Die Magdeburger Alternative - Otto-von-Guericke-Universität ...
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WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT<br />
MAGDEBURGER WISSENSCHAFTSJOURNAL 1-2/2005<br />
36<br />
Annahmen über die zusätzliche<br />
Verdrängung in Prozent<br />
0 50 100<br />
Beschäftigungseffekt in Tsd. 1.812,66 1.812,66 1.812,66<br />
Fiskalische Entlastung durch<br />
Neueinstellung <strong>von</strong><br />
Hilfeempfängern in Mio. Q 20.502,49 20.502,49 20.502,49<br />
Kosten der Bestandssubvention<br />
in Mio. Q 13.768,97 13.768,97 13.768,97<br />
Verdrängungseffekt in Tsd. 0 203,67 407,34<br />
Kosten der Verdrängung<br />
in Mio. Q 0 1.547,08 3.094,15<br />
jährliche Einsparung<br />
in Mio. Q +6.733,52 +5.186,45 +3.639,37<br />
Tabelle 2<br />
Gesamtwirtschaftliche Beschäftigungseffekte und fiskalische Wirkungen<br />
4)<br />
<strong>Die</strong>ser Wert liegt in der Mitte<br />
der verfügbaren empirischen<br />
Schätzungen /7/.<br />
Hilfeleistung mehr erhalten. <strong>Die</strong> jährliche Einsparung<br />
aller Gebietskörperschaften beläuft sich<br />
bei der Einstellung eines Alg II-Empfängers auf<br />
jährlich rund 11 300 Euro.<br />
Gesamtwirtschaftliche Gewinn- und<br />
Verlustrechnung<br />
Um die Beschäftigungseffekte zu berechnen,<br />
müssen wir wissen, wie viele Beschäftigte im<br />
Niedriglohnsektor arbeiten. Das ist wichtig, denn<br />
mit empirischen Untersuchungen, die die Beschäftigungswirkungen<br />
<strong>von</strong> Lohnsenkungen abschätzen,<br />
lassen sich prozentuale Beschäftigungszuwächse<br />
schätzen. Wir gehen im Folgenden vom<br />
Bestand des Jahres 2001 in Höhe <strong>von</strong> 2,2 Millionen<br />
vollzeitäquivalenten Arbeitsplätzen in den<br />
untersten Tariflohngruppen aus. <strong>Die</strong>se Zahl erhält<br />
man, wenn man den Anteil der Beschäftigten<br />
in der untersten Leistungsgruppe, so wie man ihn<br />
aus der Lohnstatistik berechnen kann, auf die<br />
Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer<br />
insgesamt bezieht und Teilzeitstellen in<br />
entsprechende Vollzeitstellen umrechnet.<br />
Für die Modellrechnung unterstellen wir eine<br />
konstante Arbeitsnachfrageelastizität mit dem Betrag<br />
0,5. 4) <strong>Die</strong> Arbeitsnachfrageelastizität sagt uns,<br />
um wie viel Prozent die Beschäftigung steigt, wenn<br />
der Lohn um ein Prozent fällt. Wenn die Arbeitsnachfrageelastizität<br />
im Betrag gleich 0,5 ist, dann<br />
bedeutet dies, dass eine einprozentige Lohnsenkung<br />
zu einer Ausweitung der Beschäftigung um<br />
0,5 Prozent führt. Bei ursprünglich 2,2 Millionen<br />
Arbeitskräften wären das 11 000 neue Stellen.<br />
In Tabelle 2 sind die Ergebnisse unserer Modellrechnung<br />
zusammengestellt. Der Erstattungsbetrag<br />
für einen zusätzlich Beschäftigten liegt bei<br />
70 Prozent der Arbeitskosten. <strong>Die</strong>s schafft gewaltige<br />
Anreize zur Ausdehnung der Beschäftigung:<br />
Insgesamt lassen sich bei Gültigkeit der hier getroffenen<br />
Annahmen 1,8 Millionen neue Arbeitsstellen<br />
schaffen. Multipliziert man diese Zahl mit<br />
der in Tabelle 1 berechneten Entlastungswirkung<br />
<strong>von</strong> rund 11 300 Euro, so ergibt sich eine Gesamtentlastung<br />
für den Fiskus <strong>von</strong> über 20 Milliarden<br />
Euro jährlich.<br />
Allerdings müssen wir die Kosten gegenrechnen,<br />
die wir aufwenden müssen, um die Verdrängung<br />
regulär Beschäftigter zu vermeiden. <strong>Die</strong><br />
<strong>Magdeburger</strong> <strong>Alternative</strong> sieht vor, dass für jeden<br />
neu eingestellten Mitarbeiter auch die Sozialversicherungsbeiträge<br />
eines bereits Beschäftigten erstattet<br />
werden. <strong>Die</strong> daraus resultierenden Kosten<br />
liegen bei 13,8 Milliarden Euro.<br />
Warum nicht gleich alle Beschäftigten mit<br />
Löhnen unterhalb der Förderhöchstgrenze <strong>von</strong><br />
den Sozialversicherungsbeiträgen freistellen?<br />
Schließlich kommen am Schluss ohnehin die<br />
meisten Beschäftigten in diesem Lohnsegment in<br />
den Genuss der Förderung! Der Trick des Vorschlages<br />
ist, dass man die bereits Beschäftigten<br />
nur dann fördert, wenn neue Arbeitskräfte eingestellt<br />
werden. Damit verdoppelt sich die Belohnung<br />
für die Neueinstellung und man erreicht,<br />
dass sich die <strong>Magdeburger</strong> <strong>Alternative</strong> selbst finanziert.<br />
Jede Befreiung <strong>von</strong> Sozialversicherungsbeiträgen<br />
im Bestand fällt zusammen mit einer<br />
Entlastung der öffentlichen Hand, die durch die<br />
zusätzliche Beschäftigung eines ALG II-Empfängers<br />
entsteht. Würde man dagegen alle <strong>von</strong> den<br />
Sozialversicherungsbeiträgen befreien, müssten<br />
vom ersten Tag an die Sozialversicherungsbeiträge<br />
<strong>von</strong> 2,2 Millionen Beschäftigten vom Staat<br />
übernommen werden, ohne dass dem eine zeitgleiche<br />
Entlastung gegenüber stünde. Hinsichtlich<br />
der noch nicht geförderten, bisher regulär Beschäftigten<br />
betrachten wir drei verschiedene<br />
Szenarien. Im ersten Szenario wird keine weitere<br />
Verdrängung unterstellt, damit fallen auch keine<br />
weiteren Kosten an. <strong>Die</strong> jährliche Einsparung<br />
liegt in diesem Fall bei rund 6,7 Milliarden Euro.<br />
Wird jeder zweite der übrigen regulär Beschäftigten<br />
verdrängt, fallen dadurch jährlich zusätzliche<br />
Kosten <strong>von</strong> 1,5 Milliarden Euro an. Trotzdem<br />
bleibt es bei Nettoeinsparungen <strong>von</strong> 5,2 Milliarden<br />
Euro. Und selbst wenn langfristig alle übrig<br />
gebliebenen Beschäftigten durch Alg II-Empfänger<br />
verdrängt werden, ergibt sich noch ein jährlicher<br />
Überschuss <strong>von</strong> rund 3,6 Milliarden Euro.<br />
Tabelle 2 zeigt, wie stark die Beschäftigungswirkungen<br />
selbst unter ungünstigsten Bedingungen<br />
sind, und zeigt auch, dass der Fiskus auf nicht<br />
unerhebliche Einsparungen hoffen darf. Wie sich<br />
diese Einsparungen auf die einzelnen Gebietskörperschaften<br />
aufteilen, wird aus Tabelle 3 ersichtlich.<br />
Dabei gehen wir <strong>von</strong> dem mittleren Szenario<br />
aus Tabelle 2 aus. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />
dass allein der Bund für die beabsichtigte Bestandssubvention<br />
genauso wie für die Kosten der<br />
Verdrängung aufkommen muss. Wie man sieht,<br />
würde die Einführung der <strong>Magdeburger</strong> <strong>Alternative</strong><br />
den Bund netto mit jährlich 4,3 Milliarden<br />
Euro belasten. <strong>Die</strong>sem Defizit stehen Gewinne bei<br />
den anderen Gebietskörperschaften gegenüber. So<br />
würden die Kommunen jährlich mit 6,5 Milliarden<br />
Euro entlastet. Das Defizit des Bundes lässt<br />
sich jedoch auch ohne Finanzausgleich durch die<br />
aus der Mehrbeschäftigung gewonnenen Einspar-