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Chronik Sonderausgabe 2013 - Philipps-Universität Marburg

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(Anhang zu den Seiten 19 und 34)<br />

Prof. Robert Wilhelm Bunsen (1811 − 1899)<br />

von John Tyndall (1820 − 1893)<br />

“Ich hörte in <strong>Marburg</strong> die Vorlesungen vieler der oben genannten bedeutenden<br />

Männer, richtete aber mein Hauptaugenmerk auf Mathematik, Physik und<br />

Chemie.<br />

Ich würde gern diese Vorlesungen, namentlich die von Bunsen, einem<br />

reiferen Urteil unterwerfen, als das meinige damals war. Ich lernte Deutsch,<br />

indem ich Bunsen zuhörte, und mit dem Zunehmen meiner Sprachkenntnisse<br />

wuchs auch die Anziehungskraft seiner Vorlesungen. Aber mein Interesse war<br />

von Anfang an rege gewesen, denn Bunsen beherrschte die Sprache des<br />

Experiments und redete zum Verstand nicht bloß durch das Ohr, sondern auch<br />

durch das Auge. Seine Vorlesungen waren voll Inhalt. Ich besitze noch die<br />

Kollegienhefte, die mir beweisen, wie reich, wie ganz auf der Höhe der fortgeschrittenen<br />

Tageserkenntnisse sie gehalten waren. Das Wort „fortgeschritten“<br />

ist hier in einem Sinne gebraucht, in dem ich es unbeschadet Ihrer teilnehmenden<br />

Aufmerksamkeit empfehlen kann. Nach manchen Richtungen ist der<br />

Fortschritt leicht, nach dieser nicht.<br />

Bunsen war eine stattliche Erscheinung, schlank, schön, ritterlich und ohne<br />

Spur von Affektation oder Pedanterie. Er ging in seinem Gegenstande auf; sein<br />

Vortrag war lichtvoll, seine Sprache rein; er sprach den sauberen hannoverschen<br />

Dialekt, der englischen Ohren so wohl klingt; er war jeder Zoll ein Gentleman.<br />

Nach einiger persönlicher Erfahrung blicke ich auf Bunsen zurück als auf den,<br />

der meinem Ideal eines <strong>Universität</strong>slehrers am nächsten kommt. Manchmal<br />

schien er abwesend und starrte durch das Fenster auf den massiven Bau der<br />

Elisabethkirche hinaus, als dächte er mehr an diesen als an seinen Vortrag. Aber<br />

keine Unterbrechung, kein Stocken oder Stammeln verrieten, dass er sich einen<br />

einzigen Augenblick hätte zerstreuen lassen.“<br />

(entnommen aus D. H. Klein, T. Müller-Roguski (Hrsg.): <strong>Marburg</strong> − Ein<br />

Lesebuch. Husum-Verlag, Husum, 1986, S. 93; Quelle: aus Ansprache, gehalten<br />

in der Birbeck-Institution am 22. Oktober 1884, in Fragmente. Neue Folge.<br />

Vieweg, Braunschweig, 1895)<br />

(John Tyndall weilte 1848‒1850 als Student in <strong>Marburg</strong>, wo Bunsen<br />

1839‒1851 im Deutschordenshaus am Firmaneiplatz neben der Elisabethkirche<br />

Chemie lehrte; siehe auch S. 14, 19 und 34).

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