Download der Gesamtausgabe (5 mb) - LMU
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ERINNERUNGEN AN DIE FLUCHT<br />
Entstanden ist <strong>der</strong> Schülerfilm im Rahmen eines Projekts des Instituts<br />
für Bayerische Geschichte <strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit dem Titel „Internationalisierung<br />
vor Ort nach 1945. Menschen und Schauplätze“. Professor<br />
Ferdinand Kramer, <strong>der</strong> am Historischen Seminar den Lehrstuhl für<br />
Bayerische Geschichte und Vergleichende Landesgeschichte mit<br />
beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung <strong>der</strong> Neuzeit innehat, leitet das Projekt.<br />
„Wir versuchen seit Jahren, die Außenvernetzungen Bayerns<br />
und lokaler Lebenswelten stärker in den Blick zu nehmen“, erklärt<br />
er. „Globalisierung bedeutet nicht nur vielfältige Beziehungen nach<br />
außen, son<strong>der</strong>n auch Pluralisierung vor Ort.“ Dieser Aspekt des Phänomens<br />
werde oft vernachlässigt. „Wir wollen Menschen dafür sensibilisieren,<br />
dass das, was sie als ,ihr eigenes’ verstehen, oft Anteile<br />
vieler an<strong>der</strong>er Kulturen hat.“ Dabei kooperiert man – auch wegen<br />
des hohen Anteils an Lehramtsstudierenden – mit vier bayerischen<br />
Schulen: An <strong>der</strong> Mittelschule Ruhpolding erforschte eine neunte<br />
Klasse unter Anleitung von Wissenschaftlern und Lehrkräften das<br />
Thema „Internationalisierung einer touristischen Region durch den<br />
Breiten- und Spitzensport“; Achtklässler <strong>der</strong> Reiffenstuel-Realschule<br />
Traunstein nahmen sich „Die Internationalisierung des Konsums“<br />
vor; und im elften Jahrgang <strong>der</strong> Beruflichen Oberschule Traunstein<br />
ging man den „Internationalen Bezügen in den Lebenswelten <strong>der</strong><br />
Schüler“ nach.<br />
In ihren Elternhäusern, aber auch in <strong>der</strong> Nachbarschaft und örtlichen<br />
Firmen suchten die Jugendlichen nach Quellen und Vernetzungen<br />
und zeigten ihre Funde in zwei Schulausstellungen: Unter<br />
Glas fanden sich dort Erinnerungsstücke wie eine kleine Geldbörse,<br />
die eine rumänische Familie auf ihrer Flucht begleitet hatte, Kin<strong>der</strong>trachten<br />
o<strong>der</strong> auch Musikinstrumente aus dem Wohnzimmer eines<br />
Mitschülers mit albanischem Hintergrund.<br />
„KLEINE METHODISCHE ENTDECKUNG“<br />
In Workshops lernten die Jugendlichen, ihre Fundstücke wissenschaftlich<br />
genau auszuzeichnen und Quellen nachzuweisen. Im<br />
Umgang mit dem Migrantenthema war es den Historikern zudem<br />
wichtig, die Schüler sprachlich zu sensibilisieren: „Wie viel Stereo-<br />
1 Die Ausstellung warf etwa die Frage auf, „Warum erinnern keine Straßennamen<br />
an die Heimat zugewan<strong>der</strong>ter Arbeitskräfte?“<br />
1 Unter Glas: Dinge, die die Familien einst beim Umzug bei sich hatten.<br />
typ fließt in die Sprache ein, wie viel Klischee?“ Unterstützt, nicht<br />
nur finanziell, wurde das Projekt von <strong>der</strong> Robert-Bosch-Stiftung, die<br />
Schüler mit ihrer Denkwerk-Reihe frühzeitig an Universität und Fächerwahl<br />
heranführen will; „Internationalisierung vor Ort“ ist bereits<br />
die zweite Kooperation mit dem Institut. Weitere Projektpartner von<br />
„Internationalisierung vor Ort“ sind das Institut für Europäische Ethnologie<br />
<strong>der</strong> <strong>LMU</strong> mit Professor Irene Götz, das Archiv des Erzbistums<br />
München und Freising sowie das Museumspädagogische Zentrum<br />
München.<br />
Der Film <strong>der</strong> Deggendorfer Gymnasiasten bescherte den Wissenschaftlern<br />
auch eine von den Schülern angestoßene „kleine methodische<br />
Entdeckung“, so Professor Kramer. „Zeitzeugeninterviews mit<br />
Skype von Deggendorf aus mit den Großeltern <strong>der</strong> Schüler in Anatolien<br />
zu führen – diese Methode fanden wir, gerade mit <strong>der</strong> Komponente<br />
internationaler Vernetzung, schon sehr interessant.“ ■ ajb<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
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