Ausgabe1/2013 - Universität Rostock
Ausgabe1/2013 - Universität Rostock
Ausgabe1/2013 - Universität Rostock
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der „Schlussstein des Rechtsstaates“<br />
Die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den beiden<br />
Mecklenburg nach 1918<br />
Kristin Nölting<br />
Auf den bekannten Rechtsphilosophen<br />
und Reichsjustizminister der<br />
Weimarer Republik Gustav Radbruch<br />
(1878 – 1949) geht die Bezeichnung<br />
„Schlussstein des Rechtsstaates“ für<br />
die Einführung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />
zurück. Im Jahr<br />
1910 hatte Radbruch die Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />
auf diese Weise in seiner<br />
„Einführung in die Rechtswissenschaft“<br />
tituliert und maß ihr somit eine sehr hohe<br />
Bedeutung für den Rechtsschutz gegen<br />
staatliche Maßnahmen bei. In den<br />
sechziger und siebziger Jahren des 19.<br />
Jahrhunderts war man in Deutschland<br />
übereingekommen, dass es nicht länger<br />
möglich sei, es den nicht speziell dafür<br />
ausgebildeten Richtern der ordentlichen<br />
Gerichtsbarkeit zu überlassen,<br />
die sich aus Verwaltungsstreitigkeiten<br />
entwickelten Probleme zu behandeln.<br />
Die Verfechter einer unabhängigen<br />
und eigenständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit,<br />
unter ihnen auch Rudolf<br />
von Gneist (1816 – 1895), setzten sich<br />
dementsprechend für die Schaffung<br />
von gesonderten Verwaltungsgerichten<br />
ein, die als personell und sachlich völlig<br />
unabhängige Gerichte agieren und sich<br />
möglichst uneingeschränkt mit der Kontrolle<br />
der Verwaltung und dem Schutz<br />
der Bürger befassen sollten. Ziel dieser<br />
Maßnahme war es letztlich, mehr oder<br />
weniger jede den Einzelnen belastende<br />
Verwaltungstätigkeit unter richterliche<br />
Kontrolle zu stellen.<br />
Verwaltungsgerichte sind (zumindest in<br />
der heutigen Zeit) für fast alle öffentlichrechtlichen<br />
Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher<br />
Art zuständig. Das<br />
wiederum bedeutet, dass die Verwaltungsgerichte<br />
prinzipiell alle Rechtsstreitigkeiten<br />
entscheiden, die im öf-<br />
<br />
Rechte, Ansprüche oder Rechtsverhältnisse<br />
betreffen.<br />
Textblätter aus den Gesetzessammlungen<br />
für Mecklenburg-Schwerin und<br />
Mecklenburg-Strelitz<br />
12<br />
Traditio et Innovatio 1|13