Allgemeine Erklärung über Bioethik und Menschenrechte - Unesco
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Ein Hauptziel der Arbeit der UNESCO im Feld der Ethik ist die Entwicklung internationaler<br />
normativer Standards. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da<br />
viele ihrer Mitgliedsstaaten nur über begrenzte Infrastrukturen auf dem Feld der<br />
<strong>Bioethik</strong> verfügen. Ihnen fehlt es an Fachkenntnissen, an Bildungsprogrammen, an<br />
<strong>Bioethik</strong>-Kommissionen, am gesetzlichen Rahmen <strong>und</strong> an öffentlicher Debatte.<br />
Der technische Fortschritt, neues Wissen <strong>und</strong> seine Anwendung, neue Diagnostiken<br />
sowie präventive <strong>und</strong> therapeutische Interventionen haben die Medizin, die<br />
Lebenswissenschaften <strong>und</strong> das gesamte Umfeld der Ges<strong>und</strong>heitsversorgung tief<br />
greifend verändert. Dies hat zu bioethischen Dilemmata sowohl in hoch entwickelten<br />
wie auch in weniger entwickelten Ländern geführt.<br />
Ethische Fragen werden heute häufiger <strong>und</strong> offener diskutiert wegen der schnellen<br />
Verbreitung von Informationen, wegen des geschärften Bewusstseins <strong>und</strong> der<br />
Sensibilität in der allgemeinen Öffentlichkeit wie auch wegen der weltweiten<br />
Menschenrechtsbewegung. <strong>Bioethik</strong> ist nicht mehr ausschließlich das Anliegen von<br />
Wissenschaftlern, Medizinern oder politischen Entscheidungsträgern. Sie geht alle<br />
Menschen an. Krankheit, Behinderung, Tod <strong>und</strong> Leiden sind menschliche Erfahrungen,<br />
die früher oder später jeden betreffen. Umso mehr gilt diese Aussage aus<br />
internationaler Perspektive. Die Globalisierung sorgt nicht nur für die weltweite<br />
Verbreitung des Fortschritts in Wissenschaft <strong>und</strong> Technik, sondern auch für die der<br />
bioethischen Dilemmata. Wie das Beispiel des Klonens lehrt, kann eine in einem<br />
bestimmten Land entwickelte neue Technologie in anderen zur Anwendung gebracht<br />
werden, auch wenn einige Länder diese Nutzung unterbinden möchten. Andererseits<br />
können sich bioethische Fragen auch durch Ungleichheit <strong>und</strong> Ungerechtigkeit<br />
ergeben. Sind wirksame medikamentöse Behandlungen für Krankheiten wie<br />
HIV/AIDS, Malaria <strong>und</strong> Tuberkulose in einzelnen Ländern erhältlich, so ist es moralisch<br />
problematisch, wenn Patienten in anderen Ländern an diesen Krankheiten<br />
wegen unzureichender Mittel sterben. Es ist nicht hinnehmbar, dass Forschungsinstitute<br />
<strong>und</strong> Arzneimittelunternehmen klinische Tests in Entwicklungsländern<br />
durchführen, ohne dieselben Standards hinsichtlich nach Aufklärung erteilter Einwilligung<br />
<strong>und</strong> Risikoabschätzung anzulegen wie in entwickelten Ländern. Der<br />
globale Charakter moderner Wissenschaft <strong>und</strong> Technik <strong>und</strong> die steigende Zahl von<br />
Forschergruppen mit multinationaler Zusammensetzung erfordern einen globalen<br />
Ansatz für die <strong>Bioethik</strong>. Gerade dies zu fördern ist das Ziel der UNESCO.