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Pathophysiologie und Therapie des Strabismus deorsoadductorius

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<strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

(Pathophysiology and therapy of strabismus <strong>deorsoadductorius</strong>)<br />

Michael Gräf, Birgit Lorenz<br />

Univ.-Augenklinik Gießen<br />

(Direktorin: Univ. Prof. Dr. med. B. Lorenz)<br />

Zusammenfassung: Als <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> wird ein Schielen bezeichnet, bei dem der Tieferstand <strong>des</strong><br />

schielenden Auges im Blick zur Gegenseite zunimmt. Ist das dominante Auge betroffen, äußert sich die Störung<br />

als Höherstand <strong>des</strong> anderen Auges in Abduktion. Daneben besteht in der Regel eine Inzyklodeviation mit<br />

A-Inkomitanz. Im Auf- <strong>und</strong> Abblick kann sich die Höhenabweichung relativ konkomitant verhalten. Der <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> kommt weniger häufig vor als der <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius.<br />

Prinzipiell sind bei beiden Formen zwei pathogenetisch unterschiedliche Möglichkeiten zu unterscheiden. Der<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> kann bei manifesten Horizontalschielformen <strong>und</strong> auch bei zentralen Läsionen aus<br />

einer Obliquus-superior-Überaktivität resultieren. Dies ist vergleichbar dem <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius infolge<br />

einer Obliquus-inferior-Überaktivität beim frühkindlichen Innenschielen. Ein <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> kann<br />

aber auch bei normalem Binokularsehen <strong>und</strong> ohne weitere Störungen auftreten, vergleichbar mit dem dekompensierenden<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius. Als Ursachen eines dekompensierenden <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

sind Paresen <strong>des</strong> Obliquus inferior oder <strong>des</strong> kontralateralen Rectus inferior, Fehlinnervationen <strong>und</strong> supranukleäre<br />

Störungen zu diskutieren, wobei vermutet wird, dass adaptive Mechanismen das nach den Regeln von Hering <strong>und</strong><br />

Sherrington zu erwartende Motilitätsmuster verändern. Eine spontane Normalisierung <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ist nicht zu erwarten. Die Behandlung erfolgt operativ. Die Indikation hängt von den Beschwerden <strong>des</strong><br />

Patienten ab. Primär kommen schwächende Eingriffe am ipsilateralen Obliquus superior, alternativ die alleinige<br />

oder zusätzliche Faltung bzw. Vorlagerung <strong>des</strong> Obliquus inferior in seiner Zugrichtung in Betracht. Abhängig vom<br />

Motilitätsmuster kann die Rücklagerung <strong>des</strong> kontralateralen Rectus superior sinnvoll sein.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345-354 (2009)<br />

Summary: <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> („down-shoot in adduction”) is characterized by hypodeviation of the<br />

deviating eye. The hypodeviation increases with contralateral side gaze and may be widely comitant in up- and<br />

down-gaze. <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> is less frequent than strabismus sursoadductorius. <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

may result from superior oblique overaction due to excessive innervation of the superior oblique<br />

muscles. This condition occurs in combination with manifest horizontal strabismus or a central disorder. This is<br />

comparable to inferior oblique overaction which occurs combined with infantile esotropia. On the other hand,<br />

strabismus <strong>deorsoadductorius</strong> may result from peripheral lesions, comparable to decompensating strabismus sursoadductorius.<br />

Paresis of the inferior oblique or contralateral inferior rectus muscles, peripheral and supra-nuclear<br />

misdirection, as well as other supra-nuclear disorder must be considered as possible causes of decompensating<br />

strabismus <strong>deorsoadductorius</strong>. The ocular motility pattern resulting from the causative lesion expected from the<br />

rules of Hering and Sherrington can be modulated by adaptation. Spontaneous improvement of the disorder is<br />

unlikely. The indication for surgery depends on the patient’s complaints. Recession of the ipsilateral superior<br />

oblique tendon and tucking/advancement of the ipsilateral inferior oblique muscle along its pulling direction are<br />

recommended procedures of first choice. They can be combined within the same session. Alternatively, recession<br />

of the contralateral superior rectus muscle may be beneficial, depending on the individual motility pattern.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345-354 (2009)<br />

Augenärztliche Fortbildung<br />

Schlüsselwörter: Obliquusinferior-Parese,<br />

Obliquus-<br />

superior-Überfunktion,<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>,<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

Key Words: inferior oblique<br />

overaction, inferior oblique<br />

palsy, strabismus <strong>deorsoadductorius</strong>,<br />

strabismus<br />

sursoadductorius, superior<br />

oblique overaction, superior<br />

oblique palsy<br />

Unabhängigkeitserklärung der Autoren:<br />

Der korrespondierende Autor<br />

versichert, dass er keine Verbindungen<br />

zu einer der Firmen, deren<br />

Namen oder Produkte in dem Artikel<br />

aufgeführt werden, oder zu<br />

einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />

vertreibt, unterhält. Der<br />

Autor unterlag bei der Erstellung<br />

<strong>des</strong> Beitrages keinerlei Beeinflussung.<br />

Es lagen keine kommerziellen<br />

Aspekte bei der inhaltlichen Gestaltung<br />

zugr<strong>und</strong>e<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 345


M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

bezeichnet ein Höhenschielen,<br />

bei dem das schielende Auge in<br />

Adduktion zunehmend nach<br />

unten abweicht.<br />

Der Begriff <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

bezeichnet im Prinzip je<strong>des</strong> Höhenschielen,<br />

bei dem das schielende Auge<br />

in Adduktion zunehmend nach unten<br />

(deorsum) abweicht (Abbildung 1). Der<br />

Begriff ist <strong>des</strong>kriptiv, er enthält keine<br />

Diagnose. Im engeren Sinn wird er für<br />

Störungen mit einem typischen Motilitätsmuster<br />

benutzt, das in einem Tieferstand<br />

<strong>des</strong> betroffenen Auges, einer Inzyklotropie<br />

<strong>und</strong> einer A-Inkomitanz<br />

besteht (Abbildung 2; Tabelle1). Definitionsgemäß<br />

nimmt der Tieferstand<br />

bei Adduktion zu. Führt das betroffene<br />

Auge, so imponiert ein Höherstand <strong>des</strong><br />

anderen Auges, der in Abduktion zunimmt.<br />

Der Einfluss der Kopfneigung<br />

ist weniger markant als beim <strong>Strabismus</strong><br />

sursoadductorius. In der Regel ist das<br />

Höhenschielen bei Neigung zur Gegen-<br />

seite größer als bei Neigung zur Seite <strong>des</strong><br />

betroffenen Auges. Die bevorzugte Kopfhaltung<br />

ist eine Drehung zur Gegenseite<br />

oder Neigung zur betroffenen Seite.<br />

Hypothesen zur <strong>Pathophysiologie</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> wird<br />

in Lehrbüchern relativ kurz abgehandelt,<br />

vielleicht weil seine Entstehung oft unklar<br />

ist [1, 18, 29, 33, 35, 40]. Die in diesem<br />

Artikel diskutierten, teils hypothetischen<br />

Ursachen bilden das Spektrum<br />

ätiologischer Möglichkeiten grob ab. Im<br />

Einzelfall ist die Genese oft unklar. Von<br />

Noorden unterscheidet „primäre“ Formen<br />

unklarer Ätiologie <strong>und</strong> „sek<strong>und</strong>äre“ Formen<br />

[30]. Als mögliche Ursachen eines<br />

sek<strong>und</strong>ären „downshoot in adduction“<br />

Abbildung 1: Rechtsseitiger <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>. Zunehmende Hypotropie <strong>des</strong> rechten Auges im Linksblick.<br />

Abbildung 2: Rechtsseitiger <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>. Violett:<br />

Zunehmende Hypotropie <strong>des</strong> rechten Auges bei Adduktion.<br />

Ocker: Geringe A-Inkomitanz von 3°. Blau: In Abduktion betonte<br />

Inzyklodeviation. Grün: Moderates Kopfneigephänomen von 5°.<br />

Tabelle 1: Dekompensierender <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>:<br />

Typische Bef<strong>und</strong>e<br />

n Tieferstand (VD) in Primärposition, in Adduktion zunehmend<br />

n VD im Auf- <strong>und</strong> Abblick ähnlich groß<br />

n Zunahme der VD bei kontralateraler Kopfneigung<br />

n Inzyklodeviation<br />

n A-Inkomitanz<br />

346 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009)


(<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>) werden<br />

genannt [30]:<br />

n Parese oder Paralyse <strong>des</strong> ipsilateralen<br />

Obliquus inferior<br />

n Parese oder Paralyse <strong>des</strong> kontralateralen<br />

Rectus inferior<br />

n Retraktionssyndrom nach Stilling,<br />

Türk <strong>und</strong> Duane<br />

n Inzyklotorsion <strong>des</strong> Auges oder der Orbita<br />

n Kontraktur <strong>des</strong> kontralateralen Rectus<br />

superior<br />

n Brown-Syndrom.<br />

Ergänzend sind anzuführen:<br />

n Narbeninduzierte Formen nach orbitalem<br />

Trauma oder Eingriff<br />

n Kongenitale oder erworbene periphere<br />

Fehlinnervation<br />

n Supranukleäre Störungen.<br />

Nach dieser Einteilung wäre als „primäre“<br />

Form eine Obliquus-superior-Überfunktion<br />

anzusehen. Sie sollte einen <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> mit ausgeprägter Inzyklodeviation<br />

<strong>und</strong> A-Inkomitanz verursachen.<br />

Simplifizierend könnte man dies<br />

als Gegenteil eines <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

bezeichnen, der im Rahmen <strong>des</strong><br />

frühkindlichen Schielsyndroms auftritt<br />

<strong>und</strong> durch die exzessive Innervation der<br />

Obliqui inferiores infolge einer Entgleisung<br />

<strong>des</strong> Zyklovergenztonus entsteht. Die<br />

Ätiologie <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ist jedoch komplex.<br />

Vestibuläre Störung:<br />

beidseitiger überschießender Senkertonus<br />

Brodsky <strong>und</strong> Donahue gehen von einem<br />

beidseitigen überschießenden Senkertonus<br />

infolge einer Läsion der vestibulären<br />

Afferenz aus [3]. Wenn eine Läsion die<br />

Afferenz aus den vorderen Bogengängen<br />

bzw. die entsprechende otolithäre Afferenz<br />

inhibiert oder die Afferenz aus den<br />

hinteren Bogengängen bzw. die entsprechende<br />

otolithäre Afferenz enthemmt,<br />

entstünde eine überhöhte Ruheinner-<br />

M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

vation der Obliqui superiores <strong>und</strong> Recti<br />

inferiores, die nicht Herings Regel folgt.<br />

Die exzessive Innervation der Obliqui<br />

superiores würde eine Inzyklodeviation<br />

<strong>und</strong> durch die horizontale Tertiärwirkung<br />

der Obliqui eine im Abblick zunehmende<br />

Exodeviation bewirken. Die<br />

A-Inkomitanz würde dadurch verstärkt,<br />

dass die Recti inferiores aufgr<strong>und</strong> der<br />

Inzyklostellung beider Augen eine geringere<br />

adduzierende Tertiärwirkung<br />

hätten als normal. Um die Horizontale<br />

zu erreichen, müsste dem pathologischen<br />

Senkertonus eine Blickrichtungsinnervation<br />

nach oben entgegen wirken,<br />

die jedoch die Inzyklodeviation nicht<br />

ausgleicht. Im Seitblick bleibt eine senkende<br />

Wirkung <strong>des</strong> Rectus inferior am<br />

jeweils adduzierten Auge erhalten, da<br />

die Blickrichtungsinnervation nach<br />

Hering’s Regel erfolgt. Der Obliquus superior<br />

wirkt bei Abduktion vornehmlich<br />

als Inzyklorotator. Somit fehlt hier seine<br />

senkende Wirkung. Es resultiert ein<br />

Tieferstand <strong>des</strong> adduzierten bzw. Höherstand<br />

<strong>des</strong> abduzierten Auges.<br />

Läsionen im Bereich der vestibulo-okulären<br />

Bahnen können durch strukturelle<br />

Veränderungen im Hirnstamm oder<br />

Kleinhirn entstehen. Kinder mit Hydrozephalus,<br />

Myelomeningozele oder Arnold-Chiari-Malformation<br />

zeigen häufig<br />

einen beidseitigen <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

in Verbindung mit einem<br />

tonischen Abblick. Da der pränukleäre<br />

vestibulo-zerebelläre Input ins vestibuläre<br />

System vornehmlich inhibitorisch<br />

verschaltet ist, würde eine beidseitige<br />

Kompression oder Verletzung der den<br />

anterioren Kanälen entsprechenden Bahnen<br />

die posterioren Kanäle disinhibieren<br />

<strong>und</strong> dadurch den Tonus der entsprechenden<br />

Augenmuskeln, also der Senker,<br />

erhöhen. Diese Erklärung erscheint für<br />

den beidseitigen „primären“ <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> im Rahmen neurologischer<br />

Erkrankungen attraktiv.<br />

Der Obliquus superior wirkt bei<br />

Abduktion vornehmlich als<br />

Inzyklorotator. Somit fehlt hier<br />

seine senkende Wirkung.<br />

Kinder mit Hydrozephalus,<br />

Myelomeningozele oder<br />

Arnold-Chiari-Malformation<br />

zeigen häufig einen beidseitigen<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

in Verbindung mit einem<br />

tonischen Abblick.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 347


M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Im Rahmen der okulären<br />

Gegenrollung werden bei<br />

seitlicher Kopfneigung am<br />

unteren Auge die beiden oberen<br />

<strong>und</strong> am oberen Auge die beiden<br />

unteren Vertikalmotoren<br />

aktiviert.<br />

Sek<strong>und</strong>ärer <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

bei Parese <strong>des</strong> Obliquus inferior<br />

Eine Parese <strong>des</strong> ipsilateralen Obliquus<br />

inferior würde das Motilitätsmuster <strong>des</strong><br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> weitgehend<br />

erklären [32]. Die fehlende exzyklorotatorische<br />

Wirkung bedingt eine<br />

Inzyklodeviation, die fehlende hebende<br />

Wirkung einen in Adduktion zunehmenden<br />

Tieferstand <strong>und</strong> die vor allem im<br />

Aufblick fehlende abduktorische Wirkung<br />

eine A-Inkomitanz. Wenn als zyklorotatorische<br />

Ausgleichsinnervation die<br />

Ansteuerung der Obliqui superiores herab-<br />

<strong>und</strong> die der Obliqui inferiores hochreguliert<br />

wird, wirkt die erhöhte Innervation<br />

aufgr<strong>und</strong> der Parese vornehmlich<br />

oder ausschließlich am kontralateralen<br />

Obliquus inferior <strong>und</strong> kann dadurch das<br />

Höhenschielen verstärken. Im Rahmen<br />

Abbildung 3: Okuläre Gegenrollung. Synkinetisch werden bei seitlicher Kopfneigung<br />

am jeweils unteren Auge die beiden oberen <strong>und</strong> am oberen Auge die<br />

beiden unteren Muskeln verstärkt <strong>und</strong> ihre Antagonisten vermindert angesteuert.<br />

Die dynamische Gegenrollung wird während der Neigungsbewegung<br />

durch Rückstellbewegungen weitgehend annulliert. Die in der Neigungshaltung<br />

verbleibende, otolithär <strong>und</strong> visuell evozierte, statische Gegenrollung<br />

macht beim Menschen nur ca. 10-15% der Kopfneigung aus. Sie wird bei<br />

Konvergenz supprimiert. Die statische okuläre Gegenrollung ist als entwicklungsgeschichtliches<br />

Relikt zu verstehen. Für panoramasehende Lebewesen<br />

mit lateralen Gesichtslinien, für Fische zum Beispiel, ist sie zur Stabilisierung<br />

der retinalen Abbildung sinnvoll. Nach Sagittalisierung der Gesichtslinien<br />

<strong>und</strong> der damit möglichen Entwicklung korrespondierenden Binokularsehens,<br />

zum Beispiel beim Menschen, wäre starke Gegenrollung im Nahblick störend.<br />

Sie würde bei Konvergenz durch die rollungsbedingt alterierte Zugrichtung<br />

der Recti mediales eine Vertikaldeviation induzieren.<br />

fusionaler Vergenz ist außerdem eine<br />

Innervationsänderung der vertikalen<br />

Recti erforderlich. Zur okulären Gegenrollung<br />

werden bei seitlicher Kopfneigung<br />

am unteren Auge die beiden oberen<br />

<strong>und</strong> am oberen Auge die beiden unteren<br />

Vertikalmotoren aktiviert. Somit sollte<br />

bei einer Obliquus-inferior-Parese ein<br />

Kopfneigephänomen mit der größeren<br />

Höhenabweichung bei Neigung zur Gegenseite<br />

vorliegen (Abbildung 2, 3). In<br />

der Tat ist dies häufig der Fall.<br />

Ein Einwand gegen die Annahme einer<br />

Obliquus-inferior-Parese besteht darin,<br />

dass damit ein auffälliges Hebungsdefizit<br />

in Adduktion einhergehen müsse.<br />

Einfache Modelle <strong>und</strong> ein verbreitetes<br />

Motilitätsdiagramm stellen die Obliqui<br />

als hauptsächliche Vertikalmotoren in<br />

Adduktion dar. Tatsächlich nimmt das<br />

vertikale Drehmoment der Obliqui in<br />

Adduktion zu, bleibt aber normalerweise<br />

deutlich geringer als jenes der Recti<br />

(Abbildung 4). Daher ist das Höhenschielen<br />

bei einer Trochlearisparese selbst in<br />

Adduktion nicht sehr groß, es nimmt<br />

jedoch im Abblick zu. Ein größeres Höhenschielen<br />

bei länger bestehenden<br />

Paresen ist als Nebenwirkung der Ausgleichsinnervation<br />

zu erklären, die auch<br />

eine Zunahme <strong>des</strong> Kopfneigephänomens<br />

bewirkt [11, 12, 13, 24, 25, 26, 34, 37].<br />

Sehr deutlich ist dies beim <strong>Strabismus</strong><br />

sursoadductorius. Obwohl eine Schwäche<br />

<strong>des</strong> Obliquus superior zugr<strong>und</strong>eliegt,<br />

unterscheidet sich das Schielwinkelmuster<br />

<strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius von<br />

dem der Trochlearisparese. Das Höhenschielen<br />

kann sehr groß sein, ohne wesentliche<br />

Inkomitanz im Auf- <strong>und</strong> Abblick,<br />

<strong>und</strong> die Zyklodeviation ist gering<br />

[12, 17, 21, 36]. Es ist vorstellbar, dass<br />

fusionale Ausgleichsinnervation auch<br />

das nach Sherringtons <strong>und</strong> Herings Regeln<br />

zu erwartende Motilitätsmuster einer<br />

Obliquus-inferior-Parese beeinflusst.<br />

Damit wäre die Vertikaldeviation im Abblick<br />

zu erklären.<br />

Kernspintomographisch fiel bei Patienten<br />

mit einer als Obliquus-inferior-Pare-<br />

348 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009)


se bezeichneten (dem <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

entsprechenden) Störung,<br />

ein verminderter Querschnitt <strong>des</strong> ipsilateralen<br />

im Vergleich zum kontralateralen<br />

Obliquus inferior <strong>und</strong> zum Normalbef<strong>und</strong><br />

auf [5]. Dies unterstützt die Annahme einer<br />

Obliquus-inferior-Parese, beweist sie<br />

allerdings nicht. Unklar bliebe die Ursache<br />

einer isolierten Obliquus-inferior-<br />

Parese. Bei einer peripheren Läsion <strong>des</strong><br />

N. oculomotorius wäre eine Mitbeteiligung<br />

anderer Muskeln <strong>und</strong> gelegentlich<br />

<strong>des</strong> M. sphincter pupillae zu erwarten,<br />

die wir jedoch nicht beobachtet haben.<br />

Es ist daher eher an eine Kernläsion zu<br />

denken.<br />

Geringe Parese oder Paralyse <strong>des</strong><br />

kontralateralen Rectus inferior:<br />

kann das vertikale Schielwinkelmuster<br />

erklären<br />

Bei einer Rectus-inferior-Paralyse kann<br />

das betroffene Auge nicht gesenkt werden.<br />

Allenfalls in Adduktion ist durch<br />

den Obliquus superior eine geringe Exkursion<br />

unter die Horizontale möglich.<br />

Dadurch nimmt der Tieferstand <strong>des</strong> nicht<br />

paretischen Auges in Adduktion zu. Diese<br />

offensichtliche Störung würden wir<br />

nicht <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>,<br />

sondern bei ihrem Namen nennen. Eine<br />

geringe Parese <strong>des</strong> Rectus inferior, ohne<br />

auffälliges Senkungsdefizit, kann das<br />

vertikale Schielwinkelmuster eines kontralateralen<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

erklären. Durch die reduzierte senkende<br />

Kraft <strong>des</strong> Rectus inferior resultiert<br />

ein im Abblick <strong>und</strong> bei Abduktion zunehmender<br />

Höherstand <strong>des</strong> paretischen<br />

Auges, der am nicht paretischen Auge als<br />

in Adduktion zunehmender Tieferstand<br />

imponiert. Da der Rectus inferior nur<br />

ein schwacher Adduktor <strong>und</strong> Exzyklorotator<br />

ist, sind gerade bei einer geringen<br />

Parese keine wesentliche A-Inkomitanz<br />

<strong>und</strong> Inzyklodeviation zu erwarten. Im<br />

Fall einer Rectus-inferior-Parese sollte<br />

das Höhenschielen bei Kopfneigung zur<br />

Gegenseite der Parese, also zur Seite <strong>des</strong><br />

M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

„Deorso“-Auges zunehmen, anders als in<br />

den „typischen“ Fällen von <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong>, die eine Zunahme<br />

<strong>des</strong> Höhenschielens bei Kopfneigung zur<br />

Gegenseite zeigen. Bei einem entsprechenden<br />

Schielwinkelverhältnis ist die<br />

Möglichkeit der kontralateralen Rectusinferior-Parese<br />

als Ursache eines <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> nicht von der<br />

Hand zu weisen. Offen bleibt aber auch<br />

hier die Frage nach der Ursache einer<br />

isolierten Rectus-inferior-Parese. Die<br />

fehlende Mitbeteiligung anderer Okulomotorius-innervierter<br />

Muskeln spräche<br />

wiederum eher für eine nukleäre als periphere<br />

Ursache (s.o.).<br />

Retraktionssyndrom nach<br />

Stilling, Türk <strong>und</strong> Duane:<br />

typischer Bef<strong>und</strong> ermöglicht<br />

Differenzialdiagnose<br />

Ein Retraktionssyndrom entsteht, wenn<br />

die Innervation <strong>des</strong> Rectus lateralis<br />

durch den N. abducens ganz oder teil-<br />

Bei einer Rectus-inferior-Paralyse<br />

kann das betroffene Auge<br />

nicht gesenkt werden.<br />

Abbildung 4: Das obere Motilitätsdiagramm ist irreführend, weil es die Obliqui in Adduktion als<br />

die wesentlichen Vertikalmotoren darstellt. Tatsächlich (unten) erfolgen Hebung <strong>und</strong> Senkung<br />

auch in Adduktion vor allem durch den Rectus superior <strong>und</strong> den Rectus inferior. Die vertikale<br />

Wirkung der Obliqui ist in Adduktion am stärksten, aber geringer als die der Recti. Die zyklorotatorischen<br />

<strong>und</strong> horizontalen Wirkungen der (Zyklo-) Vertikalmotoren sind nicht abgebildet.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 349


M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Ein Retraktionssyndrom fällt<br />

durch die Lidspaltenverengung,<br />

die Retraktion <strong>des</strong> Auges <strong>und</strong><br />

den eventuellen Zügeleffekt bei<br />

Adduktion <strong>des</strong> betroffenen<br />

Auges auf.<br />

Dem dekompensierenden<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

liegt meist eine Schwäche <strong>des</strong><br />

Obliquus superior zugr<strong>und</strong>e.<br />

Eine Kontraktur <strong>des</strong> kontralateralen<br />

Rectus superior wurde<br />

als mögliche Erklärung eines<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

angeführt [30].<br />

weise ausbleibt <strong>und</strong> der Muskel mehr<br />

oder weniger durch Okulomotoriusneurone<br />

mit innerviert wird, die in der Regel<br />

für den Rectus medialis bestimmt sind<br />

[4, 20]. Dadurch ist die Abduktion eingeschränkt<br />

<strong>und</strong> in Adduktion wird das<br />

Auge aufgr<strong>und</strong> der Kokontraktion beider<br />

Horizontalmotoren retrahiert, was<br />

zur Verengung der Lidspalte führt. Da<br />

die geraden Augenmuskeln vor dem Augendrehpunkt<br />

inserieren, wirken sie bei<br />

gleichzeitiger Kontraktion wie Zügel, die<br />

das Auge in Adduktion bzw. bei intendierter<br />

Adduktion nach oben oder unten<br />

ziehen <strong>und</strong> dadurch einem <strong>Strabismus</strong><br />

sursoadductorius oder <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ähneln können. Aufgr<strong>und</strong> der Retraktion,<br />

der Lidspaltenverengung <strong>und</strong> der<br />

Abduktionseinschränkung (bzw. Adduktionseinschränkung<br />

beim divergenten<br />

Retraktionssyndrom) ist die Diagnose<br />

jedoch einfach.<br />

Inzyklotorsion der Orbita:<br />

schon in der älteren Literatur beschrieben<br />

Die Annahme einer Ein- oder Auswärtsverdrehung<br />

<strong>des</strong> gesamten Orbitainhalts<br />

als Erklärung für A- <strong>und</strong><br />

V-Inkomitanzen, den <strong>Strabismus</strong> deorso-<br />

<strong>und</strong> sursoadductorius <strong>und</strong> entsprechende<br />

Ex- <strong>und</strong> Inzyklodeviationen<br />

findet sich schon in der älteren<br />

Literatur [29]. Dem <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

sollte demnach eine Inzyklotorsion<br />

der Orbita <strong>und</strong> <strong>des</strong> Auges<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen. Der Rectus superior<br />

solle dadurch stärker, der Rectus inferior<br />

geringer adduzierend wirken als<br />

normal.<br />

Kontralateraler<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius:<br />

durch Kontraktur <strong>des</strong><br />

kontralateralen Rectus superior<br />

Eine Kontraktur <strong>des</strong> kontralateralen Rectus<br />

superior wurde als mögliche Erklärung<br />

eines <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

angeführt [30]. Sie könnte tatsächlich<br />

einen zunehmenden Höherstand <strong>des</strong> betroffenen<br />

Auges bzw. einen Tieferstand,<br />

eben den <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>,<br />

<strong>des</strong> anderen Auges beim Blick zur Seite<br />

<strong>des</strong> primär betroffenen Auges bedingen.<br />

Die Kontraktur wurde als Folge einer<br />

Obliquus-superior-Schwäche (congenital<br />

superior oblique palsy; entspricht weitgehend<br />

der im Deutschen als dekompensierender<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

bezeichneten Schielform [12]) postuliert,<br />

um die ausgeprägte Vertikaldeviation bei<br />

dieser Schielform zu erklären [16]. Läge<br />

diese Kontraktur tatsächlich vor, so wäre<br />

jedoch in Abduktion <strong>und</strong> beim Abblick<br />

in Abduktion eine deutlichere Vertikaldeviation<br />

zu erwarten. Beim <strong>Strabismus</strong><br />

sursoadductorius hingegen ist die Vertikaldeviation<br />

in diesen Richtungen nur<br />

gering. Auch eine Abnahme der Vertikaldeviation<br />

unter diagnostischer Okklusion<br />

[23] ist mit einer Kontraktur schwer<br />

in Einklang zu bringen, ebenso das<br />

Kopfneigephänomen. Die Hypothese der<br />

Rectus-superior-Kontraktur wurde daher<br />

in Frage gestellt [28]. Dem dekompensierenden<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

liegt meist eine Schwäche <strong>des</strong> Obliquus<br />

superior zugr<strong>und</strong>e. Zu dem starken Höherstand<br />

<strong>des</strong> betroffenen Auges scheint<br />

es infolge der Ausgleichsinnervation zu<br />

kommen [12, 13]. Die vertikale Fusionsbreite<br />

ist groß. Ein dekompensierender<br />

<strong>Strabismus</strong> sursoadductorius ist in der<br />

Regel einfach zu erkennen: Der Höherstand<br />

<strong>des</strong> betroffenen Auges nimmt bei<br />

Adduktion zu. Die Vertikaldeviation ist<br />

im Auf- <strong>und</strong> Abblick relativ ähnlich [17,<br />

21, 22]. Falls eine Alphabet-Inkomitanz<br />

besteht, dann eine V-Inkomitanz. Die<br />

Exzyklodeviation kann zwar gering sein,<br />

aber sie schlägt fast nie in eine Inzyklodeviation<br />

um. Typisch sind die deutliche<br />

Zunahme <strong>des</strong> Höhenschielens bei Kopfneigung<br />

zur betroffenen Seite <strong>und</strong> die<br />

Abnahme bei Neigung zur anderen Seite.<br />

Anhand dieser Merkmale ist die Abgrenzung<br />

<strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

vom kontralateralen <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

in der Regel unproblematisch.<br />

350 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009)


Eine tatsächlich verminderte Dehnbarkeit<br />

<strong>des</strong> Rectus superior, zum Beispiel im<br />

Rahmen einer endokrinen Orbitopathie,<br />

sollte durch eine Senkungseinschränkung<br />

<strong>des</strong> betroffenen Auges <strong>und</strong> weitere<br />

Symptome der Erkrankung auffallen [2,<br />

6, 11].<br />

Brown-Syndrom:<br />

Vortreten <strong>des</strong> Auges mit Erweiterung<br />

der Lidspalte in Adduktion ist möglich<br />

Das Brown-Syndrom ist durch eine Hebungseinschränkung<br />

in Adduktion gekennzeichnet,<br />

die auch bei der passiven<br />

Motilitätsprüfung in Narkose persistiert<br />

[14]. Nach dem Abtrennen der Sehne ist<br />

die passive Hebung frei. Die Ursache <strong>des</strong><br />

Brown-Syndroms besteht oft in einer primär<br />

mechanischen Störung, indem die<br />

Sehne <strong>des</strong> Obliquus superior bei Hebung<br />

<strong>des</strong> Auges nicht weit genug distalwärts<br />

durch die Trochlea gleiten kann. Beim<br />

Klick-Syndrom rutscht eine umschriebene<br />

Verdickung der Sehne bei forcierter<br />

Hebung in Adduktion hörbar durch die<br />

M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Trochlea, wonach die Hebung frei oder<br />

zumin<strong>des</strong>t wesentlich besser ist. Der<br />

kongenitalen Form <strong>des</strong> Brown-Syndrioms<br />

kann eine Fehlinnervation zugr<strong>und</strong>e<br />

liegen, indem der Obliquus superior<br />

bei ausbleibender normaler Innervation<br />

durch den N. trochlearis durch Okulomotoriusneurone<br />

innerviert wird, die für<br />

den Rectus superior, den Rectus medialis<br />

oder den Obliquus inferior bestimmt<br />

sind [7, 31]. Unabhängig von der Ätiologie<br />

gibt die Obliquus superior-Sehne<br />

im Aufblick nicht nach. Das Auge zeigt<br />

bei forcierter Hebung eine zunehmende<br />

Inzyklodeviation <strong>und</strong> weicht durch den<br />

Zügeleffekt der Obliqui nach außen ab.<br />

Es resultiert eine V- oder Y-Inkomitanz<br />

(Abbildung 5). Bei genauem Hinsehen<br />

kann ein geringes Vortreten <strong>des</strong> Auges<br />

mit Erweiterung der Lidspalte in Adduktion<br />

auffallen. Anhand der genannten<br />

Kriterien lässt sich der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

phänotypisch recht gut<br />

vom Brown-Syndrom abgrenzen (Tabelle<br />

2). Ätiologisch sind gewisse Parallelen<br />

denkbar.<br />

Abbildung 5: Konnatales Brown-Syndrom RA. Restriktives Hebungsdefizit in Adduktion. Exodeviation im Aufblick<br />

(Y-Inkomitanz). Im Aufblick vom RA ausgehende, f<strong>und</strong>uskopisch erkennbare <strong>und</strong> subjektiv messbare Inzyklodeviation.<br />

Das Brown-Syndrom ist durch<br />

eine Hebungseinschränkung in<br />

Adduktion gekennzeichnet,<br />

die auch bei der passiven<br />

Motilitätsprüfung in Narkose<br />

persistiert<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 351


M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Eine Fehlinnervation <strong>des</strong><br />

Obliquus superior durch<br />

Okulomotoriusneurone muss<br />

nicht zwangsläufig zu einem<br />

Brown-Syndrom führen.<br />

Bei hoher Achsenmyopie kann<br />

der Rectus lateralis nach unten<br />

dislozieren.<br />

Periphere <strong>und</strong> nukleäre Fehlinnervation:<br />

hypothetisch aber nicht ausgeschlossen<br />

Eine Fehlinnervation <strong>des</strong> Obliquus superior<br />

durch Okulomotoriusneurone muss nicht<br />

zwangsläufig zu einem Brown-Syndrom<br />

führen. Wenn die Neurone für den Rectus<br />

inferior bestimmt sind, können durch<br />

überschießende Innervation <strong>des</strong> Obliquus<br />

superior eine im Abblick zunehmende<br />

Inzyklodeviation <strong>und</strong> ein Tieferstand in<br />

Adduktion entstehen, sofern dem Rectus<br />

inferior nicht zu viel autochtone Innervation<br />

fehlt. Auf nukleärer Ebene ist<br />

eine Fehlinnervation <strong>des</strong> ipsilateralen<br />

Okulomotorius-Subnukleus für den Rectus<br />

inferior durch aberrierende Interneurone<br />

denkbar. Beim Blick zur Gegenseite<br />

würden dadurch aus dem kontralateralen<br />

Abduzenskerngebiet nicht nur Okulomotoriusneurone<br />

für den Rectus medialis<br />

sondern auch solche für den Rectus inferior<br />

stimuliert. Fehlende Impulse für<br />

den Rectus medialis könnten durch Konvergenz<br />

substituiert werden. Dies würde<br />

einen Tieferstand in Adduktion erklären,<br />

aber keine wesentliche Inzyklodeviation<br />

<strong>und</strong> A-Inkomitanz. Dasselbe gilt, wenn<br />

aberrierende Interneurone am Subnukleus<br />

für den Rectus superior andocken,<br />

Tabelle 2: Differenzialdiagnose <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

vs. Brown-Syndrom<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> Brown-Syndrom<br />

Hebung sagittal frei etwas eingeschränkt<br />

Hebung in Adduktion wenig/nicht eingeschränkt<br />

passive Hebung<br />

stets eingeschränkt<br />

in Adduktion frei stets eingeschränkt<br />

Hebung in Abduktion frei wenig/nicht eingeschränkt<br />

Inzyklotropie im Abblick zunehmend im Aufblick<br />

zunehmend<br />

Alphabet-Inkomitanz A-Inkomitanz V-/Y-Inkomitanz<br />

Anterotraktion nie gelegentlich<br />

<strong>des</strong>sen Neurone auf den kontralateralen<br />

Rectus superior projizieren [38]. Auch<br />

Fehlinnervationen auf höherer supranukleärer<br />

Ebene sind nicht ausgeschlossen.<br />

Ebenso wie bei den zuvor genannten<br />

Störungen kann man sich gut vorstellen,<br />

dass bei vorhandenem korrespondierenden<br />

Binokularsehen das primär resultierende<br />

Motilitätsmuster durch die Ausgleichsinnervation<br />

verändert wird.<br />

Rein mechanisch:<br />

bei Myopie oder nach Trauma, Chirurgie<br />

Adhärenzen im Bereich der Tenon-Kapsel,<br />

<strong>des</strong> orbitalen Aufhängeapparates<br />

oder der äußeren Augenmuskeln infolge<br />

eines Traumas oder chirurgischen Eingriffs<br />

sind als Ursache für einen <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> denkbar. Die<br />

Anamnese würde auf diese Ursache hinweisen.<br />

Bei hoher Achsenmyopie kann<br />

der Rectus lateralis nach unten dislozieren<br />

[15]. Er verliert dadurch abduktorische<br />

<strong>und</strong> erhält senkende Wirkung.<br />

Wenn die Störung früher oder später<br />

dekompensiert, resultiert eine Esotropie<br />

<strong>und</strong> bei asymmetrischer Ausprägung<br />

eine Hypotropie <strong>des</strong> Auges, an dem der<br />

Muskel stärker disloziert ist, in der Regel<br />

<strong>des</strong> höher myopen Auges. Zusätzlich<br />

sind die horizontale Motilität <strong>und</strong> die Hebung<br />

eingeschränkt. Nicht selten besteht<br />

eine Exzyklodeviation. Liegt dieser Mechanismus<br />

zugr<strong>und</strong>e, so ist im Rahmen<br />

der operativen Behandlung eine sklerale<br />

Fixation <strong>des</strong> Rectus lateralis in seiner<br />

physiologischen Verlaufsrichtung erforderlich<br />

[15, 27].<br />

Behandlung <strong>des</strong> dekompensierenden<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>:<br />

bei Kopfschmerzen, Diplopie <strong>und</strong><br />

ausgeprägter Kopfzwangshaltung<br />

Ein <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> erfordert<br />

in der Regel keine neurologische<br />

Abklärung. Eine spontane Verbesserung<br />

ist nicht zu erwarten. Die Indikation zur<br />

Behandlung hängt vom Ausmaß der Be-<br />

352 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009)


schwerden ab. Die Behandlung erfolgt<br />

operativ [19]. Dazu sollte der Patient in<br />

eine qualifizierte Einrichtung überwiesen<br />

werden, wo neben umfangreichen diagnostischen<br />

Möglichkeiten entsprechende<br />

Erfahrung in der <strong>Therapie</strong> zyklovertikaler<br />

Schielformen vorhanden ist. Bei Vorliegen<br />

eines typischen <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ist die Obliquus-superior-Rücklagerung<br />

der Eingriff der ersten Wahl,<br />

wenngleich sie die Schielwinkel in vielen<br />

Fällen nicht vollständig korrigiert. Schon<br />

die Reduktion kann jedoch für beschwerdefreies<br />

Binokularsehen ausreichen. Als<br />

Zugang ist eine radiäre Bindehaut-Tenon-<br />

Eröffnung temporal <strong>des</strong> Rectus superior<br />

geeignet. Mit einem Schielhaken unter<br />

dem Rectus superior wird das Auge nach<br />

unten rotiert. Besonderes Augenmerk gilt<br />

der Darstellung der Obliquus-Sehneninsertion<br />

bis zu ihrem dorsalen, nasalen<br />

Rand, wobei auf Insertionsanomalien zu<br />

achten ist. Die komplette Abtrennung<br />

der Sehne von der Sklera muss gewährleistet<br />

sein. Übliche Rücklagerungsstrecken<br />

liegen um 10 mm, von der Vorderkante<br />

der Insertion gemessen. Die Sehne<br />

kommt dann nasal <strong>des</strong> Rectus superior<br />

zum Liegen. Die Refixation darf nicht zu<br />

limbusnah erfolgen (Orientierungswert:<br />

13 mm Limbusabstand), um kein Senkungsdefizit<br />

in Abduktion zu induzieren.<br />

Kunststoff-Interponate [39; 40] sollen die<br />

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M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

(unter Umständen gar nicht erwünschte)<br />

differenzierte Kraftübertragung auf die<br />

normale Sehneninsertion gewährleisten,<br />

bergen aber Komplikationsrisiken <strong>und</strong><br />

lassen keinen Vorteil erkennen, der diese<br />

Risiken rechtfertigt. Die Tatsache, dass<br />

ein <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> durch<br />

eine großstreckige, korrekt durchgeführte<br />

Obliquus-superior-Rücklagerung in manchen<br />

Fällen nur gering beeinflusst wird,<br />

zeigt, dass die Störung nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

auf einer Obliquus-superior-Überaktivität<br />

basiert, denn in dem Fall wäre ein starker<br />

Effekt zu erwarten. Bei zu geringem<br />

Operationseffekt kommt als Zweiteingriff<br />

die Faltung bzw. Vorlagerung <strong>des</strong> ipsilateralen<br />

Obliquus inferior in Zugrichtung<br />

<strong>des</strong> Muskels (mit stärkerer zyklorotatorischer<br />

Wirkung) oder eine Rücklagerung<br />

<strong>des</strong> kontralateralen Rectus superior (mit<br />

geringerer zyklorotatorischer Wirkung)<br />

in Betracht. Die Obliquus-inferior-Vorlagerung<br />

wurde auch als Ersteingriff beschrieben<br />

[9]. In ausgeprägten Fällen ist<br />

eine primäre kombinierte Obliquusoperation<br />

sinnvoll. Eine völlige Normalisierung<br />

<strong>des</strong> Motilitätsmusters ist bei gering<br />

ausgeprägter Störung möglich, bei ausgeprägten<br />

Formen können die Schielwinkel<br />

reduziert werden, was häufig für ein<br />

beschwerdefreies Binokularsehen im Gebrauchsblickfeld<br />

genügt.<br />

demonstrates reduced inferior oblique muscle size in<br />

isolated inferior oblique palsy. J AAPOS 12: 602-607<br />

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Z prakt Augenheilkd 24: 289-294<br />

Bei Vorliegen eines typischen<br />

<strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

ist die Obliquus-superior-Rücklagerung<br />

der Eingriff der ersten<br />

Wahl,<br />

Bei zu geringem Operationseffekt<br />

kommt als Zweiteingriff die<br />

Faltung bzw. Vorlagerung <strong>des</strong><br />

ipsilateralen Obliquus inferior in<br />

Zugrichtung <strong>des</strong> Muskels oder<br />

eine Rücklagerung <strong>des</strong> kontralateralen<br />

Rectus superior in<br />

Betracht.<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009) 353


M. Gräf, B. Lorenz: <strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. M. Gräf<br />

UKGM Standort Gießen<br />

Univ.-Augenklinik<br />

Friedrichstr. 18<br />

35392 Gießen<br />

E-mail: michael.h.graef@<br />

augen.med.uni-giessen.de<br />

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354 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 345 - 354 (2009)


Welche Aussage zum <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

trifft nicht zu?<br />

I. Die Ätiologie <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist<br />

heterogen.<br />

II. Der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist mit einem<br />

Tieferstand <strong>des</strong> betroffenen Auges beim Blick zur<br />

Gegenseite verb<strong>und</strong>en.<br />

III. Der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist mit einer<br />

Inzyklodeviation verb<strong>und</strong>en.<br />

IV. Der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist mit einer<br />

Exzyklodeviation verb<strong>und</strong>en.<br />

V. Der <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist mit einer<br />

A-Inkomitanz verb<strong>und</strong>en.<br />

a) I ist falsch<br />

b) II ist falsch<br />

c) III ist falsch<br />

d) IV ist falsch<br />

e) V ist falsch<br />

Welche Aussagen sind richtig?<br />

Das Brown-Syndrom ist gekennzeichnet durch:<br />

I. Hebungsdefizit in Adduktion<br />

II. A-Inkomitanz<br />

III. Hebung in Adduktion auch intraoperativ eingeschränkt<br />

IV. Exzyklodeviation<br />

V. Senkungsdefizit in Abduktion<br />

a) I ist richtig<br />

b) I <strong>und</strong> III sind richtig<br />

c) I, II <strong>und</strong> III sind richtig<br />

d) III ist richtig<br />

e) I, III, IV <strong>und</strong> V sind richtig<br />

Welche Augenmuskeln werden im Rahmen der<br />

physiologischen okulären Gegenrollung bei Kopfneigung<br />

nach rechts aktiviert?<br />

I. Rectus <strong>und</strong> Obliquus superior rechts<br />

II. Rectus <strong>und</strong> Obliquus superior links<br />

Fragen zur CME-Fortbildung<br />

Fragen zum Artikel „<strong>Pathophysiologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong>“<br />

Pro Frage ist jeweils nur eine Antwort möglich. An der zertifizierten Fortbildung der ZPA können ausschließlich Abonnenten teilnehmen.<br />

Im Zweifelsfall ist dies anhand der K<strong>und</strong>ennummer auf dem Adressaufkleber zu erkennen, die sich zwischen zwei * über der Adresse<br />

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cme.kaden-verlag.de unter der Rubrik „Registrieren“ eingesehen werden.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

III. Rectus <strong>und</strong> Obliquus inferior rechts<br />

IV. Rectus <strong>und</strong> Obliquus inferior links<br />

V. Rectus superior <strong>und</strong> Obliquus inferior rechts<br />

a) I ist richtig<br />

b) II ist richtig<br />

c) I <strong>und</strong> IV sind richtig<br />

d) I <strong>und</strong> V sind richtig<br />

e) V ist richtig<br />

Welcher Muskel trägt in Adduktion am stärksten zur<br />

Hebung <strong>des</strong> Auges bei?<br />

I. Rectus superior<br />

II. Rectus inferior<br />

III. Obliquus superior<br />

IV. Obliquus inferior<br />

V. Rectus medialis<br />

a) I ist richtig<br />

b) II ist richtig<br />

c) III ist richtig<br />

d) IV ist richtig<br />

e) V ist richtig<br />

Welche der Aussagen sind richtig?<br />

Beim <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> nimmt das<br />

Höhenschielen typischerweise zu bei:<br />

I. Adduktion <strong>des</strong> „betroffenen“ Auges<br />

(Blick zur Gegenseite)<br />

II. Abduktion <strong>des</strong> „betroffenen“ Auges<br />

III. Kopfneigung zur Gegenseite<br />

IV. beim Blick nach oben<br />

V. Fixation mit dem nicht betroffenen Auge<br />

a) I ist richtig<br />

b) II ist richtig<br />

c) I <strong>und</strong> III sind richtig<br />

d) I <strong>und</strong> IV sind richtig<br />

e) I <strong>und</strong> V sind richtig<br />

Z. prakt. Augenheilkd. 30: 355 - 356 (2009) 355<br />

4<br />

5


Fragen zur CME-Fortbildung<br />

6 Welche der Aussagen ist richtig? Eine Retraktion <strong>des</strong><br />

Auges bei Adduktion tritt auf beim:<br />

9<br />

I. Brown-Syndrom<br />

II. <strong>Strabismus</strong> sursoadductorius<br />

III. <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong><br />

IV. Stilling-Türk-Duane-Syndrom<br />

V. Kopfneigephänomen<br />

a) I ist richtig<br />

b) II ist richtig<br />

c) III ist richtig<br />

d) IV ist richtig<br />

e) V ist richtig<br />

7<br />

Welche der Aussagen sind richtig? Die operative<br />

Behandlung bei <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> erfolgt<br />

vorteilhaft durch:<br />

I. Rücklagerung <strong>des</strong> Obliquus superior<br />

II. Rücklagerung <strong>des</strong> Obliquus inferior<br />

III. Faltung/Vorlagerung <strong>des</strong> Obliquus inferior<br />

IV. Faltung/Vorlagerung <strong>des</strong> Obliquus superior<br />

V. evtl. Rücklagerung <strong>des</strong> kontralateralen Rectus superior<br />

a) I ist richtig<br />

b) II ist richtig<br />

c) I <strong>und</strong> III sind richtig<br />

d) III ist richtig<br />

e) I, III <strong>und</strong> V sind richtig<br />

8<br />

Welche der Aussagen sind richtig? Die operative <strong>Therapie</strong><br />

bei <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> ist indiziert bei:<br />

I. störender kompensatorischer Kopfhaltung<br />

II. störender Diplopie<br />

III. störender Diplopie im Seitblick<br />

IV. asthenopischen Beschwerden (wie z. B. Kopfschmerzen),<br />

die unter diagnostischer Okklusion verschwinden<br />

V. störende A-Inkomitanz mit Exotropie im Abblick<br />

a) I, II <strong>und</strong> IV sind richtig<br />

b) I, II <strong>und</strong> V sind richtig<br />

c) II <strong>und</strong> III sind richtig<br />

d) I-IV sind richtig<br />

e) Alle sind richtig<br />

Welche der Aussagen sind richtig? Als mögliche Ursachen<br />

eines <strong>Strabismus</strong> <strong>deorsoadductorius</strong> werden diskutiert:<br />

I. Kontraktur <strong>des</strong> kontralateralen Rectus superior<br />

II. Narben nach orbitalem Trauma<br />

III. Supranukleäre Störungen<br />

IV. Exzyklotorsion <strong>des</strong> Auges oder der Orbita<br />

V. Parese oder Paralyse <strong>des</strong> kontralateralen Rectus<br />

inferior<br />

a) I-III sind richtig<br />

b) I-IV sind richtig<br />

c) Alle sind richtig<br />

d) I, II, III <strong>und</strong> V sind richtig<br />

e) IV ist richtig<br />

Welche der Aussagen sind richtig? Ein <strong>Strabismus</strong><br />

<strong>deorsoadductorius</strong> tritt gehäuft auf bei:<br />

I. Kindern mit Arnold-Chiari-Malformation<br />

II. Kindern mit Hydrozephalus<br />

III. Kindern mit Obliquus-superior-Überaktivität bei<br />

manifesten Horizontalschielformen oder zentralen<br />

Läsionen<br />

IV. Endokriner Orbitopathie<br />

V. Myelomeningozele<br />

a) I <strong>und</strong> II sind richtig<br />

b) I-III sind richtig<br />

c) Alle sind richtig<br />

d) I, II, III <strong>und</strong> V sind richtig<br />

e) Keine der Antworten ist richtig<br />

356 Z. prakt. Augenheilkd. 30: 355 - 356 (2009)<br />

10<br />

1d, 2b, 3c, 4a, 5c, 6d, 7e, 8e, 9b, 10d<br />

Die Lösungen zu der CME-Fortbildungseinheit lauten:

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