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Motorsport Magazin Ferrari - zum Erfolg verdammt (Vorschau)

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2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


❱<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE<br />

22<br />

<strong>Ferrari</strong><br />

ZUM SIEGEN VERDAMMT<br />

eilt der Konkurrenz schon viel zu lange hinterher. Mit einem<br />

radikalen Umbruch soll die Scuderia in den kommenden Jahren wieder<br />

auf die <strong>Erfolg</strong>sspur zurück finden.<br />

FORMEL 1<br />

FERRARI: Zum <strong>Erfolg</strong> <strong>verdammt</strong> 22<br />

HISTORY: Legendäre <strong>Ferrari</strong>-Boliden 30<br />

INTERVIEW: Lewis Hamilton 38<br />

VALTTERI BOTTAS: Cool genug für den Titel 44<br />

TOP-5: Finnische Momente 48<br />

SEBASTIAN VETTEL: Qualen eines Champions 52<br />

INTERVIEW: Adrian Sutil 58<br />

MOTORRAD<br />

VERGLEICH: Rossi vs. Marquez 64<br />

MOTO3: Rossis Kindergarten 70<br />

INTERVIEW: Colin Edwards 72<br />

DANI PEDROSA: Seine vielen Gesichter 80<br />

TOP-5: Treue Seelen der MotoGP 86<br />

INTERVIEW: Carmelo Ezpeleta 90<br />

ANDREA IANNONE: Crazy Joe 94<br />

HISTORY: Freddie Spencer im Interview 98<br />

MOTORSPORT<br />

DTM: Paul di Resta im Interview 106<br />

LEGENDÄRE BOLIDEN: Mercedes C-Klasse 110<br />

ADAC MOTORSPORT: Splitter 112<br />

SERVICE<br />

GAMES 06<br />

INSIDE 08<br />

KOLUMNEN 14<br />

IMPRESSUM 114<br />

DUELL DER GIGANTEN<br />

Marc Marquez gegen Valentino Rossi: Was haben die beiden größten<br />

Stars der MotoGP gemeinsam? Was unterscheidet sie? <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com macht den ultimativen Vergleich.<br />

64<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 3


EDITORIAL<br />

Stephan: »Kamui<br />

Kobayashis Kampf-Elch<br />

- richtig blutrünstig.«<br />

»ICH WILL<br />

RENN-KÜHE!«<br />

VORSICHT, DRUCKFRISCH!<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

AUSGABE 39 IST STARTKLAR. DER<br />

WEG ZUM FERTIGEN COVER<br />

WAR GAR NICHT SO EINFACH...<br />

Kerstin: »Österreichische<br />

Kühe - einfach fesch«<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER<br />

Stephan: Es ist wieder Cover-Time!<br />

Kerstin: Oh je. Das sieht ja schlimm aus...<br />

Klaus [Art Director, empört]: Hey! Passt bloß auf.<br />

Stephan: Fernando hat eben wenig Grund zur Freude.<br />

Kerstin: Vielleicht sollten wir lieber Kamuis Kampf-<br />

Elch aus der Versenkung hervorholen?<br />

Stephan: Absoluter Kult! Aber mir fehlen irgendwie die<br />

Kühe auf dem Titel...<br />

Kerstin: Du und deine Kühe.<br />

Stephan: Spielberg, Magny Cours - zu einer gescheiten<br />

Rennstrecke gehören nun mal zuschauende Kühe!<br />

Kerstin: Nix da. Wie wäre es mit Lewis? Der hat<br />

(meines Wissens) zwar keine Kühe, aber zwei<br />

Hunde.<br />

Stephan: Und die sehen so ähnlich aus wie Kühe!<br />

Kerstin: Da kann selbst ich als Tierliebhaberin nicht<br />

überzeugend widersprechen...<br />

Lewis tweetet [mal wieder]: #bestbuddies #bestdogs<br />

#godisthegreatest<br />

Kerstin: Na gut, Lewis oben groß und zur vollen roten<br />

Dröhnung fährt Kimi in den Vordergrund.<br />

Stephan: Also genau das gleiche wie vor zwei<br />

Ausgaben...<br />

Kerstin: Oh, na das nenne ich effizient. Nehmt das ihr<br />

Power Units!<br />

Stephan: Um beim <strong>Ferrari</strong>-Thema zu bleiben: wie wäre<br />

es mit einem springenden Pferd - mit Kuhkopf!<br />

Kerstin: Klaus montiert ja gerne Köpfe auf andere<br />

Körper...<br />

Klaus: Hört mir bloß auf. Nicht schon wieder!<br />

Kerstin: Unsere Leser werden sich jetzt bestimmt<br />

fragen, auf welchen Titelseiten wir schon montierte<br />

Köpfe hatten. Tipps nehmen wir unter leserbriefe@<br />

motorsport-magazin.com entgegen!<br />

Stephan: Zu gewinnen gibt es: ein digitales Foto einer<br />

Kuh, wahlweise aus Magny Cours oder Spielberg.<br />

Kerstin [schüttelt resignierend mit dem Kopf]: Wenn<br />

das Heft endlich im Druck ist, fahr ich mit dir ein paar<br />

Kühe suchen.<br />

Stephan: Vielleicht finden wir irgendwo auf dem Weg<br />

auch ein paar ausgewanderte kanadische Murmeltiere.<br />

Das wär‘ cool.<br />

[Anm. des zurechnungsfähigen Teils der Redaktion:<br />

unser weiser, ehemaliger Kollege Falko pflegt stets zu<br />

sagen: »Elche, Kühe, Murmeltiere, es sollten sowieso<br />

mehr Tiere aufs Cover, schließlich geht <strong>Motorsport</strong> nicht<br />

ohne...«]<br />

Kerstin: Irgendwie war es bei unserer letzten Ausgabe<br />

mit dem schelmisch grinsenden Doktor einfacher. Die<br />

Motorräder haben es einfach immer besser.<br />

Stephan: Aber Vorsicht: auf unserem Cover lastet ein<br />

übler Fluch!<br />

Kerstin: So schaut Alonso da auch aus...<br />

Stephan: Nein! Oder vielleicht schon. Egal. Wir hatten<br />

dieses Jahr schon Lewis und Nico drauf. Danach hat<br />

der jeweilige Fahrer die WM-Führung verloren.<br />

Kerstin: Also, was bieten sie uns wohl dafür, wenn wir<br />

jetzt den jeweils anderen abbilden?<br />

Stephan: Nico habe ich schon im Sommer von unserem<br />

Fluch erzählt. Er ist nicht drauf eingestiegen...<br />

Kerstin: Tja, selbst schuld. Was meint der wohl, was<br />

mit seinem Lenkrad in Singapur wirklich los war?<br />

4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


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erfreuen das Auge<br />

In DRIVECLUB wird<br />

gemeinsam um die<br />

Wette gefahren<br />

FOTOS: PLAYSTATION<br />

Los geht‘s: DRIVECLUB<br />

lädt zu spannenden<br />

Rennen ein<br />

6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Design Director Simon Barlow<br />

THE<br />

TEXT: CHRISTIAN BENZ<br />

WORLD’S<br />

COOLEST<br />

CARS<br />

BEIM NEUEN RENNSPIEL ‚DRIVECLUB‘ GEHT ES UM DEN SPIELER UND<br />

SEINE FREUNDE. ES GEHT UM TEAMWORK. ES GEHT DARUM, DASS<br />

ALLE GEMEINSAM BELOHNUNGEN VERDIENEN UND DEN NERVENKITZEL<br />

DER RENNEN ZUSAMMEN ERLEBEN.<br />

S<br />

tart frei DRIVECLUB: den ersten Racer für PlayStation4. Am 8. Oktober<br />

endete für alle Gamer die Wartezeit auf den heiß ersehnten Exklusivtitel<br />

für Sonys PlayStation 4. Das Entwicklerstudio Evolution Studios, das<br />

schon für den Bestseller MotorStorm verantwortlich zeichnete, nahm sich die nötige<br />

Zeit, um das Spiel so detailreich und realistisch wie möglich zu gestalten.<br />

Das ist Design Director Simon Barlow und seinen Kollegen gelungen. Das Spiel<br />

ist mit derart vielen Details gespickt, dass man fast meinen könnte, es handle<br />

sich um eine reale Welt. »Wenn du mit deinem Luxuswagen den Berg hinaufjagst,<br />

kannst du sogar die Bewegung vom Gras neben der Strecke erkennen«, erzählt<br />

Barlow im Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

Das ist aber noch nicht alles. Ein fließender Sonnenuntergang überzeugt realistisch.<br />

»Du fährst durch Kanada und plötzlich fährst du an einer sehr realistischen<br />

Teeplantage vorbei«, erzählt Barlow weiter. Außerdem verändern sich die Lichtverhältnisse<br />

auf verschiedenen Teilstücken der Strecke.<br />

Die Entwickler betonen, dass es sich bei DRIVECLUB nicht um einen Simulator<br />

wie beispielsweise Gran Turismo handelt. Der Spaß beim Fahren soll oberste<br />

Priorität haben. Natürlich gepaart mit den Bemühungen, das Spiel so realistisch<br />

wie möglich zu gestalten - diese oberste Maxime betonen die Entwickler immer<br />

und immer wieder.<br />

Wie in jedem Rennspiel sind die Hauptdarsteller natürlich die detailreich nachgebildeten<br />

Boliden in der Garage des Spielers. Jedes einzelne Auto in DRIVECLUB<br />

wurde für seine Leistung und Schönheit ausgewählt. Der Spieler kann seine<br />

Fahrzeuge im Look personalisieren oder an die Farben seines Clubs anpassen.<br />

Die zur Auswahl stehenden Rennstrecken wurden von real existierenden Straßen<br />

in aller Welt inspiriert und bieten somit eine Vielzahl an Herausforderungen für<br />

den Spieler. Die Palette reicht von schnellen kanadischen Autobahnen über die<br />

unvorhersehbaren Straßen des britischen Königreichs bis hin zu den verstaubten<br />

Bergstraßen Indiens.<br />

Ganz wichtig ist im Spiel das ‚Social-Feature‘, auf das Barlow und seine Kollegen<br />

bei der Entwicklung sehr viel Wert gelegt haben. Im Spiel selbst bildet dieser den<br />

Hauptpart. Der Spieler kann online gemeinsam mit seinen Freunden um die<br />

Strecke jagen, er kann aber auch alleine fahren, eine Zeit setzen und diese in<br />

seiner Community posten. Diese Zeit kann dann von seinen Freunden geschlagen<br />

werden. »Wann immer du willst, du kannst es sofort machen, aber auch einen<br />

oder mehrere Tage später, ganz egal«, erklärt Barlow. »Du bist absolut frei, je<br />

nachdem wann du Lust hast.«<br />

Das Spiel bildet somit das Grundgerüst für die Weiterentwicklung durch die<br />

Community. Mit deren Feedback soll das Game stetig verbessert und vorangetrieben<br />

werden. Ziel des Spiels ist, nicht einfach nur ein Rennen nach dem anderen<br />

zu gewinnen, so Barlow, sondern innerhalb seiner Community »Fame« zu erlangen.<br />

Das mache das Spiel aus. »Das soll dir den Kick geben«, betont er. Das Ziel lautet:<br />

der beste Racer unter deinen Freunden zu sein. Mit der iOS und Android App sind<br />

DRIVECLUB-Spieler rund um die Uhr über die Ergebnisse ihrer Teamkollegen<br />

informiert. Barlow verspricht: »Wenn du ein <strong>Motorsport</strong>-Enthusiast bist, dann ist<br />

das das optimale Spiel für dich, echtes Racing für <strong>Motorsport</strong>-Verrückte.«


FORMEL 1<br />

INSIDE<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & MANUEL SPERL<br />

STRECKEN AUS ALLER WELT<br />

DER KALENDER FÜR DIE FORMEL-1-SAISON 2015<br />

DIE GEFÄHRLICHSTE: Das alte<br />

Streckenlayout des Nürburgrings, inklusive<br />

der Nordschleife, galt lange Zeit als<br />

Synonym für Gefahr. »Beim Nürburgring<br />

kann man sich nie sicher sein, dass man<br />

wieder heil in sein Hotel zurückkommt«,<br />

sagte Jackie Stewart einst. Im Verlauf<br />

der Jahre mussten einige Piloten ihren<br />

Wagemut mit dem Leben bezahlen. Der<br />

Kurs wurde 1972 eingeweiht und war in<br />

seiner ursprünglichen Form bis 1982 im<br />

Kalender zu finden.<br />

DIE VERRÜCKTESTE: Das Parkplatzgelände<br />

des damals bekanntesten<br />

und größten Hotels von Las Vegas,<br />

Caesars Palace, ist bis heute der<br />

skurrilste Ort für einen Formel-1-Grand<br />

Prix. Nachdem sich das Zuschauerinteresse<br />

in Grenzen hielt und die<br />

Fahrer wegen der buckeligen Piste,<br />

dem Wüstensand und der brütenden<br />

Hitze auf die Barrikaden gingen, wurde<br />

das Rennen 1983 aus dem Kalender<br />

gestrichen.<br />

DIE LEGENDÄRSTE: Der Circuit de<br />

Charade in der Nähe von Clermont-<br />

Ferrand war ein Kurs auf den Hängen<br />

eines erloschenen Vulkans. Jochen Rindt<br />

zog es 1969 vor, das Rennen mit offenem<br />

Helm zu fahren, falls ihm auf der acht<br />

Kilometer langen Achterbahn schlecht<br />

wurde. Das Layout umfasste eine linksrechts-links-rechts<br />

Kombination, die von<br />

einem Highspeed-Geschlängel abgelöst<br />

wurde. Dazwischen folgten Geraden über<br />

Bergkuppen<br />

DIE EINSAMSTE: »Hier gibt‘s ja<br />

nichts«, stellte Sebastian Vettel fest.<br />

»Die Strecke gefällt mir durchaus, doch<br />

die Gegend ist leider ein bisschen<br />

langweilig.« Rund um den Kurs in Korea<br />

bot sich den Piloten ein trostloses Bild<br />

aus grauen Werften, Industriebarracken<br />

und Kiesgruben. Dabei sollte es doch<br />

ein Stadtrennen werden. Nur wo war<br />

die Stadt? Auf menschliche Zivilisation<br />

trafen die Fahrer erst in der 400 km<br />

entfernten Hauptstadt Seoul.<br />

Datum Grand Prix Ort<br />

15. März Australien GP Melbourne<br />

29. März Malaysia GP Sepang<br />

05. April Bahrain GP Sakhir<br />

19. April China GP Shanghai<br />

10. Mai Spanien GP Barcelona<br />

24. Mai Monaco GP Monte Carlo<br />

07. Juni Kanada GP Montreal<br />

21. Juni Österreich GP Spielberg<br />

05. Juli Großbritannien GP Silverstone<br />

19. Juli Deutschland GP Nürburgring<br />

26. Juli Ungarn GP Budapest<br />

23. August Belgien GP Spa-Francorchamps<br />

06. September Italien GP Monza<br />

20. September Singapur GP Marina Bay<br />

27. September Japan GP Suzuka<br />

11. Oktober Russland GP Sotschi<br />

25. Oktober USA GP Austin<br />

01. November Mexiko GP Mexico City<br />

15. November Brasilien GP Sao Paulo<br />

29. November Abu Dhabi GP Yas Marina<br />

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MSM WELTTOURNEE<br />

VON MELBOURNE BIS ABU DHABI: MOTORSPORT-MAGAZIN.COM IST STETS<br />

AUF ACHSE. UNSERE REISE-HIGHLIGHTS 2014:<br />

Hilfe in Melbourne: Wildfremde greifen<br />

allerorts unerwartet nach deinem Gepäck<br />

- und wollen es für dich tragen!<br />

Kerstins Bewertung: <br />

Atemlos durch die Nacht:<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

erkundet Singapur<br />

Duschen in Malaysia: Binnen Sekunden<br />

patschnass bis auf die Haut. Mit<br />

dem Monsun ist nicht zu Spaßen. Besonders<br />

prickelnd: Wenn der Koffer verloren<br />

gegangen ist.<br />

Kerstins Bewertung: <br />

Tanken in Bahrain: 50 Euro-Schein<br />

hingeben, umgerechnet 70 Euro<br />

rausbekommen. So machen wir gerne<br />

Geschäfte!<br />

Christians Bewertung: <br />

Promis in Monaco: Eng und überfüllt,<br />

mehr Gedränge gibt es nirgendwo.<br />

Pseudosternchen? Fehlanzeige! Hier gibt<br />

es noch echte Stars! Und einen Blick auf<br />

Justin Biebers Unterhose...<br />

Kerstins Bewertung: <br />

Schwitzen in Singapur: Nachtrennen.<br />

Keine Sonne, keine Hitze. Von wegen! Ein<br />

paar Minuten in der schwülen Luftfeuchtigkeit<br />

von Singapur sind selbst nachts<br />

schlimmer als eine Runde joggen in Spa.<br />

Christians Bewertung: <br />

UMFRAGE<br />

WELCHE<br />

TRADITIONSSTRECKE<br />

WÜNSCHT IHR EUCH ZURÜCK?<br />

IMOLA 53%<br />

MAGNY COURS 18%<br />

WATKINS GLEN 9%<br />

ADELAIDE 8%<br />

FUJI 6%<br />

DONINGTON 6%<br />

Leser-Umfrage auf<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

STRECKENSTATISTIK<br />

Verschiedene Strecken: 68<br />

Anzahl der Länder: 31<br />

Längste Strecke: Circuit di Pescara<br />

(25,838 km)<br />

Kürzeste Strecke: Monaco (3,145 km)<br />

Meiste Grand Prix: Monza (64)<br />

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FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MOTORSPORT-MAGAZIN.COM


MOTORRAD<br />

INSIDE TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

Stefan Bradl stellte<br />

sich unseren acht<br />

Kult-Fragen<br />

8<br />

FRAGEN AN<br />

STEFAN BRADL<br />

Pizza oder Weißwurst?<br />

Pizza.<br />

Zweitakter oder Viertakter?<br />

Natürlich waren die Zweitaktzeiten sehr schön,<br />

aber die Zukunft gehört in jedem Bereich den<br />

Viertaktern.<br />

Sachsenring oder Nürburgring?<br />

(überlegt lange) Nürburgring.<br />

Feiern in der Disco oder Relaxen auf<br />

der Couch?<br />

Relaxen auf der Couch.<br />

Nachtrennen oder Tagrennen?<br />

Wir haben ja nur eines. Das hat seinen Reiz, aber<br />

jedes Wochenende ein Nachtrennen wäre ja ein<br />

Schmarrn.<br />

Agostini oder Rossi?<br />

Ich habe Agostini nie Fahren sehen, daher Rossi.<br />

FC Bayern oder Borussia Dortmund?<br />

Das beantworte ich nicht. (Bayern-Fan Bradl<br />

grinst)<br />

MotoGP oder Isle of Man TT?<br />

Ganz klar MotoGP.<br />

WILLKOMMEN<br />

ZURÜCK, APRILIA!<br />

In Misano wurde es offiziell: Aprilia wagt 2015 den Schritt zurück in die<br />

Motorrad-WM. Allerdings wird der italienische Hersteller nicht mit einem<br />

eigenen Werksteam antreten, sondern übergibt den Renneinsatz der<br />

Motorräder in die erfahrenen Hände von Fausto Gresini und seinem Team. Der<br />

Italiener ist mit seinem Rennstall seit 1997 in der WM vertreten und tritt seit<br />

2002 ununterbrochen in der MotoGP an. Aprilia unterhielt zwischen 2002 und<br />

2004 bereits ein eigenes Werksteam in der Königsklasse, schaffte es in dieser<br />

Zeit aber nie auf das Podium. Der erste Werksfahrer ist mit Alvaro Bautista<br />

bereits gefunden, Testpilot wird kein Geringerer als Max Biaggi.<br />

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MOTGP<br />

NACHSCHUB<br />

FOTOS: MILAGRO, SUZUKI<br />

Die Frischzellenkur in der MotoGP geht auch in der kommenden<br />

Saison weiter. Während sich der 40-jährige Colin Edwards im<br />

Sommer in den Ruhestand verabschiedete, haben bereits drei<br />

Neulinge ihre Verträge für den Einstieg in die Königsklasse<br />

unterschrieben. Der Nordire Eugene Laverty (28) kehrt der<br />

Superbike-WM nach 13 Siegen in vier Jahren den Rücken und<br />

heuert beim Aspar-Team an. Maverick Vinales (19) verlässt die<br />

Moto2 nach nur einem Jahr und darf sich künftig Suzuki-Werksfahrer<br />

nennen. Besondere Aufmerksamkeit wurde aber dem<br />

Aufstieg von Jack Miller (19) zuteil. Der Australier wechselt<br />

direkt aus der Moto3 in die MotoGP und übernimmt bei LCR<br />

Honda einen Production Racer von Honda. Miller ist damit der<br />

erste Pilot, der direkt von der kleinsten in die größte Klasse der<br />

Weltmeisterschaft aufsteigt.<br />

Der Doktor hat über<br />

5.000 Punkte mit<br />

seinen Operationen<br />

verdient<br />

DER ERSTE 5.000er<br />

SCHWEIZER<br />

DREAMTEAM<br />

Der vielleicht begnadetste Motorradfahrer der Geschichte bricht auch in seiner<br />

19. Saison in der Weltmeisterschaft und im Alter von 35 Jahren noch immer<br />

Rekorde. Der Grand Prix von Großbritannien in Silverstone markierte Rossis<br />

246. Start in der Königsklasse. Damit setzte er sich alleinig an die Spitze der<br />

Rekordlisten und ließ den Brasilianer Alex Barros (245 Starts) hinter sich.<br />

Zwei Wochen später durchbrach Rossi mit seinem Sieg in Misano als erster<br />

Pilot in der Geschichte der Motorrad-WM die Schallmauer von 5.000 WM-<br />

Punkten. Im nächsten Jahr wird Rossi auch den klassenübergreifenden Startrekord<br />

von Loris Capirossi (aktuell bei 328 WM-Rennen) brechen.<br />

Die beiden Schweizer Aushängeschilder Tom Lüthi und Dominique<br />

Aegerter werden 2015 gemeinsam in einem Team in der Moto2<br />

unterwegs sein. Das Interwetten Team von Daniel M. Epp und der<br />

Technomag carXpert Rennstall von Fred Corminboeuf bündeln ihre<br />

Kräfte und werden gemeinsam unter dem Namen Team Derendinger-<br />

Interwetten antreten. Ergänzt wird die Schweizer Nationalmannschaft<br />

von Robin Mulhauser, der das Fahrer-Trio komplettiert. Überhaupt<br />

befindet sich die Schweiz in der Moto2 im Aufwind: Jesko Raffin, der<br />

Führende der spanischen Meisterschaft, konnte sich für 2015 einen<br />

Platz in der zweithöchsten Klasse der WM sichern. Hopp Schwiiz!<br />

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Großer Wunsch:<br />

Nabil Jeffri träumt<br />

von der Formel 1<br />

FOTOS: ATS FORMEL 3 CUP/ALEXANDER TRIENITZ, ADRIVO/SUTTON<br />

FRAGEN AN<br />

TEXT: ROBERT SEIWERT<br />

NABIL JEFFRI<br />

DER ATS FORMEL 3 CUP GILT ALS DAS ABITUR DES MOTORSPORTS. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

WIRFT EINEN GENAUEN BLICK INS FAHRERLAGER UND PRÄSENTIERT HOFFNUNGSVOLLE TALENTE UND<br />

SPANNENDE GESCHICHTEN. DIESMAL: NABIL JEFFRI, BOTSCHAFTER MALAYSIAS UND PETRONAS-JUNIOR.<br />

Nabil, du bist seit vergangenem Jahr offizieller<br />

Botschafter für deine Heimat Malaysia. Was<br />

bedeutet das für dich?<br />

Das ist etwas ganz Besonderes und macht mich<br />

sehr stolz. Nicht viele Menschen werden für solch<br />

eine Aufgabe auserwählt. Mein Ziel ist, den Leuten<br />

meine Heimat Malaysia näher zu bringen. Ich treffe<br />

das Jahr über viele Menschen und erzähle ihnen<br />

unsere Geschichte - ein großes Privileg für mich.<br />

Zu dieser Aufgabe kam ich dank meiner <strong>Erfolg</strong>e<br />

im <strong>Motorsport</strong>. Der Sportminister Malaysias kam<br />

im vergangenen Jahr auf mich zu und fragte, ob<br />

ich die Rolle des Botschafters übernehmen wolle.<br />

Ich habe sogar schon unseren Premierminister<br />

getroffen. Er interessiert sich für meine Karriere<br />

und unterstützt mich sehr.<br />

Mit Petronas hast du einen weiteren starken<br />

Partner an deiner Seite. Wie wichtig ist das für<br />

deinen Werdegang?<br />

Ohne Petronas wäre ich gar nicht hier. Ich habe<br />

großes Glück, dass sie mich unterstützen und bei<br />

meinem Weg nach oben begleiten. Das Besondere<br />

daran ist ihre enge Verbindung <strong>zum</strong> Formel-<br />

1-Team von Mercedes. Einen besseren Partner<br />

kann ich mir also gar nicht vorstellen. Wenn ich<br />

weiter gute Leistungen erziele, habe ich eine<br />

Chance, einmal ins Formel-1-Team aufzusteigen.<br />

Petronas ist dabei ein ganz wichtiger Teil, für den<br />

sportlichen <strong>Erfolg</strong> bin ich aber selbst<br />

verantwortlich.<br />

Du bist noch immer der jüngste Pilot, der<br />

jemals ein Formel-1-Auto getestet hat. Wie kam<br />

es im Jahr 2010 dazu?<br />

Stimmt, da war ich gerade einmal 16 Jahre alt.<br />

Caterham-Besitzer Tony Fernandes wurde nach<br />

meinen sportlichen <strong>Erfolg</strong>en in Malaysia auf mich<br />

aufmerksam. Ich stand gerade unter der Dusche,<br />

als er mich anrief und fragte, ob ich eines ihrer<br />

Formel-1-Autos testen wolle. Zuerst dachte ich,<br />

das sei ein Scherz! Natürlich sagte ich zu. Nur eine<br />

Woche später flog ich nach England und absolvierte<br />

auf dem Flughafen von Duxford einen Aero-<br />

Test. Es war verrückt, wie viele Ingenieure sich<br />

dort um mich kümmerten. So etwas hatte ich noch<br />

nie zuvor erlebt. Der Test war einzigartig, das Auto<br />

fühlte sich so unheimlich schnell an. Ich bin Tony<br />

sehr dankbar für das Vertrauen - wer würde einem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com ist offizieller Medien-Partner des ATS Formel Cup.<br />

12 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Jeffri durfte mit 16<br />

Jahren einen<br />

Lotus testen<br />

NABILS GROSSER TAG<br />

16-Jährigen schon die Chance geben, ein F1-Auto<br />

zu fahren?<br />

Du bestreitest dieses Jahr deine zweite Saison<br />

im ATS Formel 3 Cup. Inwiefern hast du dich<br />

verbessert?<br />

Ich habe auf jeden Fall einen großen Sprung nach<br />

vorne gemacht. Inzwischen kenne ich vor allem die<br />

Strecken viel besser als in meinem Rookie-Jahr. Mit<br />

meinem Team Motopark hatte ich eine tolle Vorbereitung<br />

auf die Saison, das kam mir sehr zugute. Ich<br />

reise vor den Rennen <strong>zum</strong> Team nach Oschersleben,<br />

um mich im Simulator vorzubereiten.<br />

Weißt du schon, wie es mit deiner Karriere<br />

weitergeht?<br />

Der Plan ist, nächstes Jahr in die Formel 3 Europameisterschaft<br />

aufzusteigen und dort an meine<br />

Leistungen anzuknüpfen. Ich möchte die Karriereleiter<br />

Schritt für Schritt hinaufklettern. Nachwuchsserien<br />

wie die GP3 und GP2 sind weitere<br />

Etappenziele hin zu meinem großen Traum: für<br />

Mercedes AMG in der Formel 1 zu fahren. Ich weiß,<br />

dass es bin dahin noch ein langer Weg ist und man<br />

viel Erfahrung braucht, um in der Formel 1 zu starten.<br />

Ich muss einfach schauen, dass meine Ergebnisse<br />

stimmen.<br />

Der 1. September des Jahres 2010 wird<br />

Nabil Jeffri wohl für immer im Gedächtnis<br />

bleiben. An jenem Tag durfte der damals<br />

16-Jährige auf dem Duxford Flugplatz in<br />

England <strong>zum</strong> ersten Mal ein Formel-<br />

1-Auto fahren. Der Malaysier saß bei<br />

einem Straight-Line-Aerodynamiktest am<br />

Steuer eines Lotus-Boliden des heutigen<br />

Caterham Teams. Mit Rat und Tat standen<br />

Jeffri Stammpilot Heikki Kovalainen und<br />

Testfahrer Fairuz Fauzy zur Seite. »Er hat<br />

das Vertrauen zurückbezahlt, das ich in<br />

ihn gesteckt habe«, sagte Teamchef Tony<br />

Fernandes. »Seine Leistung war unglaublich<br />

gut und das macht mich sehr stolz.<br />

Ich gehe davon aus, dass sich Nabils Kopf<br />

auf der Heimreise drehen wird, aber er<br />

kann jetzt sagen, dass er ein F1-Auto<br />

gefahren ist.«


Alex Criville holte<br />

sich in Assen<br />

den ersten Sieg<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

SPANIENS ERSTER SIEG<br />

IN DER KÖNIGSKLASSE<br />

Mick Doohan hatte das Jahr 1992 dominiert, als die Motorrad-WM Ende Juni<br />

in Assen gastierte. Der amtierende Weltmeister Wayne Rainey hatte sich als<br />

einziger Rivale um den Titel erwiesen. In Assen war das Rennen für Rainey<br />

wegen einer Handgelenksverletzung aber schon nach dem Training vorbei.<br />

Im Qualifying erwischte es Doohan schlimm, als sich dieser bei einem Sturz<br />

einen doppelten Bruch des rechten Unterschenkels zuzog. In Abwesenheit<br />

der Titelrivalen konnte sich Altmeister Eddie Lawson die Pole Position<br />

schnappen. Im Rennen sollte aber ein anderer Fahrer die Oberhand behalten:<br />

Rookie Alex Criville. Der Spanier fiel zunächst nicht auf, an der Spitze duellierten<br />

sich Lawson und Kevin Schwantz. Doch in der siebten Runde krachte<br />

das Führungsduo zusammen, als Lawsons Cagiva den Hinterreifen von<br />

Schwantz‘ Suzuki berührte und beide Motorräder abflogen. Damit erbte Alex<br />

DENK-<br />

WÜRDIGE<br />

RENNEN<br />

Barros die Führung, doch John Kocinski, Juan Garriga und Criville rasten<br />

von hinten heran. Mehrfach wechselte die Führung innerhalb dieser Vierergruppe,<br />

aber auf der Ziellinie hatte Criville 0.762 Sekunden die Nase vor<br />

Kocinski und Barros. Das Besondere an diesem <strong>Erfolg</strong>? Spanien hatte zu<br />

diesem Zeitpunkt zwar schon 23 Weltmeister-Titel, aber Crivilles Triumph<br />

in Assen bedeutete den ersten Rennsieg der stolzen Motorradnation in der<br />

Königsklasse. Sieben Jahre später sollte sich Criville <strong>zum</strong> ersten spanischen<br />

500cc-Weltmeister krönen und damit den Grundstein zur aktuellen Dominanz<br />

spanischer Piloten legen.<br />

DATUM: 27. Juni 1992<br />

STRECKE:<br />

Assen<br />

DISTANZ:<br />

20 Runden = 120,98 km<br />

WETTER:<br />

Sonnig<br />

POLE POSITION:<br />

Eddie Lawson (2:03.675 Minuten)<br />

SCHNELLSTE RENNRUNDE: Juan Garriga (2:04.625)<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Alex Criville sicherte<br />

Spanien den ersten Sieg<br />

in der Königsklasse<br />

14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Weniger glücklich<br />

über die Niederlage:<br />

Wayne Rainey


KOLUMNE | MOTORRAD<br />

JUGENDWAHN<br />

IN DER MOTOGP<br />

SIND TEENAGER REIF GENUG FÜR DIE KÖNIGSKLASSE?<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

J<br />

ack Miller und Maverick Vinales sind 19<br />

Jahre alt. Die beiden talentierten Teenager<br />

werden sich 2015 mit Marc Marquez<br />

und Valentino Rossi in der MotoGP messen.<br />

Während der Aufstieg für den (noch) amtierenden<br />

Moto3-Champion Vinales nach nur einem Jahr in<br />

der Moto2 erfolgt, überspringt Miller diese Klasse<br />

gleich ganz und steigt direkt von der untersten in<br />

die oberste Kategorie auf. Ein Novum in der bislang<br />

hierarchischen Welt der Motorrad-WM. Haben die<br />

beiden Fahrer das nötige Talent oder sind sie nur<br />

Produkte eines Jugendwahns, der durch den Hype<br />

rund um Marc Marquez ausgelöst wurde?<br />

Seit sich Marquez im Vorjahr mit nur 20 Jahren<br />

<strong>zum</strong> Champion krönte, wirkt es so, als würde plötzlich<br />

jeder Teamchef nach dem nächsten jüngsten<br />

Weltmeister der Geschichte suchen. Bislang war<br />

es eine Art ungeschriebenes Gesetz, mindestens<br />

zwei Jahre in jeder Klasse zu absolvieren. Diese<br />

Lehrjahre absolvierten einst auch Rossi, später<br />

Lorenzo und Pedrosa und zuletzt Marquez. Nach<br />

und nach scheint die Elektronik-Ära des Motorradsports<br />

aber diese Regeln auszuhebeln und außer<br />

Kraft zu setzen. »Ein MotoGP-Bike ist mittlerweile<br />

einfacher zu handhaben als so eine Moto2-<br />

Maschine«, verriet mir unlängst ein Teamchef,<br />

dessen Rennstall in beiden Serien unterwegs ist.<br />

Der Lerneffekt, den ein behutsamer Aufstieg von<br />

Klasse zu Klasse mit sich bringt, ist also nicht mehr<br />

so groß wie einst.<br />

Dabei hatten Vermarkter Dorna, Weltverband FIM<br />

und Team-Vereinigung IRTA vor Jahren ein Maßnahmenpaket<br />

beschlossen, um einem derartigen<br />

Jugendwahn entgegen zu wirken. Genau diese<br />

Regelungen werden aber immer weiter aufgeweicht.<br />

Der Rookie-Paragraph, der MotoGP-<br />

Neulingen verbot, in ihrer Debütsaison in einem<br />

Werksteam zu fahren, wurde für Marquez vor<br />

zwei Jahren gekippt. Vor kurzem untergruben<br />

die Verantwortlichen auch das Alterslimit für den<br />

WM-Einstieg, das einst auf 16 Jahre festgesetzt<br />

wurde. Weil Honda Druck machte, dürfen Fahrer<br />

künftig auch vor dem 16. Geburtstag ein Moto3-<br />

Rennen fahren - insofern sie im Jahr davor die<br />

spanische Moto3-Meisterschaft gewonnen<br />

haben. Damit darf Hondas französisches Supertalent<br />

Fabio Quartararo, der erst im nächsten<br />

April 16 Jahre alt wird, schon beim Saisonstart<br />

im März dabei sein. Anlassgesetzgebung allererster<br />

Güte.<br />

An der Qualität der Fahrer ändert dieses Verhalten<br />

der Verantwortlichen allerdings nichts.<br />

Sowohl Miller, als auch Vinales werden die<br />

Klasse haben, in der MotoGP zu bestehen. Und<br />

auch der talentierte Quartararo wird sich mit der<br />

erfahreneren Moto3-Konkurrenz messen können.<br />

Allen Kritikern der Jugendbewegung in der<br />

MotoGP sei gesagt: Jorge Lorenzo und Dani<br />

Pedrosa waren bei ihrem MotoGP-Debüt auch<br />

erst 20 Jahre alt, Valentino Rossi nur ein Jahr<br />

älter. Es hat also Tradition, begnadete Fahrer<br />

schon in Teenagerjahren für die Königsklasse<br />

unterschreiben zu lassen. Es mit dem Jugendwahn<br />

übertreiben, sollte man allerdings nicht -<br />

und hier sind auch wir Medien gefordert. Denn<br />

auch wir sind mit Argusaugen darauf bedacht,<br />

das nächste Supertalent ausfindig zu machen<br />

und großartige Karrieren vorherzusagen. So<br />

freuen sich Italiener über »ihren« starken Rookie<br />

Enea Bastianini oder Franzosen auf den WM-<br />

Einstieg von Quartararo. Übertrieben sind allerdings<br />

Fragen wie jene (gestellt nach dem Test<br />

in Brünn) an Marquez, ob er in Quartararo seinen<br />

großen Gegenspieler des nächsten Jahrzehnts<br />

sieht. Da müssen manche meiner Kollegen die<br />

Kirche dann doch bitte im Dorf lassen.<br />

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PRO & CONTRA<br />

HAT RENAULT RED BULL DIE TITELVERTEIDIGUNG VERSAUT?<br />

Was kostete Red Bull<br />

den WM-Titel 2014?<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Die Rache des V8?<br />

Zum Finale 2013 ließ<br />

Red Bull Motoren hochgehen<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Spielberg 2014. Der RB10 von Sebastian Vettel dümpelt in der ersten Runde<br />

des Österreich GP so dahin, um kurz darauf - weit abgeschlagen vom Feld<br />

- endgültig seinen Geist aufzugeben.<br />

Dieses Szenario ist Sinnbild der diesjährigen Saison und der beste Beweis<br />

dafür, dass das Renault-Aggregat den Serienweltmeister in diesem Jahr um<br />

Siege, Podestplätze und in Folge dessen auch um den fünften WM-Titel in<br />

Serie gebracht hat.<br />

Dass Daniel Ricciardo in der ersten Saisonhälfte drei Siege einfuhr und damit<br />

als einziger die Mercedes-Dominanz brechen konnte, ist nicht der Beweis<br />

dafür, dass die Kritik an Renault überzogen ist, sondern zeigt nur, dass Adrian<br />

Newey wieder einmal ein sehr gutes Auto hingestellt hat.<br />

»Schaut man auf das Chassis, sind wir absolut an der Spitze. Der ‚kranke‘<br />

Teil ist der Motor. Es liegt an Renault«, kommt die Kritik von Dr. Helmut Marko<br />

nicht von ungefähr. Denn selbst das aerodynamisch am meisten ausgeklügelte<br />

Auto kann ein Leistungsdefizit von 80 PS gegenüber der silbernen<br />

Konkurrenz nicht kompensieren.<br />

Natürlich hat sich auch Red Bull Fehler geleistet, aber diese sind bei Weitem<br />

nicht mit dem zu vergleichen, den sich Renault mit dem V6-Turboaggregat<br />

in punkto Speed und Zuverlässigkeit zuschulden hat kommen lassen.<br />

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Bei den Testfahrten brachte es Vettel<br />

gerade einmal auf 865 km. Von Melbourne bis Singapur spulte er nur 8.873 km<br />

ab und <strong>zum</strong>eist hatte Renaults gebrechliche Power Unit damit zu tun.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

Zu wenig PS? Oh ja! Unzuverlässig? Und wie! Dann steht‘s ja fest: Renault<br />

hat Red Bull die vierte Titelverteidigung in Folge versaut. Oder etwa nicht?<br />

Nicht so schnell mit den jungen (aber leistungsschwachen) Pferden. Zum<br />

Verlieren gehören immer zwei. Klar, die französische Power Unit kam viel zu<br />

spät in Schwung. Der Testrückstand war immens.<br />

Dennoch fuhr Daniel Ricciardo beim Saisonauftakt in Melbourne aufs Podium<br />

- bis er disqualifiziert wurde. Der Speed war aber da. So gesehen haben das<br />

Fuel-Flow-Meter und die Red-Bull-Ignoranz der FIA-Anweisungen Renault<br />

einen zweiten Platz versaut.<br />

Ja, der Leistungsunterschied zu Platzhirsch Mercedes ist enorm. Allerdings<br />

war auch der Renault-V8 alles andere als der stärkste Antrieb. Schon in den<br />

vergangenen Jahren lobte Red Bull sich gerne selbst dafür, dass das geniale<br />

Newey-Chassis ja trotz dieser PS-Schwäche reihenweise siegte.<br />

Sobald jedoch die ersten Probleme auftraten, schlugen die Verantwortlichen<br />

urplötzlich auf jenen Partner ein, mit dem sie gerade vier WM-Titel in Serie<br />

abgeräumt hatten. Von gemeinsam an einem Strang ziehen war in den ersten<br />

Wochen nichts zu sehen. Vielmehr wurde mit einem eigenen Motor gedroht.<br />

Dabei zeigt ein Blick in die eigene Box, dass der RB10 bei Weitem nicht so<br />

eine Rakete ist wie seine Vorgänger. Er ist ein gutes F1-Auto, das als einziges<br />

die Silberpfeil-Dominanz durchbrechen konnte. Aber alle Schuld lässt sich<br />

nicht abschieben. Auch Verlieren will gelernt sein.<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

16 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

REMEMBER:<br />

THINK FIRST THEN ACT<br />

DIE FIA HAT SICH UND DEM SPORT MIT DEM REVIDIERTEN FUNKVERBOT KEINEN GEFALLEN GETAN.<br />

Nico Rosberg:<br />

Hoffentlich funktionieren<br />

diesmal alle Knöpfe<br />

FOTOS: MERCEDES-BENZ<br />

B<br />

ernie Ecclestone ist bekannt dafür, Ideen in die Welt hinauszuwerfen,<br />

die viel mehr in die Welt der Träumerei verbannt gehören. Doch<br />

dieses Mal hat er mit seiner Idee, den Funk zwischen Fahrern und<br />

Box zu reduzieren, absolut ins Schwarze getroffen. »Die Piloten sollten wissen,<br />

was richtig und was falsch ist«, begründete der F1-Zampano - und dieses eine<br />

Mal gebe ich ihm Recht. Auch wenn die heutigen Formel-1-Piloten definitiv<br />

keine Marionetten sind, die von außen gesteuert werden, so lässt sich nicht<br />

abstreiten, dass es nach außen hin durchaus diesen Eindruck macht. Das<br />

schadet dem Image der Formel 1. Noch mehr als der Eindruck vom ferngesteuerten<br />

Piloten schadet der Formel 1 aktuell aber die FIA. Das ist eine gewagte<br />

Behauptung, schon klar. Doch was sich der internationale Automobil-Dachverband<br />

abseits des Singapur GP geleistet hat, kann nur als lächerlich bezeichnet<br />

werden. Kaum hatte die FIA das Funkverbot erlassen, knickte man auch schon<br />

wieder ein und ruderte mit seinen Verboten zurück. Wie gesagt, die Beschneidung<br />

des Funkverkehrs an sich ist eine längst überfällige Sache, doch die<br />

Umsetzung war eine Katastrophe. Hätte die FIA das Funkverbot bis <strong>zum</strong> Ende<br />

durchdacht, dann hätte man den Aufruhr im Paddock kommen sehen. Es war<br />

klar, dass die Teams auf eine einschneidende Regeländerung, die zwischen<br />

zwei Rennen eingeführt wird, nicht begeistert reagieren würden. Immerhin<br />

warf das Verbot dutzende Fragen auf. Beispielsweise wie die Fahrer sämtliche<br />

- auch sicherheitsrelevanten - Informationen zu Spritverbrauch, Batterieaufladung,<br />

Schalterpositionen für Motor und Getriebe usw. im Blick behalten sollten?<br />

Oder was ist, wenn ein Fahrer einen Crash baut, weil ihn sein Renningenieur<br />

nicht darüber informiert, dass seine Reifen oder Bremsen nicht mehr richtig<br />

funktionieren? Oder wenn urplötzlich ein Lenkrad nicht mehr funktioniert? Auf<br />

all diese Fragen hätte die FIA eine Antwort haben müssen, genauso wie auf<br />

die Kritik, dass all jene Teams, die über kein großes Display auf dem Lenkrad<br />

verfügen, einen Nachteil haben. Doch die FIA hatte keine Antworten. Als Konsequenz<br />

musste das Funkverbot revidiert werden, doch eigentlich hätte man<br />

erwarten können, dass die FIA vorher überlegt und dann erst handelt. Damit<br />

hätte die FIA sich und dem Sport einen Gefallen getan. Es hätte auf jeden Fall<br />

verhindert, dass jetzt ein halbherziges Funkverbot gilt, das keinem Fahrer die<br />

Schweißperlen auf die Stirn zaubern wird. Denn zu einfach lassen sich erlaubte<br />

Nachrichten wie ‚oil transfer‘ codieren. So könnte die Nachricht zwei verschiedene<br />

Bedeutungen für den Fahrer haben, je nachdem ob er den Funkspruch<br />

in Kurve 1 oder in Kurve 10 erhält. Endgültige Sicherheit? Fehlanzeige! Und als<br />

hätte sich die FIA mit dem Funkverbot nicht schon genug geschadet, sind die<br />

Verantwortlichen gerade dabei, sich erneut ins eigene Knie zu schießen. So<br />

sollen die doppelten Punkte beim Saisonfinale 2015 wieder abgeschafft werden<br />

- weniger als zwölf Monate, nachdem sie eingeführt wurden und zahlreiche<br />

Formel-1-Fans vergrämten. Dabei hatte Nico Rosberg bereits in Singapur den<br />

Nagel auf den Kopf getroffen. »Im Grunde geht es in der Formel 1 um Unterhaltung.<br />

Es geht darum, die Fans zu unterhalten, deshalb müssen wir darauf<br />

hören, was die Fans wollen.«<br />

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MARK SUTTON<br />

LIFE THROUGH A LENS<br />

Folge Mark Sutton bei<br />

twitter @suttonimages<br />

Sir Frank is watching you:<br />

Boxenstopp-Überungen<br />

01<br />

EIN WACHSAMES AUGE<br />

Dies Bild ist deshalb so interessant, weil ich niemals zuvor Sir Frank Williams so in<br />

der Boxengasse gesehen habe. Natürlich fährt das Auto nicht los, denn das ist ein<br />

Trainingsboxenstopp - aber es ist irreführend! Ich glaube, es war Donnerstagabend.<br />

Die Leute neigen dazu, wirklich lange zu arbeiten, denn es ist eine gute Zeit, um im<br />

Dunkeln Boxenstopps zu üben. Natürlich sind Lichter an, aber es ist eine Chance, die<br />

Stopps zu üben, wenn Schatten da sind. Ich denke, Frank war interessiert, er wollte<br />

nicht in der Garage bleiben und ich mache ihm da keine Vorwürfe. Irgendwann machte<br />

Valtteri Bottas ein paar Filmaufnahmen für das Fernsehen, aber ich habe ihn verpasst.<br />

Ich war der einzige Fotograf vor Ort. Ich sah, dass sich bei Williams etwas anbahnt,<br />

dann sah ich Sir Frank und realisierte, dass sich eine tolle Aufnahme aus einem<br />

niedrigen Winkel ergeben würde. Trotzdem will ich betonen, dass es sich nicht um<br />

einen richtigen Boxenstopp gehandelt hat!<br />

SUPER MARIO<br />

Diese Fotos entstanden während Promotion-Aufnahmen für den USA GP auf dem<br />

Circuit of the Americas. Mario Andretti ist eine Legende, sodass jeder Fahrer sofort<br />

mitmacht, wenn Andretti involviert ist. Wenn man die Fahrer dazu bringen will, einen<br />

witzigen Hut zu tragen, ohne dafür einen guten Grund zu haben, dann ist das <strong>verdammt</strong><br />

schwierig. Aber mit Mario hat man ein leichtes Spiel. Die Fahrer wollen mit ihm reden,<br />

mit ihm in Kontakt treten. Mario ist ein unglaublicher Gentleman, offen für alles und<br />

ein toller Gesprächspartner. Es sollte mit den Bildern eine Geschichte erzählt werden<br />

- Mario war der Sheriff, der einige Stellvertreter für den Grand Prix suchte. In jedem<br />

Team hatte er zwei Stellvertreter, die diese Cowboy Hüte trugen. Das einzige Team,<br />

das nicht mitspielte, war Mercedes. Aber nach dem Vorfall in Spa-Francorchamps<br />

kann man sich vorstellen, warum!<br />

WHOA ROUGE<br />

Ich war seit Jahren nicht mehr in Eau Rouge und es war toll, wieder dort zu sein.<br />

Dieses Mal war eines der Haupttore verschlossen, durch das man an die Außenseite<br />

der Strecke kommt. Ich war aber früh genug vor Sessionbeginn dort, um die Strecke<br />

ohne Probleme überqueren zu können. Es war nicht so schwierig und ich habe nicht<br />

davor zurückgeschreckt, über Mauern und Zäune zu klettern. Sobald ich in Position<br />

war, war es eine unglaubliche Erfahrung. Dieses Foto wurde durch die Leitplanke mit<br />

einem Fischaugenobjektiv und kurzer Verschlusszeit aufgenommen. Die Autos waren<br />

nicht so laut wie gewöhnlich, sodass man einfach nur die verdrängte Luft im Gesicht<br />

spürte. Die Autos waren <strong>verdammt</strong> nah an einem dran, was mir noch immer den Atem<br />

raubt. Es gibt nicht viele Kurven, die mit 320 km/h durchfahren werden und an denen<br />

man nur durch zwei Leitplanken von den Boliden getrennt wird. Das ist einfach eine<br />

Pflichterfahrung in der Formel 1!<br />

Eau Rouge durch<br />

die Leitplanke<br />

03<br />

18 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

02<br />

Gestatten: Die<br />

Hilfs-Sheriffs Sutil<br />

und Gutierrez


KOLUMNE | FORMEL 1<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN<br />

VON BRÜCHEN & KÜSSEN<br />

DIE FORMEL 1 IST EIN HARTES GESCHÄFT. STIMMT! ABER SIE HAT AUCH IHRE LUSTIGEN SEITEN...<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Vorsicht,<br />

Maldo voraus!<br />

LEHRE NUMMER 1: KEINE CRASHGEFAHR!<br />

»Ooops he did it again.« Britney (nein, die andere, nicht die von<br />

Mercedes) würde ganz schön ins Schwitzen kommen, wenn sie<br />

ihren Hit bei jedem Unfall von Pastor Maldonado <strong>zum</strong> Besten geben<br />

müsste. Der Venezolaner bescherte seinen Mechaniker schon einiges<br />

an Arbeit - <strong>zum</strong> Glück hat er im Voraus bezahlt. Pastor selbst glaubt<br />

hingegen nicht, dass er besonders viele Ausrutscher hatte. »Ehrlich<br />

gesagt hatte ich nicht viele Zwischenfälle.« [Pause <strong>zum</strong> Staunen,<br />

Tränen aus den Augen wischen, je nachdem] »Es liegt nicht an mir<br />

oder dem Auto. Es ist einfach Pech.« Na dann. Unser Fehler. Liegt<br />

sicher an diesem bösen Internet. Das ist wirklich eine Pest. Auf<br />

Facebook und Twitter ist Maldonado dank seiner Nichtunfälle mittlerweile<br />

eine Art moderner Volksheld. Es gibt sogar »Crashtor«<br />

T-Shirts und Tassen. Selbst wir haben uns angesteckt. Auf dem Weg<br />

nach Monza sahen wir typisch italienische Leitplanken (also in<br />

Schlangenlinien verlaufend). Unsere Schlussfolgerung: »Hier scheint<br />

Maldo gestern zur Strecke gefahren zu sein!«<br />

Harte Arbeit, aber es<br />

lohnt sich doch, Toto!<br />

Danny, Danny,<br />

pausenlos am<br />

Grinsen der Kerl<br />

Yes, Fernando ist<br />

der Friedensstifter<br />

LEHRE NUMMER 2: ASTURISCHER SCHLICHTER<br />

Wow, die Frage hat gesessen. Vor wenigen Jahren hätten sich Lewis<br />

und Fernando das sicher nie im Leben erträumt. In aller Öffentlichkeit<br />

legt der Spanier seinen Arm tröstend, nahezu beschützend um den<br />

Briten und grinst in die Menge. Es ist Rennen 1 nach dem Silberpfeil-<br />

Knall von Spa. Lewis und Nico treffen in Monza <strong>zum</strong> ersten Mal seit<br />

dem Crash vor den Kameras der Medien aufeinander. Zwischen ihnen<br />

sitzt der Spanier, quasi als roter Puffer im silbernen Sandwich.<br />

»Fernando, bist du jetzt der Friedensbotschafter?« Gelächter im Publikum<br />

und unter den Fahrern. Fernando reißt beide Arme in Siegerpose<br />

nach oben: »Yes!« Wenn das Ron Dennis hört...<br />

LEHRE NUMMER 3: GRAUE HAARE UND EIN ARMBRUCH<br />

Das Vollgasleben eines F1-Teamchefs ist hart. »Der Rhythmus ist<br />

verrückt. Ich kann mir vorstellen, dass ich eines Tages aufwache<br />

und mir denke: genug!«, sagte Toto Wolff zu Saisonbeginn bei einem<br />

kurzen Abstecher in die Heimatstadt von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

nach Graz. Mehr als einmal betonte Toto seitdem, dass ihm der<br />

Titelkampf zwischen seinen beiden Piloten ein paar graue Haare<br />

mehr eingebracht habe - Spa sei Dank. Die leidigen Zuverlässigkeitsprobleme<br />

taten ihr Übriges. Wenn es nur eine Wunderlösung<br />

gäbe, um diese ein für alle Mal aus<strong>zum</strong>erzen. »Ich würde mir dafür<br />

meinen Arm noch einmal brechen!« Kein Wunder, dass Toto den Job<br />

nicht ewig machen möchte...<br />

LEHRE NUMMER 4: GUTENACHTKÜSSCHEN<br />

Dieser Ricciardo! Sauschnell. Super freundlich. Stets einen flotten<br />

Spruch auf den Lippen. Und dann auch noch dieses Dauergrinsen!<br />

Unfassbar. So schwer es uns auch fällt, aber wir müssen zugeben:<br />

dagegen kommt kein noch so langer Zeigefinger an. Aber jetzt mal Hand<br />

aufs Herz: was macht den Kerl so <strong>verdammt</strong> gut? Ein Grinsen vom<br />

linken bis <strong>zum</strong> rechten Außenspiegel kann ja aerodynamisch nie und<br />

nimmer von Vorteil sein! »Das Geheimnis?«, fragt Daniel mit diesem<br />

typischen, schelmischen Gesichtsausdruck, der nichts Ernstes verheißen<br />

lässt. »Ich gebe meinem [Auto] jede Nacht einen Kuss - mit Zunge...<br />

aber verratet es Seb nicht!«<br />

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SLIDESHOW | FORMEL 1 | #39 | 2014<br />

❱ ABSPRUNG<br />

DIE BESTE<br />

ALTERNATIVE<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

FOTO: CATERHAM<br />

Kann man mit einem Formel-1-Fahrer Mitleid haben? Sie wohnen<br />

in Weltmetropolen in den besten Hotels, kriegen die schönsten<br />

Frauen und dürfen nebenbei die schnellsten Autos fahren. Trotzdem<br />

kann einem Kamui Kobayashi leidtun. Nach einem Jahr Pause hat<br />

er wieder ein Cockpit erbettelt. Kommt jemand, der Geld zahlt und<br />

eine Superlizenz mitbringt, ist er sein Cockpit aber wieder los. Ein<br />

Cockpit, um das man ihn ohnehin nicht beneiden muss. Und obwohl<br />

er Teamkollege Marcus Ericsson deutlich im Griff hat, winkt keine<br />

Alternative für die Zukunft. Vielleicht wäre das fluchtartige Verlassen<br />

von Caterham die schmerzfreiste Alternative - lieber ein Ende mit<br />

Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.<br />

20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


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MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & CHRISTIAN MENATH<br />

LEGENDE, MYTHOS, RELIGION. FERRARI IST MEHR ALS EIN FORMEL-1-TEAM. DAS SPRINGENDE PFERD AUF GELBEM<br />

GRUND BEGEISTERT MILLIONEN VON MENSCHEN IN ALLER WELT. SEIT JAHREN HEISST ES BEI ERFOLGEN JEDOCH:<br />

FEHLANZEIGE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM BELEUCHTET DEN ROTEN UMBRUCH.<br />

22 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 23<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON


MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

rme, überall ausgestreckte<br />

A<br />

Arme. Mikrofone, Fotoapparate,<br />

TV-Kameras. Für solche<br />

Momente wurde der Begriff<br />

Wuselfaktor erschaffen. Von<br />

erhöhter Position gleicht das<br />

Fahrerlager von Monza einem Ameisenhaufen.<br />

Nur dass die Königin in diesem Fall ein König ist.<br />

Vielleicht sogar ein Kaiser. So oder so steht er kurz<br />

vor dem Sturz. Nur preisgeben möchte er es zu<br />

diesem Zeitpunkt noch nicht. Presserunden mit<br />

Luca di Montezemolo hatten stets etwas von einer<br />

Audienz. Es gab keine Fragen. Der <strong>Ferrari</strong>-Häuptling<br />

hielt eher eine Ansprache, und zwar wann<br />

immer er wollte. Wer lauschen wollte, musste warten.<br />

Manchmal sehr lange.<br />

Es sollte der letzte offizielle Auftritt des Patriarchen<br />

an einer Rennstrecke sein. Ausgerechnet in Monza.<br />

Dem High-Speed-Mekka der Tifosi. »Nichts hält<br />

für die Ewigkeit«, sagt Ex-GP-Pilot David<br />

Coulthard. <strong>Ferrari</strong> muss sich verändern. Da war<br />

selbst der Alleinherrscher von Maranello nicht<br />

mehr sicher. »<strong>Ferrari</strong> möchte immer gewinnen.<br />

Für sie zählen nur WM-Titel«, weiß Mika Salo aus<br />

eigener Erfahrung. »Sie sind nicht zufrieden, bis<br />

sie das erreicht haben.« Die Scuderia lebt für den<br />

<strong>Erfolg</strong>. Für den di Montezemolo in den vergangenen<br />

23 Jahren sportlich wie wirtschaftlich mitverantwortlich<br />

zeichnete. »Er hat das grundsätzliche<br />

Schicksal von <strong>Ferrari</strong> in die Hand genommen,<br />

geprägt und <strong>Ferrari</strong> seinen Stellenwert gegeben«,<br />

sagt Christian Danner. »Das ist sein<br />

Lebenswerk.«<br />

Die Zeit eines der drei M‘s ist damit abgelaufen.<br />

An der Stelle von di Montezemolo müssen nun<br />

Präsident Sergio Marchionne und Teamchef<br />

Marco Mattiacci beweisen, dass sie das lahmende<br />

Pferdchen wieder <strong>zum</strong> Springen bringen können.<br />

»Ich kenne Marchionne nicht persönlich. Aber er<br />

ist eindeutig ein großer Geschäftsmann«, verrät<br />

Coulthard gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

Die Aufgabe des neuen Big-Bosses ist für den<br />

Schotten klar umrissen: »Es geht darum, die besten<br />

Designer zu finden oder eine Generation neuer,<br />

junger Designer heranzuziehen. Es geht nicht ums<br />

Geld, es geht um die Menschen. Sie müssen das<br />

Geld für die richtigen Leute ausgeben, wenn sie<br />

große <strong>Erfolg</strong>e feiern wollen.« Hier kommt Fiat-<br />

Boss Marchionne ins Spiel. »Wenn man seine<br />

Arbeit ansieht, ist er sehr gut im Umgang mit<br />

Menschen«, sagt Johnny Herbert. »Hoffentlich<br />

kann er eine positive Struktur erschaffen, um wieder<br />

in die Situation zu gelangen, die Weltmeisterschaft<br />

zu gewinnen.«<br />

Marchionnes Fähigkeiten als Personal-Manager<br />

werden in Maranello definitiv gefragt sein. Schon<br />

in der Vergangenheit hieß es immer wieder, dass<br />

<strong>Ferrari</strong> »typisch italienisch« im Chaos versinke.<br />

Die großen <strong>Erfolg</strong>e zu Beginn dieses Jahrtausends<br />

verdankte die Scuderia dem Quartett Jean Todt,<br />

Ross Brawn, Rory Byrne und Michael Schumacher.<br />

Sie brachten das Team auf Vordermann, bildeten<br />

eine verschworene Gemeinschaft und etablierten<br />

eine professionelle Struktur. »Sie haben <strong>Ferrari</strong> für<br />

di Montezemolo <strong>zum</strong> <strong>Erfolg</strong> geführt«, bestätigt<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte Christian Danner.<br />

»Alles, was danach kam, war klassisches<br />

<strong>Ferrari</strong>-Management, wie wir es in der Ära vor<br />

Todt, Brawn und Schumacher gesehen haben.«<br />

Herbert verurteilt die italienische Mentalität dabei<br />

nicht per se <strong>zum</strong> Scheitern. »Ich sage nicht, dass<br />

die italienische Art nicht funktioniert«, betont der<br />

Brite. Aber es dauere eben lange, ein Topteam<br />

umzubauen. Selbst das Mercedes-Werksteam, das<br />

derzeit die Königsklasse scheinbar nach Belieben<br />

dominiert, benötigte vier Jahre Anlaufzeit. »Als<br />

BAR war das Team wirklich schlecht«, erinnert<br />

sich Herbert. »Es hat lange gedauert, bis alles<br />

zusammenkam. Jetzt sind sie auf dem Weg, die<br />

WM zu gewinnen. Sie haben die richtigen Zutaten,<br />

die richtigen Leute und den <strong>Erfolg</strong> auf der Strecke.«<br />

Mercedes ist im britischen Brackley beheimatet<br />

und erhält Unterstützung aus der Motorenschmiede<br />

in Brixworth und vom Mutterkonzern<br />

in Deutschland. »Ich sage nicht, dass man unbedingt<br />

eine britische Mentalität benötigt«, schwächt<br />

Herbert ab. Schließlich funktioniert diese auch<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


nicht immer. Williams ist gerade erst aus einer<br />

jahrelangen Flaute erwacht, McLaren steckt hingegen<br />

noch immer in einer Krise. Britischer als<br />

diese beiden Teams kann ein Formel-1-Rennstall<br />

nicht geführt werden. »Man muss die richtigen<br />

Leute haben, die zusammenarbeiten. Das braucht<br />

leider Zeit«, ermahnt Herbert Medien wie Tifosi<br />

zur Geduld.<br />

Mit der Geduld haperte es bei <strong>Ferrari</strong> in der Vergangenheit<br />

jedoch recht häufig. Läuft es nicht, wird<br />

schnell ein Sündenbock gesucht. Dieser wird dann<br />

rasch der italienischen Presse <strong>zum</strong> Fraß vorgeworfen.<br />

In den vergangenen, sieglosen Jahren waren<br />

dies Streckeningenieur Chris Dyer, Teamchef Stefano<br />

Domenicali, Motorenchef Luca Marmorini<br />

und der Technische Direktor Aldo Costa. Letzterer<br />

ist übrigens aktuell mit Mercedes auf dem Weg,<br />

beide WM-Titel abzuräumen. »Di Montezemolo<br />

ist hingegen ein ganz anderes Kaliber«, betont<br />

Danner. Der Ex-Präsident ist in seinen Augen kein<br />

weiterer Sündenbock, der der <strong>Erfolg</strong>losigkeit <strong>zum</strong><br />

Opfer gefallen ist. Vielmehr sieht Danner in ihm<br />

ein Überbleibsel der alten italienischen Herrschaft<br />

bei <strong>Ferrari</strong>. »Di Montezemolo hat Domenicali<br />

durch tägliche Anrufe und das Stiften von permanentem<br />

Chaos in den Wahnsinn getrieben«, verrät<br />

Danner. Di Montezemolo sei so über seine eigene<br />

Arbeitsweise gestolpert. Domenicali gab nach dem<br />

Bahrain GP freiwillig seinen Posten auf, um sich<br />

vor seine Mannschaft zu stellen und die Entlassung<br />

weiterer Sündenböcke zu verhindern. Für die neue<br />

Führung gilt es nun, sofort die Politik der Schuldzuweisungen<br />

aus dem Denken des Teams zu beseitigen.<br />

»Es gab viele Anschuldigungen, wessen<br />

Schuld es war«, bestätigt Herbert gegenüber<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. »Schuldzuweisungen<br />

hier, Schuldzuweisungen dort. Das ist ein Problem<br />

von <strong>Ferrari</strong>. Wenn man sich gegenseitig beschuldigt,<br />

ist das immer sehr destruktiv.« Das Team<br />

muss eine Einheit bilden, sich gegenseitig verstehen<br />

und unterstützen, wie in den besten Zeiten<br />

der Ära Todt. Nur dann kann <strong>Ferrari</strong> wieder zu<br />

Höchstleistungen auflaufen. »Jean Todt war ein<br />

sehr guter Chef«, erinnert sich Ex-<strong>Ferrari</strong>-Pilot<br />

Salo im Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

Noch heute sind einige Leute bei <strong>Ferrari</strong> tätig, die<br />

Salo aus seiner Zeit kennt. »Todt hat sehr gute<br />

Arbeit geleistet und alles unter Kontrolle gehabt.«<br />

Mattiacci muss nun eine ähnliche Rolle wie früher<br />

Todt einnehmen. Der Italiener hat keine Wurzeln<br />

in der Formel 1. Dadurch aber auch keine Feinde<br />

oder Altlasten. Er ist ein Manager vom Schlage des<br />

neuen Präsidenten Marchionne. Mit seinem ersten<br />

Auftritt in China rief Mattiacci viele Skeptiker<br />

hervor. Der neue <strong>Ferrari</strong>-Rennleiter setzte seine<br />

Sonnenbrille das gesamte Wochenende über nie<br />

ab. Selbst der schlimme Smog verleitete ihn nicht<br />

dazu, seine Augen dem spärlichen Sonnenlicht<br />

auszusetzen. In Medienrunden gibt sich der Neue<br />

aggressiv, streitet schon mal mit Journalisten, die<br />

ihm offensive Fragen stellen. Genau das könnte<br />

<strong>Ferrari</strong> auch intern gebrauchen. Jemanden, der<br />

seine Vorstellungen einer neuen Struktur →<br />

»MONTEZEMOLO HAT STEFANO<br />

DOMENICALI DURCH TÄGLICHE<br />

ANRUFE UND STIFTEN VON PERMA-<br />

NENTEM CHAOS IN DEN WAHNSINN<br />

GETRIEBEN. EINE UNGLAUBLICH<br />

CHARISMATISCHE GRAND-SEIG-<br />

NEUR-PERSÖNLICHKEIT IST<br />

LETZTENDLICH ÜBER IHRE EIGENE<br />

ARBEITSWEISE GESTOLPERT.«<br />

CHRISTIAN DANNER<br />

Die Fahrer<br />

Räikkönen &<br />

Alonso sind<br />

<strong>Ferrari</strong>s geringstes<br />

Problem<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 25


MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

durchsetzt, koste es was es wolle. Die fehlende<br />

Formel-1-Vergangenheit stört Coulthard dabei<br />

wenig. »Man muss den <strong>Motorsport</strong> verstehen,<br />

keine Frage«, verrät er <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

»Aber viel wichtiger ist es, die <strong>Motorsport</strong>-Leute<br />

zu verstehen. Die größte Aufgabe des Teamchefs<br />

ist es, die Egos aller Beteiligten im Griff zu haben.<br />

Sie werden alle gut bezahlt. Man muss das Beste<br />

aus diesen Leuten herausholen. Ihre Erwartungen<br />

und ihr Ego managen.«<br />

it Pat Fry und James Allison<br />

M<br />

hat Mattiacci zwei erfahrene<br />

Ingenieure an der Spitze der<br />

Pyramide stehen. Während<br />

Allison seit seinem Wechsel<br />

von Lotus noch nicht allzu<br />

viel Einfluss auf die Arbeitsweise hatte, steht Fry<br />

mittlerweile schon wieder in der Kritik. Jetzt<br />

kommt es darauf an, weitere Spitzenkräfte zu<br />

verpflichten. Mattiacci umreißt die Stärken der<br />

Scuderia so: »Die Fahrer, die Marke, die Kultur,<br />

die Tradition, die Leute, die von früh bis nachts<br />

arbeiten. Wir wissen, wie man gewinnt. Das<br />

gehört zu unserer DNS. Wir wollen unbedingt<br />

an die Spitze zurück, denn wir denken, dass wir<br />

dorthin gehören. Das treibt uns an. Das ist mein<br />

Audienz beim Big<br />

Boss: Irgendwo im<br />

Gewühl steckt<br />

unser armer<br />

MSM-Reporter<br />

Ziel! Ich möchte ein sehr starkes Team aufstellen.«<br />

Dafür muss Mattiacci die richtigen Ingenieure,<br />

Aerodynamiker, Elektroniker und viele<br />

andere von ihren aktuellen Teams loseisen und<br />

nach Maranello locken. Keine einfache Aufgabe<br />

im hart umkämpften Haifischbecken der Formel<br />

1. Herbert sieht dabei ein großes Problem auf<br />

die sich im Umbruch befindliche Scuderia<br />

zukommen: »Viele der anderen Teams wie<br />

Mercedes, Red Bull und McLaren suchen ebenfalls<br />

neue Leute. Du kämpfst gegen die anderen<br />

Teams. Wer zuerst die richtigen Leute bekommt,<br />

hat einen Vorteil.« Solche Prozesse sind nicht in<br />

ein oder zwei Jahren zu bewerkstelligen. Es dauert<br />

vielleicht drei oder vier Jahre, bis alle Neuzugänge<br />

tatsächlich eingetroffen sind und sich<br />

eingelebt haben. Auch mit Todt und Brawn<br />

benötigte <strong>Ferrari</strong> vier Jahre Anlaufzeit, bis Schumacher<br />

2000 den ersten Titel in Rot gewann. »Es<br />

gibt keine sofortige Lösung«, betont Herbert.<br />

Solche Veränderungen benötigen Zeit, um zu<br />

wachsen. Die große Frage lautet jedoch: »Hat<br />

man in der Formel 1 Zeit? Und: Hat <strong>Ferrari</strong> Zeit?<br />

Normalerweise würde ich sagen: Nein! Aber<br />

leider funktioniert es nur so. Mercedes ist nicht<br />

in die Formel 1 eingestiegen und hat zack alle<br />

geschlagen. Es hat auch vier Jahre gedauert.«<br />

Die Lösung für all die Probleme der Roten klingt<br />

recht einfach: »Sie brauchen ein besseres Auto«,<br />

sagt Salo. »Sie haben die besten Fahrer, aber das<br />

Auto ist seit einigen Jahren ihr Problem.« Eine der<br />

entscheidenden Baustellen ist im wahrsten Sinne<br />

des Wortes der Windkanal. Jahrelang haperte es<br />

bei der Umsetzung der Aerodynamik-Testergebnisse<br />

aus dem Windkanal auf die Rennstrecke.<br />

Felipe Massa schoss zuletzt sogar in Richtung seines<br />

Ex-Teams: »Bei Williams bauen wir neue Teile<br />

ans Auto und sie funktionieren auf Anhieb. Das<br />

war früher bei <strong>Ferrari</strong> nie der Fall.« Damit der in<br />

die Jahre gekommene Windkanal neu kalibriert<br />

werden konnte, mietete sich <strong>Ferrari</strong> lange im<br />

Toyota-Windkanal in Köln ein. »Es hat sehr lange<br />

gedauert, um den Windkanal in Schuss zu bringen«,<br />

sagt Herbert. Seit Oktober letzten Jahres ist<br />

der generalüberholte eigene Windkanal wieder in<br />

Betrieb. Der 2015er Bolide wird der erste <strong>Ferrari</strong><br />

sein, der komplett im erneuerten Windtunnel entwickelt<br />

wurde. Die beiden Zwillings-Windkanäle<br />

von Toyota in Köln-Marsdorf sind State-of-the-<br />

Art. Dennoch ist es für ein F1-Team natürlich von<br />

Vorteil, alles unter einem Dach zu haben. Gerade<br />

<strong>Ferrari</strong> ist mit dem gescheiterten Experiment einer<br />

Designabteilung unter John Barnard in England<br />

ein gebranntes Kind. »Die Infrastruktur ist nicht<br />

da«, kritisiert Danner. <strong>Ferrari</strong> setzt dem ein komplett<br />

neues, dreistöckiges Fabrikgebäude entgegen,<br />

das Ende dieses Jahres bezugsfertig ist. Darin sind<br />

auf 25.000 Quadratmetern unter anderem Büros<br />

für 700 Mitarbeiter untergebracht. Die Motoren-<br />

FAKTEN: DIE ÄRA DI MONTEZEMOLO<br />

Jahre lang stand Luca di Montezemolo<br />

23<br />

an der Spitze von <strong>Ferrari</strong><br />

118<br />

97<br />

8<br />

6<br />

5<br />

Siege feierte <strong>Ferrari</strong> mit<br />

di Montezemolo<br />

Mal startete ein <strong>Ferrari</strong> unter seiner<br />

Führung von der Pole<br />

Mal gewann er die Konstrukteurs-WM<br />

Mal holte er den Fahrer-Titel<br />

Mal gewann er mit<br />

Michael Schumacher die WM<br />

26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


»ES GIBT KEINE SOFORTIGE<br />

LÖSUNG. HAT MAN IN DER F1 ZEIT?<br />

UND: HAT FERRARI ZEIT? NOR-<br />

MALERWEISE WÜRDE ICH SAGEN:<br />

NEIN! ABER LEIDER FUNKTIONIERT<br />

ES NUR SO. MERCEDES IST NICHT<br />

IN DIE FORMEL 1 EINGESTIEGEN<br />

UND HAT ZACK ALLE GESCHLAGEN.<br />

ES HAT AUCH VIER JAHRE GEDAU-<br />

ERT.« JOHNNY HERBERT<br />

Sinnbild für die<br />

Lage bei <strong>Ferrari</strong>:<br />

Alonso rollt beim<br />

Heimrennen in<br />

Monza aus<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

abteilung erhält neue Prüfstände und die Fahrer<br />

einen neuen Simulator. »James Allison hat einen<br />

super Lotus konstruiert. Warum soll er nicht auch<br />

einen super <strong>Ferrari</strong> konstruieren?«, fragt Danner.<br />

»Die Teile, die in Maranello entworfen und an das<br />

Auto gebaut werden, funktionieren auch, das<br />

Chassis ist ja nicht hoffnungslos. Aber die Power<br />

Unit ist eine Baustelle, die man nicht von heute<br />

auf morgen beheben kann.«<br />

ie beim großen Gesamtpuzzle<br />

W<br />

benötigt das Team auch für<br />

den Antriebsstrang die richtigen<br />

Zutaten. Für Danner ist<br />

das Hauptproblem deshalb<br />

ganz offensichtlich: »Sie sind<br />

nicht in der Lage, einen Hi-Tech-Hybrid-Motor<br />

zu bauen.« Dafür fehle es bei <strong>Ferrari</strong> und im Fiat-<br />

Chrysler-Konzern am nötigen technischen Knowhow<br />

im Hybrid-, Elektromotoren- und Software-<br />

Bereich. Dieses Wissen muss <strong>Ferrari</strong> erst selbst<br />

langwierig aufbauen. An dieser Stelle würde es<br />

helfen, wenn sie auf Erfahrungen aus dem Konzern<br />

aufbauen könnten. »Aber woher sollen die kommen?«,<br />

stellt Danner die entscheidende Frage.<br />

»Von Chrysler? Eher nicht. Von Fiat? Eher nicht.<br />

Von Maserati? Nein. Fiat Traktoren, Fiat Vans, Fiat<br />

Transporter? Schwierig.« Der einzige Technologieträger<br />

ist das Rennteam selbst. Sie sind auf sich<br />

allein gestellt. »Wenn man Maranello mit Brixworth<br />

vergleicht, ist es wie ein Vergleich zwischen<br />

einem Propellerflugzeug und einem Spaceshuttle«,<br />

sagt Danner wenig schmeichelhaft für den Stolz<br />

der Tifosi. »<strong>Ferrari</strong> ist meilenweit davon entfernt,<br />

ein vernetztes Technologiezentrum für die Power<br />

Units hinzubekommen. Mercedes ist in diesem<br />

Bereich Zweidreiviertel-Lichtjahre voraus.« Neben<br />

der hochmodernen Motorenfabrik in Brixworth<br />

kann Mercedes konzernintern auf Entwick- →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27


MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

Keine kurzfristige<br />

Lösung: <strong>Ferrari</strong><br />

muss den<br />

Team-Umbau<br />

langfristig anlegen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI<br />

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TEST-PREDIGTEN<br />

Testfahrten! Fiorano. Mugello. Das waren Luca di Montezemolos große Lieben als <strong>Ferrari</strong>-Boss. Das<br />

Testverbot? Pfui Teufel...<br />

»Die Formel 1 ist der einzige Sport, wo es keine Chance <strong>zum</strong> Trainieren gibt. Es ist so, als ob man<br />

Real Madrid oder Milan oder Inter darum bittet, mit Schuhen im Regen zu spielen, die eine glatte<br />

Sohle haben - oder dass sie sich vor einem Champions League Spiel nicht aufwärmen sollen.«<br />

(Weihnachten 2010)<br />

»Es ist seltsam, dass eine der professionellsten Sportarten der Welt ihren Sportlern nicht erlaubt, zu<br />

trainieren. Das ist so, als ob man Real Madrid und Barcelona verbietet, jeden Tag zu trainieren. Warum<br />

also sollte <strong>Ferrari</strong> Fiorano und Mugello aufgeben?« (Weihnachten 2011)<br />

Luca di<br />

Montezemolo war<br />

ein großer<br />

Verfechter von<br />

mehr Testfahrten<br />

»Wir müssten zu einer weniger hochentwickelten Formel 1 wie in den 90er-Jahren zurückkehren<br />

und den jungen Piloten wieder das Testen erlauben, denn die GP2 ist eine Lachnummer ohne Wert.<br />

Bei den wenigen verbliebenen Testfahrten müssen jetzt natürlich die Rennfahrer <strong>zum</strong> Einsatz kommen.«<br />

(September 2013)<br />

»Wir müssen Tests wieder einführen, weil sie für junge Fahrer, für junge Ingenieure und für das Marketing<br />

wichtig sind. Ich habe noch nie eine Sportart gesehen, bei dem zwischen den Events nichts ist. Ruhe.<br />

Schwarz. Vom einen Rennwochenende bis <strong>zum</strong> nächsten.« (September 2014)<br />

lungen für zukünftige Hybrid-Fahrzeuge zurückgreifen<br />

und Ressourcen zur Problemlösung anzapfen,<br />

von denen die Italiener wahrscheinlich noch<br />

nicht einmal zu träumen wagen.<br />

en enormen Entwicklungsrückstand<br />

hält Danner in<br />

D<br />

absehbarer Zeit nicht für aufholbar.<br />

»Du musst ja erst einmal<br />

Leute bekommen, die<br />

wissen, wie man mit diesem<br />

Thema umgeht«, sagt er. »Diese Power Units sind<br />

eine Technologie, die man nicht aus dem Stand<br />

entwickeln kann. Man muss Forschung betreiben.«<br />

Dieses Know-how fehlt einem reinen Rennteam<br />

wie <strong>Ferrari</strong>. Sie sind es gewohnt, die Aerodynamik<br />

und die Mechanik ihrer Autos zu verfeinern und<br />

reine Motoren zu bauen. Die vielen Zusatzsysteme<br />

für die Hybrid-Power spielen jedoch in einer ganz<br />

anderen Liga. »<strong>Ferrari</strong> hat eine gute Motorenabteilung,<br />

aber das heißt noch lange nicht, dass die<br />

Komplexität der neuen Power Units sie nicht aus<br />

allen Angeln hebt«, meint Danner. Mit Blick auf<br />

die problematische Power Unit befindet sich <strong>Ferrari</strong><br />

im gleichen Boot wie Renault. Allerdings mit<br />

dem entscheidenden Unterschied, dass die Scuderia<br />

finanziell aus den Vollen schöpfen kann.<br />

»Aber auch wenn du ein großes Budget hast,<br />

kannst du die ganzen Entwicklungsbereiche nicht<br />

hintereinander abarbeiten«, betont Danner. So<br />

dürfen die Motorenhersteller zwar gemäß eines<br />

ausgeklügelten Plans verschiedene Bereiche ihrer<br />

Power Units für jede Saison überarbeiten, aber um<br />

alles zu verbessern, reicht die Zeit über den Winter<br />

Wann gehen für<br />

<strong>Ferrari</strong> wieder die<br />

Lichter an?<br />

»SCHWIERIG IST ES, DASS SIE<br />

KEINE CHANCE HABEN, DARAUF ZU<br />

REAGIEREN. ICH DENKE, IM ERSTEN<br />

JAHR HÄTTE ES IHNEN ERLAUBT<br />

SEIN SOLLEN, IHRE PRODUKTE<br />

WEITERZUENTWICKELN.«<br />

DAVID COULTHARD<br />

nicht aus. »Selbst wenn du alle Bereiche parallel<br />

fährst, ist das zu viel, zu schwierig«, sagt Danner.<br />

David Coulthard hätte den Herstellern deshalb<br />

<strong>zum</strong>indest im ersten Jahr der neuen Hybrid-Ära<br />

das Nachbessern erlaubt. »All diese Unternehmen<br />

wie <strong>Ferrari</strong> oder Renault können Weltklasseprodukte<br />

erschaffen«, sagt der Schotte. »Schwierig ist<br />

es, dass sie in dieser Saison keine Chance haben,<br />

darauf zu reagieren. Ich denke, im ersten Jahr hätte<br />

es ihnen erlaubt sein sollen, ihre Produkte weiterzuentwickeln.<br />

Nur so können jene, die weiter hinten<br />

im Feld liegen, aufholen. Ansonsten wird es<br />

sehr schwierig.«<br />

Ein Blick auf die To-Do-Liste der neuen Chefs in<br />

Maranello zeigt: böse formuliert braucht <strong>Ferrari</strong><br />

so gut wie alles, außer anderen Fahrern. »Es war<br />

eine schwierige Saison für sie«, fasst Mika Salo<br />

zusammen. »Aber Fernando Alonso leistet auch<br />

in diesem Jahr wieder fantastische Arbeit. Er holt<br />

einfach alles aus dem Auto heraus.« Sein Teamkollege<br />

Kimi Räikkönen hatte hingegen Schwierigkeiten,<br />

sich mit der störrischen roten Diva<br />

anzufreunden. Dennoch muss die Scuderia ihren<br />

Blick in die Zukunft richten. »Die Veränderungen<br />

wirken sich ja nicht sofort aus«, erinnert Herbert.<br />

<strong>Ferrari</strong> muss auch mit einem Auge in die Zukunft<br />

schielen und die nächste Fahrergeneration heranzüchten.<br />

Heutzutage setzen die Teams vermehrt<br />

auf Fahrer im Teenager-Alter. Ein Team darf sich<br />

nie zurücklehnen und sagen: »Wir haben das, wir<br />

haben das, jetzt sind wir perfekt. So funktioniert<br />

es nicht«, betont Herbert. <strong>Ferrari</strong> ist an allen<br />

Fronten gefordert. Zum <strong>Erfolg</strong> <strong>verdammt</strong>.<br />

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MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

ROTE<br />

FERRARI IST WIE EINE RELIGION. DIE BOLIDEN AUS MARANELLO WERDEN VEREHRT - WENN SIE<br />

MIT DEM SPRINGENDEN PFERD AUF DER MOTORHAUBE ZU RUHM UND EHRE FAHREN.<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM STELLT VIER BESONDERE AUTOS IM ZEICHEN DER SCUDERIA VOR.<br />

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GÖTTINNEN<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

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F1-2000<br />

D<br />

er F399 sicherte <strong>Ferrari</strong> in der Saison 1999 die Konstrukteurs-WM. Den Fahrertitel<br />

verpasste Eddie Irvine in Abwesenheit des verletzten Michael Schumacher<br />

jedoch knapp. Im Jahr 2000 startete die Scuderia deshalb abermals einen<br />

neuen Versuch, den ersten Fahrertitel seit Jody Scheckter 1979 nach Maranello zu<br />

holen. Dafür steckte das Team trotz relativ stabilen Reglements viel Aufwand in die<br />

Weiterentwicklung des Autos. Von außen waren die meisten Änderungen nicht zu<br />

erkennen, doch unter dem Karbonkleid änderten die Ingenieure einiges.<br />

Die größte Neuerung war das V10-Aggregat. Während die Konkurrenten von<br />

Mercedes und BMW auf einen Zylinderwinkel von 72 Grad setzten, schlug die<br />

Scuderia den gegenteiligen Weg ein: der Winkel zwischen den 10 Zylindern betrug<br />

90 Grad. Dadurch konnte der Schwerpunkt weiter herabgesetzt werden. BMW zog<br />

zwei Jahre später ebenfalls mit einem 90-Grad-Motor nach. Auch am Fahrwerk<br />

wurde Hand angelegt: Die Bremssättel wanderten am Radträger nach unten. Eine<br />

weitere Maßnahme, um den Schwerpunkt abzusenken.<br />

MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

Chefdesiger Rory Byrne setzte - im Gegensatz zu Adrian Newey bei McLaren - wieder<br />

auf eine hohe Fahrzeugfront. Die Funktionsweise des Frontflügels sollte damit besser<br />

sein. Wegen des breiteren Motors mussten die Seitenkästen kompakter gestaltet<br />

werden. Dazu wurden die Kühler auf beiden Seiten zweigeteilt. Ein Kühler befand<br />

sich direkt am Ende des Kanals, der zweite, etwas kleinere Kühler, war im 45-Grad-<br />

Winkel dazu angebracht.<br />

Der F1-2000 war dem McLaren MP4/15 zu Saisonbeginn performancetechnisch unterlegen,<br />

erwies sich aber von Anfang an als zuverlässig. So holte Mika Häkkinen die ersten<br />

drei Pole Positions des Jahres, schied aber bei den ersten beiden Rennen mit technischen<br />

Defekten aus. Schumacher hatte hingegen im Qualifying keine Chance, gewann aber<br />

die ersten drei Rennen. Gegen Ende des Jahres holte <strong>Ferrari</strong> auf: Schumacher stand<br />

bei den letzten vier Grands Prix auf Startplatz eins und gewann alle Rennen. Schon<br />

beim vorletzten Rennen des Jahres sicherte er sich den WM-Titel. Beim Finale in Japan<br />

gewann <strong>Ferrari</strong> auch noch den zweiten Konstrukteurstitel in Folge.<br />

→<br />

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TECHNIK<br />

Motor: <strong>Ferrari</strong> 3,0-Liter V10 mit 805 PS bei 17.300 U/min<br />

Gewicht: Mindestgewicht 600 Kilogramm (mit Fahrer)<br />

Chassis: Karbon-Monocoque mit Aluminium Honigwabenstruktur<br />

Getriebe: Eigenes sequentielles 7-Gang-Getriebe<br />

Reifen: Bridgestone<br />

Benzin: Shell<br />

ERFOLGE<br />

10 Siege<br />

10 Pole Position<br />

5 Schnellste Runden<br />

21 Podiumsplatzierungen<br />

Fahrerweltmeister 2000<br />

Konstrukteursweltmeister 2000<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

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F1/87/88C<br />

MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

D<br />

ie Erwartungen, mit denen <strong>Ferrari</strong> in die Saison 1988 gegangen war, waren<br />

groß. In der Vorsaison waren die Ingenieure damit beschäftigt, ein schnelles<br />

Auto auch zuverlässig zu machen. Das war am Ende auch gelungen, Gerhard Berger<br />

gewann die letzten beiden Saisonrennen. 1988 stand dann eine Übergangssaison<br />

an: das letzte Jahr mit Turbomotoren. Der Ladedruck wurde noch einmal nach unten<br />

korrigiert, die maximale Benzinmenge auf 150 Liter herabgesetzt. <strong>Ferrari</strong> baute kein<br />

neues Auto, sondern entwickelte die gute Basis des Vorjahresboliden weiter. Chefdesigner<br />

Gustav Brunner nahm unter Mithilfe von Design-Legende John Barnard<br />

nur kleinere Veränderungen an der Aerodynamik vor.<br />

Der F1/87/88C war kein schlechtes Auto, doch <strong>Ferrari</strong> hatte die Rechnung ohne<br />

McLaren gemacht. Im Gegensatz zu <strong>Ferrari</strong> hatte deren Motorenpartner Honda für<br />

das neue Reglement einen komplett neuen Motor entwickelt. Der <strong>Ferrari</strong>-Turbo<br />

war zwar leistungsstärker, bei der Fahrbarkeit und vor allem beim Benzinverbrauch<br />

war er dem japanischen Konkurrenzprodukt jedoch unterlegen. <strong>Ferrari</strong> hatte versäumt,<br />

den Turbomotor auf die neuen Begebenheiten anzupassen. Barnard wollte,<br />

um das Leistungsdefizit durch 45 Liter weniger Benzin zu kompensieren, niedrigere<br />

Drehzahlen. Mit neuer Applikation hätte der Leistungsverlust aufgefangen werden<br />

können, doch die italienischen Ingenieure sollen Bernards Anweisung nicht befolgt<br />

haben - der Brite fiel bei den <strong>Ferrari</strong>-Leuten wegen seiner Abneigung gegenüber<br />

Italien in Ungnade.<br />

TECHNIK<br />

Motor: <strong>Ferrari</strong> 1,5-Liter V6-Turbomotor mit 620 PS bei 12.000 U/min<br />

Gewicht: Mindestgewicht 542 Kilogramm (ohne Fahrer)<br />

Chassis: Monocoque aus Kevlar- und Karbonfaser<br />

Getriebe: Eigenes manuelles 6-Gang-Getriebe<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Agip<br />

ERFOLGE<br />

1 Sieg<br />

1 Pole Position<br />

4 Schnellste Runden<br />

8 Podiumsplatzierungen<br />

In der von McLaren dominierten Saison ging nur eine Pole auf das <strong>Ferrari</strong>-Konto.<br />

Im Rennen war unter normalen Umständen nicht daran zu denken, Alain Prost<br />

oder Ayrton Senna unter Druck zu setzen. Zu groß war der Verbrauchsnachteil<br />

gegenüber dem überlegenen McLaren MP4/4. Beim einzigen Rennen der Saison,<br />

das McLaren wegen eines Doppelausfalls nicht gewann, holte ausgerechnet <strong>Ferrari</strong><br />

einen Doppelsieg im königlichen Park von Monza - einen Monat nach dem Tod<br />

von Firmengründer Enzo <strong>Ferrari</strong>.<br />

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FERRARI F312T<br />

MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

O<br />

bwohl der erste F312T bereits im Herbst 1974 fertiggestellt und am Saisonende<br />

der Presse vorgestellt wurde, verspätete sich das Renndebüt des<br />

Boliden. Bei den ersten beiden Rennen der Saison 1975 setzte <strong>Ferrari</strong> noch auf das<br />

Vorgängermodell, den 312B3. Wie sich beim ersten Einsatz in Kyalami zeigte, war<br />

die Entscheidung, das neue Modell nicht von Beginn an zu bringen, richtig. Denn<br />

der F312T hatte noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen: Clay Regazzonis Auto<br />

wurde komplett falsch eingestellt, Niki Lauda fehlte Motorleistung. Doch schnell<br />

zeigte sich das wahre Potential des neuen Fahrzeugs. Beim nächsten GP-Einsatz in<br />

Spanien stellte Lauda den <strong>Ferrari</strong> auf die Pole Position, von den nachfolgenden fünf<br />

Rennen konnte der Österreicher vier gewinnen und setzte somit den Grundstein für<br />

seine erste Weltmeisterschaft.<br />

Der besondere Clou des F312T befand sich im Heck. <strong>Ferrari</strong> Design-Legende Mauro<br />

Forghieri flanschte das Getriebe im Winkel von 90 Grad an den Motor an, weshalb<br />

sich auch das ‚T‘ für ‚transversale‘ im Namen wiederfindet. Das machte das gesamte<br />

Heck des Fahrzeugs kompakter und verringerte die Massenträgheit um die Hinterachse<br />

- fast das gesamte Gewicht des Getriebes befand sich vor der Hinterachse.<br />

Um dem Fahrer dennoch ein stabiles Heck zu geben, vergrößerte Forghieri den<br />

Heckflügel und balancierte das Auto somit aerodynamisch aus.<br />

Im Gegensatz zur Konkurrenz, die fast geschlossen mit Ford Cosworth Motoren an<br />

den Start ging, baute <strong>Ferrari</strong> natürlich seinen eigenen Motor. Während die britische<br />

Motorenschmiede auf das bewährte V8-Konzept setzte, wurde in Maranello weiterhin<br />

am F12-Motor, also einem V12-Motor mit 180 Grad Zylinderwinkel, festgehalten.<br />

Nach anfänglichen Schwierigkeiten holte Niki Lauda den WM-Titel letztendlich deutlich.<br />

Bei den Konstrukteuren setzte sich <strong>Ferrari</strong> ebenfalls durch. Für die Mythosmarke<br />

endete eine elfjährige Durststrecke ohne Titel. Der F312T gilt als Forghieris Meisterwerk<br />

und wurde in weiterentwickelten Varianten noch bis 1980 eingesetzt. →<br />

TECHNIK<br />

Motor: <strong>Ferrari</strong> 3,0-Liter F12 mit 495 PS bei 12.200 U/min<br />

Gewicht: Mindestgewicht 575 Kilogramm (ohne Fahrer)<br />

Chassis: Aluminium Monocoque<br />

Getriebe: Eigenes manuelles 5-Gang-Getriebe<br />

Reifen: Goodyear<br />

Benzin: Agip<br />

ERFOLGE<br />

6 Siege<br />

9 Pole Position<br />

6 Schnellste Runden<br />

Fahrerweltmeisterschaft 1975<br />

Konstrukteursweltmeisterschaft 1975<br />

27 Siege mit allen Entwicklungsstufen bis 1980 (312 T5)<br />

3 Fahrertitel mit allen Entwicklungsstufen (1975, 1977, 1979)<br />

4 Konstrukteurstitel mit allen Entwicklungsstufen (1975, 1976, 1977, 1979)<br />

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FOTOS: ADRIVO/SUTTON


F156 F1<br />

19<br />

61 fand in der Formel 1 wieder einmal ein technischer Umbruch statt: Die<br />

Konstrukteure mussten sich mit Formel-2-Boliden mit kleinvolumigen<br />

Motoren begnügen. Während 1960 noch mit 2,5-Liter-Saugmotoren gefahren wurde,<br />

holten die Aggregate in dieser Saison ihre Leistung aus lediglich 1,3 bis 1,5 Liter<br />

Hubraum - ohne Aufladung. <strong>Ferrari</strong> setzte zunächst auf das bereits erprobte 1,5-Liter<br />

V6 Dino-Aggregat. Mit diesem Motor wurde allerdings nur der erste Grand Prix in<br />

Monaco bestritten, schon beim zweiten WM-Lauf waren neue Motoren im Heck.<br />

Chefkonstrukteur Carlo Chiti hatte den Zylinderwinkel von 65 auf 120 Grad vergrößert.<br />

Dadurch konnte nicht nur die Leistung auf rund 190 PS bei 9500 Umdrehungen<br />

erhöht, sondern auch der Schwerpunkt abgesenkt werden. Die Motordaten waren<br />

zugleich Namensgeber: 1,5 Liter Hubraum, 6 Zylinder - <strong>Ferrari</strong> F156.<br />

MYTHOS<br />

SCUDERIA<br />

FERRARI<br />

tödlich und riss 15 Zuschauer mit in den Tod. Sein Teamkollege Phil Hill gewann das<br />

Rennen und zugleich auch die Weltmeisterschaft.<br />

Bis 1964 wurde der F156 immer wieder sporadisch eingesetzt, konnte aber später<br />

nicht mehr an die <strong>Erfolg</strong>e seiner Debütsaison anknüpfen. Heute existiert kein einziges<br />

Originalexemplar der Hai-Nase mehr, weil Enzo <strong>Ferrari</strong> persönlich alle Fahrzeuge<br />

zerstören ließ. Über die Gründe wird noch heute spekuliert: angeblich sei Enzo sauer<br />

gewesen, weil die Väter des Fahrzeugs <strong>Ferrari</strong> verlassen hatten. Einer Legende<br />

zufolge sollen sich verschrottete F156 im Fundament des <strong>Ferrari</strong>-Werks in Maranello<br />

befinden.<br />

Der F156 war <strong>Ferrari</strong>s erstes Auto überhaupt, das von Anfang an als Mittelmotorsportwagen<br />

ausgelegt war, weshalb er eine besondere Stellung in der Fahrzeughistorie<br />

der Italiener einnimmt. Das Auto, das von Legenden wie Phil Hill, Wolfgang<br />

Graf Berghe von Trips und Lorenzo Bandini pilotiert wurde, wird nicht selten als das<br />

schönste Formel-1-Auto der Geschichte bezeichnet. Charakteristisch für die Form<br />

sind zwei schräge Lufteinlässe an der Front, die ihm den Spitznamen Hai-Nase<br />

einbrachten. <strong>Ferrari</strong> orientierte sich 2004 beim Design des Straßensportlers F430<br />

an den Kühleinlässen.<br />

In seiner Premierensaison 1961 war der F156 das überlegene Auto. Beim vorletzten<br />

Grand Prix in Monza verunglückte der WM-Führende Wolfgang Graf Berghe von Trips<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TECHNIK<br />

Motor: <strong>Ferrari</strong> 1,5-Liter V6 mit 190 PS bei 9500 U/min<br />

Gewicht: Mindestgewicht 450 Kilogramm (ohne Fahrer)<br />

Chassis: Stahl Gitterrohrrahmen<br />

Getriebe: Eigenes manuelles 5-Gang-Getriebe<br />

Reifen: Dunlop<br />

Benzin: Shell<br />

ERFOLGE<br />

7 Siege<br />

7 Pole Position<br />

6 Schnellste Runden<br />

1 Fahrerweltmeister 1961<br />

1 Konstrukteursweltmeister 1961<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37


LEWIS HAMILTON<br />

SO<br />

TICKE<br />

ICH<br />

TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

GENIALES VOLLGASTIER ODER MISSVERSTANDENES GENIE? LEWIS HAMILTON<br />

SPALTET DIE FORMEL-1-GEMEINDE. FÜR DIE EINEN IST ER EINFACH NUR SAUSCHNELL,<br />

FÜR DIE ANDEREN IN JEDER HINSICHT UNBERECHENBAR. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM<br />

VERRÄT DER MERCEDES-FAHRER, WIE ER WIRKLICH TICKT.


FOTOS: MERCEDES AMG<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


Meinungen anderer? Lewis Hamilton<br />

lässt lieber Taten für sich sprechen<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES AMG<br />

MSM: Lewis, sportlich stimmen Fans, Experten<br />

und Gegner in ihrer Meinung alle überein, dass<br />

Du ein großartiger Rennfahrer bist. Als Person<br />

polarisierst du hingegen die Massen. Einige mögen<br />

dich, andere nicht. Was glaubst du, ist der Grund<br />

dafür?<br />

LEWIS HAMILTON: Ich kann natürlich nicht<br />

sagen, warum manche Menschen jemanden<br />

mögen und andere nicht. Oft rührt es wahrscheinlich<br />

von Dingen her, die man gesagt hat. Vielleicht<br />

auch Aussagen, die aus dem Zusammenhang gerissen<br />

wurden. Ich bin sicher, dass viele Dinge aus<br />

manchen Interviews falsch interpretiert oder missverstanden<br />

wurden. Möglicherweise hat es den<br />

Leuten nicht gefallen, wie es sich anhörte. Aber<br />

ich bin ziemlich sicher, dass ein Großteil der Menschen,<br />

die ich in meinem Leben getroffen habe<br />

und die mit mir mehr als 20 Sekunden verbracht<br />

haben, erkennen, dass ich ein ganz normaler Kerl<br />

bin. Ich denke, die Wahrnehmung verändert sich<br />

mit der Zeit.<br />

Steht es der Öffentlichkeit überhaupt zu, dich zu<br />

beurteilen? Schließlich kennen sie dich ja nicht<br />

wirklich...<br />

Ich glaube nicht, dass überhaupt irgendjemand<br />

einen anderen beurteilen sollte. Ich beurteile keine<br />

anderen Menschen. Ich sehe mir nichts im Fernsehen<br />

an und sage dann: Hey, der hat das gemacht!<br />

Es liegt an jedem selbst, was er tut. Das betrifft<br />

mich nicht. Ich kümmere mich um meine Familie<br />

und mich. Es stört mich nicht, wenn mich jemand<br />

nicht mag. Das ist seine Meinung. Es gibt immer<br />

Dinge, die man im Nachhinein gerne auf eine<br />

andere Weise gesagt hätte. Manchmal wünscht<br />

man sich, dass man in einer gewissen Situation<br />

anders reagiert hätte. Ich glaube, manche Leute<br />

vergessen leicht, dass wir permanent vor den<br />

Kameras stehen. Ich habe ständig eine Kamera<br />

direkt in meinem Gesicht. Dann wird über jedes<br />

Stirnrunzeln und jeden Satz, den ich sage, eine<br />

Geschichte geschrieben. Ich muss also immer konzentriert<br />

und ernst bleiben. Das ist nicht einfach.<br />

Damit bin ich nicht immer richtig umgegangen.<br />

Aber eins ist sicher: man muss versuchen, die<br />

Dinge im Leben richtig zu machen, nach vorne zu<br />

blicken und sich als Person zu verbessern. Man<br />

muss das Leben genießen.<br />

Wie beschreibst du deine persönliche Wandlung<br />

von dem Jungen, der zu Ron Dennis hin ging, über<br />

den F1-Weltmeister bei McLaren bis <strong>zum</strong><br />

Mercedes-Titelkandidaten?<br />

Puh, das ist eine lange Geschichte. Ich bin in jedem<br />

Jahr in mich gegangen, habe sehr viel über mich<br />

nachgedacht. Ich musste aus meinen Fehlern lernen.<br />

Gerade jenen, die ich einige Male wiederholt<br />

habe. Ich habe versucht, eine gute Balance in<br />

meinem Leben zu finden. Damit ich mit einer<br />

positiven Stimmung und Einstellung zu den Rennwochenenden<br />

reisen kann. Das ist mein Ziel. Aber<br />

es lässt sich nicht erzwingen. Wenn man noch<br />

etwas Grün hinter den Ohren ist, ist das eben so.<br />

Mit der Zeit wächst man da heraus. Ich bin jetzt<br />

fast 30, aber es gibt für mich noch viel zu lernen.<br />

Dennoch bin ich heute hoffentlich viel klüger,<br />

treffe bessere Entscheidungen, reagiere anders und<br />

gebe bessere Antworten. Ich stelle das mittlerweile<br />

oft fest. Zum Beispiel wurde ich viel über Max<br />

Verstappen befragt, der nächstes Jahr für Toro<br />

Rosso startet. Ich erinnere mich noch daran, wie<br />

es war, als ich jünger war. Damals wollte ich der<br />

jüngste Fahrer sein. Habe permanent gepusht.<br />

Wenn ich nun zurückblicke, bin ich sehr dankbar<br />

dafür, dass ich zurückgehalten wurde und noch<br />

gewartet habe. Als ich in die Formel 1 eingestiegen<br />

bin, war ich bereit dafür. Wenn ich früher debütiert<br />

hätte, würden wir heute wahrscheinlich nicht<br />

zusammen hier sitzen. Diese Wahrnehmung habe<br />

ich erst im Laufe der Zeit erlernt. Vor einigen Jahren<br />

hätte ich wahrscheinlich noch geantwortet: Ich<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


hätte schon viel früher einsteigen können! [lacht]<br />

Das bedeutet, du bist sehr gereift, aber in deinem<br />

Innersten bist du immer noch der gleiche?<br />

Absolut. Ich habe ein großes Herz. Das bringt mich<br />

ja auch immer mal in Schwierigkeiten...<br />

Du hast 2008 den WM-Titel gewonnen. Seitdem<br />

ist Sebastian Vettel vier Mal Weltmeister geworden.<br />

Ist es nicht frustrierend, zu wissen, dass du<br />

vom Talent her ebenfalls mehr Titel verdient<br />

gehabt hättest?<br />

Die Formel 1 ist ein interessanter Sport. Sie macht<br />

sehr viel Spaß und ist einfach großartig. Aber<br />

anders als im Golf oder Tennis, bist du hier nicht<br />

allein mit dir und deinem Schläger. Du kannst<br />

physisch und psychisch besser vorbereitet sein als<br />

jemals zuvor in deiner Karriere - und dann hast<br />

du ein schlechtes Auto. Ich bin überzeugt, dass es<br />

auch in dieser Saison viele Fahrer gibt, die so fit<br />

wie noch nie sind. Aber ihre Autos sind ein oder<br />

zwei Sekunden zu langsam. Dagegen kannst du<br />

als Rennfahrer nichts machen. Du kannst nur dein<br />

Bestes geben und versuchen, alles aus dem<br />

Moment herauszuholen. Umso schöner ist das<br />

Gefühl, dass wir in diesem Jahr ein Auto haben,<br />

mit dem wir um den Sieg kämpfen können. Davon<br />

habe ich seit meinem Titelgewinn geträumt. 2009<br />

hatte ich dann ein schreckliches Auto. Wenn ich<br />

damals so gut gewesen wäre wie heute, hätte ich<br />

2011 vielleicht nah an Sebastian dran sein können.<br />

2012 war ein sehr gutes Jahr und ehrlich gesagt<br />

hätten wir damals den Titel gewinnen müssen.<br />

Aus diesem Grund möchte ich sicherstellen, dass<br />

ich in diesem Jahr jedes kleine Bisschen richtig<br />

mache. Am Ende der Saison möchte ich sagen<br />

können, dass ich alles in meiner Macht Stehende<br />

getan habe, dass ich bei jedem Rennen alles aus<br />

mir herausgeholt habe.<br />

Setzt dich diese Einstellung nicht zusätzlich unter<br />

Druck?<br />

Vielleicht, aber so bin ich eben. Ich war schon<br />

immer sehr hart zu mir selbst. Ich brauche niemanden,<br />

der mir sagt, dass ich etwas vermasselt<br />

habe. Für andere mag es einfacher sein, wenn sie<br />

nicht so hart mit sich ins Gericht gehen. Aber so<br />

ticke ich nun mal nicht. Das kann niemand<br />

ändern. Ich bin wie ich bin, und zwar sehr selbstkritisch.<br />

Ich komme jetzt jedoch viel schneller über<br />

Dinge hinweg. Nach dem Qualifying in Silverstone<br />

war ich wirklich niedergeschlagen. Aber schon am<br />

nächsten Tag habe ich mich zurückgemeldet. Es<br />

hat lange gedauert, um das zu erlernen.<br />

Du hast einmal gesagt, dass der Titelkampf die<br />

Beziehung zwischen zwei Teamkollegen richtig<br />

auf die Probe stellen kann. Aber so lange der<br />

gegenseitige Respekt vorhanden sei, gebe es keine<br />

Probleme. Hat sich daran etwas verändert?<br />

Vertrauen und Respekt kann man sehr schnell<br />

verlieren. Aber es ist wie in jeder Beziehung: wenn<br />

man eine solide Basis geschaffen hat, kann man<br />

immer wieder darauf aufbauen. Nico und ich →<br />

»AUS DIESEM GRUND MÖCHTE<br />

ICH SICHERSTELLEN, DASS ICH<br />

IN DIESEM JAHR JEDES KLEINE<br />

BISSCHEN RICHTIG MACHE. AM<br />

ENDE DER SAISON MÖCHTE ICH<br />

SAGEN KÖNNEN, DASS ICH ALLES IN<br />

MEINER MACHT STEHENDE GETAN<br />

HABE, DASS ICH BEI JEDEM RENNEN<br />

ALLES AUS MIR HERAUSGEHOLT<br />

HABE.« LEWIS HAMILTON<br />

Auf der Jagd nach Pokalen: Lewis Hamilton ist selbst sein stärkster Kritiker


fahren gegeneinander Rennen seit wir 13 Jahre alt<br />

waren. Damals haben wir dieses Grundgerüst<br />

gelegt und es würde viel benötigen, um es zu<br />

beschädigen. Im vergangenen Jahr wurde das<br />

Thema Freundschaft zwischen Nico und mir sehr<br />

hochgespielt. Als Kinder waren wir sehr gute<br />

Freunde. Danach lebte er sein Leben und ich<br />

meines. Es ist wie wenn man auf die Uni geht. Man<br />

wohnt in einer anderen Stadt und lässt seine<br />

Freunde zu Hause zurück. Man erinnert sich aber<br />

immer an die Freundschaft und die Vergangenheit.<br />

Übertragen auf uns bedeutet das: auch nach Saisonende<br />

sind wir noch Teamkollegen und müssen<br />

auch im kommenden Jahr miteinander arbeiten.<br />

Dank all dieser Erfahrungen werden wir uns dann<br />

hoffentlich noch besser schlagen.<br />

Im Verlauf der Saison hieß es immer wieder, wie<br />

wichtig es sei, den Schwung mitzunehmen oder<br />

den Lauf des anderen zu brechen. Wie wichtig ist<br />

das wirklich im Titelkampf?<br />

Ich werde oft nach meinem Lauf gefragt. Ein Rennen<br />

allein macht noch keinen Lauf aus. Klar, es ist<br />

ein positiver, erster Schritt. Man kann es vielleicht<br />

mit Boxern vergleichen. Wenn ein Boxer sich rückwärts<br />

bewegt, ist er offener für einen Treffer oder<br />

macht vielleicht einen Fehler. In der Vorwärtsbewegung<br />

fühlt man sich gleich viel besser. Genauso<br />

DAVID COULTHARD: WIE YING & YANG<br />

»Es war bislang eine unglaubliche Saison. Nico<br />

ist außergewöhnlich gut gefahren. Er ist ein echter<br />

Profi. Lewis ist möglicherweise schneller. Er ist<br />

hungrig und in gewisser Weise spektakulärer. Nico<br />

ist hingegen disziplinierter, kontrolliert seine Emotionen<br />

besser. Sie sind wie Ying und Yang. Es ist<br />

eine faszinierende Saison. Die Schwäche von<br />

Lewis ist, dass er in diesem Jahr im Qualifying<br />

einige Fehler in Schlüsselmomenten gemacht hat,<br />

etwa in Singapur. Er hat sich in der ersten Kurve<br />

verbremst, später aber die Zeit wieder hereingeholt.<br />

So etwas ist ihm in diesem Jahr einige Male<br />

passiert. Was mich überrascht, ist, dass die Fans<br />

nicht so sehr hinter Nico stehen wie hinter Lewis.<br />

Lewis ist schon länger dabei und hat schon eine<br />

WM gewonnen, aber ich hätte gedacht, dass Nico<br />

nach seiner Zeit an der Seite von Michael Schumacher<br />

die Fans in Deutschland mehr hinter sich<br />

gebracht hätte. Ich hätte mehr Unterstützung für<br />

ihn erwartet, er führte die WM ja schon an. Aber<br />

das verrät uns etwas über die Öffentlichkeit. Nehmen<br />

wir <strong>zum</strong> Beispiel Kimi: Er sagt nichts, aber<br />

die Fans lieben ihn. Wenn du Kimi kritisierst, fallen<br />

sie über dich her! [macht Würgegeräusche] Er ist<br />

für sie unantastbar. Dabei ist er niemand, der viel<br />

mit anderen kommuniziert. Man kann Popularität<br />

auch künstlich schaffen. Einige Leute sind beliebt,<br />

andere sind für die Öffentlichkeit nicht so stimulierend.<br />

Lewis ist viel emotionaler als Nico. Aber<br />

vielleicht machen ihn diese Emotionen so gut.«<br />

Immer mit 100 Prozent dabei: Lewis Hamilton lebt von seinen Emotionen<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Hamilton polarisiert die Massen: die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn<br />

ist es im Rennsport. Wenn man ein gutes Rennen<br />

hatte, fühlt man sich bereit für das nächste.<br />

Lewis Hamilton erlebt die härteste Saison seiner Karriere<br />

ICH HOFFE, DASS SICH 20 JAHRE<br />

NACH DEM ENDE MEINER AKTIVEN<br />

KARRIERE FANS AN MICH ERINNERN<br />

WERDEN UND SAGEN: VOR VIELEN<br />

JAHREN GAB ES DIESEN SILBER-<br />

PFEIL-FAHRER, DER WAR KLASSE.<br />

EIN SIEG IST FANTASTISCH, ABER AM<br />

ENDE ZÄHLT FÜR MICH DER GEWINN<br />

DER WELTMEISTERSCHAFT.<br />

LEWIS HAMILTON<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES AMG<br />

Du hast in deiner Karriere schon einige WM-<br />

Kämpfe erlebt. Ist diese Saison auf und abseits der<br />

Strecke deine härteste?<br />

Soweit ich mich erinnern kann, ist es wahrscheinlich<br />

die härteste Saison. In der Saison 2012 hatte<br />

ich ein Auto mit dem ich die WM hätte gewinnen<br />

können. Aber wir hatten etliche Probleme und<br />

verloren dadurch viele Punkte. Das war hart. In<br />

diesem Jahr ist es anders. Wir kämpfen noch<br />

immer um die Weltmeisterschaft. Im Verlauf des<br />

Jahres gab es einige Schwierigkeiten, vor allem auf<br />

meiner Seite. Aber ich habe alles abgewehrt, was<br />

auf mich eingestürzt ist. Ich habe mich stets davon<br />

erholt. Selbst wenn ich als Letzter gestartet bin,<br />

kam ich noch als Dritter ins Ziel. Es ist super, ein<br />

Rennen von der Pole Position zu gewinnen. Aber<br />

von der Pole zu starten, zwischenzeitlich auf Platz<br />

vier zurückzufallen und dann zurückzuschlagen,<br />

um doch noch zu siegen - das gibt dir ein so viel<br />

schöneres Gefühl.<br />

Dein ehemaliger Teamkollege Fernando Alonso<br />

war in den vergangenen Jahren in der gleichen<br />

Situation wie du. Vor kurzem hat Fernando<br />

gesagt, dass ihm sein guter Ruf schon gefällt, er<br />

aber lieber die Pokale hätte. Woran sollen sich die<br />

Fans bei dir eines Tages erinnern - an die Pokale<br />

oder den Sportler?<br />

Schlussendlich möchte wohl jeder gerne so sein<br />

wie Ayrton Senna. Er lebte in einer für ihn perfekten<br />

Ära, einer perfekten Zeit. So kamen seine<br />

Leidenschaft und sein Charisma voll zur Geltung.<br />

Jeder Rennfahrer, der dir sagt, dass er nicht so in<br />

Erinnerung bleiben möchte, würde dich anlügen.<br />

Ayrton war schon immer mein Lieblingsfahrer.<br />

Ich hoffe, dass sich 20 Jahre nach dem Ende meiner<br />

aktiven Karriere Fans an mich erinnern werden<br />

und sagen: vor vielen Jahren gab es diesen Silberpfeil-Fahrer,<br />

der war klasse. Pokale sind wundervoll.<br />

Aber mir geht es eher um die langfristige<br />

Sicht. Es ist wie auf der Rennstrecke: ein Sieg ist<br />

fantastisch, aber am Ende zählt für mich der<br />

Gewinn der Weltmeisterschaft.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 43


FOTOS: WILLIAMS<br />

COOL GENUG<br />

FÜR DEN<br />

TITEL<br />

BESSER ALS KIMI RÄIKKÖNEN. ERFOLGREICHER ALS FERNANDO ALONSO. DIE LOBESHYMNEN<br />

AUF VALTTERI BOTTAS NEHMEN KEIN ENDE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM DECKT AUF, WAS<br />

DEN MANN AUS NASTOLA SO STARK MACHT UND WARUM ER 2016 ZUM HAUPTDARSTELLER<br />

AUF DEM FORMEL-1-TRANSFERMARKT WERDEN KÖNNTE.<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 45<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, WILLIAMS


Du bist schneller als<br />

Massa, überhol ihn!<br />

Du bist schneller als<br />

Massa! Verstanden?«<br />

In Malaysia hatten<br />

noch nicht alle verstanden,<br />

heute schon.<br />

Mit Valtteri Bottas schickt<br />

sich ein neuer Superstar aus<br />

dem hohen Norden an, die Formel<br />

1 zu erobern. In seiner Heimat,<br />

Finnland, beginnt er bereits am Heiligenschein<br />

von Kimi Räikkkönen zu kratzen.<br />

Auch wenn Bottas‘ Vita weder einen WM-<br />

Titel, noch 20 GP-Siege aufweist, so zweifelt kaum<br />

einer daran, dass er an die <strong>Erfolg</strong>e seines Landsmannes<br />

oder an jene von Mika Häkkinen oder Keke<br />

Rosberg herankommen kann. »Ich bin absolut<br />

davon überzeugt, dass Valtteri ein zukünftiger Weltmeister<br />

ist«, sagt Pat Symonds, der in seiner 30-jährigen<br />

F1-Karriere mit Fahrergrößen wie Ayrton<br />

Senna, Michael Schumacher und Fernando Alonso<br />

gearbeitet hat. Letzteren könne Bottas karrieretechnisch<br />

sogar übertreffen, glaubt Symonds. »Ich sehe<br />

viele Gemeinsamkeiten zwischen Fernando und<br />

Valtteri. Meiner Meinung nach hat Valtteri das<br />

Potenzial, noch erfolgreicher zu werden als<br />

Fernando.« Eine Vorhersage, die <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-Experte<br />

Christian Danner nicht völlig ad<br />

absurdum führen will. »Cool genug ist Valtteri«,<br />

meint Danner. Als Finne besitzt Bottas nicht nur<br />

deren fast schon legendäre Coolness, sondern auch<br />

SISU. Dabei handelt es sich um die Charakterstärke<br />

der Finnen, um die mentale Stärke, den absoluten<br />

Willen sein Bestes zu geben und niemals aufzugeben,<br />

wenn man sich für etwas entschieden hat. Und<br />

Bottas hat sich entschieden, der beste Fahrer der<br />

Welt zu werden. Diesen Traum träumt er seit seinem<br />

vierten Lebensjahr, als er mit seinem Vater an einer<br />

Reklametafel für ein Kartrennen in Lahti vorbeifuhr.<br />

Klein-Valtteri überredete seinen Vater, der keinerlei<br />

<strong>Motorsport</strong>hintergrund besaß, das Rennen anzusehen.<br />

»Mein Vater hat mir später erzählt, dass ich<br />

noch nie so ruhig gesessen habe wie an diesem Tag«,<br />

erinnert sich Bottas. 20 Jahre später saß er in einem<br />

F1-Cockpit. Die Saison 2013 war für den Finnen<br />

prägend. Williams ging durch ein Tief und war nicht<br />

gerade der ideale Ort, um eine viel beachtete Premierensaison<br />

hinzulegen. Mit unterlegenem Material<br />

konnte Bottas nur ab und an sein Talent aufblitzen<br />

lassen wie mit Startplatz drei in Kanada oder<br />

mit Platz acht beim Großen Preis der USA. »Es war<br />

definitiv ein tolles Gefühl, dass ich endlich meine<br />

Pace zeigen konnte. Ich konnte endlich ein wenig<br />

davon zeigen, zu was ich in einem Formel-1-Auto<br />

fähig bin«, erinnert sich Bottas. Diesem kurzen Aufblitzen<br />

folgte 2014 ein regelrechtes Feuerwerk. Angefangen<br />

mit Platz fünf beim Saisonauftakt in Melbourne<br />

folgten in Österreich, Großbritannien und<br />

Deutschland drei Podestplätze in Serie. In Spa-<br />

Francorchamps überholte Bottas vier Runden vor<br />

Rennende Kimi Räikkönen und stieß den <strong>Ferrari</strong>-<br />

Piloten damit vom Podest. Während Bottas 2013<br />

nach 13 Rennen noch ohne WM-Punkt da stand,<br />

hatte er in diesem Jahr nach 13 Grands Prix bereits<br />

122 Zähler eingefahren - 16 mehr als der vierfache<br />

Weltmeister Sebastian Vettel und 81 mehr als Landsmann<br />

und Weltmeister Kimi Räikkönen.<br />

Auf seinem Weg in die Königsklasse des <strong>Motorsport</strong>s<br />

absolvierte Bottas nicht nur sämtliche Rennklassen,<br />

sondern auch eine Ausbildung als KFZ-Mechaniker.<br />

»Das war nie die Karriere, die ich für mich geplant<br />

hatte«, stellt Bottas die Sachlage im Gespräch mit<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com klar. »Ich fahre seit ich<br />

sechs Jahre alt bin Rennen. Ich wollte stets Rennfahrer<br />

werden, nie Mechaniker - aber die Ausbildung<br />

hat definitiv nicht geschadet [lacht]. Die Technik<br />

eines F1-Autos ist sehr speziell und detailliert. Je<br />

mehr man davon versteht, desto besser ist es.« Neben<br />

seinem technischen Verständnis punktet der 25-Jährige<br />

mit Talent, Schnelligkeit und Fleiß. »Meine<br />

Meinung über Valtteri hat sich seit dem ersten Test<br />

nicht geändert. Er ist ein großartiger Fahrer. Er ist<br />

extrem schnell und gibt uns ein kompetentes Feedback,<br />

auch während des Rennens«, schwärmt Rob<br />

Smedley. Während manch andere Rennfahrer nach<br />

den ersten <strong>Erfolg</strong>en zur Primadonna mutieren,<br />

bleibt Bottas mit den Füßen auf dem Boden. »Er ist<br />

im Vergleich zu anderen in keiner Art und Weise<br />

verwöhnt. Es ist sehr leicht, mit ihm zu arbeiten. Er<br />

akzeptiert Vorschläge, nicht nur was seinen Fahrstil<br />

angeht, sondern auch in punkto Kommunikation«,<br />

verrät Smedley. »Meine Anerkennung für Valtteri<br />

nimmt wöchentlich zu. Er ist ein sehr guter Rennfahrer,<br />

aber er kann noch ein außergewöhnlicher<br />

Fahrer werden.« Wie ihm der Sprung vom guten<br />

<strong>zum</strong> außergewöhnlichen Fahrer, den nur wenige<br />

schaffen, gelingen soll, verrät Bottas selbst gegenüber<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com: »Der Beste in der Formel<br />

1 zu sein, ist nicht leicht, aber es muss das Ziel eines<br />

Rennfahrers sein. Dafür muss man gewillt sein, zu<br />

lernen und sich weiterzuentwickeln. Ich hoffe, dass<br />

ich noch eine lange Karriere vor mir habe und somit<br />

viel Zeit, um mich zu verbessern, um mich Rennen<br />

für Rennen in allen Bereichen zu steigern.« Während<br />

andere Piloten von ihren Team-Untergebenen<br />

erwarten, dass sie ihnen ein schnelles Auto einfach<br />

so hinstellen, nimmt Bottas das selbst in die Hand.<br />

Noch vor seiner ersten Saison mit Williams kaufte<br />

er sich in der Nähe von Grove eine Wohnung, um<br />

regelmäßig in der Fabrik vorbeizuschauen und in<br />

einigen Abteilungen auszuhelfen. Damit hat sich der<br />

Finne nicht nur bei der Entwicklung des Boliden<br />

einbringen können, sondern auch seinen Stand im<br />

Team gefestigt. »Bottas wurde bei Williams von<br />

Anfang an für voll genommen. Williams wusste<br />

genau, was er kann, auch wenn es einmal nicht so<br />

gut lief. Er hat sich im Team etabliert«, weiß Danner.<br />

»Valtteri ist einfach ein supercooler Typ. Er weiß,<br />

was er macht und was ich an ihm so großartig finde,<br />

ist, dass er nicht wegen des Geldes in der Formel 1<br />

fährt. Ihm geht es einzig und allein ums<br />

Rennfahren.«<br />

Kein Wunder, dass sich der britische Traditionsrennstall<br />

die Dienste des Finnen für ein weiteres Jahr<br />

gesichert hat. »Wenn man ein Talent wie Valtteri hat,<br />

dann gibt es viele Teams, die die Fühler nach ihm<br />

ausstrecken«, erklärte Teamchefin Claire Williams.<br />

»Valtteri ist sehr loyal und ich wusste, dass er mit<br />

uns weitermachen will.« Bottas selbst genießt die<br />

gesteigerte Aufmerksamkeit, noch mehr genießt er<br />

aber die Ergebnisse, die er dieses Jahr einfährt. »Ich<br />

will immer mehr und mich weiter verbessern. Mein<br />

Ziel ist es immer gewesen, Weltmeister zu werden.<br />

Jetzt will ich es noch mehr«, betonte der Finne. Die<br />

46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Frage ist, kann Bottas mit Williams Weltmeister<br />

werden? Technikdirektor Pat<br />

Symonds will seinen Rohdiamanten<br />

aus Nastola auf keinen Fall verlieren.<br />

»Ich setze alles daran,<br />

dass Valtteri mit Williams<br />

Weltmeister wird«,<br />

betonte der 61-Jährige.<br />

Sein neuer Vertrag läuft<br />

offiziell ein Jahr, womit<br />

Bottas 2016 <strong>zum</strong><br />

Hauptdarsteller auf<br />

dem Formel-1-Transfermarkt<br />

werden könnte.<br />

Auf der britischen Insel<br />

heißt es, dass McLaren seine<br />

Fühler bereits in finnische Gefilde<br />

ausgestreckt hatte, doch einen Korb<br />

bekam. Sollte sich allerdings McLaren Honda nächstes<br />

Jahr als <strong>Erfolg</strong> entpuppen, könnte sich das Nein<br />

schnell in ein Ja verwandeln. Fakt ist, dass alle finnischen<br />

GP-Sieger früher oder später bei McLaren<br />

gelandet<br />

sind -<br />

Keke Rosberg<br />

(1986), Mika<br />

Häkkinen (1993-<br />

2001), Kimi Räikkönen<br />

»VALTTERI IST EINFACH EIN SUPERCOOLER<br />

TYP. ER WEISS, WAS ER MACHT UND WAS<br />

ICH AN IHM SO GROSSARTIG FINDE, IST,<br />

DASS ER NICHT WEGEN DES GELDES IN<br />

DER FORMEL 1 FÄHRT. IHM GEHT ES EINZIG<br />

UND ALLEIN UMS RENNFAHREN.«<br />

(2002-2006) und Heikki<br />

Kovalainen (2008-2009). Wahrscheinlicher<br />

ist allerdings, dass sich<br />

- sollte der Stern von Williams erneut<br />

sinken - ein anderes Team mit Stern die<br />

Dienste des Finnen sichert. Immerhin gilt Bottas<br />

als Zögling von Mercedes-<strong>Motorsport</strong>chef Toto<br />

Wolff und wird von einer Agentur gemanagt, die<br />

dem Österreicher gehört. Wolff hätte mit dem<br />

Finnen ein Ass im Ärmel, sollte sein Fahrerduo das<br />

Kriegsbeil wieder ausgraben. Nicht auszuschließen<br />

ist auch ein Wechsel zu <strong>Ferrari</strong>, wo Bottas seinen<br />

Landsmann Kimi Räikkönen beerben könnte. Räikkönen<br />

hat bereits angedeutet, sich nach seinem<br />

Vertragsende 2015 in seine zweite Formel-1-Pension<br />

verabschieden zu wollen. McLaren, Mercedes, <strong>Ferrari</strong><br />

oder Williams - es gibt wahrlich schlechtere<br />

Aussichten. Am Ende wird jenes Team das Rennen<br />

machen, das Bottas seinen Traum vom Weltmeistertitel<br />

erfüllen kann.<br />

Überraschungsmann:<br />

Bottas zählt<br />

neben Ricciardo<br />

zu den Entdeckungen<br />

2014<br />

Rückkehr an die<br />

Spitze der Formel<br />

1? Williams ist auf<br />

dem Weg zu alter<br />

Stärke<br />

Bottas könnte in<br />

Zukunft ein heißes<br />

Eisen auf dem<br />

Fahrermarkt<br />

werden<br />

FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 47


Mika Salo musste seinen<br />

Sieg herschenken<br />

TOP<br />

FINNISCHE MOMENTE<br />

TEXT: KERSTIN HASENBICHLER<br />

MOMENTS IN TIME<br />

»WENN DU WILLST GEWINNEN, DANN HOL DIR EINEN FINNEN.« GESAGT, GETAN.<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM BLICKT AUF DIE FINNISCHEN MOMENTE DER FORMEL 1<br />

ZURÜCK: EIN VERSCHENKTER SIEG, EIN AUSSERGEWÖHNLICHES ÜBERHOLMANÖVER<br />

UND EIN PAAR VERSTECKTE TRÄNEN.<br />

DEUTSCHLAND GP 1999 - ZUM HELFEN VERDAMMT<br />

»Diese Trophäe kriegt Mika. Er ist ein unglaubliches<br />

Rennen gefahren.« Eddie Irvine wusste genau, wem<br />

er seine WM-Führung zu verdanken hatte. Als<br />

Ersatzmann für den verletzten Michael Schumacher<br />

zeigte Mika Salo auf dem Hockenheimring eine<br />

sensationelle Performance, bis er von <strong>Ferrari</strong><br />

zurückgepfiffen wurde. »Ich sah, dass Eddie an<br />

Frentzen vorbei ging. Kurz darauf erhielt ich von<br />

Ross Brawn am Funk die Order, dass ich ihn vorbeilassen<br />

soll«, erinnert sich der Finne. »Da es meine<br />

Aufgabe gewesen ist, Eddie zu helfen, habe ich es<br />

auch getan.« Salo gab den Weg frei und Irvine siegte.<br />

Nach 110 Grands Prix beendete Mika Juhani Salo<br />

seine Formel-1-Karriere ohne je erfahren zu haben,<br />

wie es sich anfühlt, ganz oben auf dem F1-Siegertreppchen<br />

zu stehen. Dass er seinen großen Moment<br />

verschenkte, bereut der Finne bis heute. »Ich hätte<br />

das Rennen gewinnen können, gar keine Frage. Ich<br />

bereue, dass ich Eddie vorbeigelassen habe, denn<br />

am Ende machte es für die Weltmeisterschaft keinen<br />

Unterschied«, erklärte Salo.<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

UNGARN GP 2008 - KÜNSTLERISCHE NOTE EGAL<br />

Heikki Kovalainen<br />

gelang sein<br />

einziger GP-Sieg<br />

in Ungarn<br />

Laute Musik, der Champagner fließt und überall, wo man<br />

hinsieht, leuchtet es orange. Szenen, die 2008 bei<br />

McLaren regelmäßig auf der Tagesordnung standen. Doch<br />

dieses Mal war etwas anders. Anstatt sich von seiner<br />

Boxencrew feiern zu lassen, saß Lewis Hamilton in seinem<br />

Kämmerchen und musste zuhören, wie Teamkollege<br />

Heikki Kovalainen von Teamchef Ron Dennis »in der Welt<br />

des Gewinnens willkommen« geheißen wurde. Der Premierensieg<br />

des Finnen war keiner herausragenden Fahrt,<br />

einer ungewöhnlichen Leistung oder einem Speed, den<br />

kein Gegner mitgehen konnte, geschuldet. Vielmehr<br />

waren ein Motorschaden am <strong>Ferrari</strong> von Felipe Massa<br />

und der Reifenschaden seines Teamkollegen dafür verantwortlich.<br />

Dennoch war der Triumph verdient. Kovalainen<br />

zeigte über 70 Runden lang ein fehlerfreies Rennen.<br />

Somit durfte er zu Recht schnippisch auf die Schlagzeilen<br />

über seinen »geerbten Sieg« reagieren: »In der Formel 1<br />

gibt es keine künstlerische Note. Es sind trotzdem zehn<br />

Punkte«, stellte der Finne klar. Neben der vollen Punktezahl<br />

folgte als Sahnehäubchen noch ein Eintrag in die<br />

Formel-1-Geschichtsbücher - als 100. GP-Sieger.<br />

Sieger mit Schnauzer:<br />

Keke Rosberg<br />

SCHWEIZ GP, 1982 - FROM ZERO TO HERO<br />

»Um es in die Formel 1 zu schaffen, braucht es entweder sehr viel Talent oder<br />

sehr viel harte Arbeit. Mein Talent war nicht überragend, aber ich habe unglaublich<br />

hart gearbeitet.« Der Lohn für all die harte Arbeit folgte in Dijon, als Keke Rosberg<br />

an Alain Prost vorbeiging und im Alter von 33 Jahren, 8 Monaten und 23 Tagen<br />

seinen ersten GP-Sieg einfuhr. Ein Sieg, der ihn am Ende einer turbulenten Saison<br />

mit elf verschiedenen Siegern in 16 Rennen <strong>zum</strong> Weltmeister krönte. »Ich war<br />

ein Niemand und plötzlich war ich der Held. Es passierte alles so schnell, dass<br />

mein Ruhm und meine neuen Verdienstmöglichkeiten kaum hinterherkamen«,<br />

erinnerte sich Rosberg, der eigentlich als Notnagel zu Williams geholt wurde,<br />

um das Cockpit des zurückgetretenen Alan Jones zu besetzen. Im Rampenlicht<br />

blühte der Finne mit dem markanten Schnauzbart auf, fuhr elfmal in die Punkte<br />

und stand sechs Mal auf dem Podium. Mit seinem Sieg in der Schweiz und dem<br />

Titelgewinn egalisierte Rosberg den Rekord von Mike Hawthorn aus dem Jahr<br />

1958, der bis heute steht.<br />

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Frühes Rennende für Mika Häkkinen<br />

Tränen nach<br />

dem Ausfall<br />

in Monza<br />

ITALIEN GP 1999 - ECHTE MÄNNER WEINEN (NICHT)<br />

Vor wenigen Minuten hatte er wie der sichere Sieger ausgesehen, nun hockt er<br />

wie ein Häufchen Elend hinter einer Hecke und weint. Bis zur 30. Runde lief für<br />

Mika Häkkinen alles perfekt. Runde für Runde baute er seinen Vorsprung im Königlichen<br />

Park von Monza aus, bis er aus unerklärlichen Gründen in der Schikane vor<br />

der Curva Grande in den ersten statt den zweiten Gang schaltete. Es folgten ein<br />

Dreher, ein abgestorbener Motor und ein weinender Finne, der für die Medien ein<br />

gefundenes Fressen darstellte. Nicht nur der englische Mirror verspottete den<br />

Finnen als »Heulsuse«. Doch Häkkinen reagierte auf die Häme weltmeisterlich, in<br />

dem er nach dem Rennen mit einem Schmunzeln erklärte: »Echte Männer weinen<br />

nicht, schon klar.« Nichtsdestotrotz gilt Häkkinen bis heute als einer der schnellsten<br />

Formel-1-Piloten. »Auch, wenn man niemals Daten oder Fahrstile zwischen verschiedenen<br />

Generationen empirisch vergleichen kann, gibt es bei McLaren etliche<br />

Leute, die überzeugt davon sind, dass Mika der schnellste Fahrer war, den wir<br />

jemals hatten. Und das sagt alles«, verriet Ron Dennis.<br />

50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

Der Iceman<br />

siegte mit einem<br />

spektakulären<br />

Manöver<br />

JAPAN GP 2005 - EISKALTE STERNSTUNDE<br />

»Wie viele Runden noch?« - »Eine Runde - das ist deine<br />

letzte Chance!« Nach diesem knappen Funkspruch zwischen<br />

Kimi Räikkönen und McLaren-Teamchef Ron<br />

Dennis erlebte die Formel-1-Welt eine der größten<br />

Sternstunden der <strong>Motorsport</strong>-Geschichte. Eingangs der<br />

ersten Kurve ging der Iceman in Suzuka außen an Giancarlo<br />

Fisichella vorbei und wurde damit seinem Spitznamen<br />

einmal mehr gerecht. »Das war absolut phänomenal«,<br />

lobte Dennis das eiskalte Überholmanöver, mit<br />

dem sich Räikkönen von Platz 17 kommend den Sieg<br />

auf dem Suzuka International Racing Course sicherte.<br />

Der Führungswechsel fünf Kilometer vor dem Fallen der<br />

Zielflagge brachte auch die Konkurrenz ins Schwärmen.<br />

»Das war einfach unglaublich. Es war eines der großartigsten<br />

Manöver dieser Saison, wenn nicht sogar im<br />

gesamten <strong>Motorsport</strong>«, erklärte BAR-Boss Nick Fry<br />

beeindruckt. »Jemanden außen zu überholen, zeigt den<br />

riesigen Mut des Fahrers und die Stärke des Autos.«<br />

Räikkönen selbst beschrieb seine Siegesfahrt vor<br />

156.000 begeisterten Zuschauern als einen »der köstlichsten<br />

Siege« seiner Formel-1-Karriere.<br />

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FOTOS: RED BULL<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


QUALEN<br />

EINES<br />

CHAMPIONS<br />

EBEN NOCH GEFEIERTER SERIENSIEGER, PLÖTZLICH<br />

ABGESTEMPELTER VERSAGER. SEBASTIAN VETTEL<br />

RAUSCHTE VOM F1-THRON IN DIE HYBRID-HÖLLE.<br />

GEPIESACKT VON UNZÄHLIGEN KLEINEN TEUFELN.<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ENTHÜLLT DIE ZEHN<br />

SCHLIMMSTEN QUÄLGEISTER DES CHAMPIONS.<br />

TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & KERSTIN HASENBICHLER<br />

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AUS RACHE LIESS SEBASTIAN<br />

VETTEL SEINE WUT AM<br />

NEUEN REGLEMENT AUS.<br />

»DER SOUND IST SCHEISSE.«<br />

SO LAUTETE SEINE AM MEI-<br />

STEN BEACHTETE KRITIK AN<br />

DER NEUEN FORMEL 1.<br />

1. Renault<br />

2014 ist das Jahr der Power Unit. Alle Augen<br />

sind auf die Hybrid-Turbos gerichtet. Blöd<br />

nur, wenn dein Motorenpartner seine Hausaufgaben<br />

nicht richtig gemacht hat. Dann<br />

liegen auch beim Weltmeisterteam der vergangenen<br />

vier Jahre die Nerven blank. Renault<br />

hat versagt. Das fatale Zeugnis nach dem<br />

ersten Test: mangelnde Leistung und desaströse<br />

Zuverlässigkeit. Ein katastrophaler Fehlstart.<br />

Der Hersteller räumte selbst ein, bei der<br />

Entwicklung einige Wochen, wenn nicht sogar<br />

Monate im Rückstand zu sein. Game Over.<br />

2. Defektteufel<br />

Die Red-Bull-Oberen von Christian Horner<br />

über Helmut Marko bis hin zu Dietrich Mateschitz<br />

reagierten fuchsteufelswild auf die Versäumnisse<br />

von Renault. Trotzdem: Obwohl<br />

die Bosse gerne diesen Eindruck erwecken,<br />

sind die Franzosen nicht an allem Übel schuld.<br />

Die Liste der technischen Gebrechen an Vettels<br />

Boliden ist lang, sehr lang sogar: Softwareprobleme<br />

in Melbourne, Elektronikschwierigkeiten<br />

in Melbourne, Barcelona und Spielberg,<br />

Getriebedefekt in Barcelona, Turbo-Schaden<br />

in Monaco. Nicht wenige im Fahrerlager<br />

scherzten deshalb: »Vettel scheint den Webber-Fluch<br />

geerbt zu haben.« Wenn in den<br />

vergangenen vier Jahren ein Red Bull einen<br />

Defekt erlitt, schien es stets der des Australiers<br />

zu sein...<br />

3. Lernrückstand<br />

Eine gebrechliche Power Unit und ein verfluchtes<br />

Auto: kein Wunder, dass Vettel in<br />

jeglicher Kilometertabelle ein weit abgeschlagenes<br />

Dasein fristet. Bei den drei Testfahrten<br />

im Winter brachte er es auf gerade einmal 865<br />

km. Damit legte Vettel sogar knapp mehr Kilometer<br />

zurück als sein Teamkollege Daniel<br />

Ricciardo (844 km). Zum Vergleich: Testweltmeister<br />

Nico Rosberg schaffte mehr als drei<br />

Mal so viel (2.812 km). Im Verlauf der Saison<br />

wurde es für Vettel nicht besser. Von Melbourne<br />

bis Singapur spulte er 1.763 Runden<br />

respektive 8.873 km ab. Damit belegte er Rang<br />

13 dieser Wertung. Ricciardo legte hingegen<br />

10.038 km zurück - damit lag er in den Top-5.<br />

Spitzenreiter Kevin Magnussen brachte es auf<br />

stolze 10.653 km. Oft betonte Vettel, dass er<br />

das Fahren nicht verlernt habe. Die Statistik<br />

beweist, dass er aber auch nicht viel Zeit hatte,<br />

um das Fahren mit den neuen Autos richtig<br />

zu erlernen.<br />

4. Reglement<br />

Stichwort: »Neue Autos«. Vettel brauchte<br />

etwas Anlauf, um in der neuen Formel-1-Hybrid-Ära<br />

Fuß zu fassen. Im Vergleich zu<br />

seinen weltmeisterlichen Vorgängern<br />

war der RB10 nicht mit Vettels<br />

Fahrstil kompatibel. Vettel<br />

zeichnete sich in den vergangenen<br />

Jahren als<br />

Meister des angeblasenen<br />

Diffusors<br />

aus -<br />

damit trieb<br />

er Webb<br />

e r<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: RED BULL<br />

geradezu in den Wahnsinn. »Seb hat seinen<br />

Fahrstil dafür perfektioniert«, erklärt Christian<br />

Danner. »Das kann er jetzt aber nicht<br />

mehr nutzen, speziell beim Bremsen.« Gleichzeitig<br />

kam Vettel mit den neuen Systemen<br />

nicht wie gewünscht klar. Das Auto machte<br />

einfach nicht, was er wollte. Aus Rache ließ<br />

Vettel seine Wut am neuen Reglement aus.<br />

»Der Sound ist scheiße.« So lautete seine am<br />

meisten beachtete Kritik an der neuen F1.<br />

Danner hatte dafür wenig Verständnis. »Ich<br />

halte es für unklug und nicht konstruktiv,<br />

wenn ich als viermaliger Weltmeister permanent<br />

auf meinen Sport einschlage.«<br />

5. Reifenverschleiß<br />

Als ob all das nicht schon genug wäre, schien<br />

Vettel zu allem Überfluss die neuen Pirelli-<br />

Reifen ab Saisonbeginn stärker zu verschleißen<br />

als Ricciardo. Das bedeutete eine weitere<br />

Baustelle für das Team, das einen Weg finden<br />

musste, um Vettel wieder zu einem Reifenflüsterer<br />

zu machen. Aber selbst nach der Sommerpause<br />

gab es in Monza noch ungelöste<br />

Rätsel. Mit der weichen Reifenmischung war<br />

alles im Lot. Aber mit der härteren hatte er<br />

abermals für das Team unerklärbare<br />

Probleme.<br />

Schwierige Saison für den erfolgsverwöhnten<br />

Serienweltmeister<br />

6. Chassis<br />

Suzie. So hieß Vettels neue Liebe. Doch so<br />

richtig wollte es zwischen den Beiden nicht<br />

funken. Schon in China erhielt Vettel ein<br />

neues Chassis. Hinterher stellte sich heraus:<br />

Suzie war in Ordnung, die Messwerkzeuge<br />

stimmten nicht. »Manchmal macht man das<br />

als Fahrer aus Verzweiflung«, unkte Johnny<br />

Herbert. Dabei sollte es aber nicht bleiben. In<br />

Italien fuhr Vettel erneut ein anderes Chassis,<br />

das zuvor schon bei den Silverstone-Tests eingesetzt<br />

worden war. Mit dem neuerlichen<br />

Wechsel sollte seine Psyche beruhigt werden.<br />

Für Singapur erhielt er dann sein viertes Chassis<br />

in dieser Saison. »Das ist Chassis Nr. 5«,<br />

sagt er. »Ich mag die Fünf. Hoffentlich passt<br />

es jetzt.«<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55


7. Teamkollege<br />

Sonnyboy, Überraschungssieger, zukünftiger<br />

Weltmeister - Tribute, die in der Vergangenheit,<br />

in Verbindung mit dem Namen<br />

Sebastian Vettel standen. Heute werden sie<br />

meist in einem Atemzug mit Daniel Ricciardo<br />

genannt. Dass sein neuer Teamkollege<br />

in fast jedem Rennen besser abschneidet<br />

als er, schmeckt Vettel ganz und gar<br />

nicht. Allein in der ersten Saisonhälfte fuhr<br />

der Australier im unterlegenen Red Bull drei<br />

Siege ein, während Vettel sieglos blieb. Ein<br />

Faktum, das an Vettels Nr.-1-Status kratzte.<br />

»Sebastian bekam vom Team oder besser<br />

gesagt von Dr. Helmut Marko ständig<br />

gesagt, dass er endlich aufwachen muss. Er<br />

bekam keine positive Energie vom Team.<br />

All das zusammen macht es für einen Fahrer<br />

<strong>verdammt</strong> schwierig, aus dieser negativen<br />

Spirale herauszufinden«, sagte Ex-Champion<br />

Jacques Villeneuve gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com.<br />

8. Strategie<br />

Apropos sieglos. Dass in Kanada Daniel<br />

Ricciardo auf dem Siegerpodest stand und<br />

nicht Vettel, ging nicht auf das Konto des<br />

Deutschen. Das Team holte Vettel zu früh<br />

an die Box, wodurch er auf seiner Inlap<br />

wertvolle Zeit hinter Nico Hülkenberg ver-<br />

lor. »Das war definitiv kein Vettel-Fehler,<br />

sondern der Kommandostand hat sich verschätzt«,<br />

räumte Marko ein. In Ungarn versäumte<br />

das Team, Vettel anzuweisen in eine<br />

andere Motoreinstellung zu wechseln. Die<br />

Folge: Vettel drehte sich und beendete das<br />

Rennen auf P7, Ricciardo gewann. »Unser<br />

Fehler. So etwas darf eigentlich nicht passieren«,<br />

erklärte Teammanager Jonathan<br />

Wheatley. Zum Glück für Red Bull ist Vettel<br />

wie er selbst sagt »nicht nachtragend«. Es<br />

darf bezweifelt werden, dass das auch für<br />

die Teamorder in China und Bahrain gilt,<br />

als Vettel unfreiwillig seinem Teamkollegen<br />

Platz machen musste.<br />

9. Personal<br />

Als hätte Vettel mit der Saison 2014 nicht<br />

schon genug am Hut, ziehen bereits die<br />

nächsten dunklen Wolken herauf. In der<br />

Zukunft muss er auf zwei entscheidende<br />

Wegbegleiter verzichten. Adrian Newey,<br />

das treibende Genie hinter seinen vier<br />

Weltmeistertiteln, wird sich ab 2015 anderen<br />

Projekten widmen und nur noch in<br />

beratender Funktion zur Verfügung stehen.<br />

»Es ist nur natürlich, dass sich Leute, die<br />

viele Meisterschaften und Titel gewonnen<br />

haben, eine neue Herausforderung suchen.<br />

Adrian war in der Vergangenheit sehr<br />

»SEBASTIAN BEKAM VOM<br />

TEAM ODER BESSER VON<br />

HELMUT MARKO STÄNDIG GE-<br />

SAGT, DASS ER ENDLICH AUF-<br />

WACHEN MUSS. ER BEKAM<br />

KEINE POSITIVE ENERGIE VOM<br />

TEAM.« JACQUES VILLENEUVE<br />

56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: CHRISTIAN MENATH<br />

Christian Danner spricht Klartext<br />

Gehört Vettel zu den großen Pechvögeln der neuen F1-Ära?<br />

Wenn man seine technischen Defekte alle ansieht, würde ich sagen, dass er fast auf Webber-<br />

Niveau liegt. [lacht]<br />

Ist die harte Kritik an ihm gerechtfertigt?<br />

Das eine hat für mich nichts mit dem anderen zu tun. Wenn jemand technische Probleme<br />

hat, ist das blöd. Er hat diese ja nicht höchstpersönlich verursacht. Wenn man wie Pastor<br />

Maldonado an jedem Wochenende zwei Mal in die Wand fahren würde, ist das selbst verursacht.<br />

Wenn er ständig einen falschen Knopf drücken würde, wäre das ebenfalls selbst<br />

verschuldet. Das ist bei Vettel aber nicht der Fall. Ist Kritik an ihm aber dennoch berechtigt?<br />

Ja klar, denn er ist meist deutlich von Daniel Ricciardo geschlagen worden. Man muss einen<br />

vierfachen Weltmeister dafür kritisieren dürfen, wenn er sich von seinem Teamkollegen<br />

glasklar abbraten lässt.<br />

Muss er um seinen Nummer-1-Status im Team bangen?<br />

Der Nummer-1-Status ist in dieser Saison ohnehin durch. Ricciardo hat drei Grands Prix<br />

gewonnen. Grundsätzlich ist es aber natürlich schon so, dass Red Bull nicht vergessen hat,<br />

was Vettel in den vergangenen Jahren am Stück geleistet hat. Er ist ja nicht umsonst so oft<br />

Weltmeister geworden. Er ist brillant gefahren und hat eine noch nie dagewesene Perfektion<br />

an den Tag gelegt. Das Team weiß genau, was für ein Juwel er ist.<br />

Wie stark setzen ihm die vielen Rückschläge zu?<br />

Das muss man zweiteilen: Wie sehr stinkt ihm das? Unfassbar stark. Er ist ein sehr ehrgeiziger,<br />

erfolgshungriger Bursche. Deswegen stinkt ihm das unglaublich. Aber es setzt ihm<br />

nicht zu. Er ist ein intelligenter, junger Mann, der durchaus mit solchen Niederlagen klar<br />

kommen kann. Es gefällt ihm nicht, aber das ist in Ordnung. Das Team weiß inzwischen<br />

ganz genau, warum Ricciardo schneller ist als Vettel. Ich würde sagen, er ist so gut wie dran.<br />

wichtig für das Team und das wird er auch<br />

bleiben«, versuchte Vettel die Personalveränderung<br />

herunterzuspielen. Genau wie<br />

im Fall von Guillaume Rocquelin. Seit 2009<br />

war Rocky als Renningenieur an Vettels<br />

Seite, ab 2015 wird sich das ändern, denn<br />

Rocquelin steigt <strong>zum</strong> Head of Race Engineering<br />

auf.<br />

10. Gerüchte<br />

»Ich habe in Spa gehört, dass ich für 150<br />

Millionen Dollar einen Dreijahresvertrag<br />

unterschrieben habe. Ich fragte, wo der Stift<br />

ist, aber niemand brachte mir einen«,<br />

scherzte Vettel über die anhaltenden Wechselgerüchte.<br />

In der Vergangenheit war er<br />

immer wieder mit einem Wechsel zu <strong>Ferrari</strong><br />

in Verbindung gebracht worden, doch 2014<br />

sahen ihn die Gerüchteköche nahezu in fast<br />

jedem Cockpit. <strong>Ferrari</strong>, McLaren, Mercedes<br />

- es gab kein Top-Team, in das Vettel nicht<br />

hineingeschrieben wurde, obwohl er selbst<br />

stets dementierte. Mit Verlauf der Saison<br />

nervten ihn die ständig gleichen Fragen<br />

immer mehr. »Ist mein Englisch nicht gut<br />

genug? Ich habe doch gesagt, dass ich auch<br />

in Zukunft für Red Bull fahren werde«, reagierte<br />

Vettel in Singapur genervt. Die<br />

Gerüchte wollten trotzdem nicht<br />

verstummen.<br />

Auch Niederlagen<br />

gehören <strong>zum</strong> Sport<br />

dazu. Sebastian<br />

Vettel muss 2014<br />

erstmals in seiner<br />

Formel-1-Karriere<br />

richtig leiden<br />

FOTOS: RED BULL<br />

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FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER<br />

58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


REDEN<br />

AM<br />

TEXT:<br />

LIMIT<br />

STEPHAN HEUBLEIN<br />

EINSTEIGEN. GAS GEBEN. SIEGEN. DIE FORMEL 1 KÖNNTE SO EINFACH SEIN. MOTORSPORT-<br />

MAGAZIN.COM QUETSCHTE SAUBER-PILOT ADRIAN SUTIL AUS: WAS MUSS EIN MODERNER<br />

FORMEL-1-PILOT WIRKLICH ALLES IM COCKPIT TUN?<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59


Sauber jagt in<br />

dieser Saison den<br />

guten Ergebnissen<br />

der Vergangenheit<br />

hinterher<br />

Adrian Sutil<br />

kommt die<br />

Einschränkung<br />

des Funkverkehrs<br />

entgegen<br />

MSM: Adrian, wie viel Ingenieur steckt heutzutage<br />

in einem modernen Formel-1-Rennfahrer?<br />

ADRIAN SUTIL: Die Formel 1 ist schon recht<br />

technisch geworden. Auch sehr kompliziert. Man<br />

lernt immer mehr dazu und muss immer mehr<br />

technisches Verständnis mitbringen, um alles auf<br />

Befehl abrufen zu können. Okay, eigentlich muss<br />

man nur zuhören und funktionieren. Aber gewisse<br />

Dinge sind beim Verständnis wichtig, um alles<br />

richtig einschätzen zu können.<br />

Wie viel Spaß macht dir dieser Teil deiner Arbeit?<br />

Das gehört zur modernen Formel 1 dazu. Veränderungen<br />

sind gut. Jetzt haben wir eine Formel 1<br />

in der sehr viel Wert auf das Benzinsparen gelegt<br />

wird. Als Rennfahrer möchte man immer Vollgas<br />

fahren, immer schnell sein, nicht auf den Benzinverbrauch<br />

achten. Das könnte schon ein bisschen<br />

besser sein.<br />

Gibt es spezielle Kenntnisse, die du dafür<br />

benötigst?<br />

Das meiste habe ich in meiner Formel-1-Karriere<br />

gelernt. Davor fährt man mit Autos, die technisch<br />

nicht ganz so kompliziert sind. Diese Fahrzeuge<br />

versteht man recht schnell. Sie sind die Basis. Bei<br />

mir waren das die Formel BMW und die Formel<br />

3. Mein Aufstieg ging ohnehin ein bisschen schneller<br />

vonstatten. Ich bin vor der Formel 1 fast nur<br />

zwei Autos richtig gefahren.<br />

Du hast bereits das Benzinsparen angesprochen.<br />

Das ist ein großes Thema in diesem Jahr. Dies<br />

führte bis Singapur zu einem Anstieg der Funksprüche<br />

von der Box an die Fahrer. Bist du jemand,<br />

der im Funk gerne wie ein Wasserfall quasselt oder<br />

hast du lieber deine Ruhe?<br />

Ich höre dem Team zu, aber ich rede nicht viel. Das<br />

bringt ja nichts. Zuhören, machen und dann läuft<br />

es. Man muss seinem Team vertrauen. In einem<br />

neuen Team harmoniert das am Anfang vielleicht<br />

nicht ganz perfekt. Aber das spielt sich schnell ein.<br />

Es ist wichtig, dass man seinem Ingenieur vertraut.<br />

Wenn er etwas sagt, bedeutet das für mich als Fahrer:<br />

Okay, machen, fertig.<br />

Beim Benzinverbrauch kann der Fahrer nur<br />

schwer mitreden. Aber oft gibt es auch Funksprüche<br />

über die Abstände <strong>zum</strong> Vorder- oder Hintermann.<br />

Oder Infos in welcher Kurve ein Fahrer Zeit<br />

verliert, wo er später bremsen soll. Willst du solche<br />

Informationen haben?<br />

Es ist immer gut, wenn man ab und zu solche Informationen<br />

erhält. Aber wenn man im Rennen voll<br />

am Limit fährt, kann man nicht großartig in einer<br />

Kurve etwas anderes probieren. Das endet meistens<br />

in einem Fehler. Diese Infos sind besser im Training<br />

aufgehoben. Wenn man klar sieht, dass man an<br />

einer Stelle Zeit verliert, kann man ein bisschen<br />

etwas ausprobieren. Aber im Rennen muss es sitzen.<br />

Da gibt es keine Zeit, um zu üben.<br />

Die Fahranweisungen im Funk haben bei vielen<br />

Fans zu dem Eindruck geführt, dass der Fahrer<br />

ferngesteuert ist und gar nichts mehr selbst machen<br />

muss. Jetzt hast du die Chance, dem zu widersprechen<br />

und zu zeigen, dass du durchaus im Cockpit<br />

einiges zu tun hast...<br />

In der Onboard-Kamera sieht es immer recht einfach<br />

aus, wie wir auf der Strecke herumfahren. Es<br />

sieht ganz leicht aus. Wir machen nur ganz geringe<br />

Lenkbewegungen. Aber wenn man am Limit fährt,<br />

ist es absolute Schwerstarbeit. Das Auto bewegt<br />

sich wie auf der Rasierklinge. Dabei müssen wir<br />

gefühlt hundert Knöpfe drücken. Auf jeder Runde<br />

müssen wir drei Knöpfe betätigen. Das summiert<br />

sich. Hochschalten, runterschalten. Konzentrieren.<br />

Das Rennen fahren. Vor und hinter dir sind Autos.<br />

Wir haben wirklich viel zu tun und das alles bei<br />

Geschwindigkeiten über 300 km/h.<br />

So gesehen machen die Funkanweisungen deine<br />

Arbeit ja sogar noch anspruchsvoller...<br />

Genau, man hat einfach noch mehr zu tun als<br />

letztes Jahr schon. Umso wichtiger ist es, die Konzentration<br />

über das Rennen hinweg zu halten. Das<br />

ist das Schwierige daran.<br />

Siehst du dir hinterher die Rennen als Aufzeichnung<br />

an?<br />

Ja, eigentlich schon. Die meisten Rennen sehe ich<br />

mir hinterher noch einmal an. Das ist in meinen<br />

Augen wichtig, denn man kann auch dabei noch<br />

etwas lernen, <strong>zum</strong> Beispiel wie die anderen Fahrer<br />

gefahren sind.<br />

Paul Hembery hat mir gesagt, dass die Fahrer für<br />

seinen Geschmack in diesem Jahr im Funk etwas zu<br />

viel jammern. Der eine beschwert sich, dass er abgedrängt<br />

werde, der andere beklagt, dass ein Gegner<br />

die Strecke verlassen habe. Teilst du diese Ansicht?<br />

Es gibt nun einmal Regeln. Gäbe es diese nicht,<br />

würde man wahrscheinlich weniger jammern. Aber<br />

es ist wie auf dem Fußballfeld. Wenn ein Spieler<br />

einen anderen streift, fliegt er gleich hin. Im ersten<br />

Moment sieht es ganz schlimm aus, aber dann steht<br />

er wieder auf, als wenn nichts gewesen wäre. Man<br />

probiert, den anderen ein bisschen ins schlechte<br />

Licht zu drücken. Man versucht, überall alles<br />

herauszuholen und die Grenzen auszuloten. Jeder<br />

macht es. Also muss man es selbst auch machen.<br />

Somit gibt es oftmals wegen einer Kleinigkeit<br />

ein Riesentheater und es wird aus einer Fliege<br />

ein Elefant gemacht. So ist der Sport. Es geht<br />

um sehr, sehr viel. Jeder will gewinnen. Da<br />

musst du auch mit allen Tricks spielen, die zur<br />

Verfügung stehen.<br />

60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Ferngesteuerte<br />

Fahrer? Sutil hat<br />

am Steuer des<br />

widerspenstigen<br />

Autos viel zu tun<br />

Würde es dir als Fahrer gefallen, wenn du ohne<br />

Funk, Telemetrie und all diesen Schnickschnack<br />

fahren könntest?<br />

Ja, ein bisschen Einsparungen auf diesem Gebiet<br />

wären ganz gut. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden.<br />

Es ist schon sehr, sehr kompliziert.<br />

Manchmal wäre es schön, mal rauszufahren und<br />

in der Lage zu sein, drei, vier Runden am Stück<br />

die gleiche Rundenzeit zu erzielen, weil die Reifen<br />

halten. Es ist alles sehr limitiert. Wir müssen<br />

den Motor schonen, Benzin sparen, auf die Reifen<br />

achten - und dann ist man plötzlich schon<br />

im Qualifying. Auf einmal muss man die beste<br />

Runde der Welt hinzaubern.<br />

Einige deiner Fahrerkollegen haben zuletzt<br />

gesagt, dass die Formel 1 in diesem Jahr physisch<br />

nicht mehr so anstrengend sei. Stimmst du dem<br />

zu?<br />

Absolut. Im Vergleich zu meinen ersten Formel-<br />

1-Jahren ist es wesentlich einfacher geworden.<br />

Besonders in diesem Jahr ohne den höheren Grip<br />

herrschen geringere Fliehkräfte vor.<br />

Hat sich dadurch dein Trainingsprogramm<br />

verändert?<br />

Man muss die Muskeln verlieren, die man in den<br />

vergangenen Jahren aufgebaut hat. Je leichter,<br />

desto besser. Dadurch ist das Training schwieriger<br />

geworden. Man trainiert nur noch Ausdauer.<br />

Für große Fahrer ist es umso schwieriger<br />

geworden. Ich bin nur noch ganz selten beim<br />

Krafttraining. Stattdessen mache ich eigentlich<br />

nur noch Kardio-Training. Hauptsächlich laufen.<br />

Selbst Radfahren muss man sich zweimal überlegen,<br />

weil die Oberschenkel sehr schwer sind.<br />

Trotzdem haben viele Fahrer gesagt, dass <strong>zum</strong><br />

Beispiel Eau Rouge nun wieder eher eine Mutkurve<br />

gewesen ist. Also haben die neuen Autos<br />

auch ihre Vorzüge...<br />

Oh ja, die Eau Rouge war spannend. Man konnte<br />

nicht einfach voll durch fahren. Für uns ging sie<br />

im Qualifying geradeso mit Vollgas. Im Rennen<br />

mussten wir immer mal lupfen, andere sind voll<br />

durchgefahren - das war schon eine Mutkurve<br />

und hat definitiv wieder mehr Spaß gemacht.<br />

Macht es allgemein noch so viel Spaß, mit den<br />

modernen Autos zu fahren?<br />

In Spa hat es auf jeden Fall viel Spaß gemacht.<br />

Unser Auto lag sehr gut. Die Grip-Verhältnisse<br />

waren auch okay. Natürlich könnte man mehr<br />

haben. Jeder Fahrer wünscht sich mehr Grip.<br />

Aber es war ein schönes Rennen.<br />

Kommen wir zurück zu den Ingenieurskünsten,<br />

die ein Fahrer heutzutage besitzen muss. Dabei<br />

gehört es auch zu deinen Aufgaben, dem Team<br />

bei der Weiterentwicklung des Autos zu helfen.<br />

Welchen Einfluss hast du auf diesem Gebiet als<br />

Fahrer?<br />

Du bist der erste, der dazu befragt wird. Du musst<br />

deine Einschätzung abgeben und dem Team ständig<br />

Feedback geben. Jedes Training, jedes Qualifying<br />

wird analysiert. Die Tendenzen sind recht<br />

einfach herauszuhören. Wichtig ist, dass das Team<br />

in der Fabrik den richtigen Weg einschlägt. Ich<br />

bin der Mann, der einen Weg befürwortet oder<br />

eben nicht. Ich muss sagen, wo das Auto noch<br />

Schwierigkeiten bereitet. Wenn wir uns dort verbessern,<br />

werden auch die Rundenzeiten besser.<br />

Danach muss ich es wieder aus meiner Hand<br />

geben. Ich bin eben kein Aerodynamiker. Dann<br />

kommt es auf die Spezialisten an. Sie müssen<br />

umsetzen, was ich benötige, um schneller zu<br />

fahren. Die Schwierigkeit ist, da genau den richtigen<br />

Fühler zu haben, um den besten Weg einzuschlagen.<br />

Über die Zeit bastelt man sich das<br />

Auto natürlich nach seinen Bedürfnissen zurecht.<br />

Jeder Fahrer braucht etwas anderes. Wenn ein<br />

Fahrer lange bei einem Team fährt, kann es durchaus<br />

auch sein, dass ein Auto sehr auf ihn zugeschnitten<br />

ist. Wenn dann ein neuer Fahrer hinzustößt,<br />

kommt er damit vielleicht nicht so gut<br />

zurecht. Dann muss das Auto wieder etwas spezifischer<br />

geändert werden.<br />

»MAN PROBIERT, DEN ANDEREN<br />

EIN BISSCHEN INS SCHLECH-<br />

TE LICHT ZU DRÜCKEN. MAN<br />

VERSUCHT, ÜBERALL ALLES<br />

HERAUSZUHOLEN UND DIE<br />

GRENZEN AUSZULOTEN. SO IST<br />

DER SPORT. ES GEHT UM SEHR,<br />

SEHR VIEL. JEDER WILL<br />

GEWINNEN. DA MUSS MAN MIT<br />

ALLEN TRICKS SPIELEN.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON, SAUBER


SLIDESHOW | MOTORRAD | #39 | 2014<br />

❱ VERLIERER IM<br />

VERTRAGSPOKER<br />

TEXT: MARIA POHLMANN<br />

Nachdem Stefan Bradl HRC nicht mehr die gewünschten Ergebnisse<br />

lieferte, wollte Shuhei Nakamoto ihn loswerden. Aber Lucio Cecchinello<br />

nicht. Der LCR-Chef versuchte auch ohne die Hilfe von HRC, ein Paket<br />

für die kommende Saison zu schnüren und bat den 24-Jährigen um<br />

Geduld. Doch genau die hatte Bradl nicht. Als Cecchinello schließlich<br />

das Geld beisammen hatte, stand Bradls Signum bereits unter einem<br />

brandneuen Vertrag bei Forward Racing. Während der Zahlinger bei<br />

LCR Werksmaterial bekam, fährt er von nun an in der Open-Klasse.<br />

Sollten ihm auf der Forward-Yamaha keine ähnlich guten Ergebnisse<br />

gelingen wie Aleix Espargaro, dann könnte Bradls MotoGP-Geschichte<br />

schnell zu Ende sein. Vielleicht ist dieser Wechsel aber auch genau das,<br />

was er braucht, um wieder durchzustarten.<br />

FOTO: MILAGRO<br />

62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63


FOTOS: MILAGRO<br />

ZWEI WELTMEISTER<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: MARIA POHLMANN<br />

VALENTINO ROSSI UND MARC MARQUEZ: WAS EINT SIE? WAS TRENNT SIE?<br />

BEIDE SIND CHAMPIONS, DIE IHRESGLEICHEN SUCHEN UND DENNOCH GIBT<br />

ES UNTERSCHIEDE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM MACHT DEN GROSSEN CHECK.<br />

EINE GESCHICHTE<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65


Kaum ein Fahrer<br />

ist so fokussiert<br />

wie Marc Marquez<br />

E<br />

in leichter Wind weht durch<br />

die Boxengasse in Brünn. Die<br />

spanische Nationalhymne erklingt<br />

und lässt Dani Pedrosa<br />

als Sieger des Tschechien<br />

Grands Prix hochleben. Marc Marquez und<br />

seine Crew bekommen nichts davon mit. Die<br />

großen, festen Tore auf der einen Seite der<br />

Repsol-Honda-Box sind bereits geschlossen.<br />

Vorbeiziehende Menschen vermuten, dass der<br />

Weltmeister mit finsterer Miene im Inneren<br />

sitzt, dass er sich darin über die schlechte Abstimmungsarbeit<br />

seines Teams echauffiert, was<br />

wohl jeder Fahrer nach dem abrupten Abbruch<br />

einer Sieges- und Podest-Serie getan hätte.<br />

Aber nicht Marquez: der junge Spanier sitzt<br />

seinen Teammitgliedern in genau diesem Moment<br />

freudestrahlend, ja nahezu erleichtert,<br />

gegenüber. »Heute war ein schwieriger Tag,<br />

einer dieser Sonntage, an denen du dich nicht<br />

perfekt fühlst«, gab er später gelassen zu Protokoll.<br />

»Es gelang uns am Wochenende nicht, das<br />

perfekte Setup zu finden. Am Rennende war<br />

ich langsamer, denn ich sah, dass es nicht mehr<br />

möglich war, ums Podest zu kämpfen, also<br />

machte ich etwas ruhiger. Die anderen waren<br />

einfach schneller. Ich habe versucht, ihnen zu<br />

folgen, aber es war nicht möglich.«<br />

Der Weltmeister hatte nach zehn Siegen in<br />

Folge nicht erwartet, so weit zurückzuliegen.<br />

Er hatte danach aber nur ein Ziel: »Das musste<br />

ich erst einmal verstehen.« Anstatt den Kopf<br />

in den Sand zu stecken, fühlte sich Marquez<br />

nach dem vierten Platz aber eher erleichtert -<br />

das war dem strahlenden Spanier auch anzusehen:<br />

»Ehrlich gesagt, fühle ich mich jetzt viel<br />

besser als vorher. Vorher hatte ich den Druck,<br />

alle haben nach mir gesehen, über die Siege<br />

gesprochen und darüber, dass ich alle Rennen<br />

gewinnen könnte.«<br />

Sicherlich hätten viele Fahrer in diesem Falle<br />

auf Nummer sicher gesetzt, doch nach einem<br />

derartigen Rennen beruhigt anstatt verärgert<br />

zu sein, gelingt nur wenigen. Einer dieser wenigen<br />

ist Valentino Rossi. Auch er beherrscht<br />

das Spiel und zaubert sich selbst ein Lächeln<br />

auf die Lippen - auch, wenn es einmal nicht so<br />

läuft wie geplant. Was bei Rossi hin und wieder<br />

nur <strong>zum</strong> Wohle der Fan-Sympathien ist,<br />

strahlt Marquez mit einer Ehrlichkeit aus, wie<br />

es sie selten gibt. Zumindest nicht im aktuellen<br />

Fahrerfeld. Doch was verbindet Marquez und<br />

Rossi? Was trennt die beiden Stars?<br />

WAHRE CHAMPIONS<br />

Nach Giacomo Agostini und Angel Nieto wird<br />

Rossi - was die Anzahl seiner Titel angeht - gerne<br />

als der Größte aller Zeiten bezeichnet. An seine<br />

neun Weltmeistertitel kommt schließlich so<br />

schnell keiner ran. Doch viele trauen Marquez<br />

zu, genau das zu erreichen. Noch ist der Spanier<br />

21 Jahre jung, doch schon jetzt hat er drei dieser<br />

begehrten Trophäen auf dem Nachtschränkchen<br />

stehen. Die vierte ist nur eine Frage der Zeit.<br />

Schon jetzt hat Marquez den Italiener in einigen<br />

Rekordfragen geschlagen. Die <strong>Erfolg</strong>e als jüngster<br />

Fahrer in der Geschichte kann Rossi weder<br />

nachweisen noch aufholen.<br />

Rossi blickt auf eine beeindruckende Statistik<br />

voller Titelgewinne, Rennsiege und WM-Punkte<br />

zurück. So ist er bisher der Fahrer, der die meisten<br />

Siege in der Königsklasse feierte, auch für<br />

Yamaha hält er die Triumph-Fahnen hoch.<br />

Gleichzeitig bewies er sein Talent auch auf anderen<br />

Fabrikaten. So holte der Fan-Liebling neben<br />

vier Titeln für Yamaha auch drei für Honda<br />

und zwei für Aprilia. Bis zu seinem Wechsel zu<br />

Ducati gewann er in jeder Saison mindestens ein<br />

Rennen. In 18 WM-Jahren konnte er bis nach<br />

dem San Marino Grand Prix 2014 ganze 5.012<br />

Punkte auf seinem WM-Konto ansammeln. Eine<br />

unglaublich lange GP-Karriere, die ihresgleichen<br />

sucht.<br />

»Marc hat ähnliches Potential«, ist sich Alex<br />

Hofmann sicher. In seinen bisher sieben gefahrenen<br />

Grand-Prix-Jahren hortete Marquez bis<br />

nach dem San Marino GP beachtenswerte 1.665<br />

WM-Zähler. Marquez war der jüngste Pole-Set-<br />

FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ter in der Königsklasse und gleichzeitig jüngster<br />

Rennsieger in der MotoGP. Dazu wurde er der<br />

jüngste Pilot, der ein, zwei, drei und immer mehr<br />

Rennen in Folge gewinnen konnte. Die 20-Rennen<br />

lange Rekordsiegesserie von Agostini hat der<br />

Youngster bisher noch nicht gebrochen. Aber<br />

wer weiß schon, was Marquez noch alles aus dem<br />

Hut zaubert?<br />

Marquez und<br />

Rossi verstehen<br />

sich blendend<br />

ROSSI BLICKT AUF EINE BEEINDRUCKENDE STATISTIK VOLLER<br />

TITELGEWINNE, RENNSIEGE UND WM-PUNKTE ZURÜCK. SO IST ER<br />

BISHER DER FAHRER, DER DIE MEISTEN SIEGE IN DER KÖNIGS-<br />

KLASSE FEIERTE.<br />

Rossi fand 2014<br />

zurück zu alter<br />

Stärke<br />

Wie Rossi gewann auch Marquez erst den Titel in<br />

der 125ccm-Klasse und stieg danach auf. Nachdem<br />

Rossi den 250er Titel 1999 abräumte, wechselte<br />

er im Folgejahr in die 500er Kategorie. Rossi<br />

fuhr sein erstes Jahr auf Honda. Ähnlich erging<br />

es bisher auch Marquez. Nach dem Titelgewinn<br />

in der Moto2 2012 kletterte auch der Spanier in<br />

die MotoGP hinauf und startete direkt mit Honda<br />

durch. In seinem ersten Jahr in der obersten<br />

Kategorie sicherte sich Marquez allerdings auf<br />

Anhieb den WM-Titel - ein <strong>Erfolg</strong>, der Rossi<br />

verwehrt blieb, da er im ersten 500ccm-Jahr ‚nur‘<br />

Zweiter wurde.<br />

Aber auch als Zweiter hatte Rossi immer eine<br />

Besonderheit: sobald ihn seine Fans auf der<br />

Leinwand oder im Fahrerlager sahen, lächelte er.<br />

Der 35-Jährige beherrscht nicht nur den extrem<br />

freundlichen Umgang mit Medien und Sponsoren,<br />

sondern eben und besonders mit den Fans<br />

- selbst wenn diese in Scharen <strong>zum</strong> neunfachen<br />

Weltmeister pilgern. Rossi nimmt sich Zeit. Noch<br />

etwas mehr Zeit nimmt sich allerdings Marquez.<br />

Immer gut drauf, ständig ein Lächeln auf den<br />

Lippen - das schafft nicht nur Sympathien, sondern<br />

führt den amtierenden Weltmeister auch<br />

auf ein ganz anderes Beliebtheitsniveau.<br />

Zur Fahrerpräsentation in der Karthalle am<br />

Sachsenring sprang Marquez sogar von der Bühne,<br />

nahm das Handy eines jungen Mädchens in<br />

die Hand, das den Spanier die ganze Zeit angehimmelt<br />

hatte, drehte es um und machte gemeinsam<br />

mit ihr einen Selfie. Rossi und Marquez lächeln<br />

also nicht nur selbst, sondern verstehen →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


es durchaus, ihre Fans <strong>zum</strong> Strahlen zu bringen.<br />

Die Bewunderung der Anhänger verdienen sich<br />

beide nicht nur mit reiner Bestleistung auf der<br />

Strecke, spannenden Aufholjagden und Duellen,<br />

sondern besonders im direkten Kontakt.<br />

FOTOS: MILAGRO, REPSOL HONDA<br />

Lachen und Freude sind dabei genau das, was<br />

beide Champions auszeichnet und das können<br />

sie auch auf die Strecke übertragen. Alle Fahrer<br />

setzen ihr Leben in jedem einzelnen Training,<br />

Qualifying und Rennen aufs Spiel. Sie sind im<br />

positiven Sinne verrückt und gehen unerhörte<br />

Risiken ein. »Marquez macht das aber mit einer<br />

solchen Selbstverständlichkeit, die ich so noch<br />

nie gesehen habe. Das Ganze macht er dann<br />

noch so abgeklärt und in einem so jungen Alter,<br />

dass es einem schon schwer fällt, alles in Worte<br />

zu fassen«, ringt Hofmann nach den richtigen<br />

Begriffen.<br />

»Ich glaube, er ist dafür geboren, genau das zu<br />

machen und er lebt für diesen Moment auf dem<br />

Motorrad. Dazu hat er einen extrem wichtigen<br />

Punkt, den auch Rossi immer hatte: <strong>verdammt</strong><br />

viel Spaß dabei. Genau das ist die gefährliche<br />

Kombination: ein gemischter Cocktail, der brodelt<br />

und alle anderen ein bisschen alt aussehen<br />

lässt.« Und das ist der Schlüssel: während sich<br />

die Konkurrenten Gedanken über Wetter, Reifen<br />

und Abstimmung machen, geben Rossi und<br />

Marquez einfach Gas - ohne sich den Kopf großartig<br />

über Folgen, Ausgang oder Gefahren zu<br />

zermartern.<br />

Das beste Beispiel dafür war Marquez‘ spektakulärer<br />

Slide am Test-Montag in Brünn. Jedem<br />

anderen Fahrer wäre die Maschine schon auf der<br />

Strecke liegend in den Kies gerutscht. Marquez<br />

blieb sitzen. »Ich habe schon gemerkt, dass das<br />

nicht gut geht und ich dachte mir immer: ‚Wie<br />

kann ich das nur retten? Wie kann ich damit nur<br />

umgehen?‘ Als ich dann am Boden lag, hatte ich<br />

nur noch einen Gedanken: ‚Vollgas‘. Dann habe<br />

ich Vollgas gegeben und als ich meine Augen<br />

wieder öffnete, saß ich immer noch auf dem<br />

Niemand hat so eine<br />

breite Fan-Basis wie<br />

Valentino Rossi<br />

ER LEBT FÜR DIESEN MOMENT AUF DEM MOTORRAD. DAZU HAT ER<br />

EINEN EXTREM WICHTIGEN PUNKT, DEN AUCH ROSSI IMMER HATTE:<br />

VERDAMMT VIEL SPASS DABEI.<br />

Bike«, lautete seine Erklärung der Situation, die<br />

wohl keine weiteren Ergänzungen erfordert.<br />

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Rossi und<br />

Marquez ist ihre Teamverbundenheit. Bezeichnet<br />

Marquez sein Team als seine Familie an der<br />

Rennstrecke, so beweist auch Rossi diese Einstellung<br />

und das bei beiden über mehrere Jahre. Der<br />

Spanier setzte sich stark bei Honda dafür ein, seine<br />

Moto2-Crew mitbringen zu dürfen und setzte<br />

dies - wenn auch im zweiten Jahr erst komplett<br />

- durch. Rossi hielt viele Jahre an Jeremy Burgess,<br />

Alex Briggs, Brent Stephens, Matteo Flamigni<br />

und weiteren Kollegen fest. Obwohl er seinen<br />

Crewchief austauschte, gilt das Prinzip auch weiterhin.<br />

Mit Santi Hernandez konnte Marquez im<br />

ersten MotoGP-Jahr <strong>zum</strong>indest seinen Chefmechaniker<br />

mitnehmen, bevor er Honda nach Titel<br />

Nummer eins in seiner Rookie-Saison davon<br />

überzeugte, auch seine weiteren Mitarbeiter in<br />

die Königsklasse zu befördern.<br />

In einer Angelegenheit hat Marquez sogar einen<br />

Vorteil gegenüber Rossi. Während sich Dani<br />

Pedrosa, Jorge Lorenzo oder eben Rossi über<br />

Regen, Gripverhältnisse, Reifen und schlechtes<br />

Material beschweren, verliert der junge Spanier<br />

nie ein Wort der Kritik. Er setzt sich auf seine<br />

Honda, nimmt die Gegebenheiten so wie sie sind<br />

und brennt eine schnellste Runde nach der ande-<br />

68 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


en in den Asphalt. Auch Rossi jammert wenig,<br />

aber Marquez hat wohl noch nie ein schlechtes<br />

Wort über Material, Bedingungen oder Schmerzen<br />

nach einer Verletzung verloren. Er passt sich<br />

einfach an alles an, was ihm durchaus auch einen<br />

psychologischen Vorteil einbringen könnte.<br />

Schon als Michael Schumacher zu Beginn des<br />

Jahrhunderts die Formel 1 dominierte, wurde<br />

ihm nachgesagt, auch er sei seinen Konkurrenten<br />

psychisch überlegen. Durch seine starke<br />

Präsenz und seine Unschlagbarkeit hieß es, der<br />

Deutsche wäre schon vor dem Start um zehn<br />

Meter davongefahren. Rossi glaubt daran jedoch<br />

nicht. »Als ich in der Vergangenheit so viele Rennen<br />

gewann, haben viele auch gesagt, dass ich<br />

eine psychische Dominanz habe und die anderen<br />

damit einschüchtere. Auch als Schumacher<br />

gewann, zählte nur das Tempo auf der Strecke.«<br />

Allerdings gibt auch der Italiener zu: »Wenn du<br />

der Schnellste auf der Strecke bist, wirst du auch<br />

mental stärker.«<br />

Das scheint bei Marquez nur ein kleiner Bonus<br />

zu sein und wie wir und all seine Konkurrenten<br />

nach Brünn und Misano wissen: der Spanier ist<br />

nicht unschlagbar. Was seiner atemberaubenden<br />

Serie von Siegen aber nicht schadet. Auch Rossi<br />

hat sich zu seiner Zeit kaum Sorgen gemacht,<br />

einmal nicht auf der obersten Stufe des Treppchens<br />

zu stehen. »Sie sind momentan die beiden<br />

Top-Fahrer in dieser Welt«, hält Alex de Angels<br />

fest. »Ich denke aber, Marquez hat alles, um zu<br />

versuchen, besser zu sein als Valentino. Damit<br />

meine ich die Rekorde. Er hat es drauf.«<br />

Rossi vs. Marquez<br />

- das ist das Duell<br />

dieser Saison<br />

Rossi stellte<br />

seinen Fahrstil im<br />

Winter radikal um<br />

VALENTINO IST VALENTINO, MARC IST MARC<br />

Gleichzeitig fällt es aber auch schwer, beide zu<br />

vergleichen. Logisch: Aktuell haben Rossi und<br />

Marquez verschiedenes Material. »Auch das Alter<br />

spielt eine Rolle«, bemerkt de Angelis. »Marc<br />

hat ähnliches Potential, ist aber auch ein anderer<br />

Charakter. Rossi ist eben Rossi und ich glaube,<br />

schon wenn er um die Ecke kommt, haben die<br />

meisten beim bloßen Hinsehen bereits ein breites<br />

Lächeln im Gesicht, weil er einfach ein lustiger<br />

Typ ist. Er verstreut Spaß und Freude am Sport,<br />

behandelt die Fans gut und das bekommen sie<br />

natürlich mit. Das ist eine Geschichte, die man<br />

nicht kaufen kann«, meint Hofmann.<br />

Während sich Rossi früher gegen Kenny Roberts<br />

Junior, Max Biaggi, Sete Gibernau, Marco Melandri<br />

und Nicky Hayden im Kampf um seine Titel<br />

auseinandersetzen musste, werden Marquez‘<br />

Gegner als noch stärker eingeschätzt. Lorenzo,<br />

Pedrosa und Rossi selbst gelten neben dem Spanier<br />

als die vier Außerirdischen im aktuellen MotoGP-Feld.<br />

Allen wird erhebliches Talent und ein<br />

unglaubliches Tempo zugerechnet. Auch Rossis<br />

Gegner waren schnell und talentiert, doch spielte<br />

sich der WM-Kampf damals - wie der Italiener<br />

auch selbst zugibt - auf einem anderen Niveau ab.<br />

»Die Rivalen sind unterschiedlich. Ich denke,<br />

momentan ist das Niveau richtig hoch, denn<br />

auch Jorge und Dani sind unglaublich schnell,<br />

aber Marc schafft in diesem Jahr etwas Besonderes.<br />

Er hat bereits so viele Rennen gewonnen<br />

und das bedeutet, dass die Kombination<br />

aus ihm und seinem Bike <strong>zum</strong> besten Ergebnis<br />

führt«, sagt Rossi und erkennt Marquez damit<br />

als einen Fahrer an, den er selbst nicht dauerhaft<br />

schlagen kann.<br />

Was beide trotz Lächeln und ihrer freundlichen<br />

Art voneinander trennt, ist ihr Charakter. »Nein,<br />

ich denke, das sind komplett verschiedene Szenarien.<br />

Valentino ist Valentino und Marc ist Marc.<br />

Viele Leute wollen Fahrer immer vergleichen,<br />

selbst Valentino und Biaggi wollten sie schon<br />

vergleichen, aber das geht nicht. Sie sind verschiedene<br />

Menschen, haben ihre eigene Persönlichkeit<br />

und ihr eigenes Charisma«, ist sich Colin<br />

Edwards sicher.<br />

Marquez‘ Siege<br />

lassen bei Honda<br />

die Kassen klingeln<br />

FAZIT<br />

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Rossi nach wie<br />

vor der Mann mit der gelben 46 ist und noch<br />

einige Jahre Fan-Liebling Nummer eins bleiben<br />

wird. Doch Marquez hat das Zeug dazu, aus<br />

dem ‚Doktor‘ einen ‚Professor‘ zu machen. »Ausgehend<br />

von seinem fahrerischen Talent scheint<br />

das der nächste Schritt zu sein: das neue Modell,<br />

das einfach noch mehr kann als ein normaler<br />

Rennfahrer. Er ist ein Prototyp-Rennfahrer«,<br />

beschreibt Hofmann den jungen Spanier.<br />

Obwohl beide Spitzenfahrer viel gemeinsam<br />

haben, trennen sie Zeit und Persönlichkeit. Eines<br />

steht jedoch fest: In der gesamten Historie der<br />

Weltmeisterschaft gibt es nur wenige Piloten,<br />

die sich im Laufe vieler Jahrzehnte als derartige<br />

Talente entpuppen, alles dominieren und damit<br />

nicht nur unschlagbar, sondern mit zahlreichen<br />

Einträgen in die Geschichtsbücher der Weltmeisterschaft<br />

auch unsterblich sind.


Champagner<br />

Marsch: Valentino<br />

Rossis Talentschmiede<br />

räumte<br />

schon im ersten<br />

Jahr einige<br />

Moto3-Pokale ab<br />

Rossi vertraut<br />

seinen Leuten<br />

von Team Sky<br />

VR46<br />

Romano Fenati<br />

bleibt 2015 an<br />

Bord<br />

Francesco Bagnaia<br />

schaffte es noch<br />

nicht aufs Podium<br />

Bei den Grid Girls<br />

lässt sich Rossis<br />

Team nicht lumpen<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

Rossi lässt sich<br />

keinen Moto3-Start<br />

entgehen<br />

Rossi verneigt sich<br />

nach Siegen seiner<br />

Fahrer ehrfürchtig<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

ROSSIS<br />

KINDERGARTEN<br />

VOR RUND EINEM JAHR GRÜNDETE VALENTINO ROSSI SEIN EIGENES MOTO3-<br />

TEAM. SEITHER GAB ES FÜR DEN RENNSTALL SIEGE UND TRIUMPHE, ABER<br />

AUCH TRÄNEN UND EINE TRENNUNG. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ZIEHT<br />

EINE ERSTE BILANZ<br />

alentino Rossi steht in der<br />

Boxengasse hinter dem<br />

Begrenzungszaun und wartet<br />

gespannt auf den Start der<br />

kleinen Klassen. Ein gewohntes Bild für erfahrene<br />

MotoGP-Beobachter, doch seit dieser Saison<br />

dürfte Zaungast Rossi noch etwas nervöser sein<br />

als in den Jahren zuvor. Sky Racing Team VR46<br />

- unter diesem etwas sperrigen Namen firmiert<br />

seit März Rossis eigener Moto3-Rennstall. Der<br />

neunfache Weltmeister erfüllte sich damit nicht<br />

nur selbst einen Traum, sondern feuerte zudem<br />

die Hoffnungen der italienischen Fans nach einer<br />

besseren Zukunft für die erfolgreichste Motorrad-Nation<br />

der WM-Geschichte an. Diese hatten<br />

in den letzten Jahren nur noch wenig zu feiern.<br />

2013 gab es in allen drei Klassen zusammen nur<br />

einen einzigen italienischen Sieg (Rossi in Assen)<br />

- so wenige wie zuletzt 1964. Italien drohte in der<br />

Schwemme spanischer Talente unterzugehen.<br />

Doch gemeinsam mit dem PayTV-Sender Sky,<br />

der in Italien die MotoGP-Übertragungsrechte<br />

hält, schnürte Rossi im Sommer 2013 ein Hilfspaket.<br />

»Das Projekt hat als Akademie für junge<br />

Fahrer begonnen und jetzt versuchen wir, den<br />

jungen italienischen Piloten auf dem Weg an die<br />

Spitze zu helfen. Zu Beginn hatten wir einige<br />

Bedenken, aber es ist mittlerweile ein hervorragendes<br />

Projekt und die Leute sind mit voller<br />

Begeisterung dabei«, erklärte Rossi.<br />

Die Kalkulation war einfach: Rossi steuerte neben<br />

seinem umfangreichen Know-how auch die<br />

Infrastruktur seiner Moto Ranch in Tavullia bei.<br />

Sky bezahlte mit einem mittleren einstelligen<br />

Millionenbetrag die Rechnungen. Neben den<br />

beiden Einsatzfahrern Romano Fenati (18) und<br />

Francesco Bagnaia (17) erstellte Rossi im Rahmen<br />

seiner VR46 Riders Academy mit Moto2-Pilot<br />

Franco Morbidelli (19), seinem Halbbruder Luca<br />

Marini (17), dem erst 14-jährigen Talent Nicolo<br />

Bulega und Andrea Migno (18) ein komplettes<br />

italienisches Nachwuchs-Nationalteam. Bei den<br />

Motorrädern kam Rossi nur das Beste ins Haus<br />

- und das war im Winter klar die KTM. »Dorna-<br />

Chef Carmelo Ezpeleta hat höchstpersönlich ein<br />

Treffen zwischen mir und Rossi eingefädelt«,<br />

erzählte KTM-Sportchef Pit Beirer <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com stolz. »Motorräder für Rossi zu<br />

bauen war natürlich eine Ehre für uns. Uns haben<br />

aber nicht nur der Name und der geniale Typ<br />

Valentino Rossi überzeugt, sondern vor allem das<br />

Konzept jungen Fahrern, die kein Geld mitbringen<br />

müssen, eine Chance zu geben. Hier wird bei der<br />

Selektion nach Talent und nicht nach dem Geldbeutel<br />

entschieden«, lobte Beirer das Projekt.<br />

ROSSI STEUERTE NEBEN<br />

SEINEM UMFANGREICHEN<br />

KNOW-HOW AUCH DIE<br />

INFRASTRUKTUR SEINER<br />

MOTO RANCH IN TAVULLIA<br />

BEI. SKY BEZAHLTE MIT<br />

EINEM MITTLEREN EIN-<br />

STELLIGEN MILLIONENBE-<br />

TRAG DIE RECHNUNGEN.<br />

Rossis ehrgeizige Pläne fruchteten rasch.<br />

Beide Fahrer punkteten beim Debüt des<br />

Teams in Katar, Fenati stand beim zweiten<br />

Rennen <strong>zum</strong> ersten Mal auf dem Podium<br />

und gewann das dritte und vierte. WM-<br />

Hoffnungen keimten auf, doch nach einem<br />

weiteren Sieg in Mugello ging es zu Sommerbeginn<br />

langsam bergab. Fahrfehler, Irrläufe<br />

beim Setup und die immer stärker werdende<br />

Konkurrenz auf Honda-Motorrädern setzten<br />

den beiden Fahrern des Rossi-Teams zu. Ein<br />

möglicher Titelgewinn ist in weite Ferne<br />

gerückt und unmittelbar vor dem Heimrennen<br />

in Misano gab es sogar eine erste personelle<br />

Konsequenz. Vito Guareschi, langjähriger<br />

Wegbegleiter Rossis und Teamchef<br />

der Moto3-Mannschaft, musste seinen Hut<br />

nehmen. »Wir haben eine schwierige Entscheidung<br />

für den Rest der Saison und die<br />

weitere Zukunft getroffen. Wir konnten uns<br />

mit Vito nicht über die Zukunft einigen -<br />

insbesondere im Bereich der technischen<br />

Entscheidungen«, erklärte Rossi in Misano<br />

seine Entscheidung. Guareschi soll einen<br />

Wechsel auf Honda forciert haben, während<br />

Yamaha-Werksfahrer Rossi weiter KTM den<br />

Vorzug gegenüber den Moto3-Bikes seines<br />

MotoGP-Erzrivalen geben will. Auch bei den<br />

Fahrern setzt Rossi trotz der schwierigen<br />

letzten Monate auf Kontinuität. So werden<br />

erneut Fenati und Bagnaia auch 2015 unter<br />

dem Banner des neunfachen Weltmeisters<br />

unterwegs sein. Und Rossi wird, so wie er es<br />

schon seit über einem Jahrzehnt an jedem<br />

Rennwochenende tut, am Zaun stehen und<br />

seinen Schützlingen zusehen.<br />

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TEXT: MARIA POHLMANN<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

TEXAS TORNADO<br />

SEIT FAST 20 JAHREN TREIBT DER TEXAS TORNADO SEIN UNWESEN IN DEN BESTEN<br />

MOTORRADSERIEN DER WELT. NUN VERABSCHIEDET SICH COLIN EDWARDS VON<br />

DER GROSSEN ZWEIRAD-BÜHNE. FÜR MOTORSPORT-MAGAZIN.COM HAT ER ZUM<br />

ABSCHIED ABER NOCH EINIGE SCHLAGFERTIGE SPRÜCHE PARAT.<br />

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FOTOS: MILAGRO<br />

TEXAS TORNADO<br />

Edwards verabschiedete<br />

sich nach 196<br />

MotoGP-Rennen<br />

ei den Tests in diesem Jahr konnte<br />

ich sehen, dass ich meinen Fahrstil<br />

umstellen muss. Es widerspricht<br />

meinem Instinkt, anders zu<br />

fahren. Ich will mehr Zeit mit<br />

meiner Frau und meinen Kindern<br />

verbringen.« Colin Edwards, ein Urgestein der<br />

Motorrad-Weltmeisterschaft, verkündete am<br />

zweiten Rennwochenende der Saison 2014, dass<br />

er ab dem kommenden Jahr nicht mehr im Starterfeld<br />

zu finden sein wird. Nur wenige Wochen<br />

danach verabschiedete sich der 40-Jährige frühzeitig:<br />

er fuhr auf heimischem Boden in Indianapolis<br />

sein letztes Rennen in der MotoGP.<br />

Die Motorradwelt verliert eine ihrer schillerndsten<br />

Persönlichkeiten. Nicht immer politisch korrekt<br />

oder jugendfrei sagt Edwards immer genau das,<br />

was er denkt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund<br />

und war wahrscheinlich genau aus diesem Grund<br />

einer der beliebtesten Menschen im MotoGP-<br />

Fahrerlager. Edwards ist nach knapp zwölf Jahren<br />

in der Königsklasse einer der größten Charakterköpfe<br />

der Rennsportwelt.<br />

Sein erster Trip über den großen Teich führte ihn<br />

1995 in die Superbike-Weltmeisterschaft. Der<br />

Texas Tornado wirbelte von 1999 bis 2002 in der<br />

WSBK zwei Mal <strong>zum</strong> Titel und genauso oft zwischendrin<br />

<strong>zum</strong> Vizeweltmeister. Mit Troy Bayliss<br />

lieferte sich Edwards jahrelang atemberaubende<br />

Duelle, die in die Geschichte der Superbike eingingen,<br />

beide Fahrer zu harten Konkurrenten,<br />

gleichzeitig aber auch zu extrem angesehenen<br />

Fahrern machten. Die Bewunderung reichte bis<br />

zur Beförderung in die MotoGP. Bayliss und<br />

Edwards siedelten 2003 über, doch besonders der<br />

Texaner blieb in seinem ersten Jahr weit hinter<br />

den Erwartungen zurück. Ein sechster Platz in<br />

SEIN ERSTER TRIP ÜBER DEN GROSSEN TEICH FÜHRTE IHN 1995 IN<br />

DIE SUPERBIKE-WELTMEISTERSCHAFT. DER TEXAS TORNADO<br />

WIRBELTE VON 1999 BIS 2002 IN DER WSBK ZWEI MAL ZUM TITEL.<br />

Suzuka war auf Aprilia das Beste, was er 2003 bieten<br />

konnte.<br />

Edwards wechselte zu Gresini und pilotierte an<br />

der Seite von Sete Gibernau eine Honda, die er<br />

zwei Mal auf dem Podest platzieren konnte, womit<br />

er sich einen Werksvertrag bei Yamaha einhandelte.<br />

Dort fuhr er in den kommenden zwei Jahren<br />

an der Seite eines gewissen Valentino Rossi, der<br />

in beiden Jahren Weltmeister wurde, während<br />

Edwards zwar ein ums andere Mal aufs Treppchen<br />

fuhr, aber noch immer auf seinen ersten Sieg in<br />

der Königsklasse wartete. Zumindest verhalf er<br />

Yamaha <strong>zum</strong> Hersteller-Titel.<br />

Nach eher mittelmäßigen Leistungen 2007 wurde<br />

Edwards im Folgejahr ins Tech-3-Team degradiert.<br />

Dort konnte er seinen Teamkollegen James Toseland<br />

deutlich distanzieren, was dem Briten den<br />

Rausschmiss und Edwards mit Ben Spies ein rein<br />

texanisches Team verschaffte. Während sein<br />

Landsmann 2011 ins Werksteam abwanderte,<br />

bekam Edwards einen weiteren Rookie-Teamkollegen:<br />

Cal Crutchlow. Die Saison wurde für den<br />

Haudegen - abgesehen von seinen Ergebnissen -<br />

zur Katastrophe. Unverschuldet wurde Edwards<br />

in den tödlichen Unfall Marco Simoncellis verwickelt<br />

und verletzte sich. Der physische Schaden<br />

verheilte bis 2012, die traumatische Erinnerung<br />

blieb.<br />

Edwards wechselte zu Forward Yamaha, wo er bis<br />

zur Saisonmitte 2014 nicht wirklich zurechtkam<br />

und sich im Alter von 40 Jahren dazu entschied,<br />

den Helm an den Nagel zu hängen. Nach knapp<br />

20 Jahren in den besten Motorradklassen der Welt,<br />

ohne MotoGP-Sieg, aber mit einem vierten<br />

Gesamtrang in der Königsklasse 2005 und mit<br />

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zwei WSBK-Titeln ist der dreifache Familienvater<br />

der Meinung, dass er seine Aufmerksamkeit nun<br />

anderen Dingen widmen müsse. <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>.com bat den Fan-, Fahrer- und Paddock-<br />

Liebling bei seinem Besuch im britischen Silverstone<br />

zu einem letzten Interview.<br />

MSM: Warum hast du entschieden, schon vor<br />

Saisonende aufzuhören?<br />

COLIN EDWARDS: Ich kann nicht sagen, dass ich<br />

das wirklich entschieden habe. Das war eher eine<br />

gemeinsame Sache. Man hat gesehen, dass ich nicht<br />

gut mit dem Bike zurechtkam. Es gab einige Dinge,<br />

die wir haben sollten, aber nicht hatten und noch<br />

immer nicht haben. Es war eine gemeinsame Einigung<br />

zwischen Forward und mir. Sie wollten sich<br />

nach jüngeren Fahrern für nächstes Jahr umsehen.<br />

Wir hatten Probleme mit dem Chassis... Aber ja, es<br />

war einvernehmlich. Alles ist gut.<br />

Da gab es Gerüchte, dass das etwas mit Rückenschmerzen<br />

oder deinem neuen Job als Reifentester<br />

zu tun hatte...<br />

Damit hat es nichts zu tun. Mit meinem Rücken<br />

hat es auf jeden Fall nichts zu tun. Ich bin gesund<br />

- noch immer. Das mit dem Test-Job ist noch nicht<br />

unterschrieben, aber könnte eine Möglichkeit für<br />

meine Zukunft sein. Ich werde wohl einfach nur<br />

Reifen testen, mehr ist es nicht. Bisher ist das aber<br />

wirklich noch nicht bestätigt.<br />

Wie schwer wird es sein, wenn du dich in Valencia<br />

vom ganzen Fahrerlager verabschiedest?<br />

Ich weiß ehrlich gesagt noch gar nicht, ob ich<br />

wirklich nach Valencia komme. Aber nach Silverstone<br />

musste ich fahren. Ich habe dort so viele<br />

Fans und so starke Unterstützung. Ich empfand<br />

es als Pflicht, hierher zu kommen und sämtliche<br />

Aktionen mit<strong>zum</strong>achen.<br />

Welches war das beste Rennen deiner Karriere?<br />

Wenn ich so auf meine Karriere zurückblicke war<br />

das wohl in der Blütezeit meiner Karriere das<br />

zweite Rennen in Imola 2002 im Kampf gegen<br />

Troy Bayliss. Das war wohl eines meiner besseren<br />

Rennen. Das war außergewöhnlich, sodass man<br />

wirklich sagen kann: das war mein bestes Rennen.<br />

Zwischen uns lag nur ein Punkt in der Gesamtwertung<br />

und wir hatten nur ein Rennen, um die<br />

WM zu entscheiden. Insgesamt hat sich die Weltmeisterschaft<br />

an diesem einen Wochenende entschieden.<br />

Das war genug. [lacht]<br />

Welches war das schlechteste Rennen?<br />

2011 Malaysia mit Marco. Das war wirklich ein<br />

schlechtes Wochenende... für alle. Wir haben<br />

einen jungen, aufstrebenden Star verloren. Das<br />

war wirklich für alle fürchterlich.<br />

Was ist deine beste Erinnerung abseits der<br />

Strecke?<br />

Oh Mist... da gibt‘s richtig viele. Also ganz abgesehen<br />

vom Rennsport bin ich mir da sehr sicher:<br />

das waren mein Hochzeitstag und die Geburten<br />

meiner Kinder. Das sind meine besten Erinnerungen<br />

überhaupt.<br />

→<br />

Rossi und Edwards<br />

waren drei Jahre<br />

Teamkollegen<br />

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Gab es eine lustige Begegnung mit einem Fan?<br />

Jedes Jahr, das passiert ständig! 2011 stand ich<br />

beim Day of Champions auf der Bühne, war komplett<br />

auf Schmerzmitteln, weil ich ein gebrochenes<br />

Schlüsselbein hatte. Das war ziemlich witzig, also<br />

sicherlich auch die lustigste Erfahrung mit meinen<br />

Fans.<br />

Was wirst du am meisten vermissen?<br />

Das ist meine zweite Familie hier. Ich verlasse<br />

meine richtige Familie und komme hier jedes<br />

Wochenende her. Deshalb ist es eben meine<br />

zweite Familie. Es wird mir insgesamt fehlen, auf<br />

jeden Fall.<br />

Wer war dein bester Rivale?<br />

Das war eindeutig Troy Bayliss. Wir haben uns in<br />

seiner Blütezeit und in meiner Blütezeit die besten<br />

Duelle geliefert. Er war natürlich auch gleichzeitig<br />

der Fahrer, der am schwierigsten zu schlagen war.<br />

Gibt es trotz deiner langen, erfolgreichen Karriere<br />

einen Fahrer, den du noch heute bewunderst?<br />

Ich denke alle mögen Marquez. Er ist einfach das<br />

Gesamtpaket. Ihm steht eine glorreiche Zukunft<br />

bevor und ich bin gespannt, das zu beobachten.<br />

Du bist für deine coolen Sprüche berühmt und<br />

dafür, dass du sagst, was du denkst.<br />

Oh ja, ich sage, was ich denke.<br />

Welcher war dein bester Spruch?<br />

Du fragst Sachen! [lacht] Es gab richtig viele in<br />

den ganzen Jahren. Es wäre schwierig, mich da für<br />

den besten Spruch zu entscheiden. Wenn ich ehrlich<br />

bin: Ich vergesse auch viel davon. Ich wollte<br />

einfach immer ehrlich sein. Manchmal ist es eben<br />

angebracht, einen kleinen Witz einzubauen, um<br />

ehrlich zu sein. Eine genaue Erinnerung habe ich<br />

jetzt nicht. Es gab einfach zu viele.<br />

»ICH WOLLTE EINFACH IMMER EHRLICH SEIN. MANCHMAL IST<br />

ES EBEN ANGEBRACHT, EINEN KLEINEN WITZ EINZUBAUEN, UM<br />

EHRLICH ZU SEIN.«<br />

Welcher war der glücklichste Moment deiner<br />

Karriere?<br />

2002, dieses letzte Wochenende war einfach wundervoll.<br />

Für die Leute, die es verpasst haben, ist es<br />

schwer zu erklären. Das ganze Wochenende war<br />

der Hammer. Ich hatte meine ganze Familie dabei,<br />

meine Frau war schwanger mit unserem ersten<br />

Kind... Das war einfach ein tolles Wochenende,<br />

eine gute Erinnerung.<br />

Welcher Moment hat dich am meisten<br />

verärgert?<br />

Da muss ich wieder mit Malaysia 2011<br />

antworten...<br />

Wirst du dir die Rennen nächstes Jahr noch<br />

anschauen?<br />

Ja! Schon an dem Brünn-Wochenende dieses Jahr<br />

bin ich aufgewacht und habe bewusst nicht auf<br />

mein Telefon geschaut, um nicht vorher schon<br />

über den Ausgang des Rennens Bescheid zu wis-<br />

ANDERE ÜBER<br />

EDWARDS<br />

Valentino Rossi: »Ich bin sehr, sehr traurig darüber,<br />

denn Colin ist einer meiner besten Freunde<br />

im Paddock. Wir sind 2000 und 2001 zusammen<br />

bei den 8 Stunden von Suzuka gefahren und das<br />

ist die beste Erinnerung, die wir beide haben,<br />

denn wir hatten viel Spaß und haben gewonnen.<br />

Wir waren auch lange Teamkollegen in einer<br />

großartigen Zeit meiner Karriere, als ich tolle<br />

Jahre mit Yamaha hatte. Ich bin traurig, denn er<br />

ist ein toller Typ und ein toller Fahrer. Wir werden<br />

ihn vermissen, aber wir hoffen, dass Colin in der<br />

MotoGP irgendwie erhalten bleibt.«<br />

Marc Marquez: »Ich denke, Colin kann stolz auf seine<br />

Karriere sein. Als er in der WM anfing, war ich zwei<br />

Jahre alt! Gratulation zu deiner Karriere!«<br />

Nicky Hayden: »Ich habe Colin vor den anderen<br />

Jungs verfolgt, denn er war der junge, heiße<br />

Amerikaner. Ich erinnere mich, als er in der AMA<br />

anfing und sie im Sturm eroberte. Er war sofort<br />

schnell auf den 250ern und dann auf dem Superbike.<br />

Er hat diesem Sport so viel gegeben. Jetzt<br />

noch, wenn wir manchmal zusammen zurück<br />

nach Amerika fliegen, denke ich ‚Mann, dieser<br />

Typ hat eine Menge Energie‘, denn er ist auch<br />

schon zehn Jahre Superbike gefahren. Er hat<br />

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FOTOS: MILAGRO<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

TEXAS TORNADO<br />

Waffennarr und Army-Fan Colin Edwards verabschiedete sich in Indianapolis im<br />

Tarn-Outfit von seinen heimischen Fans in den USA<br />

Bei Forward war<br />

Edwards ein Schatten<br />

seiner selbst<br />

noch viel vor sich. Als Amerikaner ist es sehr<br />

schade, dass er aufhört. Wir werden immer<br />

weniger.«<br />

Dani Pedrosa: »Meine beste Erinnerung ist, als<br />

er 2002 einen großen Rückstand auf Troy Bayliss<br />

aufholte und die Weltmeisterschaft im<br />

letzten Rennen gewann. Ich habe mir das Rennen<br />

angeschaut und das ist eine meiner besten<br />

Erinnerungen an ihn.«<br />

Ben Spies: »Ich war ein Fan von ihm seit ich 1992<br />

in Texas mit Speedway anfing und er Superbike fuhr.<br />

Ich bin ein bisschen in seine Fußstapfen getreten.<br />

Sein Teamkollege zu sein, war eine Ehre. Das war<br />

wahrscheinlich eines der coolsten Jahre meiner<br />

Karriere. Colin ist definitiv verrückt!«<br />

sen. Ich wollte ein Grand-Prix-Rennen genießen<br />

und es mir danach eben in Ruhe anschauen. Das<br />

war lustig. Ich bin mir sicher, dass ich mir die Rennen<br />

ansehen werde.<br />

Welche Menschen haben dich während deiner<br />

Karriere am meisten geprägt?<br />

Auf jeden Fall mein Dad. Er war mein ganzes<br />

Leben lang eine riesen Unterstützung. Was Helden<br />

und so angeht... Kenny Roberts Senior, Schwantz,<br />

Rainey - diese Jungs habe ich immer bewundert.<br />

Aber das ist schließlich normal, wenn du als Amerikaner<br />

in diesem Sport aufwächst.<br />

Wie hat deine Familie reagiert, als du mit ihnen<br />

besprochen hast, dass du aufhören wirst?<br />

Das war eine Entscheidung, die wir gemeinsam<br />

getroffen haben. Es war einfach an der Zeit. Ich<br />

bin jetzt schon seit 20 Jahren in Europa. Ich weiß<br />

nicht, ob irgendein anderer Amerikaner bisher<br />

eine 20 Jahre lange Karriere drüben in Europa<br />

hatte. Das ist eine lange Karriere und es ist einfach<br />

soweit.<br />

Worauf freust du dich in deiner ‚Rente‘ am meisten?<br />

Ein bisschen Freizeit. Mein Leben sah immer so<br />

aus: du musst zu der Zeit dort sein, zu dieser Zeit<br />

ein Auto ausleihen, dann sehen wir dich zu der<br />

und der Zeit. Alles war immer durchgeplant. Ich<br />

hatte einen Komplett-Plan. Jetzt ist mein Plan<br />

etwas weniger umfangreich. Meine Frau wird mir<br />

trotzdem noch sagen, was ich zu tun und zu lassen<br />

habe, aber das ist ok. [lacht]<br />

Wenn du nun auf deine lange Karriere zurückblickst:<br />

würdest du etwas anders machen?<br />

Nein, gar nichts.<br />

Was verbindest du mit dem Spitznamen ‚Texas<br />

Tornado‘?<br />

Das begann... ich weiß gar nicht mehr. Ich glaube<br />

1991 oder 1992. Ich gewann ein paar Rennen und<br />

die Cycle News in den USA schrieb das. Es ist<br />

irgendwie hängengeblieben. Ich finde es eh einen<br />

coolen Spitznamen, also habe ich ihn behalten.<br />

Was machst du abgesehen vom Reifentesten im<br />

nächsten Jahr noch so?<br />

Das weiß ich noch nicht. Ich werde auf jeden Fall<br />

öfter im Boot-Camp sein. Vielleicht werde ich<br />

auch ein bisschen kommentieren. Ich hänge<br />

bestimmt noch hier rum...<br />

Bist du mit deiner Entscheidung glücklich?<br />

Ja, absolut. Das ist genau der richtige Zeitpunkt.<br />

Eine letzte Botschaft an die deutschen Fans...<br />

Hoffentlich stehen die Karten gut, dass es bald<br />

einen neuen Alex [Hofmann] gibt, der dann in<br />

Zukunft zwei oder drei Rennen gewinnen kann,<br />

während ich diese mit Alex zusammen kommentiere.<br />

[lacht]<br />

→<br />

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TEXAS TORNADO<br />

DIE COOLSTEN SPRÜCHE<br />

»Ich habe eine Million Waffen zu Hause und jedes Mal, wenn sie<br />

mit einem Jungen ausgeht, wird er nicht draußen auf sie warten,<br />

er wird ins Haus kommen. Wenn er hereinkommt, wird er mich<br />

dabei sehen, wie ich eine Waffe putze. Er muss wissen, dass ich<br />

ihn töten werde, wenn er sie berührt.« - Edwards über das mögliche<br />

erste Date seiner Tochter<br />

»Die amerikanische Einstellung ist einfach: Ich reiße<br />

dir den Kopf ab und sch**** hinein. Solange man das<br />

glaubt, kannst du dich durchsetzen.« - Edwards über<br />

die Mentalität amerikanischer Motorrad-Profis<br />

»Ich mag keine Ameisen. Aus irgendeinem<br />

Grund machen mir Ameisen Angst. Es ist<br />

wohl eine meiner größten Ängste. Mann,<br />

ich komme mit denen einfach nicht klar.«<br />

- Selbst Edwards hat vor etwas Angst<br />

»Mein Lieblings-Charakter ist Jesus von<br />

The Big Lebowski, der sagt: ‚Niemand<br />

verarscht Jesus.‘ Und niemand verarscht<br />

Colin.« - Ein gut gemeinter Rat<br />

im Umgang mit dem Texaner<br />

»Er ist ein Arschloch und sein Crewchief ist ein Arschloch. Wenn<br />

sie zusammenarbeiten wollten, hätten wir uns an einen Tisch setzen<br />

und das diskutieren sollen. Stattdessen haben sie alles hinter<br />

meinem Rücken gemacht.« - Edwards über Ex-Teamkollege James<br />

Toseland, der ihm seinen Crewchief abwarb<br />

»Er ist keine Primadonna - im Gegensatz zu<br />

manch anderem Fahrer. Er weiß, dass er kein<br />

Arschloch sein muss, nur weil er ein Motorrad<br />

schneller fahren kann als die meisten Menschen.<br />

Das gibt es heutzutage leider nicht mehr<br />

allzu oft.« - Edwards über Marc Marquez<br />

»Ich bin ein Extremist des rechten Flügels und Gesetze sind <strong>zum</strong><br />

Brechen da. Wenn du versuchst, irgendwelche Regeln zu implementieren,<br />

die Nein zu diesem oder jenen sagen - das ist alles Bullshit.«<br />

- Edwards <strong>zum</strong> gekippten Rookie-Verbot in Werksteams<br />

»Ich sehe das so: Ich habe jetzt keine <strong>verdammt</strong>e<br />

Wahl und muss in ein paar Ärsche<br />

treten, weil die hier zugucken.« - Edwards<br />

über den Druck bei Heimrennen<br />

»VERDAMMT, DA IST EINE MOTORRADRENNSTRE-<br />

CKE HIER UND DANN ZIEHEN LEUTE HER UND<br />

REGEN SICH ÜBER DEN LÄRM AUF. DAS MUSS<br />

MAN SICH MAL VORSTELLEN! WENN DU NICHT<br />

NAHE EINER MOTORRADRENNSTRECKE LEBEN<br />

WILLST, DANN PACK DEINE SACHEN UND HAU<br />

AB!« - EDWARDS ÜBER LÄRM-DEBATTEN MIT<br />

ANWOHNERN IN ASSEN<br />

»Unsere Kurvengeschwindigkeiten sind im Moment wirklich astronomisch,<br />

sodass du, wenn du <strong>verdammt</strong> noch mal keine Traktionskontrolle<br />

hättest, bei jedem verfluchten Rennen in den Orbit fliegen<br />

würdest.« - Edwards über hilfreiche Elektronik<br />

»Diese Woche bin ich rausgegangen und habe mit<br />

einem 50-Kaliber geschossen, Zeug in die Luft<br />

gesprengt und es fühlt sich an wie jede andere<br />

Woche auch.« - Edwards bliebt auch direkt vor<br />

Saisonstarts ruhig und gelassen<br />

»Ich tendiere dazu, schneller zu sein, wenn ich nicht<br />

sehe, wo ich hin fahre. Und auf diese Art funktioniert<br />

irgendwie alles besser.« - Edwards über<br />

Nachtrennen<br />

»Morgen werde ich also 40. Mein Nacken und<br />

mein rechtes Knie fühlen sich wie 40 an.<br />

Gehirn... 18, vielleicht 19.« - Eigentlich könnte<br />

Edwards noch viele Jahre weiter fahren...<br />

»Auf dem anderen Motorrad fühlte ich mich wie ein Affe, der einen<br />

Football vögelt. Ich hatte nie ein Gefühl und saß einfach nur drauf.«<br />

- Bildhafte Beschreibung, was an seinem Bike nicht stimmte<br />

»Dieses Bike muss man eben hinten rannehmen,<br />

aber wir haben ja alle eine Ex-Freundin, die das<br />

auch mochte.« - Colin über die Vorlieben der Forward<br />

Yamaha<br />

»Ich mag es, Spaß zu haben und ich denke<br />

nicht, dass du ein Arschloch sein musst,<br />

wenn du erfolgreich bist.« - Das <strong>Erfolg</strong>sgeheimnis<br />

und warum ihn garantiert jeder vermissen<br />

wird.<br />

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FOTOS: MILAGRO


DANI PEDROSA<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

DIE GESICHTER DES<br />

ER IST DER ERFOLGREICHSTE MOTOGP-PILOT, DER ES IN DER KÖNIGSKLASSE NOCH NIE ZU<br />

WM-EHREN BRACHTE. MOTORSPORT-MAGAZIN.COM WIRFT EINEN BLICK AUF DIE GESICHTER<br />

DES DANI PEDROSA UND DIE FACETTEN SEINER PARTNERSCHAFT MIT REPSOL HONDA.<br />

Pedrosa und Honda - zwei Namen, die seit vielen Jahren miteinander verknüpft<br />

sind. Im letzten Sommer wurde der Vertrag zwischen dem japanischen Hersteller<br />

und Pedrosa um zwei weitere Jahre bis Ende 2016 verlängert. Was macht den<br />

kleinen Katalanen so begehrenswert, dass sich ein Weltkonzern wie Honda über<br />

ein Jahrzehnt an ihn bindet? Siegertyp, Teamplayer, Entwickler - Pedrosa vereint<br />

viele positive Eigenschaften in sich, die ihn zu einem der komplettesten Fahrer<br />

der MotoGP-Gegenwart aufsteigen ließen. Die erfolgreiche Karriere des 28-Jährigen<br />

hatte neben vielen Jubelstunden auch Tiefen, aus denen Pedrosa oft aber<br />

gestärkt hervorging. <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com mit einem Versuch, das Phänomen<br />

Pedrosa zu ergründen.<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

Freud und Leid<br />

lagen bei Dani<br />

Pedrosa in seinen<br />

bisherigen neun<br />

Jahren bei Repsol<br />

Honda oft eng<br />

beisammen<br />

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FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

DANI, DER SIEGERTYP<br />

26<br />

- Das ist nicht nur die Startnummer auf Dani Pedrosas<br />

Motorrad, sondern seit Brünn auch die Anzahl seiner<br />

Siege in der Königsklasse des Motorradsports. Damit<br />

zählt der kleine Katalane zu den erfolgreichsten Piloten<br />

in der Geschichte. Die folgenden Zahlen belegen das<br />

eindrucksvoll. Seit 2002 hat Pedrosa in 13 Saisons in Folge mindestens jeweils ein<br />

Rennen gewonnen, eine Pole Position geholt und sechs Podiumsplätze eingefahren.<br />

Zu seinen 26 Siegen in der MotoGP gesellen sich 93 Podiumsplätze, 27 Pole Positions,<br />

41 schnellste Rennrunden und ein Punktedurchschnitt von 15,42 pro Rennen<br />

in der Königsklasse. Nur Valentino Rossi, Giacomo Agostini, Mick Doohan, Casey<br />

Stoner, Mike Hailwood, Eddie Lawson und Jorge Lorenzo konnten mehr Siege in<br />

der höchsten WM-Kategorie einfahren als Pedrosa. Was vielen MotoGP-Fans vielleicht<br />

gar nicht mehr bewusst ist: Pedrosa ist dreifacher Weltmeister. Zwischen<br />

2003 und 2005 gewann er einmal die 125cc- und zweimal in Folge die WM der<br />

Viertelliterklasse. Ein Titel in der höchsten Klasse war ihm bislang aber nicht vergönnt.<br />

2007, 2010 und 2012 wurde Pedrosa Vizeweltmeister, in den Jahren 2008,<br />

2009 und 2013 immerhin WM-Dritter und noch nie war er schlechter als auf Rang<br />

fünf in der Endabrechnung. »Die wichtigste Fähigkeit eines Rennfahrers ist, am<br />

Sonntag auf der Strecke schnell zu sein. Das hat oberste Priorität und diese Fähigkeit<br />

hat Dani in all seinen Jahren in der MotoGP stets unter Beweis gestellt«, erklärte<br />

HRC-Teamchef Livio Suppo im Gespräch mit <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. »Dass es<br />

vollkommen richtig war, dass wir Dani für weitere Jahre an uns gebunden haben,<br />

sah man in Brünn. Als Marc dort plötzlich ein schwaches Wochenende hatte, war<br />

er da und hat für uns gewonnen«, fügte Pedrosas Boss lobend hinzu.<br />

Dani Pedrosa<br />

beendete die<br />

Marquez-Serie<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


2011 gönnte sich<br />

Honda mit<br />

Pedrosa, Dovizioso<br />

und Stoner drei<br />

Werksfahrer<br />

DANI, DER TEAMPLAYER<br />

So erfolgreich Dani Pedrosa in seiner bisherigen<br />

Laufbahn auch war, seine Teamkollegen<br />

waren ab und zu erfolgreicher.<br />

26 Pedrosa-Siegen stehen im selben Zeitraum<br />

36 seiner Teamkollegen gegenüber.<br />

Seit seinem MotoGP-Aufstieg 2006 hatte der Katalane<br />

mit Nicky Hayden, Andrea Dovizioso, Casey Stoner und<br />

Marc Marquez vier verschiedene Stallrivalen. Drei<br />

davon musste er bereits <strong>zum</strong> Titel gratulieren: Hayden<br />

2006, Stoner 2011 und zuletzt Marquez im Vorjahr.<br />

Doch Missgunst oder gar Neid waren Pedrosa stets<br />

fremd und so brach er nie offene Konflikte vom Zaun.<br />

Boxenwände, wie etwa in der Yamaha-Box am Höhepunkt<br />

der Rivalität zwischen Valentino Rossi und Jorge<br />

Lorenzo, gab es bei Honda nie. Im Vorjahr kam es nach<br />

dem Zwischenfall in Aragon, als Marquez Pedrosa ein<br />

Kabel abfuhr, was zu dessen Ausfall führte, intern zu<br />

einer kleinen Auseinandersetzung, doch seit sich<br />

Pedrosa im Dezember von seinem langjährigen Manager<br />

Alberto Puig getrennt hat, ist bei Honda wieder<br />

Ruhe eingekehrt. »Ob sie es mir glauben oder nicht:<br />

Dani kann mit Marcs Dominanz sehr gut umgehen«,<br />

stellte Livio Suppo klar. »Beide Fahrer sind sehr entspannt<br />

und haben ein gutes Verhältnis zueinander. Sie<br />

respektieren sich und haben gemeinsam Spaß. Bei<br />

unseren gemeinsamen Team-Essen sieht man, wie<br />

gut sie sich verstehen.« Für den HRC-Teamchef gibt<br />

es an der Fahrerpaarung Marquez/Pedrosa daher aktuell<br />

nichts zu kritisieren. »Wir glauben, dass zwei starke<br />

Fahrer die beste Wahl für unser Team sind. Wir hatten<br />

in den letzten Jahren immer Glück, dass wir starke<br />

Fahrer finden konnten. Casey, Dovi, aber auch zuletzt<br />

Marc und Dani. Es hat immer funktioniert.« 2014 wird<br />

Honda wohl <strong>zum</strong> fünften Mal die Herstellerwertung<br />

gewinnen, seit Pedrosa im Team ist. Der Anteil des<br />

treuen Katalanen ist dabei kein geringer.<br />

DANI, DER PATIENT<br />

Pedrosa zog sich bei<br />

Stürzen schon<br />

mehrfach Brüche zu<br />

Sprungbein, Knöchel, Zeh, Oberarm, Knie, Rippen, Mittelhandknochen,<br />

Zeigefinger, Speiche, linkes Schlüsselbein, rechtes<br />

Schlüsselbein. Das ist eine Auflistung von Dani Pedrosas Knochen,<br />

die schon einmal gebrochen oder <strong>zum</strong>indest angeknackst<br />

waren. Verletzungen wie schwere Schürfwunden samt Hauttransplantationen,<br />

entzündete Gelenke oder gezerrte Sehnen sind ob der<br />

beängstigenden Anzahl an Knochenbrüchen in der Krankenakte Pedrosas<br />

ohnehin nur Randnotizen. Wie viele Stunden der Katalane in Medical Centern,<br />

Krankenhäusern und auf Operationstischen verbracht hat, weiß er wohl<br />

nicht einmal mehr selbst. Seit seinem Aufstieg in die MotoGP gab es nur<br />

vier Saisons, in denen er alle Rennen bestreiten konnte. Bis heute verpasste<br />

er wegen Verletzungen, Operationen oder deren Nachwirkungen insgesamt<br />

acht Rennen: Indianapolis 2008, Motegi, Sepang und Phillip Island 2010,<br />

Barcelona, Silverstone und Assen 2011 sowie das Rennen am Sachsenring<br />

im Vorjahr. »Dani hatte in den letzten Jahren immer wieder schwere Verletzungen,<br />

aber im Kopf ist er immer stark geblieben«, sagt sein Crewchief,<br />

der Österreicher Mike Leitner. Was für Pedrosa spricht: der Katalane kämpfte<br />

sich jedes Mal vom OP-Tisch zurück auf sein Motorrad und war meist<br />

wenige Wochen nach schweren Verletzungen schon wieder auf Top-Niveau.<br />

»Das ist eine Grundvoraussetzung für Motorradfahrer. Ich habe mich bei<br />

Dani oft gewundert, wie er sich mit Schmerzen auf das Motorrad quälen<br />

konnte. Er hat es aber immer wieder geschafft, den Schmerz zu unterdrücken.<br />

Da bedarf es schon einer unglaublichen mentalen Stärke«, zieht<br />

Leitner, der seit über einem Jahrzehnt mit Pedrosa zusammenarbeitet,<br />

seinen Hut vor den Kämpferqualitäten seines Schützlings.<br />

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DANI, DER ENTWICKLER<br />

Umstellung von 990cc- auf 800cc-Bikes und die Einführung der aktuellen<br />

MotoGP-Motorräder mit einem Liter Hubraum, Wechsel von Michelinauf<br />

Bridgestone-Reifen, den großen Einzug der Elektronik in die immer<br />

kraftvolleren Maschinen - all diese technischen Änderungen hat Dani<br />

Pedrosa mitgemacht und sich stets als Top-Pilot behauptet. Ohne das<br />

nötige Know-how und die richtige Art und Weise seines Feedbacks an die Ingenieure,<br />

würde Pedrosa heute wohl nicht mehr im Sattel seiner RC213V sitzen. 2016 steht mit<br />

der Einführung der Einheitselektronik und dem Wechsel auf Michelin-Reifen eine<br />

weitere Zäsur an. Honda darf bei diesem wichtigen Schritt auf die Expertisen seines<br />

erfahrenen Piloten bauen. »Das Wichtigste für die Entwicklung eines Motorrads ist,<br />

dass der Fahrer konstante Kommentare abgibt. Das Schlimmste für Ingenieure ist,<br />

wenn ein Fahrer an einem Tag das Eine mag und am nächsten Tag schon wieder etwas<br />

Anderes. Da können die Ingenieure keine klare Richtung der Entwicklung ausmachen.<br />

Dani bringt diese Qualitäten mit, hat viel Erfahrung in einem Werksteam und er kennt<br />

alle Abläufe«, ist sich Livio Suppo sicher. Allerdings sei Pedrosas langjährige Kenntnis<br />

der Teamstrukturen und seine technische Kompetenz keineswegs entscheidend für<br />

seine Vertragsverlängerung gewesen, wie Suppo klarstellt: »Ehrlich gesagt, zieht man<br />

bei der Verpflichtung eines Fahrers nicht in Betracht, ob er ein Motorrad gut entwickeln<br />

kann oder nicht. Ingenieure entwickeln ein Motorrad. Aber natürlich folgen sie dabei<br />

den Hinweisen der Fahrer.« Das Pedrosa aber auch auf der Honda nach dem Reglement<br />

des Jahres 2016 schnell sein wird, daran zweifelt im Team keiner. »Dani und Honda<br />

- das ist in jeder Hinsicht eine gute Beziehung«, ist sich Suppo sicher.<br />

Pedrosa machte<br />

schon viele<br />

technische<br />

Umstellungen mit<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MIALGRO, HONDA<br />

DANI, DER TREUE<br />

Pedrosa geht 2015<br />

in seine zehnte<br />

Saison bei Hondas<br />

Werksteam<br />

Dani Pedrosa wird 2015 seine zehnte Saison<br />

in den Farben von Repsol Honda bestreiten<br />

und im Folgejahr <strong>zum</strong>indest eine weitere<br />

anhängen. Mit Mick Doohan (elf Jahre in<br />

Hondas Werksteam) schaffte es vor Pedrosa<br />

überhaupt erst ein Fahrer in der Geschichte der Königsklasse,<br />

sich ein Jahrzehnt am Stück bei ein und demselben Team<br />

zu halten. »Streng genommen war Dani ja schon vor der<br />

MotoGP für Honda unterwegs und hat die Weltmeisterschaften<br />

in der Achtel- und Viertelliter-Klasse auf dieser Marke<br />

gewonnen. Er bestreitet also schon seine gesamte Karriere,<br />

und das sind mittlerweile 14 Jahre, für Honda. Das ist ein<br />

beeindruckender Umstand«, zeigt sich Livio Suppo von<br />

Pedrosas Treue beeindruckt. Mit Valentino Rossi für Yamaha<br />

hat nur ein Fahrer in der MotoGP noch mehr Rennen für eine<br />

Marke bestritten als Pedrosa für Honda. Nur selten wurden<br />

Wechselgerüchte laut, zuletzt soll sich Suzuki im Frühsommer<br />

mit einem Gehaltsangebot im hohen einstelligen Millionenbereich<br />

die Zähne am treuen Katalanen ausgebissen<br />

haben. Pedrosa selbst meinte zu seiner Vertragsverlängerung<br />

im Juli: »Ich bin sehr froh über meine Vertragsverlängerung<br />

mit Repsol Honda und sehr dankbar, dass sie mir das Vertrauen<br />

für zwei weitere Jahre entgegen bringen. Für mich<br />

ist es toll, meine Rennkarriere mit dem Hersteller fortzusetzen,<br />

für den ich in meinem allerersten Weltmeisterschaftslauf<br />

gestartet bin.« Suppo meinte selbstsicher: »Dani hat bei uns<br />

alles, was er braucht. Warum also sollte er wechseln?« Die<br />

bisherigen <strong>Erfolg</strong>e geben Suppo, Pedrosa und dem Repsol<br />

Honda Team jedenfalls recht.<br />

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Valentino Rossi hat fast<br />

150 Rennen für Yamaha<br />

bestritten<br />

TOP<br />

TREUE SEELEN<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

GEMEINSAM DURCH DICK UND DÜNN. DIESE MOTOGP-FAHRER HALTEN IHREN TEAMS<br />

EISERN DIE TREUE, KOMME WAS WOLLE. DER ERFOLG GIBT IHNEN RECHT.<br />

1. VALENTINO ROSSI<br />

Wieder einmal ein erster Platz für Valentino Rossi<br />

in einer Statistik. Kein Fahrer bestritt mehr Rennen<br />

für ein und dasselbe Team als Rossi für die Werks-<br />

Mannschaft von Yamaha. Ganze zwölf Millionen<br />

US-Dollar ließ sich der japanische Hersteller die<br />

Verpflichtung des damals dreifachen MotoGP-<br />

Weltmeisters im Winter 2003/04 kosten. Rossi<br />

selbst wollte mit dem Transfer nicht nur die Rekordgage<br />

absahnen, sondern auch seine Kritiker <strong>zum</strong><br />

Verstummen bringen, die ihm vorwarfen, nur aufgrund<br />

der überlegenen Honda zu gewinnen. Der<br />

Dottore strafte seine Kritiker ab, gewann sein erstes<br />

Rennen für Yamaha, holte zwei Titel in Folge und<br />

ließ 2008 und 2009 zwei weitere folgen. 46 Rennen<br />

gewann er in seiner »ersten Amtszeit« bei Yamaha,<br />

die zwischen 2004 und 2010 insgesamt 117 Grand<br />

Prix umfasste. Nach zwei bitteren Jahren bei Ducati<br />

kehrte der verlorene Sohn zu Yamaha heim, wo er<br />

seine beachtlichen Statistiken seither weiter aufmöbelt.<br />

Mindestens zwei weitere gemeinsame<br />

Jahre hat man noch vor sich.<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

2. DANI PEDROSA<br />

2006 stieg der damals 20-jährige Dani Pedrosa als zweifacher<br />

250cc-Weltmeister in die MotoGP auf. Bei Repsol<br />

Honda spannte man ihn mit Nicky Hayden zusammen.<br />

Pedrosa siegte bereits im vierten Rennen <strong>zum</strong> ersten Mal,<br />

Hayden wurde Weltmeister und gemeinsam durfte man<br />

den Hersteller-Titel für Honda bejubeln. Es sollte der<br />

Auftakt zu einer Partnerschaft sein, die bis heute andauert.<br />

Der umgängliche Katalane etablierte sich rasch in<br />

der Königsklasse und ist seit neun Jahren in beinahe<br />

jedem Rennen ein Podiumskandidat. Das Team wechselte<br />

er nie. Mit dem Grand Prix von Aragon hatte Pedrosa<br />

ganze 147 Rennen für Hondas Werksmannschaft auf dem<br />

Buckel. Und es ist noch lange nicht Schluss, denn im<br />

Sommer wurde sein Vertrag bis Ende der Saison 2016<br />

Dani Pedrosa<br />

wechselte noch<br />

nie den<br />

Arbeitgeber<br />

verlängert, was seine Amtszeit bei Repsol Honda auf<br />

mindestens elf Jahre erhöht. Einen WM-Titel konnte<br />

Pedrosa seinem Arbeitgeber trotz 26 Siegen in der<br />

MotoGP bislang noch nicht schenken. Der dreifache Vizeweltmeister<br />

ist der Pilot mit den meisten Siegen, der nie<br />

Weltmeister in der Königsklasse wurde. Zumindest zwei<br />

weitere Versuche hat Pedrosa aber noch.<br />

Mick Doohan<br />

holte fünf Titel<br />

für Honda<br />

3. MICK DOOHAN<br />

Eines kann man Mick Doohan nicht vorwerfen: Untreue. Der fünffache Weltmeister<br />

war über ein Jahrzehnt für Hondas Werksteam unterwegs und bestritt zwischen<br />

1989 und 1999 jeden einzelnen seiner 137 WM-Starts für den japanischen Hersteller.<br />

Anfänglich noch in blau-weißer Lackierung einer britischen Tabakmarke,<br />

bildete Doohan gemeinsam mit Criville ab Mitte der Neunzigerjahre unter dem<br />

Banner von Repsol Honda ein unschlagbares Duo. Doohan holte als Werksfahrer<br />

54 Siege, 58 Pole Positions und bescherte Honda zwischen 1994 und 1998 fünf<br />

WM-Titel in Folge. Kein anderer Fahrer war für den größten Motorradhersteller der<br />

Welt erfolgreicher. Doch die Partnerschaft musste auch schwere Zeiten durchlaufen.<br />

Etwa 1992, als Doohan nach einem schweren Unfall in Assen beinahe ein Bein<br />

verlor. Auch wehrte sich der Australier immer wieder gegen Innovationen der Honda-<br />

Ingenieure. Ein erneuter Beinbruch nach einem Sturz in Jerez 1999 beendete die<br />

erfolgreiche Partnerschaft schließlich, als Doohan durch die Verletzung <strong>zum</strong> Rücktritt<br />

gezwungen wurde.<br />

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116 Mal startete<br />

Lorenzo bislang für<br />

Yamaha<br />

4. JORGE LORENZO<br />

25. Juli 2007: Yamaha verkündet die Verpflichtung des amtierenden 250cc-<br />

Weltmeisters Jorge Lorenzo. Im Alter von 20 Jahren stieg der Mallorquiner als<br />

Doppel-Weltmeister <strong>zum</strong> Teamkollegen von Valentino Rossi auf. Von Beginn an<br />

war die Beziehung zwischen Yamaha und Lorenzo von <strong>Erfolg</strong> geprägt. In seinen<br />

ersten drei MotoGP-Rennen holte Lorenzo die Pole Position, gewann im dritten<br />

Rennen erstmals, wurde im zweiten Jahr Vize- und in seiner dritten Saison<br />

schließlich Weltmeister. Yamaha und Lorenzo - das funktioniert. Auch wenn es<br />

in seinen sieben Jahren bei den Blauen immer wieder Gerüchte über einen<br />

Wechsel gab. Zuletzt machten im Januar Gerüchte über ein hoch dotiertes Angebot<br />

von Ducati die Runde, doch Lorenzo entschied sich erneut für Yamaha und verlängerte<br />

seinen Vertrag bis Ende 2016, was Lorenzos neuntes Jahr beim japanischen<br />

Hersteller wäre. Mehrfach betonte der zweifache MotoGP-Weltmeister<br />

in dieser Saison: »Am liebsten würde ich meine Karriere bei Yamaha<br />

beenden.«<br />

88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


FOTOS: MILAGRO, HONDA<br />

Alex Criville war nach<br />

Mick Doohan der zweite<br />

Honda-Pilot im 100er-Klub<br />

5. ALEX CRIVILLE<br />

Honda NSR500 - eines der legendärsten Motorräder der<br />

WM-Geschichte lag in den Neunzigerjahren jahrelang<br />

in den Händen von Alex Criville. Der Katalane bestritt<br />

bereits die Saisons 1992 und 1993 für das spanische<br />

Pons-Team auf einer Honda und wurde 1994 ins Werksteam<br />

befördert. In diesem fuhr er bis zu seinem Karriere-Ende<br />

im Jahr 2001 und bestritt in den Farben von<br />

HRC insgesamt 112 Rennen. Zudem war Criville im Jahr<br />

1995 mit an Bord, als sich Hodas Werksteam mit<br />

Hauptsponsor und Technologiepartner Repsol zusammenschloss.<br />

Eine Partnerschaft, die bis heute besteht<br />

und wohl die erfolgreichste in der Geschichte der<br />

Motorrad-WM ist. Sportlich lief es für Criville lange nur<br />

mäßig, denn an seinem Teamkollegen Mick Doohan kam<br />

der Katalane fünf Jahre lang nicht vorbei. Erst 1999, als<br />

Doohan seine Karriere nach nur zwei Rennen beenden<br />

musste, schlug Crivilles große Stunde. Nach sechs Saisonsiegen<br />

krönte er sich <strong>zum</strong> ersten spanischen Weltmeister<br />

der Königsklasse. Insgesamt gewann der Katalane<br />

bis zu seinem Karriereende 2001 in acht Jahren in<br />

Hondas Werksteam 14 Rennen.<br />

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90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

FOTOS: MILAGRO


TEXT: MARIA POHLMANN<br />

ICH BIN<br />

NIE<br />

GLÜCKLICH<br />

NEUE REGELN, SCHWIERIGE ERINNERUNGEN UND IMMER ETWAS ZU VERBESSERN:<br />

MOTORSPORT-MAGAZIN.COM SPRACH MIT DORNA-CEO CARMELO EZPELETA ÜBER<br />

SEINEN SPANNENDEN JOB UND NOCH VIEL MEHR.<br />

MSM: Warum wurde das Alterslimit für die<br />

Moto3-Klasse geändert?<br />

CARMELO EZPELETA: Wir haben das Alterslimit<br />

nicht wirklich geändert, sondern nur einen Spezialfall<br />

geschaffen. Wenn jemand die FIM CEV<br />

gewinnt, die jetzt eine internationale Meisterschaft<br />

ist, dann darf er in der Moto3-Weltmeisterschaft<br />

an den Start gehen. Denn wenn ein Fahrer die FIM<br />

CEV gewinnt, dann hat er definitiv Talent und<br />

sollte in die Weltmeisterschaft aufsteigen. Wir<br />

haben nicht das generelle Alterslimit heruntergesetzt.<br />

Wir helfen damit nur den Fahrern, von denen<br />

wir denken, dass sie es verdient haben, in der Weltmeisterschaft<br />

zu fahren. Wenn er in der spanischen<br />

Meisterschaft bleibt, dann ist das nicht wirklich<br />

förderlich für seine Karriere.<br />

Schaut ihr auch in anderen Serien nach Talenten<br />

wie Fabio Quartararo?<br />

Fabio Quartararo wird im nächsten Jahr erst einmal<br />

höchst wahrscheinlich in die Moto3-WM kommen.<br />

Nach anderen Fahrern suchen wir nicht speziell.<br />

Die FIM CEV ist jetzt unter dem Schirm der<br />

Ezpeleta ist<br />

selbst gerne auf<br />

zwei Rädern<br />

unterwegs<br />

FIM und wird nicht mehr von der spanischen<br />

Föderation geführt. Damit ist sie eine internationale<br />

Meisterschaft. Unsere neue Regelung ist ein<br />

System, um den Sieger der Meisterschaft zu belohnen.<br />

Wenn in Zukunft ein Fahrer die FIM CEV<br />

gewinnt und in die Weltmeisterschaft wechseln<br />

möchte, das nötige Alter dafür aber noch nicht<br />

erreicht hat, wird das genauso der Fall sein.<br />

Gerüchten zufolge soll auch eine nordeuropäische<br />

Meisterschaft aufgebaut werden...<br />

Wir sprechen aktuell mit dem ADAC und haben<br />

uns bereits getroffen. Wir haben verschiedene<br />

Ideen, das umzusetzen, ja.<br />

Was braucht ein junger Fahrer, um von der<br />

Dorna Aufmerksamkeit zu bekommen?<br />

Momentan gibt es so viele talentierte Fahrer: in<br />

Asien, im MotoGP Red Bull Rookies Cup und in<br />

den nationalen Meisterschaften. Wir haben viele<br />

Leute, die sich nach jungen Fahrern umsehen,<br />

aber das Geheimnis kann ich natürlich nicht<br />

verraten.<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 91


MotoGP ist noch<br />

immer<br />

<strong>Motorsport</strong> <strong>zum</strong><br />

Anfassen<br />

Die Moto2<br />

garantiert<br />

spannende<br />

Rennen<br />

Die Open-Klasse<br />

ist eine<br />

Bereicherung für<br />

die MotoGP<br />

Zu Beginn der Saison hatte Honda im Vergleich<br />

zu KTM in der Moto3 Probleme. Jetzt ist das Kräfteverhältnis<br />

wieder ausgeglichen. Sind Sie mit der<br />

aktuellen Situation zufrieden?<br />

Es ist okay, wenn ein Hersteller einmal besser ist<br />

als ein anderer. Wichtig für uns ist, dass der Wettbewerb<br />

erhalten bleibt und die Kosten niedrig hält.<br />

In allen Kategorien ist es sehr wichtig, die Ausgaben<br />

so gering wie möglich zu halten, aber in der Moto2<br />

und in der Moto3 ist das noch ein bisschen<br />

wichtiger.<br />

Sind Moto2 und Moto3 heute die ideale Vorbereitung<br />

für die MotoGP?<br />

Meiner Meinung nach gibt es da keine Zweifel.<br />

Das ist nicht nur meine Meinung, sondern auch<br />

die der ganzen Fahrer. Alle Piloten, die bisher<br />

von der Moto2 in die MotoGP aufgestiegen sind,<br />

sagen, dass diese Kategorie hilfreicher war als<br />

die alte 250ccm Klasse und der Beweis dafür ist,<br />

dass sie sich von Anfang an bestens in der<br />

Königsklasse zurechtfinden. Genau das Gleiche<br />

sagen auch die Moto3-Fahrer, die in die Moto2<br />

aufgestiegen sind. Die Piloten sind sicherer, der<br />

Wettbewerb ist größer, weil die Motorräder ähnlicher<br />

sind als zuvor. Wir haben keinen Zweifel<br />

daran und freuen uns, dass es ein so großer<br />

<strong>Erfolg</strong> war, von 125er zu Moto3 und von 250er<br />

zu Moto2 zu wechseln.<br />

Sind Sie mit dem aktuellen MotoGP-Feld<br />

zufrieden?<br />

Ich bin nie glücklich. Wir können immer an allem<br />

noch etwas verbessern. Aber ich denke, dass wir<br />

auf einem guten Weg sind. Das Programm, das wir<br />

kreiert haben, um die Kosten zu senken und Hersteller<br />

anzulocken - also von CRT über Open-<br />

Klasse bis hin <strong>zum</strong> einheitlichen ECU-System -<br />

funktioniert gut. Wir hoffen, dass es auch in<br />

Zukunft keine Probleme damit geben wird, aber<br />

natürlich arbeiten wir dennoch stets an<br />

Optimierungen.<br />

Magneti Marelli soll nicht unbedingt der beste<br />

Software-Hersteller sein. Warum fiel die Wahl auf<br />

die Italiener?<br />

Wir begannen früh mit Magneti Marelli zu sprechen,<br />

weil sie schon zwei der drei großen Hersteller<br />

in der MotoGP beliefert haben. Nun arbeiten wir<br />

mit diesem ECU-System. Es ist ja schon lange entschieden,<br />

dass alle Teams dieses 2016 verpflichtend<br />

nutzen müssen. Alle Hersteller in der Königsklasse<br />

werden dabei helfen, das System noch zu verbessern,<br />

also bin ich überzeugt, dass es gut funktionieren<br />

wird. Magneti Marelli stand nie in Frage.<br />

Warum wurde die Einführung der neuen Regeln<br />

überhaupt auf 2016 verschoben?<br />

Wir sprechen immer mit den Herstellern über neue<br />

Regeln. Wenn sich alle einig sind, gibt es kein Problem.<br />

Dieses Mal hat es etwas länger gedauert, die<br />

Zustimmung für das ECU-System zu bekommen<br />

und gleichzeitig auch die Anzahl der Sensoren der<br />

Bikes festzulegen. Mehr oder weniger haben wir<br />

die wichtigsten technischen Vorschriften jetzt aber<br />

fixiert. Einiges steht noch aus, aber das sind eher<br />

kleine Dinge. Wir reduzieren das Gewicht für nächstes<br />

Jahr ein wenig. Wir sprechen aktuell auch noch<br />

über die Bremsen und ein paar andere Sachen, aber<br />

das ist alles nichts Großes und sollte keine Probleme<br />

machen.<br />

Was bedeutet es für Sie, in den nächsten Jahren<br />

zahlreiche alte und neue Hersteller in der MotoGP<br />

begrüßen zu dürfen?<br />

Unsere Pflicht ist es, gute Regeln zu schreiben und<br />

damit die Grundlage zu schaffen, den Sport für die<br />

Hersteller attraktiv zu machen. KTM hat ja schon<br />

bekannt gegeben, dass sie vielleicht 2017 in die<br />

MotoGP kommen. Suzuki und Aprilia kommen<br />

nächstes Jahr. Das ist toll. Aber eigentlich ist die<br />

Anzahl qualitativ hochwertiger Bikes für uns wichtiger<br />

als die Anzahl der Hersteller. Ich bin mir aber<br />

sicher, dass sie kommen werden, wenn wir ihnen<br />

eine gute Plattform anbieten können.<br />

Was ist das Wichtigste für die Zukunft der MotoGP?<br />

Die Show so gut wir können aufrecht zu erhalten<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Honda und KTM<br />

sind in der<br />

Moto3 gleichauf<br />

Ezpeletas<br />

Aushängeschild<br />

ist und bleibt<br />

Valentino Rossi<br />

und dabei so geringe Kosten wie möglich zu<br />

verursachen.<br />

Gibt es schon etwas Neues zur TV-Übertragung<br />

im deutschsprachigen Raum ab 2015?<br />

Unsere Leute, die dafür verantwortlich sind, führen<br />

aktuell noch Gespräche mit den beiden verschiedenen<br />

TV-Sendern.<br />

In Italien wird die MotoGP nur noch auf Pay-<br />

TV-Sendern übertragen. Stellt das kein Problem<br />

für die Vermarktung des Grand Prix dar?<br />

Wir haben kein Problem in Italien. Wir haben<br />

entschieden, ins Pay-TV zu wechseln - wie es<br />

auch zahlreiche andere Sportarten auf der Welt<br />

tun. Die Kombination aus frei zugänglicher<br />

Übertragung und Pay-TV funktioniert in Italien<br />

sehr gut. Wir sind glücklich und haben kein Problem<br />

damit. Wir hatten uns natürlich ausgerechnet,<br />

was in etwa passieren wird. Aber die<br />

Zuschauerzahl ist sogar besser als wir am Anfang<br />

dachten.<br />

Wer ist ihr Lieblingsfahrer?<br />

Ich habe keinen Lieblingsfahrer. Damit gehe ich<br />

nur Problemen aus dem Weg. [lacht]<br />

Wie kommt man an einen solchen Job?<br />

Als ich noch sehr jung war, fuhr ich Motorrad- und<br />

ALS ICH NOCH SEHR JUNG WAR, FUHR ICH MOTORRAD- UND AUCH<br />

AUTORENNEN. SPÄTER HABE ICH EIN INGENIEURSSTUDIUM GEMACHT.<br />

MEIN GANZES LEBEN HATTE BISHER MIT DIESER SPORTART ZU TUN.<br />

ICH KÖNNTE MIR NIE VORSTELLEN, ETWAS ANDERES ZU TUN.«<br />

auch Autorennen. Später habe ich ein Ingenieursstudium<br />

gemacht. Mein ganzes Leben hatte bisher<br />

mit dieser Sportart zu tun. Ich könnte mir nie vorstellen,<br />

etwas anderes zu tun.<br />

Was ist ihre beste Erinnerung als Chef des<br />

MotoGP-Hauptvermarkters?<br />

Es gibt so viele... Ich habe keine spezielle beste<br />

Erinnerung, davon gab es einfach zu viele. Allerdings<br />

erinnere ich mich sehr gut an die schlechtesten<br />

Momente, Unfälle und so etwas. Ich mache<br />

mir keine Gedanken darüber, was die beste Erinnerung<br />

war. Ich mache mir eher Sorgen um<br />

Unfälle und an die muss ich auch immer wieder<br />

zurückdenken.<br />

Was war das Schlimmste?<br />

Marco Simoncelli, Shoya Tomizawa, Daijiro Kato,<br />

all die Leute, die bei uns gestorben sind. Der Unfall<br />

von Wayne Rainey 1993 in Misano war auch<br />

fürchterlich.<br />

Macht es den Job manchmal schwer, das schwarze<br />

Schaf zu sein, wenn es Kritik gibt oder etwas Negatives<br />

passiert?<br />

Die Dorna besteht momentan aus 300 Menschen.<br />

Ich bin nur der CEO. Es gibt viel mehr Leute, die<br />

für unsere Firma arbeiten und ich bin natürlich<br />

nicht für alles verantwortlich. Die Dorna ist<br />

schließlich kein Unternehmen, das nur aus einer<br />

Person besteht. Um alles gut zu machen, brauchst<br />

du einfach ein großes, gutes Team.<br />

Angenommen Sie hätten einen Wunsch frei. Was<br />

wäre das?<br />

So weiter<strong>zum</strong>achen, wie bisher. Wir verbessern uns<br />

in jedem Jahr und beenden viele Dinge positiv.<br />

Wenn wir - was die technischen Regeln angeht -<br />

alles so fertigstellen, wie wir es geplant haben, dann<br />

ist das toll. Aber wir denken auch über neue Rennstrecken<br />

nach, darüber, wie wir noch mehr<br />

Zuschauer anziehen und wie wir neue Sponsoren<br />

gewinnen können. Es gibt immer viel zu tun.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93


FOTOS: MIALGRO<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


CRAZY<br />

JOE<br />

AUF DER<br />

ÜBERHOLSPUR<br />

ANDREA IANNONE IST EINER DER GEWINNER DIESER MOTOGP-SAISON. NACH<br />

GESCHWINDIGKEITS-REKORD UND AUFSTIEG IN DUCATIS WERKSTEAM WILL ER ALS<br />

TEIL DER ITALIENISCHEN ROTEN ARMEE DIE GEGNER IN DIE MANGEL NEHMEN.<br />

TEXT: MICHAEL HÖLLER<br />

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ür Andrea Iannone ging im<br />

Sommer alles ganz schnell. »Ich<br />

kann mich gar nicht mehr<br />

genau erinnern, wann und wie<br />

mir die Ducati-Offiziellen von<br />

meiner Beförderung ins Werksteam<br />

berichtet haben«, gesteht<br />

Iannone gegenüber <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com. Zu<br />

rasant sei damals alles gegangen, um irgendwelche<br />

Details im Gedächtnis behalten haben zu können.<br />

»Ich bin aber sehr glücklich, dass mir Ducati diese<br />

Chance eröffnet. Das war mein großer Traum«,<br />

stellt Iannone klar. Schon im Frühjahr wurde der<br />

25-jährige Italiener als heißer Kandidat für die<br />

Nachfolge von Cal Crutchlow im Werksteam von<br />

Ducati gehandelt. Beim Satellitenteam Pramac mit<br />

ebenbürtigem Werksmaterial versorgt, stellte Iannone<br />

den britischen Neuzugang ein ums andere<br />

Mal in den Schatten. Bis zur Sommerpause war<br />

Iannone bei zwei Ausfällen nur ein einziges Mal<br />

hinter Crutchlow ins Ziel gekommen. Die Gerüchte<br />

um und der Ruf mancher italienischer Gazetten<br />

nach der Ablöse des inferioren Briten wurden<br />

immer lauter. Nicht zuletzt, weil Crutcahlow selbst<br />

eine Option in seinem Vertrag hatte, die es ihm<br />

erlaubte, bei schlechten Ergebnissen selbst einen<br />

Schlussstrich zu ziehen. Doch Ende Juli verkündete<br />

Crutchlow im Rahmen der »World Ducati Week«,<br />

dass er seine Ausstiegsklausel nicht wahrnehmen<br />

werde und auch 2015 bei Ducati neben Andrea<br />

Dovizioso antrete. Iannone schaute durch die Finger<br />

und musste sich mit der Zusage aus Bologna<br />

zufrieden gebe, dass er in der kommenden Saison<br />

bei Pramac dennoch Werksunterstützung erhalte.<br />

Rund eineinhalb Wochen später sah die Sache ganz<br />

anders aus. Denn in den Wirren von Transferfristen<br />

und Vertragsparagraphen tat sich für Crutchlow<br />

eine Chance bei LCR und damit die Möglichkeit<br />

auf eine Factory Honda auf, weil sich Stefan Bradl<br />

zu überhastet für Forward Racing entschieden<br />

hatte. Bradls Pech machte Crutchlow glücklich.<br />

Noch glücklicher machte das allerdings Iannone,<br />

der plötzlich doch einen Vertrag als Werksfahrer<br />

für 2015 in der Tasche hatte. Am 2. August traf<br />

um 16:22 Uhr eine schlichte Presseaussendung<br />

im Posteingang der <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com-<br />

Redaktion ein. »Die beiden Ducati Team Fahrer<br />

für 2015 sind nun Andrea Dovizioso und Andrea<br />

Iannone«, hieß es dort im letzten der nur zwei<br />

Sätze langen Aussendung, die über Cal<br />

Crutchlows Abgang informierte. Für Iannone<br />

waren diese schnöden Worte die Krönung seiner<br />

Laufbahn in der Weltmeisterschaft, an der er<br />

bereits seit 2005 teilnimmt. Seinen Aufstieg <strong>zum</strong><br />

offiziellen Werksfahrer kann Iannone noch<br />

immer nicht so richtig fassen. »Ich weiß nicht,<br />

wieso Ducati ausgerechnet mich ausgewählt hat.<br />

Natürlich bin ich davon überzeugt, dass ich ein<br />

starker Fahrer bin und meine Ergebnisse waren<br />

zuletzt gut. Ducati glaubt, dass ich die beste Wahl<br />

für sie bin - das ehrt mich natürlich sehr«, freut<br />

sich der Italiener.<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

349,6 km/h - Iannone<br />

knackte in<br />

Mugello einen<br />

Rekord<br />

Iannone ist für<br />

seine<br />

Kampfkraft<br />

bekannt<br />

In den<br />

italienischen<br />

Medien kommt<br />

Crazy Joe gut an


Für den Durchbruch in der Weltmeisterschaft<br />

brauchte der 25-Jährige etwas länger als andere<br />

Fahrer vor oder nach ihm. Am 4. Mai 2008 gelang<br />

ihm im Alter von 18 Jahren im erst 48. Rennen<br />

seiner Karriere in der Achtelliterklasse in Shanghai<br />

der erste Sieg. Drei weitere <strong>Erfolg</strong>e und eineinhalb<br />

Jahre später gelang ihm der Aufstieg in<br />

die 250cc-Nachfolgeklasse Moto2. Mit diesem<br />

Wechsel ging Iannones Durchbruch in der Weltmeisterschaft<br />

einher. In seinem vierten Saisonrennen<br />

in Mugello stand er das erste Mal auf der<br />

Pole Position, siegte und sackte die schnellste<br />

Rennrunde auch gleich noch mit ein. Zwei weitere<br />

Saisonsiege folgten und am Ende des Jahres<br />

stand Iannone als Dritter der Gesamtwertung da.<br />

Das gelang ihm auch in den beiden Folgejahren<br />

kämpfen zu können«, sagte Iannone nach Saisonende<br />

2013.<br />

Und tatsächlich: 2014 sollte alles anders werden.<br />

Topfit und mit Werksunterstützung von Ducati<br />

war Iannone eine der positiven Überraschungen<br />

der ersten Saisonrennen. Rang sieben in Austin<br />

bedeutete sein bis dahin bestes Ergebnis in der<br />

Königsklasse, das er nur zwei Wochen später in<br />

Argentinien mit Platz sechs toppte. In Mugello<br />

stand er <strong>zum</strong> ersten Mal in seiner Karriere in der<br />

ersten Startreihe eines MotoGP-Rennens und<br />

erzielte an diesem Wochenende zudem seinen<br />

ersten Rekord in der Königsklasse. Im Training<br />

wurde er mit 349,6 km/h geblitzt. Nie zuvor wurde<br />

eine höhere Geschwindigkeit bei einem Fahrer in<br />

»IRGENDWANN WÜRDE ICH GERNE SO GUT SEIN UND<br />

EIN SO GUTES MOTORRAD HABEN, DASS ICH IN JEDEM<br />

RENNEN UM DAS PODIUM KÄMPFEN KANN. DAS IST DAS<br />

OBERSTE ZIEL.«<br />

2015 steigt<br />

Iannone ins<br />

Werksteam auf<br />

FOTOS: MIALGRO<br />

und mit insgesamt acht Siegen und 19 Podestplätzen<br />

ist Iannone bis heute einer der erfolgreichsten<br />

Fahrer der noch jungen Moto2-Klasse.<br />

In diesen Jahren sicherte er sich auch seinen<br />

Spitznamen »Crazy Joe«. Denn in der Moto2 war<br />

Iannone kein Manöver zu riskant, keine Lücke<br />

zu klein und kein Gashebel zu früh offen. Durch<br />

seine Aggressivität machte er sich viele Feinde<br />

unter den Fahrern, mit denen er auf der Strecke<br />

nie zimperlich umging. Doch die Teamverantwortlichen<br />

der MotoGP wurden auf den risikofreudigen<br />

Italiener aufmerksam. So sicherte sich<br />

Ducati für 2013 Iannones Dienste und parkte ihn<br />

im Satellitenteam Pramac. Doch wie schon viele<br />

Piloten vor ihm musste es Iannone in der Königsklasse<br />

auf die harte Tour lernen. Stürze und Verletzungen<br />

prägten sein Premierenjahr in der<br />

MotoGP. Noch vor Saisonstart wurde ein angeknackster<br />

Lendenwirbel - eine Verletzung, die er<br />

noch bei einem Moto2-Sturz davontrug - diagnostiziert.<br />

Hinzu gesellten sich in den ersten<br />

Monaten der Saison Unterarmschmerzen und<br />

schließlich eine ausgerenkte Schulter nach einem<br />

Trainingssturz auf dem Sachsenring. Eine Verletzung,<br />

die Iannone an seinem erst achten<br />

MotoGP-Wochenende bereits zur ersten Pause<br />

zwang und die ihn auch für das Folgerennen in<br />

Laguna Seca außer Gefecht setzte. Die zweite<br />

Hälfte seiner Rookie-Saison stand somit eher im<br />

Zeichen der Regeneration denn des aggressiven<br />

Rennfahrens. Nur fünf Top-10-Plätze sorgten<br />

dafür, dass Iannone die WM nur an der zwölften<br />

Position abschließen konnte. Ein Umstand, der<br />

niemanden mehr ärgerte als den Italiener selbst.<br />

»Ich kann meinen Instinkten nicht so folgen, wie<br />

ich es gerne würde. Ich will den Kampfgeist, den<br />

ich immer hatte, wiederfinden. Ich will mit dem<br />

Wissen zu Rennen reisen, mit den besten Fahrern<br />

der Motorrad-WM gemessen. Für Ducati musste<br />

Iannone aber auch immer wieder als Versuchskaninchen<br />

im Motorenbereich herhalten - die Kehrseite<br />

der Werksunterstützung für den Italiener. Da<br />

bei der roten Rennfraktion aus Bologna noch lange<br />

nicht alles glatt läuft, musste Iannone aber auch den<br />

einen oder anderen Defekt in Kauf nehmen. So ging<br />

ihm etwa in Indianapolis kurz nach Hälfte der<br />

Renndistanz der Motor hoch. Als Werkspilot ist<br />

Iannone ab nächster Saison im Hinblick auf die<br />

störrische Desmosedici auch als Entwickler gefragt.<br />

Eine neue Herausforderung, auf die er sich freut:<br />

»Das Motorrad ist nicht schlecht. Ich hoffe aber,<br />

dass wir in nächster Zeit noch einige Bereiche verbessern<br />

können. Das ist wichtig für meine Zukunft<br />

und für die Zukunft von Ducati.« Denn Iannone<br />

hat große Pläne, die er im italienischen Dream<br />

Team mit seinem neuen Teamkollegen Andrea<br />

Dovizioso und dem Technikguru Gigi Dall‘Igna in<br />

die Tat umsetzen will. »Irgendwann würde ich<br />

gerne so gut sein und ein so gutes Motorrad haben,<br />

dass ich in jedem Rennen um das Podium kämpfen<br />

kann. Das ist das oberste Ziel«, gibt sich Iannone<br />

für die kommenden Jahre kämpferisch.<br />

Die Erwartungshaltung ist hoch - vor allem<br />

wegen Ducatis hohem Selbstanspruch. Seit 2010<br />

ist die italienische Marke in der MotoGP nun<br />

schon ohne Sieg. Ein Umstand, der vor allem<br />

dem sportlich stets erfolgreichen Eigentümer<br />

Audi sauer aufstößt. An Motivation und Arbeitseifer<br />

mangelt es Iannone aber nicht, der seinen<br />

Teil zu Ducatis Weg zurück an die Spitze der<br />

Motorrad-WM beitragen möchte. »Ducati-Fahrer<br />

zu werden, war immer mein Traum. Das ist<br />

eine ganz besondere Marke«, stellt Iannone klar.<br />

Ab 2015 wird dieser Traum für den Italiener<br />

Wirklichkeit.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97


FOTOS: MILAGRO<br />

DIE<br />

ULTIMATIVE<br />

ÜBERFORDERUNG?<br />

TEXT: MARKUS ZÖRWEG<br />

FREDDIE SPENCER KONNTE ALS LETZTER PILOT IN DER MOTORRAD-WM ZWEI TITEL IN EINEM<br />

JAHR GEWINNEN UND WAR VOR MARC MARQUEZ DER JÜNGSTE KÖNIGSKLASSEN-CHAMPION<br />

DER GESCHICHTE. IM GESPRÄCH MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ANALYSIERT ER DIE<br />

AMBITIONEN SEINES NACHFOLGERS AUF DEN TITEL-DOPPELPACK.


Freddie Spencer<br />

war der Marc<br />

Marquez der 80er<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 99


MSM: Es gab Gerüchte, dass Marc Marquez bald<br />

auch in der Moto2 fahren wird. Denkst du, dass<br />

so etwas heute noch möglich ist?<br />

FREDDIE SPENCER: Alles ist möglich! Wenn es<br />

irgendjemand schaffen kann, dann Marc. Man muss<br />

nur die Art beobachten, wie er Rennen gewinnt.<br />

Da erkennt man, dass er sich sehr schnell an neue<br />

Situationen anpassen kann. Das ist der Schlüssel<br />

<strong>zum</strong> <strong>Erfolg</strong>.<br />

Du hast es 1984 sogar geschafft, in den Klassen bis<br />

250ccm und 500ccm Weltmeister zu werden.<br />

Das stimmt, und Marc war ja schon Moto2-Weltmeister.<br />

Ich war vor meiner Saison noch nie eine<br />

250er-Maschine in der WM gefahren und generell<br />

hatte ich sechs Jahre lang kein Rennen mehr auf<br />

einer 250er bestritten. Aber es wäre trotzdem<br />

schwer für Marc. Der Leistungsunterschied zwischen<br />

den beiden Klassen ist groß. Was ihm zu Gute<br />

kommt, ist die Tatsache, dass sowohl die Moto2- als<br />

auch die MotoGP-Bikes Viertakter sind.<br />

Ist der Unterschied zwischen einer Moto2- und<br />

einer MotoGP-Maschine kleiner als zwischen einer<br />

250er und einer 500er?<br />

Ich denke schon. Zwischen einer 250er und einer<br />

500er ist ein Riesenunterschied - die Bremspunkte,<br />

wo man einlenken muss, wann man wieder ans Gas<br />

gehen kann. Außerdem musste man die zwei Bikes<br />

ganz unterschiedlich fahren. Mit der 250er musste<br />

man mehr das Tempo mitnehmen, auf der 500er<br />

musste man hart bremsen, das Motorrad in die<br />

Kurve werfen und wieder voll hinausbeschleunigen.<br />

Das ist der Grund, warum damals sogar großartige<br />

250er-Piloten wie Toni Mang oder Carlos Lavado<br />

auf den 500ern Probleme hatten. Es war schwieriger,<br />

diesen Übergang zu schaffen. Außerdem gab es<br />

damals noch keine elektronischen Hilfsmittel. Als<br />

Pilot warst Du die Elektronik. Man musste auf einer<br />

500er-Maschine konstant vorausdenken. Das war<br />

das Schwierige.<br />

Du warst der letzte Fahrer, der zwei Weltmeisterschaften<br />

in einer Saison gewonnen hat. Ist das ein<br />

Rekord, der dir viel bedeutet?<br />

Natürlich! Es ist ein unglaubliches Privileg, dass<br />

Leute sich 29 Jahre später immer noch erinnern,<br />

wie sie dich damals siegen gesehen haben. Das war<br />

eine großartige Chance für mich, aber auch<br />

unglaublich hart. Es gab viele Momente, in denen<br />

ich mir gedacht habe: ‚Was zur Hölle mache ich hier<br />

nur?‘ Am Ende hat aber alles funktioniert.<br />

Würdest du diese Leistung für etwas anderes eintauschen,<br />

<strong>zum</strong> Beispiel für mehr Weltmeistertitel<br />

in der 500ccm-Klasse?<br />

Ich habe viel darüber nachgedacht und jedes Mal<br />

überlege ich, ob meine Karriere länger gedauert<br />

hätte, wenn ich nur eine Klasse gefahren wäre. Aber<br />

wer weiß das schon? Das ist alles hypothetisch. Im<br />

Leben geht es nicht darum, sich zu fragen, was passieren<br />

könnte, sondern es einfach zu machen. In<br />

zwei Klassen zu fahren hat meine Karriere vielleicht<br />

etwas verkürzt, aber ich sehe es definitiv als Privileg<br />

an. Ich hätte nur eine Klasse fahren können und<br />

vielleicht wäre etwas anderes passiert.<br />

Was war das Schwierigste daran, zwei unterschiedliche<br />

Motorräder in einer Saison zu fahren?<br />

Man muss die Umstände kennen. Honda war<br />

damals neu in der Motorrad-Weltmeisterschaft,<br />

jetzt sind sie schon seit Ewigkeiten dabei. Die<br />

Motorräder ändern sich heutzutage jedes Jahr nur<br />

minimal. Damals haben wir jedes Jahr große Veränderungen<br />

vorgenommen. Wir haben einige<br />

Dinge probiert, die vor uns noch niemand versucht<br />

hatte. Wir mussten einen komplett neuen Motor<br />

und ein neues Chassis entwickeln. Das war an sich<br />

schon schwierig. Für mich und das Team war aber<br />

das Schwierigste, dass wir immer zu wenig Zeit<br />

Spencer wurde<br />

zweimal<br />

500cc-Weltmeister<br />

Die Rookies konnten sich extrem schnell eingewöhnen<br />

Name:<br />

Freddie Spencer<br />

Geburtsdatum: 20. Dezember 1961<br />

in Shreveport, USA<br />

Weltmeistertitel:<br />

2x 500ccm<br />

(1983 und 1985),<br />

1x 250ccm (1985)<br />

WM-Starts: 72<br />

Siege: 27<br />

Podien: 39<br />

Pole Positions: 24<br />

Debütalter in der Königsklasse: 18 Jahre<br />

hatten. Damals waren die Trainings noch direkt<br />

hintereinander, ohne jegliche Pause. Sobald eine<br />

Klasse fertig und von der Strecke weg war, kam die<br />

nächste dran. Erst nach den Trainings beider Klassen<br />

war Zeit für die Nachbesprechung.<br />

Du musstest dich also an alles erinnern.<br />

An alles, was ich nicht in einer sehr kurzen Zeit<br />

sagen konnte. Dann hatte ich in den zwei Klassen<br />

auch noch unterschiedliche Crews. Ich musste<br />

abseits der Strecke viele Stunden in mentales Training<br />

investieren, um das zu meistern.<br />

Die Rennen waren zeitlich auch eng beieinander.<br />

Ja, ich war beispielsweise auf dem Podium, weil ich<br />

das 500er-Rennen gewonnen hatte und die 250er<br />

waren schon auf dem Weg in die Startaufstellung.<br />

Dann musste ich vom Podium runterlaufen, schnell<br />

so viel Wasser wie möglich trinken und dann auf<br />

der 250er rausgehen.<br />

Du durftest ja nicht einmal Champagner<br />

trinken!<br />

Ich konnte es nicht mal richtig genießen! Darüber<br />

muss ich heute immer lachen. Jetzt würde ich mich<br />

so richtig feiern lassen. Ich wäre der Letzte, der das<br />

Podium verlässt, würde Champagner trinken und<br />

herumblödeln. Damals war ich immer so ernst, aber<br />

ich musste mich eben schon auf das nächste Rennen<br />

konzentrieren. Dann hatte ich nur die eine Runde<br />

in die Startaufstellung und die Aufwärmrunde, um<br />

mich an das Motorrad zu gewöhnen. →<br />

VERGLEICH: SPENCER VS. MARQUEZ<br />

Name:<br />

Marc Marquez<br />

Geburtsdatum: 17. Februar 1993<br />

in Cervera, Spanien<br />

Weltmeistertitel: 1x 125ccm (2010),<br />

1x Moto2 (2012),<br />

1x MotoGP (2013)<br />

WM-Starts: 109<br />

Siege: 43<br />

Podien: 66<br />

Pole Positions: 47<br />

Debütalter in der Königsklasse: 20 Jahre<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Nach seinem<br />

zweiten WM-Titel<br />

gewann Spencer<br />

nie wieder ein<br />

Rennen<br />

IM LEBEN GEHT ES NICHT DARUM, SICH ZU FRAGEN, WAS PASSIEREN KÖNNTE, SONDERN<br />

ES EINFACH ZU MACHEN. IN ZWEI KLASSEN ZU FAHREN HAT MEINE KARRIERE VIELLEICHT<br />

ETWAS VERKÜRZT, ABER ICH SEHE ES DEFINITIV ALS PRIVILEG AN.


USA meets Japan:<br />

Spencer fuhr lange<br />

Jahre für Honda<br />

MAN BRAUCHT MEHR ALS NUR SPEED. ES GEHT DARUM, DINGE VORAUSZUAHNEN, DENN ES<br />

WIRD KEIN WOCHENENDE GEBEN, AN DEM MAN OHNE JEGLICHE PROBLEME DURCHKOMMT.<br />

FOTOS: MILAGRO<br />

500cc und 250cc<br />

- Spencer stellte<br />

sich beiden<br />

Klassen<br />

gleichzeitig


Marc sagte, dass man als Neuling in einer Klasse<br />

nie so schnell sein kann, wie die Piloten, die schon<br />

länger dort fahren. Siehst du das auch so?<br />

Er hat schon Recht. Auch wenn er früher in der<br />

Moto2 gefahren ist, hat sich die Klasse inzwischen<br />

doch weiterentwickelt. Der Unterschied ist aber<br />

nicht so gravierend. Er könnte sich sicherlich daran<br />

gewöhnen. Ich denke, wenn es jemand schafft, dann<br />

Marc.<br />

Sonst niemand?<br />

Mir wurde genau dieselbe Frage gestellt, als Valentino<br />

2001 das letzte Jahr auf der 500er gefahren ist.<br />

Da gab es auch diese Gerüchte. Hätte er es gekonnt?<br />

Mit Sicherheit! Davon bin ich überzeugt. Er ist ein<br />

großartiger Pilot, genauso wie Marc. Die zwei sind<br />

da aber schon besonders, weil sie einfach alles<br />

haben, was man benötigt, um ein Weltklassepilot<br />

zu sein. Man braucht mehr als nur Speed. Es geht<br />

darum, Dinge vorauszuahnen, denn es wird kein<br />

Wochenende geben, an dem man ohne jegliche<br />

Probleme durchkommt.<br />

Ist Marc der Konkurrenz da in so vielen Bereichen<br />

voraus?<br />

Es ist oft nicht viel, aber immer ein kleines Bisschen.<br />

In Silverstone etwa war er bereit, in manchen<br />

Bereichen etwas mehr zu geben und es machte sich<br />

bezahlt. Das ist etwas, das einen großartigen Piloten<br />

von einem guten Piloten unterscheidet. Diese Gabe,<br />

immer einen Weg zu finden.<br />

Siehst du einen Fahrer in der MotoGP oder auch<br />

in den kleineren Klassen, der Marc in den nächsten<br />

Jahren konstant fordern könnte?<br />

Es geht nicht nur um Marc alleine. Auch das Team<br />

und das Equipment machen viel aus. Es ist wichtig,<br />

dass die Crew und das Bike <strong>zum</strong> Fahrer passen.<br />

Marc hat eine großartige Truppe, die er aus der<br />

Moto2 mitgebracht hat und das bedeutet ihm sehr<br />

viel. Solche Kleinigkeiten können den Unterschied<br />

ausmachen.<br />

Also kann ihn niemand schlagen?<br />

Alex, sein Bruder. Der könnte es vielleicht schaffen.<br />

Er macht seine Sache sehr gut. Das wäre sicherlich<br />

interessant. Vielleicht werden wir es irgendwann in<br />

nicht allzu ferner Zukunft sehen.<br />

Was würdest du davon halten, wenn Marc und<br />

Alex in einem Team fahren?<br />

Ich habe das im Motorradsport noch nicht oft gesehen,<br />

aber dafür bei Autorennen, <strong>zum</strong> Beispiel die<br />

Bush-Brüder in der NASCAR. Da gab es ja echte<br />

Probleme, denn sie haben in den Duellen überhaupt<br />

nicht nachgegeben. Die Bushs haben sich manchmal<br />

sogar gegenseitig aus dem Rennen geschossen.<br />

Da fragt man sich schon, was da zwischen Marc<br />

und Alex passieren würde.<br />

2016 wird es ein völlig neues Reglement und mit<br />

Michelin einen anderen Reifenlieferanten geben.<br />

Denkst du, dass wir dann einen anderen Fahrer<br />

sehen könnten, der so dominiert wie Marc jetzt?<br />

Ich gehe davon aus, dass Honda weiterhin stark sein<br />

wird. Durch die Einheitselektronik werden die<br />

Abstände aber wohl geringer werden. Die Reifen<br />

sehe ich nicht als großes Problem. Es gibt in diesem<br />

Herbst bereits die ersten Testfahrten mit Michelin,<br />

also sollte genug Zeit bleiben, um sich auf einen<br />

neuen Hersteller einzustellen und den Fahrern ein<br />

gutes Gefühl zu geben. Der entscheidende Faktor<br />

wird aber auch 2016 wieder die Anpassungsfähigkeit<br />

der Fahrer sein, denn die Motorräder werden<br />

sich anders anfühlen.<br />

Viele Leute sehen ja die Elektronik als großen Vorteil<br />

der Honda. Wie siehst du das?<br />

Darüber wird es immer Spekulationen geben. Marc<br />

würde dir jetzt wahrscheinlich sagen, dass die<br />

Yamaha auch in einigen Bereichen stärker ist. Wenn<br />

du Jorge oder Valentino fragst, werden sie dir sagen,<br />

dass die Honda viel stärker ist. Wenn du Kenny<br />

Roberts fragst, wird er dir sagen, dass die Honda<br />

besser auf der Bremse war und ich sage, dass seine<br />

Yamaha besser beschleunigt hat. Man muss immer<br />

Kompromisse eingehen. Ein Motorrad ist nie<br />

perfekt.<br />

Also wird sich durch die Einheitselektronik am<br />

aktuellen Kräfteverhältnis nicht viel ändern?<br />

Ich denke, dass Honda und Yamaha an der Spitze<br />

sein werden, genauso wie jetzt. Man muss abwarten,<br />

was mit Ducati passiert und auch mit Suzuki und<br />

Aprilia. Es wäre großartig, wenn sie auch mithalten<br />

könnten. Man wünscht sich ja mehr als nur zwei<br />

Hersteller, die gewinnen können. In der MotoGP<br />

ist es teilweise schon so, dass sich das Feld ziemlich<br />

auseinander zieht und man nicht so viele Zweikämpfe<br />

sieht. Es sind meistens nur zwei Piloten<br />

beisammen, während zu meiner Zeit zehn Fahrer<br />

in einer Gruppe waren, sich gegenseitig überholten<br />

und um den Sieg kämpften. Jeder will gutes Racing<br />

und ein ausgeglichenes Feld sehen, sodass es mehr<br />

auf den Fahrer ankommt. Das wünscht sich auch<br />

jeder Pilot. Mit Ausnahme vielleicht des Piloten,<br />

der den Vorsprung hat. Der wird sagen: ‚Hey, mir<br />

geht‘s gut. Ich habe kein Problem mit dem<br />

Vorteil.‘<br />

Es wird immer Leute geben, die sagen, Marc ist<br />

nur so stark, weil die Honda so gut ist. Denkst du,<br />

dass es für ihn wichtig wäre, auf einem anderen<br />

Motorrad Weltmeister zu werden?<br />

Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wechseln wird.<br />

Er ist so gerne bei Honda und fühlt sich dort wohl.<br />

Valentino <strong>zum</strong> Beispiel ist damals gewechselt, weil<br />

es ihn motiviert hat. Marc ist da etwas anders. Ihn<br />

motiviert es eher, bei seinem Team und seinen Leuten<br />

zu bleiben. Als Valentino auf der Honda gewonnen<br />

hat, haben auch alle gesagt, die Honda ist besser,<br />

aber Valentino hat den Unterschied ausgemacht,<br />

genauso wie es Marc jetzt auch tut. Das wird es<br />

immer geben. Das ist Teil des Sports.<br />

Dani Pedrosa konnte Marc als Teamkollege bei<br />

Repsol Honda nie richtig fordern. Denkst du, es<br />

wäre für Marc schwieriger, wenn beispielsweise<br />

Jorge Lorenzo sein Teamkollege wäre?<br />

Ich weiß es nicht. Marc und Jorge fahren sehr unterschiedliche<br />

Stile. Die Yamaha und die Honda sind<br />

zwei grundverschiedene Bikes, also muss Jorge auch<br />

anders fahren als Marc. Man weiß nicht, wie Jorge<br />

mit der Honda zurechtkommen würde. Etwas, dass<br />

ihn aber von Dani unterscheidet und wodurch er<br />

vielleicht ein härterer Konkurrent wäre, ist, dass er<br />

ebenso aggressiv ist wie Marc. Sobald sich eine<br />

Chance bietet, nutzen sie die auch. Dani hat uns oft<br />

genug gezeigt, dass er gewinnen kann, aber man<br />

sieht selten, dass er sich Siege richtig erkämpft. Es<br />

ist nicht so, dass er nicht aggressiv sein könnte, aber<br />

das ist einfach nicht seine Art Rennen zu fahren.<br />

Er hat eine andere Herangehensweise. Wenn er <strong>zum</strong><br />

Beispiel in Führung liegt, ist er nur ganz schwer zu<br />

schlagen.<br />

Marc und du wart in etwa gleich alt, als ihr in die<br />

Königsklasse gekommen seid. Welche Unterschiede<br />

siehst du in puncto Reife zwischen euch beiden,<br />

sowohl als Fahrer als auch als Person?<br />

Nicht besonders viele. Marc hatte aber bei seinem<br />

MotoGP-Einstieg schon viel mehr Erfahrung in der<br />

Weltmeisterschaft. Er war zuvor schon zwei Mal<br />

Weltmeister. Ich bin zwei Rennen in der WM<br />

gefahren, bevor ich 1982 in meine erste 500ccm-<br />

Saison mit Honda gegangen bin. Das ist der größte<br />

Unterschied. Wir hatten aber beide schon viel<br />

Erfahrung was den Rennsport generell angeht. Ich<br />

bin bei meinem Einstieg schon 17 Jahre Rennen<br />

gefahren und das ist bei ihm ähnlich. Marc geht<br />

sehr überlegt und methodisch an die Sache heran,<br />

weiß genau, was wichtig ist, ist stets aufmerksam.<br />

Ich war genau gleich. Unsere Fahrstile sind vielleicht<br />

unterschiedlich, aber was die Persönlichkeit angeht,<br />

sind wir uns recht ähnlich.<br />

Spencer war 1983<br />

der jüngste<br />

Weltmeister der<br />

Königsklasse<br />

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SLIDESHOW | MOTORSPORT | #39 | 2014<br />

❱ KONKURRENZ<br />

MIT TOTALSCHADEN<br />

FOTO: ADRIVO/SUTTON<br />

TEXT: MARION ROTT<br />

Volkswagen ist voll auf Kurs. Ein Titel jagt den nächsten und selbst ein<br />

Dreifachpodest ist mittlerweile nichts Außergewöhnliches mehr. Doch wo<br />

viel Licht ist, gibt es auch Schatten. VW zeigt grandiose Leistungen und<br />

gewinnt, was es zu gewinnen gibt. Für die ohnehin gebeutelte WRC ist<br />

diese unglaubliche Dominanz aber der nächste Nackenschlag. Wo bleibt<br />

die Spannung, wo der Kampf, wo die Sekundenduelle der einzelnen Hersteller?<br />

Ohne technische Defekte oder Ausrutscher - wie beispielsweise<br />

in Deutschland - ist schon vor dem Start der ersten Prüfung der Sieger<br />

klar. Citroen, Ford und auch Neueinsteiger Hyundai mutieren zu Randnotizen.<br />

Die Frage ist nur, wie lange sich die anderen Hersteller noch im<br />

Schatten des Weltmeisters aufhalten wollen, bevor sie sich einen anderen<br />

Platz an der Sonne suchen.<br />

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FOTOS: DTM, MERCEDES-BENZ<br />

TEXT: STEFANIE SZLAPKA<br />

MOTORSPORT<br />

KANN<br />

BRUTAL<br />

SEIN<br />

ALS AMTIERENDER CHAMPION HAT PAUL DI RESTA DIE DTM ENDE 2010 VERLASSEN. MIT DER HOFFNUNG AUF<br />

SIEGE UND EINEN ZWEITEN TITEL KEHRTE ER ZU BEGINN DIESES JAHRES AUS DER FORMEL 1 IN DIE DTM ZURÜCK.<br />

IM GESPRÄCH MIT MOTORSPORT-MAGAZIN.COM ERKLÄRT DER SCHOTTE DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN ANSPRUCH<br />

UND WIRKLICHKEIT.<br />

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FOTOS: DTM, MERCEDES-BENZ, ADRIVO/SUTTON<br />

Paul Di Resta ging mit dem Ziel in seine Comeback-Saison,<br />

um Rennsiege und den DTM-Titel zu kämpfen. Die<br />

Ernüchterung war bei den ersten Saisonläufen groß<br />

MSM: Wie war es für dich in die DTM zurückzukehren und festzustellen,<br />

dass Mercedes nicht so stark ist wie erwartet?<br />

PAUL DI RESTA: Ich wusste, dass Mercedes gegen Ende der Vorjahressaison<br />

zu kämpfen hatte. Mit meiner Rückkehr hatte ich gehofft, dem Team mit meiner<br />

Erfahrung helfen zu können. Wir haben relativ schnell gemerkt, dass die Performance<br />

nicht wie erwartet war. Trotzdem war das erste Rennen ein Schock.<br />

Wir hatten nicht damit gerechnet, so weit weg zu sein. Von diesem Moment an<br />

wurden sofort Gegenmaßnahmen gesetzt, die Teamstruktur wurde verändert<br />

und wir bekamen die Möglichkeit, das Auto weiterzuentwickeln. Wir hoffen<br />

jetzt, dass wir mit den neuen Teilen am Auto, die wir seit Zandvoort haben,<br />

konkurrenzfähiger sind und den Abstand verkürzen können.<br />

Wie sehr bist du in die Entwicklung des nächstjährigen Autos involviert?<br />

Wir haben vor einigen Wochen einen Test absolviert, allerdings habe ich bei<br />

diesem gefehlt. Entscheidend sind neue Ideen, die unsere Leute einbringen.<br />

Es geht darum, eine neue Richtung zu finden und nicht den Leuten Vorwürfe<br />

zu machen. Es passiert leicht, dass man in die falsche Richtung entwickelt.<br />

Doch jeder Einzelne bei Mercedes arbeitet hart daran, dass wir unser Ziel<br />

erreichen.<br />

Welchen Einfluss hat die neue Struktur auf deine Arbeitsweise?<br />

Alles läuft sehr gut. Es war die richtige Entscheidung, die Fahrer in den<br />

Umstrukturierungsprozess miteinzubeziehen. Das Team wollte unsere Meinung<br />

hören, wie ein Wochenende bestmöglich funktioniert, gleiches wollten<br />

sie von den Ingenieuren, den Mechanikern und allen anderen Beteiligten<br />

wissen. Es geht absolut in die richtige Richtung. Ich denke, dass jeder dieser<br />

Ansicht ist. Natürlich kommt der <strong>Erfolg</strong> nicht über Nacht zurück. Wichtig<br />

ist, dass wir in speziellen Bereichen, die Leute holen, die wir brauchen und<br />

gleichzeitig die Qualität der bereits vorhandenen Leute nutzen. Sie kennen<br />

die aktuelle Struktur und stellen sicher, dass wir am Wochenende unser Bestes<br />

geben können.<br />

Wenn du dieses Jahr zu einem Rennen reist, siehst du das dann als Rennen<br />

oder eher als Test an?<br />

Ich sehe es als Rennen an. Natürlich muss man jedes Mal schauen, wo man<br />

steht. Aber bei Rennen wie dem Norisring war die Hoffnung groß, ein tolles<br />

Rennen zeigen zu können. Wir geben immer unser Bestes und versuchen, in<br />

die Punkte zu fahren. Das hat man auch am Nürburgring gesehen. Unsere<br />

Performance war dort sehr gut. Die Chance auf das Podium war definitiv<br />

vorhanden. Wenn wir weiter vorne gestanden hätten, dann hätten wir durchaus<br />

auch um den Sieg mitkämpfen können. Wir müssen einfach als Team<br />

wachsen.<br />

Das Rennen auf dem Norisring war wohl die größte Enttäuschung für dich<br />

in dieser Saison...<br />

Für mich persönlich, ja. Ich bin von Platz zwei gestartet und am Ende als 15.<br />

ins Ziel gekommen. Aber <strong>Motorsport</strong> kann manchmal brutal sein und das<br />

Rennen auf dem Norsiring war definitiv einer dieser Momente.<br />

War es für dich schwer, dich für die Rennen zu motivieren?<br />

Nein, mit Sicherheit nicht. Natürlich bin ich in die DTM zurückgekehrt, um<br />

Rennen und Meisterschaften zu gewinnen. Das ist weiterhin mein Ziel. Doch<br />

die DTM hat sich in meiner Abwesenheit weiterentwickelt - genauso wie ich.<br />

Ich denke, dass ich als Fahrer gereift bin. Ich habe jetzt mehr Erfahrungen,<br />

verfüge über mehr fahrerische Qualitäten. Mercedes weiß das und ich bin<br />

überzeugt, dass wir gemeinsam unser Ziel erreichen werden.<br />

Seit Zandvoort setzt Mercedes das neue Auto ein. Wie aufregend ist das?<br />

Wir hatten in Zandvoort ja nur ein neues Fahrzeug am Start. Wir dürfen die<br />

Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Man kann nicht erwarten, dass das<br />

Auto von Beginn an konkurrenzfähig ist und reibungslos funktioniert. Im<br />

Hinblick auf das nächste Jahr ist es allerdings wichtig, dass wir sicherstellen,<br />

dass wir ausreichend Daten haben, um im Winter das Maximum herausholen<br />

zu können.<br />

Du würdest also sagen, dass wir erst in Hockenheim 2015 das volle Potenzial<br />

des Autos sehen werden?<br />

So wird es vermutlich sein. Aber das Auto kann auch von Beginn an schnell<br />

sein. Im Moment ist es schwer zu sagen.<br />

Das heißt, es wird einfach weiter gearbeitet?<br />

Ja, wir arbeiten mit der gleichen Philosophie weiter. Wir tun, was wir können.<br />

Wenn das reicht, dann ist es super. Wenn es nicht reicht, dann arbeiten wir<br />

einfach noch härter. Ich bin überzeugt, dass wir über den Winter - mit den<br />

bestehenden Leuten und den neuen Leuten, die <strong>zum</strong> Team stoßen werden<br />

- einen super Job machen und 2015 wieder konkurrenzfähig sein werden.<br />

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Wenn du die DTM 2010 mit der DTM des Jahres 2014 vergleichst, was sind die<br />

größten Unterschiede?<br />

Es gibt einen weiteren Hersteller [lacht]. Es ist auf jeden Fall härter geworden.<br />

In den Rennen gibt es mehr Kontakte als früher. Wichtiger ist für mich, was sich<br />

nicht geändert hat. Die DTM ist für mich immer noch ein toller Ort <strong>zum</strong> Rennfahren,<br />

ich bin zurück bei Mercedes, wo ich respektiert werde und mit Leuten<br />

zusammenarbeite, die ich gut kenne und mit denen ich bereits <strong>Erfolg</strong>e gefeiert<br />

habe. Jetzt müssen wir nur noch zu unserer alten Performance-Stärke auf der<br />

Strecke zurückfinden. Dafür arbeite ich genauso hart wie jede andere Person im<br />

Team. Ich habe vollstes Vertrauen in mein Team. Ich freue mich schon auf den<br />

Moment, wenn wir auf dem Podest stehen und den Siegerchampagner trinken<br />

- das wird ein sehr zufriedenstellender Moment für uns sein.<br />

Das heißt, dass wir dich nächstes Jahr wieder in der DTM sehen werden.<br />

Ja.<br />

Trotzdem sieht es nicht so aus, als wäre das Thema Formel 1 endgültig abgeschrieben.<br />

Wie siehst du das?<br />

Das stimmt. Die Formel 1 war immer mein großes Ziel. Natürlich ist es eine hart<br />

umkämpfte Rennserie. Wenn man es bereits einmal in die Formel 1 geschafft<br />

hat, dann will man es wieder schaffen. Es hat sich nichts geändert. Ich bin zu 100<br />

Prozent auf meinen Job in der DTM fokussiert und gebe mein Bestes für<br />

Mercedes-Benz sowie umgekehrt.<br />

Verfolgst du das Geschehen in der Formel 1?<br />

Ja, definitiv. Ich versuche, mit den Leuten in Kontakt zu bleiben - soweit es<br />

mir in der DTM möglich ist. Die DTM ist mein Antrieb. Diese Rennserie ist<br />

die klare Nummer 1 in meinem Leben - und Priorität hat, dort wieder erfolgreich<br />

zu sein.<br />

Di Resta verließ die DTM<br />

Ende 2010 als<br />

amtierender Champion<br />

Paul Di Resta und Daniel<br />

Juncadella arbeiten an<br />

weiteren Fortschritten<br />

5<br />

FACTS ZU PAUL DI RESTA<br />

Berühmte Verwandtschaft: Di Resta ist<br />

Cousin des früheren DTM-Fahrers Dario<br />

Franchitti, der ebenfalls für Mercedes<br />

startete. In diesem Jahr löste Pascal<br />

Wehrlein Franchitti als jüngsten DTM-Sieger<br />

der Geschichte ab.<br />

Besser als Vettel: Di Resta gewann in der<br />

Saison 2006 mit fünf Siegen den Titel in der<br />

Formel 3 Euroserie. Sein Kontrahent im<br />

Meisterschaftskampf: Ein gewisser<br />

Sebastian Vettel.<br />

Langjährige Partner: Di Resta und<br />

Mercedes blicken auf eine langjährige<br />

Zusammenarbeit zurück. Bereits im Jahr<br />

2000 siegte der Schotte in der McLaren<br />

Mercedes Champions of the Future<br />

Kartserie.<br />

Furioser Einstieg: Di Resta stand bereits in<br />

seinem zweiten DTM-Rennen auf dem<br />

Podium. 2007 wurde er in Oschersleben<br />

Zweiter - mit einem zwei Jahre alten Auto.<br />

Er führte als erster Fahrer eines »Jahreswagens«<br />

die Gesamtwertung an.<br />

F1-Ausflug: Nach seinem Titelgewinn in<br />

der DTM 2010 wechselte Di Resta zu Force<br />

India. Dort fuhr er zwischen 2011 und 2013<br />

in 58 F1-Rennen 121 WM-Punkte ein.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


AMG MERCEDES C-KLASSE<br />

DUO DER SPITZEN-KLASSE<br />

AUF EINER MERCEDES C-KLASSE SICHERTE SICH PAUL DI RESTA IN DER SAISON 2010 DEN TITEL<br />

IN DER DTM. AUF EINEM ZWEI JAHRE ALTEN MODELL MACHTE ER IM JAHR 2007 BEREITS ALS<br />

ROOKIE VON SICH REDEN.<br />

TEXT: SAMY ABDEL AAL<br />

D<br />

ie Mercedes C-Klasse machte ihrem Beinamen<br />

wahrlich alle Ehre: In elf Einsatz-<br />

Jahren in der DTM und ITC gewann das<br />

erfolgreichste Auto der Tourenwagenserie unglaubliche<br />

85 von 159 Rennen. Größen des Sports wie<br />

Klaus Ludwig (1994), Bernd Schneider (1995 DTM<br />

+ITC, 2006), Gary Paffett (2005) und Paul di Resta<br />

(2010) krönten sich im Tourenwagen-Primus der<br />

Sternenmarke <strong>zum</strong> Champion.<br />

Nach ihrem Debüt 1994 kam die Mercedes C-Klasse<br />

bis 1996 (DTM/ITC) sowie zwischen 2004 und<br />

2011 in drei gebauten Generationen <strong>zum</strong> Einsatz.<br />

Bereits am zweiten Rennwochenende der Premierensaison<br />

jubelte Mercedes über den ersten Sieg der<br />

neuen ‚Wunderwaffe‘. Letztlich obsiegte die Sternenmarke<br />

direkt im Einstandsjahr in der Fahrerund<br />

Markenwertung - und feuerte so den Startschuss<br />

in das erfolgreichste Kapitel des deutschen<br />

Tourenwagensports ab.<br />

Paul di Resta, der 2011 im Jahr nach seinem Titelgewinn<br />

in die Königsklasse Formel 1 aufstieg, stellte<br />

bereits als DTM-Rookie im Jahr 2007 die unglaubliche<br />

Dominanz der Mercedes C-Klasse unter<br />

Beweis. In seinem erst zweiten Rennen durfte er als<br />

Zweiter in Oschersleben bereits mit Schampus vom<br />

Podest spritzen - und das, obwohl er in einem zwei<br />

Jahre alten Modell aus dem Jahr 2005 an den Start<br />

ging.<br />

Trotz einer der wohl auffälligsten Lackierungen in<br />

der Geschichte der Serie machte der junge Schotte<br />

vor allem sportlich von sich reden. Auf dem Euro-<br />

Speedway Lausitz wiederholte er das Kunststück<br />

aus Oschersleben und sicherte sich erneut den ‚Sil-<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


TABELLE LEISTUNGSDATEN<br />

AMG MERCEDES C-KLASSE<br />

Rennen gesamt: 159<br />

Siege gesamt: 85 (Quote 53%)<br />

Letzter Auftritt: DTM-Saisonfinale 2011,<br />

Hockenheimring<br />

Titel DTM/ITC:<br />

Bernd Schneider (x6),<br />

Klaus Ludwig (x2),<br />

Garry Paffett, Paul di Resta<br />

Anteil an<br />

Mercedes-Siegen<br />

DTM/ITC gesamt: 85/170 (50%)<br />

FOTOS: ADRIVO/SUTTON<br />

berrang‘. Zwei weitere Podestplätze mit Rang drei<br />

in Mugello und Barcelona sowie insgesamt sieben<br />

Punkteankünften in zehn Saisonläufen brachten<br />

den Neuling auf den beeindruckenden fünften<br />

Rang im Endklassement. Die ‚Liebesgeschichte‘<br />

zwischen di Resta und der C-Klasse hatte jedoch<br />

schon früher begonnen.<br />

»Ich fuhr die C-Klasse <strong>zum</strong> ersten Mal beim<br />

McLaren BRDC Autosport Young Driver Award<br />

2004 und erinnere mich noch heute lebhaft daran:<br />

das Auto fühlte sich wie ein Formelrennwagen an,<br />

bot aber mehr Leistung, machte viel Spaß und hatte<br />

ein Dach über dem Kopf«, erinnert sich Di Resta.<br />

In der DTM gingen beide vier Jahre lang gemeinsame<br />

Wege. »Ich habe vier Jahre lang in der DTM<br />

auf der C-Klasse bestritten und gewann damit den<br />

Meistertitel, worauf ich wahnsinnig stolz bin. Das<br />

war wirklich eine unvergessliche Zeit in meiner<br />

Karriere.«<br />

Für seine Zeit bei Force India in der Formel 1 nahm<br />

di Resta vieles an Erfahrung aus der Zeit im Tourenwagen-Sport<br />

mit. »Bei der Arbeit mit der<br />

C-Klasse lernte ich viel über die Fahrzeugabstimmung<br />

und die Zusammenarbeit mit den Technikern,<br />

um das Optimum aus dem Auto herauszuholen.<br />

Die DTM ist so hart umkämpft, dass man<br />

stets das letzte Quäntchen Performance herausquetschen<br />

muss. Es war eine perfekte Vorbereitung für<br />

die Formel 1.«<br />

Im Oberhaus des <strong>Motorsport</strong>s gelang es di Resta<br />

zwar nicht, an seiner <strong>Erfolg</strong>sgeschichte weiterzuspinnen<br />

- ohne seine ‚bessere Hälfte‘ scheint dies<br />

im Nachhinein nur allzu verständlich...<br />

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Mikkel Jensen hat sich in seiner<br />

zweiten Saison im ADAC Formel<br />

Masters an die Spitze gesetzt<br />

TALENT - MIKKEL JENSEN<br />

SPÄTZÜNDER IM HÖHENFLUG<br />

TEXT: MARION ROTT<br />

MIKKEL JENSEN STARTET IN DIESER SAISON IM ADAC FORMEL MASTERS. DER 19-JÄHRIGE WURDE ERST<br />

SPÄT VON MOTORSPORT-VIRUS INFIZIERT, DOCH SEITHER NIE WIEDER LOSGELASSEN. NUN SOLL SEIN<br />

TITELGEWINN IHM DEN WEG IN DEN PROFESSIONELLEN MOTORSPORT EBNEN.<br />

DIE ANFÄNGE:<br />

Ich habe mit 15 Jahren mit dem Kartfahren begonnen<br />

- also erst vor vier Jahren. Das ist auch der Grund,<br />

warum ich älter als meine Kollegen im ADAC Formel<br />

Masters bin. Als ich ein Kind war, versuchte mein<br />

Vater, mich in ein Kart zu setzen. Mein Interesse galt<br />

zu dieser Zeit aber dem Fußball. Ich habe zwar schier<br />

jegliches Rennspiel auf der Konsole gespielt und mich<br />

immer für Autos interessiert, aber erst mit 15 Jahren<br />

wurde mir bewusst, dass ich unbedingt Rennfahrer<br />

werden wollte. Seither kann ich nicht mehr verstehen,<br />

wieso mich das als Kind nicht interessiert hat.<br />

DIE ERFOLGE:<br />

Ich fuhr nur in der dänischen Kartmeisterschaft und<br />

da hielten sich die <strong>Erfolg</strong>e in Grenzen. Wir hatten leider<br />

nicht genug Budget, um sehr viele Läufe zu bestreiten.<br />

Erst voriges Jahr bekam ich einen Test bei Lotus im<br />

ADAC Formel Masters. Sie wollten mich als Fahrer in<br />

ihrem Team und wir haben alle Hebel in Bewegung<br />

gesetzt, um die Finanzierung zu stemmen. Bereits<br />

nach dieser Saison sah es aber wieder schwierig aus<br />

und ich dachte, meine Karriere sei schon wieder vorbei.<br />

Glücklicherweise erhielt ich dann ein Angebot<br />

von Hannes Neuhauser und die Budgetjagd begann<br />

erneut. Jetzt ist der <strong>Erfolg</strong> da und nun sieht es auch<br />

gut für die Zukunft aus. Deshalb bedeutet das Jahr<br />

2014 für mich extrem viel und ist auf jeden Fall mein<br />

bisher größter <strong>Erfolg</strong> im <strong>Motorsport</strong>.<br />

DAS ZIEL:<br />

Langfristig gesehen wollen alle Fahrer irgendwann<br />

in die Formel 1. Es gilt aber, realistisch zu bleiben und<br />

die Chancen zu ergreifen, die sich bieten. Mein Hauptziel<br />

ist, eines Tages vom Rennfahren leben zu können.<br />

Ich möchte so lange wie möglich im Formel-Sport<br />

bleiben, aber wenn ich irgendwann dort keine Perspektiven<br />

mehr sehe, werde ich mich in Richtung<br />

GT-Sport orientieren. Für kommendes Jahr hoffe ich<br />

auf einen Platz in der Formel 3 Europameisterschaft.<br />

Es hängt alles vom richtigen Team, dem besten Deal<br />

und auch der Finanzierung ab - fixiert ist momentan<br />

noch nichts.<br />

DIE AUSBILDUNG:<br />

Ich studiere auf einer Businessschule in Dänemark.<br />

Das ist am ehesten mit einer Highschool zu vergleichen,<br />

aber in meiner Heimat gibt es die Möglichkeit,<br />

sich für unterschiedliche Zweige zu entscheiden. Ich<br />

besuche nun Kurse im Bereich Wirtschaft. Das ist<br />

mein Plan in der Hinterhand, sollte es eines Tages im<br />

<strong>Motorsport</strong> nicht mehr weitergehen. Glücklicherweise<br />

gibt es auf meiner Schule eine besondere Regelung:<br />

Schüler, die Sport auf hohem Niveau betreiben, dürfen<br />

die Regelstudienzeit von drei Jahren um zwölf Monate<br />

ausdehnen. Damit lerne ich die gleichen Inhalte in<br />

vier Jahren und kann mich gleichzeitig voll auf den<br />

Rennsport konzentrieren.<br />

DIE HOBBIES:<br />

Als Kind war Fußball beinahe alles für mich.<br />

Jetzt zählt nur noch der Rennsport. Ich liebe<br />

<strong>Motorsport</strong> wirklich sehr und verbringe alle<br />

Wochenenden, an denen ich nicht selbst im Auto<br />

sitze, vor dem Fernseher - ich verfolge beinahe<br />

jede Rennserie. Ansonsten gehe ich jeden Tag<br />

ins Fitnessstudio. Es macht mir großen Spaß,<br />

dient aber vorrangig der Rennvorbereitung und<br />

nicht der Freizeitgestaltung.<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


ATTRAKTIV<br />

Die Moto3 ist zurück. Ab 2015 geht sie unterteilt in Moto3 GP und<br />

Moto3 Standard im Rahmen der SUPERBIKE*IDM an den Start. Das<br />

Interesse ist riesig: Bisher gibt es Einschreibungen aus Deutschland,<br />

Dänemark und Schweden. Fast 20 weitere Interessenten aus<br />

Deutschland, Dänemark, Tschechien und den Niederlanden haben<br />

sich gemeldet. Darunter sind prominente Teams wie das Aki Ajo<br />

Junior Team, das Team Holzhauer und das Team Freudenberg.<br />

ZUKUNFTSWEISEND<br />

DIE ADAC FORMEL 4<br />

Die ADAC MX Academy<br />

legte 2013 einen<br />

fulminanten Start hin<br />

FOTOS: ADAC MOTORSPORT<br />

Die neue ADAC Formel<br />

4 kommt 2015<br />

Die Moto3 kehrt<br />

2015 zurück<br />

Die neue ADAC Formel 4 hat einen Chassispartner.<br />

Ab der Saison 2015 stattet der italienische Hersteller<br />

Tatuus die neue Nachwuchsklasse aus. Tatuus<br />

beliefert bereits seit Saisonbeginn 2014 die Italienische<br />

F.4 Meisterschaft mit Autos. Bei Demonstrationsfahrten<br />

auf dem Slovakia Ring hatten die anwesenden<br />

Teamchefs des ADAC Formel Masters die<br />

Gelegenheit, sich einen ersten Eindruck eines<br />

Rennwagens mit Tatuus-Chassis zu verschaffen.<br />

Geschwindigkeitsrausch<br />

in Spielberg<br />

PFEIL-<br />

SCHNELL<br />

Daniel Keilwitz und Oliver Gavin siegten auf dem Red Bull Ring im ersten<br />

Lauf beim Rennen mit der bisher höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

im ADAC GT Masters. Die Corvette-Piloten gewannen das schnellste<br />

Rennen in der Geschichte der Serie mit einem Schnitt von 165,9 km/h.<br />

Keilwitz unterbot dabei seinen eigenen Rekord aus dem Vorjahr. Die<br />

Corvette absolvierte die Renndistanz von 39 Runden in diesem Jahr 27<br />

Sekunden schneller als 2013.<br />

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