Zur Broschüre - ver.di Gute Arbeit
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Doch hierfür müssen sich Beschäftigte<br />
und <strong>di</strong>e betriebliche Interessen<strong>ver</strong>tretung<br />
schon engagiert einsetzen.<br />
Wir glauben: Kranke Menschen wollen<br />
nicht wie Autos am Fließband von<br />
einem Heer an Personal <strong>ver</strong>sorgt werden,<br />
das immer kleinere Handgriffe<br />
zu den jeweils geringsten Lohnkosten<br />
und gerade noch zulässiger geringster<br />
Qualifikation <strong>ver</strong>richtet. <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> hält eine<br />
ganzheitliche Kranken<strong>ver</strong>sorgung im<br />
Interesse von Patient/innen und Beschäftigten<br />
für notwen<strong>di</strong>g. Vor allem<br />
für Schwerkranke sowie für ältere Patient/innen<br />
geht es dabei nicht nur um<br />
persönliche Zuwendung, sondern um<br />
Sicherheit.<br />
Gefährdungsbereiche und<br />
Gestaltungsansätze<br />
Es sind drei Handlungsbereiche zu<br />
unterscheiden:<br />
1. Stimmt <strong>di</strong>e Personalmenge und ist <strong>di</strong>e<br />
Zeit so bemessen, dass es tatsächlich<br />
zur Entlastung kommt?<br />
2. Stimmt <strong>di</strong>e Abgrenzung der Berufe<br />
und Tätigkeiten oder werden Berufe<br />
zerstört, ohne sinnvolle neue zu<br />
schaffen?<br />
3. Stimmen Qualifizierung und Verantwortlichkeiten?<br />
■ Personalmenge: Wird Pflegepersonal<br />
ausgedünnt und werden mehr Hilfskräfte<br />
beschäftigt, bedeutet das für <strong>di</strong>e<br />
<strong>ver</strong>bliebenen Pflegebeschäftigten mehr<br />
Anleitung von Auszubildenden haben<br />
examinierte Pflegekräfte schon jetzt zu<br />
wenig Zeit – <strong>di</strong>ese Zeit wird noch knapper.<br />
Der Abstimmungsbedarf zwischen<br />
Pflege und neuen Assistenz- und Servicekräften<br />
wird größer – dafür muss<br />
Zeit eingeplant werden. Auch <strong>di</strong>e neuen<br />
Beschäftigtengruppen stehen in der Gefahr,<br />
dass für ihre Aufgaben zu wenig<br />
Personal eingestellt wird.<br />
Das »Holen aus dem Frei« muss auch<br />
für <strong>di</strong>ese Berufsgruppen ausgeschlossen<br />
werden. Alle Beschäftigten müssen ihre<br />
<strong>Arbeit</strong> innerhalb der Regelarbeitszeit<br />
schaffen können. Eine Umorganisation,<br />
an deren Ende der Stress für <strong>di</strong>e betroffenen<br />
Beschäftigten größer ist, ist nicht<br />
zu akzeptieren.<br />
■ Berufsbild und Abgrenzung der<br />
Tätigkeiten: Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten<br />
müssen so abgegrenzt<br />
werden, dass ganzheitliche Pflege und<br />
<strong>di</strong>e Qualität der Patienten<strong>ver</strong>sorgung erhalten<br />
bleiben. Es droht <strong>di</strong>e reine Funktionspflege.<br />
Die <strong>Arbeit</strong> wird für <strong>di</strong>e Pflegefachkräfte<br />
<strong>ver</strong><strong>di</strong>chtet, weil einfachere<br />
Tätigkeiten für sie wegfallen. Es kommt<br />
<strong>di</strong>e fachliche Anleitung von Assistenzpersonal<br />
und Servicekräften und Verantwortung<br />
für deren Tätigkeit hinzu. Leitungstätigkeit<br />
bringt eine Aufwertung<br />
der eigenen Rolle, bedeutet aber auch<br />
mehr Belastung.<br />
Klar abgrenzbare hauswirtschaftliche,<br />
organisatorische oder <strong>ver</strong>waltungsbezo-<br />
Dienst zu ungünstigen Zeiten. Für <strong>di</strong>e gene Unterstützung ist weniger proble-<br />
■24 Neue <strong>Arbeit</strong>steilung<br />
Neue <strong>Arbeit</strong>steilung<br />
■ 25<br />
RENATE STIEBITZ (2)<br />
matisch. Die Herauslösung pflegerischer<br />
und me<strong>di</strong>zinischer Spezialhandgriffe<br />
hingegen führt zum schleichenden Verfall<br />
des Pflegeberufs und damit zu einer<br />
Gefährdung der Kranken<strong>ver</strong>sorgung.<br />
Beschäftigten in vom <strong>Arbeit</strong>geber<br />
gebastelten Tätigkeitsbildern ist ein<br />
<strong>Arbeit</strong>geberwechsel erschwert – ihre<br />
Qualifizierung wird anderswo nicht anerkannt.<br />
Auch berufliche Entwicklung<br />
und innerbetrieblicher Aufstieg werden<br />
unmöglich, wenn <strong>di</strong>e Basisqualifikation<br />
zu dünn ist. Weniger problematisch sind<br />
dagegen Zusatzqualifikationen, <strong>di</strong>e auf<br />
abgeschlossenen Berufsausbildungen<br />
aufbauen.<br />
■ Qualifizierung und Verantwortlichkeiten:<br />
Voraussetzung für eine Umorganisation<br />
ist, dass alle beteiligten Beschäftigten<br />
für ihre Aufgaben anfangs<br />
umfassend qualifiziert und später angemessen<br />
fortgebildet werden. Haftungsund<br />
Schadensersatzfragen sowie strafrechtliche<br />
Risiken dürfen nicht auf <strong>di</strong>e<br />
Beschäftigten abgewälzt werden.<br />
Handlungsmöglichkeiten<br />
Bei organisatorischen Änderungen<br />
sind <strong>di</strong>e Betriebsräte, Personalräte oder<br />
Mitarbeiter<strong>ver</strong>tretungen nach den jeweiligen<br />
Rechtsgrundlagen zu beteiligen.<br />
Droht eine besondere <strong>Arbeit</strong>sbelastung,<br />
ist eine Gefährdungsanalyse nach dem<br />
<strong>Arbeit</strong>sschutzgesetz nötig. Personalplanung,<br />
Qualifizierungsmaßnahmen –<br />
viele Handlungsbereiche der Interessen<strong>ver</strong>tretung<br />
sind berührt und damit Einflussmöglichkeiten<br />
gegeben.<br />
Wir raten, Anforderungsprofile mit<br />
Beschäftigten zusammen zu entwickeln,<br />
Qualifikationsbedarfe (auch für <strong>di</strong>e<br />
Servicekräfte) zu ermitteln und Fortbildungspläne<br />
<strong>ver</strong>bindlich zu <strong>ver</strong>einbaren.<br />
Zuvor sollte berechnet sein, ob mit dem<br />
vorhandenen/geplanten Personal ein<br />
24-Stunden-365-Tage-Betrieb ohne<br />
Überstunden zu leisten ist (24-365-Test,<br />
siehe Kapitel 5). Haftungsfragen müssen<br />
geklärt sein und <strong>di</strong>e Beschäftigten müssen<br />
ihre haftungs- und strafrechtlichen<br />
Risiken kennen.