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Projektreader - Berufskolleg Bleibergquelle

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Das Projekt<br />

Ein Reader zur Projektmethode<br />

Definition, historische Entwicklung, Abläufe, Materialien,<br />

Leitfaden und Planung der schriftlichen Ausarbeitung<br />

<strong>Berufskolleg</strong> <strong>Bleibergquelle</strong><br />

Bleibergstr. 145<br />

42551 Velbert


Inhaltsverzeichnis des <strong>Projektreader</strong>s<br />

0. Deckblatt<br />

1. Renate Alf „Der reinst Kindergarten"<br />

2. Die Projektmethode (Definition und historische Entwicklung) 1 Seite<br />

3. Kennzeichen von Projektarbeit 1 Seite<br />

4. Prinzipien und Ziele 1 Seite<br />

5. Das Projekt - möglicher Ablauf 1 Seite<br />

6. Präsentation von Projektergebnissen 1 Seite<br />

7. Reflexion mit Kindern 1 Seite<br />

8. Leitfaden für die Ausarbeitung eines Projekts 3 Seiten<br />

9. Schriftliche Gesamtplanung eines Projekts 1 Seite<br />

Anhang<br />

Knauf, T.:<br />

Projekte in der Reggiopädagogik. in: Textor, M. (HG.):<br />

Kindergartenpädagogik - Online - Handbuch,<br />

www.kindergartenpaedagogik.de/1067.html vom 6.9.2005<br />

Schäfer, G., u.a.: Grundlagen der Reggiopädagogik. In: Rieder - Aigner, H. (Hg.):<br />

Kinder in Tageseinrichtungen. September 1998, S. 135 - 142<br />

Stenger, U.:<br />

Textor, M.:<br />

Reggiopädagogik in der Praxis - projekthaftes Arbeiten. In: Kinder<br />

in Tageseinrichtungen. September 1998, S. 135 - 142<br />

Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und<br />

praktische Grundlagen. In: Rieder - Aigner, H. (Hg.): Handbuch<br />

Kindertageseinrichtungen. Organisation und Mangement für<br />

LeiterInnen, Fachkräfte, Träger und Initiatoren. Berlin 1999 16


Die Projektmethode<br />

1. Definition<br />

„Projicere“ (lat.): vorauswerfen, entwerfen, planen, entwerfen, vorhaben<br />

„metodos“ (griech.): den Weg der Untersuchung; den Weg, das anzugehen, was man sich<br />

vorgenommen hat.<br />

„Die Lernenden nehmen sich ein Betätigungsfeld vor, verständigen sich darin über die geplante<br />

Betätigung entwickeln das Betätigungsgebiet zu einem sinnvollen Ende.<br />

Oft entsteht ein vorzeigbares Produkt.“ Frey, Karl: Die Projektmethode Weinheim 2002 9 , S. 14<br />

2. Historische Entwicklung der Projektmethode<br />

Frey kann weder einen Zeitpunkt noch eine Person in der „Pädagogikgeschichte“ ausmachen, die<br />

als Gründungsdatum oder -person gelten kann.<br />

Die pädagogischen Klassiker Rousseau (1712-1778), Pestalozzi (1746-1827) und Fröbel (1782-<br />

1852) haben Ideenskizzen verfasst, die der Projektmethode nach unserem Verständnis<br />

entgegenkommen.<br />

Calvin M. Woodward und Charles R. haben die Grundformen der Projektmethode entwickelt.<br />

Woodward von der Washington University in Missouri erarbeitete um 1880 mit seinen Studenten<br />

nicht nur theoretische Planungsskizzen, sondern ließ die Entwürfe durch ihre tatsächliche<br />

Durchführung erproben.<br />

Richards war Leiter der Werkerziehung am Teachers College in New York und schlug um 1900<br />

das Lernen von Anfang bis Ende an einer realen Aufgabe vor.<br />

Wichtiger Hintergrund der Entwicklung der Projektmethode ist, dass sie nicht nur als Methode im<br />

Sinne eines instrumentellen Verständnisses entwickelt wurde. Sie versteht sicht als „planvolles<br />

Handeln aus ganzem Herzen, das in einer sozialen Umwelt stattfindet“ (Kilpatrick)<br />

Damit ist ein ganzheitlicher Ansatz gemeint, der sich nicht nur auf die ganze Person, sondern auch<br />

auf die Einbeziehung seines sozialen Umfeldes bezieht.<br />

Grundsätzlich lassen sich zwei pädagogisch-philosophische Strömungen nennen, auf deren<br />

„Boden“ sich die Projektmethode entwickelte:<br />

Reformpädagogik in Deutschland<br />

Die Forderungen:<br />

- Die Erziehung durch lebendiges Lernen (im Gegensatz dazu Schulweisheit und künstliches Einzelwissen)<br />

- Integration von Schülern verschiedenen Alters im gemeinsamen Handeln<br />

- Persönlichkeitsbildung durch Verwirklichung von Wünschen der einzelnen Schüler<br />

Wichtige Vertreter: Berthold Otto 1859 - 1933<br />

Peter Peterson 1884 - 1952<br />

Georg Kerschensteiner 1854 - 1932<br />

Pragmatismus in den USA (ordnet die Wissenschaft bzw. Theorie der Praxis bzw. Tätigkeit unter)<br />

Konzeptionelle Linie ist:<br />

- Planvolles Handeln als Verwirklichung von Individuen in der Gesellschaft<br />

- realer sozialer Kontext als Lernmedium<br />

- eigene Lösungsbeiträge liefern<br />

Gerade der philosophische Pragmatismus von John Dewey (1859 - 1952) wird oft als eigentliche<br />

Entstehungsgrundlage der Projektmethode benannt. Dieser akzeptiert nur das als<br />

Erkenntnisobjekt, das nützlichen Wert besitzt. Dabei wird die Anwendbarkeit in der Praxis in der<br />

Projektmethode zum didaktischen Prinzip.<br />

Der Schwerpunkt liegt so in der praktischen Verwirklichung einer Aufgabe. Dem geht die<br />

Präzisierung des Problems, das Entwerfen des Lösungsansatzes, das Simulieren der Lösung, d.h.<br />

die experimentelle bzw. realistische Überprüfung der Lösung voraus. Der Prozess sollte<br />

zielgerecht und planvoll sein (Dewey 1933, in Frey, S. 37).


Kennzeichen der Projektarbeit<br />

Projektarbeit<br />

• ist eine Form der Kindergartenarbeit, die besonders gut der Lebenssituation<br />

von Kindern und den Zielen einer zeitgemäßen Frühpädagogik entspricht<br />

• ist eine Methode zur Erforschung der Welt. Sie gibt Gelegenheit, den Dingen<br />

auf den Grund zu gehen.<br />

• ist „exemplarisches Lernen“: behandelt ein Thema über einen längerfristigen<br />

Zeitraum (einige Tage - Wochen) hinweg intensiv<br />

• unterstützt die intrinsische Motivation der Kinder: die Kinder haben die<br />

Möglichkeit, ihre Wahrnehmungen, Gefühle, Phantasien und Hypothesen ins<br />

Spiel zu bringen und ihre eigenen Erfahrungen zu machen<br />

• ist entwicklungsorientiert: sie über- oder unterfordert nicht, sondern sie<br />

integriert<br />

• ist prozessorientiert: nicht das Ergebnis ist ausschlaggebend, sondern der Weg<br />

• erfordert den methodischen Einsatz aktiver Lernformen wie: Beobachten,<br />

Untersuchen, experimentieren, Erfahren, Interviewen, Diskutieren, Reflektieren ...<br />

• spricht alle Sinne an<br />

• hat zum Ziel die Handlungskompetenzen zu erweitern: Förderung von<br />

Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Kooperation der Kinder<br />

• sieht die Erzieherin / den Erzieher/Erwachsenen in überwiegender<br />

motivierender und unterstützender Funktion: gibt Anregungen, stellt<br />

Materialien bereit, zeigt Optionen auf, fördert die Zusammenarbeit in Gruppen ...


Das Projekt - möglicher Ablauf<br />

Projekte entstehen oft aus ganz einfachen<br />

Ereignissen oder Fragen, die sich im Alltag<br />

der Kinder und Jugendlichen ergeben. Bei<br />

der Untersuchung eines Projektthemas<br />

werden verschiednen Aspekte in den Blick<br />

genommen, die sowohl die teilnehmenden<br />

Kinder interessieren als auch von ihren<br />

Erzieherinnen als sinnvoll angesehen<br />

werden. Oft ist nicht das Handlungsergebnis<br />

von Bedeutung, sondern der Weg, wie man<br />

dahin gelangt.<br />

Es geht nicht darum, einen festen<br />

Abfolgeplan genau zu vereinbaren, denn<br />

schließlich sollen die Kinder den<br />

Projektverlauf immer wieder beeinflussen und<br />

prägen können. Das gemeinsame<br />

Betätigungsfeld wird abgesteckt und die<br />

ersten Gruppenaufgaben werden verteilt. So<br />

entwickeln sich einzelne Miniprojekte<br />

innerhalb eines größeren Gesamtthemas.<br />

Erzieherinnen verschaffen sich auf diese<br />

Weise auch einen Überblick hinsichtlich ihres<br />

Arbeitsaufwandes und der notwendigen<br />

Mittel.<br />

Projektinitiative<br />

Durchführung<br />

In der Durchführungsphase findet die<br />

eigentliche „Forschungsarbeit“ statt. Die<br />

Kinder und Jugendlichen formulieren Fragen<br />

und stellen Hypothesen aus; sie überlegen,<br />

wie sie darauf Antworten finden können.<br />

Weiterhin geht es darum, notwendige<br />

Informationen zu beschaffen, um die Fragen<br />

oder Hypothesen näher zu beleuchten.<br />

Informationen aus erster Hand, das sind<br />

beispielsweise Ausflüge zu realen<br />

Schauplätzen oder Ereignissen (Baustelle,<br />

Supermarkt, Flughafen usw.), aber auch<br />

Auskünfte von Leuten, die direkte<br />

Erfahrungen mit dem Projektthema haben.<br />

Informationsquellen aus zweiter hand sind<br />

z.B. Bücher, Broschüren und Prospekte, die<br />

das Informationsbedürfnis erweitern und<br />

vertiefen können.<br />

Präsentation<br />

Die Abschlussphase dient der Dokumentation<br />

und Reflexion eines Projektes. Vorrangig<br />

sollten dabei Präsentationsformen gewählt<br />

werden, die es den Kindern und Jugendlichen<br />

ermöglichen, ihre Ergebnisse weitgehend in<br />

eigener Regie vorzustellen.<br />

Oft bietet die Vorbereitung der<br />

Abschlusspräsentation eine gute<br />

Gelegenheit, um die geleistete Arbeit und das<br />

Projektergebnis gemeinsam zu reflektieren.<br />

Die Vorplanung und der Verlauf werden noch<br />

einmal durchgesprochen, besonders schöne<br />

Ergebnisse ins Gedächtnis zurückgerufen;<br />

außerdem wird geklärt, inwieweit die Ziele<br />

erreicht wurden und ob alle zufrieden sind.<br />

Reflexion<br />

Böhm, u.a.: Kein Kinderkram<br />

Darmstadt 2005,<br />

S. 219 f.


Prinzipien und Ziele<br />

• Lebensnähe<br />

- die Distanz zwischen dem pädagogischen Schutzraum der KiTa und der Welt soll vermindert<br />

werden<br />

- Kinder sollen mit real gegebenen Sachlagen und Problemen, die die Lebenswelt in ihrer<br />

Vielfalt erfahrbar machen, konfrontiert werden<br />

• Öffnung der Einrichtung zu ihrem Umfeld hin (Stadtteil- und Nachbarschaftsorientierung)<br />

- die nähere Umgebung soll mit ihren naturnahen Flächen, Gebäuden, Geschäften,<br />

Institutionen, Unternehmen, Vereinen etc. zu Lernorten für Kinder gemacht werden<br />

- Kinder sollen mit unterschiedlichen Generationen und Altersgruppen konfrontiert und an sie<br />

herangeführt werden und somit gleichzeitig aus ihrer gesellschaftlichen Randexistenz geführt<br />

werden.<br />

• Entdeckendes Lernen und Erfahrungslernen<br />

- Kinder sollen mit ihnen unbekannten Situationen und Fragestellungen konfrontiert werden, die<br />

ihre naturgegebene Neugierde und Entdeckerfreude auslöst<br />

- Kindern soll die Möglichkeit gegeben werden Situationen und Themen, die sie interessieren,<br />

selbständig anzugehen und auf ihre eigenen Art damit Erfahrungen zu machen<br />

- Durch viele gemachte Erfahrungen lernen Kinder, dass die Welt nicht nur so ist, wie sie in<br />

ihrer Vorstellung ist. Erfahrungslernen bringt Kinder auch anderen Konzeptionen näher und<br />

zeigt Unterschiede auf und verhilft Kindern von konkreten zu abstrakten Sachverhalten (z.B.<br />

Generalisierung).<br />

• Exemplarisches Lernen<br />

- An einzelnen Sachverhalten können Kinder allgemeines Zusammenhänge, Strukturen,<br />

Gesetzmäßigkeiten etc. aufgezeigt werden.<br />

• Selbständigkeit<br />

- Kinder sollen die Möglichkeiten haben, ihren eigenen Fragen nachzugehen, Dinge<br />

auszuprobieren (Versuch-Irrtum), eigene Lösungen zu finden.<br />

- Förderung der Selbständigkeit tritt der Konsumhaltung entgegeben, aktiviert und fördert die<br />

Lernmotivation<br />

• Handlungsorientierung<br />

- Kinder sollen durch das Aktive Tun erfahren, dass sie zum einen Einfluss nehmen können auf<br />

ihre Umgebung und sie mitgestalten können, dass sie zum anderen aber auch dadurch<br />

gestaltet werden, indem sie weitere Kompetenzen erwerben, Erfahrungen machen, sich selbst<br />

besser kennen lernen, an ihrer eigenen Entwicklung beteiligt sind. („Seht doch, was ich alles<br />

kann!“)<br />

• Kindorientierung und Mitbestimmung<br />

- Kinder sollen sich als realitätsverarbeitende, aktive sich selbst bildende Subjekt erleben<br />

- Ausgangspunkt sollen die Interessen, Neigungen, Bedürfnisse und Erfahrungen der Kinder<br />

sein (keine anderen Zwänge)<br />

- Kinder sollen durch den Dialog mit Jüngeren, Gleichaltrigen und Älteren demokratischen<br />

Prinzipien kennen lernen und damit wieder ein Stück in die Gesellschaft integriert werden,<br />

indem sie ihre Anliegen deutliche machen und begründen, zuhören, sich mit unterschiedlichen<br />

Standpunkten auseinandersetzen und sich aus der Perspektive der anderen wahrnehmen.<br />

• Ganzheitliches Lernen<br />

- die sinnliche, motorische, kognitive, moralisch, ästhetische, emotionale und die soziale<br />

Entwicklung der Kinder soll gleichermaßen unterstützt werden<br />

- Verständnis, Abstraktionsfähigkeit und Begriffsbildung sollen gefördert werden<br />

- Urteilsvermögen und Kommunikationsfähigkeiten sollen entwickelt werden<br />

- Wissen und Kompetenzen sollen erworben werden


Präsentation von Projektergebnissen<br />

- Eine Ideenbörse -<br />

Bevor das Projekt startet, sollte sich das Leitungsteam Gedanken darüber machen, wie sie<br />

Ergebnisse festgehalten, dokumentiert und präsentiert werden können.<br />

Hier gibt’s dazu ein paar Anregungen:<br />

Fest installierte Ausstellungsfläche<br />

Hilfreich ist es, eine fest angelegte Ausstellungsfläche zu haben, weil nicht jedes Mal über die<br />

Präsentation nachgedacht werden muss. Eltern und Kinder wissen so, wo sie Dinge zu sehen sind, ...<br />

Es muss nicht viel Platz sein, sondern kann durchaus<br />

- z.B. eine Fensterbank im Gruppenraum, eine schöne Schale, ein Platz im Regal oder eine schön<br />

gestaltete Ecke sein, die sich auch jahreszeitmäßig gestalten lässt.<br />

- eine größere Fläche, Wand oder Schaukasten im Flur sein (Achtung: eine Wand sammelt nur<br />

Eindimensionales und schränkt die Ausstellungsmöglichkeiten immens ein!)<br />

Foto-, Film- oder ...-dokumentation<br />

Schon in der Entstehungsphase eines Projekts oder einer Aktivität an Fotoapparat / Filmkamera oder<br />

Kassettenrekorder denken. Eine Sammelmalmappe und eine Kiste an einem festen Platz in greifbarer<br />

Nähe helfen, Material griffbereit oder aufbereitet zu präsentieren (Projektkramkiste).<br />

Enthalten sind z.B.<br />

- spontane Fotos in einzelnen Phasen und<br />

- inszenierte Fotos, z.B. mit Bilderrahmen, Verkleidung, Deko, Plakate haltende Kinder, als<br />

Skulptur, ...)<br />

- gemalte Kinderbilder<br />

Entwicklung eines Projektes als Weg gleich mitdokumentieren<br />

- Platz schaffen du Grundform anlegen (z.B. als Weg aus Sand, Holz, Stoff, Folie oder<br />

Kaninchendraht, Montageschaum, Teichnetz). Gute Aufhäng-, Stell-, Befestigungsmöglichkeiten<br />

sind hilfreich (Deckenhaken, Wäscheleine, Pinnwand)<br />

- Von Anfang an, Hilfsmittel auch als Material auslegen (z.B. Das Thema machen wir! Plakat mit<br />

Bild oder Symbole, Fotos dazu, Gebasteltes, Gesammeltes, Prospekte, Eintrittskarten, ...)<br />

Tagesdokumentation<br />

Wochenliste eingeschweißt in abwischbare Folie - an jedem Tag mit ein paar Stichworten eintragen,<br />

was gemacht wurde und so aushängen, dass die Eltern mitlesen können. Sollen die Stichworte für<br />

eine Präsentation am Ende gesammelt werden (z.B. zusammengeklebt als Riesenrolle auf dem<br />

Fußboden oder an der Decke), dürfen die Ergebnisse natürliche nicht auf eine abwischbare Folie<br />

geschrieben werden.<br />

Kleine Hilfen zur Präsentation<br />

- kleine Holzrahmen auf Ministaffeleien mit Titel und Künstlername machen auch einfachen Bildern<br />

echte Kunstwerke<br />

- Lichterketten usw., Symbole zum Thema<br />

- Tücher, Musik<br />

- Plexiröhren thematisch gestalten und ausleuchten<br />

- Spiegelfliesen<br />

- Kaninchendraht<br />

Veröffentlichungen<br />

- Kindergartenzeitung, Lokalteil<br />

- Veranstaltungen nutzen (Jugendamt, Altenheim, Feste, ...)<br />

- Ausstellungen verleihen, z.B. zur Ausstellung in der Stadtverwaltung, Rathaus, Apotheke,<br />

Sparkasse oder in ortsansässigen Geschäftigen nach Schaufensterausstellungsflächen fragen<br />

- Schaukasten oder Fensteraktion wie Adventskläppchen vor Weihnachten<br />

Stand 11/2005 FSA


Reflexion mit Kindern<br />

Reflexion heißt soviel wie „Zurückbeugung, Spiegelung, Zurückstrahlung“. IN der Reflexion kommen die<br />

Kinder zusammen, um<br />

- das was sie gemacht haben, noch einmal Revue passieren zu lassen<br />

- über Negatives und Positives in ihrer Gruppe zu sprechen (Streit, Missverständnisse, grundsätzliche<br />

Schwierigkeiten, tolle Erlebnisse, gute Zusammenarbeit)<br />

- aus den Fehlern oder dem Positiven zu lernen<br />

- Erlebnisse zu verarbeiten und „Lernerfahrungen zu sichern“<br />

Reflexion steht in der Regel am Ende wichtiger Projektabschnitte, kann aber auch bei grundsätzlichen,<br />

immer wiederkehrenden Problemen direkt erfolgen (zeitnah). Gerade Kinder im Kindergartenalter „klären“<br />

ihre Konflikte meist sofort. Konflikte, die zwei Kinder miteinander haben, sollten auch nur dann zum<br />

Thema der Reflexion gemacht werden, wenn sie Auswirkung auf die Gruppe bzw. das Projekt haben.<br />

In der ^Reflexion ist es sinnvoll in drei Schritten vorzugehen, um das komplexe Geschehen mit Kindern<br />

überhaupt bearbeiten zu können:<br />

Was haben wir gemacht?<br />

Sehen und WAS? (didaktisch reduzieren)<br />

Wie sind wir es angegangen?<br />

Methodische Ideen:<br />

- Ergebnisse aus(f)stellen, Fotos von den einzelnen Arbeitsschritten, Symbole, ...<br />

- Aufgabenverteilungsplan ausrollen (Pfeile an wesentliche Stelle, das wichtigste erzählen)<br />

- Fantasiereise zurück an den Anfang des jeweiligen Projektabschnittes<br />

- Fernsehsendung, z.B. die Nachrichten (wichtigstes als Erzieherinnen zusammenfassen),<br />

Kommentare einholen (mit „Mikro“ herumgehen und interviewmäßig Kinder befragen ...)<br />

- Gemeinsam überlegen und Stichworte „aufmalen“<br />

Habe ich mitgeholfen?<br />

Urteilen und WIE? (fair und ehrlich)<br />

Haben die anderen mitgeholfen?<br />

Methodische Ideen:<br />

- Engelchen und Teufelchen, Smily und Smoly<br />

- Wetterkarte (strahlende Sonne, weinende Regenwolke, Blitz und Donner, ...)<br />

- Finger hoch / runter, rote / grüne Kärtchen, ...<br />

- Geräusche machen (hurra und buh - Rufe, mit den Füßen trampeln, ...)<br />

- Sich zuordnen, positionieren<br />

Ich<br />

Handeln und machen es jetzt besser ... UND JETZT? (Nicht zuviel)<br />

die Anderen<br />

Methodische Ideen:<br />

- Hosentaschenzettel / -symbol / -bild<br />

- Knoten im Taschentuch<br />

- Symbol zum „Drandenken“ inhaltlich auswählen<br />

- „Gedenk“sekunden am Anfang des nächsten Schrittes<br />

Was Sie bei einer Reflexion mit Kindern beachten müssen:<br />

- konsequent auf Fairness und auf die Einhaltung der „Gesprächsregeln“ achten (Anwalt der<br />

Schwachen)<br />

- nutzen Sie die bereits eingeführten und bekannten Regeln und „Disziplinierungs“methoden (Gong<br />

oder Triangel, Redestab/stein/ball, aufzeigen, wenn es zu laut ist, gelbe und rote Karte, Wettspiel<br />

„wer zuerst ruhig ist“, ...)<br />

- eine offene, warme, ruhige Atmosphäre schaffen<br />

- die Inhalte auf das absolut wesentliche reduzieren<br />

- Wechsel von Groß- und Kleingruppe je nach Aufgabe<br />

- abwechslungsreiche anschauliche Methoden verwenden<br />

- Störungen von außen vermeiden (Wichtig-Atmosphäre)<br />

- Lösungs- und ergebnisorientiert vorgehen<br />

- etwas „Nettes“ an das Ende (Lieblingslied, Geschichte, gemeinsames Lob, Überraschung, ...) stellen<br />

November 2005 FSA


Leitfaden für die Ausarbeitung eines Projekts<br />

1. Projektinitiative oder: Wie komme ich zum Thema?<br />

Möglichkeiten<br />

• spontane Idee der Kinder<br />

• Von den Erzieherinnen vorab festgelegt<br />

• Von den Eltern Anstöße bekommen<br />

• Durch Alltags- und Lebenssituationen / Umstände in der näheren sozialen Umgebung<br />

• Durch Beobachtungen und wahrgenommene Schlüsselsituationen<br />

• ......<br />

Wesentliche Fragen bei der Themenfindung sind hierbei:<br />

• welche institutionellen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?<br />

• Welche Besonderheiten aus der Gruppe sind für die Projektarbeit bedeutsam?<br />

• Mit welcher Zielgruppe möchte oder kann ich das Projekt durchführen (Kleingruppe,<br />

Gesamtgruppe, Teilgruppe)?<br />

• Welche Ziele für diese Gruppe leite ich daraus ab?<br />

• wird von den Interessen der Kinder ausgegangen?<br />

• Wie relevant ist das Thema für den Lebensbereich der Kinder?<br />

• Führt es zu möglichst vielfältigen Aktivitäten, bei denen alle Sinnesbereiche der Kinder<br />

angesprochen werden?<br />

• Welche Bereiche der kindlichen Entwicklung werden gefördert, welche nicht?<br />

• Wie leicht / schwer ist es durchführbar?<br />

• Welche Altersgruppen muss ich berücksichtigen und wie?<br />

Wesentliche Kriterien bei der Themenwahl<br />

KATZ und CHARD, die beiden wichtigsten Vertreter für Projektarbeit in den USA, haben folgende 11<br />

wichtige Kriterien für die Themenauswahl zusammengestellt:<br />

„Ein Gegenstand ist wahrscheinlich geeignet, wenn<br />

1. er direkt beobachtbar in der Umgebung (der realen Welt) der Kinder ist;<br />

2. die Kinder damit bereits Erfahrungen gemacht haben (die meisten von ihnen? einige von ihnen?);<br />

3. er von den Kindern selbst direkt erforscht werden kann (keine potentiellen Gefahren);<br />

4. die örtlichen Ressourcen geeignet und leicht verfügbar sind;<br />

5. er sich für eine Vielzahl darstellender Medien eignet (Rollenspiel, Konstruktion, Bilder,<br />

multidimensionale Grafiken, etc.);<br />

6. die Eltern sich wahrscheinlich beteiligen werden und ohne große Schwierigkeiten mitarbeiten<br />

können;<br />

7. er sowohl für die örtliche Kultur sensibel als auch allgemein kulturell angemessen ist;<br />

8. er wahrscheinlich viele Kinder interessieren wird oder wenn das Interesse dafür von den<br />

Erwachsenen als so wertvoll eingeschätzt wird, dass es entwickelt werden sollte;<br />

9. er den curricularen Zielen der Schule, des Distrikts usw. entspricht;<br />

10. er ausreichend Gelegenheiten zur Anwendung grundlegender Fertigkeiten eröffnet (abhängig vom<br />

Alter der Kinder)<br />

11. der Gegenstand optimal spezifisch ist - nicht zu stark eingegrenzt und nicht zu vage.“


Entscheidung über die Initiative in einer gemeinsamen Planungsrunde<br />

Von wem auch immer das Thema vorgeschlagen wurde und die Projektinitiative kommt, es sollte auf<br />

jeden Fall in der Gruppe auch ausführlich diskutiert werden.<br />

Wichtig ist dabei, dass<br />

• alle Kinder die Möglichkeit haben, ihre Meinungen, Wünsche, Bedürfnisse und Ideen zu äußern<br />

• sie alle nötigen Informationen und die Gelegenheit erhalten, sich bewusst für oder gegen einen<br />

Vorschlag zu entscheiden<br />

• die Erzieherinnen die Entscheidung der Kinder im Sinne des pädagogischen Prinzips der<br />

Mitbestimmung und Demokratisierung akzeptieren<br />

• verschiedene Entscheidungsformen möglich sind<br />

Mögliche Fragen zur Planung einer gemeinsamen Planungsrunde (inhaltliche und<br />

organisatorische Aspekte):<br />

• Wie mache ich die Planungsrunde bekannt?<br />

• Was muss ich bei der Auswahl des Raumes und der Zeit beachten?<br />

• Welche organisatorischen Absprachen muss ich treffen?<br />

• Schlage ich ein Thema vor oder soll die Findung des Themas Gegenstand der Runde sein?<br />

• Was könnte ich an Impulsen in die Runde eingeben, wenn die Kinder / Jugendlichen keine<br />

konkreten Vorstellungen haben?<br />

• Was muss ich tun, um eine angenehme und motivierende Atmosphäre herzustellen?<br />

• Wie lässt sich ein Klima schaffen, das Kreativität freisetzt und vorschnelle Festlegungen<br />

vermeidet?<br />

• Leite ich die Planungsrunde oder delegiere ich die Leitung an ein Kind / einen Jugendlichen?<br />

• Wie halte ich die Ergebnisse der Planung fest? (z.B. Plakat, Wandzeitung, etc.)<br />

2. Projektskizze / Projektplan (Was wird wann - wo - wie getan?)<br />

Als nächstes ist es sinnvoll, mit allen Beteiligten eine Projektskizze oder Projektplan zu erstellen, der<br />

z.B. festhält<br />

• welche Ziele verfolgt werden sollen<br />

• was wann und wo unternommen und getan werden soll<br />

• mit wem man zusammenarbeiten kann<br />

• was alles für eine Raumgestaltung benötigt wird (Materialien, Dienstleistungen Dritter, Geld, usw.)<br />

• wer welche Aufgaben übernehmen soll<br />

• in welchen Arbeitsschritten vorgegangen werden soll<br />

• welcher Zeitplan angestrebt ist<br />

• wie der Projektverlauf dokumentiert werden soll<br />

Je nachdem, was für ein Projekt durchgeführt werden soll, ist es sonnvoll und nötig, Arbeitsgruppen zu<br />

gründen, die bestimmte Aufgaben übernehmen oder noch offene Fragen klären, z.B.<br />

• Geräte und Materialien besorgen<br />

• Bücher und Filme erstellen<br />

• Zuschüsse und Genehmigungen beantragen<br />

• etc.<br />

Die Arbeitsgruppen können Kinder, Erzieherinnen und Eltern umfassen oder auch nur Erzieher oder<br />

Eltern.<br />

Hier ist es hilfreich, die Projektskizze zu visualisieren (z.B. einen „Weg“ aufzuzeichnen, der den<br />

möglichen Verlauf des Projekts inkl. Zeitrahmen darstellt).<br />

3. Durchführung des Projekts (Wechsel von Aktion und Reflexion)<br />

In der eigentlichen Durchführung des Projekts findet nun ein stetiger Wechsel zwischen Aktion und<br />

Reflexion statt. Die Reflexion der einzelnen Schritte ermittelt den gleichwertigen Stand des Projekts


und dient dazu, den bisherigen Verlauf mit der Planung zu vergleichen und die nächsten Schritte<br />

vorzubereiten. Reflexionsphasen schützen vor Orientierungslosigkeit und erlauben es, den<br />

Projektverlauf an neue Gegebenheiten anzupassen.<br />

Dabei kann und wird es immer wieder zu Veränderungen des Projektplans kommen. Dies ist auch<br />

sehr wünschenswert, weil es hier im Wesentlichen ja um die Prozessorientierung geht.<br />

4. Präsentation (Abschluss)<br />

Je nach Art und Verlauf des Projekts ist am Ende eine Präsentation möglich.<br />

Dies kann in vielfältiger Form geschehen und sollte auch im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit und<br />

Werbung für die Einrichtung genutzt werden.<br />

Wurde der Prozessverlauf dokumentiert oder sogar auf Medien festgehalten, so bietet die<br />

Präsentation eine gute Möglichkeit, einen guten Abschluss für das Projekt vorzubereiten.<br />

Auch erhalten hier die Kinder noch einmal in einer besonderen Form viel Lob und Anerkennung für<br />

ihre Projektarbeit.<br />

5. Auswertung des Projekts (Gesamtreflexion)<br />

Den endgültigen Abschluss bildet schließlich die Reflexion und Auswertung des Projekts, die<br />

gemeinsam mit allen Beteiligten stattfinden sollte. Gemeinsam wird der gesamt Projektverlauf<br />

reflektiert und Projektinitiative, Projektplan und Schlussstand des Verlaufs miteinander verglichen.<br />

Dabei beurteilen Sie die Qualität der Vorplanung, der Vorbereitung, der Zusammenarbeit aller und mit<br />

anderen, der gegebenen Rahmenbedingungen und der Ergebnisse, sowie Ihre Rolle als Moderatorin.<br />

Daraus lassen sich Konsequenzen für zukünftige Projekte erarbeiten.<br />

Als Anregung für diese Phase können folgende Fragen dienen:<br />

Zu einzelnen Phasen des Projekts<br />

• Wie war die Abfolge der einzelnen Phasen?<br />

• Was war der Inhalt der einzelnen Phasen?<br />

• Welche Methoden wurden angewandt? Waren sie geeignet?<br />

• Welche Kommunikationsform wurde gewählt Was sie geeignet?<br />

• Wie war die Zeitplangestaltung?<br />

• Wie sah die Zusammenarbeit mit den Kindern in den einzelnen Phasen aus?<br />

• Welche Schwierigkeiten gab es in der Durchführung der einzelnen Phasen?<br />

Zur Gesamt-Nachbereitung des Projekts<br />

• Ziele erreicht?<br />

• Was war erfolgreich, was nicht? Welche Gründe gab es dafür?<br />

• Was hat den Kindern besonders Spaß gemacht?<br />

• Was war für die Kinder nicht ansprechend oder langweilig / langatmig?<br />

• Was war zu schwierig / zu leicht? Wo fehlten Entwicklungsanreize?<br />

• Welche Erfolge / Erfahrungen hatten die Kinder / Einzelne?<br />

• Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verhaltensweisen der Kinder müssten in anderen<br />

Situationen vertieft werden?<br />

• Wo und wie konnten die Kinder Lernerfolge anwenden?<br />

• Was hätte in der Vorbereitungsphase mehr Beachtung finden müssen?<br />

• Hat sich durch das Projekt etwas in der Gruppe / im Umfeld der Kinder / für die Kinder verändert?<br />

Wenn ja, was?<br />

• Welche Erfahrungen waren für alle Beteiligten bedeutsam?<br />

• Wie habe ich mich in der Projektgruppe wahrgenommen?<br />

• Wie habe ich meine Rolle ausgeführt?


Schriftliche Gesamtplanung eines Projekts<br />

0. Deckblatt (wie bekannt)<br />

1. Projektinitiative mit Planung, Durchführung und Reflexion der Planungsrunde<br />

2. Projektskizze mit Visualisierung<br />

3. Dokumentation der Durchführung mit schriftlicher Reflexion der einzelnen<br />

Aktionen und Reflexionen<br />

4. Darstellung der Planung der Präsentation / des Abschlusses<br />

5. Gesamtreflexion über das Projekt


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

http://www.kindergartenpaedagogik.de/1067.html<br />

Seite 1 von 6<br />

05.09.2006<br />

Kindergartenpädagogik<br />

- Online-Handbuch -<br />

Herausgeber: Martin R. Textor<br />

Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

Tassilo Knauf<br />

Der Projektbegriff leitet sich von dem lateinischen Verb "pro-icere" her, das so viel wie<br />

vorauswerten oder auch entwerten bedeutet. Damit wird auf ein Spezifikum komplexer<br />

Handlungsstrukturen in Projekten hingewiesen, auf ihre Zweiphasigkeit: Sie entstehen<br />

zunächst gedanklich, dann werden sie in gegenständlich-konkreten Handlungen<br />

realisiert. Die vorwegnehmende kognitive Repräsentation von Handlungen nennen wir<br />

Planung. Dementsprechend findet der Projektbegriff in vielen Bereichen der modernen<br />

Lebenswelt Verwendung, in denen Planung eine besondere Rolle spielt.<br />

Die heutige Theorie und Praxis des Lernens in Projekten ist am stärksten durch die<br />

Reformpädagogik im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts geprägt worden, insbesondere<br />

durch die beiden Amerikaner John Dewey und William H. Kilpatrick. Kilpatrick betonte<br />

das Moment des emotionalen Engagements: Er spricht vom Projekt als einer von Herzen<br />

kommenden, absichtsvollen Aktivität ("whole-heartet purposeful activity"; vgl. Frey<br />

1982, S. 35). Dewey prägte den Begriff der "denkenden Erfahrung" (vgl. Speth 1997, S.<br />

23). Erfahrung wurde von ihm verstanden als Prozess und zugleich Ergebnis der aktiven<br />

Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt. In der Erfahrung gewinnt der<br />

Mensch Erkenntnis, wirkt durch sie aber auch wiederum auf die Welt ein. Der<br />

Erfahrungsaufbau von Kindern ist (nach Dewey) in hohem Maß geprägt durch die<br />

Selektivität ihrer Interessen und ihrer emotionalen Beteiligung (vgl. ebd., S. 31 f.). Die<br />

inhaltliche Struktur kindlicher Erfahrungen selber ist andererseits bestimmt von den in<br />

Handlungen gewonnenen Erkenntnissen, Gedanken und Interpretationen erlebter<br />

Situationen. Ein Großteil der Erfahrungen hat eine soziale Dimension, da sie in<br />

Situationen gewonnen werden, an denen auch andere Personen (Kinder wie<br />

Erwachsene) beteiligt sind. Die so entstehenden sozialen Erfahrungen bilden das<br />

Material für die Gestaltung neuer Situationen und sind damit Grundlage sozialen<br />

Lernens (vgl. Knauf 2001, S. 15).<br />

Aus den Überlegungen Deweys und Kilpatricks lassen sich folgende Elemente für die<br />

Charakterisierung von Projekten ableiten:<br />

Kinder gewinnen Wissen über die soziale und gegenständliche Welt durch<br />

situationsbezogenes Handeln und die Reflektion der Wirkungen ihres Handelns.<br />

Der enge Zusammenhang von Aktion und Reflektionen wird nur bei emotionaler<br />

Beteiligung (Neugier, Interesse, Wünsche, Zielorientierung, auch Hartnäckigkeit)<br />

wirksam.<br />

In der neueren deutschen Diskussion um schulisches Projektlernen hat Herbert Gudjons<br />

(1989, S. 58 ff.) einen Katalog von Projektmerkmalen aufgestellt, der sich der<br />

Denktradition Deweys anschließt:


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

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Situationsbezug und Lebensweltorientierung,<br />

Orientierung an den Interessen der Beteiligten,<br />

Selbstorganisation und Selbstverantwortung,<br />

gesellschaftliche Praxisrelevanz,<br />

zielgerichtete Projektplanung,<br />

Produktorientierung,<br />

Einbeziehung vieler Sinne,<br />

soziales Lernen,<br />

Interdisziplinarität.<br />

Dieser weitgefasste Merkmalskatalog findet sich großenteils in elementarpädagogischen<br />

Projektkonzepten wieder (vgl. Krenz 1991, S. 84 ff.; Textor 1995, S. 28 ff.).<br />

In der Reggio-Pädagogik spielen Projekte als Handlungsform zur Gewinnung von<br />

alltagsbezogenen Fertigkeiten und vor allem von Selbst- und Weltverständnis eine<br />

zentrale Rolle. Die Ausstellung "Die 100 Sprachen des Kindes" ist dementsprechend<br />

aufgebaut als Dokumentation von Projekten aus den 80er und 90er Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts in reggianischen Einrichtungen. Der Projektbegriff selber wird allerdings<br />

von den Verantwortlichen in Reggio Emilia, insbesondere von Loris Malaguzzi, eher an<br />

Beispielen oder im Gesamtzusammenhang kindlichen Lernens und der<br />

Persönlichkeitsentwicklung von Kindern erläutert (vgl. Malaguzzi 2002, S. 34 ff.). Dies<br />

hängt mit der Besonderheit des Bildes vom Kind in der Reggio-Pädagogik zusammen.<br />

Die Reggio-Pädagogik versteht das Kind als "aktiven Gestalter seiner Entwicklung", als<br />

"Hauptakteur seiner Lern- und Gestaltungsprozesse", als "Konstrukteur seiner<br />

Kenntnisse" (Stenger 2001, S. 9).<br />

Es ist Aufgabe der Kindertageseinrichtung, Kindern die Rahmenbedingungen für diese<br />

aktive Rolle als Konstrukteure und Gestalter ihrer Entwicklung und ihres Wissens zu<br />

sichern. Diesem Auftrag entsprechend werden durch die Pädagog/innen in der<br />

Einrichtung Aktivitäten ermöglicht, stimuliert, begleitet und dokumentiert, in denen<br />

Kinder die Konstrukteurs- und Gestalterrolle übernehmen. Das sind neben Projekten:<br />

Spielhandlungen, insbesondere Bauspiele, darstellende Spiele und Entdeckungsoder<br />

Erkundungsspiele (vg. Knauf 2000),<br />

Gemeinschaftshandlungen, etwa der Morgenkreis, die Mittagsmahlzeit, Ausflüge,<br />

Feste, kleinere Dienste (vgl. u.a. Göhlich 1993, S. 123).<br />

Zwischen diesen Handlungsformen gibt es vielfältige Verbindungen und<br />

Überlappungen. So kann der Morgenkreis genutzt werden, um Projektideen zu sammeln,<br />

über sie zu entscheiden, Ergebnisse und Zwischenergebnisse von Projekten vorzustellen<br />

und diskutierbar zu machen (vgl. Malaguzzi 2002, S. 30). Auch zwischen Spiel und<br />

Projekten gibt es vielfache Verbindungen: Oft gehen Projekte aus Spielaktivitäten<br />

hervor, ja manchmal durchdringen sich Spiel- und Projekttätigkeiten (vgl. Knauf 2001,<br />

S. 17). Dies sind nicht nur Zufälligkeiten der elementarpädagogischen Praxis, sondern<br />

Phänomene, die ihre Entsprechung in spiel- und entwicklungstheoretischen<br />

Überlegungen haben. Gianni Rodari, der 1972 als Berater und Fortbildner der Teams in<br />

den kommunalen Kindertageseinrichtungen Reggios tätig war, formulierte: "Das Spiel<br />

ist ... ein Prozess, durch den das Kind die Gegebenheiten der Erfahrung miteinander<br />

verbindet, um eine Realität zu konstruieren" (Rodari 1992, S. 174). Der Spieltheoretiker<br />

Donald Winnicot geht analog und zeitgleich davon aus, dass Kinder im Spiel in einem<br />

Grenzbereich zwischen der Subjektivität der eigenen Vorstellungswelt und der<br />

Objektivität der erfahrbaren und erforschbaren Welt handeln (vgl. Winnicot 1973).


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

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Projekte, wie sie in der Reggio-Pädagogik verstanden werden, verbinden ebenfalls<br />

Subjektivität und Objektivität (vgl. z.B. schon den Textkommentar des 1984 in Reggio<br />

produzierten Videofilm "Il ritratto di un leone"; Göhlich 1993, S. 28 ff.; Malaguzzi<br />

2002, S. 36).<br />

Schon in der Frühgeschichte der Projektmethode spielte diese Verbindung eine Rolle.<br />

Im späten 16. Jahrhundert wurden die Entwurfsarbeiten der fortgeschrittenen Studenten<br />

der ersten Kunstakademien in Italien Projekte (progetti) genannt (vgl. Knoll 1995, S.<br />

12). Die Kunstschüler mussten in den Projekten ihre eigenen Ideen mit der Beobachtung<br />

der Natur und der Gegenstände der erfahrbaren Welt, aber auch mit den erlernten<br />

Techniken der Wiedergabe und Gestaltung von Wahrnehmungen verknüpfen. Dies war<br />

bereits ein Anspruch, der in der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert von Leonardo da<br />

Vinci an künstlerische Tätigkeit gestellt wurde: die Suche nach Erkenntnis und nach der<br />

Wahrheit der Dinge. Bilder und Zeichnungen sind Dokumente der Suche nach Wahrheit.<br />

Damit wird die individuelle Erkenntnissuche kommunizierbar; sie wird öffentlich, für<br />

andere nützlich und erfährt eine Art sinnlicher Spiegelung.<br />

Dies ist ein zentraler Punkt, der im reggianischen Projektverständnis aufgegriffen und<br />

weitergeführt wurde: Verbale und nonverbale Sprachen sind ebenso wie selbst gestaltete<br />

oder wahrgenommene Bilder Manifestationen, in denen sich<br />

Weltverstehen und eigene, innere Vorstellungen der Kinder sowie<br />

individuelle Bedeutungen und soziale Kommunikationsprozesse miteinander<br />

verbinden (vgl. Göhlich 1993, S. 56 ff.; Stenger 2001, S. 12 f.; Malaguzzi 2002, S.<br />

35 f.).<br />

Insgesamt vereinigen sich in Projekten der reggianischen oder reggio-orientierten<br />

Einrichtungen immer wieder aufs Neue folgende Aktivitätsformen:<br />

sinnliche Wahrnehmung,<br />

exploratives, erkundend-experimentelles Handeln,<br />

Deuten von Beobachtungen,<br />

Nachdenken über Wirkungszusammenhänge,<br />

Aktivieren von Emotionen,<br />

Aktualisieren von Erinnerungen an ähnliche Situationen,<br />

Vernetzen von Wahrnehmungen und inneren Bildern,<br />

Kommunikation über Beobachtungen, Handlungen, Hypothesen und Gefühle,<br />

Darstellen der persönlich bedeutungsvollen Gegenstände und Handlungen sowie<br />

der ausgelösten Assoziationen und Phantasien mittels verschiedener<br />

Ausdrucksmittel,<br />

Gestalten oder Verändern von Gegenständen als Träger des neu gewonnenen<br />

Wissens und der Vorstellungen der Kinder von ihnen persönlich wichtigen Ideen,<br />

Personen und Gegenständen.<br />

Diese Handlungselemente lassen sich nicht in eine bestimmte projekttypische Abfolge<br />

bringen, wie sie im schulischen Kontext häufig praktiziert wird (vgl. z.B. das<br />

Prozessmodell von Frey 1996, S. 63 ff.). Die Prozess-Struktur reggianischer Projekte<br />

lebt vielmehr von der variierenden Wiederholung der Momente Wahrnehmung -<br />

Reflektion - Aktion - Kommunikation. In einigen der älteren reggianischen Projekte<br />

findet sich allerdings eine gewisse Taktigkeit, die von der sinnlichen Annäherung an ein<br />

Thema (z.B. den Regen) über das messende Erfassen des Phänomens zum Hypothesen<br />

Aufstellen und Überprüfen führt (vgl. Reggio Children 2002, S. 80 ff.).<br />

Projekte sind keine Sonderveranstaltungen in der Kindertageseinrichtung. Sie gehören


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

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zu den Alltäglichkeiten der Kita-Praxis. Sie entwickeln sich aus Spielhandlungen,<br />

Gesprächen oder Beobachtungen der Kinder. In der Morgenversammlung kann über<br />

mögliche Projektthemen diskutiert und entschieden werden; auch Erzieherinnen können<br />

verbal oder über mitgebrachte Gegenstände Impulse für Projekte vermitteln.<br />

Projekte basieren auf dem authentischen Interesse und oft auf konkreten Erlebnissen der<br />

Kinder (z.B. der plötzliche Regen, das Jungekriegen einer Katze). Ein Projekt kann von<br />

ganz unterschiedlicher Zeitdauer sein (von zwei Stunden bis zu einem Jahr!). Auch die<br />

Zahl der Projektteilnehmer hängt allein von der Interessenbindung der Beteiligten ab.<br />

Letztlich kann ein Projekt auch nur von einem Kind realisiert werden.<br />

Meistens ist es allerdings eine Kleingruppe von ca. drei bis fünf Kindern, in der sich ein<br />

gemeinsames Interesse am ehesten finden und stabil halten lässt. In länger andauernden<br />

Projekten kann die Zahl der beteiligten Kinder schwanken; es können Kinder<br />

"aussteigen" und andere dafür "einsteigen".<br />

Durch gegenständliche oder verbale Impulse (Fragen, Schilderung eigener Erlebnisse,<br />

mitgebrachte Bilder) können Erzieherinnen dem Interessen- und Handlungsspektrum der<br />

Kinder neue Akzente vermitteln. Ausgangsbasis für solche Impulse sind die<br />

Beobachtungen und die darauf basierenden (täglichen) Kurzprotokolle über die<br />

Aktivitäten der in Projekte eingebundenen Kinder. Die Protokolle einschließlich knapper<br />

schriftlicher Interpretationen werden regelmäßig im Team diskutiert. Ziel des<br />

Austauschs der Kolleginnen ist die Verständigung darüber, welche Materialien, Räume,<br />

Orte und Impulse die Kinder für die Stabilisierung und Weiterentwicklung ihres<br />

Projektes brauchen könnten. Dabei bleibt das Prinzip der freien Wahl der Kinder<br />

unberührt. Es kann gerade als "Geheimnis" des Erfolgs reggianischer Projekte<br />

angesehen werden, dass ihre zentrale Motivation das authentische Interesse der Kinder<br />

ist und sich die Beteiligung Erwachsener auf folgende Handlungsaspekte konzentriert:<br />

"stilles, wohlwollendes Begleiten" der Kinder (Schäfer 1999, S. 225),<br />

interessiertes Auseinandersetzen über die inhaltliche Bedeutung, über Sinn und<br />

offene Fragen der Aktionen der Kinder (vgl. ebd.),<br />

Herausfordern, "einen Abstand einführen zwischen dem, was man ... verstanden<br />

hat, und dem, was vielleicht darüber hinaus möglich oder wünschenswert<br />

wäre" (ebd., S. 226),<br />

verstärkende und bereichernde Impulse und Ressourcen,<br />

Krisenmanagement (vgl. Knauf 2001, S. 18 f.).<br />

So entsteht ein "pädagogischer Dialog zwischen Kind und Erwachsenen" (Laewen 2000,<br />

S, 50), in dem den Kindern Themen gewissermaßen als "Konstruktionsaufgaben"<br />

zugemutet werden. "In welcher Weise Kinder damit umgehen und zu welchen Schlüssen<br />

sie kommen, kann nicht vorhergesehen werden..." (ebd.).<br />

Grundlage für Sicherheit und Vielfalt des Erzieherinnenverhaltens ist die Team-<br />

Kooperation: Kaum, dass sich aus den Gesprächen, Beobachtungen oder<br />

Spielhandlungen der Kinder ein Projekt entwickelt, beginnen die Erzieherinnen,<br />

gemeinsam zu überlegen und zu recherchieren, mit welchen Aktivitäten, Attraktionen<br />

und Hilfsmitteln das Projekt bereichert oder erweitert werden kann. Zugleich sprechen<br />

die Erzieherinnen die Eltern an und versuchen, sie zu ermutigen, sich in die Aktivitäten<br />

ihrer Kinder einzubringen, indem sie sich beispielsweise um Gegenstände oder Bücher<br />

kümmern, die für das Projektthema förderlich sind (vgl. Knauf 1998, S. 18).<br />

Notwendig ist das Ausbalancieren von Nähe und Distanz im Erzieherinnenverhalten.<br />

Für dieses Ausbalancieren gibt es nur die Grundlage des genauen Beobachtens und


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

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Hinhörens sowie des kontinuierlichem Dokumentierens und (gemeinsamen)<br />

Interpretierens von Handlungsprozessen, Bedürfnissen und individuellen<br />

Entwicklungspotenzialen der Kinder. Das Team der Erzieherinnen hat die Freiheit, aber<br />

auch die Verantwortung, aus den Interpretationen der Kinderbedürfnisse pädagogische<br />

Entscheidungen abzuleiten. Sie können beinhalten, den Kindern ein Mehr an Impulsen<br />

und Ressourcen zukommen zu lassen oder aber die Offenheit der Handlungsprozesse<br />

und Interaktionssituationen zu betonen.<br />

Ein zentrales Element der reggianischen Projektpraxis ist die sinnlich-gegenständliche<br />

Dokumentation der Handlungsprozesse durch großflächige Wanddokumentationen<br />

("sprechende Wände") und/oder vervielfältigbare Heftdokumentationen. Bestandteile<br />

der Dokumentationen sind gegenständliche Kinderarbeiten, Kinderäußerungen, Fotos<br />

oder auch Videos, die den Aktionsprozess darstellen, Überschriften und kurze<br />

Kommentierungen. Die Erzieherinnen sind für Materialauswahl und Gestaltung der<br />

Dokumentationen verantwortlich. Vielfach werden die Kinder aber an der<br />

Dokumentationserstellung beteiligt. Gestärkt werden dadurch ihre<br />

Eigenverantwortlichkeit, Selbstständigkeit und Identifikation mit Prozess und Ergebnis<br />

der Dokumentation. Die Dokumentation stellt die Entwicklung der Vorstellungen,<br />

Entdeckungen und Erkenntnisse der Kinder dar. Insbesondere wenn sie parallel zum<br />

Projektverlauf erstellt wird, verleiht sie dem Prozess Struktur; sie vermittelt den Kindern<br />

Wertschätzung, Rückmeldung, Anlässe zum sich Erinnern und Material zur selektiven<br />

Imitation. Auch für die Erzieherinnen und Eltern stellen die Projektdokumentationen<br />

eine wichtige Informationsquelle über das Denken, Fühlen, Können der Kinder und<br />

deren Entwicklung dar.<br />

In den Projektdokumentationen hinterlassen Kinder Spuren ihres Handelns. Daher ist es<br />

nicht erforderlich, dass Projekte durch das Fertigstellen und Präsentieren von Werken<br />

ihren Abschluss finden. Enden kann ein Projekt in den reggianischen<br />

Kindereinrichtungen auch mit Fragen oder mit einer Rückschau auf den<br />

vorangegangenen Prozess.<br />

Literatur<br />

Frey, Karl: Die Projektmethode. Weinheim 1982 (Neuausgabe 1996)<br />

Göhlich, Michael: Reggiopädagogik - Innovative Pädagogik heute. Frankfurt a.M. 1993<br />

Gudjons, Herbert: Handlungsorientiert Lehren und Lernen. 2., korrigierte Auflage. Bad Heilbrunn 1989<br />

Hänsel, Dagmar: Handbuch Projektunterricht. Weinheim 1997<br />

Knauf, Tassilo: Wir erziehen die Kinder nicht, wir assistieren ihnen. Die Rolle der Erzieherin in der<br />

Reggio-Pädagogik. In: Welt des Kindes 4/1998, S. 13-19<br />

Knauf, Tassilo: Ein Vergnügungspark für Vögelchen. Annäherungen an Theorie und Praxis des<br />

Projektlernens in Reggio Emilia. In: Welt des Kindes 6/1998, S. 6-11<br />

Knauf, Tassilo: Reggio-Pädagogik. In: Fthenakis, Wassilios E./ Textor, Martin R. (Hrsg.): Pädagogische<br />

Ansätze im Kindergarten. Weinheim 2000, S. 181-201<br />

Knauf, Tassilo: Projekte in der Reggio-Pädagogik. In: PÄD Forum 3/2001 (Sonderheft Reggio-<br />

Pädagogik), S. 15-19<br />

Knoll, Michael: Wie entstand die Projektmethode. In: Grundschule 7-8/1995, S. 12-13<br />

Krenz, Armin: Der "Situationsorientierte Ansatz" im Kindergarten. Freiburg 1991


Projekte in der Reggio-Pädagogik<br />

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05.09.2006<br />

Laewen, Hans-Joachim: Bildung, Erziehung in Kindertageseinrichtungen. In: Dialog Reggio - Region<br />

Nord (Hrsg.): Qualität von Kindertagesstätten am Beispiel der Reggio-Pädagogik. Hamburg 2000, S. 38-<br />

51<br />

Malaguzzi, Loris: Hundert Sprachen hat das Kind. In: Reggio Children (Hrsg.): Hundert Sprachen hat das<br />

Kind. Neuwied 2002, S. 28-31<br />

Malaguzzi, Loris: Kommentare. In: Ebenda, S. 34-36<br />

Rodari, Gianni: Grammatik der Phantasie. Leipzig 1992<br />

Schäfer, Gerd E.: Phantasieren, spielen, gestalten. In: Altenburger, Helmut/ Maurer Friedemann (Hrsg.):<br />

Kindliche Welterfahrung in Spiel und Bewegung. Bad Heilbrunn 1992, S. 131-149<br />

Schäfer, Gerd E.: Frühkindliche Bildungsprozesse. In: Neue Sammlung 2/1999, S. 213-226<br />

Speth, Martin: John Dewey und der Projektgedanke. In: Bastian, Johannes u.a. (Hrsg.): Theorie des<br />

Projektunterrichts. Hamburg 1997<br />

Stenger, Ursula: Grundlagen der Reggiopädagogik: Das Bild vom Kind. In: PÄD Forum 3/2001<br />

(Sonderheft Reggio-Pädagogik), S. 9-14<br />

Textor, Martin: Projektarbeit im Kindergarten. Planung, Durchführung, Nachbereitung. Freiburg 1995<br />

Winnicot, Donald W.: Vom Spiel zur Realität. Stuttgart 1973<br />

Wolter, Martin: Die Projektmethode. In: Grundschule 7-8/1995, S. 18-20


Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und praktische Grundlagen<br />

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05.09.2006<br />

Kindergartenpädagogik<br />

- Online-Handbuch -<br />

Herausgeber: Martin R. Textor<br />

Aus: Hildegard Rieder-Aigner (Hrsg.): Handbuch Kindertageseinrichtungen.<br />

Organisation und Management für LeiterInnen, Fachkräfte, Träger und Initiatoren.<br />

Berlin, Bonn, Regensburg: Walhalla 1999, 16. Aktualisierung<br />

Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und praktische<br />

Grundlagen<br />

Martin R. Textor<br />

Zielsetzung<br />

Die Projektmethode wird definiert und gegenüber der Arbeit nach Wochen- oder<br />

Monatsplänen abgegrenzt.<br />

Die Bedeutung der Projektarbeit für die ganzheitliche Entwicklung von Kindern<br />

wird betont.<br />

Verschiedene Phasen von Projekten werden unterschieden und die in ihnen<br />

ablaufenden Tätigkeiten und Aktivitäten beschrieben.<br />

Ein Beispiel verdeutlicht den Verlauf von Projekten.<br />

1. Jahres-, Wochen- und Monatspläne<br />

In vielen deutschen Kindergärten wird nach Jahres-, Monats- bzw. Wochenplänen<br />

gearbeitet. Die Erzieher/innen setzen sich vor Beginn eines neuen Kindergartenjahres<br />

zusammen, um ein Jahresthema festzulegen. Oft wird z.B. das Thema "Die vier<br />

Elemente: Feuer, Wasser, Erde, Luft" gewählt. Die meisten Tätigkeiten während des<br />

Kindergartenjahres kreisen dann um dieses Thema. Sie werden unterbrochen durch<br />

kalenderbedingte Aktivitäten - z.B. in Zusammenhang mit Festen wie St. Martin,<br />

Weihnachten bzw. Muttertag oder bedingt durch jahreszeitliche Veränderungen wie<br />

Schneefall oder das erste Grün.<br />

In Monats- und Wochenplänen werden die während der einzelnen Tage erfolgenden<br />

Aktivitäten genauer festgelegt. Neben den themenunabhängigen Freispiel-, Essens- und<br />

eventuell Schlafenszeiten werden themenbezogene Beschäftigungen benannt:<br />

beispielsweise beim genannten Jahresthema ein Gespräch im Stuhlkreis über eigene<br />

Erfahrungen mit Feuer, ein Experiment über die Brennbarkeit verschiedener<br />

Materialien, eine Betrachtung des Bilderbuchs "Johnny spielt mit dem Feuer", eine<br />

Malaktivität "Vulkane" und das Einüben des Liedes "In meinem Herzen brennt ein<br />

Feuer". Der Wochenplan wird im Kindergarten ausgehängt, sodass sich Eltern über die<br />

vorgesehenen Aktivitäten informieren können.<br />

Diese immer noch häufig praktizierte Vorgehensweise wird oft als unbefriedigend<br />

erlebt. Beispielsweise legt ein Jahresthema das Team fest - was aber, wenn die Kinder<br />

kein Interesse (mehr) an ihm haben? Als noch einengender wird der Wochenplan erlebt:<br />

Was ist, wenn nach mehreren Regentagen die Sonne wieder scheint und die Kinder


Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und praktische Grundlagen<br />

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lieber den ganzen Tag draußen spielen wollen, als die vorgesehenen Aktivitäten im<br />

Gruppenraum zu erledigen? Was ist, wenn man dem Wunsch der Kinder nachgibt und<br />

sich dann gegenüber den Eltern rechtfertigen muss, weshalb die Kinder das laut<br />

Wochenplan vorgesehene Lied nicht gelernt haben? Vor allem aber wird kritisiert, dass<br />

die Pläne die Spontaneität der Kinder hemmen, ihnen keine<br />

Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnen, die Entwicklung von Selbsttätigkeit und<br />

Eigenständigkeit behindern sowie oft an den Bedürfnissen, Interessen und Wünschen<br />

der Kinder vorbeigehen.<br />

2. Projektarbeit als Alternative<br />

Manche Kindergärten haben aus den gerade skizzierten Erwägungen heraus die<br />

detaillierten Wochen- und Monatspläne zugunsten von Projekten aufgegeben. Katz und<br />

Chard (2000), die beiden wichtigsten Vertreterinnen von Projektarbeit in den USA,<br />

definieren Projekte folgendermaßen: "Ein Projekt ist eine längerfristige Untersuchung<br />

eines Themas, die in der Regel von einer ganzen Klasse, meistens aufgeteilt in<br />

Kleingruppen, manchmal auch nur von einer Gruppe von Kindern aus der Klasse oder<br />

gelegentlich nur von einem einzelnen Kind durchgeführt wird. Diese Untersuchung<br />

schließt verschiedene Aspekte eines Themas ein, die sowohl die teilnehmenden Kinder<br />

interessieren als auch von ihren Lehrer/innen als sinnvoll angesehen werden".<br />

Bei der Projektarbeit wird von Prinzipien und pädagogischen Zielen ausgegangen wie<br />

Öffnung von Kindertageseinrichtungen zu ihrem Umfeld hin, wie<br />

Handlungsorientierung, Erfahrungslernen, Selbsttätigkeit, Lebensnähe, Mitbestimmung,<br />

ganzheitliche Kompetenzförderung, Methodenvielfalt und "spiralförmiges Lernen" (d.h.:<br />

Der fortwährende Wechsel von Gruppendiskussionen, Besichtigungen, Experimenten,<br />

Rollenspielen, Mal- und Bastelaktivitäten führt zu einem immer tiefer gehenden<br />

Eindringen in die jeweilige Thematik) (vgl. Textor 1998). Öffnung der<br />

Kindertageseinrichtung zum Gemeinwesen hin bedeutet auch, dass Erzieher/innen bei<br />

der Projektplanung und -durchführung Eltern und andere Erwachsene ausfindig machen<br />

und einbinden, die entsprechende Fachkenntnisse mitbringen oder benötigte Kontakte<br />

vermitteln können. Die Fachkräfte, die somit nicht "alles" zum Projektthema wissen<br />

müssen, werden zu Lernenden und zu Vorbildern für das immer wieder proklamierte<br />

"lebenslange Lernen". Zugleich wird Projektarbeit zu einer Form der Eltern(mit)arbeit -<br />

aber auch der Öffentlichkeitsarbeit, da Interesse an der pädagogischen Arbeit im<br />

Kindergarten geweckt und diese transparent gemacht wird.<br />

Projekte können je nach Thema unterschiedlich lang sein - von einer Woche bis hin zu<br />

mehreren Monaten. Bei längeren Projekten kommt es aber oft zu Unterbrechungen<br />

durch Ferien, durch von der Jahreszeit bedingte Aktivitäten u.ä. (z.B. Basteln für<br />

Muttertag oder Weihnachten, Faschingsvorbereitungen). Häufig ist es anschließend<br />

schwierig, wieder das Projektthema aufzugreifen und die Kinder neu zu motivieren.<br />

Diese Probleme treten bei kurzfristigen Projekten nicht auf. Auch ist es durchaus<br />

möglich, ein Projekt nur mit einem Teil der Kinder der eigenen Gruppe (z.B. wenn die<br />

anderen an dem Thema nicht interessiert sind) oder als gruppenübergreifendes Angebot<br />

durchzuführen.<br />

3. Phasen der Projektarbeit<br />

Projekte entstehen oft aus ganz einfachen Ereignissen: ein Kind stellt eine spannende<br />

Frage oder äußert eine interessante Idee; ein Kind berichtet von einen Tier oder Insekt;<br />

ein Elternteil kommt mit einem gebrochenen Arm in den Kindergarten; ein Kind aus<br />

einem fremden Land wird in die Gruppe aufgenommen; eine Mutter arbeitet im Museum<br />

usw. Aufgrund dieses Ereignisses wird der Wunsch geäußert, mehr über Tiere, Insekten,


Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und praktische Grundlagen<br />

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ärztliche Behandlungen, das fremde Land oder Museen lernen zu wollen. Dieser<br />

Wunsch kann als eine "Projektinitiative" verstanden werden. Ob er weiterverfolgt wird<br />

und zu einem Projekt führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Von großer<br />

Bedeutung sind hier die (vermuteten) Interessen der Kinder, da nur auf dieser Grundlage<br />

die Motivation von Kleinkindern geweckt und aufrechterhalten werden kann. Jedoch<br />

muss das Projektthema auch immer pädagogisch wertvoll sein. Weitere wichtige<br />

Kriterien für die Themenwahl werden von Katz und Chard (2000) zusammengefasst:<br />

"Ein Gegenstand ist wahrscheinlich geeignet, wenn<br />

1. er direkt beobachtbar in der Umgebung (der realen Welt) der Kinder ist;<br />

2. die Kinder damit bereits Erfahrungen gemacht haben (die meisten von ihnen?<br />

einige von ihnen?);<br />

3. er von den Kindern selbst direkt erforscht werden kann (keine potentiellen<br />

Gefahren);<br />

4. die örtlichen Ressourcen geeignet und leicht verfügbar sind;<br />

5. er sich für eine Vielzahl darstellender Medien eignet (Rollenspiel, Konstruktion,<br />

Bilder, multidimensionale Grafiken etc.);<br />

6. die Eltern sich wahrscheinlich beteiligen werden und ohne große Schwierigkeiten<br />

mitarbeiten können;<br />

7. er sowohl für die örtliche Kultur sensibel als auch allgemein kulturell angemessen<br />

ist;<br />

8. er wahrscheinlich viele Kinder interessieren wird oder wenn das Interesse dafür<br />

von den Erwachsenen als so wertvoll eingeschätzt wird, das es entwickelt werden<br />

sollte;<br />

9. er den curricularen Zielen der Schule, des Distrikts usw. entspricht;<br />

10. er ausreichend Gelegenheiten zur Anwendung grundlegender Fertigkeiten eröffnet<br />

(abhängig vom Alter der Kinder);<br />

11. der Gegenstand optimal spezifisch ist - nicht zu stark eingegrenzt und nicht zu<br />

vage (z.B. die Untersuchung des Hundes des Lehrers auf der einen und der<br />

Projektinhalt - Musik - auf der anderen Seite)."<br />

Die Projektthemen sollten zusammen mit den Kindern ausgesucht und festgelegt<br />

werden. Sie werden auch nur so lange bearbeitet, wie die Kinder interessiert sind. Diese<br />

bestimmen den Projektverlauf mit und schlagen viele Aktivitäten vor. An einer<br />

bestimmten Tätigkeit desinteressierte Kinder können etwas anderes machen, da viel in<br />

Kleingruppen mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Aufgabenstellungen gearbeitet<br />

wird.<br />

3.1 Phase 1: Planung des Projekts<br />

Hat sich eine Gruppe oder die gesamte Kindertagesstätte für ein Projektthema<br />

entschieden, sollten die Erzieher/innen es vorab bei einer Teamsitzung durchsprechen.<br />

Es geht hier nicht darum, wie bei einem Wochenplan alle projektbezogenen Aktivitäten<br />

genau festzulegen - schließlich sollen die Kinder den Projektverlauf mitbestimmen und<br />

prägen. Jedoch erweist es sich als sinnvoll, in Form eines Brainstorming Ideen zum<br />

Projektthema zu sammeln und zu ordnen. Dies erleichtert es den Fachkräften, im<br />

Projektverlauf neue Ideen einzubringen - wenn sich z.B. die Kinder langweilen oder ihre<br />

Aktivitäten ausgeweitet werden sollen. Außerdem sind manchmal zeitaufwendige<br />

Vorbereitungen seitens der Erzieher/innen notwendig - beispielsweise wenn<br />

voraussichtlich besondere Materialien, Gegenstände oder Medien benötigt werden oder<br />

Ausflüge, Besichtigungen und Besuche geplant werden müssen. Auch gewinnen die<br />

Erzieher/innen bei diesen Besprechungen bereits einen Eindruck von der zu leistenden<br />

Arbeit und den notwendigen Mitteln.


Projektarbeit in Kindertageseinrichtungen: theoretische und praktische Grundlagen<br />

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Praxisbeispiel:<br />

Unser Kindergarten befindet sich in einer Kleinstadt mit historischem Stadtkern. Bei<br />

Spaziergängen fielen Kindern immer wieder die schönen Fassaden der alten Häuser auf -<br />

oft verweilten wir für einige Minuten und unterhielten uns über das Gebäude. Dabei<br />

sprachen wir über verschiedene Baustile, verglichen die Formen der Türen, Fenster und<br />

Dachstühle. Da die meisten unserer Kinder im Umkreis des Kindergartens wohnen,<br />

kamen wir auch häufig an deren Wohnungen vorbei und wurden dann von dem<br />

jeweiligen Kind darauf hingewiesen. Dies war die Ausgangssituation für unser Projekt<br />

"Wohnen".<br />

In einer Teamsitzung besprachen wir, welche Ziele wir mit dem Projekt verfolgen<br />

wollen. Auch fragten wir uns nach den verschiedenen Aspekten der Thematik. Aus der<br />

Stoffsammlung entstand ein Schema, auf das wir im weiteren Verlauf des Projektes<br />

immer wieder zurückgriffen. Schließlich sammelten wir Ideen, welche Materialien und<br />

Methoden eingesetzt werden könnten.<br />

3.2 Phase 2: Der Einstieg<br />

In der Anfangsphase eines Projekts gilt es, dass Interesse aller Kinder zu wecken und zu<br />

intensivieren. Vor allem aber muss herausgefunden werden, wie viel Vorwissen die<br />

Kinder zum jeweiligen Thema haben ("Heute wollen wir uns einmal über Schuhe<br />

unterhalten. Was wäre, wenn wir keine Schuhe hätten?" "Wo kommen unsere Schuhe<br />

überhaupt her?"). Dazu lässt man die Kinder erzählen - von relevanten Erlebnissen und<br />

Erfahrungen, von Beobachtetem und Gehörtem, von ihren Gedanken und Gefühlen. Die<br />

Erzieher/innen und andere Kinder erreichen durch Nachfragen, dass die Berichte<br />

möglichst umfassend und ausführlich sind ("Und wie sahen die Schuhe aus, die ihr<br />

gekauft habt?", "Und was hast du mit der Schuhverkäuferin gesprochen?"). Dabei wird<br />

deutlich, welche Aspekte der Thematik für Kleinkinder besonders interessant sind - sie<br />

sollten dann im weiteren Verlauf des Projekts besonders beachtet werden. Unter<br />

Umständen muss an dieser Stelle bereits von der bisherigen Projektplanung abgewichen<br />

werden.<br />

Da die Aufmerksamkeitsspanne von Kleinkindern noch recht kurz ist, sollte die Zeit für<br />

solche Gespräche eher knapp bemessen werden. Statt dessen sollten solche Gespräche<br />

mehrmals hintereinander stattfinden ("Und morgen werden uns Brigitta, Alexandra und<br />

Heinz erzählen, was sie beim Schuhkauf erlebt haben!"). Auch können bereits Kinder<br />

mit Aufträgen nach Hause geschickt werden ("Fragt doch einmal die Oma, wie viel Paar<br />

Schuhe sie als Kind gehabt hat und wie diese aussahen!", "Was machen wohl deine<br />

Eltern mit alten Schuhen?"). Auf diese Weise wird das Projektthema in die Familien<br />

hineingetragen: Die Kinder sprechen mit den Eltern, bringen neue Kenntnisse und Ideen<br />

mit in die Kindertagesstätte und erfahren oft für den weiteren Verlauf des Projekts<br />

relevante Informationen ("Mutti hat gesagt, im Hotel bei uns um die Ecke gibt es eine<br />

richtige Schuhputzmaschine!").<br />

Dieser intensive wechselseitige Gesprächs- und Erfahrungsaustausch trägt dazu bei, dass<br />

eine Grundlage gegenseitigen Verstehens zwischen allen Kindern geschaffen wird.<br />

Zugleich tauchen Fragen auf, die auf Wissenslücken oder Missverständnisse verweisen -<br />

auf sie muss dann in der nächsten Projektphase eingegangen werden. Katz und Chard<br />

(2000) empfehlen, dass Erzieher/innen falsche Auffassungen, die in dieser Phase zum<br />

Vorschein kommen, nicht zu schnell korrigieren sollten - sie könnten hervorragende<br />

Lernmöglichkeiten sein, wenn die Kinder später ihre "Theorien" an der Realität messen<br />

und sie testen.


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Außerdem wird durch das Äußern von Fragen und Ideen die Motivation für eine<br />

intensivere Beschäftigung mit dem Projektthema geweckt ("Was für Schuhe haben die<br />

Menschen wohl vor langer Zeit getragen?","Wäre es nicht interessant, einen<br />

Schuhmacher zu besuchen und ihm bei der Reparatur von Schuhen zuzusehen?", "Ob<br />

wir wohl selbst Schuhe herstellen können?"). Hier haben Kinder die Gelegenheit, eigene<br />

Vorschläge und Wünsche einzubringen. So wird immer deutlicher, wo die Interessen der<br />

Kinder liegen und in welche Richtung sich das Projekt weiterentwickeln soll.<br />

Im Sinne einer ganzheitlichen Förderung sollten sich aus dem Gesprächsaustausch mit<br />

den Kindern andere Aktivitäten ergeben: Beispielsweise können eigene Erfahrungen und<br />

Erlebnisse als Bilder wiedergegeben werden; erste Bastelarbeiten entstehen; vielleicht<br />

wird schon ein zum Thema passendes Lied eingeübt; einige Kinder greifen bereits das<br />

Thema im Rollenspiel auf.<br />

Praxisbeispiel:<br />

Zu Beginn unseres Projekts "Wohnen" sprachen wir mit den Kindern darüber, weshalb<br />

wir in Wohnungen leben (Schutz vor Witterungseinflüssen, Abgrenzung einer<br />

Privatsphäre, sichere Aufbewahrung von Eigentum usw.) und was wir dort machen<br />

(Essen und Trinken, Schlafen, Freizeitgestaltung, Hausarbeit usw.). Wir beauftragten die<br />

Kinder, wenn möglich Fotos von dem Haus, in dem sie leben, und von ihrer Wohnung<br />

mitzubringen.<br />

3.3 Phase 3: Durchführung des Projekts<br />

In der dritten und längsten Phase findet die eigentliche "Forschungsarbeit" statt: Der<br />

jeweilige Gegenstand wird unter Berücksichtigung all seiner Aspekte gründlich<br />

untersucht. Die Kinder formulieren die sie interessierenden Fragen und besprechen, wie<br />

sie Antworten auf sie finden können. Sie stellen Hypothesen auf und fragen sich, wie sie<br />

sie begründen oder widerlegen können. Die Hauptaufgabe besteht hier "im Beschaffen<br />

von neuen Informationen, vor allem durch unmittelbare, direkte Erfahrungen in der<br />

realen Welt. Die verwendeten Informationsquellen können primärer oder sekundärer Art<br />

sein. Primäre Quellen beinhalten Ausflüge zu realen Schauplätzen oder Ereignissen, wie<br />

zu einer Baustelle, zu einer Maschine, die gerade in Betrieb ist, oder zum Lager eines<br />

Supermarktes, der gerade beliefert wird. Gespräche mit Leuten, die direkte Erfahrungen<br />

mit dem Projektthema haben, liefern ebenfalls Informationen aus erster Hand.<br />

Sekundäre Informationsquellen wie Bücher, relevante Lehrfilme, Videobänder,<br />

Broschüren und Prospekte können zu dieser Zeit ebenfalls studiert werden" (Katz/Chard<br />

2000).<br />

Zentrale Aktivitäten in dieser Phase sind somit:<br />

Sammeln und Vergleichen verschiedener Ausprägungen des jeweiligen<br />

Untersuchungsgegenstandes (z.B. Sammlung verschiedener Schuhe und deren<br />

Kategorisierung nach Schuhform, Beschaffenheit des Leders, Größe, Farbe usw.;<br />

alternativ Ausschneiden von Fotos von Schuhen aus Katalogen),<br />

Bilden von Hypothesen und deren Überprüfung, z.B. durch Experimentieren<br />

("Welche Schuhe sind wasserundurchlässig und weshalb?" - alte Schuhe<br />

verwenden!, "Welchen Effekt haben Schuhsprays?" - die Schuhe sollten aus<br />

Gesundheitsgründen draußen eingesprüht werden!);<br />

Interviews von Eltern zu Hause ("Wie und womit putzen eure Eltern ihre<br />

Schuhe?") oder beim Abholen der Kinder ("Weshalb tragen Sie diese Art von<br />

Stiefeln?"), von Besucher/innen in der Kindertagesstätte ("Was machen Sie als<br />

orthopädischer Schuster?", "Für welche Menschen arbeiten Sie?", "Welche


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Werkzeuge verwenden Sie?" - soweit wie möglich sollte berufstypisches Gerät<br />

mitgebracht werden) oder von Fachleuten vor Ort (beim Besuch eines<br />

Schuhladens: "Wo kommen die Schuhe her, die Sie verkaufen?", "Wer bestellt<br />

sie?", "Weshalb sind die Schuhe so teuer?", "Wie funktioniert die Kasse?"),<br />

Ausflüge, Besichtigungen und Besuche an relevanten Orten (Schuhladen,<br />

Schusterwerkstatt, Schuhfabrik),<br />

Malen und Zeichnen ("So sieht es in der Schusterwerkstatt aus!"),<br />

Basteln (Erstellen der Kulissen für ein Schuhgeschäft),<br />

Singen und Tanzen ("Schuhplattler"), Lernen von Liedern und Gedichten,<br />

Rollenspiele ("Schuhkauf"),<br />

Studieren von Büchern und Filmen ("Wie ein Schuh hergestellt wird"),<br />

u.v.a.m.<br />

Es kommen somit vielfältige Aktivitäten zustande, durch die eine allseitige Entwicklung<br />

der Kinder gewährleistet ist. Diese müssen ganz unterschiedliche Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten ausbilden, einsetzen und schulen. Auch erwerben sie im Verlauf von<br />

Projekten Kenntnisse aus vielen verschiedenen Lebensbereichen (Natur- und<br />

Sozialwissenschaften, Kunst und Kultur, Wirtschaft und Politik etc.). Die Kinder<br />

beobachten, zählen, messen, schätzen, probieren aus, hinterfragen Vorstellungen und<br />

Ideen, erwerben neue Konzepte und entwickeln höhere kognitive Strukturen. Bei vielen<br />

Aktivitäten bilden sie fein- und grobmotorische Fertigkeiten aus. Auch eignen sie sich<br />

kommunikative und soziale Kompetenzen an und lernen, Probleme zu lösen und<br />

Konflikte zu bewältigen, zusammenzuarbeiten und einander zu helfen. Auf diese Weise<br />

werden sie auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorbereitet. Bedingt<br />

durch ihre Mitbestimmungsrechte, das weitgehend selbständige Arbeiten und die<br />

eigenen Erfolge werden außerdem Persönlichkeitseigenschaften wie Mündigkeit,<br />

Eigenverantwortung, Selbstvertrauen und ein positives Selbstbild gefördert.<br />

Katz und Chard (1989) betonen noch folgendes: "In dieser Phase der Projektarbeit<br />

lernen die Kinder, ihre eigenen Bemühungen und Leistungen selbst zu überwachen und<br />

zu bewerten. Ihnen wird auch beigebracht, auf ihr Selbstbild zu reagieren, ihrem eigenen<br />

Urteil zu vertrauen, ihre Unsicherheiten zu identifizieren, ihre eigenen Fragen zu stellen<br />

und Risiken auf sich zu nehmen, selbst wenn ein Erfolg ungewiss ist. Das hier<br />

zugrundeliegende Prinzip lautet, dass Kinder ermutigt werden sollen, sich auf die<br />

Datenbasis ihrer eigenen, persönlichen Erfahrung zu verlassen" (S. 121).<br />

Das Interesse und die Motivation der Kinder werden durch die abwechslungsreichen<br />

Tätigkeiten aufrechterhalten, aber auch durch die Anerkennung der erzielten Fortschritte<br />

durch die Erzieher/innen. Außerdem werden immer wieder spontane Einfälle oder<br />

Vorschläge der Kinder aufgegriffen, sofern sie zum Projektthema passen und von den<br />

anderen Kindern positiv bewertet werden. Auch wird viel in Kleingruppen gearbeitet, da<br />

hier individuelle Interessen und Fertigkeiten berücksichtigt werden können und sich<br />

jeder Teilnehmer besser einbringen kann (mehr Mitbestimmung, Selbsttätigkeit und<br />

Eigenverantwortung).<br />

Während Hortkinder Projekte bereits weitgehend selbständig durchführen können,<br />

benötigen Kindergartenkinder noch relativ viel Anleitung und Unterstützung durch die<br />

Erzieher/innen - insbesondere wenn sie erst wenig Erfahrungen mit Projektarbeit<br />

gesammelt haben. Die Fachkräfte beobachten, wie die Kinder agieren, und greifen ein,<br />

wenn sich diese zu weit vom Projektthema entfernen, wenn ihnen Fertigkeiten für<br />

bestimmte Aktivitäten fehlen, wenn Rollenspiele zu routiniert werden oder wenn neue<br />

Materialien benötigt werden. Dann geben sie motivierende Anstöße, vermitteln fehlende<br />

Kompetenzen, führen weitere Untersuchungsobjekte ein, machen Vorschläge, zeigen<br />

Optionen auf und fördern die Zusammenarbeit mit anderen. Beim Bereitstellen neuer


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Materialien und beim Einbringen von Ideen durch die Erzieher/innen ist das Timing von<br />

besonderer Bedeutung: Es muss der Zeitpunkt abgepasst werden, wo dadurch das<br />

Interesse und die Motivation der Kinder stimuliert, deren Tätigkeiten bereichert und<br />

bisher noch nicht (ausreichend) erkundete Betätigungsfelder eröffnet werden. Wichtig<br />

ist auch, dass die Erzieher/innen klare Erwartungen und eindeutige Regeln für das<br />

Verhalten der Kinder während der Projekt- und Kleingruppenarbeit äußern. Schließlich<br />

sollten sie von Zeit zu Zeit den Verlauf des Projekts mit den Kindern (und/oder im<br />

Team) reflektieren. Häufig werden in diesen Momenten des Verweilens und<br />

Nachdenkens neue Ideen geäußert und sinnvolle Verbesserungsvorschläge gemacht.<br />

In dieser Phase spielen Ausflüge und Besichtigungen eine besondere Rolle: Die Kinder<br />

sollen die von der Erwachsenenwelt weitgehend abgeschottete Kindertageseinrichtung<br />

verlassen und das "wahre" Leben kennen lernen. Sie sollen vor Ort - in der Natur, in der<br />

Landwirtschaft, in der (Kirchen-)Gemeinde, in der Arbeitswelt usw. -<br />

Primärerfahrungen machen. Kleinkinder lernen am besten anhand konkreter<br />

Beobachtungen und Erfahrungen; es ist ein gewaltiger Unterschied, ob sie das<br />

Landleben durch ein Bilderbuch oder durch einen Besuch auf dem Bauernhof kennen<br />

lernen!<br />

Insbesondere wenn in einer Kindertagesstätte häufig Projekte durchgeführt werden,<br />

sollten aus den damit verbundenen Ausflügen und Besichtigungen keine große Aktion<br />

gemacht werden. So sollten möglichst nah gelegene Ziele ausgewählt werden, die leicht<br />

(zu Fuß, mit dem Bus oder der Straßenbahn) erreicht werden können. Dies hat zudem<br />

den Vorteil, dass sie mehrmals aufgesucht werden können, sodass die Kinder<br />

Beobachtungen zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten oder nach größeren<br />

Veränderungen (z.B. Kirchengebäude vor, während und nach der Renovierung) machen<br />

können. Auch können die Spaziergänge bzw. Besuche in Kleingruppen erfolgen, sodass<br />

keine Begleitpersonen außer der Erzieherin benötigt werden. Außerdem wird bei<br />

Besichtigungen von Geschäften, Werkstätten, Arztpraxen, Museen, Altersheimen,<br />

Seniorenclubs, Krankenhäusern usw. dadurch der Betrieb weniger gestört.<br />

Gerade Besichtigungen und Besuche sollten gründlich vor- und nachbereitet werden. So<br />

wird vor der Exkursion mit den Kindern besprochen, worauf sie besonders achten<br />

sollten (z.B. Kleidung des Schuhmachers, Gerüche in seinem Laden, Beschaffenheit der<br />

von ihm verwendeten Absätze, Sohlen usw.). Unter Umständen können die Kinder auch<br />

einfache Klemmbretter mitnehmen (ein Stück Pappe, auf dem Papier mit einer<br />

Briefklammer befestigt ist), sodass sie vor Ort Skizzen (z.B. von der<br />

Schuhmacherwerkstatt oder von Werkzeugen) anfertigen können. Während des Besuchs<br />

können die Kinder angehalten werden, zu zählen (Anzahl der Geräte in der Werkstatt),<br />

zu fühlen (Oberfläche verschiedener Ledersorten), sich die Namen bestimmter<br />

Gegenstände zu merken, sich nach der Funktionsweise von Maschinen zu erkundigen<br />

und andere relevante Tätigkeiten durchzuführen. Nach der Rückkehr in den<br />

Gruppenraum gilt es, die neuen Beobachtungen und Erfahrungen zu verarbeiten, indem<br />

sie z.B. den in der Kindertagesstätte gebliebenen Kindern erzählt, auf Bildern oder durch<br />

Bastelarbeiten festgehalten oder im Rollenspiel nachgestaltet werden.<br />

Insbesondere dem Rollenspiel kommt in dieser Phase eine große Bedeutung zu: Es<br />

ermöglicht Kindern, neu erworbene Informationen mit Bekanntem zu verknüpfen und<br />

ihre Kenntnisse praktisch anzuwenden. Sehr schnell wird deutlich, wenn sich ihre<br />

Beobachtungen, Erfahrungen, Vorstellungen und Konzepte von denen anderer Kinder<br />

unterscheiden. Dann werden sie zur Reflexion und zur Diskussion der Unterschiede<br />

herausgefordert. Auch auf diese Weise werden ihre kognitive und ihre sprachliche<br />

Entwicklung angeregt. Zugleich werden soziale und emotionale Kompetenzen gefördert,<br />

da die Kinder z.B. die Verteilung und Ausgestaltung der Rollen aushandeln sowie mit


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der jeweiligen Rolle verbundenen Gefühle nacherleben und ausdrücken müssen.<br />

Die Eltern können auf vielfältige Weise am Projekt beteiligt werden: Beispielsweise<br />

können sie Besichtigungen und Ausflüge organisieren oder die Gruppe als<br />

Aufsichtspersonen begleiten (je mehr Erwachsene dabei sind, um so mehr<br />

Ansprechpartner haben die Kinder, denen sie Fragen stellen oder mit denen sie über ihre<br />

Beobachtungen sprechen können). Die Eltern können sich selbst für Interviews zur<br />

Verfügung stellen (wenn ihr Beruf oder ihr Hobby für das Projekt relevant ist). Ferner<br />

können sie Materialien (auch für Sammlungen) und Medien (Videoaufnahmen, Bücher,<br />

Fotos) ausleihen. Besonders wichtig ist, dass ihr Interesse an dem Projektthema<br />

aufrechterhalten wird, sodass sie mit ihren Kindern oft darüber sprechen. Dies erhält<br />

deren Motivation, fördert das Verarbeiten gerade erworbener Kenntnisse und führt<br />

häufig zu positiven Rückwirkungen für die Gruppe (z.B. durch das Einbringen neuer<br />

Informationen und Ideen).<br />

Praxisbeispiel:<br />

Schon bald hatten wir eine richtige Sammlung von Fotos der Wohnhäuser und<br />

Wohnungen unserer Kinder zusammen. Wir ließen die Fotos im Kreis herumgehen und<br />

besprachen mit den Kindern, wie die verschiedenen Arten der abgebildeten Häuser<br />

heißen (Bungalow, Ein-/Zweifamilienhaus, Wohnblock, Reihenhaus usw.) und wodurch<br />

sie sich unterscheiden. Auch stellten wir fest, dass im Erdgeschoss einiger Häuser<br />

Geschäfte oder Kneipen sind. Daraufhin berichteten ein paar Kinder, dass es in ihren<br />

Häusern auch Büros oder Arztpraxen gibt. Ein Kind erzählte, dass sein Vater (Architekt)<br />

zu Hause arbeiten würde. Daran knüpfte sich ein Gespräch an, welche Berufe daheim<br />

ausgeübt werden können. Später - in der Freispielzeit - malten einige Kinder auf unsere<br />

Anregung hin ihre Wohnhäuser, während andere Gebäude aus Legos oder Bauklötzen<br />

konstruierten.<br />

Interessant war auch der Vergleich von Fotos über das Wohnungsinnere. Wir ordneten<br />

die Bilder gemeinsam mit den Kindern nach den abgebildeten Räumen und verglichen<br />

dann die verschiedenen Einrichtungen. Die Kinder waren ganz fasziniert, auf welch<br />

unterschiedliche Weise z.B. ein Wohnzimmer gestaltet werden kann und was für<br />

unterschiedliche Möbel es gibt! Da wir auch über die Größe von Wohnungen sowie den<br />

Zweck und die Anordnung von Räumen gesprochen hatten, setzten wir uns später mit<br />

einigen Kindern zusammen und zeichneten Grundrisse.<br />

Nachdem sich ja herausgestellt hatte, dass ein Vater Architekt ist, luden wir ihn in den<br />

Kindergarten als "Experten" ein. Er war auch gleich bereit zu kommen. Recht<br />

kindgemäß erzählte er den Kindern von seiner vielseitigen Berufstätigkeit. Er hatte auch<br />

einige Baupläne mitgebracht. Die Kinder waren von deren Größe und Detailgenauigkeit<br />

fasziniert - viele wollten später große Papierbogen oder Packpapier haben, um ebenfalls<br />

Baupläne zu zeichnen.<br />

Um diese Zeit herum berichteten wir in einem Elternbrief von unserem Projekt und<br />

baten die Eltern um Mitarbeit bzw. Vorschläge. Die Resonanz war bei diesem Thema<br />

nicht besonders groß; aber zumindest sammelten sich einige Bildbände über<br />

verschiedene Baustile im Kindergarten an. Wichtiger war der Hinweis, dass in der<br />

Nachbarschaft ein Haus gebaut wird. Sobald wie möglich machten wir uns mit den<br />

Kindern auf den Weg, um die Baustelle zu besichtigen. Die Baugrube war bereits<br />

ausgehoben und das Fundament gelegt. Wir standen recht lange an der Abzäunung, da<br />

es viel zu sehen und zu besprechen gab. Dies fiel einem Bauarbeiter auf, der zu uns kam.<br />

Jetzt konnten wir mit noch einem Experten sprechen! Er erzählte uns z.B. von den<br />

verschiedenen Berufsgruppen, die für den Bau eines Hauses benötigt werden, und klärte


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uns über Sicherheitsbestimmungen auf.<br />

Natürlich wollten die Kinder nun auch ein Haus bauen! Es sollte aber nicht wie sonst<br />

aus Bauklötzen oder Legos konstruiert werden, sondern ein "richtiges" Haus werden.<br />

Als einzige Lösung fiel uns folgendes ein: Wir besorgten uns einen großen Karton, in<br />

dem ein Kühlschrank verpackt gewesen war. Auch fragten wir einige Eltern, ob sie noch<br />

Tapeten- oder Stoffreste zu Hause hätten. Als wir alle benötigten Materialien zusammen<br />

hatten, bildeten wir "Arbeitsgruppen": Einige (ältere) Kinder schnitten Türen und<br />

Fenster in den Karton, bastelten aus Pappe eine Tür und Fensterläden und konstruierten<br />

ein Dach. Andere Kinder schnitten Stoffreste für Gardinen zurecht. Eine Gruppe war<br />

später für das Tapezieren des Hauses zuständig, während andere aus rotem Karton<br />

"Dachziegel" schnitten und anschließend auf das Dach klebten. Das Ergebnis unserer<br />

Bemühungen sah fast wie ein richtiges Haus aus! Es wird übrigens immer noch für<br />

Rollenspiele genutzt - aber auch zum Kuscheln und Ausruhen, da viele Kissen in ihm<br />

liegen.<br />

Eine kleine Überraschung bereitete uns der Großvater eines unserer Kinder. Er hatte aus<br />

seiner Briefmarkensammlung einige Serien mit alten Fachwerkhäusern, Mühlen und<br />

anderen Gebäuden ausgewählt und seiner Enkelin mitgegeben. Beim Anschauen und<br />

Besprechen der Briefmarken wurde uns deutlich, dass früher die Häuser in<br />

verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedlich aussahen und oft die<br />

Konstruktion von bestimmten Zwecken (z.B. Integration von Stall oder Scheune) oder<br />

örtlichen Gegebenheiten (Wassermühle - Windmühle) abhängig war.<br />

Nachdem wir auf diese Weise auch auf verschiedene Funktionen von Häusern zu<br />

sprechen gekommen waren, interessierte uns erneut unsere Nachbarschaft. Wir machten<br />

einen Spaziergang mit den Kindern - der uns übrigens wieder an der Baustelle<br />

vorbeiführte - und erfassten die Wohn-, Geschäfts-, Kauf- und Bürohäuser, Banken,<br />

Handwerksbetriebe usw. Später beschlossen wir, "unser" Stadtviertel nachzubauen: Auf<br />

einem großen Karton wurden Straßen eingezeichnet und dann an den Straßenrändern<br />

verschiedene Gebäude errichtet, die zuvor aus Karton, Papier und anderen Materialien<br />

gebastelt worden waren. Natürlich gab es auch einen Park mit Bäumen und sogar ein<br />

modernes Denkmal!<br />

3.4 Phase 4: Abschluss und Nachbereitung eines Projekts<br />

Wenn das Interesse an dem Projektthema erlahmt, sollte das Projekt mit einem<br />

besonderen, aus dem Alltag der Kindertageseinrichtung herausragenden Ereignis<br />

abgeschlossen werden. Besonders empfehlenswert sind Aktivitäten, zu denen Dritte<br />

eingeladen werden können (Eltern, andere Kindergruppen, Nachbarn, Pfarrgemeinderat,<br />

Nachbarschaft usw.). Wohlgemerkt - es geht hier nicht um eine "Show" für<br />

Außenstehende, sondern um eine sinnvolle Präsentation der Projektergebnisse, des<br />

Gelernten, des Resultats einer längerfristigen "Forschungsarbeit". So sind als Abschluss<br />

eines Projekts beispielsweise<br />

eine "öffentliche" Ausstellung von Bildern und Bastelarbeiten oder von<br />

gesammelten Objekten ("Schuhe damals - heute"),<br />

ein Rollenspiel in von den Kindern selbst gebastelten Kulissen (Kinder aus der<br />

Nachbargruppe kaufen im "Schuhladen" unserer Gruppe ein),<br />

ein Fest ("Ein Glück, dass wir Schuhe haben!"),<br />

ein Ausflug ("Wir wandern, wohin uns unsere Schuhe tragen ..."),<br />

die Präsentation von Dias oder einem Videofilm über den Projektverlauf,<br />

ein Wettbewerb (Wettlaufen in großen, von den Eltern aus Karton gebastelten<br />

Schuhen),


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ein von den Kindern selbst verfasstes Theaterstück ("Was uns unsere Schuhe<br />

erzählt haben"),<br />

eine Präsentation neu erworbener Fertigkeiten (die Kinder putzen die Schuhe der<br />

sie abholenden Eltern),<br />

eine Besichtigung (Bus-/Bahnfahrt zur Schuhfabrik an einem entfernter liegenden<br />

Ort),<br />

u.v.a.m.<br />

denkbar. Natürlich kann das Abschlussereignis auch nur mit den Kindern der jeweiligen<br />

Gruppe gestaltet werden. Die Einbeziehung Dritter erhöht aber das Erfolgserlebnis der<br />

Kinder, da die geleistete Arbeit von anderen (erwachsenen) Personen gewürdigt wird.<br />

Zugleich ist dies ein wichtiger Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit der Kindertagesstätte ...<br />

Nicht versäumen sollte man, nach Beendigung des Projekts dessen Verlauf mit den<br />

Kindern zu reflektieren. Aber auch die Vorbereitung des Abschlussereignisses bietet oft<br />

eine gute Gelegenheit, die geleistete Arbeit durchzusprechen. So kann man die ersten<br />

Pläne und Ziele mit dem realen Projektverlauf vergleichen, besonders schöne Ereignisse<br />

ins Gedächtnis zurückrufen, um Kritik und Verbesserungsvorschläge bitten und<br />

zusammentragen, was alles während des Projekts gelernt wurde. Auch eine<br />

Nachbesprechung im Team ist empfehlenswert.<br />

Praxisbeispiel:<br />

Unser Projekt "Wohnen" endete nicht mit einem besonderen Ereignis, sondern lief<br />

einfach mangels weiterem Interesse aus. Wir hatten zuvor mit den Kindern besprochen,<br />

ob wir noch ähnliche Themen behandeln wollen: "Häuser" von Tieren und Insekten,<br />

Behausungen auf verschiedenen Kontinenten (Iglus, Indianerzelte, Hütten aus<br />

Naturmaterialien usw.) oder "Woher das Wasser kommt und wo es hinfließt" (wir hatten<br />

auf der Baustelle die Rohre für die Kanalisation gesehen). Jedoch wurden diese Themen<br />

nur kurz angerissen und mangels Resonanz nicht weiterverfolgt. So begannen wir ein<br />

ganz neues Projekt ...<br />

4. Nachwort<br />

Wenn man während eines Projekts auf die Interessensbekundungen, Vorschläge und<br />

Wünsche der Kinder hört, wird man bald genug Ideen für Anschlussprojekte haben. So<br />

können im Jahresverlauf viele Projekte aufeinander folgen, deren Themen weitgehend<br />

von den Kindern bestimmt wurden - wobei natürlich immer der pädagogische Wert der<br />

Thematik ausschlaggebend für ihre Wahl sein muss (s.o.). Die Übergänge zwischen den<br />

einzelnen Projekten sind nicht abrupt, da das neue Thema zumeist schon vorher von den<br />

Kindern angesprochen und mit ihnen diskutiert wurde. Im Gegensatz zu einem<br />

Jahresplan entsteht also das "Curriculum" aus der täglichen Praxis; es entwickelt sich<br />

aus dem Zusammenleben mit Kindern, aus dem gemeinsamen Fragen, Erkunden und<br />

Forschen heraus. Erzieher/innen, Kinder und Eltern sind gleichermaßen beteiligt und<br />

eingebunden.<br />

Zum Schluss soll noch darauf hingewiesen werden, dass Projekte immer nur einen Teil<br />

der Zeit in der Kindertagesstätte beanspruchen dürfen. Sie sind das Pendant zum<br />

Freispiel, zu Beschäftigungen, zu Festen und sportlichen Aktivitäten, zur<br />

Hausaufgabenbetreuung (im Kinderhort) etc. Keinesfalls darf die Bedeutung solcher<br />

Betätigungen negiert werden, wenn auch - wie wir gesehen haben - ganz<br />

unterschiedliche Förderbereiche und Aktivitäten in einem Projekt zusammengeführt<br />

werden können.


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Literatur<br />

Frey, K.: Die Projektmethode. Weinheim, 3. Aufl. 1990<br />

Katz, L.G./Chard, S.C.: Engaging children's minds: the project approach. Norwood: 1989<br />

Katz, L.G./Chard, S.C.: Der Projekt-Ansatz. In: Fthenakis, W.E./Textor, M.R. (Hrsg.): Pädagogische<br />

Ansätze im Kindergarten. Weinheim: Beltz 2000, S. 209-223<br />

Textor, M.R.: Projektarbeit im Kindergarten. Planung, Durchführung, Nachbereitung. Freiburg, 4. Aufl.<br />

1998<br />

Textor, M.R.: Projektarbeit im Kindergarten. Kinderzeit 1999, Heft 3, S. 13-15

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