School Shooting - Universität Vechta
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<strong>School</strong> <strong>Shooting</strong> - Ursachen und Hintergründe zu extremen Gewalttaten an deutschen Schulen<br />
Erörterung der bedeutenden Teilaspekte<br />
übersteigerten Selbstbezug und Kränkungen aus der Umwelt wurden als<br />
besonders schwer wahrgenommen. Die Merkmale des übersteigerten Ich–Bezuges<br />
und der leichten Kränkbarkeit beider Amokläufer verweisen auch auf<br />
narzisstische Persönlichkeitsmerkmale, worauf nun im nächsten Punkt dieser<br />
Arbeit genauer eingegangen werden wird.<br />
5.1.2 Narzisstische Persönlichkeitstendenzen<br />
Robert und Bastian wiesen eine gestörte Wahrnehmung der eigenen Person und<br />
damit einhergehend eine gestörte Wahrnehmung in ihren Beziehungen zu anderen<br />
auf. Daher liegt es nahe, zunächst die Persönlichkeit der Täter genauer auf<br />
mögliche narzisstische Tendenzen hin zu diskutieren.<br />
Betrachtet man Bastians Aktivitäten im Internet und sein Tagebuch, so wird bei<br />
ihm klar, dass er sich immer weiter in eine übertriebene Selbstbezogenheit<br />
hineinsteigerte. Seine Aussagen machen deutlich, dass die Welt sich um ihn<br />
herum drehte und er sich selbst im Mittelpunkt dieser sah. Ein Perspektivwechsel<br />
ist für ihn nicht möglich. Für ihn muss die Welt sich ändern und nicht er selbst.<br />
Seine persönlichen Aufzeichnungen zeigen das Bild eines Jugendlichen, der in<br />
einem völligen Selbstbezug lebte und dessen dargestellte Stimmungslagen in<br />
seinem Onlinetagebuch auf mögliche depressive Verstimmungen schließen lassen.<br />
Die meiste Zeit fühlte er sich gelangweilt, frustriert oder aggressiv. Er war nicht<br />
in der Lage, sich in die Emotionsebene anderer einzufühlen und distanzierte sich<br />
immer weiter. Bei Robert ist es auf Grund der vorliegenden Ergebnisse<br />
schwieriger Feststellungen zu treffen, aber auch bei ihm wird deutlich, dass er<br />
sich im Vorfeld der Tat stark zurückzog. Er fokussierte sich auf sich selbst und<br />
war unfähig, seinen Eltern Gefühle und Probleme mitzuteilen.<br />
Aus psychoanalytischer Sicht bedeutet Narzissmus nach Freud eine extreme<br />
Fixierung auf die eigene Libido als Zentrum. 162 Narzissmuss wird zunächst als<br />
Teil der frühkindlichen Entwicklung gesehen, der die Hinwendung zu anderen<br />
Personen als Übergangsstadium zwischen dem Autoerotismus und der sich später<br />
entwickelnden Objektliebe bedeutet. Dieser primäre Narzissmus ist Teil einer<br />
162<br />
Vgl. Stimmer, 1987, S.72ff.