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Spitzfuß - Engelhardt Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

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PDF 00766<br />

<strong>Engelhardt</strong> (Hrsg.)<br />

<strong>Lexikon</strong> Orthopädie <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />

Spitzfuß<br />

Synonyme<br />

Pes equinus; Hängefuß; Lähmungsspitzfuß<br />

Englischer Begriff<br />

Pes equinus; Dropfoot<br />

Definition<br />

Angeborene oder erworbene Fußdeformität unterschiedlicher Ursache, bei der der Fuß in Plantarflexion gehalten<br />

wird (Abb. 1).<br />

Siehe auch Pes equinus.<br />

Abb. 1.<br />

Fuß in Plantarflexion<br />

Pathogenese<br />

Neuromuskuläre Erkrankungen sind die häufigste Ursache des Spitzfußes (z. B. spinale Muskelatrophie,<br />

Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung, Läsion des N. peronaeus, Zerebralparese, Poliomyelitis). Posttraumatische<br />

Veränderungen (z. B. Sprunggelenksfrakturen, Kompartmentsyndrom, Narbenkontrakturen) können ebenfalls<br />

zur Ausbildung eines Spitzfußes führen. Angeborene Spitzfußdeformitäten kommen im Rahmen von Schluss-<br />

Störungen des Neuralrohrs (z. B. Myelomeningozele) oder der Arthrogrypose vor. Spitzfußdeformitäten können<br />

auch als Residuum einer konservativ behandelten, angeborenen Fußfehlform, wie z. B. dem Klumpfuß,<br />

verbleiben.<br />

Symptome<br />

Ist die Deformität bei einer peripheren Nervenläsion flexibel (Hängefuß), so kann der Fuß passiv mindestens bis<br />

zur Neutralstellung redressiert werden. Das Gangbild ist in der Schwungphase gekennzeichnet durch eine<br />

vermehrte Kniebeugung des betroffenen Beins (Steppergang), um die funktionelle Beinverlängerung<br />

auszugleichen. Über den Vorfußbereich wird die Belastung auf den Rückfuß weitergeleitet. Unbehandelt kann die<br />

flexible Spitzfußdeformität in die Entwicklung eines Knickplattfußes münden. Bei kontrakten Deformitäten<br />

(Spitzfuß) erreicht der Fuß unter Belastung nicht die Neutralposition im oberen Sprunggelenk, so dass<br />

ausschließlich der Vorfuß belastet wird. Durch die relative Beinverlängerung resultiert ein unharmonisches <strong>und</strong><br />

hinkendes Gangbild.<br />

Diagnostik<br />

Die Untersuchung der Redressierbarkeit der Spitzfußdeformität muss bei gestrecktem <strong>und</strong> gebeugtem<br />

Kniegelenk durchgeführt werden. Lässt sich die Fehlstellung in Knie- <strong>und</strong> Hüftgelenksbeugung ausgleichen, so<br />

ist die Ursache in einer Verkürzung der Wadenmuskulatur zu sehen (Silfverskjöld-Test). Durch eine<br />

Röntgenaufnahme im seitlichen Strahlengang lässt sich verifizieren, ob die Spitzfußstellung dem oberen<br />

Sprunggelenk oder in seltenen Fällen der Fußwurzel zuzuordnen ist (Abb. 2).<br />

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Abb. 2.<br />

Röntgenaufnahme im seitlichen Strahlengang zur Beurteilung der Spitzfußstellung<br />

Therapie<br />

Unabhängig von der Ätiologie kann die Behandlung zunächst konservativ in Form von Dehnungsbehandlungen<br />

<strong>und</strong> Schienenversorgungen durchgeführt werden. Geringe kontrakte Deformitäten des Erwachsenen können<br />

dauerhaft mit einer Schuhzurichtung ausgeglichen werden. Ausgeprägte Spitzfußdeformitäten sollten hingegen<br />

operativ behandelt werden, um eine sek<strong>und</strong>äre Dekompensation der Fußwurzelgelenke zu vermeiden.<br />

Konservative/symptomatische Therapie<br />

Geringe, teilkontrakte Spitzfußdeformitäten des Kindes können vor allem bei neuromuskulärer Ursache durch<br />

frühzeitige physiotherapeutische Dehnung <strong>und</strong> anschließende Orthesenbehandlung therapiert werden.<br />

Redressierende Gipsverbände sind selten indiziert.<br />

Geringe kontrakte Spitzfußdeformitäten können durch eine Absatzerhöhung am Schuh ausgeglichen werden.<br />

Um eine vermehrte Vorfußbelastung zu vermeiden, sollte eine Weichbettung ergänzt werden. Gleichzeitig muss<br />

ein Beinlängenausgleich der Gegenseite erfolgen. Bei Vorliegen einer schlaffen Fußheberparese kann das obere<br />

Sprunggelenk durch eine entsprechende Orthese (z. B. Heidelberger Winkel) stabilisiert werden.<br />

Medikamentöse Therapie<br />

Liegt die Ursache für den Spitzfuß in einer gesteigerten Kontraktion der Wadenmuskulatur, kann die Injektion<br />

von Botulinumtoxin durch reversible Blockierung der Reizweiterleitung eine vorübergehende Bef<strong>und</strong>besserung<br />

bewirken.<br />

Operative Therapie<br />

Führt die konservative Dehnungstherapie bei teilkontrakten Deformitäten nicht zur Bef<strong>und</strong>besserung, kann eine<br />

Verlängerung des M. triceps surae (Vulpius-Operation) oder der Achillessehne durchgeführt werden. Schlaffe<br />

Fußheberparesen können durch eine Transposition des M. tibialis posterior teilweise kompensiert werden.<br />

Die Korrektur kontrakter posttraumatischer Spitzfußdeformitäten gelingt meist nicht mit einem reinen<br />

Weichteileingriff. Hier sind Korrekturosteotomien der Fußwurzel oder Rückfußarthrodesen indiziert.<br />

Dauertherapie<br />

Residuale Spitzfußdeformitäten sollten dauerhaft durch eine entsprechende Schuhzurichtung (Absatzerhöhung)<br />

versorgt werden. Auch schlaffe Paresen der Fußheber müssen dauerhaft durch eine Orthese versorgt werden,<br />

um ein weitgehend ungestörtes Gangbild zu ermöglichen.<br />

Bewertung<br />

Die alleinige Dehnungsbehandlung führt nur bei Kindern gelegentlich zu einem bleibenden Korrekturergebnis.<br />

Ist die Spitzfußdeformität muskulär bedingt, kann eine Verlängerung des M. triceps surae oder der<br />

Achillessehne ausreichend sein. Ausgedehnte Deformitäten beim Erwachsenen lassen sich meist nur mit<br />

Korrekturosteotomien oder Arthrodesen anhaltend korrigieren.<br />

Nachsorge<br />

In Abhängigkeit von der Ätiologie der Spitzfußdeformität muss die Gr<strong>und</strong>erkrankung fachärztlich beobachtet <strong>und</strong><br />

kontrolliert werden. Abgesehen von der bleibenden Korrektur durch knöcherne Eingriffe sollten alle anderen<br />

Spitzfußdeformitäten vor allem bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen regelmäßig beobachtet werden, um den Zeitpunkt<br />

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für ein operatives Vorgehen anhand des Verlaufs bestimmen zu können.<br />

Autor<br />

Renée Fuhrmann<br />

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