Download der Gesamtausgabe (5 mb) - LMU
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N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
22<br />
„KINDER IM BLICK“<br />
HILFE IN DER TRENNUNGSKRISE<br />
Wenn Kin<strong>der</strong> im Spiel sind, wird eine Trennung kompliziert: Den Ex-Partner nicht<br />
mehr sehen o<strong>der</strong> sprechen – das ist unmöglich, wenn man bereits eine Familie ist.<br />
Aber notwendige Absprachen können sich in Streitigkeiten verlieren, während die<br />
Kin<strong>der</strong> still vor sich hin leiden. Das an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> entwickelte Programm „Kin<strong>der</strong> im<br />
Blick“ unterstützt Mütter und Väter in solchen Situationen und kann vernünftige<br />
Wege durch die Trennung bahnen – zum Wohle des Nachwuchses.<br />
Manche Kursteilnehmer sind frisch getrennt und<br />
wollen typische Fehler von vornherein vermeiden.<br />
An<strong>der</strong>e kommen, weil ein Familiengericht ihnen<br />
den Besuch des bundesweit etablierten Kurses<br />
auferlegt hat – nach juristischem Rosenkrieg über<br />
Sorgerecht o<strong>der</strong> Unterhalt. Nach Möglichkeit<br />
nehmen beide Eltern parallel, jedoch in verschiedenen<br />
Kursen, teil. Was sie lernen, beruht auf<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist dabei aber<br />
sehr praxisnah. Entwickelt wurde das „Kin<strong>der</strong> im<br />
Blick“-Training bereits 2006 von Professor Sabine<br />
Walper, Institut für Pädagogik <strong>der</strong> <strong>LMU</strong>, in Kooperation<br />
mit dem Verein Familien-Notruf München.<br />
„Wir wollen Eltern dafür sensibilisieren, was Kin<strong>der</strong><br />
in einer Trennungssituation brauchen“, erklärt<br />
Sabine Walper, mittlerweile Forschungsdirektorin<br />
am Deutschen Jugendinstitut und hierfür an <strong>der</strong><br />
<strong>LMU</strong> beurlaubt. „Und wir wollen ihnen dabei ganz<br />
praktische Tipps an die Hand geben.“<br />
Das Herzstück des Kurses sei es, den elterlichen<br />
Rückhalt für die Kin<strong>der</strong> zu stärken. „Eine Gefahr<br />
in Stresssituationen wie einer Trennung ist: Man<br />
schaut nur dahin, wo es brennt“, so Sabine Walper.<br />
„Verhält ein Kind sich also ruhig und kooperativ,<br />
wird es mit seinen Sorgen oft nicht wahrgenommen.“<br />
Gerade aber die Bedürfnisse und Bemühungen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> anzuerkennen, helfe ihnen wesentlich<br />
bei <strong>der</strong> positiven Bewältigung <strong>der</strong> Trennung.<br />
Professor Walper zufolge können Eltern in den<br />
Kursen nicht nur ein feineres Gespür dafür entwickeln,<br />
ob ihre Kin<strong>der</strong> gerade „an etwas knabbern“,<br />
son<strong>der</strong>n auch ausprobieren, wie man das Kind in<br />
solchen Situationen am besten unterstützt. Wirke<br />
das Kind etwa nach dem Besuchswochenende bedrückt,<br />
empfehle es sich, behutsam seine Gefühle<br />
anzusprechen und auf diesem Weg das Problem<br />
zur Sprache zu bringen. Sei wirklich klar, wo <strong>der</strong><br />
Schuh drückt, solle man das Kind vor allem zur<br />
Selbsthilfe ermutigen, statt ihm eine Lösung aufzuzwingen.<br />
„Emotionales Coaching“ nennt man<br />
die Methode des amerikanischen Psychologen<br />
John Gottman. Sehr hilfreich finden Eltern offenbar<br />
auch die Tipps, wie sie die knappe Zeit mit<br />
dem Kind, etwa an Besuchswochenenden, nutzen<br />
können, um die Beziehung zu festigen. Dies lernen<br />
die Eltern zum Beispiel beim „Beschreibenden<br />
Lob“. Hat ein Kind etwas beson<strong>der</strong>s schön<br />
gemacht – den Tisch gedeckt o<strong>der</strong> ein Bild gemalt<br />
–, wird es nicht nur knapp gelobt, son<strong>der</strong>n erhält<br />
eine echte Rückmeldung: „Da ist ein kleines Haus,<br />
und dort schlängelt sich ein wil<strong>der</strong> Fluss. Ich finde<br />
es beson<strong>der</strong>s schön, wie du die Farben ausgewählt<br />
hast.“ Bei <strong>der</strong> Gestaltung dieser Übungen konnte<br />
auf die Erfahrungen aus dem Elternkurs „Familienteam“<br />
zurückgegriffen werden, den Dr. Johanna<br />
Graf mit Professor Walper ebenfalls an <strong>der</strong> <strong>LMU</strong><br />
entwickelt hat, allerdings nicht speziell für Trennungsfamilien.