LuST 3 (2013) - Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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L UST 3_<strong>2013</strong> Schwerpunkt<br />
18_19<br />
Uns geht es<br />
zuerst<br />
um Prävention,<br />
nicht<br />
um Sanktion<br />
Das Projekt<br />
E<br />
s gibt keine <strong>Universität</strong>, die konkrete Zahlen über akademisches<br />
Fehlverhalten hat. Keine kann zum Beispiel<br />
sagen: ,Wir haben 20 Prozent Plagiate‘. Es gibt nicht mal<br />
grobe Schätzungen.“ Dominik Schuh vom Projekt „Akademische<br />
Integrität“ lässt keinen Zweifel daran, dass er diese Zahlen gern<br />
hätte, aber da steht die JGU wie alle anderen deutschen Hochschulen<br />
noch am Anfang eines Prozesses.<br />
Die FAIRUSE-Studie des Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung gebe mit ihrer anonymisierten Befragungen zwar erste<br />
Hinweise über das Ausmaß akademischen Fehlverhaltens. „Aber<br />
für die JGU haben wir bisher nur sehr vage Kenntnisse.“ Eine erste<br />
Erhebung, die während eines Tests für Plagiatsdetektionssoftware<br />
in zwei Einführungsseminaren der Politikwissenschaft stattfand,<br />
scheint die Quoten der Studie zwar zu bestätigen. „Aber da müssen<br />
wir mehr Klarheit schaffen.“<br />
Anfang <strong>2013</strong> startete das Projekt „Akademische Integrität“ an der<br />
JGU als Teilprojekt des vom Bundesministerium für Bildung<br />
und Forschung (BMBF) geförderten universitätsweiten Programms<br />
zur Verbesserung der Lehre „Lehren – Organisieren – Beraten“.<br />
Es soll nicht nur die Aktivitäten zur Verhinderung von wissenschaftlichem<br />
Fehlverhalten auf dem Campus bündeln, sondern<br />
Studierenden, Lehrenden und Forschenden Hilfen in Umgang mit<br />
diesem Problemkomplex an die Hand geben.<br />
Z U R P E R S O N<br />
Nicole Walger, M.A.,<br />
studierte Germanistik und<br />
Romanistik in Frankfurt<br />
am Main. Nach ihrer Zeit<br />
als Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin an der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
<strong>Mainz</strong><br />
folgte ein Studium der<br />
Bibliotheks- und Informationswissenschaften<br />
an<br />
der Fachhochschule Köln.<br />
2011 wurde sie Leiterin<br />
der Bereichsbibliothek<br />
Translations-, Sprachund<br />
Kulturwissenschaft in<br />
Germersheim. Seit <strong>2013</strong> ist<br />
sie zudem stellvertretende<br />
Leiterin der Abteilung<br />
E-Science-Services an der<br />
<strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
<strong>Mainz</strong>. Sie ist dort zuständig<br />
für den Bereich<br />
Open Access-Publizieren<br />
und leitet das Projekt<br />
„Akademische Integrität“.<br />
Nicole Walger und Dominik Schuh sind der<br />
Motor dieses Projekts, das in den Räumen<br />
der <strong>Universität</strong>sbibliothek ein Zuhause gefunden<br />
hat. Sie organisieren unter anderem<br />
die Reihe der <strong>Mainz</strong>er Tagungen zur Akademischen<br />
Integrität und bieten damit eine<br />
Informations- und Diskussionsplattform,<br />
die es so bisher noch nicht gab.<br />
Doch, das ist nur ein Teil ihrer Aufgaben.<br />
Projektleiterin Walger lenkt den Blick auf<br />
die Kernidee, die hinter dem jungen Projekt<br />
steckt: „Uns geht es zuerst um Prävention,<br />
nicht um Sanktion. Hinter wissenschaftlichem<br />
Fehlverhalten steckt nicht immer<br />
eine böse Absicht. Studierende<br />
haben zum Beispiel wenig Unrechtsbewusstsein,<br />
wenn sie<br />
digitale Medien plagiieren.“ Die<br />
Thematik müsse in den Fokus<br />
der Studierenden, aber auch der<br />
Lehrenden und Forschenden gerückt<br />
werden. „Wir brauchen allgemein bekannte<br />
Leitlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis<br />
und akademischen Integrität.“<br />
Walger und Schuh sammeln die Angebote,<br />
die es bereits an der JGU gibt, und arbeiten eng mit Einrichtungen<br />
wie der Abteilung Studium und Lehre, dem Zentrum für Qualitätssicherung<br />
und -entwicklung (ZQ), dem Zentrum für Datenverarbeitung<br />
(ZDV), dem <strong>Gutenberg</strong> Lehrkolleg (GLK), der Psychotherapeutischen<br />
Beratungsstelle (PBS) oder der campusweiten<br />
Schreibwerkstatt zusammen. Darüber hinaus entwickeln sie neue<br />
Angebote und Konzepte. „Wir fragen uns: Was fehlt eigentlich<br />
noch, was benötigen wir?“, sagt Schuh. „Eine verbesserte Betreuung<br />
der Studierenden durch die Lehrenden ist sehr wichtig“, nennt<br />
Walger einen zentralen Bereich. „Personale Konstellationen spielen<br />
bei akademischem Fehlverhalten immer eine Rolle. Dozentinnen<br />
und Dozenten, Betreuerinnen und Betreuer sollten mehr für die<br />
Studierenden da sein.“ Solch ein enger Kontakt sei die beste Prävention.<br />
„Lehrende bemerken dann schon in einem frühen Stadium, wo<br />
Schwierigkeiten entstehen, die zu Fehlverhalten führen könnten.“<br />
Walger stellt klar: „Das bedeutet natürlich mehr Aufwand für die<br />
Lehrenden.“ Das Projekt will deswegen Hilfen an die Hand geben.<br />
Eine Toolbox, eine Art allgemein verfügbarer Werkzeugkasten in<br />
Sachen „Akademische Integrität“, ist in Arbeit. „Der<br />
muss natürlich auf die einzelnen Fächer zugeschnitten<br />
werden“, sagt Schuh. „Was einem Geisteswissenschaftler<br />
hilft, ist für einen Physiker<br />
vielleicht unbrauchbar.“ Einfache Checklisten<br />
zur Entdeckung von Plagiaten wollen<br />
Schuh und Walger anbieten. Empfehlungen<br />
zur Prävention, Informationstafeln zu<br />
Beratungsangeboten, aber auch Fallbeispiele<br />
wird ihre Toolbox enthalten. „Wir wollen hier Wissen<br />
bündeln, sammeln und bereitstellen.“<br />
Sanktionen sehen die beiden nur als einen letzten<br />
Schritt. „Auf dieser Seite haben wir sowieso genug<br />
Möglichkeiten“, meint Schuh. „Wir können bis zur<br />
Exmatrikulation gehen. Ich halte Informationsveranstaltungen<br />
zum Thema Plagiate. Wenn ich da<br />
die möglichen Konsequenzen anschneide, kippt den<br />
Leuten schon mal die Kinnlade herunter.“<br />
Mehr Infos unter<br />
> www.akin.uni-mainz.de<br />
Z U R P E R S O N<br />
Dominik Schuh studierte<br />
von 2006 bis 2011 Deutsche<br />
Philologie, Geschichte und<br />
Philosophie an der JGU. Von<br />
2011 bis 2012 war er wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter<br />
am Forschungsschwerpunkt<br />
„Historische Kulturwissenschaften“<br />
und begann<br />
zeitgleich ein Promotionsvorhaben<br />
zu „Laikalen<br />
Männlichkeiten im späten<br />
Mittelalter“. Seit Januar<br />
<strong>2013</strong> ist er wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter im Projekt<br />
„Akademische Integrität“<br />
an der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
<strong>Mainz</strong>.