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Sehnendegeneration - Engelhardt Lexikon Orthopädie und ...

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PDF 01821<br />

<strong>Engelhardt</strong> (Hrsg.)<br />

<strong>Lexikon</strong> Orthopädie <strong>und</strong> Unfallchirurgie<br />

<strong>Sehnendegeneration</strong><br />

Synonyme<br />

Tendinitis; Sehnenverquellung; Partialruptur<br />

Englischer Begriff<br />

Tendon degeneration; Tendinitis<br />

Definition<br />

Sehnen bestehen aus parallelen Kollagenfaserbündeln, zwischen denen Fibrozyten in reihenförmiger Anordnung<br />

liegen. Faserarme kleinste Bindegewebssepten fassen einige Kollagenbündel zu Primärbündeln zusammen. Diese<br />

wiederum bilden Sek<strong>und</strong>ärbündel, umgeben vom Peritendineum internum, welches Nerven <strong>und</strong> Gefäße führt.<br />

Die Sehne in ihrer Gesamtheit wird vom Peritendineum externum, einem flächenhaften geflechtartigen<br />

Bindegewebe, umgeben. Diesem liegt außen das Peritendineum an. Diese Grenzschichten sind reichlich mit<br />

Gefäßen versorgt, einerseits zur Ernährung der Sehne selbst, andererseits um Flüssigkeit für die Gleitschichten<br />

zu liefern. Die überwiegende Bausubstanz der Sehne ist das Kollagen – zu 95 % vom Typ I. Im Bindegewebe,<br />

das die Sek<strong>und</strong>ärbündel umgibt, finden sich retikuläre <strong>und</strong> elastische Fasern.<br />

Pathogenese<br />

Ursachen für eine <strong>Sehnendegeneration</strong> sind vielfältig: mechanisch als Folge akuter oder chronischer<br />

Überlastungssituationen oder einer rezidivierenden Fehlbelastung; entzündlich im Rahmen eines rheumatischen<br />

Geschehens (erhöhte Inzidenz von Sehnenrupturen); medikamentös-toxisch durch Kortikosteroide<br />

(insbesondere durch lokal applizierte Depotpräperate: Reduktion der Regenerationsfähigkeit <strong>und</strong> somit der<br />

Heilungstendenz) <strong>und</strong> Antibiotika aus der Gruppe der Gyrasehemmer (<strong>Sehnendegeneration</strong> <strong>und</strong><br />

Sehnennekrosen).<br />

Der Pathomechanismus bei der <strong>Sehnendegeneration</strong> ist als Sehnenödem mit Verquellung der Kollagenfasern<br />

<strong>und</strong> Strukturstörung der Proteoglykane zu betrachten. Die Entzündungsreaktion findet überwiegend im<br />

peritendinösen, besser vaskularisierten Bereich statt <strong>und</strong> wird für die Schmerzen verantwortlich gemacht. Bei<br />

weiterer mechanischer Belastung können sich Nekrosen, Kalkablagerungen <strong>und</strong> Rupturen entwickeln. Die<br />

mikroskopischen Charakteristika sind zerrissene Fasern, eingewanderte Fibroblasten, keine oder mäßige<br />

Entzündungszellen <strong>und</strong> vaskularisiertes atypisches Granulationsgewebe.<br />

Symptome<br />

Schwellung, Druckschmerz <strong>und</strong> besonders Belastungsschmerz sind charakteristische Zeichen. Häufig resultieren<br />

bei chronischen Beschwerden ein initialer Dehnungsschmerz sowie eine Kontraktur der betroffenen Muskulatur.<br />

Diagnostik<br />

Klinische Untersuchung mit Inspektion (Rötung, Überwärmung, Schwellung), Palpation (Druckschmerz,<br />

Verquellung, Krepitation, Verdickung), Bewegungsprüfung (Kraftreduktion bis Kraftverlust, Kontraktur).<br />

Röntgenuntersuchung: Eventuelle Ossifikationen in <strong>und</strong> um die Sehne lassen sich gut darstellen.<br />

Ultraschall: Hochauflösende Ultraschalldiagnostik kann gut Lokalisation, Ausmaß <strong>und</strong> Größe einer Degeneration<br />

darstellen. Einschränkung bei Nekrosen ohne Entzündungsreaktion (Immunsupression, Kortisontherapie) <strong>und</strong><br />

Ossifikationen.<br />

Margnetresonanztomographie: State of the Art bei der Diagnostik von akuten <strong>und</strong> chronischen<br />

<strong>Sehnendegeneration</strong>en. Hohe Sensitivität <strong>und</strong> Spezifität, gute Reproduzierbarkeit.<br />

Differenzialdiagnose<br />

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PDF 01821<br />

In Abhängigkeit von der Lokalisation bieten sich unterschiedlichste differentialdiagnostische Möglichkeiten an:<br />

Die Degeneration der Rotatorenmanschatte an der Schulter ist von der Bursitis subacromialis zu<br />

unterscheiden.<br />

Die Degeneration der Achillessehne ist von der Bursitis retrocalcanea bzw. der Bursitis subachillea zu<br />

unterscheiden.<br />

Die Degeneration der Tibialis-posterior-Sehne wird häufig als Pes planus oder Knicksenkfuß diagnostiziert.<br />

Die Degeneration der Tibialis-anterior-Sehne wird häufig als Pseudotumor am Sprunggelenk ventralseitig<br />

mit Zysten, Ganglien oder tumorösen Geschehen verwechselt. Wegen der auffälligen Fußheberschwäche<br />

sind neurologische Abklärungen nicht zielführend.<br />

Therapie<br />

Entscheidend ist sicherlich die Belastungsreduktion, die die Sehne aus der kritischen Phase der drohenden<br />

Ruptur bringt. Neben Schonung <strong>und</strong> Ruhigstellung sind die Heilgymnastik <strong>und</strong> die physikalische Therapie<br />

entscheidend.<br />

Akuttherapie<br />

Ruhigstellung <strong>und</strong> Entlastung, lokale Therapie mit Antiphlogistika <strong>und</strong> Eis; Massage im Sinn von abschwellender<br />

Längsmassage, eventuell Querfriktion <strong>und</strong> Lymphdrainage; physikalische Therapie mit Diadynamik,<br />

Interferenzstrom <strong>und</strong> Ultraschall; bei ausgewählten Fällen radiologische Bestrahlung; Akupunkturbehandlung.<br />

Konservative/symptomatische Therapie<br />

Funktionelle Orthesen <strong>und</strong> Bandagen, Tape-Verbände, lokale Therapie mit hyperämisierenden Pharmaka,<br />

Moorpackungen; Massage im Sinn von Friktion, Unterwassermassage; physikalische Therapie mit Iontophorese;<br />

bei ausgewählten Fällen radiologische Bestrahlung; Akupunkturbehandlung; bei ausgewählten Fällen <strong>und</strong><br />

Lokalisation Stoßwellentherapie.<br />

Medikamentöse Therapie<br />

Lokal <strong>und</strong> systemisch Antiphlogistika (nicht-steroidale Antirheumatika), abschwellende Medikation; Kontrolle, ob<br />

sehnentoxische Medikamente eingenommen werden.<br />

Operative Therapie<br />

Bei Therapieresistenz <strong>und</strong> Fortschreiten der Symptomatik trotz konservativer Therapie über mehr als sechs<br />

Wochen: Operatives Vorgehen ist stark abhängig von der Lokalisation der <strong>Sehnendegeneration</strong>.<br />

Dauertherapie<br />

Länger dauernde Orthesenversorgung <strong>und</strong> heilgymnastische Therapie zur Veränderung der Belastungen.<br />

Bewertung<br />

Primär konservatives Vorgehen.<br />

Nachsorge<br />

Je nach Lokalisation <strong>und</strong> Ausmaß der Degeneration wird eine frühe funktionelle Behandlung angestrebt.<br />

Allerdings weist die Sehne nach Nekrosektomie <strong>und</strong> Entfernung von Ossifikationen auch bei stabiler Nahttechnik<br />

eine auf 30–50 % der ursprünglichen Festigkeit reduzierte Stabilität auf. Die Heilungsdauer beträgt im Schnitt<br />

zwölf Wochen.<br />

Abb. 1.<br />

Verdickung <strong>und</strong> Verquellung der Achillessehne bei einem Läufer, intraoperativer Situs.<br />

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PDF 01821<br />

Abb. 2.<br />

Nach Spaltung des Paratendineums sind die verdickten Fasern mit Teilnekrose sichtbar.<br />

Autor<br />

Karl-Heinz Kristen<br />

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