C. Ammer Tagung der Sektion Waldbau 2008 in Göttingen S. Höllerl ...

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forstarchiv Forstwissenschaftliche Fachzeitschrift | Archive of Forest Science ISSN 0300-4112 80. Jahrgang (1), 1–32 Januar | Februar 2009 www.forstarchiv.de C. Ammer Tagung der Sektion Waldbau 2008 in Göttingen S. Höllerl Berücksichtigung finanzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen – eine Fallstudie für reine Fichtenbestände in der Bergmischwaldzone A. Schmiedinger, M. Bachmann, C. Kölling und R. Schirmer Verfahren zur Auswahl von Baumarten für Anbauversuche vor dem Hintergrund des Klimawandels S. Heinrichs und W. Schmidt Vom Fichtenrein- zum Mischbestand: Welchen Beitrag leisten Strauchund Krautschicht zum Erhalt von Ökosystemfunktionen? Kurzbeiträge forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14

forstarchiv<br />

Forstwissenschaftliche Fachzeitschrift | Archive of Forest Science<br />

ISSN 0300-4112<br />

80. Jahrgang (1), 1–32<br />

Januar | Februar 2009<br />

www.forstarchiv.de<br />

C. <strong>Ammer</strong><br />

<strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> <strong>2008</strong> <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen<br />

S. Höllerl<br />

Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen<br />

Entscheidungen – e<strong>in</strong>e Fallstudie für re<strong>in</strong>e Fichtenbestände <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Bergmischwaldzone<br />

A. Schmied<strong>in</strong>ger, M. Bachmann, C. Köll<strong>in</strong>g und R. Schirmer<br />

Verfahren zur Auswahl von Baumarten für Anbauversuche vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund des Klimawandels<br />

S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt<br />

Vom Fichtenre<strong>in</strong>- zum Mischbestand: Welchen Beitrag leisten Strauchund<br />

Krautschicht zum Erhalt von Ökosystemfunktionen?<br />

Kurzbeiträge<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


forstarchiv<br />

Forstwissenschaftliche Fachzeitschrift | Archive of Forest Science<br />

80. Jahrgang (1), 1–32<br />

Januar | Februar 2009<br />

www.forstarchiv.de<br />

Inhalt<br />

C. <strong>Ammer</strong><br />

<strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> <strong>2008</strong> <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen ...................................................................................................................................................3<br />

S. Höllerl<br />

Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen – e<strong>in</strong>e Fallstudie für re<strong>in</strong>e Fichtenbestände<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergmischwaldzone ....................................................................................................................................................................................4<br />

A. Schmied<strong>in</strong>ger, M. Bachmann, C. Köll<strong>in</strong>g und R. Schirmer<br />

Verfahren zur Auswahl von Baumarten für Anbauversuche vor dem H<strong>in</strong>tergrund des Klimawandels................................................................... 15<br />

S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt<br />

Vom Fichtenre<strong>in</strong>- zum Mischbestand: Welchen Beitrag leisten Strauch- und Krautschicht zum Erhalt von Ökosystemfunktionen?....................... 23<br />

Kurzbeiträge................................................................................................................................................................................................ 29<br />

Wissenschaftlicher Beirat | Editorial Board<br />

Prof. Dr. Thomas Knoke<br />

Fachgebiet für Wald<strong>in</strong>ventur und nachhaltige Nutzung<br />

Technische Universität München<br />

Am Hochanger 13 | 85354 Freis<strong>in</strong>g<br />

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Wilhelms-Universität Münster<br />

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Prof. Konstant<strong>in</strong> von TeuFfel<br />

Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg<br />

Postfach 708 | 79007 Freiburg<br />

Schriftleitung | Manag<strong>in</strong>g Editor<br />

Dr. Norbert Bartsch<br />

Abteilung für <strong>Waldbau</strong> und Waldökologie <strong>der</strong> gemäßigten Zonen<br />

Georg-August-Universität Gött<strong>in</strong>gen<br />

Büsgenweg 1 | 37077 Gött<strong>in</strong>gen<br />

Tel.: 0551-393676<br />

E-Mail: n.bartsch@forst.uni-goett<strong>in</strong>gen.de<br />

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Schriftleitung: Dr. Norbert Bartsch<br />

Abteilung für <strong>Waldbau</strong> und Waldökologie <strong>der</strong><br />

gemäßigten Zonen<br />

Büsgenweg 1, 37077 Gött<strong>in</strong>gen<br />

Telefon 0551 393676<br />

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Verlagsleitung: Klaus Krause<br />

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<strong>in</strong> Deutsch und Englisch. Artikel sollen<br />

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meisten naturwissenschaftlichen Zeit schriften<br />

wird je<strong>der</strong> Beitrag von zwei Fach gutachtern<br />

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2. Dauer <strong>der</strong> Rechte: In Erweiterung von<br />

§ 38 UrhG räumt <strong>der</strong> Verfasser hiermit dem<br />

Verlag das ausschließliche Verlagsrecht<br />

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(alternativ: für die Dauer von 3 Jahren ab<br />

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3. Umfang <strong>der</strong> Rechte: Der Verfasser räumt<br />

dem Verlag auch die folgenden Nutzungsrechte<br />

e<strong>in</strong>:<br />

a) Das Recht zur Übersetzung <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Sprachen sowie das Recht zur sonstigen<br />

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Aufbereitung zum Zwecke<br />

<strong>der</strong> Nutzung <strong>in</strong> neuen Medien wie<br />

Bildschirmtext, Videotext, Datenbanken<br />

und dgl. sowie zur Erstellung von<br />

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und dgl.<br />

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und zu sonstiger Vervielfältigung,<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch Fotokopie, sowie<br />

die von <strong>der</strong> VG Wort wahrgenommenen<br />

Rechte e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Vergütungsansprüche.<br />

c) Das Recht zur Aufzeichnung auf Bildund<br />

Tonträger sowie auf masch<strong>in</strong>enlesbare<br />

Datenträger, ferner das Recht<br />

zur elektronischen Speicherung <strong>in</strong><br />

Datenbanken sowie zur Ausgabe <strong>in</strong><br />

körperlicher und unkörperlicher Form.<br />

d) Das Recht zur öffentlichen Wie<strong>der</strong>gabe<br />

<strong>in</strong> unkörperlicher Form und das Recht<br />

zur Weitergabe <strong>der</strong> dem Verlag e<strong>in</strong>geräumten<br />

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Druck: Buchdruckerei P. Dobler GmbH & Co<br />

KG, 31061 Alfeld (Le<strong>in</strong>e).<br />

Die Titel des Verlagsbereichs<br />

Technik-Medien:<br />

• B<strong>in</strong><strong>der</strong>eport<br />

• Die Industrie <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>e + Erden<br />

• Forstarchiv<br />

• Forst und Holz<br />

• Ste<strong>in</strong>bruch und Sandgrube<br />

• Logistikwelt


C. <strong>Ammer</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong><br />

Die <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> im Deutschen Verband Forstlicher Forschungsanstalten<br />

wurde am 13. September 1985 <strong>in</strong> Altdorf bei Landshut<br />

auf Anregung von Professor Dr. Ernst Röhrig mit <strong>der</strong> Zielsetzung<br />

gegründet, den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen<br />

Forschungse<strong>in</strong>richtungen zu verbessern und Forschungsvorhaben<br />

besser aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abzustimmen. Daneben sollen die regelmäßigen<br />

Treffen dem gegenseitigen Kennenlernen und <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses dienen. Initiiert von den vormaligen<br />

Obmännern, Dr. Walter E<strong>der</strong> und Prof. Dr. Re<strong>in</strong>hard Mosandl, hat<br />

die <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> außer geme<strong>in</strong>samen Forschungsvorhaben (z. B.<br />

Saatversuche <strong>in</strong> mehreren Bundeslän<strong>der</strong>n) die Entwicklung von Methodenleitfäden<br />

auf den Weg gebracht. Auf Anregung von Prof. Dr.<br />

Manfred Schölch, FH Weihenstephan, wurde zudem e<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe<br />

gegründet, die das bislang vorliegende Wissen zum Anbau<br />

nicht-heimischer Baumarten zusammenträgt.<br />

Nach 12 Jahren traf sich die <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> <strong>der</strong> Deutschen<br />

Forstlichen Forschungs- und Versuchsanstalten im September <strong>2008</strong><br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen. Ausrichter<strong>in</strong> war, wie bei <strong>der</strong> letztmaligen <strong>Tagung</strong><br />

<strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen im Jahr 1996, die Nordwestdeutsche Forstliche<br />

Versuchsanstalt (NW-FVA). Die <strong>Tagung</strong> fand unmittelbar vor dem<br />

vom Leiter <strong>der</strong> NW-FVA, Prof. Dr. Hermann Spellmann, <strong>in</strong>itiierten<br />

Buchen-Symposium statt. Dieses hatte das Ziel, e<strong>in</strong>en ständigen Dialog<br />

von Forstbetrieben, Holz<strong>in</strong>dustrie und Naturschutz über den<br />

Umgang mit Buchenwäl<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Deutschland anzustoßen (<strong>Tagung</strong>sband:<br />

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt. Ergebnisse angewandter<br />

Forschung zu Buche. Beiträge aus <strong>der</strong> Nordwestdeutschen<br />

Forstlichen Versuchsanstalt Band 3, Universitätsdrucke Gött<strong>in</strong>gen).<br />

Bei <strong>der</strong> dem Symposium vorausgehenden <strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong><br />

<strong>Waldbau</strong> standen die fachlichen Vorträge im Vor<strong>der</strong>grund, es wurden<br />

jedoch auch e<strong>in</strong>ige weitreichende Beschlüsse gefasst.<br />

Die erste Neuerung, die mehrheitlich beschlossen wurde, betrifft<br />

die Veröffentlichung <strong>der</strong> <strong>Tagung</strong>sbeiträge. Diese erfolgte bisher <strong>in</strong><br />

Form e<strong>in</strong>es jeweils vom Veranstalter zusammengestellten <strong>Tagung</strong>sbandes,<br />

<strong>der</strong> jedoch stets nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Auflage hergestellt wurde und<br />

daher nur e<strong>in</strong>e sehr ger<strong>in</strong>ge Verbreitung hatte. Gleichzeitig beklagten<br />

seit Jahren viele Vortragende die Doppelbelastung, die dann entsteht,<br />

wenn sie den Inhalt ihrer Beiträge nicht nur für den <strong>Tagung</strong>sband<br />

aufbereiten, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen Zeitschrift publizieren<br />

wollten. Aus diesen Gründen werden zukünftig, beg<strong>in</strong>nend<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Tagung</strong> <strong>2008</strong>, die auf <strong>der</strong> <strong>Tagung</strong> präsentierten Befunde und<br />

Betrachtungen im Forstarchiv veröffentlicht. Dabei obliegt es den<br />

Autoren, zu entscheiden, <strong>in</strong> welcher Form dies geschehen soll. Den<br />

Regelfall stellen Aufsätze dar, die, wie alle an<strong>der</strong>en zur Veröffentlichung<br />

e<strong>in</strong>gereichten Artikel, begutachtet und, falls sie angenommen<br />

werden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em im Nachgang <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong>stagung ersche<strong>in</strong>enden<br />

Themenheft „<strong>Waldbau</strong>“ publiziert werden. Wenn Manuskripte nicht<br />

akzeptiert werden können o<strong>der</strong> wenn Vortragende davon absehen,<br />

e<strong>in</strong>en wissenschaftlichen Orig<strong>in</strong>albeitrag e<strong>in</strong>zureichen, werden Kurzfassungen<br />

aufgenommen (s. Kurzbeiträge <strong>in</strong> diesem Heft), sodass<br />

sämtliche <strong>Tagung</strong>sbeiträge im Themenheft dokumentiert s<strong>in</strong>d.<br />

Zweitens war man sich darüber e<strong>in</strong>ig, zukünftig die Naturwaldforschung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> stärker zu berücksichtigen. Dies soll sich<br />

konkret dar<strong>in</strong> äußern, dass bei künftigen <strong>Tagung</strong>en <strong>in</strong> regelmäßigen<br />

Abständen <strong>der</strong> Präsentation von Ergebnissen <strong>der</strong> Naturwaldforforstarchiv<br />

80, 3 (2009)<br />

DOI 10.237603004112-<br />

80-3<br />

© M. & H. Schaper<br />

GmbH<br />

ISSN 0300-4112<br />

Korrespondenzadresse:<br />

christian.ammer@forst.<br />

uni-goett<strong>in</strong>gen.de<br />

<strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> <strong>2008</strong> <strong>in</strong> Gött<strong>in</strong>gen<br />

Christian <strong>Ammer</strong><br />

Obmann <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> im Deutschen Verband Forstlicher Forschungsanstalten (DVFFA)<br />

Abteilung <strong>Waldbau</strong> und Waldökologie <strong>der</strong> gemäßigten Zonen, Georg-August-Universität Gött<strong>in</strong>gen, Büsgenweg1,<br />

D-37077 Gött<strong>in</strong>gen<br />

schung und <strong>der</strong> Ableitung von Schlussfolgerungen für die Waldbewirtschaftung<br />

e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Gewicht gegeben wird (siehe hierzu<br />

Kurzbeitrag von Peter Meyer).<br />

Die <strong>Tagung</strong> <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> 2009 wird erstmals mit dem<br />

Schwerpunkt Naturwaldforschung <strong>in</strong> Kooperation mit <strong>der</strong> Projektgruppe<br />

Naturwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Forste<strong>in</strong>richtung abgehalten.<br />

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, <strong>in</strong> Person<br />

von Dr. Peter Meyer, hat sich erneut bereit erklärt, die Organisation<br />

<strong>der</strong> <strong>Tagung</strong> zu übernehmen.<br />

Die <strong>Tagung</strong> wird am 07. und 08. September 2009 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Akademie <strong>in</strong> Hofgeismar bei Kassel stattf<strong>in</strong>den. Damit ist die<br />

<strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> nach 19 Jahren wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Hessen zu Gast.<br />

Die <strong>Tagung</strong> beg<strong>in</strong>nt am Montag, dem 07. September, mit Vorträgen<br />

zum Themenschwerpunkt „Naturwaldforschung als Grundlage<br />

für den <strong>Waldbau</strong>“. Am Nachmittag ist e<strong>in</strong>e Exkursion <strong>in</strong> den Re<strong>in</strong>hardswald<br />

vorgesehen. Am Dienstag, dem 08. September, können je<br />

nach Vortragsanmeldungen thematisch frei gewählte Präsentationen<br />

gehalten o<strong>der</strong> kann <strong>der</strong> Schwerpunkt fortgesetzt werden. Die <strong>Tagung</strong><br />

schließt mit <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong>sangelegenheiten am Mittag<br />

ab.<br />

Weitere Informationen zur <strong>Tagung</strong> 2009 und das Anmeldeformular<br />

enthält die Homepage <strong>der</strong> <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong>:<br />

http://www.uni-goett<strong>in</strong>gen.de/de/77585.html<br />

Die um 1865 im Re<strong>in</strong>hardswald angelegten sogenannten Buchen-Klumpspflanzungen<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>malig <strong>in</strong> Deutschland und von hoher kulturhistorischer und naturschutzfachlicher<br />

Bedeutung (Foto: Marcus Schmidt).<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 3<br />

3


Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

S. Höllerl<br />

forstarchiv 80, 4–14<br />

(2009)<br />

DOI 10.237603004112-<br />

80-4<br />

© M. & H. Schaper<br />

GmbH<br />

ISSN 0300-4112<br />

Korrespondenzadresse:<br />

hoellerls@forst.tumuenchen.de<br />

E<strong>in</strong>gegangen:<br />

10.12.<strong>2008</strong><br />

Angenommen:<br />

16.01.2009<br />

Kurzfassung<br />

Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen<br />

Entscheidungen – e<strong>in</strong>e Fallstudie für re<strong>in</strong>e Fichtenbestände<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergmischwaldzone<br />

Consi<strong>der</strong>ation of f<strong>in</strong>ancial aspects <strong>in</strong> silvicultural decisions – a case study on pure spruce stands <strong>in</strong> the<br />

montane mixed forest zone<br />

Sebastian Höllerl<br />

Lehrstuhl für <strong>Waldbau</strong>, Technische Universität München (TUM), Am Hochanger 13, D-85354 Freis<strong>in</strong>g<br />

Der <strong>Waldbau</strong> ist e<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong>, die von jeher auf die Entscheidungsunterstützung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Waldbewirtschaftung ausgerichtet<br />

ist, und er <strong>in</strong>tegriert deshalb verschiedene Aspekte. Gerade die Verschränkung von naturalen und f<strong>in</strong>anziellen Forschungsansätzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong>wissenschaft wird immer wichtiger, da die Bedeutung <strong>der</strong> Knappheit von Mitteln im Forstbereich<br />

zunimmt. Es wird deshalb anhand e<strong>in</strong>es Fallbeispiels gezeigt, wie <strong>in</strong> waldbaulichen Studien f<strong>in</strong>anzielle Aspekte umfassend<br />

berücksichtigt werden können.<br />

E<strong>in</strong>e Untersuchung zur Stabilität von re<strong>in</strong>en Fichtenbeständen <strong>in</strong> <strong>der</strong> montanen Stufe war zu dem Ergebnis gekommen,<br />

dass Steigerungen von Resistenz und Elastizität dieser Bestände nur durch sehr frühe waldbauliche E<strong>in</strong>griffe erreicht werden<br />

können. Nachdem diese frühen E<strong>in</strong>griffe im Gebirge oft defizitär ausfallen und deshalb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis oft nicht durchgeführt<br />

werden, wurden die f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen solcher Maßnahmen mit Methoden <strong>der</strong> Investitionsrechnung bewertet. Zwei<br />

Szenarien „Bestand behandeln“ und „Bestand nicht behandeln“ wurden h<strong>in</strong>sichtlich ihrer f<strong>in</strong>anziellen Vorteilhaftigkeit mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verglichen. Dabei wurde zusätzlich berücksichtigt, welche Auswirkungen 6 unterschiedlich teure Holzernteverfahren<br />

(Harvester, komb<strong>in</strong>iert, Vollbaum, Schlepper, Seil bergauf und Seil bergab) auf diesen Vergleich haben. Beim Szenario<br />

„unbehandelt“ wurde außer <strong>der</strong> Kulturbegründung lediglich e<strong>in</strong>e fiktive Ernte im Alter 100 Jahre unterstellt, beim Szenario<br />

„behandelt“ g<strong>in</strong>g man zusätzlich von Durchforstungse<strong>in</strong>griffen im Bestandesalter von 40, 60 und 80 Jahren aus. Zur Bewertung<br />

<strong>der</strong> beiden Optionen wurden Kapitalwerte berechnet. Mittels Monte-Carlo-Simulationen wurde auch das Ausfallrisiko<br />

<strong>der</strong> Bestände aufgrund von Schneebruch, Sturmwurf o<strong>der</strong> Insektenschäden berücksichtigt. Die abschließende Wertung h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Vorteilhaftigkeit e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> beiden Handlungsoptionen wurde anhand <strong>der</strong> Entscheidungspr<strong>in</strong>zipien<br />

-Regel und Stochastische Dom<strong>in</strong>anz durchgeführt. Beide Methoden führten <strong>in</strong> den meisten Fällen zu dem Ergebnis,<br />

dass unter Berücksichtigung von Risiken die Variante „behandelt“ f<strong>in</strong>anziell vorteilhafter abschneidet als die Variante „unbehandelt“.<br />

Insofern spricht nicht nur <strong>der</strong> Stabilitätsaspekt, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anzielle Aspekt für e<strong>in</strong>e waldbauliche Behandlung<br />

von Fichtenbeständen <strong>in</strong> <strong>der</strong> montanen Zone.<br />

Das Fallbeispiel zeigt, dass man durch die Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte <strong>in</strong> waldbaulichen Fragestellungen zu e<strong>in</strong>er<br />

umfassen<strong>der</strong>en Entscheidungsunterstützung kommt, als es mit e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> natural ausgerichteten Forschung möglich wäre.<br />

-Regel, Stochastische Dom<strong>in</strong>anz, Überle-<br />

Schlüsselwörter: <strong>Waldbau</strong>, montane Zone, Risiko, Monte-Carlo-Simulation,<br />

benswahrsche<strong>in</strong>lichkeit, Entscheidungsunterstützung<br />

Abstract<br />

The discipl<strong>in</strong>e of silviculture has always been directed towards support<strong>in</strong>g decisions <strong>in</strong> forest management. Therefore it <strong>in</strong>tegrates<br />

several different aspects. Especially at this time where f<strong>in</strong>ancial resources are scarce it is of utmost importance that<br />

natural and f<strong>in</strong>ancial research approaches <strong>in</strong> silviculture are comb<strong>in</strong>ed. A case study will show how f<strong>in</strong>ancial aspects can be<br />

comprehensively taken <strong>in</strong>to account <strong>in</strong> silvicultural studies.<br />

A survey conducted on the stability of pure spruce stands <strong>in</strong> the montane zone has proven that an <strong>in</strong>crease <strong>in</strong> resistance and<br />

elasticity can only be achieved if silvicultural measures are applied to those stands at a very early stage. However, treatments<br />

<strong>in</strong> the montane zone which are carried out at an early stage often generate a deficit. Hence, <strong>in</strong> practice, experts often decide<br />

aga<strong>in</strong>st these treatments. For this reason the f<strong>in</strong>ancial impact of these methods has been evaluated from an <strong>in</strong>vestment po<strong>in</strong>t<br />

of view. There are two options: a stand can be left untreated or it can be treated. These two scenarios have been compared<br />

with regard to their f<strong>in</strong>ancial benefit. In addition 6 different harvest<strong>in</strong>g methods (“Harvester”, “Comb<strong>in</strong>ed”, “Full-Tree Logg<strong>in</strong>g”,<br />

“Skid<strong>der</strong>”, “Cable Yard<strong>in</strong>g Uphill” and “Cable Yard<strong>in</strong>g Downhill”) and their effects on the comparison, due to their<br />

differ<strong>in</strong>g costs have been taken <strong>in</strong>to account. In scenario number one “untreated plots” apart from stand establishment<br />

only a virtual logg<strong>in</strong>g of trees at the age of 100 years has been assumed. In scenario number 2 “treated plots” it has also<br />

been assumed that th<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g measures are carried out <strong>in</strong> the stands at the age of 40, 60 and 80 years. In or<strong>der</strong> to evaluate<br />

both options net present values have been calculated. Due to the deployment of Monte-Carlo simulations it was possible to<br />

<strong>in</strong>corporate cont<strong>in</strong>gency risks caused by snow breakage, w<strong>in</strong>d breakage and <strong>in</strong>sects. The f<strong>in</strong>al assessment with regard to the<br />

f<strong>in</strong>ancial benefits of the two different options has been carried out accord<strong>in</strong>g to the rule and the stochastic dom<strong>in</strong>ance<br />

<strong>in</strong> or<strong>der</strong> to support the decision process. In most cases both methods lead to the conclusion that treated stands generate<br />

a higher f<strong>in</strong>ancial benefit than untreated stands if risks are taken <strong>in</strong>to consi<strong>der</strong>ation. Therefore, stability as well as f<strong>in</strong>ancial<br />

aspects clearly support silvicultural measures of pure spruce stands <strong>in</strong> the montane zone.<br />

The case study shows that the decision-mak<strong>in</strong>g process, with regard to silvicultural measures, is comprehensively supported<br />

and facilitated if f<strong>in</strong>ancial aspects are taken <strong>in</strong>to account. A purely natural bias to research would not support the decisionmak<strong>in</strong>g<br />

process to such an extent.<br />

Key words: silviculture, montane zone, risk, Monte-Carlo simulation,<br />

decision support<br />

rule, stochastic dom<strong>in</strong>ance, survival probability,<br />

4 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


S. Höllerl Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Der <strong>Waldbau</strong> als Kerndiszipl<strong>in</strong> <strong>der</strong> Forstwissenschaft ist von je her auf<br />

die Entscheidungsunterstützung bei <strong>der</strong> Waldbehandlung ausgerichtet<br />

und <strong>in</strong>tegriert dabei verschiedene Aspekte. So schreibt beispielsweise<br />

Liebold (1967): „Gegenstand <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong>wissenschaft ist die<br />

waldbauliche Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, den Wald planmäßig<br />

so an- und aufzubauen, daß die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse<br />

an se<strong>in</strong>en Erzeugnissen nachhaltig <strong>in</strong> möglichst vollkommener Weise<br />

und unter <strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>der</strong> Relation Aufwand zu Ertrag<br />

aus ihm gedeckt werden können. Die methodische Bearbeitung jedes<br />

waldbautechnischen Problems muß deshalb von den methodischen<br />

Grunde<strong>in</strong>heiten Biologie, Ökologie und Ökonomie <strong>in</strong>cl. Technik<br />

ausgehen, soll <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong> nicht um se<strong>in</strong>er selbst Willen betrieben<br />

werden.“<br />

Gerade die Verschränkung von naturalen und f<strong>in</strong>anziellen Forschungsansätzen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong>wissenschaft wird immer wichtiger,<br />

da die Bedeutung knapper Mittel auch im Forstbereich zunimmt.<br />

Haben doch waldbauliche Entscheidungen immer auch f<strong>in</strong>anzielle<br />

Konsequenzen für den Waldbesitzer. Werden diese Konsequenzen<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> waldbaulichen Forschung völlig außer Acht gelassen,<br />

dann s<strong>in</strong>d die erzielten Forschungsergebnisse möglicherweise nicht<br />

mehr entscheidungsrelevant. Mosandl (1997) bezeichnet den <strong>Waldbau</strong><br />

deshalb als e<strong>in</strong> Fachgebiet, das sich von se<strong>in</strong>em Selbstverständnis<br />

her immer zwischen Ökonomie und Ökologie bef<strong>in</strong>det. Auch Baker<br />

(1950) br<strong>in</strong>gt dies <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch “Pr<strong>in</strong>ciples of Silviculture”<br />

deutlich zum Ausdruck: „A knowledge of the nature of forests and<br />

forest trees, how they grow, reproduce and respond to changes <strong>in</strong><br />

their environment, makes up the broad field of forestry called silvics.<br />

This is practically equivalent to the forest ecology of some writers. The<br />

methods of handl<strong>in</strong>g the forest <strong>in</strong> view of its silvics – modified <strong>in</strong><br />

practice by economic factors – is silviculture.”<br />

Anhand des Untersuchungsobjektes “Re<strong>in</strong>e Fichtenbestände <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Bergmischwaldzone” soll hier aufgezeigt werden, wie die Berücksichtigung<br />

f<strong>in</strong>anzieller Aspekte im Rahmen waldbaulicher Forschung<br />

zu e<strong>in</strong>er umfassen<strong>der</strong>en Entscheidungsunterstützung führt, als es mit<br />

e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> natural ausgerichteten Forschung möglich wäre.<br />

Die f<strong>in</strong>anzielle Studie, um die es im Folgenden geht, war Teil e<strong>in</strong>er<br />

umfassenden Untersuchung zur Stabilität von Fichtenre<strong>in</strong>beständen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bergmischwaldzone (Höllerl <strong>in</strong> Vorbereitung). In dieser Zone<br />

bilden im Idealfall Fichte, Buche, Tanne, Bergahorn und weitere<br />

Baumarten stabile Bestände, welche verschiedensten Naturgefahren<br />

wi<strong>der</strong>stehen können. Auf großen Flächen <strong>in</strong> den Bayerischen Alpen<br />

s<strong>in</strong>d diese montanen Bergmischwäl<strong>der</strong> aber aufgrund menschlicher<br />

E<strong>in</strong>flussnahme durch re<strong>in</strong>e Fichtenbestände ersetzt worden. Diese<br />

Monokulturen gelten als <strong>in</strong>stabil und anfällig gegenüber Naturgefahren<br />

wie Schnee, Sturm und Insekten. Es wurde deshalb untersucht,<br />

ob und <strong>in</strong> welchem Umfang waldbauliche Maßnahmen dazu<br />

geeignet s<strong>in</strong>d, die Stabilität <strong>der</strong> Fichtenbestände zu erhöhen. Stabilität<br />

wurde hier im Anhalt an Begon et al. (1991) sowie Grimm<br />

und Wissel (1997) <strong>in</strong> die beiden Aspekte „Resistenz“ und „Elastizität“<br />

unterteilt. Als „Resistenz“ bezeichnet man die Fähigkeit e<strong>in</strong>es<br />

Systems, trotz <strong>der</strong> Anwesenheit von Störungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gleichgewichtszustand<br />

zu verharren. Die „Elastizität“ bezeichnet die Fähigkeit<br />

e<strong>in</strong>es Systems, nach Auftreten e<strong>in</strong>er Störung möglichst schnell<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Ausgangsgleichgewicht zurückzukehren. Demnach war es Ziel<br />

<strong>der</strong> Studie, herauszuf<strong>in</strong>den, ob durch waldbauliche E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die<br />

re<strong>in</strong>en Fichtenbestände <strong>der</strong>en Resistenz und Elastizität gesteigert<br />

werden können.<br />

<strong>Waldbau</strong>liche Maßnahmen im Gebirge s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

mit deutlich höheren Kosten belastet als vergleichbare Maßnahmen<br />

im Flachland. In vielen Fällen resultieren negative Deckungsbeiträge<br />

bei Durchführung dieser Maßnahmen, und somit wird häufig die<br />

Frage gestellt, ob diese E<strong>in</strong>griffe gerechtfertigt s<strong>in</strong>d. Deshalb wurde<br />

zusätzlich zu den naturalen Untersuchungen h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er möglichen<br />

Stabilisierung e<strong>in</strong>e Studie zu den f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen<br />

<strong>der</strong> waldbaulichen E<strong>in</strong>griffe durchgeführt. Insgesamt wurde e<strong>in</strong> dreistufiger<br />

Forschungsansatz verwendet. Der erste Schritt be<strong>in</strong>haltete<br />

Expertenbefragungen mit forstlichen Wirtschaftern. In strukturierten<br />

Interviews wurde sowohl <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>schätzung zur Gefährdung<br />

<strong>der</strong> Bestände abgefragt als auch ihre Me<strong>in</strong>ung zu geeigneten Behandlungsstrategien.<br />

Hier ergaben sich schon e<strong>in</strong>deutige H<strong>in</strong>weise<br />

auf die Relevanz <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen von Behandlungen.<br />

Jungbestandspflege wurde beispielsweise als e<strong>in</strong>e potenzielle Stabilisierungsmaßnahme<br />

genannt, welche aus Kostengründen nicht<br />

durchgeführt werde. Generell wurde empfohlen, Durchforstungsund<br />

Verjüngungsmaßnahmen so früh wie möglich durchzuführen.<br />

Die Befragten gaben aber zu, dass <strong>in</strong> ihrem Handeln e<strong>in</strong> positiver<br />

Deckungsbeitrag e<strong>in</strong> entscheidendes Kriterium für die Durchführung<br />

<strong>der</strong> Maßnahmen sei. Dies sei beson<strong>der</strong>s problematisch <strong>in</strong> den<br />

Bereichen, <strong>in</strong> denen nur e<strong>in</strong>e teure Ernte mit <strong>der</strong> Seilbahn möglich<br />

ist. Hier werde man entsprechend spät tätig.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt wurden anhand von konkreten Waldbeständen<br />

die Effekte von waldbaulichen Maßnahmen auf die Stabilität<br />

geprüft. Die Ergebnisse dieses Untersuchungsschrittes unterstrichen<br />

die Notwendigkeit früher E<strong>in</strong>griffe. E<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Resistenz <strong>der</strong><br />

Altbestände im Zuge von Durchforstungsmaßnahmen ist nur <strong>in</strong> begrenztem<br />

Umfang möglich und vor allem nur dann, wenn man sehr<br />

früh mit den Maßnahmen beg<strong>in</strong>nt. E<strong>in</strong>e Erhöhung <strong>der</strong> Elastizität<br />

<strong>der</strong> Bestände durch För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er gemischten Verjüngung ist <strong>in</strong><br />

größerem Umfang möglich. Aber auch hier muss entsprechend früh<br />

mit den Maßnahmen begonnen werden.<br />

Abgeleitet aus Schritt e<strong>in</strong>s und zwei wurde <strong>in</strong> Schritt drei untersucht,<br />

welche f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen solch frühe Maßnahmen<br />

haben. Folgende forschungsleitende Fragestellungen wurden dabei<br />

zugrunde gelegt:<br />

• S<strong>in</strong>d Vornutzungse<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> Fichtenre<strong>in</strong>bestände <strong>der</strong> Bergmischwaldstufe<br />

bei umfassen<strong>der</strong> Bewertung f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft?<br />

• Wie wirkt sich das gewählte Holzernteverfahren auf die f<strong>in</strong>anzielle<br />

Vorteilhaftigkeit aus?<br />

• Wie stark müssen die stabilisierenden Effekte e<strong>in</strong>er Jungbestandspflege<br />

(JP) ohne Ertrag se<strong>in</strong>, damit solch e<strong>in</strong>e Maßnahme<br />

f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft wird?<br />

Material und Methoden<br />

Erstellung von Wuchsreihen<br />

Zur Beantwortung <strong>der</strong> Fragen im f<strong>in</strong>anziellen Bereich wurden zwei<br />

verschiedene Behandlungsszenarien mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verglichen. Im Szenario<br />

„unbehandelt“ wurden außer e<strong>in</strong>er Kulturbegründung ke<strong>in</strong>erlei<br />

Maßnahmen bis zu e<strong>in</strong>er fiktiven Ernte im Alter 100 unterstellt.<br />

Im Szenario „behandelt“ wurden zusätzliche Durchforstungs- und<br />

Verjüngungse<strong>in</strong>griffe zum Bestandesalter 40, 60 und 80 Jahre angenommen.<br />

Für den Vergleich zwischen den Szenarien wurden Wuchsreihen<br />

aus den Untersuchungsflächen <strong>der</strong> naturalen Studie gebildet<br />

(Abbildung 1). Hier waren waldbaulich behandelte und unbehandelte<br />

Bestände verschiedenen Alters aufgenommen worden, welche sich<br />

zur Erstellung solcher Reihen gut eigneten. Die Umtriebszeit wurde<br />

für beide fiktiven Behandlungsvarianten auf 100 Jahre festgelegt, da<br />

die Wuchsreihen nur bis etwa 90 Jahre mit Daten untersetzt waren.<br />

Die Verwendung e<strong>in</strong>er längeren Umtriebszeit, wie sie im Gebirge<br />

durchaus üblich ist, hätte unsicherer Extrapolationen <strong>der</strong> Wuchsreihen<br />

bedurft.<br />

Aus den Wuchsreihen konnte die Vorratsentwicklung <strong>in</strong> beiden<br />

Szenarien und die Entwicklung des Entnahmesatzes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlungsvariante<br />

modelliert und für die genannten E<strong>in</strong>griffszeitpunkte<br />

abgelesen werden.<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14<br />

5


Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

S. Höllerl<br />

Vorrat [Efm o.R./ha]<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

gemessene Werte behandelt<br />

gemessene Werte Entnahme<br />

gemessene Werte unbehandelt<br />

Σ Regr. behandelt + Entnahme<br />

Alter [Jahre]<br />

Regression behandelt<br />

Regression Entnahme<br />

Regression unbehandelt<br />

Abbildung 1. Wuchsreihen <strong>der</strong> Vorräte <strong>in</strong> behandelten und unbehandelten Beständen<br />

sowie des Entnahmesatzes <strong>in</strong> den behandelten Beständen.<br />

Growth series of stocks <strong>in</strong> treated and untreated stands and of the removed volume <strong>in</strong> treated<br />

stands.<br />

Bewertung ohne Berücksichtigung von Risiko<br />

Die Vorräte wurden zunächst mithilfe des Programms „Holzsortierung“<br />

von Felbermeier (2007) sortiert und dann mit aktuellen Holzpreisen<br />

bewertet. Bei <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong> Holzerntekosten 1 wurden<br />

sechs verschiedene Ernteverfahren berücksichtigt und für die Region<br />

übliche Marktpreise e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

• Harvestere<strong>in</strong>schlag und Br<strong>in</strong>gung mittels Forwar<strong>der</strong> („Harvester“)<br />

• e<strong>in</strong> komb<strong>in</strong>iertes Ernteverfahren wie bei Haberl et al. (2006)<br />

beschrieben: motormanuelle Fällung im Bestand, Vorrücken<br />

zum Rückeweg mittels Schlepper, dort Aufarbeitung durch<br />

Harvester, anschließende Rückung zur Forststraße mit Forwar<strong>der</strong><br />

(„Komb<strong>in</strong>iert“)<br />

• konventionelles motormanuelles Verfahren mit Schlepperrückung<br />

(„Schlepper“)<br />

• Vollbaumbr<strong>in</strong>gung mit Seilkran („Vollbaum“)<br />

• motormanuelle Aufarbeitung und Bergaufseilung („Seil bergauf“)<br />

• motormanuelle Aufarbeitung und Bergabseilung („Seil bergab“).<br />

Aus den gewonnenen Werten wurden zunächst Deckungsbeiträge<br />

für die e<strong>in</strong>zelnen Maßnahmen berechnet und aufsummiert. Diese<br />

Art <strong>der</strong> Bewertung berücksichtigt jedoch die unterschiedlichen Zahlungszeitpunkte<br />

nicht, was für e<strong>in</strong>en forstlichen Wirtschafter von<br />

entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung ist. Nachdem er nicht über unbegrenzte<br />

F<strong>in</strong>anzmittel verfügt, ist e<strong>in</strong>e frühe E<strong>in</strong>zahlung für ihn mehr wert als<br />

e<strong>in</strong>e spätere. Er könnte die Mittel aus <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zahlung ja beispielsweise<br />

zur Bank br<strong>in</strong>gen und verz<strong>in</strong>sen. Um diesem Umstand Rechnung<br />

zu tragen, wurden für die Bewertung Kapitalwerte berechnet.<br />

Der Kapitalwert wird ähnlich wie <strong>der</strong> Deckungsbeitrag kalkuliert.<br />

Auch hier werden für jede Maßnahme Differenzen aus E<strong>in</strong>zahlungen<br />

und Auszahlungen gebildet. Im Unterschied zum Deckungsbeitrag<br />

werden aber beim Kapitalwert alle Zahlungsvorgänge auf e<strong>in</strong>en Anfangszeitpunkt<br />

(<strong>in</strong> diesem Fall den Zeitpunkt <strong>der</strong> Kulturbegründung)<br />

abgez<strong>in</strong>st (diskontiert) (vgl. Kató 1986, Vahs und Schäfer-Kunz<br />

2005, Wöhe 2005). Im Falle <strong>der</strong> unbehandelten Variante setzt sich<br />

<strong>der</strong> Kapitalwert nur aus den Kulturkosten und dem diskontierten<br />

Abtriebswert zum Ende <strong>der</strong> Umtriebszeit zusammen. Im Falle <strong>der</strong><br />

1<br />

Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um Kosten, son<strong>der</strong>n um Auszahlungen.<br />

Es werden hier aber die im forstlichen Bereich gebräuchlichen Term<strong>in</strong>i wie<br />

„Erntekosten“ und „Holzpreise“ verwendet.<br />

behandelten Variante kommen die diskontierten E<strong>in</strong>zahlungsüberschüsse<br />

für die Durchforstungen im Alter 40, 60 und 80 Jahre dazu.<br />

Für die Diskontierung musste e<strong>in</strong> geeigneter Z<strong>in</strong>ssatz festgelegt<br />

werden. In <strong>der</strong> Regel werden für die Verz<strong>in</strong>sung von Waldbeständen<br />

verhältnismäßig niedrige Z<strong>in</strong>ssätze angesetzt, die sich an den Volumenzuwachsprozenten<br />

<strong>der</strong> Bestände orientieren (Williams 1981).<br />

Übere<strong>in</strong>stimmend mit Knoke et al. (2005) wurde hier deshalb e<strong>in</strong><br />

Z<strong>in</strong>ssatz von 0,02 gewählt.<br />

Integration von Risiken<br />

Fast alle Investitionen im Forstbereich werden sehr langfristig angelegt<br />

und unterliegen deshalb <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maße Unsicherheiten.<br />

Auch bei <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Beurteilung waldbaulicher Behandlungsvarianten<br />

müssen künftige Unsicherheiten berücksichtigt werden.<br />

So können sich beispielsweise die Holzpreise o<strong>der</strong> die Holzerntekosten<br />

än<strong>der</strong>n. Große Unsicherheit ist auch durch verschiedene Kalamitätsrisiken<br />

gegeben. Determ<strong>in</strong>istische Bewertungsverfahren wie<br />

die Kapitalwertmethode berücksichtigen solche Risiken nicht und<br />

unterstellen völlige Sicherheit h<strong>in</strong>sichtlich künftiger Zahlungsströme<br />

(Pflaumer 1998). Um die Risiken <strong>in</strong> die Kalkulationen e<strong>in</strong>beziehen<br />

zu können, wurde e<strong>in</strong>e Risikoanalyse mittels Monte-Carlo-<br />

Simulationen durchgeführt. Die Monte-Carlo-Methode wurde <strong>in</strong><br />

den 1940er-Jahren von den Physikern Stanislaw Ulam, John von<br />

Neumann, Nicholas Metropolis und Enrico Fermi entwickelt, die<br />

im Los Alamos National Laboratory an <strong>der</strong> Entwicklung von Nuklearwaffen<br />

arbeiteten (Metropolis und Ulam 1949, Metropolis 1987).<br />

In den F<strong>in</strong>anzbereich wurde sie <strong>in</strong> den 1960er-Jahren beispielsweise<br />

durch Hess und Quigley (1963) und vor allem durch Hertz (1964)<br />

übertragen. Auch im ökologischen (z. B. Waller et al. 2003) und<br />

forstlichen Bereich wird diese Technik angewandt (Klemperer 1996,<br />

Dieter 2001, Knoke und Mosandl 2004, Knoke und Wurm 2006,<br />

Mercer et al. 2007).<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Monte-Carlo-Simulationen (MCS) macht man<br />

sich das Gesetz <strong>der</strong> großen Zahlen zunutze und generiert die Kapitalwerte<br />

mit zufällig verän<strong>der</strong>ten E<strong>in</strong>flussgrößen so häufig, bis<br />

sich stabile Verteilungen ergeben. Im vorliegenden Fall wurden die<br />

E<strong>in</strong>flussgrößen „Holzpreis“ und „Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit“<br />

variiert, um mögliche Holzpreisschwankungen und Scha<strong>der</strong>eignisse<br />

zu simulieren. Die Holzerntekosten wurden nicht variiert, da mit<br />

den sechs Ernteverfahren ohneh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e große Bandbreite an möglichen<br />

Erntekosten abgedeckt wurde. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>lichen<br />

E<strong>in</strong>flussgrößen werden bei Integration <strong>in</strong> die MCS bestimmte<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen unterstellt. Die Schwankung <strong>der</strong><br />

Holzpreise wurde hier als normalverteilt angenommen. Als Standardabweichung<br />

wurde e<strong>in</strong> Wert verwendet, den Be<strong>in</strong>hofer (2007)<br />

aus den Holzpreisstatistiken <strong>der</strong> Bayerischen Staatsforstverwaltung<br />

für die Jahre 1974-2003 exzerpierte.<br />

Zur konkreten Quantifizierung des Ausfallrisikos aufgrund von<br />

Kalamitäten werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel Übergangswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

von Beständen bestimmter Altersklassen <strong>in</strong> die nächste Altersklasse<br />

hergeleitet. Solche Übergangswahrsche<strong>in</strong>lichkeitskurven für Fichte<br />

f<strong>in</strong>den sich z. B. bei Möhr<strong>in</strong>g (1986), König (1996), Kouba (2002),<br />

Hanew<strong>in</strong>kel und Holcey (2006), Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>) sowie Knoke<br />

und Seifert (<strong>2008</strong>). In <strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung wurden<br />

zwei verschiedene Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeitskurven mit unterstellter<br />

B<strong>in</strong>omialverteilung (0 für den E<strong>in</strong>tritt e<strong>in</strong>es Schadens und 1<br />

für das Überleben) verwendet (Abbildung 2).<br />

Zunächst wurde die Sturmschadenskurve von König (1996) für<br />

das relativ alpennahe Wuchsgebiet 14 <strong>in</strong> Bayern zugrunde gelegt.<br />

Die Risiken von Schneebruch- und Insektenkalamitäten wurden<br />

nach <strong>der</strong> Methode von Bräunig und Dieter (1999) ergänzt. Dazu<br />

wurden aus langjährigen Kalamitätsaufzeichnungen <strong>der</strong> ehem. Bayerischen<br />

Staatsforstverwaltung für die zwangsbed<strong>in</strong>gten E<strong>in</strong>schläge<br />

(ZE) <strong>in</strong> drei Untersuchungsforstämtern von 1990 bis 2003 die mitt-<br />

6 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


S. Höllerl Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

1,00<br />

0,80<br />

0,60<br />

0,40<br />

0,20<br />

0,00<br />

0 20 40 60 80 100 120 140<br />

Alter (Jahre)<br />

König (1996) nur Sturm<br />

König (1996) <strong>in</strong>kl. Schneeund<br />

Insektenschäden<br />

Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>)<br />

hohes Risiko<br />

Abbildung 2. Den Risikoanalysen liegen die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten nach<br />

König (1996) <strong>in</strong>cl. Schnee- und Insektenschäden sowie Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>) zugrunde.<br />

The risk analysis is based on the survival probability of König (1996) <strong>in</strong>cl. snow- and <strong>in</strong>sectdamages<br />

and the survival probability of Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>).<br />

Abbildung 3. Beispiel e<strong>in</strong>er Häufigkeitsverteilung <strong>der</strong> Kapitalwerte im Rahmen <strong>der</strong><br />

Monte-Carlo-Simulation.<br />

Frequency distribution of net present values <strong>in</strong> Monte-Carlo simulations.<br />

leren Anteile von Sturm-, Schnee-, und Insektenschäden abgeleitet.<br />

Die Sturmschadenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten nach König (1996) wurden<br />

dann um die Schnee- und Insektenschadensanteile erhöht. Nachdem<br />

die Überlebenskurven von König (1996) verhältnismäßig optimistisch<br />

ausfallen, wurde e<strong>in</strong>e weitere Variante mit höherem Risiko gerechnet.<br />

Bei dieser Variante wurde die Überlebenskurve für hohes<br />

Risiko von Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>) verwendet. Be<strong>in</strong>hofer (2007,<br />

<strong>2008</strong>) wertete Überlebenskurven aus verschiedenen Studien aus und<br />

leitete davon e<strong>in</strong>e Kurve für mittleres und e<strong>in</strong>e für hohes Risiko ab.<br />

Die modifizierte Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeitskurve nach König<br />

(1996) wird im Folgenden mit „Risiko mo<strong>der</strong>at“ bezeichnet, die<br />

Überlebenskurve nach Be<strong>in</strong>hofer (2007, <strong>2008</strong>) mit „Risiko erhöht“.<br />

Anhand <strong>der</strong> beiden Kurven wurden mögliche Schadense<strong>in</strong>tritte zu<br />

den Zeitpunkten 20, 40, 60, 80 und 100 simuliert. Treten Scha<strong>der</strong>eignisse<br />

e<strong>in</strong>, erzielen die Forstbetriebe erfahrungsgemäß deutlich<br />

ger<strong>in</strong>gere Holzpreise aufgrund von gebrochenen und geworfenen<br />

Stämmen nach Sturmereignissen, o<strong>der</strong> aufgrund von qualitativ m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertigem<br />

Holz nach Insektenbefall („Käferholz“). Dazu kommt<br />

unter Umständen e<strong>in</strong> Preisverfall, <strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest im Gefolge von<br />

größeren Scha<strong>der</strong>eignissen e<strong>in</strong>tritt. Die Holzerntekosten s<strong>in</strong>d dagegen<br />

im Schadensfall oft deutlich höher als bei regulärem E<strong>in</strong>schlag.<br />

Dies ist erstens auf die erschwerten Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen, und zweitens<br />

auf die höheren Holzerntekosten aufgrund des Wettbewerbs um<br />

begrenzte Fäll- und Rückekapazitäten nach Großscha<strong>der</strong>eignissen<br />

zurückzuführen. Dieter (1997) berücksichtigte dies <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Untersuchung,<br />

<strong>in</strong>dem er die erzielten Deckungsbeiträge halbierte. Auch<br />

Knoke und Wurm (2006) verwendeten diesen Reduktionssatz. In<br />

<strong>der</strong> vorliegenden Untersuchung wurde davon ausgegangen, dass sich<br />

die Deckungsbeiträge im Schadensfall im Gebirge tendenziell noch<br />

stärker reduzieren als im Flachland. Gerade verstreuter Holzanfall<br />

stellt im Gebirge noch e<strong>in</strong> deutlich größeres Problem dar. Deshalb<br />

wurden hier bei Schäden die Holzpreise um 50 % reduziert, während<br />

die Erntekosten <strong>in</strong> vollem Umfang beibehalten wurden.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> MCS wurden für beide Szenarien 5000 Kapitalwerte<br />

erzeugt, bei denen im Rahmen <strong>der</strong> Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

zufällig Scha<strong>der</strong>eignisse e<strong>in</strong>traten o<strong>der</strong> nicht. Außerdem<br />

schwankte <strong>der</strong> Holzpreis <strong>in</strong> den oben genannten Grenzen. Daraus<br />

ergaben sich Häufigkeitsverteilungen wie <strong>in</strong> Abbildung 3 beispielhaft<br />

dargestellt.<br />

Bewertung unter Risiko<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> MCS wurden dazu benutzt, um die beiden<br />

Handlungsoptionen „Behandeln“ und „Nicht behandeln“ unter Berücksichtigung<br />

von Risiken gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abzuwägen. Dabei kamen<br />

zwei verschiedene Entscheidungsverfahren aus dem Bereich <strong>der</strong> Investitionsrechnung<br />

zur Anwendung, die -Regel und das Entscheidungspr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz.<br />

-Regel<br />

Die -Regel (Markowitz 1952, Wöhe 2005, Bamberg und Coenenberg<br />

2006) nutzt zur Beurteilung e<strong>in</strong>er Investition den Erwartungswert<br />

(μ) und die Varianz (σ) <strong>der</strong> Erträge. Die Verwendung <strong>der</strong><br />

Varianz berücksichtigt, dass e<strong>in</strong> Anleger, <strong>der</strong> Risiko generell meidet,<br />

e<strong>in</strong>e Investition mit e<strong>in</strong>em schwankenden Erwartungswert ger<strong>in</strong>ger<br />

bewertet als e<strong>in</strong>e Investition, welche e<strong>in</strong>en sicheren Erwartungswert<br />

aufweist. Dem risikoscheuen Anleger ist beispielsweise e<strong>in</strong>e Investition<br />

lieber, aus <strong>der</strong> er sichere 100 € bekommt, als e<strong>in</strong>e, bei <strong>der</strong> es<br />

vielleicht 100 €, 300 € o<strong>der</strong> aber ‐100 € se<strong>in</strong> können.<br />

Das Risikoverhalten e<strong>in</strong>es Anlegers kann durch sogenannte Nutzenfunktionen<br />

charakterisiert werden. Dabei wird das Verhalten e<strong>in</strong>es<br />

risikoscheuen Investors häufig durch e<strong>in</strong>e negativ exponentielle<br />

Nutzenfunktion <strong>der</strong> folgenden Form beschrieben (Heid<strong>in</strong>gsfel<strong>der</strong><br />

und Knoke 2004, Bamberg und Coenenberg 2006, Knoke <strong>2008</strong>):<br />

−α⋅Z<br />

U ( Z)<br />

= 1−<br />

e<br />

(1)<br />

U(Z) = Nutzen U e<strong>in</strong>er Zahlung Z (bzw. Investition, die<br />

Zahlungen hervorruft)<br />

e = Eulersche Zahl<br />

a = Maß für die absolute Risikoaversion<br />

Z = Zahlung (bzw. Investition)<br />

Der risikoscheue Anleger versieht e<strong>in</strong>e Investition mit schwankenden<br />

Erwartungswerten h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>es persönlichen Nutzens<br />

also mit e<strong>in</strong>em Abschlag. Die Formel, welche den nutzenmäßigen<br />

Abschlag bei unsicheren E<strong>in</strong>zahlungen entsprechend <strong>der</strong> gezeigten<br />

negativ exponentiellen Nutzenfunktion quantifiziert, lautet folgen<strong>der</strong>maßen<br />

(z. B. Gerber und Pafumi 1998) 2 :<br />

VAR(<br />

Z)<br />

S = E(<br />

Z)<br />

−α<br />

⋅<br />

2<br />

(2)<br />

S = Sicherheitsäquivalent<br />

E(Z) = Erwartungswert (µ)<br />

α = Maß für die absolute Risikoaversion<br />

VAR(Z) = Varianz (σ²)<br />

Das Sicherheitsäquivalent ist also <strong>der</strong> sichere Geldbetrag, <strong>der</strong> vom<br />

Investor als äquivalent dem Erwartungswert e<strong>in</strong>er unsicheren Investition<br />

e<strong>in</strong>geschätzt wird. Um wie weit er den Erwartungswert <strong>der</strong><br />

2<br />

Diese Formel gilt für relativ kle<strong>in</strong>e α.<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14<br />

7


Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

S. Höllerl<br />

unsicheren Investition für sich reduziert, hängt zum e<strong>in</strong>en von <strong>der</strong><br />

Streuung (Varianz) <strong>der</strong> Investition ab und zum an<strong>der</strong>en vom Grad<br />

se<strong>in</strong>er Risikoaversion.<br />

Spremann (1996) zufolge liegt die absolute Risikoaversion α bei<br />

den meisten Menschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Größenordnung von 1/b, wobei b das<br />

e<strong>in</strong>gesetzte Vermögen darstellt. Als e<strong>in</strong>gesetztes Vermögen s<strong>in</strong>d im<br />

vorliegenden Fall die Kulturkosten anzusehen. Der Wert im Zähler<br />

wird allgeme<strong>in</strong> als relative Risikoaversion a bezeichnet. In <strong>der</strong> vorliegenden<br />

Studie wurden für die relative Risikoaversion zwei verschiedene<br />

Niveaus angesetzt, e<strong>in</strong>mal die von Spremann (1996) vorgeschlagene<br />

relative Aversion 1 und e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> höheres Aversionsniveau mit<br />

a = 2. Demnach wurden für die Anwendung <strong>der</strong> -Regel die<br />

zwei Risikoniveaus 1/Kulturkosten und 2/Kulturkosten verwendet.<br />

Stochastische Dom<strong>in</strong>anz<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz ist bereits sehr alt. Laut<br />

Levy (1992) veröffentlichte bereits Karamata (1932, zit. n. Levy<br />

1992) e<strong>in</strong> Theorem, das <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz zweiter Ordnung<br />

sehr ähnelt. E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die F<strong>in</strong>anzwirtschaft erhielt das Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz im Wesentlichen durch die Publikationen<br />

von Quirk und Saposnik (1962), Hadar und Russel (1969),<br />

Hanoch und Levy (1969) und Rothschild und Stiglitz (1970). Auch<br />

im forstlichen Bereich wird diese Methode angewandt, um Entscheidungen<br />

unter Risiko zu treffen (Heikk<strong>in</strong>en und Kuosmanen 2002,<br />

Mercer et al. 2007, Knoke <strong>2008</strong>). Während sich die Beurteilung e<strong>in</strong>er<br />

Investition anhand <strong>der</strong> -Regel immer auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Nutzenfunktion des Anlegers stützt, hat die Stochastische Dom<strong>in</strong>anz<br />

den Vorteil, dass die Ergebnisse für viele Nutzenfunktionen gültig<br />

s<strong>in</strong>d. Es wird zwischen Stochastischer Dom<strong>in</strong>anz erster Ordnung<br />

und zweiter Ordnung unterschieden. Die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Stochastischen<br />

Dom<strong>in</strong>anz erster Ordnung s<strong>in</strong>d dann erfüllt, wenn e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Handlungsoption unter allen erdenklichen Umweltkonstellationen<br />

immer f<strong>in</strong>anziell vorteilhafter abschneidet als e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Handlungsoption. In diesem Fall gilt das Ergebnis für jeden Anleger,<br />

<strong>der</strong> höhere Kapitalwerte gegenüber niedrigen bevorzugt. Alle werden<br />

sich für die dom<strong>in</strong>ierende Handlungsoption entscheiden.<br />

Ist die Situation nicht so e<strong>in</strong>deutig, dass man nach <strong>der</strong> Stochastischen<br />

Dom<strong>in</strong>anz erster Ordnung entscheiden kann, kommt die<br />

Stochastische Dom<strong>in</strong>anz zweiter Ordnung zum Tragen. S<strong>in</strong>d <strong>der</strong>en<br />

Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt, so gilt das Ergebnis noch für alle Anleger, die<br />

risikoavers s<strong>in</strong>d, unabhängig vom Grad <strong>der</strong> Risikoabneigung (Bamberg<br />

und Coenenberg 2006, Kruschwitz 2007). Zur Anwendung<br />

<strong>der</strong> -Regel muss <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Risikoaversion dagegen def<strong>in</strong>iert<br />

werden.<br />

Die allgeme<strong>in</strong>ere Gültigkeit <strong>der</strong> Aussagen im Rahmen <strong>der</strong> Stochastischen<br />

Dom<strong>in</strong>anz liegt dar<strong>in</strong> begründet, dass hier nicht nur<br />

Erwartungswert und Varianz <strong>der</strong> Kapitalwerte bei <strong>der</strong> zu beurteilenden<br />

Investitionen betrachtet werden, son<strong>der</strong>n die gesamten Verteilungsfunktionen.<br />

Im Folgenden soll dies kurz anhand zweier fiktiver<br />

Handlungsoptionen (Option 1 und Option 2) generell erläutert<br />

werden.<br />

Abbildung 4 zeigt e<strong>in</strong>en möglichen Verlauf <strong>der</strong> Verteilungsfunktionen<br />

dieser Optionen. In dieser Beispiel-Konstellation beträgt für<br />

Option 1 die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, e<strong>in</strong>en Kapitalwert von unter 2000<br />

Gelde<strong>in</strong>heiten zu erwirtschaften, 0,2 (vgl. senkrechte L<strong>in</strong>ie). Daraus<br />

folgt, dass mit e<strong>in</strong>er Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von 0,8 (1-0,2) mehr<br />

als 2000 Gelde<strong>in</strong>heiten erwirtschaftet werden. Im Falle <strong>der</strong> Option<br />

2 beträgt diese Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nur 0,4 (1-0,6). Egal welchen Betrag<br />

man als m<strong>in</strong>destens gefor<strong>der</strong>ten Kapitalwert ansetzt: Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

selbigen zu erwirtschaften, liegt bei Option 1 immer<br />

höher. Damit s<strong>in</strong>d die Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz<br />

erster Ordnung (First degree stochastic dom<strong>in</strong>ance = FSD) erfüllt<br />

(Bamberg und Coenenberg 2006, Levy 2006, Kruschwitz 2007).<br />

Es gilt:<br />

Opt1( x)<br />

≤ Opt2(<br />

x)<br />

Opt<br />

1( x)<br />

< Opt2(<br />

x)<br />

für alle x und (3)<br />

für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> x<br />

Opt ( x 1<br />

) = Verteilungsfunktion <strong>der</strong> Option 1<br />

Opt ( ) = Verteilungsfunktion <strong>der</strong> Option 2<br />

2<br />

x<br />

Somit dom<strong>in</strong>iert Option 1 die Option 2 nach <strong>der</strong> ersten Ordnung:<br />

Opt1 <br />

FSD<br />

Opt2<br />

Option 1 Option 2<br />

Kumulierte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit .<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-4000 -2000 0 2000 4000 6000 8000<br />

Kapitalwert (Gelde<strong>in</strong>heiten)<br />

Abbildung 4. Beispielhafte Verteilungsfunktionen <strong>der</strong> Kapitalwerte zur Verdeutlichung<br />

<strong>der</strong> stochastischen Dom<strong>in</strong>anz erster Ordnung.<br />

Cumulative distribution function of net present values for illustration of first or<strong>der</strong> stochastic<br />

dom<strong>in</strong>ance.<br />

Abbildung 5. Verdeutlichung <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz zweiter Ordnung. 5a<br />

(oben): Verteilungskurven und Fläche unter <strong>der</strong> Kurve „Option 2“ bei 1.500 Gelde<strong>in</strong>heiten.<br />

5b (unten): Integral <strong>der</strong> Differenz aus Option 2 und Option 1.<br />

Illustration of second or<strong>der</strong> stochastic dom<strong>in</strong>ance: 5a (above) Cumulative distribution functions<br />

and area un<strong>der</strong> the curve of “Option 2” at 1,500 monetary units; 5b (below) <strong>in</strong>tegral of difference<br />

of Option 2 m<strong>in</strong>us Option 1.<br />

8 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


S. Höllerl Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

Empirische Untersuchungen von F<strong>in</strong>anzmärkten zeigen allerd<strong>in</strong>gs,<br />

dass FSD eher selten als Entscheidungskriterium angewendet<br />

werden kann (Schmid und Trede 2006). Häufig schneiden sich die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsverteilungen wie <strong>in</strong> Abbildung 5a). In diesem<br />

Fall wird nach <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz zweiter Ordnung (Second<br />

degree stochastic dom<strong>in</strong>ance = SSD) entschieden. Dabei werden<br />

die Flächen unter den Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitskurven betrachtet,<br />

<strong>in</strong>dem die Funktionen <strong>in</strong>tegriert werden (Abbildung 5b).<br />

Um SSD zu erfüllen, muss die Fläche unter <strong>der</strong> Verteilungsfunktion<br />

von Option 1 für alle x-Werte kle<strong>in</strong>er als die Fläche <strong>der</strong> Verteilungsfunktion<br />

von Option 2 se<strong>in</strong>. Dies ist <strong>der</strong> Fall, wenn das Integral<br />

aus <strong>der</strong> Differenz von Option 2 und Option 1 für alle x-Werte positiv<br />

ist. Abbildung 5b zeigt, dass diese Bed<strong>in</strong>gung hier erfüllt ist. Die<br />

Kurve liegt überall im positiven Bereich.<br />

Zur Erfüllung <strong>der</strong> SSD muß demnach gelten (Levy 2006, Kruschwitz<br />

2007):<br />

x<br />

∫<br />

−∞<br />

x<br />

∫<br />

−∞<br />

Opt2( t)<br />

− Opt1(<br />

t)<br />

≥ 0 für alle x und (4)<br />

Opt t)<br />

− Opt ( t)<br />

> 0<br />

für m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> x<br />

Opt<br />

1(<br />

t)<br />

= Verteilungsfunktion <strong>der</strong> Option 1<br />

Opt ( ) = Verteilungsfunktion <strong>der</strong> Option 2<br />

2<br />

t<br />

2 ( 1<br />

Somit dom<strong>in</strong>iert Option 1 nach <strong>der</strong> zweiten Ordnung:<br />

Opt1 <br />

SSD<br />

Opt 2<br />

E<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz nach SSD bedeutet, dass hier das Risiko niedriger<br />

Kapitalwerte deutlich ger<strong>in</strong>ger ist. Der risikoaverse Anleger wird sich<br />

aus diesem Grund im gezeigten Beispiel immer für Option 1 entscheiden.<br />

Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, weniger als 1.500 Gelde<strong>in</strong>heiten<br />

zu erzielen, liegt beispielsweise für Option 1 nur bei 0,2, während<br />

sie im Falle von Option 2 bei fast 0,5 liegt (siehe l<strong>in</strong>ke senkrechte<br />

L<strong>in</strong>ie). Die rechte senkrechte L<strong>in</strong>ie zeigt an, dass es auch umgekehrte<br />

Bereiche gibt. Aber <strong>der</strong> risikoscheue Anleger schaut eben v. a. auf den<br />

Bereich niedriger Kapitalwerte.<br />

Übertragen auf das Fallbeispiel <strong>der</strong> Fichtenre<strong>in</strong>bestände wurden<br />

die Optionen „behandeln“ und „nicht behandeln“ für alle Holzerntevarianten<br />

auf Stochastische Dom<strong>in</strong>anz erster und zweiter Ordnung<br />

geprüft.<br />

Bewertung e<strong>in</strong>er Jungbestandspflege<br />

Abschließend wurde noch <strong>der</strong> Frage nachgegangen, unter welchen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen sich e<strong>in</strong>e Jungbestandspflege (JP) f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft<br />

auswirken kann, obwohl sie zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Maßnahme nur mit<br />

Auszahlungen und mit ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zahlungen verbunden ist. Theoretisch<br />

kann dennoch e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller Vorteil erwachsen, wenn durch<br />

die JP e<strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> Stabilisierungseffekt auftritt und dadurch<br />

die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit des Bestandes entsprechend steigt.<br />

Als Ausgangspunkt für die Berechnung des Break-Even-Po<strong>in</strong>ts, an<br />

dem die gesteigerte Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit die Auszahlungen<br />

<strong>der</strong> Pflegemaßnahme aufwiegt, wurden die Kalkulationen <strong>der</strong> Sicherheitsäquivalente<br />

herangezogen. Die Sicherheitsäquivalente wurden<br />

zunächst mit den Auszahlungen für e<strong>in</strong>e extensive JP belastet. Anschließend<br />

wurde <strong>in</strong> weiteren MCS die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

schrittweise gesteigert, bis <strong>der</strong> Break-Even-Po<strong>in</strong>t überschritten<br />

wurde und die Sicherheitsäquivalente höher ausfielen als ohne JP.<br />

Ergebnisse<br />

Szenario „Behandelt“ kontra Szenario „Unbehandelt“<br />

Das e<strong>in</strong>gesetzte Holzernteverfahren hatte vor allem bei <strong>der</strong> alle<strong>in</strong>igen<br />

Betrachtung <strong>der</strong> Deckungsbeiträge großen E<strong>in</strong>fluss darauf, welche<br />

Behandlungsvariante f<strong>in</strong>anziell vorteilhafter abschnitt. So ergab sich<br />

nur bei den kostengünstigen Verfahren „Harvester“ und „Komb<strong>in</strong>iert“<br />

e<strong>in</strong> klarer Vorteil <strong>der</strong> Behandlung, beim Schlepperverfahren<br />

nur e<strong>in</strong> sehr ger<strong>in</strong>ger. Aufgrund <strong>der</strong> deutlich höheren Kosten bei<br />

den seilgestützten Verfahren schnitt hier die unbehandelte Variante<br />

f<strong>in</strong>anziell vorteilhafter ab.<br />

Die Berücksichtigung <strong>der</strong> Knappheit von F<strong>in</strong>anzmitteln durch<br />

e<strong>in</strong>e Verz<strong>in</strong>sung <strong>der</strong> Zahlungsströme verän<strong>der</strong>te das Bild. Frühe<br />

E<strong>in</strong>zahlungen im Rahmen von Durchforstungsmaßnahmen erhielten<br />

größeres Gewicht, weshalb sich die Behandlungsvariante beim<br />

Schlepperverfahren jetzt deutlich vorteilhaft darstellte und auch<br />

beim Vollbaumverfahren besser abschnitt als das Szenario ohne Behandlung<br />

(Abbildung 6). Abbildung 6 und 7 s<strong>in</strong>d Differenzgrafiken.<br />

Es ist jeweils <strong>der</strong> Kapitalwert <strong>der</strong> unbehandelten Variante vom Kapitalwert<br />

<strong>der</strong> behandelten Variante abgezogen. Zeigt die jeweilige Säule<br />

also e<strong>in</strong>en Wert über null, dann ist die behandelte Variante f<strong>in</strong>anziell<br />

vorteilhafter, unter null die unbehandelte.<br />

Die Berücksichtigung von Risiken verän<strong>der</strong>te das Bild weiter. E<strong>in</strong><br />

mo<strong>der</strong>ates Risiko vorausgesetzt, wurde <strong>der</strong> Vorteil e<strong>in</strong>er Behandlung<br />

noch größer. So stellten sich bei Anwendung <strong>der</strong> -Regel unter<br />

Annahme normaler Risikoaversion waldbauliche Maßnahmen <strong>in</strong> fast<br />

allen Fällen als f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft dar. E<strong>in</strong>zige Ausnahme bildete<br />

das Seilverfahren bergab (Abbildung 7). Unter Annahme e<strong>in</strong>er ho-<br />

Abbildung 6. Differenzen <strong>der</strong> Kapitalwerte [€/ha]. (Kapitalwert <strong>der</strong> behandelten Variante<br />

abzüglich Kapitalwert <strong>der</strong> unbehandelten Variante).<br />

Differences of net present values [€€/ha] (net present value of treated stands m<strong>in</strong>us net present<br />

value of untreated stands).<br />

Abbildung 7. Differenzen <strong>der</strong> Sicherheitsäquivalente [€/ha] unter Berücksichtigung<br />

des mo<strong>der</strong>aten Risikos bei normaler und hoher Risikoaversion (Sicherheitsäquivalent<br />

<strong>der</strong> behandelten Variante abzüglich Sicherheitsäquivalent <strong>der</strong> unbehandelten<br />

Variante).<br />

Differences of certa<strong>in</strong>ty equivalents [€/ha] <strong>in</strong> consi<strong>der</strong>ation of mo<strong>der</strong>ate risk at normal and high<br />

risk aversion (certa<strong>in</strong>ty equivalent of treated stands m<strong>in</strong>us certa<strong>in</strong>ty equivalent of untreated<br />

stands).<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14<br />

9


Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

S. Höllerl<br />

hen Risikoaversion des Wirtschafters schnitt das Behandlungsszenario<br />

allerd<strong>in</strong>gs sogar bei e<strong>in</strong>er teueren Bergabseilung besser ab als das<br />

Szenario ohne Behandlung (Abbildung 7). Die Unterstellung e<strong>in</strong>es<br />

erhöhten Risikos anstelle des mo<strong>der</strong>aten verstärkte die Vorteilhaftigkeit<br />

waldbaulicher Maßnahmen weiter.<br />

Die Ergebnisse zur Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz stützen die Ergebnisse<br />

aus <strong>der</strong> -Regel. Im Falle e<strong>in</strong>es mo<strong>der</strong>aten Risikos dom<strong>in</strong>ierte<br />

die Behandlung bei allen Verfahren außer Seilung bergauf<br />

und bergab (Abbildung 8a). Bei erhöhtem Risiko ergab sich e<strong>in</strong>e<br />

Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> Behandlung auch für Bergaufseilung. Lediglich für<br />

Bergabseilung konnte ke<strong>in</strong>e Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> Behandlung verzeichnet<br />

werden (Abbildung 8b). In Tabelle 1 s<strong>in</strong>d sämtliche Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Kalkulationen unter Risiko zusammengefasst.<br />

F<strong>in</strong>anzielle Auswirkungen e<strong>in</strong>er Jungbestandspflege<br />

In Abbildung 9 s<strong>in</strong>d die Sicherheitsäquivalente <strong>in</strong>klusive JP bei<br />

schrittweise gesteigerten Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten dargestellt<br />

(beispielhaft unter Annahme von mo<strong>der</strong>atem Risiko und normaler<br />

Risikoaversion). Die zugehörigen Ausgleichsgeraden zeigen an, dass<br />

je nach gewähltem Holzernteverfahren die Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

um 1/4 bis 1/3 gesenkt werden muss, damit sich die JP rechnet.<br />

Diskussion<br />

Abbildung 8. Integral über die Differenzen <strong>der</strong> kumulativen Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten<br />

von behandelter und unbehandelter Variante zur Beurteilung nach SSD. 8a (oben):<br />

Mo<strong>der</strong>ates Risiko unterstellt, 8b (unten): erhöhtes Risiko unterstellt.<br />

Integral of differences of cumulative distribution functions (untreated stands m<strong>in</strong>us treated<br />

stands). 8a (above): Consi<strong>der</strong><strong>in</strong>g mo<strong>der</strong>ate risk, 8b (below): Consi<strong>der</strong><strong>in</strong>g high risk.<br />

Diskussion <strong>der</strong> Methoden und Ergebnisse<br />

Mit <strong>der</strong> Kapitalwertmethode, <strong>der</strong> MCS, sowie <strong>der</strong> -Regel und<br />

<strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz wurden Methoden aus dem F<strong>in</strong>anzbereich<br />

auf e<strong>in</strong>e forstwirtschaftliche Fragestellung übertragen. Auch<br />

<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en forstlichen Studien wurden diese Methoden schon erfolgreich<br />

angewandt (Klemperer 1996, Dieter 2001, Heikk<strong>in</strong>en und<br />

Kuosmanen 2002, Heid<strong>in</strong>gsfel<strong>der</strong> und Knoke 2004, Knoke und<br />

Mosandl 2004, Knoke und Wurm 2006, Mercer et al. 2007, Knoke<br />

<strong>2008</strong>). Da Anleger im forstlichen Bereich Oesten (1978) zufolge<br />

als risikoscheu e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d, erschienen die -Regel und das<br />

Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Stochastischen Dom<strong>in</strong>anz für die Beurteilung <strong>der</strong> beiden<br />

Handlungsoptionen „behandeln“ und „nicht behandeln“ durchaus<br />

geeignet.<br />

Nachdem die beiden Bewertungskriterien zu ähnlichen Ergebnissen<br />

führten, soll hier auf e<strong>in</strong>e Diskussion <strong>der</strong> Vor- und Nachteile dieser<br />

Methoden verzichtet werden. Ausführlicheres hierzu f<strong>in</strong>det sich<br />

Tabelle 1. Übersicht <strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>anzen aus -Regel und Stochastischer Dom<strong>in</strong>anz (FSD = First degree stochastic dom<strong>in</strong>ance, SSD = Second degree stochastic dom<strong>in</strong>ance,<br />

beh = behandelt dom<strong>in</strong>iert, unbeh = unbehandelt dom<strong>in</strong>iert, X = ke<strong>in</strong>e Entscheidung möglich).<br />

Summary of dom<strong>in</strong>ance out of rule and stochastic dom<strong>in</strong>ance (FSD = First degree stochastic dom<strong>in</strong>ance, SSD = Second degree stochastic dom<strong>in</strong>ance, beh = treated stands dom<strong>in</strong>at<strong>in</strong>g,<br />

unbeh = untreated stands dom<strong>in</strong>at<strong>in</strong>g, X = no decision possible).<br />

FSD<br />

Mo<strong>der</strong>ates Risiko<br />

SSD<br />

normale<br />

Risikoaversion<br />

hohe<br />

Risikoaversion<br />

FSD<br />

Erhöhtes Risiko<br />

SSD<br />

normale<br />

Risikoaversion<br />

Harvester beh beh beh beh X (beh) beh beh<br />

Komb<strong>in</strong>iert beh beh beh beh beh beh beh beh<br />

Schlepper beh beh beh beh beh beh beh beh<br />

Vollbaum X beh beh beh X beh beh beh<br />

Seil bergauf X X beh beh X beh beh beh<br />

Seil bergab X X unbeh beh X X beh beh<br />

hohe<br />

Risikoaversion<br />

10 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


S. Höllerl Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

Abbildung 9. Differenzen <strong>der</strong><br />

Sicherheitsäquivalente mit JP<br />

und ohne JP bei unterschiedlichen<br />

Reduktionsfaktoren für<br />

die Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

(Risiko = mo<strong>der</strong>at, Risikoaversion<br />

= normal).<br />

Differences of certa<strong>in</strong>ty equivalents<br />

(th<strong>in</strong>ned stands m<strong>in</strong>us<br />

unth<strong>in</strong>ned stands) at different<br />

levels of reduction of calamity<br />

probabilities (risk = mo<strong>der</strong>ate,<br />

risk aversion = normal).<br />

Differenz <strong>der</strong> Sicherheitsäquivalente<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-200<br />

-400<br />

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6<br />

Mo<strong>der</strong>ates Risiko<br />

Risikoaversion: normal<br />

Harvester<br />

Komb<strong>in</strong>iert<br />

Vollbaum<br />

Schlepper<br />

Seil bergauf<br />

Seil bergab<br />

L<strong>in</strong>ear (Harvester)<br />

L<strong>in</strong>ear (Komb<strong>in</strong>iert)<br />

L<strong>in</strong>ear (Vollbaum)<br />

L<strong>in</strong>ear (Schlepper)<br />

L<strong>in</strong>ear (Seil bergauf)<br />

-600<br />

L<strong>in</strong>ear (Seil bergab)<br />

Reduktionsfaktor für die Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

bei Höllerl (<strong>in</strong> Vorbereitung). Auch die genauen E<strong>in</strong>gangsgrößen für<br />

die Berechnungen s<strong>in</strong>d dort nachzulesen.<br />

Als entscheidende E<strong>in</strong>gangsgrößen sollen jedoch die gewählten<br />

Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten kurz diskutiert werden. S<strong>in</strong>d diese<br />

zu hoch o<strong>der</strong> zu niedrig, kann das Ergebnis stark verfälscht werden.<br />

Nachdem es für den Gebirgsbereich ke<strong>in</strong>e eigens errechneten<br />

Überlebenskurven gibt, wurden möglichst passende Kurven aus dem<br />

Flachland verwendet. Um zu verifizieren, ob diese Kurven die Realität<br />

im Gebirge ohne erhebliche Abweichungen beschreiben können,<br />

wurden Plausibilitätsberechnungen anhand tatsächlicher Scha<strong>der</strong>eignisse<br />

<strong>in</strong> den Untersuchungsgebieten im Zeitraum von 1990<br />

bis 2003 durchgeführt. Diesen Berechnungen zufolge zeichnet die<br />

Kurve für mo<strong>der</strong>ates Risiko e<strong>in</strong> sehr realistisches Bild, während die<br />

Kurve „erhöhtes Risiko“ größere Kalamitätsnutzungen unterstellt,<br />

als es <strong>in</strong> natura von 1990 bis 2003 <strong>der</strong> Fall war. Dennoch haben diese<br />

Ergebnisse e<strong>in</strong>e Bedeutung. Sie stellen sozusagen e<strong>in</strong>e Berechnung<br />

„mit Sicherheitszuschlag“ dar. Beispielsweise im Zusammenhang mit<br />

dem Klimawandel kann dieser Sicherheitszuschlag relevant werden.<br />

Wenn Klimaverän<strong>der</strong>ungen zu häufigeren Sturmereignissen führen<br />

o<strong>der</strong> die Borkenkäferaktivität <strong>in</strong> höheren Lagen begünstigen, wird<br />

unter Umständen das erhöhte Risiko bald zur Realität.<br />

E<strong>in</strong> gewisser Nachteil liegt dar<strong>in</strong>, dass für beide Behandlungsalternativen<br />

die gleichen Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten verwendet<br />

werden mussten. Es ist bekannt, dass die Schadanfälligkeit von<br />

Waldbeständen kurz nach Durchforstungse<strong>in</strong>griffen steigt und<br />

schließlich aufgrund von Stabilisierungseffekten <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelbäume<br />

wie<strong>der</strong> abnimmt (z. B. König 1995). Diese Entwicklungen konnten<br />

<strong>in</strong> die Berechungen nicht e<strong>in</strong>bezogen werden, da die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

von Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten aufgrund von E<strong>in</strong>griffen<br />

bisher nicht quantifiziert wurden. Hier bietet sich noch e<strong>in</strong> breites<br />

Forschungsfeld, welches aber vermutlich nur durch sehr aufwendige<br />

Untersuchungen bearbeitet werden kann. Auch Moog (1997)<br />

bezeichnete die Berücksichtigung von Unsicherheiten und Kalamitätsrisiken<br />

<strong>in</strong> forstbetriebswirtschaftlichen Forschungen als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

wichtigsten <strong>der</strong>zeitigen Aufgaben <strong>der</strong> Forstökonomie.<br />

Die Tatsache, dass die Berücksichtigung von Risiken trotz gleicher<br />

verwendeter Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeiten e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die f<strong>in</strong>anzielle Vorteilhaftigkeit hat, liegt an zweierlei Effekten.<br />

Zum e<strong>in</strong>en reduzieren die Durchforstungs- und Verjüngungse<strong>in</strong>griffe,<br />

wie auch Moog (2004), beschreibt den dem Risiko ausgesetzten<br />

Vorrat. Holzmengen, die bereits im Rahmen von Durchforstungsmaßnahmen<br />

entnommen wurden, können nicht mehr <strong>in</strong> Form von<br />

niedriger bewertetem Sturmholz anfallen. Zum an<strong>der</strong>en sorgen die<br />

regelmäßigen E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> den behandelten Beständen für e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />

Streuung <strong>der</strong> Kapitalwerte als <strong>in</strong> den unbehandelten Beständen,<br />

wo außer <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en, fiktiven Ernte am Ende des Bestandeslebens<br />

nur unkontrollierte Kalamitätsnutzungen anfallen. Diese reduzierte<br />

Streuung im behandelten Szenario hat für e<strong>in</strong>en risikoaversen<br />

Wirtschafter e<strong>in</strong>en Nutzen. Erhöhte Streuung bedeutet e<strong>in</strong>e größere<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für hohe Verluste: e<strong>in</strong> Effekt, den risikoaverse<br />

Entschei<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel meiden (Spremann 1996). Möglichkeiten<br />

e<strong>in</strong>er flexiblen, dem Holzmarkt angepassten Nutzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlungsvariante,<br />

wie bei Knoke und Wurm (2006) berücksichtigt, s<strong>in</strong>d<br />

Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Alter [Jahre]<br />

Buche<br />

Fichte unter Mischbestandsverhältnissen<br />

Fichte unter Re<strong>in</strong>bestandsverhältnissen<br />

Fichte unter Re<strong>in</strong>bestandsverhältnissen mit JP (+1/3) .<br />

Abbildung 10. Vergleich <strong>der</strong> Überlebenskurven nach Knoke und Seifert (<strong>2008</strong>) mit<br />

e<strong>in</strong>er fiktiven Überlebenskurve für Fichte mit JP (Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit um 1/3<br />

reduziert).<br />

Comparision of the survival curves after Knoke and Seifert (<strong>2008</strong>) with a fictitious survival curve<br />

of th<strong>in</strong>ned spruce (Probability of calamities reduced by 1/3).<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14<br />

11


Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

S. Höllerl<br />

<strong>in</strong> diese Betrachtung noch gar nicht e<strong>in</strong>gegangen und bergen sicher<br />

noch weitere f<strong>in</strong>anzielle Vorteile e<strong>in</strong>er Behandlung.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige weiterführende Frage werfen die Ergebnisse aus <strong>der</strong><br />

Bewertung <strong>der</strong> JP auf. So stellt sich die Frage, ob e<strong>in</strong>e Senkung <strong>der</strong><br />

Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit um 1/4 bis 1/3 realistischerweise durch<br />

JP-Maßnahmen erreicht werden kann. Diese Frage konnte zwar<br />

nicht abschließend beantwortet werden, aber <strong>der</strong> Vergleich mit e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchung von Knoke und Seifert (<strong>2008</strong>) lieferte wichtige<br />

H<strong>in</strong>weise. Die Autoren berechneten Kapitalwerte für unterschiedliche<br />

Mischungen aus Fichte und Buche. Bei ihren Berechnungen<br />

berücksichtigten sie unter an<strong>der</strong>em auch den stabilisierenden Effekt<br />

<strong>der</strong> Buchenbeimischung auf die Fichte. Sie verwendeten dazu unterschiedliche<br />

Überlebenskurven: e<strong>in</strong>e für Buche und zwei für Fichte:<br />

Fichte unter Re<strong>in</strong>bestandsverhältnissen und Fichte, <strong>der</strong>en Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

aufgrund <strong>der</strong> Buchenbeimischung höher<br />

e<strong>in</strong>geschätzt wurde. Die drei Überlebenskurven s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Abbildung<br />

10 dargestellt. Sie können e<strong>in</strong>en gewissen Anhaltspunkt geben, ob<br />

man die für die Amortisation <strong>der</strong> JP notwendigen Steigerungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit realistischerweise erreichen kann.<br />

Dazu wurde, basierend auf <strong>der</strong> Überlebenskurve für die Fichte unter<br />

Re<strong>in</strong>bestandsverhältnissen e<strong>in</strong>e zusätzliche fiktive Kurve berechnet,<br />

bei <strong>der</strong> die Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit überall um 1/3 <strong>der</strong> Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

erhöht wurde. Entlang dieser Kurve müsste die<br />

Überlebenskurve nach <strong>der</strong> Jungbestandspflege verlaufen, damit die<br />

Maßnahme f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft wird.<br />

Die fiktive Überlebenskurve mit <strong>der</strong> um 1/3 reduzierten Ausfallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

liegt relativ mittig zwischen <strong>der</strong> Re<strong>in</strong>bestands-<br />

Fichtenkurve von Knoke und Seifert (<strong>2008</strong>) und <strong>der</strong> Kurve, bei <strong>der</strong><br />

die Autoren e<strong>in</strong>e Stabilisierung durch Buchenbeimischung unterstellt<br />

haben.<br />

Geht man, wie beispielsweise Nielsen (1990, 1991, 1995), davon<br />

aus, dass die Verankerung von Fichten am wirksamsten durch<br />

JP-Maßnahmen gesteigert werden kann, dann ersche<strong>in</strong>t die gefor<strong>der</strong>te<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Überlebenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit im Vergleich<br />

mit den an<strong>der</strong>en Kurven nicht unerreichbar. H<strong>in</strong>zu kommt, dass im<br />

Rahmen von solchen JP-Maßnahmen auch vorhandene Mischbaumarten<br />

gesichert werden können. E<strong>in</strong>e Maßnahme, die <strong>in</strong> dieselbe<br />

Richtung wirkt, wie die unterstellte Stabilisierung durch Buchenbeimischung<br />

bei Knoke und Seifert (<strong>2008</strong>).<br />

F<strong>in</strong>anzielle Aspekte <strong>in</strong> waldbaulicher Forschung<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> f<strong>in</strong>anziellen Teilstudie s<strong>in</strong>d von entscheiden<strong>der</strong><br />

Bedeutung im gesamten Forschungsprojekt zur Behandlung von<br />

Fichtenre<strong>in</strong>beständen <strong>der</strong> montanen Stufe. Bee<strong>in</strong>flussen sie doch die<br />

letztendlich zu treffenden Entscheidungen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Durchführung<br />

von E<strong>in</strong>griffen stark. Wie e<strong>in</strong>gangs schon bemerkt, stellen<br />

die f<strong>in</strong>anziellen Auswirkungen waldbaulicher Maßnahmen wichtige<br />

Triebfe<strong>der</strong>n für <strong>der</strong>en Durchführung dar. Dies kam auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Expertenbefragung zum Ausdruck, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er mehrfach Maßnahmen<br />

als s<strong>in</strong>nvoll geschil<strong>der</strong>t wurden, <strong>der</strong>en Durchführung aber<br />

an f<strong>in</strong>anzielle Bed<strong>in</strong>gungen geknüpft wurde. Forschungsprojekte auf<br />

re<strong>in</strong> naturaler Ebene erzeugen also möglicherweise e<strong>in</strong>en Erkenntnisgew<strong>in</strong>n,<br />

erhalten aber nicht die Praxisrelevanz, die ihnen zukommen<br />

könnte, wenn f<strong>in</strong>anzielle Aspekte mitberücksichtigt würden. Der<br />

<strong>Waldbau</strong> als <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres und entscheidungsorientertes Fach<br />

muss aber bis zu dieser Praxisrelevanz vordr<strong>in</strong>gen.<br />

Genau dieser Mangel an ökonomischen und <strong>in</strong>tegralen Ansätzen<br />

wird oft als Problem <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong>wissenschaft gesehen. In vielen Fällen<br />

wurde die Interdiszipl<strong>in</strong>arität des <strong>Waldbau</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

nicht mehr mit Leben erfüllt, und die Forschung wurde e<strong>in</strong>seitig auf<br />

die Ökologie ausgerichtet. Bauer (1962) und Knoke (<strong>in</strong> Vorbereitung)<br />

sehen dar<strong>in</strong> die Ursache für e<strong>in</strong>e schw<strong>in</strong>dende wissenschaftliche<br />

Bedeutung des <strong>Waldbau</strong>s unter vielen an<strong>der</strong>en ökologischen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en und die Ursache für e<strong>in</strong>e abnehmende Praxisrelevanz.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wurden die Aspekte Ökologie und Ökonomie dagegen<br />

z. T. sehr erfolgreich komb<strong>in</strong>iert. Die Dauerwaldbewegung und<br />

die naturgemäße Waldwirtschaft s<strong>in</strong>d nicht vorrangig aus ökologischen<br />

Gründen entstanden als vielmehr aus <strong>der</strong> Motivation heraus,<br />

wirtschaftlich zu arbeiten. Man arbeitet mit Naturverjüngung, um<br />

Kulturkosten zu sparen und schafft Reserven, um die Flexibilität<br />

zu erhöhen. Pflegende E<strong>in</strong>griffe sorgen für frühe E<strong>in</strong>nahmen. Dies<br />

führt zu e<strong>in</strong>em Dauerwald. Angesichts <strong>der</strong> unbestrittenen ökologischen<br />

wie ökonomischen Erfolge dieser Art <strong>der</strong> Waldwirtschaft ist<br />

Mosandl (2000) <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, <strong>der</strong> <strong>Waldbau</strong> sei <strong>in</strong> Zukunft gut beraten,<br />

wie<strong>der</strong> die Anb<strong>in</strong>dung an die Ökonomie zu suchen.<br />

In weiten Bereichen <strong>der</strong> waldbaulichen Forschung läßt diese Anb<strong>in</strong>dung<br />

aber nach wie vor zu wünschen übrig. Nur wenige Studien<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> jüngeren Vergangenheit berücksichtigen die unterschiedlichen<br />

Ansprüche ökonomischer, ökologischer und sozialer Art an den Wald<br />

(Knoke und Mosandl 2004, Felbermeier und Mosandl 2004, Knoke<br />

und Hahn 2007, Knoke und Seifert <strong>2008</strong>, Knoke et al. <strong>2008</strong>).<br />

Die hier beschriebene Studie weist <strong>in</strong> ihrer Dreistufigkeit allerd<strong>in</strong>gs<br />

e<strong>in</strong>en über die bisherigen Studien h<strong>in</strong>ausreichenden Ansatz zur<br />

Komb<strong>in</strong>ation von Ökologie und Ökonomie bei <strong>der</strong> Entscheidungsunterstützung<br />

auf, wie er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er waldbaulichen Studie bisher noch<br />

nicht angewandt wurde. Aufgrund des <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Anspruchs<br />

im <strong>Waldbau</strong> könnte dieser Ansatz jedoch für viele an<strong>der</strong>e waldbauliche<br />

Fragestellungen beispielgebend se<strong>in</strong>.<br />

Dabei bed<strong>in</strong>gt die Berücksichtigung ökonomischer Gegebenheiten<br />

ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>e Beschränkung im ökologischen Bereich, wie<br />

häufig befürchtet wird. Im Forstbereich herrscht oftmals die Me<strong>in</strong>ung<br />

vor, dass Rentabilitätsüberlegungen dem Wesen <strong>der</strong> nachhaltigen<br />

Waldbewirtschaftung wi<strong>der</strong>sprechen und e<strong>in</strong>e an <strong>der</strong> Rentabilität<br />

ausgerichtete Bewirtschaftung zwangsläufig zur Waldverwüstung<br />

führen muss (Möhr<strong>in</strong>g 2001a, b, Knoke <strong>in</strong> Vorbereitung). Dies gilt<br />

jedoch nur, wenn ke<strong>in</strong>e umfassenden, son<strong>der</strong>n lediglich e<strong>in</strong>seitige<br />

und unvollständige f<strong>in</strong>anzielle Überlegungen angestellt werden.<br />

Umfassende f<strong>in</strong>anzielle Berechnungen, welche auch naturale Effekte<br />

von Bewirtschaftungsmaßnahmen (z. B. stabilisierende Effekte) und<br />

Risiken berücksichtigen, können dagegen e<strong>in</strong>seitige Kalkulationen<br />

wi<strong>der</strong>legen, die auf M<strong>in</strong>imierung <strong>der</strong> Ausgaben abzielen und zur Unterlassung<br />

von wichtigen Maßnahmen führen.<br />

Wie Mosandl (1997) konstatiert, ist heute <strong>in</strong> Kreisen <strong>der</strong> Forstwirtschaft<br />

die reduktionistische Sichtweise weit verbreitet, und es<br />

gilt vielfach die Parole „Sparen – koste es, was es wolle“. Dies sei<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht neu. Schon He<strong>in</strong>rich Cotta habe sich Anfang des<br />

vorletzten Jahrhun<strong>der</strong>ts über se<strong>in</strong>e wenig weitsichtigen Zeitgenossen<br />

mit folgenden Worten beklagt:<br />

„Wer bei e<strong>in</strong>em Verwaltungszweige angestellt wird, will gerne<br />

glänzen und <strong>in</strong> unseren geldarmen Zeiten vorzüglich als guter F<strong>in</strong>anzierer<br />

ersche<strong>in</strong>en … Aber wie groß <strong>der</strong> Nachteil ist, welchen dieser<br />

ersparte Taler durch vernachlässigte Forstwirtschaft zur Folge haben,<br />

fällt nicht so <strong>in</strong> die Augen, wenn auch <strong>der</strong>selbe den Vorteil vielmal<br />

überwiegt. Dieser lässt sich auf dem Papier sogleich nachweisen; jener<br />

h<strong>in</strong>gegen wird erst späterh<strong>in</strong> im Wald sichtbar“ (zit. n. Richter<br />

1950, S. 200).<br />

Die effektivste Methode, diesem Trend heute entgegenzutreten,<br />

ist es, eben den Nachteil bestimmter Maßnahmen o<strong>der</strong> Unterlassungen<br />

auch „auf dem Papier nachzuweisen“, um <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diktion von<br />

Cotta zu bleiben. Solches gelang beispielsweise <strong>in</strong> den Forschungen<br />

von Moog (2004), Knoke et al. (2005), Knoke und Wurm (2006),<br />

Knoke und Hahn (2007), Knoke und Seifert (<strong>2008</strong>) sowie Knoke et<br />

al. (<strong>2008</strong>), wo man aufgrund <strong>der</strong> Berücksichtigung von Diversifikationseffekten<br />

und Risiken zu dem Ergebnis kam, dass Mischbestände<br />

nicht nur ökologisch, son<strong>der</strong>n auch ökonomisch gegenüber Re<strong>in</strong>beständen<br />

von Vorteil s<strong>in</strong>d. Die vorliegende Untersuchung folgt e<strong>in</strong>em<br />

ähnlichen Pr<strong>in</strong>zip, wenn sich vor<strong>der</strong>gründig defizitäre E<strong>in</strong>griffe<br />

aufgrund <strong>der</strong> Berücksichtigung von Risiken als f<strong>in</strong>anziell vorteilhaft<br />

entpuppen. Letztlich könnte diese Tendenz noch deutlich stärker<br />

12 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


S. Höllerl Berücksichtigung f<strong>in</strong>anzieller Aspekte bei waldbaulichen Entscheidungen<br />

ausfallen, wenn es gelänge, stabilisierende Effekte von waldbaulichen<br />

Maßnahmen genau zu quantifizieren und <strong>in</strong> die Kalkulationen e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

So können fundierte f<strong>in</strong>anzielle Untersuchungen, welche auch<br />

die Erkenntnisse naturaler Studien berücksichtigen, zu ganz an<strong>der</strong>en<br />

Erkenntnissen kommen als e<strong>in</strong>seitige Kalkulationen, welche nur die<br />

Ausgabenseite betrachten.<br />

Dies stellt vermutlich e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wenigen Möglichkeiten dar, e<strong>in</strong>en<br />

Trend aufzuhalten, den Mosandl (1997) folgen<strong>der</strong>maßen beschreibt:<br />

„Im Unterschied zu Cottas Zeiten s<strong>in</strong>d wir heute noch etwas forscher.<br />

Wir s<strong>in</strong>d zum<strong>in</strong>dest teilweise bereit, unter dem ökonomischen<br />

Sparzwang auch die forstlichen Ziele und damit die forstliche Ethik<br />

über Bord zu werfen. Dies wird fatale Folgen für die Forstwirtschaft<br />

und letztlich auch für die Gesellschaft haben.<br />

Gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Begrenztheit <strong>der</strong> Ressourcen<br />

immer deutlicher wird, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ungehemmtes Wachstum und Umweltverbrauch<br />

fragwürdig werden, fängt <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Bereich <strong>der</strong><br />

Wirtschaft, <strong>der</strong> über e<strong>in</strong> zukunftsfähiges Modell des sparsamen<br />

Energiee<strong>in</strong>satzes und <strong>der</strong> geschlossenen Stofflüsse verfügt, nämlich<br />

die Forstwirtschaft, an, ihr Weltmodell zu demontieren und <strong>der</strong> übrigen<br />

Wirtschaft nachzueifern.“<br />

Wenn es gel<strong>in</strong>gt, aufgrund synoptischer Studien naturaler und<br />

f<strong>in</strong>anzieller Art, beispielsweise durch Berücksichtigung von Risiken,<br />

dem von Mosandl (1997) beschriebenen Trend entgegenzuwirken<br />

und vorausschauen<strong>der</strong>e Entscheidungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Waldbewirtschaftung<br />

zu treffen, kommen wir dem forstlichen Ideal <strong>der</strong> Nachhaltigkeit näher.<br />

E<strong>in</strong> wichtiger Schritt, <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs nicht ganz e<strong>in</strong>fach zu gehen<br />

ist, wie Messier und Kneeshaw (1999) me<strong>in</strong>en: „The <strong>in</strong>tegration of<br />

social, economic and ecological issues <strong>in</strong>to decision-mak<strong>in</strong>g systems<br />

is thus a crucial step towards susta<strong>in</strong>ability. It is difficult, however, as<br />

there is little to no tradition of such <strong>in</strong>tegration.”<br />

Danksagung<br />

Professor Dr. Re<strong>in</strong>hard Mosandl und Prof. Dr. Thomas Knoke sei für die<br />

Betreuung während <strong>der</strong> Forschungsarbeiten herzlich gedankt. Für die f<strong>in</strong>anzielle<br />

Unterstützung bedanke ich mich beim Kuratorium für forstliche<br />

Forschung <strong>in</strong> Bayern. Herzlichen Dank auch den beiden Gutachtern des Artikels<br />

für wertvolle Verbesserungsvorschläge.<br />

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14 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 4-14


Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

forstarchiv 80, 15–22<br />

(2009)<br />

DOI 10.237603004112-<br />

80-15<br />

© M. & H. Schaper<br />

GmbH<br />

ISSN 0300-4112<br />

Korrespondenzadresse:<br />

andreas.schmied<strong>in</strong>ger@<br />

lwf.bayern.de<br />

E<strong>in</strong>gegangen:<br />

08.12.<strong>2008</strong><br />

Angenommen:<br />

23.01.2009<br />

Kurzfassung<br />

Verfahren zur Auswahl von Baumarten für Anbauversuche vor<br />

dem H<strong>in</strong>tergrund des Klimawandels<br />

How to select tree species for trials aga<strong>in</strong>st the background of climate change?<br />

Andreas Schmied<strong>in</strong>ger 1 , Mart<strong>in</strong> Bachmann 1 , Christian Köll<strong>in</strong>g 1 und Randolf Schirmer 2<br />

1<br />

Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Am Hochanger 11, D-85354 Freis<strong>in</strong>g<br />

2<br />

Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht, Forstamtsplatz 1, D-83317 Teisendorf<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund des prognostizierten Klimawandels stellt sich die Frage, welche Gastbaumarten zukünftig das heimische<br />

Artenspektrum <strong>in</strong> unseren Wäl<strong>der</strong>n ökologisch und ökonomisch s<strong>in</strong>nvoll ergänzen können. Dazu wird e<strong>in</strong> Ansatz<br />

zur Vorauswahl forstwirtschaftlich <strong>in</strong>teressanter und für bayerische Verhältnisse klimagerechter Baumarten für kommende<br />

Versuchsanbauten vorgestellt. Dabei erfolgte die Identifikation <strong>der</strong> zu testenden Baumarten mithilfe e<strong>in</strong>es stratifizierten Drei-<br />

Filter-Verfahrens: (1) e<strong>in</strong>em Klima-Filter, bestehend aus e<strong>in</strong>er weltweiten GIS-basierten Suche nach Klimaregionen, <strong>in</strong> welchen<br />

die für Bayern sowohl aktuellen als auch gemäß dem Szenario B1 prognostizierten Klimabed<strong>in</strong>gungen vorgefunden wurden,<br />

(2) e<strong>in</strong>em Nutzwert-Filter <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Nutzwertanalyse, welche forstökonomische, forstökologische und forstsoziologische<br />

Gesichtspunkte bewertete, (3) e<strong>in</strong>em Anbaufilter, <strong>in</strong> dem recherchiert wurde, für welche vorausgewählten Baumarten noch<br />

ke<strong>in</strong>e ausreichenden Anbauerfahrungen vorliegen. Als Ergebnis <strong>der</strong> Studie werden die Baumarten Abies borisii-regis Mattf.,<br />

P<strong>in</strong>us pon<strong>der</strong>osa Dougl., Abies bornmuelleriana Mattf., Abies cephalonica Loud., P<strong>in</strong>us peuce Griseb., P<strong>in</strong>us tabulaeformis<br />

Carr., P<strong>in</strong>us ech<strong>in</strong>ata Mill., P<strong>in</strong>us virg<strong>in</strong>iana Mill., Fagus orientalis Lipsky, Carya glabra (Mill.) Sweet, Quercus mongolica Fisch.<br />

ex Turcz. und Tilia tomentosa Moench für Versuchsanbauten favorisiert. Für die tatsächliche Prüfung wird die Verfügbarkeit<br />

des entsprechenden, herkunftsgeprüften Saatgutes <strong>der</strong> limitierende Faktor se<strong>in</strong>. Der Vorteil des hier vorgestellten Verfahrens<br />

gegenüber e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> empirischen Auswahl von Gastbaumarten auf <strong>der</strong> Grundlage ihrer gegenwärtigen Wuchsleistungen<br />

liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> prognostizierten zukünftigen Klimabed<strong>in</strong>gungen.<br />

Schlüsselwörter: Gastbaumart, Waldumbau, Klimawandel, Versuchsanbauten, Baumartenwahl, Nutzwertanalyse<br />

Abstract<br />

With respect to predicted climate change scenarios the question arises whether certa<strong>in</strong> exotic tree species could complement<br />

the native tree species which are supposed to be adapted to changed climate conditions. Climate-adapted tree species relevant<br />

to forestry were selected for cultivation tests us<strong>in</strong>g a stratified “three-filter-method”: (1) a climatic filter, based on a<br />

global GIS orientated search for climatic regions <strong>in</strong> which both the recent and the predicted Bavarian climatic conditions could<br />

be found, (2) a utility value filter <strong>in</strong> terms of a utility value analysis, with which forest ecological and forest socio-economic parameters<br />

were evaluated, (3) a growth filter that evaluates already exist<strong>in</strong>g knowledge on tree growth of the selected species.<br />

Us<strong>in</strong>g these three filters Abies borisii-regis Mattf., P<strong>in</strong>us pon<strong>der</strong>osa Dougl., Abies bornmuelleriana Mattf., Abies cephalonica<br />

Loud., P<strong>in</strong>us peuce Griseb., P<strong>in</strong>us tabulaeformis Carr., P<strong>in</strong>us ech<strong>in</strong>ata Mill., P<strong>in</strong>us virg<strong>in</strong>iana Mill., Fagus orientalis Lipsky, Carya<br />

glabra (Mill.) Sweet, Quercus mongolica Fisch. ex Turcz. and Tilia tomentosa Moench were selected. For the future test<strong>in</strong>g of<br />

those species the availability of appropriate and certified seeds will be the crucial factor for f<strong>in</strong>al selection. The advantage of<br />

the method over a pure empirical selection of exotic tree species which would only be based on estimations on future growth<br />

recent growth capacity is the <strong>in</strong>clusion of predicted future climatic conditions.<br />

Key words: exotic tree species, forest transformation, climate change, growth experiments, tree species selection, utility<br />

value analysis<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Bereits mo<strong>der</strong>ate Klimaprognosen gehen im Zeitraum von 2071<br />

bis 2100 für Süddeutschland von e<strong>in</strong>em Anstieg <strong>der</strong> Jahresmitteltemperatur<br />

um etwa 2 °C und e<strong>in</strong>em gleichzeitigen Rückgang <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>schläge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vegetationsperiode um 10 bis 25 % aus (Spekat<br />

et al. 2007). Diese Entwicklung wird sich auf den Zustand und<br />

die Zusammensetzung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> erheblich auswirken (Köll<strong>in</strong>g und<br />

Zimmermann 2007, Köll<strong>in</strong>g <strong>2008</strong>a). Die Forstwirtschaft ist daher<br />

e<strong>in</strong> von den Folgen des Klimawandels ganz wesentlich betroffener<br />

Wirtschaftszweig. Sie ist erstens e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s witterungs- und<br />

damit klimaabhängige Art <strong>der</strong> Landnutzung, arbeitet zweitens mit<br />

langlebigen Organismen, den Bäumen, und kann drittens die Produktionsstätten<br />

nicht verlegen. Es ist zu befürchten, dass die prognostizierten<br />

Klimaän<strong>der</strong>ungen bei verschiedenen forstwirtschaftlich<br />

bedeutsamen Baumarten zu e<strong>in</strong>er erhöhten Mortalität führen und<br />

damit das Anbaurisiko dieser Arten erheblich steigern werden. Erschwerend<br />

kommt h<strong>in</strong>zu, dass e<strong>in</strong>e Anpassung bei e<strong>in</strong>igen <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit<br />

angebauten Arten nur bed<strong>in</strong>gt möglich se<strong>in</strong> wird, da sie den<br />

Übergang vom aktuellen zum prognostizierten Klima – gemessen<br />

am Lebensalter e<strong>in</strong>es Baumes – <strong>in</strong> ausgesprochen kurzer Zeit bewältigen<br />

müssen (Graßl 2007, Köll<strong>in</strong>g et al. <strong>2008</strong>). Dass dies den<br />

verschiedenen Arten unterschiedlich gut gel<strong>in</strong>gen wird, liegt auf <strong>der</strong><br />

Hand. So müssen sie sich auf e<strong>in</strong>en völlig neue Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> für<br />

ihre Verbreitung und Vitalität relevanten Klimafaktoren (dies s<strong>in</strong>d<br />

vor allem das Temperatur- und Nie<strong>der</strong>schlagsregime) e<strong>in</strong>stellen und<br />

dazu noch mit neuen Extremwerten zurechtkommen (Wagner und<br />

Fischer 2007).<br />

Angesichts <strong>der</strong> Unsicherheit darüber, ob und wie die heimischen<br />

und bislang im Gebiet angebauten Baumarten diese Verän<strong>der</strong>ungen<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22<br />

15


Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

bewältigen werden, sollte <strong>der</strong> wissenschaftlich begleitete Versuchsanbau<br />

von Gastbaumarten (exotische Baumarten mit e<strong>in</strong>em vom<br />

Anbaugebiet räumlich verschiedenen natürlichen Areal) ke<strong>in</strong> Tabu<br />

darstellen (Brang et al. <strong>2008</strong>). Vor allem gilt dies für jene Regionen,<br />

<strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> bislang <strong>in</strong> Vergangenheit und Gegenwart nicht realisiertes,<br />

für den größeren Umkreis völlig neuartiges, sogenanntes „nichtanaloges“<br />

Klima erwartet wird. Somit werden für Gastbaumarten<br />

Extremstandorte <strong>in</strong>teressant, „die von heimischen Arten nicht mehr<br />

ohne Schwierigkeiten besiedelt werden können “(Roloff und Grundmann<br />

<strong>2008</strong>). Empfehlungen für Baumarten, die <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Klimaten<br />

<strong>der</strong> Erde ihre Trockenheitstoleranz bereits unter Beweis gestellt<br />

haben, können jedoch bislang nur auf <strong>der</strong> Grundlage von Literaturbefunden<br />

gegeben werden, da planmäßige vergleichende Versuchsanbauten<br />

<strong>in</strong> vielen Fällen fehlen. Diese Testphase, welche sich im Idealfall<br />

über e<strong>in</strong>en Zeitraum von mehreren Umtriebszeiten erstrecken<br />

sollte, ist aber e<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>gende Voraussetzung für Praxisempfehlungen,<br />

da nicht nur das Wuchsverhalten <strong>der</strong> Baumarten als erwünschte<br />

Hauptwirkung, son<strong>der</strong>n auch die unerwünschten Nebenwirkungen<br />

auf Boden und belebte Umwelt geprüft werden müssen. An<strong>der</strong>nfalls<br />

drohen bei e<strong>in</strong>em vorschnellen Anbau negative Auswirkungen, wie<br />

sie beispielsweise nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung von P<strong>in</strong>us strobus L. <strong>in</strong> Mitteleuropa<br />

(But<strong>in</strong> 1983) o<strong>der</strong> P<strong>in</strong>us contorta Douglas ex Loudon <strong>in</strong><br />

Schweden (Engelmark et al. 2001) die Folge waren. Des Weiteren<br />

s<strong>in</strong>d Invasionen wie bei <strong>der</strong> Art Prunus serot<strong>in</strong>a Ehrh. vor dem Anbau<br />

auszuschließen, um nachteilige Effekte auf forstwirtschaftliche und<br />

naturschutzfachliche Ziele von vornhere<strong>in</strong> zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Aus dieser Erkenntnis heraus wurde nachfolgende Vorstudie zu<br />

Versuchsanbauten mit klimawandelgerechten Gastbaumarten angestoßen.<br />

Ziel des Gesamtprojektes ist es, Versuchsflächen zur langfristigen<br />

Beobachtung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorstudie ausgewählter Gastbaumarten<br />

e<strong>in</strong>zurichten sowie erste Befunde zu Anwuchserfolgen und möglichen<br />

schädlichen Nebenwirkungen des Anbaus zu erlangen. Nachfolgend<br />

wird das Auswahlverfahren differenziert beschrieben und unsere<br />

Ergebnisse im H<strong>in</strong>blick auf Versuchsanbauten zu bevorzugende<br />

Gastbaumarten und <strong>der</strong>en Herkunftsgebiete dargestellt.<br />

Material und Methoden<br />

Grundlage <strong>der</strong> hier vorgestellten Baumartenauswahl ist <strong>der</strong> Vergleich<br />

des heutigen und des zukünftigen Klimas <strong>in</strong> Bayern mit weltweit<br />

ähnlichen Klimaregionen. Wir prüfen dabei, <strong>in</strong> welchen Landschaften<br />

<strong>der</strong> Erde gegenwärtig die aktuellen (1950-2000) Klimate Bayerns<br />

<strong>in</strong> enger räumlicher Verzahnung mit den prognostizierten (2071-<br />

2100) Klimabed<strong>in</strong>gungen auftreten (Klima-Filter), um dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

zweiten Schritt zu analysieren, ob dort Baumarten vorkommen,<br />

<strong>der</strong>en Arealklimata sowohl nach dem heutigen als auch dem zukünftigen<br />

Klima den bayerischen Klimaten ähneln. Abschließend gilt es,<br />

die gefundenen Baumarten h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong>en forstwirtschaftlicher<br />

Relevanz (Nutzwert-Filter) e<strong>in</strong>zuschätzen und zu bewerten, ob bereits<br />

h<strong>in</strong>reichend Anbauerfahrungen vorliegen und geeignetes Vermehrungsgut<br />

verfügbar ist (Anbau-Filter). Im Detail lässt sich das<br />

Vorgehen so skizzieren:<br />

Klima-Filter<br />

Mit <strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>der</strong> WORLDCLIM-Daten durch Hijmans<br />

et al. (2005) wurde die weltweite Abfrage von Klimabed<strong>in</strong>gungen<br />

bestimmter Zielgebiete vere<strong>in</strong>facht (Beaumont et al. 2005). Auf <strong>der</strong><br />

Grundlage dieser hochaufgelösten Klimadaten lassen sich weltweite<br />

GIS-Abfragen zu e<strong>in</strong>zelnen Klimafaktoren o<strong>der</strong> auch zu Komb<strong>in</strong>ationen<br />

von Klimafaktoren durchführen. Denn es ersche<strong>in</strong>t wenig<br />

s<strong>in</strong>nvoll, e<strong>in</strong> mittleres Klima mit e<strong>in</strong>er mittleren Klimaverän<strong>der</strong>ung<br />

für die gesamte bayerische Waldfläche anzunehmen und entsprechende<br />

Gebiete mit ähnlichen Jahresmitteltemperaturen weltweit zu<br />

suchen. Wirklichkeitsnäher und Erfolg versprechen<strong>der</strong> ist es, Bayern<br />

zunächst <strong>in</strong> Klimaregionen gleicher Waldflächenrelevanz e<strong>in</strong>zuteilen.<br />

Wir verwenden dazu drei wichtige Klimagrößen, die maßgeblichen<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die Verbreitung von Baumarten haben können (Schultz<br />

1988, Booth et al. 1988, Walter und Breckle 1999, Walther et al.<br />

2007): die mittlere Jahrestemperatur, die mittleren jährlichen Nie<strong>der</strong>schläge<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Vegetationsperiode (Mai bis September) und die<br />

mittlere M<strong>in</strong>imumtemperatur des kältesten Monats (Januar). Die<br />

für die genannten Klimagrößen ermittelten Spannen werden unter<br />

Verwendung von ESRIGIS (ArcMap 9.2) <strong>in</strong> jeweils drei Klassen<br />

(Terzile) e<strong>in</strong>geteilt, welche im Bezug auf die bayerische Waldfläche<br />

identische Flächenanteile e<strong>in</strong>nehmen (Abbildung 1a-c). Werden die<br />

drei genannten Klimaparameter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dreidimensionalen Koord<strong>in</strong>atensystem<br />

angeordnet, so können <strong>in</strong>nerhalb des resultierenden<br />

Würfels 27 Klimatypen (Teilwürfel) ausgeschieden werden (Abbildung<br />

2). Die so generierten Klimatypen werden dann für Bayern<br />

regionalisiert <strong>in</strong> Kartenform dargestellt.<br />

Um adäquate Regionen auf <strong>der</strong> Südhalbkugel identifizieren zu<br />

können, wird die x-Achse des oben erwähnten dreidimensionalen<br />

Koord<strong>in</strong>atensystems (Abbildung 2) alternativ mit dem mittleren Jahresnie<strong>der</strong>schlag<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit zwischen November und März belegt, <strong>der</strong><br />

kälteste Monat ist hier zumeist <strong>der</strong> Juli.<br />

Da im beschriebenen Projekt Baumarten ausgewählt werden<br />

sollen, die vornehmlich mit den zukünftigen Klimabed<strong>in</strong>gungen<br />

zurechtkommen müssen, kann die globale Suche nach Gebieten,<br />

welche nur aktuelle Komponenten des bayerischen Klimas aufweisen,<br />

nicht zum Ziel führen. Vielmehr müssen auch die für Bayern<br />

prognostizierten zukünftigen Klimabed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> die Suche e<strong>in</strong>gehen.<br />

Hierfür wird das regionale Klimamodell WETTREG mit<br />

dem mo<strong>der</strong>aten Emissionsszenario B1 (Spekat et al. 2007) <strong>der</strong> Untersuchung<br />

zugrunde gelegt (Schwankungsbreite des Temperaturanstiegs<br />

zwischen 1,5 und 2,2 K). Zur Generierung <strong>der</strong> zu erwartenden<br />

bayerischen Klimatypen auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> WETTREG-Daten wird<br />

nunmehr ke<strong>in</strong> neuer Würfel erstellt, vielmehr wird analysiert, welche<br />

Spannbreiten bezüglich <strong>der</strong> verwendeten Klimaparameter <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> aktuellen bayerischen Klimatypen (Teilwürfel) auftreten würden,<br />

wenn sich <strong>der</strong>en geographische Lage nicht verän<strong>der</strong>te. Dies ist möglich,<br />

<strong>in</strong>dem die Flächen<strong>in</strong>halte <strong>der</strong> Klimatypen, entstanden aus den<br />

aktuellen Klimadaten nach WORLDCLIM, gleichsam e<strong>in</strong>er Schablone<br />

über die Rasterdaten des prognostizierten Klimas gelegt und<br />

somit die zukünftigen Schwellenwerte <strong>der</strong> drei Klimaparameter für<br />

die entsprechende Region ermittelt werden.<br />

Anschließend wird e<strong>in</strong>e Abfrage <strong>der</strong> WORLDCLIM-Rasterdaten<br />

mit dem „ESRIGIS Raster Calculator“ gestartet. Dabei werden<br />

Landschaften <strong>der</strong> Erde gesucht, die gegenwärtig sowohl ähnliche<br />

Klimabed<strong>in</strong>gungen aufweisen, wie sie <strong>in</strong> bestimmten Bereichen<br />

Bayerns zukünftig – dem Scenario B1 folgend – vorgefunden werden<br />

könnten, als auch mit e<strong>in</strong>em zum gegenwärtigen Klima <strong>in</strong> den<br />

entsprechenden Regionen Bayerns ähnlichen Klimatyp ausgestattet<br />

s<strong>in</strong>d. Wir gehen hier davon aus, dass sich dort Baumarten mit hoher<br />

ökologischer Plastizität etabliert haben. Es ist anzunehmen, dass sich<br />

<strong>der</strong>artige Spezies gut zur Stabilisierung bestimmter, von <strong>der</strong> Klimaverän<strong>der</strong>ung<br />

bedrohter Waldbestände eignen, weil sie zum e<strong>in</strong>en an<br />

die gegenwärtig noch kühleren Klimatypen <strong>in</strong> Bayern und zum an<strong>der</strong>en<br />

auch an die zukünftig wärmeren Bed<strong>in</strong>gungen angepasst se<strong>in</strong><br />

könnten. Nach <strong>der</strong> erfolgten Lokalisierung <strong>der</strong> potenziellen Herkunftsgebiete<br />

besteht nun die Möglichkeit, abhängig von Verfügbarkeit,<br />

Güte und Umfang digitaler sowie analoger Verbreitungskarten,<br />

potenzielle Gastbaumarten zu benennen.<br />

Für die Analyse wurden nur jene Klimaregionen herangezogen,<br />

welche je e<strong>in</strong>en Anteil von mehr als 6 % <strong>der</strong> bayerischen Gesamtwaldfläche<br />

aufweisen. Bezogen auf den bayerischen „Klimawürfel“<br />

s<strong>in</strong>d dies die Klimatypen 133, 311, 222 (mit jeweils e<strong>in</strong>em Wald-<br />

16 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22


Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

Abbildung 1<br />

a. Mittlerer Nie<strong>der</strong>schlag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vegetationszeit von Mai bis September <strong>in</strong> Bayern für<br />

den Zeitraum 1950 – 2000. Datengrundlage: WORLDCLIM (Hijmans et al. 2005)<br />

Mean Precipitation <strong>in</strong> the grow<strong>in</strong>g season from May to September for the period 1950 – 2000.<br />

Database: WORLDCLIM (Hijmans et al. 2005)<br />

b. Mittlere M<strong>in</strong>imumtemperatur des kältesten Monats <strong>in</strong> Bayern (Januar) für den<br />

Zeitraum 1950 – 2000. Datengrundlage: WORLDCLIM (Hijmans et al. 2005). Die<br />

Karte verdeutlicht die zunehmende Kont<strong>in</strong>entalität von Nordwesten nach Südosten.<br />

Mean m<strong>in</strong>imum temperature of the coldest month (January) <strong>in</strong> Bavaria for the period 1950 –<br />

2000. Database: WORLDCLIM (Hijmans et al. 2005). The map shows the <strong>in</strong>creas<strong>in</strong>g <strong>in</strong>fluence of<br />

cont<strong>in</strong>ental climatic conditions.<br />

c. Mittlere Jahrestemperatur für den Zeitraum 1950 – 2000 <strong>in</strong> Bavaria. Datengrundlage:<br />

WORLDCLIM (Hijmans et al. 2005).<br />

Mean annual temperature for the period 1950 – 2000. Database: WORLDCLIM (Hijmans et<br />

al. 2005).<br />

a<br />

Mittlerer Nie<strong>der</strong>schlag<br />

Mai-September<br />

283 bis 361 mm<br />

361 bis 477 mm<br />

477 bis 760 mm<br />

±<br />

40<br />

0 80 160<br />

Kilometers<br />

b<br />

MIttlere M<strong>in</strong>imumtemperatur<br />

des kältesten Monats<br />

-12,0 bis -5,5 °C<br />

-5,5 bis -4,4 °C<br />

-4,4 bis -2,0 °C<br />

Abbildung 2. Dreidimensionale Darstellung <strong>der</strong> für Bayern ausgeschiedenen 27 Klimatypen.<br />

Die Achsen des „Klimawürfels“ wurden mit den aktuellen Klimadaten (Bezugszeitraum<br />

1950 – 2000) für Bayern auf <strong>der</strong> Grundlage von WORLDCLIM (Hijmans<br />

et al. 2005) beschriftet.<br />

Three-dimensional illustration of 27 climatic types <strong>in</strong> Bavaria. The axes were labeled us<strong>in</strong>g<br />

contemporary climate data (reference period 1950 – 2000) for Bavaria based on WORLDCLIM<br />

(Hijmans et al. 2005).<br />

±<br />

40<br />

0 80 160<br />

Kilometers<br />

flächenanteil zwischen 10 % und 20 %) und die Klimatypen 211,<br />

122, 312, 233 (mit jeweils e<strong>in</strong>em Waldflächenanteil zwischen 6 %<br />

und 9 %). Die ausgewählten Klimatypen repräsentieren somit rund<br />

75 % <strong>der</strong> bayerischen Waldfläche. Darüber h<strong>in</strong>aus wurden für e<strong>in</strong>zelne<br />

Klimaregionen die Auswirkungen des Szenarios A2 getestet<br />

(Schwankungsbreite des Temperaturanstiegs zwischen 1,8 und 2,2<br />

K für Bayern).<br />

c<br />

Mittlere Jahrestemperatur<br />

-0,5 bis 7,4 °C<br />

7,4 bis 8,0 °C<br />

8,0 bis 10,0 °C<br />

Nutzwert-Filter<br />

Auf die beschriebene Baumartenvorauswahl durch den Klima-Filter<br />

folgt <strong>der</strong> Nutzwert-Filter. Letzterer ist gleichbedeutend mit e<strong>in</strong>er<br />

Nutzwertanalyse (Zangemeister 1976), wobei <strong>in</strong> dem hier vorgestellten<br />

Verfahren forstökonomische, forstökologische und forstsoziologische<br />

Gesichtspunkte <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Kriterien-Gruppen Ökonomie,<br />

Ökologie sowie Wohlfahrtswirkungen bewertet werden (Tabelle 1).<br />

Innerhalb <strong>der</strong> drei Gruppen erfahren die Kriterien unterschiedliche<br />

Gewichtungen, wobei dem Ertrag, dem Invasionspotenzial und den<br />

Schutzfunktionen mit jeweils dem Faktor 7 die höchste Wertigkeit<br />

zuerkannt wird. Somit f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> allen Gruppen e<strong>in</strong> Kriterium<br />

mit hoher Wertigkeit. In die Gruppe <strong>der</strong> Wohlfahrtswirkungen kön-<br />

±<br />

40<br />

0 80 160<br />

Kilometers<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22<br />

17


Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Tabelle 1. Die Kriterien-Gruppen erhalten Anteile von je 40 %, 40 % bzw. 20 %. Innerhalb <strong>der</strong> drei Gruppen erfahren die Kriterien unterschiedliche Gewichtungen.<br />

The percentage of each criteria group on the total utility value is 40%, 40% and 20%, respectively. With<strong>in</strong> the three groups the criteria receive different load<strong>in</strong>gs.<br />

Kriterien-Gruppe Kriterium Gewichtung Bewertung Baumart<br />

Ökonomie Ertrag 7 b y 1<br />

= 7 * b<br />

Sägeholz 4 b y 2<br />

= 4 * b<br />

Energieholz 2 b y 3<br />

= 2 * b<br />

Ökologie Invasionspotenzial 7 b y 4<br />

= 7 * b<br />

Pathogen- und Schädl<strong>in</strong>gsresistenz 2 b y 5<br />

= 2 * b<br />

Mischungsfähigkeit 4 b y 6<br />

= 4 * b<br />

Soziologie (Wohlfahrtswirkungen) Schutzfunktionen (Erosions- u. Tr<strong>in</strong>kwasserschutz) 7 b y 7<br />

= 7 * b<br />

b = [1; 2; 3] Nutzwert Baumart NW = y 1<br />

+y 2<br />

+...+y 7<br />

Tabelle 2. Potenzielle Herkunftsgebiete <strong>der</strong> für Versuchsanbauten vorgeschlagenen Baumarten. In Gebieten wie dem Balkan f<strong>in</strong>den sich e<strong>in</strong>e Reihe von bayerischen Klimatypen<br />

wie<strong>der</strong>.<br />

The orig<strong>in</strong> regions of prospective tree species recommended for growth tests. In regions such as “Balkan” a number of Bavarian climate types can be identified.<br />

Baumart Herkunftsgebiet bayerische Klimatypen<br />

Abies borisii-regis Balkan 133 122 132 121<br />

Abies bornmuelleriana Kle<strong>in</strong>asien 133 122 121<br />

Abies cephalonica Griechenland 133 121<br />

P<strong>in</strong>us peuce Balkan 133 222 211 122 121<br />

P<strong>in</strong>us tabulaeformis Ch<strong>in</strong>a (Prov<strong>in</strong>zen Gansu und Shaanxi) 311 312<br />

P<strong>in</strong>us pon<strong>der</strong>osa USA (pazifischer Nordwesten)<br />

133 311 211 132 121 221<br />

Kanada (westliches Britisch Columbia)<br />

P<strong>in</strong>us virg<strong>in</strong>iana USA (Appalachen) 311 312<br />

P<strong>in</strong>us ech<strong>in</strong>ata USA (Appalachen) 311 312<br />

Fagus orientalis Kle<strong>in</strong>asien 211 311 312<br />

Tilia tomentosa Balkan 133 311 222 211 122 233 132 322 121<br />

Quercus mongolica Japan (Hokkaido) 311 312<br />

Carya glabra USA (Appalachen) 311 312<br />

nen neben den Schutzfunktionen ke<strong>in</strong>e weiteren bewertbaren Kriterien<br />

aufgenommen werden. Zusätzlich für die Gruppen Ökonomie<br />

und Ökologie werden die Holzverwendbarkeit und die Mischungsfähigkeit<br />

mit jeweils dem Faktor 4 gewichtet. Da letztendlich nicht<br />

Kurzumtriebs-Bestände im Fokus des Projektes stehen und die Frage<br />

<strong>der</strong> Pathogene <strong>in</strong> dem Stadium <strong>der</strong> Vorauswahl nur sehr grob auf<br />

<strong>der</strong> Grundlage von Literaturangaben bewertet werden kann, wird für<br />

die Verwendbarkeit als Energieträger und für die Pathogenresistenz<br />

<strong>der</strong> Faktor 2 vergeben. Die eigentliche Bewertung je Kriterium erfolgt<br />

anhand e<strong>in</strong>er 3-stufigen Skala, wobei <strong>der</strong> Zahlenwert mit dem<br />

Nutzwert ansteigt. So wird z. B. e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ger Ertrag mit <strong>der</strong> Zahl 1<br />

bewertet. Ebenso wird e<strong>in</strong> hohes Invasionspotenzial durch den Wert<br />

1 ausgedrückt. In Abhängigkeit von dem für jedes Kriterium festgelegten<br />

Faktor (z. B 7 für Ertrag und Invasionspotenzial) resultiert aus<br />

dem Schätzwert (1-3) e<strong>in</strong> Produkt; die Summe <strong>der</strong> Produkte ergibt<br />

folglich den Nutzwert <strong>der</strong> entsprechenden Baumart.<br />

Anbau-Filter<br />

Das Auswahlverfahren endet mit dem Anbau-Filter. Dabei werden<br />

nicht alle im Nutzwert-Filter bewerteten Baumarten analysiert, vielmehr<br />

wird für die Arten mit e<strong>in</strong>er hohen Punktzahl (hohem Nutzwert)<br />

recherchiert, ob bereits ausreichend gesicherte Anbauerfahrungen<br />

vorliegen. Wenn dies <strong>der</strong> Fall ist, werden die entsprechenden<br />

Baumarten nicht für e<strong>in</strong>en erneuten Versuchsanbau berücksichtigt.<br />

Dieses Verfahren wird so lange angewandt, bis 12 Arten – 8 Nadelholz-<br />

und 4 Laubholzarten – ermittelt s<strong>in</strong>d. Es werden mehr Arten<br />

gefiltert, als tatsächlich für den Versuchsanbau herangezogen werden,<br />

da letztendlich die Verfügbarkeit von zertifiziertem Saatgut e<strong>in</strong>e entscheidende<br />

Rolle bei <strong>der</strong> Umsetzbarkeit <strong>der</strong> Versuchsanbauten spielen<br />

wird. Ziel ist es, 4 Nadelholz- und 2 Laubholzarten im Versuch<br />

anzubauen.<br />

Ergebnisse<br />

Die potenziellen Herkunftsgebiete bef<strong>in</strong>den sich auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel<br />

zwischen dem 32. und 48. Breitengrad. Die <strong>in</strong>frage kommende<br />

südlichste Region auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel liegt <strong>in</strong> den ch<strong>in</strong>esischen<br />

Prov<strong>in</strong>zen Shaanxi und Gansu, die nördlichste im Westen <strong>der</strong> kanadischen<br />

Prov<strong>in</strong>z British Columbia. Auf <strong>der</strong> Südhalbkugel weisen<br />

die australischen und neuseeländischen Alpen sowie die Altiplano-<br />

Hochebene <strong>in</strong> den bolivischen Anden Ähnlichkeiten zu bayerischen<br />

Klimaverhältnisse auf. Ungeachtet dieser Übere<strong>in</strong>stimmungen f<strong>in</strong>-<br />

18 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22


Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

den sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur H<strong>in</strong>weise auf die für Mitteleuropa ger<strong>in</strong>ge<br />

W<strong>in</strong>terhärte von Eukalyptusarten (Schütt et al. 2007, Weidelt 1997).<br />

Folglich werden die Baumarten dieser Gattung bis auf Weiteres nicht<br />

für Anbauversuche vorgeschlagen.<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>teressant s<strong>in</strong>d jene Regionen, <strong>in</strong> welchen sich mehrere<br />

bayerische Klimaregionen wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den (Tabelle 2). Hier s<strong>in</strong>d<br />

beson<strong>der</strong>s die Auswahlgebiete Balkan, das westliche Nordamerika,<br />

sowie Kle<strong>in</strong>asien zu nennen. Demgegenüber f<strong>in</strong>den sich u. a. im<br />

Osten <strong>der</strong> USA (Appalachen) und <strong>in</strong> <strong>der</strong> ch<strong>in</strong>esischen Prov<strong>in</strong>z Shaanxi<br />

Gebiete, <strong>in</strong> denen sich nur wenige bayerische Klimaregionen<br />

abzeichnen. Hier gibt es vor allem Ähnlichkeiten zum Klimatyp 311<br />

mit ger<strong>in</strong>gerer Umbaupriorität <strong>in</strong> den Alpen und den höheren Lagen<br />

des Bayerischen Waldes, wo wohl auch <strong>in</strong> Zukunft mit vielen e<strong>in</strong>heimischen<br />

Baumarten gearbeitet werden kann. Die Verwendung des<br />

Klimaszenarios A2 statt B1 (Spekat et al. 2007) als Prognosegrundlage<br />

für beispielhaft ausgewählte bayerische Klimaregionen erbrachte<br />

ke<strong>in</strong>e wesentliche Lageverschiebung <strong>der</strong> ermittelten Herkunftsgebiete.<br />

In Tabelle 3 (s. Seite 20) f<strong>in</strong>den sich die im Zuge <strong>der</strong> Nutzwertanalyse<br />

ausgeschiedenen Baumarten. Der anschließende Anbaufilter<br />

ergab, dass für die Baumarten Abies nordmanniana (Stev.) Spach,<br />

Abies grandis (Dougl.) L<strong>in</strong>dl., Acer saccarum Marsh., Castanea sativa<br />

Mill., Quercus rubra L., Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco, bereits<br />

ausreichend Anbauerfahrungen vorliegen (Tabelle 4).<br />

Für e<strong>in</strong>en Versuchsanbau werden daher die <strong>in</strong> Tabelle 2 genannten<br />

Arten vorgeschlagen. Die Verfügbarkeit des Saatgutes wird <strong>der</strong>zeit<br />

noch überprüft. Letztendlich ist geplant, 5 Versuchsflächen mit<br />

jeweils 6 Baumarten anzulegen.<br />

Diskussion<br />

Schon im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t wurden fremdländische Baumarten <strong>in</strong><br />

Deutschland mit dem Wunsch, Erträge zu steigern, angepflanzt<br />

(Mayr 1906, Schwappach 1911, Kle<strong>in</strong>schmit 1991, Asche 2007), jedoch<br />

lagen „die Höhepunkte <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung und Ausbreitung“ bereits<br />

im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t (Wahrenburg et al. 1994). Bei <strong>der</strong> Baumartenwahl<br />

dürfen vor dem H<strong>in</strong>tergrund des Klimawandels nicht nur<br />

ertragskundliche Fragen im Vor<strong>der</strong>grund stehen, vielmehr müssen<br />

zunächst alle Gastbaumarten vor allem auf klimatische Ähnlichkeit<br />

zwischen <strong>der</strong>en Herkunfts- und Anbaugebiet geprüft werden (v. Paul<br />

1881, Mayr 1906). Nur so lässt sich das Anbaurisiko begrenzen. In<br />

diesem Zusammenhang heben Walther et al. (2007) die W<strong>in</strong>tertemperatur<br />

als limitierenden Faktor für die Ausbreitung <strong>der</strong> Hanfpalme<br />

(Trachycarpus fortunei (Hook.) Wendl.) hervor. Als weiteres Beispiel<br />

für e<strong>in</strong>en augensche<strong>in</strong>lichen Zusammenhang zwischen W<strong>in</strong>tertemperatur<br />

(hier: Januartemperatur) und Pflanzenverbreitung kann die<br />

Stechpalme (Ilex aquifolium L.) angeführt werden. Die Verbreitungsgrenze<br />

dieser immergrünen Pflanzenart orientiert sich am Verlauf<br />

<strong>der</strong> 0°-Januar-Isotherme (Berger u. Walther 2003). Die genannten<br />

Arten haben zwar ke<strong>in</strong>e forstliche Relevanz, können aber sehr gut als<br />

Beispiel für verän<strong>der</strong>tes Ausbreitungsverhalten vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />

des Klimawandels dienen.<br />

Neben <strong>der</strong> M<strong>in</strong>imumtemperatur des kältesten Monats und <strong>der</strong><br />

mittleren Jahrestemperatur verwenden Booth et al. (1988) weitere<br />

10 Klimaparameter zur Modellierung potenzieller Eukalyptus-Anbaugebiete<br />

<strong>in</strong> Afrika. Die hohe Zahl <strong>der</strong> verwendeten Klimagrößen<br />

verbessert <strong>in</strong> diesem Fall die Prognosegüte <strong>der</strong> gefundenen möglichen<br />

Anbauorte und basiert auf pflanzenökologischem Wissen zu<br />

den entsprechenden Eukalyptusarten. Wir haben <strong>in</strong> unserer Studie<br />

den umgekehrten Weg gewählt, <strong>in</strong>dem wir nicht nach Anbaugebieten<br />

für vorgegebene Arten, son<strong>der</strong>n nach zum gegebenen Anbaugebiet<br />

klimatisch ähnlichen Arealen beliebiger Baumarten suchten. Die<br />

Verwendung von mehr als 3 Klimaparametern würde die Größe <strong>der</strong><br />

potenziellen Herkunftsgebiete und folglich die Anzahl <strong>der</strong> forstwirtschaftlich<br />

<strong>in</strong>teressanten Zielarten erheblich e<strong>in</strong>schränken.<br />

Ergänzend zur Baumartenauswahl anhand klimatischer Größen<br />

ist es naheliegend, sich an den Erfahrungen zu orientieren, die aus<br />

historischen Anbauten bestimmter Zielbaumarten resultieren. Problematisch<br />

bei dieser Vorgehensweise ist, dass <strong>in</strong> vielen Fällen die<br />

Herkünfte <strong>der</strong> vor etlichen Jahrzehnten gepflanzten Baumarten<br />

nicht gesichert zurückverfolgt werden können. Auch wenn von den<br />

Wuchserfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit nur bed<strong>in</strong>gt auf die Anbaueignung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich rasant verän<strong>der</strong>nden Umwelt (Wagner 2004,<br />

Lieschke et al. 2006, Graßl 2007) geschlossen werden kann, bilden<br />

diese Erfahrungen doch e<strong>in</strong>e wichtige Grundlage für e<strong>in</strong>e zukünftige<br />

Baumartenwahl.<br />

Als Ergänzung dieser auf den rezenten Klimabed<strong>in</strong>gungen basierenden<br />

Erkenntnisse wurde gezielt nach Baumarten gesucht, die<br />

sowohl mit den aktuell <strong>in</strong> Bayern herrschenden als auch mit den<br />

prognostizierten Klimabed<strong>in</strong>gungen zurechtkommen könnten und<br />

forstwirtschaftlichen Nutzen erwarten lassen. Die für Bayern prognostizierten<br />

Klimatypen s<strong>in</strong>d bereits <strong>in</strong> bestimmten Landschaften<br />

<strong>der</strong> Erde realisiert. Das erzielte Ergebnis darf auf Grund <strong>der</strong> zum<br />

Teil großen Spannen auf den Achsen des Klimawürfels nicht darüber<br />

h<strong>in</strong>wegtäuschen, dass die ausgewählten Baumarten an<strong>der</strong>s als <strong>in</strong><br />

ihrem ursprünglichen Areal auf die Klimaverän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Bayern<br />

reagieren können.<br />

Des Weiteren bedarf die Problematik <strong>der</strong> Pathogene <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versuchsphase<br />

e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gehenden Prüfung. Es ist nicht auszuschließen,<br />

dass ursprünglich relativ resistente Arten <strong>in</strong> Mitteleuropa stark<br />

von Pathogenen befallen werden können (Hoyer-Tomiczek 2007,<br />

Mattson et al. 2007 cit. Engesser et al. <strong>2008</strong>, Perny 2007). Beachtet<br />

werden muss ferner, dass Baumarten als essentielle Vektoren für<br />

bestimmte Pathogene dienen können. Als Beispiel sei die Orient-<br />

Fichte (Picea orientalis (L.) L<strong>in</strong>k) genannt, an <strong>der</strong> die Tannentrieb-<br />

Tabelle 4. Literaturquellen, die als Auswahlgrundlage für den Anbaufilter gesichtet wurden.<br />

Literature sources reviewed for the development of the growth filter.<br />

Gastbaumarten<br />

Literaturquellen für Anbauerfahrungen<br />

Abies grandis Hermann (2007), Hohmann (<strong>2008</strong>), Lockow u. Lockow (2007), König (2007), Liesebach u. Weißenbacher (<strong>2008</strong>),<br />

Lüdemann (<strong>2008</strong>), Lüdemann (2007), Schadendorf (2007), Stratmann (1998)<br />

Abies nordmanniana Schenk (1939a), Stratmann (1998), Schütt (1994), Noe u. Wilhelm (1997), Ata (1995), Mettendorf (1980)<br />

Acer saccarum Schenk (1939b), Noe u.Wilhelm (1997), S<strong>in</strong>gh (1996)<br />

Castanea satia Lang (2007), Mettendorf (2007), Rodow u. Borter (2006), Schenk (1939b), Gadenz (2004), Trauboth (<strong>2008</strong>)<br />

Pseudotsuga menziesii Goßner u. Simon (2002), Dong et al. (2005), Kristöfel (2003), Wolf et al. (<strong>2008</strong>), Knoerzer (2004)<br />

Quercus rubra Schenk (1939b), Stratmann (1998), Schill (2002), Murach (2002)<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22<br />

19


Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Tabelle 3. Als Ergebnis des Drei-Filter-Auswahlverfahrens für e<strong>in</strong>en Versuchsanbau vorgeschlagene Baumarten (grau h<strong>in</strong>terlegt). Die Nomenklatur <strong>der</strong> Baumarten folgt Schütt<br />

et al. (2003).<br />

Tree species recommended for growth tests (grey) based on the three-filter-method. Nomenclature of the tree species follows Schütt et al. (2003).<br />

Rang Nadelholzarten Laubholzarten Bewertete Baumarten Nutzwert Anbauerfahrungen<br />

ausreichend vorhanden<br />

1 1 Abies borisii-regis Abies borisii-regis 81<br />

2 Abies nordmanniana 81 X<br />

3 Quercus rubra 81 X<br />

4 Pseudotsuga menziesii 81 X<br />

5 Castanea sativa 80 X<br />

6 Abies grandis 79 X<br />

7 1 Fagus orientalis Fagus orientalis 79<br />

8 Quercus alba 77<br />

9 Acer saccharum 77 X<br />

10 2 Carya glabra Carya glabra 77<br />

11 3 Quercus mongolica Quercus mongolica 77<br />

12 4 Tilia tomentosa Tilia tomentosa 73<br />

13 2 P<strong>in</strong>us pon<strong>der</strong>osa P<strong>in</strong>us pon<strong>der</strong>osa 75<br />

14 Tilia americana 75<br />

15 3 Abies bornmuelleriana Abies bornmuelleriana 73<br />

16 4 Abies cephalonica Abies cephalonica 73<br />

17 Quercus dalechampii 73<br />

18 Tilia amurense 73<br />

19 Alnus japonica 71<br />

20 Alnus rubra 71<br />

21 Chosenia arbutifolia 71<br />

22 Juglans nigra 71<br />

23 Quercus cerris 71<br />

24 Acer heldreichii 70<br />

25 Corylus colurna 70<br />

26 5 P<strong>in</strong>us peuce P<strong>in</strong>us peuce 70<br />

27 6 P<strong>in</strong>us tabulaeformis P<strong>in</strong>us tabulaeformis 70<br />

28 Quercus pr<strong>in</strong>us 70<br />

29 Quercus fag<strong>in</strong>ea 68<br />

30 Paulownia tomentosa 68<br />

31 Acer mono 67<br />

32 Frax<strong>in</strong>us mandshurica 66<br />

33 7 P<strong>in</strong>us ech<strong>in</strong>ata P<strong>in</strong>us ech<strong>in</strong>ata 66<br />

34 Quercus fra<strong>in</strong>etto 66<br />

35 Quercus garryana 66<br />

36 Quercus stellata 66<br />

37 Rob<strong>in</strong>ia pseudoacacia 66<br />

38 Acer rubrum 64<br />

39 Acer trautvetteri 64<br />

40 Alnus acum<strong>in</strong>ata 64<br />

41 Frax<strong>in</strong>us americana 64<br />

42 Quercus pubescens 64<br />

43 Fagus grandifolia 63<br />

44 8 P<strong>in</strong>us virg<strong>in</strong>iana P<strong>in</strong>us virg<strong>in</strong>iana 63<br />

45 P<strong>in</strong>us leuco<strong>der</strong>mis 61<br />

46 Tsuga heterophylla 61<br />

47 Juglans c<strong>in</strong>erea 60<br />

48 P<strong>in</strong>us rigida 60<br />

49 Castanea crenata 59<br />

50 Fagus creneta 59<br />

51 Picea omorika 59<br />

52 Frax<strong>in</strong>us ornus 58<br />

53 Aesculus octandra 57<br />

54 Carp<strong>in</strong>us cordata 57<br />

55 P<strong>in</strong>us albicaulis 57<br />

56 Quercus pyrenaica 57<br />

20 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22


Andreas Schmied<strong>in</strong>ger et al.<br />

Auswahl von Baumarten für Anbauversuche<br />

Fortsetzung Tabelle 3.<br />

Rang Nadelholzarten Laubholzarten Bewertete Baumarten Nutzwert Anbauerfahrungen<br />

ausreichend vorhanden<br />

57 Quercus trojana 57<br />

58 Celtis australis 56<br />

59 Celtis occidentalis 56<br />

60 Abies lasiocarpa 55<br />

61 Castanea dentata 55<br />

62 Kunzea ericoides 55<br />

63 Magnolia acum<strong>in</strong>ata 55<br />

64 P<strong>in</strong>us pungens 55<br />

65 Abies nephrolepsis 53<br />

66 Magnolia obovata 53<br />

67 P<strong>in</strong>us contorta 53<br />

68 P<strong>in</strong>us res<strong>in</strong>osa 53<br />

69 Acer pensylvanicum 52<br />

70 Acer negundo 51<br />

71 Ailanthus altissima 46<br />

72 Castanopsis chrysophylla 46<br />

laus (Dreyfusia nordmannianae Eckste<strong>in</strong>) ihre generative Vermehrung<br />

durchläuft (Hofmann 1930, Pschorn-Walcher 1960). Bisher besiedelt<br />

diese Lausart <strong>in</strong> Mitteleuropa ausschließlich Tannenarten, an denen<br />

sie sich allerd<strong>in</strong>gs nur ungeschlechtlich vermehren kann (Nierhaus-<br />

Wun<strong>der</strong>wald und Forster 1999). Durch die geschlechtliche Vermehrung<br />

würden sich das Ausbreitungs- und Anpassungspotenzial <strong>der</strong><br />

Tannentrieblaus vermutlich deutlich erhöhen. Auf den forstlichen<br />

Anbau dieser Fichtenart sollte deshalb verzichtet werden.<br />

An dieser Stelle soll nochmals darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, dass<br />

die Auswahl <strong>der</strong> Gastbaumarten für den nachfolgenden kontrollierten<br />

Versuchsanbau erfolgt (<strong>Ammer</strong> und Köll<strong>in</strong>g 2007). Dabei sollen<br />

die bei Köll<strong>in</strong>g (<strong>2008</strong>b) angeführten Grundsätze für den Anbau von<br />

Gastbaumarten, die teilweise auf den Empfehlungen von Engelmark<br />

et al. (2001) beruhen, beson<strong>der</strong>e Beachtung f<strong>in</strong>den.<br />

Für die eigentliche Auswahl <strong>der</strong> Anbauorte ist es beson<strong>der</strong>s wichtig,<br />

den erwarteten Klimawandel vorwegzunehmen (Simulation <strong>der</strong><br />

zeitlichen Entwicklung durch räumliche Entfernung). Es s<strong>in</strong>d Anbauorte<br />

zu bevorzugen, an denen bereits heute zu dem <strong>in</strong> den prospektiven<br />

Anbauregionen zukünftig herrschenden Klima ähnliche<br />

Verhältnisse herrschen. Will man die Anbaueignung für die Unterma<strong>in</strong>ebene<br />

bestimmen, so müssen die Versuchsanbauten dafür z. B.<br />

am Kaiserstuhl o<strong>der</strong> im Burgenland liegen.<br />

Anhand weltweit verfügbarer klimatischer Standortfaktoren wurde<br />

geprüft, ob bestimmte Gastbaumarten generell für den Anbau<br />

<strong>in</strong> Bayern <strong>in</strong>frage kommen. Bei dieser Vorgehensweise konnten<br />

edaphische Parameter aufgrund des Fehlens flächendeckend verfügbarer<br />

Daten ke<strong>in</strong>e Berücksichtigung f<strong>in</strong>den. Dennoch sollen durch<br />

die Auswahl von Versuchsflächen mit mittleren Bodenverhältnissen<br />

die unterschiedlichen Substratansprüche <strong>der</strong> Baumarten weitgehend<br />

ausgeglichen werden.<br />

Abschließend bleibt anzumerken, dass die hier vorgestellte Methodik<br />

nicht nur zur Auswahl angepasster Gastbaumarten, son<strong>der</strong>n<br />

auch zur Suche nach klimagerechten Provenienzen heimischer und<br />

fremdländischer Baumarten verwendet werden kann.<br />

Danksagung<br />

Das vorgestellte Projekt wurde dankenswerterweise vom Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unter <strong>der</strong> Bezeichnung<br />

ST 219 geför<strong>der</strong>t. Beson<strong>der</strong>s bedanken möchten wir uns bei den Hilfskräften<br />

Isabella Dully, Daniela Rommel und Simon Tangerd<strong>in</strong>g sowie den<br />

Mitarbeitern <strong>der</strong> LWF, Dr. Lothar Zimmermann, Dr. Helge Walentowski,<br />

Dr. Ralf Petercord, Dr. Michael Lutze und Dr. Herbert Borchert, für die<br />

Hilfestellungen und Anregungen. Nicht zuletzt gilt unser Dank dem Leiter<br />

<strong>der</strong> LWF, Herrn Olaf Schmidt, für die Unterstützung bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong><br />

Baumarten.<br />

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München<br />

22 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 15-22


S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt Beitrag <strong>der</strong> Kraut- und Strauchschicht zu Ökosystemfunktionen<br />

forstarchiv 80, 23–28<br />

(2009)<br />

DOI 10.237603004112-<br />

80-23<br />

© M. & H. Schaper<br />

GmbH<br />

ISSN 0300-4112<br />

Korrespondenzadresse:<br />

she<strong>in</strong>ri@gwdg.de<br />

E<strong>in</strong>gegangen:<br />

19.12.<strong>2008</strong><br />

Angenommen:<br />

17.01.2009<br />

Kurzfassung<br />

Vom Fichtenre<strong>in</strong>- zum Mischbestand: Welchen Beitrag leisten<br />

Strauch- und Krautschicht zum Erhalt von Ökosystemfunktionen?<br />

From pure spruce to mixed stands: What contributes the shrub and herb layer vegetation to ecosystem<br />

function<strong>in</strong>g?<br />

Steffi He<strong>in</strong>richs und Wolfgang Schmidt<br />

Abteilung <strong>Waldbau</strong> und Waldökologie <strong>der</strong> gemäßigten Zonen, Georg-August-Universität Gött<strong>in</strong>gen<br />

Büsgenweg 1, D-37077 Gött<strong>in</strong>gen<br />

Die Umwandlung von Fichtenre<strong>in</strong>beständen <strong>in</strong> stabile, naturnahe Laubwald- und Mischbestände ist e<strong>in</strong> waldbauliches Hauptziel<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Die Anlage e<strong>in</strong>es großflächigen und langfristigen Hiebsformenversuches im nie<strong>der</strong>sächsischen Soll<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />

Form e<strong>in</strong>es Vorher-Nachher/Kontrolle-E<strong>in</strong>griff-Experiments ermöglicht die Beobachtung <strong>der</strong> Auswirkungen dieses Waldumbaus<br />

mit Hilfe <strong>der</strong> Hiebsformen Zielstärkennutzung und Kle<strong>in</strong>-Kahlschlag auf die Funktionen <strong>der</strong> Bodenvegetation im Waldökosystem.<br />

Hier wird zunächst die Initialphase des Waldumbaus betrachtet: Ergebnisse zeigen e<strong>in</strong>en Anstieg <strong>der</strong> Artenzahlen<br />

<strong>in</strong> Strauch- und Krautschicht für beide Hiebsformen, wobei die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung von Pioniergehölzen und Offenlandarten entscheidend<br />

ist. Die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Deckungsgrade <strong>der</strong> Krautschicht unterliegt e<strong>in</strong>er starken Streuung, dennoch zeigen sich<br />

Anstiege, wobei die Kahlschläge unmittelbar nach den Maßnahmen die ger<strong>in</strong>gsten Werte aufweisen. Dies steht im Gegensatz<br />

zur Biomasse und zum Stickstoffvorrat, die bereits im ersten Jahr nach Kahlschlag deutlich ansteigen. Die Vegetation zeigt<br />

demnach beson<strong>der</strong>s auf den Kahlschlägen e<strong>in</strong> Retentionsvermögen. Den größten Anteil am Stickstoffvorrat haben dabei<br />

grasartige Pflanzen, die häufig verjüngungshemmend wirken. Der Anstieg <strong>der</strong> Strauchschicht-Artenzahl zeigt jedoch, dass die<br />

Ansiedlung von Gehölzen nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t wird.<br />

Schlüsselwörter: Waldumbau, Kahlschlag, Zielstärkennutzung, Biomasse, Stickstoffvorrat, Vorher-Nachher/Kontrolle-E<strong>in</strong>griff-Experiment<br />

Abstract<br />

The conversion of pure Norway spruce stands <strong>in</strong>to stable and close-to-nature mixed stands is a ma<strong>in</strong> silvicultural goal <strong>in</strong><br />

Germany. The establishment of a large-scale and long term Before-After/Control-Impact (BACI)-experiment <strong>in</strong> the Soll<strong>in</strong>g hills<br />

(Lower Saxony, Germany) enables monitor<strong>in</strong>g the effects of the conversion methods selective cutt<strong>in</strong>g and small-scale clear<br />

cutt<strong>in</strong>g on the function of the ground vegetation. Here, only the <strong>in</strong>itial phase after cutt<strong>in</strong>g is of consi<strong>der</strong>ation: Results show<br />

an <strong>in</strong>crease <strong>in</strong> species numbers <strong>in</strong> the shrub and herb layer due to <strong>in</strong>vad<strong>in</strong>g pioneer trees and species of open and disturbed<br />

sites. Changes <strong>in</strong> herb layer coverage show large variations, however slight <strong>in</strong>creases can be detected <strong>in</strong> all variants, whereas<br />

the clear cuts show the smallest values immediately after cutt<strong>in</strong>g. This is <strong>in</strong> contrast to the dry weight and nitrogen pool of the<br />

vegetation, which <strong>in</strong>creases markedly already <strong>in</strong> the first year after clear cutt<strong>in</strong>g. Therefore the vegetation on the clear cutt<strong>in</strong>gs<br />

shows the greatest potential for nitrogen retention. Most important regard<strong>in</strong>g the nitrogen pool are gram<strong>in</strong>oids, which<br />

also are often competitors for the tree regeneration. The <strong>in</strong>crease <strong>in</strong> shrub layer species, though, shows that the colonisation<br />

of woody species is not impeded.<br />

Key words: forest conversion, clear cutt<strong>in</strong>g, selective cutt<strong>in</strong>g, biomass, nitrogen pool, BACI-experiment<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Die Fichte (Picea abies (L.) H. Karst.) wurde aufgrund ökonomischer<br />

Vorteile bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufforstung von Flächen <strong>in</strong> den letzten 150<br />

Jahren stark geför<strong>der</strong>t (Spiecker 2003). Aus diesem Grund wächst sie<br />

heute weit außerhalb ihres natürlichen Areals, was forstwirtschaftliche<br />

Risiken birgt. Die Bestände s<strong>in</strong>d anfällig für W<strong>in</strong>dwurf und<br />

Käferbefall und begünstigen Bodenversauerung und Stickstoffauswaschung<br />

(Rothe et al. 2002, Spiecker et al. 2004). Um multifunktionelle<br />

Wäl<strong>der</strong> nachhaltig zu erhalten, ist e<strong>in</strong> Umbau <strong>der</strong> Fichtenre<strong>in</strong>bestände<br />

<strong>in</strong> stabile, naturnahe Laubwald- und/o<strong>der</strong> Mischbestände<br />

e<strong>in</strong> waldbauliches Hauptziel <strong>in</strong> Deutschland und <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

Mitteleuropas (Otto 1995, Olsthoorn et al. 1999, Lüpke<br />

2004). Dabei ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong>e langfristige Umwandlung im Zuge<br />

von Zielstärkennutzung vorgesehen, aber <strong>in</strong> äußerst w<strong>in</strong>danfälligen<br />

Lagen o<strong>der</strong> auf staunassen Böden kann e<strong>in</strong>e schnellere Umwandlung<br />

mithilfe von Kle<strong>in</strong>-Kahlschlägen s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong> (Lüpke 2004).<br />

E<strong>in</strong> Umbau sowohl mithilfe von kle<strong>in</strong>eren Lücken als auch mit<br />

Kle<strong>in</strong>-Kahlschlägen bee<strong>in</strong>flusst die Diversität und die Zusammensetzung<br />

<strong>der</strong> Bodenvegetation. Dabei ist vor allem die Initialphase nach<br />

<strong>der</strong>artigen Störungen von Bedeutung. E<strong>in</strong> Verlust an Arten kann<br />

aufgrund von Ausbreitungslimitierungen vieler Waldarten kurzfristig<br />

nicht rückgängig gemacht werden (Brunet und Oheimb 1998), und<br />

die Dom<strong>in</strong>anz e<strong>in</strong>zelner konkurrenzkräftiger Arten nach Störungen<br />

kann die Wie<strong>der</strong>bewaldung für lange Zeit verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Gleichzeitig<br />

kann die Ausbreitung von Arten <strong>der</strong> Bodenvegetation Nährstoffverluste<br />

vermeiden und somit zum Schutz <strong>der</strong> Böden und des Grundwassers<br />

beitragen. Dies ist beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Fichtenwäl<strong>der</strong>n von Bedeutung,<br />

da <strong>in</strong> diesen Beständen viele Nährstoffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Humusschicht<br />

akkumuliert werden und bei Störungen, wie erhöhter E<strong>in</strong>strahlung<br />

nach Kahlschlag, frei werden und dem Risiko <strong>der</strong> Auswaschung unterliegen<br />

(Bauhus 1994). Untersuchungen <strong>in</strong> gemäßigten und borealen<br />

Wäl<strong>der</strong>n zeigten, dass die Aufnahme von Nährstoffen durch die<br />

Bodenvegetation dieses Risiko reduzieren kann (Fahey et al. 1991,<br />

Mellert et al. 1998, Palvia<strong>in</strong>en et al. 2005).<br />

E<strong>in</strong> großflächiger und langfristiger Vorher-Nachher/Kontrolle-<br />

E<strong>in</strong>griff-Versuch (Bennett und Adams 2004) im Soll<strong>in</strong>g, e<strong>in</strong>gerichtet<br />

von <strong>der</strong> Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, bietet nun<br />

die Möglichkeit, die Auswirkungen des Waldumbaus mithilfe von<br />

Zielstärkennutzung und Kle<strong>in</strong>-Kahlschlägen auf die Diversität und<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28<br />

23


Beitrag <strong>der</strong> Kraut- und Strauchschicht zu Ökosystemfunktionen<br />

S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt<br />

Zusammensetzung <strong>der</strong> Bodenvegetation zu untersuchen und den<br />

Beitrag dieser Ökosystemkomponente zur Stoffproduktion und zum<br />

Nährstoffkreislauf im Wald zu quantifizieren. In dieser Studie wird<br />

dabei zunächst die wichtige Initialphase des Waldumbaus betrachtet,<br />

und es werden erste vorläufige Ergebnisse bezüglich folgen<strong>der</strong> Fragen<br />

vorgestellt:<br />

• Wie verän<strong>der</strong>n sich die Artenzahlen <strong>in</strong> den unterschiedlichen<br />

Behandlungsvarianten?<br />

• In welchem Maße trägt die Bodenvegetation zur Biomasseproduktion<br />

und zum Stickstoffkreislauf des Ökosystems bei? Gibt<br />

es Unterschiede zwischen den Behandlungen?<br />

• Welche Wuchsform wird beson<strong>der</strong>s geför<strong>der</strong>t und trägt am<br />

meisten zum Stickstoffvorrat bei?<br />

Material und Methoden<br />

Untersuchungsgebiet<br />

Der Versuch wurde <strong>in</strong> Fichtenre<strong>in</strong>beständen <strong>in</strong> zwei unterschiedlichen<br />

Regionen des Soll<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>gerichtet. Dieses bis zu 528 m hohe<br />

Mittelgebirge erstreckt sich als Teil des Weserberglandes am Nordrand<br />

<strong>der</strong> deutschen Mittelgebirgsschwelle etwa 80 km südlich von<br />

Hannover. Das geologische Ausgangsmaterial des Soll<strong>in</strong>gs ist Buntsandste<strong>in</strong>,<br />

welcher von periglazial umgelagertem Löss unterschiedlicher<br />

Mächtigkeit überlagert wird. Vorherrschend s<strong>in</strong>d Braunerden<br />

o<strong>der</strong> braunerdeähnliche Böden mit schwacher bis mäßiger Podsoligkeit.<br />

Als Humusformen treten verschiedene Formen des Mo<strong>der</strong>s auf<br />

(Ellenberg et al. 1986). Der Soll<strong>in</strong>g ist dem forstlichen Wuchsgebiet<br />

„Mitteldeutsches Trias-Berg- und Hügelland“ zuzuordnen und wird<br />

<strong>in</strong> zwei forstliche Wuchsbezirke unterteilt: Das Untersuchungsgebiet<br />

Otterbach liegt im Unteren Soll<strong>in</strong>g (zwischen 280 und 300 m ü. NN)<br />

und ist gekennzeichnet durch e<strong>in</strong>en mittleren Jahresnie<strong>der</strong>schlag von<br />

900 mm und e<strong>in</strong>er Jahresmitteltemperatur von 7,7 °C. Das Untersuchungsgebiet<br />

Neuhaus repräsentiert den Hohen Soll<strong>in</strong>g (509 m<br />

ü. NN) mit höheren Nie<strong>der</strong>schlägen (1.050 mm) und niedrigerer<br />

Temperatur (6,5 °C) (Gauer und Ald<strong>in</strong>ger 2005). Die potenziell natürliche<br />

Vegetation stellt das Luzulo-Fagetum dar (Gerlach 1970),<br />

die Fichte hat im Soll<strong>in</strong>g dagegen ke<strong>in</strong>e natürlichen Vorkommen.<br />

Doch zur Aufforstung entwaldeter Flächen, die seit dem Mittelalter<br />

entstanden, wurde diese Art zu Beg<strong>in</strong>n des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts e<strong>in</strong>geführt,<br />

sodass sich Fichtenre<strong>in</strong>bestände auf 31 % <strong>der</strong> Waldfläche des<br />

Soll<strong>in</strong>gs ausdehnen konnten.<br />

In beiden Untersuchungsgebieten stocken heute 90- (Otterbach)<br />

und 109-jährige (Neuhaus) Fichtenre<strong>in</strong>bestände (Galio harcynici-<br />

Culto-Piceetum; Zerbe 1993), die beson<strong>der</strong>s durch Arten wie Dryopteris<br />

dilatata, Galium saxatile, Trientalis europaea und Vacc<strong>in</strong>ium myrtillus<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Krautschicht gekennzeichnet s<strong>in</strong>d. Die deckungsstärkste<br />

Art ist jedoch <strong>in</strong> beiden Gebieten Oxalis acetosella, typisch für mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger saure Waldstandorte mit guter Wasser- und Nährstoffversorgung.<br />

Beson<strong>der</strong>s diese Art wurde auch durch Kompensationskalkungen<br />

geför<strong>der</strong>t, die <strong>in</strong> Otterbach e<strong>in</strong>mal (1990) und <strong>in</strong> Neuhaus<br />

zweimal (1990 und 2001) stattfanden.<br />

Versuchsdesign und Datenaufnahme<br />

In den zwei Untersuchungsgebieten Neuhaus und Otterbach wurden<br />

für die Behandlungen Kahlschlag, Zielstärkennutzung und Kontrolle<br />

je zwei 1 ha große Flächen angelegt, die wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> 20 Unterflächen<br />

á 400 m² unterteilt wurden. Die Hiebsmaßnahmen fanden<br />

im Herbst 2003 statt. Die Behandlung Zielstärkennutzung führte<br />

<strong>in</strong> Neuhaus zu e<strong>in</strong>er 28 %igen und <strong>in</strong> Otterbach zu e<strong>in</strong>er 24 %igen<br />

Reduktion <strong>der</strong> Grundfläche und des Vorrats. Durch auftretende<br />

W<strong>in</strong>terstürme (Kyrill und Emma) verr<strong>in</strong>gerten sich diese Parameter<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Otterbach noch stärker, wobei dort auch die Kontrollen<br />

betroffen waren. In Neuhaus waren die Schäden ger<strong>in</strong>ger, e<strong>in</strong>zelne<br />

Bäume g<strong>in</strong>gen jedoch auch hier verloren (Tabelle 1).<br />

Da es sich bei dieser Studie um e<strong>in</strong>en Vorher-Nachher/Kontrolle-<br />

E<strong>in</strong>griff-Versuch handelt, wurden Vegetationsaufnahmen vor den<br />

Hiebsmaßnahmen (2002) sowie danach <strong>in</strong> den Jahren 2004, 2006<br />

und 2007 durchgeführt. Auf 100 m² im Zentrum <strong>der</strong> Unterflächen<br />

wurden die Deckung <strong>der</strong> Strauch- (Gehölze > 50 cm) und Krautschicht<br />

(krautige Arten und Gehölze ≤ 50 cm) sowie die Deckung<br />

aller <strong>in</strong> diesen Schichten vorkommenden Arten direkt <strong>in</strong> Prozent geschätzt.<br />

Auch die Moosschicht wurde auf diese Weise aufgenommen,<br />

die Daten wurden jedoch bei <strong>der</strong> Auswertung bisher noch nicht berücksichtigt.<br />

Die Nomenklatur für die Gefäßpflanzen folgt Wisskirchen und<br />

Haeupler (1998).<br />

Berechnung <strong>der</strong> Biomasse und des Stickstoffvorrats <strong>der</strong><br />

Bodenvegetation<br />

Zur Bestimmung <strong>der</strong> Biomasse <strong>der</strong> Bodenvegetation sowie von <strong>der</strong>en<br />

Stickstoffvorrat wurde das Modell PhytoCalc (Bolte 2006) verwendet.<br />

Dieses Regressions-Modell errechnet die Biomasse (1) krautiger<br />

Arten aus <strong>der</strong>en prozentualer Deckung und mittleren Sprosslänge,<br />

die während <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Vegetationsaufnahmen erfasst<br />

wurden. Der Stickstoffvorrat (2) errrechnet sich durch Multiplikation<br />

<strong>der</strong> Biomasse mit e<strong>in</strong>em Stickstoff-Faktor, <strong>der</strong> spezifisch ist<br />

für verschiedene im Modell berücksichtigte Elementgruppen (Bolte<br />

2006):<br />

TS = a DG b SL c (1)<br />

TS = Trockensubstanz [g m -2 ]<br />

DG = Deckungsgrad [%]<br />

SL = Sprosslänge [cm]<br />

a, b, c = Regressionskonstanten<br />

NV = a C b SL c E<br />

N 10-2 (2)<br />

abweichend von Gleichung (1):<br />

NV = Stickstoffvorrat [g m -2 ]<br />

E N<br />

= Prozent Stickstoff des Trockengewichts basierend auf<br />

Erntedaten und unterschiedlich für Arten, die verschiedenen<br />

Elementgruppen zugewiesen s<strong>in</strong>d.<br />

Tabelle 1. Charakterisierung <strong>der</strong> untersuchten Bestände vor den Hiebsmaßnahmen<br />

(2002) sowie direkt (2004) und 4 Jahre (2007) danach <strong>in</strong> den Untersuchungsgebieten<br />

Neuhaus und Otterbach.<br />

Characterisation of the analysed stands before treatment (2002), directly after treatment<br />

(2004), and 4 years after treatment (2007) at the study sites Neuhaus and Otterbach.<br />

Neuhaus<br />

Otterbach<br />

2002 2004 2007 2002 2004 2007<br />

Grundfläche [m² ha -1 ]<br />

Kontrolle 48,4 48,4 47,5 46,2 46,2 31,5<br />

Zielstärkennutzung 45,1 32,5 32,2 47,6 36,1 20,8<br />

Kahlschlag 44,4 / / 45,4 / /<br />

Vorrat [m³ ha -1 ]<br />

Kontrolle 621 621 609 662 662 452<br />

Zielstärkennutzung 539 389 385 672 510 294<br />

Kahlschlag 582 / / 652 / /<br />

Stammzahl [n ha -1 ]<br />

Kontrolle 318 318 312 346 346 236<br />

Zielstärkennutzung 314 234 224 368 289 161<br />

Kahlschlag 272 / / 336 / /<br />

24 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28


S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt Beitrag <strong>der</strong> Kraut- und Strauchschicht zu Ökosystemfunktionen<br />

Das Modell PhytoCalc wurde für Bestandesbed<strong>in</strong>gungen kalibriert,<br />

<strong>in</strong> dieser Studie sollten jedoch auch Berechnungen auf Kahlschlägen<br />

erfolgen. Aus diesem Grund wurden Biomassebeerntungen<br />

auf den Kahlschlägen durchgeführt, um das Modell für Offenlandbed<strong>in</strong>gungen<br />

zu erweitern. Die Modellkalibrierung ist jedoch noch<br />

nicht vollständig abgeschlossen, sodass sich die Ergebnisse <strong>in</strong> folgenden<br />

Auswertungen noch leicht verän<strong>der</strong>n können. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

wurde das Modell bisher nur für krautige Arten sowie Kle<strong>in</strong>- und<br />

Zwergsträucher (Rubus-Arten bzw. Vacc<strong>in</strong>ium myrtillus) entwickelt,<br />

sodass hier nur die Krautschicht <strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> im Modell berücksichtigten<br />

verholzten Arten, nicht jedoch die Verjüngung betrachtet<br />

wurde. Für die Berechnung <strong>der</strong> Biomasse und des Stickstoffvorrates<br />

wurde zunächst nur das Untersuchungsgebiet Neuhaus herangezogen.<br />

Statistische Auswertung<br />

Für die statistische Auswertung wurde e<strong>in</strong> verallgeme<strong>in</strong>ertes l<strong>in</strong>eares<br />

gemischtes Modell verwendet (Generalized l<strong>in</strong>ear mixed model,<br />

GLMM; Crawley 2007). E<strong>in</strong>e genaue Beschreibung <strong>der</strong> Vorgehensweise<br />

bei <strong>der</strong> Modellbildung f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> He<strong>in</strong>richs und Schmidt<br />

(e<strong>in</strong>gereicht).<br />

Abbildung 1. Entwicklung <strong>der</strong> mittleren Artenzahl (± SF) <strong>der</strong> Strauchschicht <strong>in</strong> den<br />

untersuchten Varianten Kontrolle, Zielstärkennutzung und Kahlschlag <strong>in</strong> Neuhaus<br />

und Otterbach von 2002 bis 2007, n = 2, unterschiedliche Buchstaben zeigen signifikante<br />

Unterschiede zwischen den Behandlungsvarianten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres,<br />

unterschiedliche Symbole (#, +) zeigen signifikante Unterschiede zwischen 2002<br />

und 2007 <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Behandlungsvariante. Signifikanzen wurden mithilfe e<strong>in</strong>es<br />

GLMM ermittelt, p < 0,05.<br />

Development of the mean shrub layer species number (± SE) <strong>in</strong> the <strong>in</strong>vestigated variants control,<br />

selective cutt<strong>in</strong>g and clear cutt<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Neuhaus and Otterbach from 2002 to 2007, n = 2,<br />

different letters <strong>in</strong>dicate significant differences between treatments with<strong>in</strong> one year, different<br />

symbols (#, +) show significant differences between 2002 and 2007 with<strong>in</strong> one treatment.<br />

Significances are results of a GLMM, p < 0.05.<br />

Ergebnisse<br />

Artenzahlen<br />

Die Artenzahlen <strong>der</strong> Strauchschicht zeigten im ersten Jahr nach Kahlschlag<br />

e<strong>in</strong>e Abnahme <strong>in</strong> beiden Gebieten, woh<strong>in</strong>gegen die Zahlen<br />

auf den Flächen mit Zielstärkennutzung und auf den unbehandelten<br />

Flächen konstant blieben. Auch <strong>in</strong> den darauffolgenden Jahren verän<strong>der</strong>ten<br />

sich die Strauchschicht-Artenzahlen <strong>in</strong> den Kontrollflächen<br />

kaum, <strong>in</strong> den behandelten Flächen nahmen die Zahlen, aufgrund<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung von Pioniergehölzen, jedoch deutlich zu, wobei<br />

die Kahlschlagflächen immer signifikant über denen <strong>der</strong> Zielstärke<br />

lagen (Abbildung 1).<br />

Im Gegensatz zur Strauchschicht reagierten die Artenzahlen <strong>der</strong><br />

Krautschicht unterschiedlich <strong>in</strong> beiden Untersuchungsgebieten (Abbildung<br />

2). Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Neuhaus zeigte sich bereits im ersten Jahr<br />

nach Kahlschlag e<strong>in</strong> Anstieg <strong>in</strong> den Artenzahlen, die Flächen mit<br />

Zielstärkennutzung reagierten mit Verzögerung. Die Artenzahlen <strong>in</strong><br />

Otterbach nahmen dagegen verhaltener zu, wobei die Kahlschlagflächen<br />

und die Flächen <strong>der</strong> Zielstärkennutzung kaum Unterschiede <strong>in</strong><br />

den Artenzahlen aufwiesen. Auch die Kontrollflächen zeigten e<strong>in</strong>e<br />

Zunahme <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anzahl an Krautschicht-Arten, die Zahlen lagen jedoch<br />

signifikant unter denen <strong>der</strong> Behandlungsflächen.<br />

Verantwortlich für den Anstieg an Artenzahlen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krautschicht<br />

waren maßgeblich Offenlandarten (Schmidt et al. 2003),<br />

<strong>der</strong>en Anteil an <strong>der</strong> Gesamtartenzahl beson<strong>der</strong>s auf den Kahlschlägen<br />

<strong>in</strong> Neuhaus im Vergleich zur Ausgangssituation und zu den<br />

Kontrollflächen stark zunahm. Otterbach reagierte auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />

dieser Artengruppe langsamer als das Untersuchungsgebiet Neuhaus<br />

(Abbildung 3).<br />

Abbildung 2. Entwicklung <strong>der</strong> mittleren Artenzahl (± SF) <strong>der</strong> Krautschicht <strong>in</strong> den untersuchten<br />

Varianten Kontrolle, Zielstärkennutzung und Kahlschlag <strong>in</strong> Neuhaus und<br />

Otterbach von 2002 bis 2007, n = 2, für statistische Details siehe Abbildung1.<br />

Development of the mean herb layer species number (± SE) <strong>in</strong> the <strong>in</strong>vestigated variants control,<br />

selective cutt<strong>in</strong>g and clear cutt<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Neuhaus and Otterbach from 2002 to 2007, n = 2,<br />

for statistic details see figure 1.<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> Biomasse und Stoffhaushalt <strong>in</strong> Neuhaus<br />

Der Deckungsgrad <strong>der</strong> Krautschicht <strong>in</strong> Neuhaus unterlag starken<br />

Streuungen, vorrangig durch Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deckung von Oxalis<br />

acetosella <strong>in</strong> den Untersuchungsflächen. Insgesamt ist dennoch e<strong>in</strong><br />

leichter, nicht signifikanter Anstieg <strong>in</strong> allen Behandlungen mit <strong>der</strong><br />

Zeit erkennbar. Die Kahlschläge zeigten zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Sekundärsukzession<br />

die ger<strong>in</strong>gsten Werte verglichen mit den Flächen <strong>der</strong> Zielstärkennutzung<br />

und <strong>der</strong> Kontrolle. Dies steht im Gegensatz zur Bio-<br />

Abbildung 3. Entwicklung des prozentualen Anteils an Offenlandarten (nach<br />

Schmidt et al. 2003) an <strong>der</strong> Gesamtartenzahl <strong>in</strong> den untersuchten Behandlungsvarianten<br />

Kontrolle, Zielstärkennutzung und Kahlschlag von 2002 bis 2007 <strong>in</strong> den beiden<br />

Untersuchungsgebieten Neuhaus und Otterbach, n = 2, für statistische Details<br />

siehe Abbildung 1.<br />

Development of the percentage of species of open and disturbed sites (follow<strong>in</strong>g Schmidt et al.<br />

2003) <strong>in</strong> the different treatments control, selective cutt<strong>in</strong>g and clear cutt<strong>in</strong>g from 2002 to 2007<br />

at the two study sites Neuhaus and Otterbach, n = 2, for statistic details see figure 1.<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28<br />

25


Beitrag <strong>der</strong> Kraut- und Strauchschicht zu Ökosystemfunktionen<br />

S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt<br />

Abbildung 4. Entwicklung des Deckungsgrades,<br />

<strong>der</strong> Trockenmasse und des Stickstoffvorrates <strong>der</strong><br />

Krautschicht (ohne Verjüngung, aber unter Berücksichtigung<br />

von Kle<strong>in</strong>- und Zwergsträuchern)<br />

im Untersuchungsgebiet Neuhaus <strong>in</strong> den unterschiedlichen<br />

Behandlungsvarianten Kontrolle,<br />

Zielstärkennutzung und Kahlschlag von 2002<br />

bis 2007, n = 2, unterschiedliche Symbole (#, +)<br />

zeigen signifikante Unterschiede zwischen 2002<br />

und 2007 <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Behandlungsvariante.<br />

Signifikanzen wurden mithilfe e<strong>in</strong>es GLMM ermittelt,<br />

p < 0,05.<br />

Development of the coverage, the dry weight and the<br />

nitrogen pool of the herb layer (exclud<strong>in</strong>g regeneration,<br />

<strong>in</strong>clud<strong>in</strong>g sub-shrubs and dwarf-shrubs) at the study<br />

site Neuhaus on the differently treated plots control,<br />

selective cutt<strong>in</strong>g and clear cutt<strong>in</strong>g from 2002 to 2007,<br />

n = 2, different letters <strong>in</strong>dicate significant differences<br />

between treatments with<strong>in</strong> one year, different symbols<br />

(#, +) show significant differences between 2002 and<br />

2007 with<strong>in</strong> one treatment. Significances are results of<br />

a GLMM, p < 0.05.<br />

masse und zum Stickstoffvorrat <strong>der</strong> Krautschicht, die beson<strong>der</strong>s auf<br />

den Kahlschlägen bereits im ersten Jahr nach den Hiebsmaßnahmen<br />

stark zunahmen. Auch auf den Flächen mit Zielstärkennutzung war<br />

e<strong>in</strong>e Zunahme bei<strong>der</strong> Parameter im Vergleich zum Ausgangszustand<br />

und zu den Kontrollflächen festzustellen, die Werte lagen jedoch<br />

stets unter denen <strong>der</strong> Kahlschlagflächen (Abbildung 4).<br />

Wie bee<strong>in</strong>flussen unterschiedliche Wuchsformen den<br />

Stickstoffvorrat <strong>in</strong> Neuhaus?<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung des Beitrags unterschiedlicher Wuchsformen<br />

zum Stickstoffvorrat im Untersuchungsgebiet Neuhaus erwiesen sich<br />

die grasartigen Pflanzen auf den Kahlschlägen als beson<strong>der</strong>s effektiv.<br />

Sie trugen <strong>in</strong> den ersten beiden Aufnahmejahren das meiste zum<br />

Stickstoffvorrat bei, während die Bedeutung <strong>der</strong> Farne, aber auch<br />

<strong>der</strong> Sträucher im Vergleich zum Ausgangszustand abnahm. Auf den<br />

Abbildung 5. Prozentualer Beitrag unterschiedlicher Wuchsgruppen zum Stickstoffvorrat <strong>der</strong> Krautschichtvegetation <strong>in</strong> Neuhaus <strong>in</strong> den Varianten Kontrolle, Zielstärkennutzung<br />

und Kahlschlag von 2002 bis 2007. Die Zahlen <strong>in</strong> den Säulen zeigen die mittleren Artenzahlen <strong>der</strong> entsprechenden Wuchsgruppe. Die Zahlen über den Säulen repräsentieren<br />

den Stickstoffvorrat [g m -2 ] <strong>der</strong> Krautschichtvegetation.<br />

Proportional contribution of different growth forms to the nitrogen content of the herb layer vegetation <strong>in</strong> Neuhaus <strong>in</strong> the treatments control, selective cutt<strong>in</strong>g and clear cutt<strong>in</strong>g from 2002 to 2007.<br />

Numbers <strong>in</strong> the bars represent mean species numbers of the growth forms. Numbers above the bars show the total nitrogen pool [g m -2 ] of the herb layer vegetation.<br />

26 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28


S. He<strong>in</strong>richs und W. Schmidt Beitrag <strong>der</strong> Kraut- und Strauchschicht zu Ökosystemfunktionen<br />

Flächen <strong>der</strong> Zielstärkennutzung nahm <strong>der</strong> Anteil grasartiger Pflanzen<br />

ebenfalls leicht zu, anfänglich dom<strong>in</strong>ierten jedoch die krautigen<br />

Arten. Ab 2006 gew<strong>in</strong>nen die Sträucher aber immer mehr an Bedeutung,<br />

obwohl diese Wuchsgruppe zusammen mit den Farnen die<br />

artenärmste Gruppe bildete. Zahlenmäßig am stärksten vertreten <strong>in</strong><br />

beiden Behandlungsvarianten und auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kontrolle waren die<br />

krautigen Arten (Abbildung 5).<br />

Diskussion<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Artenzahlen<br />

Der Anstieg <strong>der</strong> Artenzahlen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krautschicht kann beson<strong>der</strong>s<br />

durch die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung von Pioniergehölzen (Betula pendula, Populus<br />

tremula, Salix caprea), die mit den Jahren auch zu e<strong>in</strong>er Artenzunahme<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Strauchschicht führten, und Arten offener und<br />

gestörter Gebiete erklärt werden. Es handelt sich dabei zumeist um<br />

Arten mit kle<strong>in</strong>en, w<strong>in</strong>dverbreiteten Samen, die die gestörten Flächen<br />

leicht aus <strong>der</strong> Umgebung besiedeln können. Allerd<strong>in</strong>gs zeigen<br />

die Ergebnisse, dass die Anstiege <strong>in</strong> <strong>der</strong> Artenzahl gebietsabhängig<br />

s<strong>in</strong>d, was auf den E<strong>in</strong>fluss des regionalen Artenpools auf die Besiedlung<br />

gestörter Flächen h<strong>in</strong>weist (Zobel 1997). Darüber h<strong>in</strong>aus wurde<br />

Neuhaus erst vor kürzerer Zeit gekalkt, was wohl dort vor allem<br />

Offenland-Arten begünstigt hat (Schmidt 2002), die nun aufgrund<br />

<strong>der</strong> Auflichtung gute Wuchsbed<strong>in</strong>gungen auf den Flächen f<strong>in</strong>den.<br />

Aus diesem Grund s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Neuhaus die Kahlschläge auch deutlich<br />

artenreicher als die Flächen mit Zielstärkennutzung. Auf den Kahlschlägen<br />

s<strong>in</strong>d sowohl die vorhandene Fläche gestörten Bodens als<br />

auch die Lichtverfügbarkeit höher.<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kontrolle zeigen sich Anstiege, die jedoch ger<strong>in</strong>ger<br />

ausfallen als auf den behandelten Flächen. Zum e<strong>in</strong>en weist dies auf<br />

<strong>in</strong>terannuelle Fluktuation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bodenvegetation h<strong>in</strong>, zum an<strong>der</strong>en<br />

ist <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Artenzahlen aber auch Ausdruck kle<strong>in</strong>erer Störungen<br />

durch den Ausfall e<strong>in</strong>zelner Bäume bzw. Kronenteile auch <strong>in</strong><br />

den Kontrollen.<br />

Biomasse- und Stickstoffvorrat <strong>der</strong> Bodenvegetation <strong>in</strong><br />

Neuhaus<br />

Es ist <strong>in</strong> allen Behandlungen, trotz starker Streuung, e<strong>in</strong> Anstieg im<br />

mittleren Deckungsgrad <strong>der</strong> Krautschicht zu verzeichnen, wobei die<br />

Kahlschläge die ger<strong>in</strong>gsten Werte im ersten Jahr nach den Hiebsmaßnahmen<br />

aufweisen. Die Flächen mit Zielstärkennutzung zeigen<br />

dagegen die höchsten Werte. Dies steht im Gegensatz zu den Biomasse-<br />

und Stickstoffvorräten <strong>der</strong> Bodenvegetation, die bereits im<br />

ersten Jahr nach den Maßnahmen die höchsten Werte auf den Kahlschlägen<br />

aufweisen. Verantwortlich dafür ist zum e<strong>in</strong>en die Höhe<br />

<strong>der</strong> Vegetation, aber auch die Masse des Pflanzengewebes. Beson<strong>der</strong>s<br />

von Bedeutung ist <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht die erhöhte E<strong>in</strong>strahlung, die<br />

zum Beispiel Arten wie Deschampsia flexuosa und Agrostis capillaris zu<br />

e<strong>in</strong>er verstärkten Ausbildung von Blütenständen anregt. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

bee<strong>in</strong>flusst die höhere Lichtverfügbarkeit die Blattentwicklung<br />

und führt zur Ausbildung von Sonnenblättern mit e<strong>in</strong>em kräftigen,<br />

stark entwickelten Mesophyll (Schulze et al. 2002). Für beide Prozesse<br />

ist die verstärkte Aufnahme von Nährstoffen erfor<strong>der</strong>lich, was e<strong>in</strong>e<br />

Auswaschung verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t (Tilman 1988).<br />

Beson<strong>der</strong>s effektiv <strong>in</strong> <strong>der</strong> Speicherung von Stickstoff zeigt sich die<br />

Vegetation auf den Kahlschlägen. Die Vegetation auf den Flächen<br />

mit Zielstärkennutzung kann sich aufgrund ger<strong>in</strong>gerer Lichtverfügbarkeit<br />

nicht so stark entwickeln und zeigt kle<strong>in</strong>ere Stickstoffvorräte,<br />

was zum e<strong>in</strong>en auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere aufnehmbare Menge Stickstoff<br />

zurückgeführt werden kann, zum an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d aber auch stärkere<br />

Stickstoffverluste <strong>in</strong> den Lücken denkbar. Tatsächlich konnten <strong>in</strong><br />

den Lücken größere Nitratverluste festgestellt werden als auf den<br />

Kahlschlagflächen (pers. Mitteilung U. Kl<strong>in</strong>ck).<br />

Beitrag verschieden<strong>der</strong> Wuchsformen zum Stickstoffvorrat<br />

Den größten Anteil am Stickstoffvorrat <strong>der</strong> Bodenvegetation auf den<br />

Kahlschlägen haben <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie nicht die zahlreich vertretenen<br />

Kräuter, unter denen auch e<strong>in</strong>ige nitrophile Arten zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d<br />

(Epilobium angustifolium), son<strong>der</strong>n grasartige Pflanzen, die bereits<br />

vorher auf den Flächen vorhanden waren, den E<strong>in</strong>griff überdauerten<br />

und sich dann ausbreiten konnten (vgl. Mellert et al. 1998). Viele<br />

grasartige Pflanzen s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, sich aus <strong>der</strong> Samenbank zu<br />

regenerieren, sich dann vegetativ auszubreiten und unter guter Lichtversorgung<br />

reichlich zu blühen und zu fruchten (Prach und Pyšek<br />

1999). Da <strong>der</strong> Aufbau von vitalen, blühenden und fruktifizierenden<br />

Beständen mit <strong>der</strong> Aufnahme und Festlegung wichtiger Nährstoffe<br />

verbunden ist, unterstreicht dies die beson<strong>der</strong>e Bedeutung grasartiger<br />

Pflanzen im Nährstoffhaushalt <strong>der</strong> Kahlschläge. E<strong>in</strong>e Zunahme <strong>der</strong><br />

Artenzahlen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strauchschicht zeigt zudem, dass die Ausbreitung<br />

<strong>der</strong> Gräser e<strong>in</strong>e Ansiedlung von Pioniergehölzen nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />

Auf den Flächen <strong>der</strong> Zielstärkennutzung trägt zunächst die artenreiche<br />

Gruppe <strong>der</strong> Kräuter wesentlich zum Stickstoffvorrat bei, dann<br />

gew<strong>in</strong>nen Sträucher immer mehr an Bedeutung. Dabei ist vor allem<br />

Rubus idaeus zu nennen, die sich unabhängig von <strong>der</strong> Lichtverfügbarkeit<br />

aus <strong>der</strong> Samenbank regenerieren kann (Mayer et al. 2004).<br />

Die Stickstoffvorräte auf diesen Flächen liegen jedoch deutlich unter<br />

denen <strong>der</strong> Kahlschlagflächen und steigen nur langsam an, sodass hier<br />

möglicherweise e<strong>in</strong> größeres Risiko für Nitratverluste besteht.<br />

Offene Fragen<br />

Noch nicht geklärt ist <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht aber, was die natürliche<br />

Verjüngung, die beson<strong>der</strong>s auf den Kahlschlägen auftritt, zur Speicherung<br />

und zum Verbleib wichtiger Nährstoffe im Ökosystem beiträgt.<br />

Beson<strong>der</strong>s auf den Flächen <strong>der</strong> Zielstärkennutzung ist auch die<br />

Moosschicht stärker vertreten, so dass auch diese Vegetationsschicht<br />

noch berücksichtigt werden muss. E<strong>in</strong> Vergleich mit dem zweiten<br />

Untersuchungsgebiet Otterbach kann darüber h<strong>in</strong>aus wichtige H<strong>in</strong>weise<br />

auf die Bedeutung des Standorts für das Retentionsvermögen<br />

von Stickstoff liefern.<br />

Danksagung<br />

Beson<strong>der</strong>er Dank gilt Andrea Bauer, Andreas K<strong>in</strong>ser, Uwe Kl<strong>in</strong>ck, Thomas<br />

Kompa, Andreas Parth und Heiko Rubbert für die Hilfe bei <strong>der</strong> Datenaufnahme<br />

und -auswertung.<br />

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27


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28 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28


Kurzbeiträge<br />

forstarchiv 80, 29–32<br />

(2009)<br />

DOI 10.237603004112-<br />

80-29<br />

© M. & H. Schaper<br />

GmbH<br />

ISSN 0300-4112<br />

Korrespondenzadresse:<br />

irmscher@forst.tu-dresden.de'<br />

Kurzbeiträge<br />

Zoochores Ausbreitungspotenzial <strong>der</strong> Rotbuche (Fagus sylvatica L.) mit<br />

Blick auf die M<strong>in</strong>imierung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>griffs<strong>in</strong>tensität beim Waldumbau <strong>in</strong><br />

Wäl<strong>der</strong>n mit Naturschutzstatus<br />

Thomas Irmscher<br />

Institut für <strong>Waldbau</strong> und Forstschutz, TU Dresden, Pienner Str. 8, D-01737 Tharandt<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Der Waldumbau <strong>in</strong> Wäl<strong>der</strong>n mit Naturschutzstatus birgt erhebliches<br />

Konfliktpotenzial. E<strong>in</strong>erseits soll <strong>der</strong> Umbau zu naturnahen Bestandesstrukturen<br />

und Baumartenzusammensetzungen durch das aktive<br />

E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Baumarten <strong>der</strong> heutigen potenziell natürlichen Vegetation<br />

(hpnV) erfolgen, an<strong>der</strong>erseits sollen Waldflächen so wenig<br />

wie möglich gestört werden (Prozessschutz). Insbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den<br />

Entwicklungszonen <strong>der</strong> Nationalparks ist es deshalb von Bedeutung,<br />

Kenntnisse darüber zu erlangen, wie sich die Naturverjüngung <strong>der</strong><br />

Baumart Buche <strong>in</strong> naturfernen Fichten-Beständen ausbreitet. Während<br />

über die vorwiegend zoochore Ausbreitung <strong>der</strong> Eichenarten<br />

relativ viel bekannt ist (Kollmann und Schill 1996, Gomez 2003,<br />

Stimm und Knoke 2004 u. a. m.), s<strong>in</strong>d die Erkenntnisse zur Zoochorie<br />

<strong>der</strong> Buchen-Naturverjüngung ger<strong>in</strong>g. Bei den meisten bisherigen<br />

Untersuchungen, u. a. von Wagner (1999), Karlsson (2001), Kutter<br />

und Gratzer (2006), wurde nur die barochore Ausbreitung berücksichtigt.<br />

Lediglich Kunstler (2004) und Ganz (2006) bezogen die<br />

Fernausbreitung <strong>der</strong> Rotbuche e<strong>in</strong>.<br />

In e<strong>in</strong>em von <strong>der</strong> DBU (Deutsche Bundestiftung Umwelt) geför<strong>der</strong>ten<br />

Projekt sollen zum e<strong>in</strong>en die Ausbreitungsdistanzen und<br />

die jeweiligen Samenmengen, zum an<strong>der</strong>en eventuell vorhandene<br />

Präferenzen für sogenannte „safe sites“ (Schutzstellen) mit speziellen<br />

kle<strong>in</strong>standörtlichen Merkmalen untersucht werden.<br />

Durch die Abschätzung dieses Potenzials sollen Störungen im<br />

Waldökosystem, wie sie durch großflächigen, aktiven Waldumbau<br />

verursacht werden können, begrenzt und somit die E<strong>in</strong>griffs<strong>in</strong>tensität<br />

<strong>in</strong> Schutzgebieten mit dem Status e<strong>in</strong>es Nationalparks m<strong>in</strong>imiert<br />

werden.<br />

Methoden<br />

Die Etablierung von Verjüngung, wie z. B. auch Samenfall, Streufall<br />

o<strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>wurzeldichte, wird als ökologische Wirkung von E<strong>in</strong>zelbäumen<br />

verstanden, die i. d. R. mit zunehmen<strong>der</strong> Entfernung vom<br />

Baum abnimmt. Bei <strong>der</strong> Quantifizierung dieser Effekte lassen sich jedoch<br />

die Messwerte meist nicht e<strong>in</strong>deutig e<strong>in</strong>em bestimmten Baum<br />

zuordnen. Dieses Problem wird aufgelöst, <strong>in</strong>dem die Distanz und<br />

die Intensität <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelwirkung umstehen<strong>der</strong> Bäume durch statistischen<br />

Ausgleich geschätzt werden. Hierzu wurde vom Institut für<br />

Stochastik an <strong>der</strong> Bergakademie Freiberg geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> Professur<br />

<strong>Waldbau</strong> am Institut <strong>Waldbau</strong> und Forstschutz Tharandt e<strong>in</strong>e<br />

Software entwickelt, die räumlich konkrete Messungen mithilfe von<br />

zwei Basisfunktionen, <strong>der</strong> Ribbens- (Ribbens et al. 1994) und <strong>der</strong><br />

Lognormalfunktion (Stoyan und Wagner 2001), modelliert. Dieses<br />

Programm „Waldstat“ (Näther und Wäl<strong>der</strong> 2003) errechnet Parameter<br />

von Modellfunktionen mit Berücksichtigung e<strong>in</strong>er baum<strong>in</strong>dividuellen<br />

E<strong>in</strong>flussgröße (BHD) auf die Effekt<strong>in</strong>tensität (z. B. Anzahl<br />

<strong>der</strong> Früchte je Baum). Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e Modellanpassung<br />

s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en räumliche Dichte-Werte als Effekt (z. B. Jungbuchen<br />

m - ²) bzw. <strong>der</strong>en Koord<strong>in</strong>aten, zum an<strong>der</strong>en die Standpunkte<br />

<strong>der</strong> Elternbäume als Quelle sowie <strong>der</strong>en BHD.<br />

Zur Datenaufnahme wurden im Nationalpark Harz drei Versuchsflächen<br />

e<strong>in</strong>gerichtet, welche nachfolgend aufgeführte Merkmale<br />

aufweisen mussten:<br />

• möglichst isolierte Rotbuchen-Elternbäume bzw. -baumgruppen<br />

<strong>in</strong> Beständen <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>en Fichte,<br />

• ausreichend Verjüngung, auch weiter ab von den Elternbäumen,<br />

• ke<strong>in</strong> Voranbau <strong>der</strong> Rotbuche.<br />

Im Jahre 2007 und <strong>2008</strong> erfolgten die Aufnahmen auf diesen Versuchsflächen.<br />

Es wurde zunächst e<strong>in</strong> Punktraster (20 x 20 m) angelegt,<br />

von welchem die Messung <strong>der</strong> Entfernung und des Azimutes aller<br />

Jungbuchen und Elternbäume mithilfe e<strong>in</strong>es Laser-Dendrometers<br />

(LEDHA-GEO) erfolgte (Abbildung 1).<br />

Abbildung 1. Versuchsfläche Abt. 420, Revier Schluft; Verteilung <strong>der</strong> Jung- und Altbuchen<br />

auf <strong>der</strong> Fläche.<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 23-28<br />

29


Kurzbeiträge<br />

Tabelle 1. Dichtewerte <strong>der</strong> Jungbuchen<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Distanz zum Mutterbaum.<br />

Distanz vom Mutterbaum [m] 30 60 90 120 150 180 210 240<br />

Jungbuchen [Anzahl ha -1 ] 1536 269 91 42 22 13 9 5<br />

Die Elternbäume wurden gekluppt. Ferner wurden zur Erfassung<br />

<strong>der</strong> Mikrohabitate Eigenschaften wie Vegetation, Mikrorelief,<br />

Strahlung aufgenommen und auch an den Jungbuchen verschiedene<br />

Parameter (Wurzelhalsdurchmesser, Höhe, Verbiss, Länge <strong>der</strong> Term<strong>in</strong>alknospe,<br />

Alter) gemessen bzw. geschätzt. Später wurden dann die<br />

Polar-Koord<strong>in</strong>aten <strong>in</strong> kartesische Koord<strong>in</strong>aten umgerechnet und <strong>in</strong><br />

weiteren Rechenschritten die Daten so umgeformt, dass e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gabe<br />

<strong>in</strong> das Modellierungsprogramm „Waldstat“ möglich war. Nach<br />

<strong>der</strong> Modellanpassung kann mithilfe <strong>der</strong> geschätzten Modellparameter<br />

e<strong>in</strong>e Modellfunktion, z. B. mit dem Programm „Mathcad“,<br />

grafisch dargestellt und können MDD- und LDD-Werte (MDD =<br />

mean dispersal distance, mittlere Ausbreitungsentfernung; LDD =<br />

long dispersal distance, 99. Perzentil (Williams et al. 2006)) angegeben<br />

werden.<br />

Ergebnisse<br />

In Abbildung 2 ist die durch das Programm „Waldstat“ errechnete<br />

Modellfunktion abgebildet. Beachtet werden muss, dass hier nur die<br />

Fernausbreitung abgebildet ist, d. h., <strong>der</strong> Bereich vom ideellen Stammfuß<br />

bis zu e<strong>in</strong>em Umkreis von 20 m wurde nicht berücksichtigt, da<br />

hier ke<strong>in</strong>e zoochore, son<strong>der</strong>n barochore Ausbreitung unterstellt wird.<br />

Der bei diesem Modell erreichte MDD-Wert beträgt 35,42 m, <strong>der</strong><br />

LDD-Wert erreicht 254 m. Um zu Aussagen zu gelangen, welche<br />

Dichten an Jungbuchen <strong>in</strong> welchem Abstand anzutreffen s<strong>in</strong>d, werden<br />

die x- und y-Werte <strong>der</strong> Funktion abgelesen und <strong>in</strong> handlichere<br />

Größen umgerechnet. Tabelle 1 enthält die Dichtewere <strong>der</strong> Jungbuchen<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong> Distanz zum Mutterbaum.<br />

Abbildung 2. Ausbreitungsfunktion Jungbuchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fichtenbestand.<br />

Es zeigt sich, dass auch weit außerhalb <strong>der</strong> Kronenschirmfläche<br />

e<strong>in</strong>e solche Anzahl von Jungbuchen anzutreffen ist, die unter den<br />

Prämissen e<strong>in</strong>es Nationalparks e<strong>in</strong>e Umwandlung naturferner Fichtenbestände<br />

<strong>in</strong> Mischbestände mit h<strong>in</strong>reichendem Buchenanteil <strong>in</strong><br />

absehbaren Zeiträumen ermöglicht. Diese durch Zoochorie erreichten<br />

Buchen-Dichten s<strong>in</strong>d natürlich im Wirtschaftswald nicht ausreichend,<br />

sorgen aber auch dort für die E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Baumart<br />

Buche <strong>in</strong> Bestände mit an<strong>der</strong>en Baumarten. Durch diese Schätzungen<br />

wird es möglich werden, die Bereiche e<strong>in</strong>es Nationalparks zu<br />

determ<strong>in</strong>ieren, <strong>in</strong> welchen auf e<strong>in</strong>en aktiven Waldumbau verzichtet<br />

und somit <strong>der</strong> Voranbau mit Buche e<strong>in</strong>geschränkt bzw. gezielter<br />

durchgeführt werden kann.<br />

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Wagner S. 1999. Ökologische Untersuchungen zur Initialphase <strong>der</strong> Naturverjüngung<br />

<strong>in</strong> Eschen-Buchen-Mischbeständen. Schriften aus <strong>der</strong> Forstlichen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität Gött<strong>in</strong>gen und <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>sächsischen Forstlichen<br />

Versuchsanstalt, 129. Sauerlän<strong>der</strong>‘s Verlag, Frankfurt a. M.<br />

Williams C.G., LaDeau S.L. Oren R. Katul G.G. 2006. Modell<strong>in</strong>g seed dispersal<br />

distances ‐ implications for transgenic P<strong>in</strong>us taeda. Ecological Applications<br />

16, 117-124<br />

30 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 29-32


Kurzbeiträge<br />

Korrespondenzadresse:<br />

steffen.herrmann@waldbau.<br />

uni-freiburg<br />

Zersetzungsdynamik und Kohlenstoffspeicherung <strong>in</strong> liegendem Totholz<br />

Steffen Herrmann und Jürgen Bauhus<br />

<strong>Waldbau</strong>-Institut, Tennebacherstr. 4, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, D-79106 Freiburg i. Br.<br />

Totholz ist e<strong>in</strong> elementarer, <strong>in</strong> Wirtschaftswäl<strong>der</strong>n aber bisher häufig<br />

vernachlässigter, Bestandteil von Waldökosystemen. Aufgrund<br />

<strong>der</strong> Bedeutung von Totholz <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e als Lebensgrundlage/Habitat<br />

verschiedener Arten und als Speicher im Kohlenstoffhaushalt<br />

ist es mittlerweile als Schlüsselstrukturelement und Indikator e<strong>in</strong>er<br />

ökologisch nachhaltigen Forstwirtschaft anerkannt. Daher werden<br />

verstärkt Anstrengungen unternommen, mehr Totholz im Wald<br />

zu belassen und diese Ressource zu bewirtschaften. Dabei geht es<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e um die Frage, wie viel Holz <strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Weise<br />

dem Totholzpool zugefügt werden muss, um diesen auf e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Niveau (z. B. 10 m 3 ha -1 ) zu halten. Um diese Frage zu<br />

beantworten, fehlen allerd<strong>in</strong>gs die wissenschaftlichen Grundlagen<br />

zur Zersetzungsdynamik und Zersetzungsgeschw<strong>in</strong>digkeit (meist als<br />

Zersetzungsrate (k) angegeben) von Totholz.<br />

Die Zersetzungsraten von Totholz s<strong>in</strong>d abhängig von holzartenspezifischen,<br />

standortsspezifischen/klimatischen und biologischen<br />

Faktoren (Zersetzungsorganismen). Die Interaktionen dieser Faktoren<br />

s<strong>in</strong>d sehr komplex, und die Bedeutung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Faktoren<br />

ist bisher weitgehend unbekannt. Nach Harmon et al. (1995) überlagert<br />

die Substratqualität, charakterisiert durch Dichte, Dimension,<br />

Holz<strong>in</strong>haltsstoffe (u. a. Extraktstoffe) und Zersetzungsstadium<br />

möglicherweise die klimatischen Faktoren. In an<strong>der</strong>en Arbeiten<br />

wurden deutliche Beziehungen zwischen klimatischen Parametern<br />

und Totholzzersetzung herausgestellt (Chambers et al. 2001, Mackensen<br />

et al. 2003). Die Zersetzungsraten sche<strong>in</strong>en dabei beson<strong>der</strong>s<br />

sensibel auf Temperaturverän<strong>der</strong>ungen zu reagieren. Für Fragen im<br />

Zusammenhang mit e<strong>in</strong>em nachhaltigen Totholzmanagement und<br />

zur Beurteilung <strong>der</strong> Rolle von Totholz als C-Senke ist die Kenntnis<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>flussfaktoren von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung. So würde beispielsweise<br />

e<strong>in</strong>e Verdopplung <strong>der</strong> Zersetzungsrate <strong>in</strong>folge verän<strong>der</strong>ter<br />

E<strong>in</strong>flussfaktoren e<strong>in</strong>e doppelt so hohe Nachlieferungsmenge zufolge<br />

haben (Abbildung 1).<br />

In <strong>der</strong> vorgestellten Untersuchung wurde daher die Zersetzungsrate<br />

von liegendem Totholz <strong>in</strong> Abhängigkeit von Baumart (Buche,<br />

Fichte, Kiefer), Dimension und Zersetzungsstadium sowie klimatischen<br />

Faktoren (Temperatur, Nie<strong>der</strong>schlag) ermittelt, um diese modellhaft<br />

abbilden zu können.<br />

Die Zersetzungsrate wurde auf zwei verschiedene Weisen ermittelt:<br />

(1) für die verschiedenen Zersetzungsstufen über die laufenden<br />

Atmungsraten <strong>in</strong> Abhängigkeit von Temperatur und Holzfeuchte<br />

mittels Inkubation von Holzproben im Labor und (2) für den Gesamtzeitraum<br />

und die verschiedenen Phasen des Zersetzungsprozesses<br />

retrospektiv über den Massenverlust durch Inventur von Totholz<br />

mit bekanntem Entstehungszeitpunkt im Gelände. Zudem wurden<br />

beide Methoden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fallstudie an jeweils e<strong>in</strong>em datierbaren Buchen-<br />

und Fichtenstamm komb<strong>in</strong>iert. E<strong>in</strong>e erste Analyse <strong>der</strong> Respirationsmessungen<br />

zeigte e<strong>in</strong>e deutliche Temperatursensitivität (Abbildung<br />

2).<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> vorgestellten Untersuchung bilden die Basis<br />

für e<strong>in</strong> wissenschaftlich fundiertes, nachhaltiges Totholzmanagement<br />

und zur Erstellung von Kohlenstoffbilanzen für Waldökosysteme.<br />

Literatur<br />

Chambers J.Q., Schimel J.P., Nobre A.D. 2001. Respiration from coarse<br />

wood litter <strong>in</strong> central Amazon forests. Biogeochemistry 52, 115-131<br />

Harmon M.E., Whigham D.F., Sexton J., Olmsted I. 1995. Decomposition<br />

and mass of woody detritus <strong>in</strong> the dry tropical forests of the Northeastern<br />

Yucatan Pen<strong>in</strong>sula, Mexico. Biotropica 27(3), 305-316<br />

Mackensen J., Bauhus J., Webber E. 2003. Decomposition rates of coarse<br />

woody debris - A review with particular emphasis on Australian tree species.<br />

Australian Journal of Botany 51, 27-37<br />

14<br />

Totholz (m 3 /ha)<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

18<br />

16<br />

14<br />

y = 1,9454e 0,1092x<br />

R² = 0,9857<br />

Totholz (m 3 /ha)<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

EFFLUX (mol CO 2 m -2 s -1 )<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

4<br />

0 10 20 30 40<br />

Zeit (Jahre)<br />

Abbildung 1. Nachlieferungsmenge bei verschiedenen Zersetzungsraten (k); oben:<br />

k = 0,06, unten: k = 0,12.<br />

0<br />

0 2,5 5 7,5 10 12,5 15 17,5 20<br />

Temperatur (°C)<br />

<br />

Abbildung 2. Beziehung zwischen laufen<strong>der</strong> Atmungsrate (EFFLUX) und Temperatur.<br />

forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 29-32<br />

31


Kurzbeiträge<br />

Korrespondenzadresse:<br />

hendrik.rumpf@nw-fva.de<br />

Wachstum und Differenzierung von Fichten-Naturverjüngung <strong>in</strong><br />

Abhängigkeit von Überschirmung und Pflegestrategie<br />

Hendrik Rumpf<br />

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Grätzelstr. 2, D-37079 Gött<strong>in</strong>gen<br />

Verjüngungsökologische Untersuchungen – geför<strong>der</strong>t durch das<br />

Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung und forschung (BMBF) – <strong>der</strong><br />

Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt zu Wachstum und<br />

Differenzierung von Fichtennaturverjüngung auf e<strong>in</strong>em frischen,<br />

mesotrophen Buntsandste<strong>in</strong>standort im Soll<strong>in</strong>g haben gezeigt,<br />

dass Fichtennaturverjüngung e<strong>in</strong>e Phase <strong>der</strong> Höhendifferenzierung<br />

durchläuft, <strong>der</strong>en Geschw<strong>in</strong>digkeit und Ausmaß positiv mit dem<br />

Lichtangebot und <strong>der</strong> Ausgangshöhe <strong>der</strong> Pflanzen korreliert s<strong>in</strong>d. In<br />

unmittelbarer Nachbarschaft vorwüchsiger E<strong>in</strong>zelbäume bef<strong>in</strong>den<br />

sich jedoch häufig Konkurrenten, die im Wachstum kaum o<strong>der</strong> nicht<br />

zurückfallen.<br />

In e<strong>in</strong>em 1999 im Nie<strong>der</strong>sächsischen Forstamt Sellhorn <strong>in</strong> sehr<br />

dichter Fichtennaturverjüngung auf e<strong>in</strong>em sommertrockenen Sandstandort<br />

angelegten Läuterungsversuch wurden drei Pflegestrategien<br />

(Selbstdifferenzierung, Ausleseläuterung, Stammzahlreduzierung)<br />

unter drei grundflächengesteuerten Überschirmungsdichten (100 %,<br />

70 %, 50 %) an e<strong>in</strong>em Kollektiv vorwüchsiger Fichten mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verglichen. Im Gegensatz zum Höhenwachstum, das nahezu ausschließlich<br />

von <strong>der</strong> Überschirmungsdichte bestimmt wurde, konnte<br />

das Durchmesserwachstum durch e<strong>in</strong>e frühzeitige Standraumerweiterung<br />

deutlich gesteigert werden, wobei sich dieser Effekt mit<br />

zunehmendem Lichtangebot verstärkte. Die E<strong>in</strong>zelbaumstabilität<br />

entwickelte sich <strong>in</strong> den selbstdifferenzierten Verjüngungsbereichen<br />

wesentlich schlechter. Die Auswirkung <strong>der</strong> Läuterungse<strong>in</strong>griffe<br />

auf die Aststärkenentwicklung war bislang tolerierbar, die Anzahl<br />

Grünäste wesentlich höher, und die natürliche Astre<strong>in</strong>igung verlief<br />

gegenüber den unbehandelten Verjüngungspartien auffallend langsamer.<br />

Nach kritischer Prüfung aller untersuchter Parameter sche<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong>e frühzeitige Stammzahlreduzierung sehr gut geeignet zu se<strong>in</strong>,<br />

e<strong>in</strong>e zufriedenstellende Zuwachs- und Stabilitätsentwicklung zu erzielen.<br />

Die detaillierten Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchung f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Zeitschrift „Forst und Holz“ (Heft 12/<strong>2008</strong>, S. 20-25).<br />

Korrespondenzadresse:<br />

peter.meyer@nw-fva.de<br />

Naturwaldforschung als Grundlage für den <strong>Waldbau</strong>: Konzepte, Ergebnisse,<br />

Perspektiven<br />

Peter Meyer<br />

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Grätzelstr. 2, D-37079 Gött<strong>in</strong>gen<br />

Wie e<strong>in</strong>e aktuelle Analyse zeigt, s<strong>in</strong>d Naturwaldreservate (NWR)<br />

e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte. Nicht nur, dass das gegenwärtige Netz von<br />

716 Gebieten auf rund 31.000 ha dreifach größer ist, als ursprünglich<br />

geplant, nach wie vor steigt die Anzahl von NWR ungebrochen<br />

an.<br />

Inzwischen beg<strong>in</strong>nt die Naturwaldforschung die Schwelle zur Anwendung<br />

ihrer Ergebnisse zu überschreiten. In jüngster Zeit kommt<br />

es erstmalig zu unmittelbaren praktischen Ableitungen, wie die Beispiele<br />

<strong>der</strong> Buchenwaldbewirtschaft Brandenburgs o<strong>der</strong> des Alt- und<br />

Totholzkonzeptes <strong>der</strong> Bayerischen Staatsforsten zeigen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

muss bei nüchterner Betrachtung auch festgestellt werden, dass die<br />

waldbauliche und die naturschutzfachliche In-Wert-Setzung <strong>der</strong> Naturwaldforschung,<br />

gemessen an ihrem Anspruch und ihrem Potenzial,<br />

noch deutlich verbessert werden können.<br />

Der Dualismus aus Erforschung und Schutz natürlicher Prozesse<br />

ist bis heute das wichtigste Charakteristikum von NWR geblieben.<br />

Für die <strong>Waldbau</strong>forschung s<strong>in</strong>d NWR Referenzflächen zur Untersuchung<br />

<strong>der</strong> eigendynamischen Entwicklung <strong>der</strong> Baumartenanteile,<br />

<strong>der</strong> Waldstruktur, <strong>der</strong> Bestandesqualität und <strong>der</strong> Naturverjüngung,<br />

um nur e<strong>in</strong>ige Aspekte zu nennen. Die Naturwaldforschung kann<br />

wesentlich dazu beitragen, die forstlichen und naturschutzfachlichen<br />

Vorstellungen über Waldzustände und -entwicklungen auf e<strong>in</strong>e<br />

objektive Grundlage zu stellen. Was liegt schließlich näher, als den<br />

„(Natur)Wald zu fragen“, wenn Kriterien für e<strong>in</strong>e naturnahe Waldwirtschaft<br />

o<strong>der</strong> den günstigen Erhaltungszustand von FFH-Lebensraumtypen<br />

konkretisiert werden sollen?<br />

Die bisher unzureichende In-Wert-Setzung <strong>der</strong> Naturwaldforschung<br />

ist im Wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen.<br />

Zum e<strong>in</strong>en leidet sie wie nahezu alle Forschungsdiszipl<strong>in</strong>en,<br />

die auf die langfristige Untersuchung komplexer Systeme angelegt<br />

s<strong>in</strong>d, unter <strong>der</strong> Fülle und Vielfalt <strong>der</strong> eigenen Daten. Diesen Datenfundus<br />

so aufzubereiten und zu analysieren, dass die Ergebnisse<br />

<strong>in</strong> praktische Schlussfolgerungen umgesetzt werden können, bedarf<br />

<strong>in</strong>tensiver Anstrengungen. Vielfach wird auch erst die E<strong>in</strong>beziehung<br />

experimenteller Ansätze belastbare Aussagen erlauben. Angesichts<br />

massiver Personale<strong>in</strong>sparungen s<strong>in</strong>d viele Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />

nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, diese Aufgaben zu bewältigen. An sich wertvolle<br />

Erhebungen werden zu Datenfriedhöfen, <strong>der</strong>en Erschließung<br />

mit <strong>der</strong> Zeit immer schwieriger wird.<br />

Zum an<strong>der</strong>en ist aber auch bei den potenziellen Adressaten <strong>der</strong><br />

Ergebnisse, den Entscheidungsträgern <strong>in</strong> Forstwirtschaft und Naturschutz,<br />

e<strong>in</strong>e Ursache für die bisher verbesserungsbedürftige Anwendung<br />

zu suchen. Hier fehlt es offenbar an Kenntnis und Bereitschaft,<br />

die <strong>der</strong>zeit vorliegenden Ergebnisse zu berücksichtigen, was zwar angesichts<br />

<strong>der</strong> heutigen Komplexität von Planungsprozessen verständlich<br />

ist, jedoch letztendlich nicht zielführend se<strong>in</strong> kann.<br />

Die Erwartungen an die Naturwaldforschung lassen sich folgen<strong>der</strong>maßen<br />

zusammenfassen: Sie soll wissenschaftlich fundierte,<br />

anwendungsorientierte Ergebnisse liefern. Die Vertreter <strong>der</strong> Naturwaldforschung<br />

können wie<strong>der</strong>um erwarten, dass ihre Forschung angemessen<br />

geför<strong>der</strong>t wird und e<strong>in</strong>e ernsthafte Bereitschaft besteht, die<br />

Untersuchungsergebnisse <strong>in</strong> Planung und Praxis zu berücksichtigen.<br />

Dieses Ziel sche<strong>in</strong>t erreichbar, wenn <strong>der</strong> ressortübergreifende<br />

Austausch über Methoden und Ergebnisse <strong>der</strong> Naturwaldforschung<br />

deutlich <strong>in</strong>tensiviert wird. Mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es wissenschaftlichen<br />

Forums Naturwaldforschung kann e<strong>in</strong> entscheiden<strong>der</strong> Schritt<br />

<strong>in</strong> diese Richtung getan werden. Hiervon könnten Initiativen zur<br />

gezielten In-Wert-Setzung des Vorhandenen, zum Ausfüllen bestehen<strong>der</strong><br />

Lücken und zur Verb<strong>in</strong>dung mit an<strong>der</strong>en Forschungsansätzen<br />

ausgehen.<br />

Die <strong>Sektion</strong> <strong>Waldbau</strong> im Deutschen Verband Forstlicher Forschungsanstalten<br />

plant daher im Jahr 2009 e<strong>in</strong>e Schwerpunktveranstaltung<br />

„Naturwaldforschung“, um die Möglichkeiten e<strong>in</strong>er vertieften<br />

Kooperation zwischen <strong>Waldbau</strong>- und Naturwaldforschung<br />

auszuloten. Wir freuen uns auf diese Zusammenarbeit und möchten<br />

zu e<strong>in</strong>er breiten Beteiligung an <strong>der</strong> Veranstaltung e<strong>in</strong>laden.<br />

32 forstarchiv 80, Heft 1 (2009), 29-32

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