Klausuraufgaben
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Klausur zur Wahlpflichtvorlesung Physikalische Chemie<br />
Schwingungsspektroskopie und zwischenmolekulare Dynamik<br />
SS 2005, Dienstag, den 12.07.2005, 13:00 h<br />
Name:<br />
Matrikelnummer:<br />
Geburtsdatum:<br />
Assistent:<br />
Hinweis: Schreiben Sie bitte sauber und deutlich. Verwenden Sie bitte blaue oder schwarze<br />
Tinte, keinen Bleistift. Gestalten Sie die Aufgaben übersichtlich und die Rechenwege nachvollziehbar.<br />
Formeln, die Sie nicht der Vorlesung entnehmen, leiten Sie bitte her, oder geben<br />
Sie ggf. Ihre Quelle an. Beginnen Sie bitte jede Aufgabe auf einen neuen Blatt. Für die Klausur<br />
haben Sie 195 min Zeit. Verwenden Sie die ersten 15 min nur zum sorgfältigen Durchlesen<br />
aller Aufgaben.<br />
Aufgabe max. Punkte erreichte Punkte<br />
1 14 + 9<br />
2 14 + 4<br />
3 12 + 0<br />
4 28 + 3<br />
5 13 + 3<br />
6 11 + 4<br />
7 4 + 0<br />
8 0 + 4<br />
9 4 + 3<br />
gesamt: 100 + 30<br />
1
Fluorwasserstoff<br />
Fluorwasserstoff (HF) stellt ein besonders einfaches Modellsystem für Wasserstoffbrückenbindungen<br />
dar, an dem auch schwingungsdynamische Phänomene und Symmetrieaspekte<br />
gut erläutert werden können. Um dieses Molekül drehen sich die folgenden Aufgaben.<br />
Aufgabe 1<br />
In grober Näherung lässt sich die Bindung im HF als harmonischer Oszillator mit linearer<br />
Dipolfunktion betrachten. Der Gleichgewichtsabstand betrage 91.8 pm, das Dipolmoment bei<br />
diesem Abstand 1.80 D. Bei der Streckung der Bindung auf 100.0 pm muss eine rücktreibende<br />
Kraft von 7.9212 nN aufgewandt werden. Gleichzeitig vergrößert sich das Dipolmoment dabei<br />
auf 1.93 D.<br />
a.)<br />
Zeigen Sie, dass die harmonische Kraftkonstante k den Wert 9.66 aJ/Å2 hat.<br />
(4 Punkte)<br />
b.) Bei welchem Bindungsabstand hat das Dipolmoment den Wert 1.00 D?<br />
(6 Punkte)<br />
c.)<br />
Berechnen Sie die harmonische Schwingungswellenzahl des HF-Oszillators.<br />
(4 Punkte)<br />
d.) (Zusatzaufgabe) Berechnen Sie das Übergangsdipolmoment für den Fundamentalübergang<br />
und für den 1. Oberton von HF (m H = 1.0078 u, m F = 18.9984 u).<br />
(5 Zusatzpunkte)<br />
e.) (Zusatzaufgabe) Berechnen Sie die integrierte Bandenstärke des Fundamentalübergangs<br />
in pm und in km/mol.<br />
Aufgabe 2<br />
(4 Zusatzpunkte)<br />
In etwas besserer Näherung lässt sich die Bindung im Fluorwasserstoff als Morseoszillator<br />
betrachten.<br />
a.) Geben Sie die Parameter in der Morsefunktion an, wenn die elektronische Dissoziationsenergie<br />
594.0 kJ/mol beträgt und Sie Kraftkonstante und Gleichgewichtsabstand aus<br />
Aufgabe 1 übernehmen können.<br />
(3 Punkte)<br />
b.) Wie viele gebundene Zustände hat dieser Morseoszillator für HF, für DF (m D = 2.0141 u),<br />
und für das Fluorwasserstoffmolekül, in dem der Wasserstoff durch ein positiv geladenes<br />
Muon (m = 0.113429 u) ersetzt ist?<br />
2<br />
(5 Punkte)
c.) Welche Kraft muss beim Morseoszillator für die Streckung auf 100.0 pm aufgewandt<br />
werden? Vergleichen Sie mit Aufgabe 1.<br />
(6 Punkte)<br />
d.) (Zusatzaufgabe) Welche Obertöne von HF fallen in den sichtbaren Spektralbereich?<br />
Geben Sie die entsprechenden Übergangswellenlängen an.<br />
Aufgabe 3<br />
(4 Zusatzpunkte)<br />
Die Gleichgewichtsstrukturen der Wasserstoffbrückenaggregate von HF lassen sich näherungsweise<br />
erhalten, indem man zwischen einem HF (Donor) und einem der tetraedrisch<br />
angeordneten freien Elektronenpaare des anderen HF (Akzeptor) eine lineare Wasserstoffbrücke<br />
annimmt.<br />
a.)<br />
b.)<br />
Welche Punktsymmetrie hat das Dimer, wenn es so konstruiert wird?<br />
Konstruieren Sie nach diesem Schema ein Tetramer mit C 3v -Symmetrie.<br />
(4 Punkte)<br />
(4 Punkte)<br />
c.) Ringförmige planare (HF) n -Aggregate mit C nh -Symmetrie und linearen Wasserstoffbrücken<br />
weichen vom idealen Tetraederwinkel (arccos(−1/3)) ab. Für welches n ist die Abweichung<br />
am geringsten?<br />
Aufgabe 4<br />
(4 Punkte)<br />
Konstruieren Sie ein hypothetisches HF-Dimer mit C 2h -Symmetrie, in dem die Wasserstoffbrückenwinkel<br />
F−H· · ·F 90 ◦ betragen.<br />
a.) Welche Ordnung hat die Symmetriegruppe? Ist sie abelsch? Was ist die Symmetriezahl?<br />
Hat das Dimer ein Dipolmoment? Ist es chiral? Begründen Sie jeweils Ihre Antwort.<br />
(4 Punkte)<br />
b.) Geben Sie die Charaktertafel dieser Punktgruppe wieder. Welche irreduziblen Darstellungen<br />
hat die Symmetriegruppe? Erläutern Sie die Bezeichnungen.<br />
(4 Punkte)<br />
c.) Wie viele Normalschwingungen hat das Dimer? Bestimmen Sie durch Ausreduktion die<br />
Schwingungsrassen, nachdem Sie die Charaktere der reduziblen Matrixdarstellung der kartesischen<br />
Auslenkungen bestimmt und die Translationen und Rotationen in Abzug gebracht<br />
haben.<br />
3<br />
(10 Punkte)
d.) Schlagen Sie einen Satz von plausiblen Normalkoordinaten vor, die den in c) gefundenen<br />
Schwingungsrassen entsprechen. Berücksichtigen Sie dabei, dass es zwei Normalschwingungen<br />
gibt, in denen im Wesentlichen die HF-Bindungen deformiert werden. Alle anderen Normalschwingungen<br />
entsprechen Relativbewegungen der beiden HF-Einheiten (intermolekularen<br />
Schwingungen).<br />
(4 Punkte)<br />
e.)<br />
Welche Schwingungen sind Raman-aktiv? Welche sind IR-aktiv?<br />
(3 Punkte)<br />
f.) Was ändert sich an der Symmetriegruppe, wenn eines der Wasserstoffatome durch ein<br />
Deuteriumatom ersetzt wird?<br />
(3 Punkte)<br />
g.) (Zusatzaufgabe)<br />
gehören kann.<br />
Erklären Sie, warum (HF) 2 grundsätzlich nicht zur Punktgruppe C i<br />
Aufgabe 5<br />
(3 Zusatzpunkte)<br />
Eine der stärksten bekannten Wasserstoffbrücken bildet sich aus, wenn ein Fluoridion (F − )<br />
mit einem HF zum symmetrischen linearen [F· · ·H· · ·F] − reagiert. Sie führen zu diesem Molekülion<br />
eine einfache quantenchemische Rechnung durch. Diese ergibt bei der Streckung oder<br />
Stauchung einer HF Bindung aus der Gleichgewichtslage um 0.005 Å eine Energiezunahme<br />
um 7.2 µE h , bei der Streckung beider Bindungen um denselben Betrag aber eine Zunahme<br />
um 26.2 µE h . Interessanterweise ergibt sich bei gleichzeitiger Streckung einer Bindung und<br />
Stauchung der anderen Bindung um denselben Betrag lediglich eine Energiezunahme um<br />
2.6 µE h . (1 E h = 219474.63 cm −1 )<br />
a.) Sind diese drei Energieunterschiede mit einer harmonischen Potentialhyperfläche des<br />
FHF − kompatibel? Wenn nein, wie können Sie sie harmonisch angleichen?<br />
(3 Punkte)<br />
b.) Berechnen Sie die gemischte Valenzkraftkonstante f 12 für die beiden Streckschwingungen<br />
im FHF − .<br />
(5 Punkte)<br />
c.) Berechnen Sie für die Massen m H = 1.007825 u und m F = 18.9984 u die harmonischen<br />
Normalschwingungswellenzahlen der beiden Streckschwingungen mit und ohne gemischte<br />
Kraftkonstante. Diskutieren Sie den Einfluss der kinematischen und potentiellen Kopplung<br />
der beiden Oszillatoren.<br />
4<br />
(5 Punkte)
d.) (Zusatzaufgabe) Wenn Sie richtig gerechnet haben, sollte die symmetrische Normalschwingung<br />
unter Berücksichtigung aller Kopplungen etwa die halbe Frequenz der antisymmetrischen<br />
Normalschwingung haben. Diskutieren Sie die Möglichkeit einer Fermiresonanz<br />
zwischen dem Oberton der symmetrischen Streckschwingung und der antisymmetrischen<br />
Fundamentalschwingung.<br />
Aufgabe 6<br />
(3 Zusatzpunkte)<br />
Näherungsweise lässt sich (HF) 2 als Dipol-Dipol-Komplex betrachten. Nehmen Sie an, dass<br />
das HF-Dipolmoment von 1.8 D im F-Atom zentriert ist und zum Wasserstoffatom zeigt.<br />
a.) Welche der folgenden beiden Strukturen ist günstiger? Eine kollineare Anordnung<br />
F−H· · ·F−H, bei der die F-Atome einen Abstand von 290 pm haben, oder eine rechteckig<br />
antiparallele Anordnung ↑↓, bei der die Molekülachsen einen Abstand von 255 pm haben<br />
und die H−F Bindung 91.8 pm beträgt? Begründen Sie Ihre Aussage durch Berechnung des<br />
Energieverhältnisses.<br />
(6 Punkte)<br />
b.) Berechnen Sie die Dipol-Dipol-Bindungsenergie in der kollinearen Anordnung bei 290 pm<br />
und vergleichen Sie diese Energie mit der Anregungsenergie der HF-Streckschwingung. Erwarten<br />
Sie nach der Schwingungsanregung Prädissoziation?<br />
(5 Punkte)<br />
c.) (Zusatzaufgabe) Berechnen Sie die thermisch gemittelte Bindungsenergie bei 300 K<br />
und einem mittleren Abstand von 1 nm. Welchem Druck entspricht dies näherungsweise für<br />
ein ideales Gas? (Nehmen Sie an, dass die HF-Moleküle auf einem einfachen kubischen Gitter<br />
liegen)<br />
Aufgabe 7<br />
(4 Zusatzpunkte)<br />
Sie wollen kaltes (HF) 2 in einer Überschallexpansion generieren und spektroskopieren. Zu<br />
diesem Zweck expandieren Sie eine Gasmischung von HF und He bei 0.50 bar durch eine<br />
Lochdüse mit 1 mm Durchmesser in eine Vakuumkammer, deren Druck maximal 100 µbar<br />
beträgt. Wie weit entfernt von der Düse können Sie noch kalte Molekülaggregate beobachten?<br />
Aufgabe 8 (Zusatzaufgabe)<br />
(4 Punkte)<br />
Die Streckschwingungswellenzahl von HF beträgt 3961.4229 cm −1 , die des Wasserstoffbrückengebundenen<br />
HF in (HF) 2 dagegen nur 3868.3127 cm −1 . Die Dissoziationsenergie D 0 des Dimers<br />
im Grundzustand in zwei Monomere wurde zu 1062 cm −1 bestimmt. Wie groß ist sie<br />
im schwingungsangeregten Zustand?<br />
5<br />
(4 Zusatzpunkte)
Aufgabe 9<br />
Ein HF-Laser beruht auf der Besetzungsinversion der v = 2 und v = 1 Niveaus nach<br />
Bildung des HF-Moleküls aus den Elementen oder aus geeigneten Vorgängerverbindungen<br />
(chemischer Laser). Er hat einen chemischen Wirkungsgrad von 10% und kann eine IR-<br />
Dauerleistung von 10 kW bei 2.7 µm erbringen.<br />
a.)<br />
Wie vielen Photonen pro Sekunde entspricht dies?<br />
(4 Punkte)<br />
b.) (Zusatzaufgabe) Warum gibt es zwar Pläne, solche Laser in Satelliten zur Zerstörung<br />
gegnerischer Interkontinentalraketen einzusetzen, aber nicht vom Boden aus?<br />
(3 Zusatzpunkte)<br />
Viel Erfolg bei der Klausur!<br />
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