EDTA-Blut ist aufgrund der verschiedenen Testmethoden nicht mit<br />
der Antigenämie vergleichbar. Das Vorgehen auf der Isolierstation/Zellersatzambulatorium<br />
wurde festgelegt:<br />
CMV PCR Kopien/mL<br />
Vorgehen<br />
< 1’000 Wöchentliches Monitoring<br />
1’000 – 10’000 Innerhalb einer Woche bestätigen<br />
• Falls = oder ↑ Therapie beginnen<br />
• Falls > 2- facher Abfall mit Therapie warten und<br />
wöchentliches Monitoring<br />
> 10’000 Therapie und Verlaufskontrolle 2xwöchentlich<br />
Bei SOT Patienten liegt der cut-off höher. Therapieentscheid ist abhängig von der Dynamik.<br />
2.5. Nachweismethoden in der Pathologie<br />
Pathohistologie<br />
Testprinzip: Nachweis von Riesenzellen (30μm) mit einem 15μm grossen<br />
Kerneinschlusskörper „Eulenaugenkern“.<br />
Indikation: CMV-Nachweis aus Histologie (Gewebsbiopsien) oder Zytologie (z. B. BAL)<br />
Interpretation: Gute Spezifität.<br />
Direkte Immunfluoreszenz<br />
Testprinzip: Spezifische Antikörper für ein CMV spezifisches Protein werden mit dem<br />
Fluorochrom gekoppelt. Die markierten Antikörper binden spezifisch an das gesuchte Antigen<br />
auf der Probe.<br />
Indikation: Nicht quantitativer Nachweis von CMV-Infektion BAL.<br />
Interpretation: Gute Spezifität. Gefahr der Überdiagnose.<br />
Immunhistochemie (IHC)<br />
Testprinzip: CMV-spezifische Antigene werden mit Hilfe von Antikörpern im Gewebe<br />
(Biopsien) sichtbar gemacht.<br />
Indikation: Biopsiematerialien<br />
Interpretation: Gute Sensitivität und Spezifität<br />
In-situ-Hybridisierung (ISH)<br />
Testprinzip: Nachweis von CMV DNA in den Zellen in der Biopsie<br />
Indikation: Gewebsbiopsien<br />
Interpretation: Gute Sensitivität und Spezifität<br />
123
3. Klinik<br />
3.1. CMV-Syndrom" (siehe Definition oben)<br />
speziell: Ausschluss HHV-6 bei schwer immunsupprimierten Patienten<br />
3.2. CMV-Pneumonitis<br />
Allg.: Bei SOT höchste Mortalität.<br />
Bei AIDS Patienten mit symptomatischer Pneumonie ist CMV in >95% der<br />
Fälle zusammen mit anderen Erreger nachweisbar, die als primäre Ätiologie in<br />
Frage kommen.<br />
Symptome: Dyspnoe, Tachypnoe, unproduktiver Husten, Fieber.<br />
Befunde: Hypoxämie; Thoraxröntgen: diffuse interstitielle Infiltrate.<br />
Diagnose: Nachweis einer CMV-Infektion mittels IHC, ISH oder Zellkultur aus<br />
Lungenbiopsie oder BAL in Verbindung mit klinischer Pneumonie. PCR aus<br />
BAL alleine dient nicht zur Diagnose. Der negative prädiktive Wert der PCR ist<br />
in der BAL hoch.<br />
3.3. CMV-Colitis<br />
Symptome:<br />
Befunde:<br />
Diagnose:<br />
Intermittierende, krampfartige Bauchschmerzen, Diarrhoe.<br />
Endoskopisch: diffuse oder fokale Bezirke mit Erythem, Schleimhautödem und<br />
-erosionen, oft auch Hämorrhagien und Ulzerationen (0.5-1 cm ).<br />
In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur. PCR aus Stuhl<br />
alleine ist nicht aussagekräftig.<br />
3.4. CMV-Oesophagitis / -Gastritis<br />
Symptome: Dysphagie, retrosternale oder epigastrische Schmerzen.<br />
Befunde: Endoskopisch ähnliche Befunde wie unter 3.3.<br />
Diagnose: In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur.<br />
3.5. CMV-Hepatitis<br />
Befunde: Erhöhtes Bilirubin und/oder Transaminasen bei Ausschluss anderer Ätiologien<br />
inkl. Infektionen.<br />
Diagnose: In Biopsie CMV-Nachweis mittels IHC, ISH oder Zellkultur.<br />
3.6. CMV-Encephalitis /-Meningoradikulitis<br />
Befunde: (Meningo-)Enzephalitis. Bildgebung nicht richtungsweisend.<br />
Diagnose: Im Liquor Nachweis von CMV mittels PCR.<br />
3.7. CMV-Retinitis<br />
Allg.: Vor cART häufigste CMV-Organerkrankung bei HIV (CD4 < 100, Inzidenz bis<br />
zu 25%). Unter cART Immunrekonstitutions-Syndrom als Komplikation.<br />
Nach Organtransplantation sehr selten.<br />
Symptome: Unscharfes, verzerrtes Sehen, Gesichtsfeldausfälle.<br />
Befunde: Herdförmige, weissliche Retinaläsionen, Exsudate oder Hämorrhagien, oft<br />
entlang der Venen. Selten milde Uveitis.<br />
Diagnose: Fundoskopie (durch Ophthalmologen).<br />
Im Kammerwasser Nachweis von CMV mittels PCR.<br />
124
4. Therapie<br />
4.1. Allgemeines<br />
Bei immunsupprimierten Patienten sollte bei einer CMV Replikation/Erkrankung wenn immer<br />
möglich die Immunsuppression gesenkt werden.<br />
3 unterschiedliche Strategien für die Anwendung von Virostatika:<br />
- Prophylaxe: z. B.. SOT-Patienten. Verabreichung von Virostatika an alle Patienten zur<br />
Verhinderung einer CMV-Primärinfektion, -Reinfektion oder –Reaktivierung.<br />
- Frühtherapie: z. B.. HSCT-Patienten. Monitoring und Einsatz von Virostatika, bei Nachweis<br />
einer CMV-Replikation im Blut , um nachfolgende CMV-Erkrankung zu verhindern.<br />
- Therapie: Virostatika zur Therapie des viral syndroms oder bewiesenen Organerkrankung.<br />
CMV wirksame Medikamente: Ganciclovir (Cymevene®), Valgancyclovir (Valcyte®),<br />
Foscarnet (Foscavir®) und Cidofovir (Vistide®). Dosistabelle (siehe Punkt 5).<br />
4.2. Prophylaxe<br />
Eine Primärprophylaxe mit Valgancyclovir (Valcyte®) wird in den meisten Zentren (auch bei<br />
uns) in den ersten 3 Monaten nach SOT durchgeführt. Valcyte® ist als Prophylaxe bei SOT<br />
Patienten zugelassen. Nach HSCT wird meist keine Primärprophylaxe verabreicht (auch bei<br />
uns).<br />
Die Sekundärprophylaxe ist bei AIDS-, HSCT- und SOT-Patienten mit St. n. CMV-<br />
Organerkrankung empfohlen. Es sollte eine individuelle Risikoabwägung mit Einschätzung der<br />
Dynamik der Immundefizienz erfolgen. Gefahr der Sekundärprophylaxe ist die Entstehung von<br />
Resistenzen oder Nebenwirkungen (siehe unten).<br />
4.2.1. Dosierung von Valcyte® für Prophylaxe bei normaler Nierenfunktion<br />
Dosis: 1x900mg /Tag (1x2 Filmtabletten zu 450 mg- zu den Mahlzeiten).<br />
Patienten: Alle Patienten nach Nieren-Tx und bei Abstossungstherapie.<br />
Ausnahme: D-/R- Patienten<br />
Dauer: Ab Tag 5 für ca. 3-4 Monate (100 Tage)<br />
4.3. Früh- (Präemptive) Therapie<br />
Ganciclovir (Cymevene®) ist Therapie der Wahl für die präemptive Therapie. Im USB wird bei<br />
ambulanten hämatologischen Patienten in gutem AZ und asymptomatischer Replikation<br />
Valcyte als Frühtherapie (2 x 900mg po. für 2 Wochen) unter 1x/Woche Monitoring<br />
verabreicht.<br />
4.3.1. Cymevene (Ganciclovir)<br />
4.3.1.1. Therapeutische Dosierung von Cymevene (bei normaler Nierenfunktion)<br />
Dosierung: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 12 h<br />
Dauer: während mindestens 14 Tagen resp. bis CMV mittels PCR nicht mehr<br />
nachweisbar oder die Antigenämie negativ ist.<br />
4.3.1.2. Dosierung bei Hämatotoxizität<br />
Bei Neutropenie 1000/ul<br />
Bei Thrombopenie
4.4. Therapie der CMV Organerkrankung<br />
Es existieren wenige Daten hinsichtlich Therapie und -dauer bei CMV Organerkrankungen.<br />
Grundsätzlich wird eine Therapie verabreicht bis die klinischen Symptome verschwunden sind<br />
und die Virämie nicht mehr nachweisbar ist. Anschliessend wird eine Sekundärprophylaxe<br />
(siehe unten) für ca. 3 Monate empfohlen. Zur Verabreichung der Sekundärprophylaxe sollte<br />
eine individuelle Risikoabwägung mit Einschätzung der Dynamik der Immundefizienz erfolgen.<br />
4.4.1. Therapie der CMV-Pneumonitis nach HSCT<br />
Cymevene in Kombination mit intravenösen Immunglobulinen reduziert die Letalität der<br />
CMV-Pneumonie von >85% auf 40%-50%.<br />
Das meist publizierte Therapieschema ist wie folgt:<br />
Induktions-Th: Cymevene 5 mg/kg i.v. alle 12 Std. während 21 Tagen,<br />
kombiniert mit polyspezifischem Immunglobulinpräparat (IVIG)<br />
(z.B. Redimune) in einer Dosis 500 mg/kg i.v., jeden 2. Tag<br />
für 2 Wochen.<br />
Sekundär-P: Cymevene 5 mg/kg i.v. 1xtäglich während mindestens weiteren 14 Tagen,<br />
kombiniert mit IVIG 500 mg/kg i.v. 2 x/Woche.<br />
NB: Je nach Schweregrad der Pneumonitis kann über die Dosisintervalle und Dauer von IVIG<br />
diskutiert werden.<br />
4.4.2. Therapie des CMV-Nachweises in der Lunge bei HIV-Infektion<br />
Studien haben gezeigt, dass bei CMV Nachweis (IF oder PCR) in der BAL eine antivirale<br />
CMV-Therapie nur dann sinnvoll ist, wenn kein anderer Keim die Klinik erklärt (z.B. PcP).<br />
4.4.3. Therapie der CMV-Retinitis bei HIV-Infektion<br />
Induktions-Th: 2x900 mg/Tag (= 2x2 Filmtabletten zu 450 mg) per os für 3 Wochen<br />
Sekundär-P: 1x900 mg/Tag (1x2 Filmtabletten zu 450 mg) bis Immunrekonstitution<br />
4.5. Foscavir (Foscarnet)<br />
- Zugelassen zur Therapie der CMV-Retinitis beim AIDS-Patienten<br />
- Alternative zu Cymevene zur Therapie der asymptomatischen Replikation nach HSCT,<br />
anderen CMV-Erkrankungen bei AIDS-Patienten und CMV-Organerkrankungen nach SOT<br />
(z. B. bei Cymevene/Valcyte-assoz. Leukopenie u/o Thrombopenie oder Verdacht auf<br />
eine Ganciclovir–Resistenz bei klinischer Progression der Retinitis unter langdauernder<br />
Cymevene-oder Valcyte-Therapie).<br />
Wichtigste NW: Einschränkung der Nierenfunktion bei ca. ¼ der Patienten, Hypo- oder<br />
Hyperkalzämie, Hypo- oder Hyperphosphatämie.<br />
4.5.1. Dosierung von Foscavir (bei normaler Nierenfunktion)<br />
CMV Retinitis<br />
Induktions-Th: 60 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 8 h während 14 Tagen oder<br />
90mg/kg alle 12 h<br />
Sekundär-P: 90-120 mg/kg i.v. als 2-h-Infusion 1x täglich.<br />
Asymptomatische Replikation bei HSCT Patienten<br />
Induktions-Th: 60 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 12h während mindestens 14 Tagen, bzw.<br />
keine Virämie mehr nachweisbar.<br />
WICHTIG: Parallel zu jeder Foscavir-Infusion 1’000 ml isotone Kochsalzlösung<br />
infundieren, um Niereninsuffizienzrisiko zu verringern (SOP auf Isolierstation).<br />
4.5.2. Resistenzentwicklung<br />
Das Auftreten von Foscavir-resistenten CMV-Stämmen wird selten beschrieben.<br />
126
4.6. Vistide (Cidofovir) bei normaler Nierenfunktion<br />
- Indikation sehr selten, da Gefahr der Nephrotoxizität.<br />
- Zugelassen zur Therapie der CMV Retinitis beim AIDS-Patienten.<br />
- Als Alternative bei Verdacht auf Cymevene oder Foscavir Resistenz.<br />
Induktions-Th: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion 1x/Woche für 2 Wochen.<br />
Sekundär-P: 5 mg/kg i.v. als 1-h-Infusion alle 2 Wochen<br />
Wichtigste NW: Proteinurie, Erhöhung des Serumkreatinins, Neutropenie, Fieber. Zur<br />
Senkung der Nephrotoxizität muss Cidofovir mit Probenecid (Santuril) kombiniert gegeben<br />
werden.<br />
5. Dosistabelle<br />
Asymptomatische<br />
Replikation<br />
Organerkrankung Prophylaxe Dosis-<br />
Anpassung<br />
Valcyte<br />
(Valganciclovir)<br />
Cymevene<br />
(Ganciclovir)<br />
Foscavir<br />
(Foscarnet)<br />
Vistide<br />
(Cidofovir)<br />
900mg po 12-h Bisher keine<br />
Indikation<br />
900mg 24-h Kompendium/<br />
Sanford<br />
5mg/kg iv 12-h 5mg/kg iv 12-h 6mg/kg iv 24-h Kompendium/<br />
Sanford<br />
60mg/kg iv 12-h 60mg/kg iv 8-h oder 90-120mg/kg iv Kompendium/<br />
90mg/kg 12-h 24-h<br />
Sanford<br />
5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/Wo 5mg/kg iv 1x/2 Kompendium/<br />
Wo<br />
Sanford<br />
6. Literatur<br />
1. Ljungman P, Griffiths P, Paya C. Definitions of Cytomegalovirus Infections and Disease in<br />
Transplant Recipients. Clin Inf Dis 2002 ; 34 :1094-7.<br />
2. Drew WL. Cytomegalovirus infection in patients with AIDS. Clin Infect Dis1992;14:608-15.<br />
3. Boeckh M, Boivin G. Quantitation of Cytomegalovirus: Methodologic Aspects and Clinical<br />
Applications. Clin Microbiol Rev 1998; 11:533-554.<br />
4. Ngyuen Q, Champlin R, Giralt, S, et al. Late Cytomegalovirus pneumonia in adult<br />
allogenic blood and marrow transplant recipients. Clin Infect Dis 1999;28:618-23.<br />
5. Balfour HH Jr. Antiviral drugs. N Engl J Med 1999; 340:1255-68.<br />
6. Studies of Ocular Complications of AIDS Research Group. Mortality in patients with the<br />
acquired immuno-deficiency syndrome treated with either foscarnet or ganciclovir for<br />
cytomegalovirus retinitis. N Engl J Med 1992; 326:213-220.<br />
7. Martin DF, Sierra-Madero J, Walmsley S et al. A controlled trial of valganciclovir as<br />
induction therapy for cytomegalovirus retinitis. N Engl J Med. 2002 Apr 11;346(15):1119-<br />
26<br />
8. Reusser P, Einsele H, Lee J, et al., for the Infectious Diseases Working Party of the<br />
European Group for Blood and Marrow Transplantation. Randomized multicenter trial of<br />
foscarnet versus ganciclovir for preemptive therapy of cytomegalovirus infection after<br />
allogeneic stem cell transplantation. Blood 2002; 99:1159-64.<br />
9. Len O, Gavalda J, Aguado JM et al. on behalf of RESITRA. Valgancyclovir as treatment<br />
for cytomegalovirus disease in solid organ transplant recipients. Clin Infect Dis 2008;46:<br />
20-6.<br />
10. Gilbert C, Bovin G. Human cytomegalovirus resistance to antiviral drugs. Antimicrob<br />
Agents Chemother. 2005;49:873-83.<br />
127
Invasive Pilzinfektionen bei immunsupprimierten Patienten<br />
1. Definitionen (EORTC/MSG) Consensus Group, CID 2008; 46:1813–21<br />
Die Diagnose invasiver Mykosen ist schwierig, weshalb von der EORTC/MSG für<br />
Studienzwecke Konsensus-Definitionen erarbeitet 2002 und revidiert 6/2008 publiziert<br />
wurden. Therapie-Entscheide sollten sich nicht alleine auf diese Kriterien stützen und<br />
können Patienten betreffen, die diese nicht erfüllen.<br />
Dieses Merkblatt ist eine Vereinfachung der publizierten Definitionen; die bei uns seltenen<br />
endemischen Mykosen, wurden nicht berücksichtigt. (Bei Fragen oder Problemen<br />
Originalartikel konsultieren u/o ein infektiologisches Konsil veranlassen).<br />
Bewiesene invasive Pilzinfektion (Proven)<br />
Histo-, zytopathologischer oder kultureller Pilznachweis in sterilem Gewebe inkl. Blut (mit oder ohne<br />
Keim-Identifikation)<br />
Positives Cryptokokken-Ag im Liquor<br />
Wahrscheinliche invasive Pilzinfektion (Probable)<br />
1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen + 1 mykologisches Kriterium<br />
Mögliche invasive Pilzinfektion (Possible)<br />
1 Wirtsfaktor + 1 klinisches Zeichen (ohne Mykologie)<br />
2. Wirtsfaktoren:<br />
- Kürzliche Neutropenie (< 0.5 x 10 9 /L für > 10 days) mit zeitlichem Zusammenhang zum<br />
Beginn der Pilzinfektion<br />
- St. n allogener HSCT<br />
- Prolongierte Steroidtherapie: Prednison äquivalent mit einer mittleren minimalen Dosis<br />
von 0.3 mg/kg/da für > 3 Wochen<br />
- T-zell supprimierende Therapie (z.B. Cyclosporin, TNFa-Blocker, spezifische AK (z.B.<br />
Alemtuzumab) oder Nukleosidanaloga (z.B. Fludarabine) in den letzten 90 Tagen)<br />
- Angeborene schwere Immundefizienz (z.B. chron. Granulomatose oder SCID)<br />
3. Klinische Faktoren:<br />
- Untere Atemwege: mindestens 1 der folgenden Zeichen im CT:<br />
Dichtes, begrenztes Infiltrat mit oder ohne Halo oder Air-crescent sign oder Kaverne<br />
- Tracheobronchitis: Tracheobronchiale Ulzeration, Knoten, Pseudomembranen, Plaques<br />
oder ‚eschar’ in der Bronchoskopie<br />
- Sinonasale Infektion: radiologische Sinusitis + mind. 1 der folgenden Zeichen:<br />
Akuter lokalisierter Schmerz (inkl. Ausstrahlung in die Augen) oder Ulkus der Nase mit<br />
‚eschar’ (Verkrustung) oder Knochendestruktion ausgehend von den paranasalen Sinuses<br />
- ZNS Infektion: mindestens 1 von 2 Zeichen: Fokale Läsion in der Bildgebung oder<br />
meningeales Enhancement im MRI/CT<br />
- Disseminierte Candidiasis: mind. 1 von 2 Entitäten nach einer Candidämie in den letzten 2<br />
Wo: Kleine, target-ähnliche Abszesse (bull’s-eye lesions) in Leber oder Milz. Progressive<br />
retinale Exudate in der ophthalmologischen Untersuchung<br />
4. Mykologische Kriterien<br />
Direkte Tests (Zytologie, Direktpräparat, Kultur): Nachweis von Schimmelpilz im Sputum, BAL,<br />
Trachealsekret oder Sinusaspirat (mit oder ohne Spezies-Identifikation)<br />
Indirekt Tests (Antigen oder Zellwandbestandteile):<br />
Aspergillose: Galactomannan im Plasma, Serum, BAL oder Liquor<br />
Invasive Pilzinfektion (ausser Cryptococcen /Zygomyceten): Beta-D-Glucan im Serum (bei uns<br />
noch nicht erhältlich)<br />
128
5. Therapie invasiver Mykosen<br />
Indikation Massnahme Kommentar<br />
Fieber in Neutropenie,<br />
persistierend trotz Antibiotika<br />
bei schwerer Mucositis<br />
Caspofungin 70mg loading,<br />
dann 50mg qd iv<br />
Gut verträglich. Cave<br />
Hepatopathie<br />
Stoppen wenn kein<br />
dokumentierter Infekt und<br />
Invasive Candidose<br />
(Candidämie, hepatolienale<br />
Candidiasis)<br />
V.a. invasive Aspergillose<br />
(radiologisch, possible,<br />
probable or proven)<br />
Seltenere Pilze: Fusarien,<br />
Mucorales, Scedosporium<br />
Empirisch Caspofungin 70mg<br />
i.v. loading, dann 50mg qd i.v.<br />
Voriconazole, i.v. oder p.o.<br />
i.v. loading: 6 mg/kg bid, dann 4<br />
mg/kg bid. p.o.<br />
Fungizone 1mg/kg empirisch bis<br />
Erhalt der Resistenzprüfung, uU<br />
in Kombination<br />
Patient afebril wird<br />
Wechsel auf Diflucan 400mg<br />
falls MHK < 2mg/l<br />
1. Wahl für invasive<br />
Aspergillose ist Voriconazole,<br />
Cave: parenterale Form bei<br />
Niereninsuffizienz<br />
Alternativen:<br />
Posaconazol 2x400mg po<br />
Ambisome 3mg/kg iv<br />
129
Impfungen bei transplantierten Patienten<br />
Impfplan nach Knochenmarks-/Stammzelltransplantation<br />
Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />
INAKTIVIERTE Impfstoffe<br />
Diphterie, Tetanus, Pertussis und<br />
Polio, Hämophilus influenza Typ B<br />
INFANRIX DTPa-IPV+Hib 0.5ml i.m.<br />
Pneumokokken<br />
PREVENAR-13 0.5ml i.m.<br />
(Konjugierter Impfstoff)<br />
Cave: offlabel + nicht kassenpflichtig<br />
Booster: PNEUMOVAX-23 0,5 ml i.m.<br />
(Polysaccharidimpfstoff)<br />
Influenza<br />
INFLEXAL Berna 0,5 ml i.m. (s.c.)<br />
(inaktivierter Impfstoff)<br />
Hepatitis B<br />
ENGERIX B 1 ml i.m. (s.c.)<br />
(inaktivierter Impfstoff)<br />
Hepatitis A<br />
EPAXAL Berna 0.5ml i.m. (s.c.)<br />
Für di-Te und Hib:<br />
verbesserte<br />
Immunität des<br />
Empfängers durch<br />
Impfung des<br />
Spenders<br />
Konj. Impfstoff<br />
Spender+Empfänger<br />
vor HSCT:<br />
Immunität post-<br />
HSCT besser<br />
(gezeigt bei Kindern<br />
bis 5J)<br />
Wer: Alle<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo<br />
Auffrischimpfungen: - diTe: alle 10 J (Ditanrix)<br />
- Polio: bei Reisen alle 10J<br />
(Revaxis)<br />
Wer: Alle<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 3 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen PREVENAR-13: 0, 1, 3 Mo<br />
Booster PNEUMOVAX-23: 18-24 Mo<br />
bei GVHD mit PREVENAR<br />
Keine Daten Wer: Alle<br />
Zeitpunkt: Ab 4-6 Mo nach HSCT<br />
Schema: 1 Dosis (erste 6 Mo nach HSCT: 0, 1 Mo)<br />
Jährlich (im Herbst/Winter) 1x solange<br />
immunsupprimiert<br />
Impfung Spender<br />
verbessert<br />
Immunität bei<br />
Empfänger<br />
Wer: Alle<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo: insg. 3 Dosen<br />
Keine Daten Wer: Chronische Hepatopathie (zB. GVHD); Reisen in<br />
Endemiegebiete, berufliches Risiko<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo (Schutz ≥ 20J)<br />
di-Te:<br />
Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />
INAKTIVIERTE Impfstoffe<br />
Meningokokken<br />
MENVEO 0.5ml i.m. (konjugierter<br />
quadrivalenter Impfstoff ACWY)<br />
Booster MENCEVAX ACWY 0,5ml s.c.<br />
(Polysaccharid-Impfstoff ACWY)**<br />
FSME<br />
FSME Immun CC 0.5ml i.m. (s.c.)<br />
(inaktivierter Impfstoff)<br />
Humanes Papillomavirus<br />
Gardasil 0.5ml i.m. (inaktivierter<br />
Impfstoff)**<br />
Rabies<br />
RABIPUR 1ml i.m. (inaktivierter<br />
Impfstoff)<br />
Typhus<br />
TYPHIM i.m. od s.c. (Totimpfstoff!!<br />
erhältlich via Schweizerisches<br />
Tropeninstitut)<br />
Keine Daten Wer: (Funktionelle) Asplenie, Schulalter, Militär:Reisen in<br />
Meningokokken-Endemie-Gebiet<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: MENVEO: 2 Dosen: 0, 6 Mo<br />
Nach 5 Jahren Auffrischimpfung mit Mencevax 1x<br />
Keine Daten Wer: Berufliche Exposition, Outdoor-Aktivitäten in Endemie-<br />
Gebieten<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen: 0, 1, 10 Mo - Booster alle 10Jahre<br />
Keine Daten Wer: Frauen 9-26Jahre (Keine Daten nach HSCT)<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 3 Dosen: 0, 1, 6 Mo<br />
Keine Daten Wer: Berufliche Exposition, Reisen<br />
(Keine Daten nach HSCT)<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 6 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: frühestens 1J-Kontrolle<br />
Schema: 4 Dosen: 0, 1, 2, 12 Mo<br />
Keine Daten Wer: Keine Daten nach HSCT; Reisen in Endemiegebiete<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12-24 Mo nach HSCT<br />
Mit GVHD: 24Mo nach HSCT<br />
Schema: 1 Dosis<br />
Nein Impfplan BAG 2011<br />
Nein Impfplan BAG 2011<br />
Nur bei beruflicher<br />
Exposition:<br />
Impfung Vor HSCT Nach autologer oder allogener HSCT AK-Messung* Umfeld<br />
LEBEND-Impfstoffe (CAVE Lebendimpfstoffe und IVIG: Sicherheitsabstand von 3 Monaten)<br />
Masern/Mumps/Röteln (MMR)<br />
PRIORIX 0.5ml (Lebendimpfstoff) i.m.<br />
od s.c.<br />
Varicellen<br />
VARILRIX 0.5ml s.c.<br />
(Lebendimpfstoff)**<br />
Gelbfieber<br />
STAMARIL PASTEUR 0.5ml s.c./i.m.<br />
Tuberkulose<br />
BCG Mérieux<br />
Keine Daten Wer: Alle<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />
Schema: 2 Dosen: 0, 1 Mo<br />
Keine Daten Wer: Seronegative Empfänger<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 12 Monate nach HSCT<br />
Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />
Schema: 2 Dosen: 0, 6 Mo<br />
Keine Daten Wer: Keine Daten nach HSCT; Reisen in Endemiegebiete<br />
Zeitpunkt: Ohne GVHD: 24 Mo nach HSCT<br />
Mit GVHD: KONTRAINDIZIERT solange immunsupprimiert<br />
Falls Reise in Endemiegebiet unumgänglich: Ausnahmeattest<br />
ausstellen<br />
Schema: 1 Dosis<br />
Heutzutage keine Indikation mehr<br />
Masern<br />
Postexpositionelle passive Immunisierung: Bei Exposition von Hepatitis A+B, Tollwut, Tetanus und Varizellen stehen spezifische Immunglobuline zur<br />
Verfügung, bei Masern-Exposition ist eine Passivimmunisierung mit Standard-IVIG möglich<br />
Empfehlung für Patienten mit anatomischer ODER funktioneller Asplenie (BAG-Bulletin, 49/2006)<br />
Wegen mangelnder Filtration und Phagozytpse von Bakterien sowie verminderter Funktionalität des Komplementsystemes kann es nach Splenektomie zu fulminanten Infektionen<br />
kommen (OPSI=overwhelming postsplenectomy syndrome) mit dem höchsten Risiko in den ersten zwei Jahren (50%) und einem lebenslangen Risiko von 5%, v.a. durch<br />
bekapselte Bakterien (Pneumokokken und Meningokokken. Seit Einführung der Impfung ist Hämophilus influenzae kein Risiko mehr.<br />
1. Information des Patienten über Risikosituation und notwendige Vorsichtsmassnahmen. AUSWEIS<br />
2. Impfungen: 1x PREVENAR 13; Booster (frühestens nach 8 Wochen) mit PNEUMOVAX-23<br />
MENVEO 2x, (Abstand 4-8 Wochen), Booster mit Mencevax nach 5 Jahren<br />
Jährliche Grippeimpfung: empfohlen aufgrund des Risikos einer sekundären Pneumokokken-Infektion<br />
Zeitpunkt der Impfungen:<br />
Ohne oder zeitlich nicht limitierte Immunsuppression:<br />
Bei zeitlich limitierter Immunsuppression:<br />
2 Wo präoperativ oder postoperativ nach kataboler Phase (vor Spitalaustritt)<br />
1Mo nach Stop Steroide >20mg/d, 3Mo nach Stop Chemotherapie<br />
3. Antibiotikaprophylaxe: keine Dauer-AB für Erwachsene (in Ausnahmefällen bei Splenektomie, Chemotherapie mit verschobener Impfung)<br />
Notfall-Antibiotikatherapie: Fieber u/ grippalen Symptomen: sofort Amoxicillin/Clavulansäure 3x1g po + Arztkonsultation<br />
Penicillinallergie: Clarythromycin oder Doxyzyklin oder Moxifloxacin.<br />
<strong>2012</strong>: M. Weisser, USB <strong>Infektiologie</strong>, J. Halter, USB Hämatologie<br />
133
Tropenmedizin<br />
Richtlinien für diagnostisches und therapeutisches Vorgehen<br />
bei Malaria<br />
1. Allgemeines<br />
Die Abklärung und Behandlung einer Malaria muss notfallmässig erfolgen. Expositions-<br />
Anamnese: Reisen, Bluttransfusionen, i.v. Drogenabusus, Nähe zum Flughafen,<br />
Transplantationen. Über 80% der P. falciparum-Infektionen treten innerhalb von 2-3 Monaten<br />
nach Exposition auf. Selten kann die Inkubationszeit jedoch bis zu mehr als einem Jahr<br />
betragen.<br />
1.1. Erreger<br />
Es sind fünf humanpathogene Plasmodien bekannt (P. falciparum, P. vivax, P. ovale,<br />
P. malariae und P. knowlesi), welche durch Stiche der nachtaktiven weiblichen Anopheles-<br />
Mücken übertragen werden können.<br />
1.2. Klinik<br />
• Leitsymptome: Fieber (97%), Erschöpfung (98%), Schüttelfrost (78%)<br />
• (meist schweres) Krankheitsgefühl mit Allgemeinsymptomen wie Kopfschmerzen (74%),<br />
profuses Schwitzen (64%), Myalgien (34%)<br />
• Gastrointestinale Symptome: Übelkeit mit Erbrechen 27% (häufiger bei Kindern),<br />
Durchfall, Bauchschmerzen (in der Regel keine Krämpfe).<br />
Cave:<br />
• Unter Malariaprophylaxe, Antibiotikatherapie und bei semi-immunen Patienten aus<br />
Endemiegebieten kann sich die Krankheit mitigiert präsentieren (z.B. nur Kopfschmerzen,<br />
gelegentlich sogar ohne Fieber).<br />
• Nicht selten erleiden Migranten aus Afrika schwere Falciparum-Malariaerkrankungen mit<br />
hoher Parasitämie nach der Rückkehr aus ihrem Ursprungsland.<br />
1.3. Hospitalisation<br />
In der Regel indiziert, insbesondere bei:<br />
• Falciparum-Malaria (P. falciparum)<br />
immer bei:<br />
• Zeichen einer schweren Malaria (vgl. Tabelle 1)<br />
• Nachweis ausgereifter Parasiten (wegen Sequestration in der Peripherie und damit<br />
fehlleitender tiefer Parasitämie im Blutausstrich)<br />
• Zweifel an einer korrekten ambulanten Verlaufskontrolle (Patient kann nicht verlässlich zu<br />
Hause von Angehörigen oder Bekannten betreut und/oder bei Verschlechterung nicht sofort<br />
ins Spital gebracht werden)<br />
• Schwangerschaft, Alter ≥ 60 Jahren, schwerer Komorbidität<br />
Tabelle 1:<br />
Zeichen einer schweren Malaria / Komplikationen einer Malaria<br />
Einschränkung des Bewusstseins Schwere Anämie<br />
(zerebrale Malaria)<br />
Wiederholtes Erbrechen<br />
Parasitämie ≥2%<br />
Azidose<br />
Ikterus<br />
Nierenversagen<br />
Fieber >40°C<br />
Hypoglykämie<br />
akutes Nierenversagen<br />
Hämoglobinurie<br />
Lungenödem<br />
DIC<br />
Septischer Schock<br />
Patienten mit Zeichen einer schweren Malaria sind intensivstationspflichtig.<br />
134
1.4. Konsilium<br />
In jedem Fall soll der tropenmedizinische oder infektiologische Konsiliarius kontaktiert werden,<br />
insbesondere bei schwerer Malaria oder bei Komplikationen.<br />
• Infektiologischer Konsiliardienst (intern: 86114 oder 061 265 25 25)<br />
• Dienstarzt Schweiz. Tropeninstitut (061 284 81 44 oder via Infektiologischer Konsiliardienst)<br />
2. Diagnose<br />
2.1. Blutausstrich und dicker Tropfen (EDTA-Blut und ungefärbtes Doppel)<br />
• Express Hämatologie-Labor Schweizerisches Tropeninstitut.<br />
• Bei negativem Resultat trotz Verdacht muss die Blutuntersuchung im Abstand von mehreren<br />
Stunden, am besten beim Fieberanstieg, wiederholt werden, ggf. unter empirischer<br />
Therapie, bis Resultat dreimal negativ oder andere Diagnose gesichert ist.<br />
• Unter Therapie Blutausstriche täglich 1x bis keine Parasiten mehr nachweisbar sind. Die<br />
Parasitendichte ist für die Verlaufskontrolle wichtig. Innerhalb der ersten 24 Stunden unter<br />
Therapie kann die Parasitämie noch ansteigen und bedeutet kein Therapieversagen.<br />
• Cave: Schnelltests können wegen des Prozonenphänomens (hohe Antigenkonzentration)<br />
trotz hoher Parasitämie negativ ausfallen.<br />
2.2. Labor, Verlaufskontrolle<br />
• Thrombozyten, weisses und rotes Blutbild<br />
• tgl. Parasitämie (vgl. 2.1.)<br />
• regelmässige Blutzucker (unter Chinintherapie min. 6-stdl.)<br />
• Leber- und Nierenfunktionsparameter<br />
• Parameter der DIC<br />
• 2 Paare Blutkulturen (Ausschluss einer bakterieller Sepsis)<br />
• Urinstatus, Flüssigkeitsbilanzierung<br />
• ev. Lumbalpunktion, je nach möglicher Differentialdiagnose<br />
2.3. Differentialdiagnose (nicht abschliessend)<br />
Diese ist abhängig von der Reiseanamnese, Exposition und Klinik.<br />
• Virale Infektionen (grippaler Infekt, Dengue, Chikungunya, HIV, CMV, EBV, Meningitis,<br />
Enzephalitis, Hepatitiden, hämorrhagisches Fieber (Gelbfieber, Lassa, Ebola))<br />
• Bakterielle Infektionen (Sepsis, Meningitis, Typhus, Leptospirose, Rickettsiose, Syphillis,<br />
Pneumonie, Melioidose, Q-Fieber, Brucellose)<br />
• Parasitäre Infektionen (Amöbenabszess, Leishmaniose, Fascioliasis, akute Bilharziose<br />
(Katayama Fieber))<br />
• Systemische Mykosen (Histoplasmose)<br />
• Nicht-infektiöse Ursachen<br />
3. Therapie<br />
Im Zweifelsfall empirische Therapie gemäss Tabelle 2 (Therapie der Falciparum-Malaria)<br />
beginnen und weiterführen, bis Malaria ausgeschlossen wurde oder nicht-falciparum<br />
Plasmodien (P. vivax, ovale, malariae) als Monoinfektion nachgewiesen wurden (Therapie<br />
gemäss Tabelle 3).<br />
3.1. Therapie der Falciparum-Malaria<br />
• Mit Ausnahme von Zentralamerika nördlich des Panamakanals ist bei Patienten aus allen<br />
tropischen Gebieten mit Chloroquin-resistenten P. falciparum zu rechnen (Stand Juli 2011).<br />
Die Therapie erfolgt daher, mit Ausnahme der besagten Gebiete immer gemäss Tabelle 2.<br />
• In verschiedenen Gebieten Südostasiens (westliche und östliche Grenzgebiete zu und von<br />
Thailand) sind multiresistente P. falciparum-Infektionen häufig.<br />
• Die Behandlung des akuten Schubs einer Chloroquin-empfindlichen Falciparum-Malaria<br />
erfolgt wie die Behandlung von P. vivax, P. ovale oder P. malariae (siehe Tabelle 3).<br />
• Therapie einer P. knowlesi-Malaria: obwohl eine Chloroquin-Therapie wirksam sein dürfte,<br />
ist wegen der raschen Replikation und der damit verbundenen Hyperparasitämie eine i.v.-<br />
Therapie mit Chinin empfohlen.<br />
135
Substanz<br />
Tabelle 2: Therapie der Falciparum-Malaria (P. falciparum)<br />
Falls orale Behandlung möglich:<br />
Dosierung (< 90 kg KG*) und Dauer der Behandlung<br />
(In der Regel nicht selbe Substanz, wie für Prophylaxe verwendet)<br />
Artemether/Lumefantrin<br />
(RIAMET ® )<br />
Alternativtherapien:<br />
1. Atovaquon/Proguanil<br />
(MALARONE ® )<br />
2. Mefloquin<br />
(MEPHAQUIN ® , LARIAM ® )<br />
(zur Zeit einziges p.o.-<br />
Medikament in der<br />
Schwangerschaft)<br />
Je 4 Tabl. (20 mg/120 mg pro Tabl.) zum Zeitpunkt 0 und 8<br />
Stunden, Tag 2 und 3 jeweils morgens und abends (= total 24 Tabl.)<br />
4 Tabl. (250 mg/100 mg pro Tabl.) täglich während 3 Tagen (= total<br />
12 Tabl.)<br />
3 Tabl. (, 250 mg pro Tabl.) sofort; nach 6-8 Std. 2 Tabl. und falls<br />
Patient >60 kg nach weiteren 6-8 Std. 1 Tabl.<br />
(Totaldosis max. 25 mg/kg) (schlechteres NW-Profil)<br />
Parenteraler Therapiebeginn (klinisch schwere Erkrankung, (Definition siehe Tabelle 1))<br />
Artesunate i.v.<br />
(60 mg pro Ampulle)<br />
(auf der NFS gelagert)<br />
Chinin-Dihydrochlorid<br />
(Salz) i.v.<br />
(zur Zeit einziges i.v.-<br />
Medikament in der<br />
Schwangerschaft)<br />
2.4 mg/kg KG zum<br />
Zeitpunkt 0, 12, 24<br />
Std., dann tägl.<br />
als Bolus<br />
Beginn mit „loading“-<br />
Dosis: 7 mg/kg Chinin-<br />
Salz über 30 Min. i.v.,<br />
unmittelbar danach:<br />
8-stündlich<br />
10 mg/kg Chinin-Salz<br />
(= 8.3 mg/kg Base)<br />
über 4 Std. i.v.<br />
(Dosisreduktion<br />
(10 mg/kg 12-stdl) bei<br />
Leber- oder<br />
Niereninsuffizienz)<br />
Vorteil: Raschere Elimination der<br />
Parasiten, kein Therapierisiko für<br />
Hypoglykämie.<br />
First line i.v.-Therapie gemäss WHO.<br />
Formular für SwissMedic muss vom<br />
Patienten oder Angehörigen<br />
unterschrieben werden.<br />
Falls der Pat. zuvor eine Malariatherapie<br />
erhalten hat, soll keine „loading“-Dosis<br />
gegeben werden.<br />
Chinin-Dosis in 5 ml Mischinfusion pro kg<br />
Körpergewicht verdünnen.<br />
Chinin-Dosis über 4 Std. infundieren,<br />
abwechselnd mit 4 Std. Pause, d.h. insgesamt<br />
3 Chinin-Infusionen pro 24 Std.<br />
plus Doxycyclin<br />
(VIBRAVENÖS ® ) oder bei<br />
Schwangeren: Clindamycin<br />
(DALACIN ®)<br />
2 x 100 mg/Tag i.v.<br />
2 x 300 mg/Tag i.v.<br />
Dauer der Infusionstherapie so lange, bis orale Therapie möglich ist, mindestens aber 48<br />
Stunden. Gesamte Therapiedauer 7 Tage.<br />
Alternative Abschlussbehandlung nach parenteralem Therapiebeginn mit Chinin:<br />
Nach mindestens 48 Std. Chinin i.v. RIAMET ® oder MALARONE ® in voller therapeutischer<br />
Dosierung (mindestens 12 Std. Abstand zur letzten Chinindosis)<br />
*) 90-120 kg: 1.5-fache Dosis; über 120 kg: 2-fache Dosis<br />
(interne Dosis Richtlinien des Swiss TPH)<br />
136
• Austauschtransfusion (Gemäss Protokoll, auf dem I Laufwerk).<br />
Eine Austauschtransfusion ist bei einer initialen Parasitämie von > 30% generell empfohlen.<br />
Bei einer Parasitämie zwischen 5% und 30% und gleichzeitigem Vorliegen einer der<br />
folgenden Kriterien: GCS 4 mmol/l, HCO 3 - 250µmol/l oder PaCO 2 60 Jahre alt, welche eine Parasitämie von >15% haben. Auf jeden<br />
Fall Rücksprache mit dem Tropeninstitut vor Indikationsstellung einer Austauschtranfusion.<br />
3.2. Therapie der Malaria tertiana (P. vivax/P. ovale) und Malaria quartana (P. malariae)<br />
• Nachgewiesene P. vivax, P. ovale oder P. malariae-Monoinfektion:<br />
Diese Malariaformen sprechen normalerweise auf Chloroquin an und können in der Regel<br />
ambulant behandelt werden. In Südostasien und Südamerika können Chloroquin-resistente<br />
P. vivax-Stämme vorkommen! Schwere Verläufe kommen auch bei dieser Form der Malaria<br />
vor.<br />
• Eine Hospitalisation ist bei reduziertem AZ oder anderen Begleiterkrankungen notwendig.<br />
• Im Zweifelsfall eine Infektion mit P. falciparum annehmen und entsprechend behandeln.<br />
Tabelle 3: Therapie der Malaria tertiana (P. vivax/P. ovale) und der Malaria quartana<br />
(P. malariae)<br />
Behandlung der Blutformen:<br />
Chloroquin: Gesamtdosis 25 mg Base/kg KG verteilt über 48 h<br />
(z.B. bei 60 kg schwerem Patienten 600 mg Base initial, je 300 mg Base nach 6, 24<br />
und 48 h).<br />
Präparate:<br />
CHLOROCHINE ® = Chloroquinphosphat à 150 mg Base pro Tabl.<br />
NIVAQUINE ® = Chloroquinsulfat à 100 mg Base pro Tabl.<br />
Anschliessend Eradikation der Leberformen (Hypnozoiten) - nur bei P. vivax und<br />
P. ovale und falls keine Reexposition innert 3 Monaten geplant ist:<br />
Primaquine: 30 mg Base/Tag per os für 14 Tage (> 90 kg: 0,3 mg/kg KG/Dosis)<br />
Vor Primaquinetherapie: Bestimmung der Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase<br />
(falls tief: Tropenmedizinisches Konsil wegen möglicher schwerer Hämolyse).<br />
Wurde kein Chloroquin zur initialen Therapie der P. vivax/ovale verwendet, soll zusätzlich<br />
zur Primaquine-Therapie tgl. 150 mg Chloroquin-Base auf Grund des synergistischen<br />
Effektes gegeben werden.<br />
Bei Chloroquineresistenz (Papua Neuguinea, Südostasien, Brasilien):<br />
RIAMET ® (oder MALARONE ® oder LARIAM ® )(siehe Tabelle 2).<br />
4. Meldung<br />
Bitte alle Malariapatienten an Dr. Marcel Stöckle, Klinik für <strong>Infektiologie</strong> & <strong>Spitalhygiene</strong>,<br />
<strong>Universitätsspital</strong> Basel melden (stoecklem@uhbs.ch; intern: 86635.<br />
(Erfassung aller Malariapatienten).<br />
137
5. Literatur<br />
1. Alving AS, Arnold J, Hockwald RS, Clayman CB, Dern RJ, Beutler E, Flanagan CL.<br />
Potentiation of the curative action of primaquine in vivax malaria by quinine and<br />
chloroquine. J Lab Clin Med. 1955 Aug;46(2):301-6<br />
2. Blum J, Tichelli A, Hatz C. Diagnostische und therapeutische Probleme der Malaria tertiana.<br />
Praxis 1999, 88: 985-991<br />
3. Cox-Singh J, Davis T Lee K et al. Plasmodium knowlesi malaria in humans is widely<br />
distributed and potentially life threatening. CID 2008; 46:165-71<br />
4. D’Acremont V, Landry P, Darioli R et al. Treatment of imported malaria in an ambulatory<br />
setting: prospective study. Brit Med J 2002; 324:875-7<br />
5. Dondorp A, Fanello C, Hendriksen I et al. Artesunate versus quinine in the treatment of<br />
severe falciparum malaria in African children (AQUAMAT): an open-label, randomised<br />
trial. Lancet 2010; 376:1647-57<br />
6. Hatz Ch. Malaria. In Internistische Notfälle, Editor Schoenenberger R., 2009: 296-299.<br />
7. Nuesch R, Scheller M, Gyr N. Hospital admissions for malaria in Basel, Switzerland: an<br />
epidemiological review of 150 cases. J Travel Med 2000;7:95-7<br />
8. Orton L., Gardner N. Drugs for treating uncomplicated malaria in pregnant women.<br />
Cochrane Database Syst Rev. 2005 Jul 20;(3):CD004912<br />
9. Riddle MS, Jackson JL, Sanders JW, Blazes DL. Exchange transfusion as an adjunct<br />
therapy in severe Plasmodium falciparum Malaria: A Meta-analysis. Clin Inf Dis 2002;<br />
34:1192-8<br />
10. South East Asian Quinine Artesunate Malaria Trial (SEAQUAMAT) group. Artesunate<br />
versus quinine for treatment of severe falciparum malaria: a randomised trial. Lancet 2005;<br />
366:717-25<br />
11. Vivona S, Brewer GJ, Conrad M, Alving AS. The concurrent weekly administration of<br />
chloroquine and primaquine for the prevention of Korean vivax malaria. Bull WHO 1961;<br />
25(2):267-269<br />
12. WHO Guidelines for the treatment of malaria. Second edition. 2010<br />
www.fevertravel.ch<br />
138
Diverses<br />
Interpretation von Körperflüssigkeiten<br />
1. Liquor cerebrospinalis<br />
Die erwähnten Befunde sind zwar typisch, ihr Fehlen schliesst jedoch die entsprechende<br />
Ätiologie nicht aus.<br />
Normal<br />
Virale<br />
Meningitis<br />
Bakterielle<br />
Meningitis<br />
Tuberkulöse<br />
Meningitis<br />
Aspekt wasserklar klar trüb klar-trüb<br />
Druck (cm H 2 O) 5-12 normal oder >20 normal oder <br />
Leukozyten (x 10 9 /l) 1-4 1000<br />
(>70% PMN)<br />
10 >20 >5 75% >75% >75% 2 x 10 9 /l gilt als entzündlich, diskriminiert aber nicht zwischen<br />
bakterieller, viraler, parainfektiöser oder reaktiver Arthritis oder Kristallarthropathie. Je<br />
höher die Lc-Zahl (und %-Satz an PMN), desto höher der V. a. septische Arthritis. Eine Lc-<br />
Zahl >100 x 10 9 /l ist hochgradig verdächtig auf eine septische Arthritis<br />
- der Nachweis von Kristallen im Punktat schliesst eine bakterielle Arthritis nicht aus, da die<br />
Inzidenz der bakteriellen Arthritis bei Kristallarthropathien erhöht ist (Kulturresultate<br />
abwarten)<br />
3. Pleuraerguss<br />
Vorschlag zur Abklärung eines Pleuraergusses (NEJM 2002; 346: 1971):<br />
- Bei V.a. Transsudat (z.B. Herzinsuffizienz, Zirrhose, Lungenembolie): Bestimmung von<br />
LDH und Totalprotein (TP)<br />
- Bei V. a. Exsudat (gemäss LDH und TP): zusätzlich Zellzahl, Glucose, pH, sowie<br />
Gramfärbung und Kultur (Bakterien, Pilze, evtl. Mykobakterien) und Zytologie<br />
139
Argumente für einen infektiösen Erguss:<br />
• Protein >30 g/l, oder bei Hypoproteinämie: >50% des Serumwertes<br />
• Glukose 1000 U/L (LDH-Level korreliert mit dem Ausmass der Entzündung)<br />
• pH 1 x 10 9 Lc/L (>50% Polymorphkernige)<br />
4. Aszites<br />
Argumente für eine bakterielle Peritonitis:<br />
• Protein >25 g/L (>32 g/L nie kardial oder zirrhotisch)<br />
• Laktat >3.7 mmol/l oder zuverlässiger:<br />
Laktat (Aszites) - Laktat (Blut) 2.2 mmol/l infiziert<br />
• erlaubt die Beurteilung des Aszites-Laktats auch bei erhöhtem Serumlaktat<br />
• Zellen:<br />
-
Massnahmen bei möglicher Tollwutexposition<br />
1. Tollwut (Rabies) bei Menschen<br />
• Erreger: neurotrope RNA-Viren der Gattung Lyssavirus (Familie Rhabdoviridae)<br />
• Exposition:<br />
Speichel eines infizierten Säugetieres (Expositionsgrad nach WHO):<br />
Grad I: Berühren oder füttern von Tieren, Lecken der intakten Haut<br />
Grad II: Oberflächliche Hautläsionen ohne Blutung, Lecken von lädierten Haut<br />
Grad III: perkutane Biss- oder Kratzverletzung, Lecken der Schleimhäute<br />
Transplantation virushaltiger Organe<br />
Kontakt mit virushaltigem Material (im Labor; lebend-attenuierte Impfviren von Ködern)<br />
• Inkubation: 20-90 Tage, im Extremfall mehrere Jahre<br />
• Klinik: Prodromalstadium (Parästhesien an der Bissstelle), dann entweder enzephalitische<br />
Tollwut (Bewusstseins-/Verhaltensstörungen, Hydrophobie, Aerophobie, Konvulsionen)<br />
oder paralytische Tollwut (Lähmungen).<br />
• Diagnostik: Während Inkubation nicht möglich, nach Krankheitsbeginn positiv (50-70%):<br />
Tag 4-5: Speichel, Hirn- und Hautbiopsie vom Haaransatz des Nackens<br />
Tag 5-8: Serum (Serokonversion)<br />
Tag 9-16: Liquor (Serokonversion und Virusnachweis)<br />
Wiederholung der Labordiagnostik nach 1 Woche<br />
Postmortal: Untersuchung des Hirnstamms (Medulla oblongata, Kleinhirn,<br />
Ammonshorn; frisches unfixiertes Gewebe)<br />
2. Tollwut (Rabies) bei Tieren<br />
• Hauptüberträger (Reservoirtiere) und mögliche Überträger:<br />
Terrestrische Haustiere: Hunde (wenn Population ungeimpft), Katzen, Rinder, Pferde,<br />
Schafe u.a.<br />
Wildlebende Land-Säugetiere: Füchse, Marderhunde, Waschbären, Stinktere,<br />
Kojoten,Dachse, Bären, Nagetiere, Affen u.a.<br />
Fledermäuse: können in sehr seltenen Fällen Tollwut auf alle anderen Wild- und<br />
Haustiere und auf den Menschen übertragen<br />
Alle Säugetiere: empfänglich für Tollwut<br />
• Infektiosität bei Hund, Katze und Frettchen: 50’000/Jahr (weltweit), 281 (Europa Jahr 1977-<br />
2000).<br />
• Schweiz:<br />
Seit Januar 1999 ist die Schweiz bei Landtieren tollwutfrei, seit 1998 wird keine Tier-<br />
Tollwutimpfung mit Ködern (Lebendimpfstoff) mehr durchgeführt<br />
Das Auftreten von terrestrischen Tollwutfällen bei Wildtieren ist unwahrscheinlich,<br />
weiterhin können jedoch Fälle bei Fledermäusen vorkommen oder tollwutinfizierte<br />
Haustiere aus dem Ausland importiert werden (v.a. aus der Türkei und Nordafrika).<br />
<br />
Seit 1977 sind bei Menschen keine Tollwut-Todesfälle registriert. Registrierte<br />
Tollwutfälle bei Tieren in der Schweiz von 01.01.1999 bis 01.09.2005:<br />
Datum Tierart Gemeinde Kanton Bemerkung<br />
04.09.2002 Wasserfledermaus Genève GE<br />
24.07.2003 Hund Nyon VD Importiert aus Nordafrika (Marokko?)<br />
141
4. Indikation zur postexpositionellen Tollwut-Prophylaxe (PEP), siehe Abbildung 1<br />
• Bei Exposition des Grades II oder III (siehe oben) durch:<br />
Säugetiere in oder aus einem Tollwutgebiet (Aufenthalt in den letzten 12 Monaten)<br />
Hunde und Katzen, wenn das exponierte Tier krank, entwichen oder Halter unbekannt<br />
ist, oder sich in den letzten 12 Monaten in einem Tollwutgebiet aufgehalten hat. Falls<br />
das Tier 10 Tage unter tierärztlicher Kontrolle beobachtet werden kann und es gesund<br />
bleibt, kann PEP gestoppt werden. Mit der PEP kann in tollwutfreien Gebieten 48-72<br />
Stunden nach Exposition gewartet werden, um das Tier zu finden (ausser bei kleinen<br />
Kindern und schweren Bissverletzungen am Kopf und Hals). Falls das Tier in den<br />
letzten 12 Monaten nicht in einem Tollwutgebiet war, wird das Tier 10 Tage<br />
beobachtet und PEP nur begonnen, falls Tier in dieser Periode krank wird. Bei<br />
Tollwutverdacht unverzügliche Laboruntersuchung und Meldung an Kantonstierarzt.<br />
Fledermäuse (auch Personen, die aus dem Schlaf erwachen und eine lebende, kranke<br />
oder tote Fledermaus im gleichen Raum vorfinden)<br />
Patienten mit vermuteter oder gesichterter Tollwut<br />
virushaltige Materialien im Labor<br />
Kontakt (offene Wunden, Schleimhäute) mit lebend-attenuierten Impfviren von Ködern<br />
• Personen ohne präexpositioneller Impfung aktive + passive Immunisierung, Personen<br />
mit präexpositioneller Impfung nur aktive Immunisierung (Impfung)<br />
5. Vorgehen bei Tollwutexposition<br />
• Wundbehandlung: Wunddesinfektion mit reichlich Jod-Povidon-Lösung (Betadine ® ,<br />
Braunol ® ), bei tiefen Wunden grosszügige Wundexzision, keine Wundnaht, bei Bedarf<br />
Tetanusprophylaxe und Antibiotika<br />
• Aktive Immunisierung (Impfung)<br />
Rabipur ® (inaktiviertes Impfstoff) bei Personen ohne präexpositioneller Impfung: 5<br />
Dosen an Tagen 0, 3, 7, 14 und 30 i.m. in Deltoidmuskel (Kinder und Erwachsene<br />
gleiche Dosis)<br />
Eine Verdopplung der ersten Dosis (je 1 Dosis in kontralaterale Deltoidmuskel) bei<br />
Immunschwäche, schweren Wunden am Kopf, Exposition >48 h zurückliegend oder<br />
wenn keine passive Immunisierung möglich ist<br />
Serokontrolle am Tag 21 (Impferfolg falls 0.5 IE/ml im Serumneutralisationstest<br />
RFFIT), 2-10 ml natives Vollblut an Schweizerische Tollwutzentrale senden (Adresse<br />
unten)<br />
• Passive Immunisierung<br />
Berirab ® (humanes Tollwut-Immunglobulin): einmalig 20 IE/kg Körpergewicht (mit der<br />
ersten postexpositionellen Impfdosis)<br />
Wenn anatomisch möglich, das ganze Volumen in, um und unter der Verletzung<br />
infiltrieren, verbleibendes Volumen i.m. in kontralateralen Deltoid oder Oberschenkel,<br />
nicht gluteal<br />
• Kontraindikationen gegen Tollwut-Prophylaxe: keine (auch Schwangerschaft nicht)<br />
6. Isolation und Meldung<br />
• Isolation: Bei Verdacht auf Tollwuterkrankung (wie bei MRSA gemäss Hygieneordner<br />
USB). Wenn Tollwut laborgesichert ist, wird das betreuende Personal aktiv<br />
(prophylaktisch) und passiv (falls PEP nötig) immunisiert<br />
• Meldepflicht: Tollwutverdacht beim Menschen an Kantonsarzt innert 24 Stunden melden<br />
(wegen Auslösen der Suche nach exponierten Menschen und Tieren)<br />
142
7. Weitere Informationen<br />
• Schweizerische Tollwutzentrale (Labordiagnostik und aktuelle epidemiologische Lage)<br />
→ Länggassstrasse 122, 3001 Bern, Tel: 031 631 23 78, Fax: 031 631 25 34,<br />
www.cx.unibe.ch/ivv/Swiss_Rabies_Center/swiss_rabies_center.html<br />
• WHO über Rabies → http://www.who.int/zoonoses/diseases/rabies/en/index.html<br />
• WHO Global Health Atlas (Data Query for rabies) http://globalatlas.who.int/<br />
• Rabies Bulletin für Europa → www.who-rabies-bulletin.org<br />
• Schweizerisches Toxikologisches Informationszentrum (STIZ) → Freiestrasse 16,<br />
8028 Zürich, Tel: 01 251 66 66, Fax: 01 252 88 33, www.toxi.ch<br />
Quelle: BAG, Supplementum X: Ordner „Infektionskrankheiten – Diagnose und Bekämpfung“<br />
PEP: siehe „4. Indikation zur postexpositionellen Tollwut-Prophylaxe<br />
143
Chirurgische Prophylaxe<br />
Bei antibiotischer Vorbehandlung Rücksprache mit infektiologischem Konsiliardienst (Tel. 86114)<br />
Applikations-Zeitpunkt:<br />
-
Antibiotika-Prophylaxe Urologie<br />
Bei antibiotischer Vorbehandlung Rücksprache mit infektiologischem Konsiliardienst (Tel. 86114)<br />
Applikations-Zeitpunkt:<br />
-