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BAHN EXTRA 1970-1989: Zwei spannende Jahrzehnte Bundesbahn (Vorschau)

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DB-FERNVERKEHR<br />

Wie Intercity, Fern-Express<br />

und InterRegio entstanden<br />

DB-NAHVERKEHR<br />

Nebenbahnsterben und<br />

Rückzug aus der Fläche<br />

6.2014 NOVEMBER / DEZEMBER | € 12,90 A: € 14,60, CH: SFR 25,80, BENELUX: € 14,90<br />

<strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

<strong>Zwei</strong> <strong>spannende</strong> <strong>Jahrzehnte</strong> <strong>Bundesbahn</strong><br />

Dampflok-Abschied<br />

Intercity-Ära<br />

Fahrzeug-Vielfalt<br />

Schlussstrich<br />

1977<br />

Die letzten Dampfloks<br />

im Ruhrgebiet<br />

MODERNE FAHRZEUGE Der Weg zum<br />

Hochgeschwindigkeits-Verkehr<br />

BUNTE BUNDES<strong>BAHN</strong> Pop-Farben,<br />

Ozeanblau/Beige und Orientrot<br />

NOSTALGIE IM ALLTAG Altbau-<br />

Elloks und Schmalspurbahnen


Das kleine Magazin<br />

über die große Bahn<br />

Das neue<br />

Heft ist da.<br />

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GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

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Fotos: Dr. Dietmar Beckmann (2, gr. Bild o., kl. Bild u. r.), Zeno Pillmann (u. l.), Slg. Dr. Daniel Hörnemann (u. M.)<br />

DB in den <strong>1970</strong>ern und 1980ern: Im Mai <strong>1989</strong> passiert 212 155 mit Eilzug 3751 Koblenz – Fulda das Einfahrsignal von Burg- und Niedergemünden<br />

(gr. Bild). Die moderne Bahn nimmt mit der Drehstromlok 120 Formen an (u.l.), die DB-Werbung versucht sich bisweilen in zeitgemäßer Gestaltung<br />

(u. M., Plakatmotiv von 1972). In den frühen <strong>1970</strong>ern gehört die Dampflok noch zum Alltag; mit Personenzug 7444 Emden – Rheine nimmt<br />

Lok 042 073 auch Expressgut- und Eilgüterwagen mit; in voller Fahrt geht es durch den nicht mehr bedienten Bahnhof Petkum (u.r.)<br />

Zeit der Vielfalt<br />

Die <strong>Bundesbahn</strong> der <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahre macht mit zahlreichen Entwicklungen von<br />

sich reden. Sie führt die Intercity-Züge ein und bereitet den Hochgeschwindigkeitsverkehr vor,<br />

sie verabschiedet die Dampflok („... gewöhnen den Loks das Rauchen ab“) und holt sie doch für<br />

das Eisenbahn-Jubiläum 1985 zurück, sie legt weitere Strecken still und probiert Neues<br />

im Nahverkehr – um nur einiges zu nennen. Es ist eine wechselhafte, manchmal gegensätzliche<br />

Zeit. Eine Zeit, in der es eine Menge zu entdecken gibt. Kommen Sie mit zur Eisenbahn damals!<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 3


Inhalt | BUNDES<strong>BAHN</strong> VON <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

BE als ePaper:<br />

Thomas Hanna-Daoud<br />

Verantwortlicher<br />

Redakteur<br />

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

schon als Kind war Joachim Seyferth von der Eisenbahn über<br />

alle Maßen begeistert. Den Schulweg malte er sich als Gleis aus,<br />

das er mit dem Schulranzen als angehängter Wagenlast „befuhr“.<br />

Mit seinem Kassettenrekorder nahm er nicht die Lieder der<br />

Hit parade auf, sondern Bahnhofsdurchsagen und Lok geräusche.<br />

Da war es nur logisch, dass er beruflich diese Richtung einschlug.<br />

1973 fing Seyferth bei der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong> an. Und wie<br />

das Leben so spielt: Manches kommt wie erwartet, anderes nicht.<br />

Was der spätere Eisenbahn-Publizist in seiner Dienstzeit bis 1987<br />

erlebte, hat er für uns aufgeschrieben. Da sind die wehmütigen<br />

Momente, wie der Einsatz der letzten Dampfloks. Die schönen<br />

Erinnerungen, etwa an die gemütliche Arbeit als Fahrdienstleiter<br />

und Aufsichtsbeamter im Abzweig Wiesbaden Waldstraße.<br />

Und die, nun ja, gewöhnungsbedürftigen Seiten wie übermütige<br />

Kollegen oder das „Rationalisierungs-Gespenst“.<br />

Diese Mischung von Gutem und weniger Gutem ist durchaus<br />

typisch für die Zeit von <strong>1970</strong> bis <strong>1989</strong>. Für zwei <strong>Jahrzehnte</strong>,<br />

die der Bahn wie ihren Fans ein Wechselbad boten. Für zwei<br />

<strong>Jahrzehnte</strong>, die aber auch voller Überraschungen waren<br />

und voller Nostalgie. Deshalb möchten wir Sie einladen auf eine<br />

Reise zurück. Seien Sie dabei – Sie werden es nicht bereuen!<br />

Viel Vergnügen beim Blättern, Lesen, Entdecken!<br />

22<br />

Zwischen <strong>1970</strong> und <strong>1989</strong> krempelte die DB<br />

das Zugangebot um; alle Neuen im Überblick<br />

42<br />

Arbeit am Fahrkartenschalter und<br />

als Fahrdienstleiter: Joachim Seyferths<br />

Erinnerungen an seine DB-Zeit<br />

Titelfotos<br />

Titel: Georg Wagner (gr. Bild, Sonderfahrt eines Triebzugs 403<br />

auf der linken Rheinstrecke, 1986), Slg. Ulrich Budde (DB-Emblem),<br />

Josef Mauerer, Udo Kandler (kl. Bilder o., v.l.), , Theodor<br />

Horn (kl. Bild M.), Zeno Pillmann, Axel Priebs, Josef Mauerer<br />

(kl. Bilder u., v.l.; Bild r.: 194 184 bei Endorf, Juli 1987)<br />

S. 4: Uwe Miethe (kl. B. o.), Reinhard Hanstein (u.l.),<br />

Helmut Scheiba (u.r.)<br />

S. 5: Udo Kandler, Georg Wagner, Dr. Dietmar Beckmann (v.o.)<br />

Rücktitel: Johannes Poets (gr. Bild: 144 507 mit N 5523 nach<br />

Berchtesgaden in Freilassing, August 1981), Peter Schricker,<br />

Slg. Oliver Strüber, Thomas Feldmann (u., v.l.)<br />

4


Inhalt<br />

60<br />

88<br />

Der „Rückzug aus der Fläche“ traf etliche<br />

Nebenbahnen. Zum Beispiel in der Eifel<br />

„Alte“ Bahn hier, „neue“ Bahn da: Eindrücke<br />

vom DB-Betrieb der <strong>1970</strong>er und 1980er<br />

Momentaufnahmen<br />

8 Licht und Schatten<br />

Aspekte der <strong>Bundesbahn</strong> <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

52 Von Klassikern und Sonderfällen<br />

DB-Alltag der <strong>1970</strong>er und 1980er<br />

78 Partystimmung<br />

Die <strong>Bundesbahn</strong> und der Zeitgeist<br />

88 Zeitläufe<br />

Altes und Neues bei der DB<br />

Chronik<br />

6 <strong>Zwei</strong> <strong>Jahrzehnte</strong> in Kürze<br />

Die wichtigsten Ereignisse <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

32<br />

Kohle, Stahl und jede Menge Dampf: Die<br />

letzten Jahre mit 044 und 050 im Ruhrgebiet<br />

Strecken, Züge, Betrieb<br />

16 Der neue Spitzenzug<br />

Der Intercity und seine Entwicklung<br />

22 Änderungen im Angebot<br />

Neue Zuggattungen <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

26 Mehr als 160 Sitzplätze<br />

Pendlerzüge abseits der Hauptbahnen<br />

28 Begegnungen mit „Donald Duck“<br />

Der Triebzug 403 aus Sicht von Dr. Rolf Brüning<br />

32 Das Dampfparadies<br />

Mit den Baureihen 044 und 050–053 durchs Ruhrgebiet<br />

50 Abschied von der bunten Mischung<br />

Der letzte GmP<br />

60 <strong>Bundesbahn</strong> adé<br />

Streckenstilllegungen am Beispiel der Eifel<br />

68 Die Letzte auf dem Festland<br />

Die Schmalspurbahn Warthausen – Ochsenhausen<br />

70 Das Dieselparadies<br />

Der Bahnbetrieb in Schleswig-Holstein<br />

76 Gerade, schnelle Linien<br />

Die Neubaustrecken der DB<br />

80 Technologie der Zukunft<br />

Drehstrom-Triebfahrzeuge bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

82 In guter Gemeinschaft<br />

Wo Privatbahnen für die DB fuhren<br />

96 Gelungenes Experiment<br />

Die Neuentwicklung ICE<br />

Rückblick<br />

38 Erfahrungen auf dem Führerstand<br />

Peter Schricker als Dampflokheizer 1973/74<br />

42 Fast 15 Jahre <strong>Bundesbahn</strong>er<br />

Joachim Seyferth erinnert sich an seine DB-Zeit<br />

64 Im Ferienzug nach Süden<br />

Michael Baier begleitete den TUI-FerienExpress<br />

86 Wieder mit Dampf<br />

Jürgen Kliemt fuhr Dampfloks – bis 1971 und ab 1985!<br />

Ständige Rubriken<br />

98 <strong>Vorschau</strong>, Leserservice, Impressum<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 5


Chronik | DIE DB <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

An einem regnerischen Julitag 1982 hat der Triebwagen<br />

627 104 Mindelheim erreicht. Jahrelang trägt sich die DB<br />

mit dem Gedanken, einen Nachfolger für den Schienenbus<br />

zu schaffen; der 627 ist einer der ersten Ansätze Bodo Schulz<br />

Am 3. April 1982 bekommt Altbau-Ellok 193 008 Unterstützung: Beim Nahgüterzug<br />

64611 Wertheim – Heilbronn leistet Diesellok 211 198 Vorspann Johannes Poets<br />

<strong>Zwei</strong> <strong>Jahrzehnte</strong> in Kürze<br />

<strong>1970</strong><br />

27.05. Auslieferung der ersten Serienmaschine<br />

der Ellok-Baureihe 103<br />

1971<br />

09.02. Bei Aitrang im Allgäu entgleist der<br />

TEE „Bavaria“, gefahren von einem<br />

niederländisch-schweizerischen<br />

Triebzug RAm 501; 28 Menschen<br />

sterben.<br />

27.05. Bei Radevormwald kollidiert ein<br />

Schienenbus auf eingleisiger Strecke<br />

mit einem diesellokbespannten<br />

Güterzug. 46 Menschen kommen<br />

ums Leben.<br />

01.06. Die <strong>Bundesbahn</strong>direktion (BD)<br />

Augsburg wird aufgelöst.<br />

21.07. Bei Rheinweiler entgleist D 370<br />

„Schweiz-Express“; 23 Menschen<br />

sterben.<br />

26.09. Die DB führt das Intercity-Netz mit<br />

1.-Klasse-Zügen im <strong>Zwei</strong>-Stunden-<br />

Takt ein.<br />

1972<br />

14.03. Inbetriebnahme der S-Bahn-Strecke<br />

zum Frankfurter Flughafen.<br />

30.04. Auflösung der BD Mainz.<br />

12.05. Wolfgang Vaerst wird neuer DB-<br />

Vorstandsvorsitzer; er löst Heinz<br />

Maria Oeftering ab, der in den<br />

Ruhestand geht.<br />

28.05. Die erste Stufe des Münchner<br />

S-Bahn-Netzes geht in Betrieb;<br />

für die anstehenden Olympischen<br />

Sommerspiele wird das Olympiastadion<br />

mit Sonderlinien<br />

angeschlossen.<br />

6<br />

21.11. Die DB erhält die erste Ellok<br />

der Baureihe 151.<br />

1973<br />

März/ Der erste Elektrotriebzug der<br />

Mai Baureihe 403 wird an die DB<br />

geliefert.<br />

03.06. Das IC-Netz erhält Ergänzung<br />

durch das so genannte DC-Netz.<br />

1974<br />

Februar Der DB-Vorstand entscheidet<br />

sich für ein neues Lackierungsschema<br />

der Fahrzeuge: weinrot/<br />

beige (TEE- und IC-Verkehr) bzw.<br />

ozeanblau/beige (übriges Material).<br />

März Auslieferung des ersten Dieseltriebwagen-Prototyps<br />

der Baureihe 628.<br />

Nov. Die DB erhält die ersten Exemplare<br />

der <strong>Zwei</strong>system-Ellok 181.2.<br />

31.12. Auflösung der <strong>Bundesbahn</strong>direktionen<br />

Kassel, Münster<br />

und Wuppertal.<br />

Dez. Die erste Ellok der Baureihe 111<br />

wird an die DB geliefert.<br />

1975<br />

01.06. Bedingt durch wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten, setzt die DB zu<br />

Beginn des Sommer-Fahrplanwechsels<br />

erhebliche Einschränkungen<br />

im Schienenpersonennahverkehr<br />

um.<br />

08.06. Bei Warngau stoßen zwei Reisezüge<br />

auf eingleisiger Strecke zusammen;<br />

41 Menschen kommen ums Leben.<br />

28.08. Im Bf Villingen im Schwarzwald<br />

wird der 10.000. Kilometer elektrifizierter<br />

DB-Bahnstrecke gefeiert.<br />

28.10. Eröffnung des neuen unterirdischen<br />

Düsseldorfer Flughafenbahnhofs<br />

mit Schienenanschluss.<br />

1976<br />

31.05. Die BD Regensburg ist vollständig<br />

aufgelöst.<br />

01.06. Im Stückgutsektor ist die Rationalisierung<br />

mit dem „Modell 400“<br />

abgeschlossen.<br />

1977<br />

21./ Dampf-Abschiedsfest im<br />

22.05 Bw Gelsenkirchen-Bismarck.<br />

26.10. Offizielles Ende des Dampflokbetriebs<br />

bei der <strong>Bundesbahn</strong>.<br />

1978<br />

28.05. Erste Baustufe der S-Bahn Rhein-<br />

Main in Betrieb.<br />

Das bisher erstklassige IC-System<br />

erhält versuchsweise für einige<br />

Linien auch die zweite Wagenklasse.<br />

01.10. S-Bahn Stuttgart in Betrieb<br />

genommen.<br />

1979<br />

02.02. Vorstellung der ersten lokbespannten<br />

Wendezüge für die S-Bahn<br />

Rhein-Ruhr.<br />

27.05. Einführung des doppelklassigen<br />

IC-Systems mit dem Slogan „Jede<br />

Stunde – jede Klasse“.<br />

1980<br />

11.02. Ellok 120 001 wird dem regulären<br />

Betriebsdient übergeben.<br />

01.06. Einführung des Knotenpunktsystems<br />

im Nahgüterverkehr.<br />

07.07. Inbetriebnahme des Rangierbahnhofs<br />

Maschen.


Die Serien-Elloks der Baureihe 103<br />

sind die neuen Stars im DB-Bestand.<br />

Am 4. Juli 1971, zwölf Tage nach ihrer<br />

Abnahme, hat 103 163 D 1391 nach<br />

München Hbf gebracht Edgar Fischer/Archiv GM<br />

Je näher der Abschied von der Dampflok rückt, desto mehr nutzen Eisenbahnfreunde die Chance,<br />

die schwarzen Rösser noch bei Sonderfahrten zu erleben. Eine der Fahrten führt am 23. Oktober 1977<br />

mit den historischen „Rheingold“-Wagen von Köln nach Emden; ab Lingen/Ems übernimmt 043 196<br />

den Zug (Foto). Am 26. Oktober 1977 kommt dann das endgültige Dampf-Aus bei der DB Friedhelm Ernst<br />

1982<br />

27.03. Der Triebzug 403 fährt als Charterzug<br />

„Airport-Express“ zwischen<br />

den Flughäfen Frankfurt und<br />

Düsseldorf.<br />

13.05. Ein neuer DB-Vorstand mit Dr.<br />

Reiner Gohlke an der Spitze wird<br />

eingesetzt.<br />

01.12. DB führt den Intercity-Kurierdienst<br />

zur schnellen Beförderung von bis<br />

zu zehn Kilogramm schweren<br />

Sendungen ein.<br />

1983<br />

31.03. Auf der letzten DB-Schmalspurbahn<br />

auf dem Festland (Warthausen –<br />

Ochsenhausen) wird der Betrieb<br />

eingestellt.<br />

29.05. Die DB führt die Zuggattung „FD“<br />

wieder ein; der „Fern-Express“<br />

dient vor allem dem Urlaubsverkehr.<br />

1984<br />

03.06. Das „InterCargoSystem“ wird<br />

eingeführt; es verbindet im Nachtsprung<br />

elf deutsche Wirtschaftszentren.<br />

01.09. Von Köln verkehrt als Versuch die<br />

„City-Bahn“ mit neu ausgestatteten<br />

„Silberling-Wagen“ nach Gummersbach.<br />

1985<br />

18.01. Zum bevorstehenden 150. Bahnjubiläum<br />

startet ein Ausstellungszug<br />

der DB ; in den kommenden<br />

sieben Monaten wird er in 140 Bahnhöfen<br />

Station machen.<br />

15./ Bundespräsident von Weizsäcker<br />

16.05. eröffnet im Tafelwerk am Bahnhof<br />

Nürnberg Ost die Jubiläumsausstellung<br />

„Zug der Zeit – Zeit der<br />

Züge“. Am Folgetag verkehrt erstmals<br />

seit acht Jahren wieder ein<br />

dampflokbespannter Personenzug<br />

auf DB-Gleisen. Im Sommer fahren<br />

regelmäßig Dampfzüge auf den<br />

Strecken Nürnberg – Hersbruck<br />

und Nürnberg – Bayreuth.<br />

01.06. Mit dem Beginn des Sommerfahrplans<br />

geht die westliche Einführung<br />

der Riedbahn in den Mannheimer<br />

Hauptbahnhof in Betrieb. Ebenfalls<br />

zu dem Tag nimmt die DB unter<br />

dem Kürzel IC 85 einige Veränderungen<br />

am Intercity-System vor.<br />

31.07. Premiere des ersten Vorläufers des<br />

ICE mit den Triebköpfen 410 001<br />

und 002 sowie drei Mittelwagen<br />

in Donauwörth.<br />

13.12. Im Bahnhof Murnau nimmt die<br />

DB ein erstes elektronisches<br />

Stellwerk probeweise in Betrieb.<br />

1986<br />

11.11. Auf der Neubaustrecke Hannover –<br />

Würzburg stellt der Versuchs-ICE<br />

mit 345 km/h einen neuen deutschen<br />

Geschwindigkeitsrekord auf.<br />

17.12. Die Industrie liefert ersten Serien-<br />

Triebwagen der Reihe 628.2 an<br />

die DB aus.<br />

1987<br />

13.01. Übergabe der ersten Serienlok der<br />

Baureihe 120 an die DB<br />

11.05. Der erste umgebaute Wagen für die<br />

neue Zuggattung InterRegio verlässt<br />

das Herstellerwerk in Weiden.<br />

30.05. Der letzte Trans-Europ-Express,<br />

der TEE „Rheingold“, wird eingestellt.<br />

31.05. Der nördliche Teil der Neubaustrecke<br />

Mannheim – Stuttgart geht<br />

bis Graben-Neudorf in Betrieb. Das<br />

EuroCity-System wird eingeführt.<br />

1988<br />

01.05. Der Prototyp des ICE stellt mit<br />

406,9 km/h auf der NBS Hannover –<br />

Würzburg einen neuen Weltrekord<br />

für Schienenfahrzeuge auf.<br />

27.05. Einweihung des Neubaustrecken-<br />

Abschnitts Fulda – Würzburg.<br />

29.05. Die DB stellt die letzten Exemplare<br />

der Baureihe 194 und damit die<br />

letzten Altbau-Elloks ab.<br />

25.09. Fahrplanmäßiger Betriebsbeginn<br />

der Zuggattung „InterRegio“.<br />

<strong>1989</strong><br />

16.07. Der Hochtaunuskreis übernimmt<br />

die stilllegungsgefährdete Bahnstrecke<br />

Friedrichsdorf – Grävenwiesbach<br />

von der DB.<br />

01.10. Erste Sonderzüge mit DDR-Flüchtlingen<br />

erreichen den Bahnhof Hof<br />

(Saale).<br />

09.11. Die DDR öffnet überraschend ihre<br />

Grenze nach Westen. In der Folge<br />

setzt eine massive Reisewelle von<br />

DDR-Bürgern in die Bundesrepublik<br />

ein; Reichsbahn und <strong>Bundesbahn</strong><br />

erbringen Höchstleistungen.<br />

17.11. Auf der bisher nur im Güterverkehr<br />

betriebenen deutsch-deutschen<br />

Strecke Walkenried – Ellrich fahren<br />

wieder Personenzüge. Außerdem<br />

legen Reichsbahn und <strong>Bundesbahn</strong><br />

24 neue grenzüberschreitende<br />

Zugpaare ein. U. Rockelmann/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 7


Momentaufnahmen | ASPEKTE DER BUNDES<strong>BAHN</strong> <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Licht und<br />

8


Die Elloks der Baureihe 103 sind die neuen Stars im Triebfahrzeugpark<br />

der <strong>Bundesbahn</strong>. Die 200 km/h schnellen Kraftpakete fahren vor allem<br />

im hochwertigen Reiseverkehr, darunter vor den Intercity-Zügen, die<br />

in den 1980ern Köln Hbf gebündelt passieren. Im August 1988 spielen<br />

dort 103 202 (mit IC 641) und 103 243 (mit IC 635) „doppeltes Lottchen“<br />

Thomas Wunschel<br />

Schatten<br />

Bei Licht betrachtet, bringt die DB in den <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahren einiges auf den Weg. Sie<br />

nimmt innovative Fahrzeuge in den Bestand, führt erfolgreiche Zuggattungen ein und modernisiert<br />

den Betrieb. Die Schattenseite: Das Defizit wächst und die Diskussionen um die Bahn bleiben<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 9


Momentaufnahmen | ASPEKTE DER BUNDES<strong>BAHN</strong> <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Jahrelang galten die Dieseltriebzüge VT 11.5 bzw. 601 als Aushängeschilder<br />

der DB, mit dem Beginn des doppelklassigen IC-Systems 1979<br />

werden sie arbeitslos. Immerhin, es gibt eine Gnadenfrist: Bis 1988<br />

fahren einige von ihnen als „Alpen-See-Express“ Urlauber nach<br />

Süddeutschland (Foto in Zwiesel, Juli 1980) Georg Wagner<br />

Oberfranken und die Oberpfalz werden in den<br />

frühen <strong>1970</strong>er-Jahren zum letzten Refugium<br />

der Schnellzugdampflok 001. Auf dem Weg<br />

nach Bamberg erreicht 001 088 mit einem<br />

Reisezug im Juni <strong>1970</strong> den Bahnhof Lichtenfels<br />

Theodor Horn<br />

Im März 1971 hat das Ausbesserungswerk<br />

Trier unter anderem noch Güterzugdampfloks<br />

der Baureihe 044 und Neubaudampfloks<br />

der Baureihe 023 in Arbeit. 1974 werden die<br />

hiesigen Beschäftigten letztmals an eine<br />

Dampflok Hand anlegen Theodor Horn<br />

Im Mai 1982 ist 193 014<br />

mit einem Güterzug zwischen<br />

Osterburken und Lauda<br />

unterwegs. Die Leistung gehört<br />

schon zu den späten Einsätzen;<br />

längst nimmt die DB auch<br />

die Altbau-Elloks aus<br />

dem Bestand. Im Juni 1984<br />

ist für die 193er Schluss<br />

Georg Wagner<br />

10


Abschiede<br />

In den frühen <strong>1970</strong>er-Jahren verfügt die DB noch immer über eine<br />

ansehnliche Vielfalt an Triebfahrzeugen. Doch etliche Baureihen haben<br />

die besten Einsatzzeiten hinter sich. Traktionswandel und Modernisierung<br />

machen auch nicht vor Neubeschaffungen der frühen DB-Jahre Halt<br />

Am 27. Mai 1973 hat<br />

252 901 einen Sonderzug<br />

auf der Meterspurstrecke<br />

Mosbach – Mudau übernommen.<br />

Zum 3. Juni<br />

des Jahres stellt die DB<br />

den Personenverkehr ein –<br />

damit hat sie auf dem<br />

Festland keine Schmalspurstrecke<br />

mehr, auf<br />

der Personenzüge fahren<br />

Theodor Horn<br />

11


Momentaufnahmen | ASPEKTE DER BUNDES<strong>BAHN</strong> <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Erfolge?<br />

Beflügelt von einem hohen Verkehrsaufkommen,<br />

geht die <strong>Bundesbahn</strong> optimistisch in die <strong>1970</strong>er-Jahre.<br />

Bald darauf bricht die Nachfrage ein, es beginnt<br />

ein Wechselbad. Die Abfolge von „mal besser –<br />

mal schlechter“ begleitet die DB bis zum Schluss;<br />

nicht zuletzt wegen interner und externer Hürden<br />

Im Norden von Gelsenkirchen gibt es Mitte<br />

der <strong>1970</strong>er-Jahre noch zahlreiche Übergabebahnhöfe,<br />

an denen die DB Kohlezüge von<br />

den Zechenbahnen übernimmt. Dazu gehört<br />

auch der Bahnhof Hugo im Stadteil Erle. Im<br />

Juni 1976 schlängelt sich 044 383 mit ihrem<br />

Zug auf die Hauptbahn Dorsten – Wanne<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Vier Akkutriebwagen der Baureihe 517 sind<br />

im Juli 1982 als Leergarnitur auf dem Weg<br />

von Montabaur nach Limburg (Lahn). Vor<br />

allem in ländlichen Regionen macht die<br />

<strong>Bundesbahn</strong> Verluste – Folge struktureller<br />

Veränderungen, aber zum Teil auch eines<br />

unattraktiven Angebots Thomas Feldmann<br />

12


Wohnlich haben sich die Eisenbahner auf dem Stellwerk in Lindau<br />

Hauptbahnhof eingerichtet (Juli 1988). Weniger gemütlich sind<br />

die Folgen der Rationalisierung, welche die <strong>Bundesbahn</strong> ihrer<br />

Belegschaft verordnet. Die Zahl der Mitarbeiter sinkt von 410.388<br />

(<strong>1970</strong>) auf 254.491 (<strong>1989</strong>). Ironie des Ganzen: Im Jahr <strong>1989</strong> klagt<br />

die DB über Personalengpässe! Thomas Wunschel<br />

Im Jahr <strong>1970</strong> unterhält die DB 29.479 Kilometer Betriebsstrecke,<br />

<strong>1989</strong> sind es 27.045 Kilometer. Zu den „Verlusten“ gehört die<br />

Hauptstrecke Scherfede – Holzminden; am 2. Juni 1984 tritt 216 171<br />

mit Eilzug 2942 Braunschweig – Köln zur Abschiedsfahrt an<br />

Ludwig Rotthowe<br />

Der große Vorteil der ab 1974 ausgelieferten<br />

Ellok-Baureihe 111 ist der Führerstand:<br />

Ergonomisch ausgerichtet, bietet er dem<br />

Lokführer mehr Komfort als etwa das<br />

Pendant der Einheits-Elloks. Wobei die<br />

ersten Führerstände der 111 eher beengt<br />

sind und ab 111 104 vergrößert werden<br />

Slg. Dr. Brian Rampp<br />

13


Momentaufnahmen | ASPEKTE DER BUNDES<strong>BAHN</strong> <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Oberleitungsarbeiten an der Strecke. Bei der Elektrifizierung<br />

macht die <strong>Bundesbahn</strong> weitere Fortschritte: Im Jahr <strong>1970</strong> sind<br />

8.590 Kilometer unter Fahrdraht, <strong>1989</strong> dann 11.688 Kilometer<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Von ihrer Dampf-Vergangenheit hat sich die DB 1977<br />

verabschiedet … bis 1985 zum Eisenbahn-Jubiläum wieder<br />

Dampfloks fahren. Die Sonderfahrten im Raum Nürnberg<br />

verschaffen der <strong>Bundesbahn</strong> ungeahnte Sympathien.<br />

Schon im Nachfolgeprogramm ist im Juni 1986<br />

Lok 23 105 in Franken unterwegs Thomas Wunschel<br />

Mit der „City-Bahn“ bringt die<br />

DB 1984/85 frischen Wind auf die<br />

Strecke Köln – Gummersbach;<br />

zeitgemäße Garnituren, Taktfahrplan<br />

und Sondertarife holen wieder<br />

mehr Fahrgäste auf die Schiene<br />

(Aufnahme in Rösrath, Mai <strong>1989</strong>).<br />

Ab 1987 führt die <strong>Bundesbahn</strong><br />

allgemein neue „Zugprodukte“ für<br />

den Nahverkehr ein Georg Wagner<br />

Der D-Zug ist zum Winterfahrplan<br />

1988/89 „out“, jedenfalls, wenn es<br />

nach der DB geht. Als Ablösung<br />

stellt sie den InterRegio vor, einen<br />

vertakteten Schnellzug mit<br />

umgebautem Wagenmaterial.<br />

Das Pressefoto zeigt das<br />

1.-Klasse-Abteil<br />

Slg. DB Museum Nürnberg<br />

14


Impulse<br />

Während ihres gesamten Bestehens bemüht sich die DB, als zeitgemäßes Verkehrsmittel<br />

aufzutreten. In den <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahren setzt sie auf neue Zuggattungen und<br />

weitere moderne Fahrzeuge. Bei Eisenbahnfreunden landet sie den größten Imagegewinn<br />

aber mit so ziemlich dem Gegenteil: der teilweisen Rückkehr der Dampflok 1985<br />

Für grenzüberschreitende Züge nach<br />

und von Frankreich stellt die DB die<br />

Baureihe 181.2 in Dienst. Die neue Ellok<br />

geht 1974 in Serie und kann mit zwei<br />

Systemen von Wechselstrom fahren:<br />

15 kV/16 2/3 Hz und 25 kV/50 Hz.<br />

Im Bild 181 209 in Heidelberg Hbf<br />

Jens-Olaf Griese-Bandelow<br />

15


Strecken, Züge, Betrieb | DAS IC-SYSTEM 1971–<strong>1989</strong><br />

Der neue<br />

Spitzenzug<br />

Zum Winterfahrplan 1971 stellte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

einen neuen schnellen Geschäftsreisezug vor:<br />

den Intercity. Damals noch „neben“ dem TEE<br />

eingereiht, sollte dieser 1.-Klasse-Zug einige Jahre<br />

später den Fernverkehr grundlegend verändern<br />

Der Begriff kam – kein Wunder – aus<br />

Großbritannien. Dort hatte man<br />

schon 1951 Züge mit dem Namen „Intercity“<br />

eingesetzt. Die DB verwendete ihn<br />

erstmals 1968/69 bei F-Zügen, die als Platzhalter<br />

für noch zu definierende Zugnamen<br />

vorübergehend mit „Intercity A bis F“ bezeichnet<br />

wurden. In den frühen <strong>1970</strong>er-<br />

Jahren griff die <strong>Bundesbahn</strong> die Bezeich -<br />

nung wieder auf; diesmal für ein neues<br />

Konzept von Fernreisezügen.<br />

Das IC-System 1971<br />

Mit Beginn des Winterfahrplans am 26. September<br />

1971 führte die DB das System der Intercity-Züge<br />

ein (später wurde dafür der<br />

Name IC 71 gebräuchlich). Die IC-Züge<br />

lösten die bisherigen F-Züge ab und boten<br />

wie der Trans-Europ-Express (TEE) allein<br />

die 1. Klasse und einen Speisewagen an; vor<br />

allem für Dienst- und Geschäftsreisen sollten<br />

sie eine schnelle Verbindung im Inland bieten<br />

und das Auto ersetzen.<br />

IC-Züge fuhren auf vier Linien im Inland.<br />

Das Liniennetz umfasste etwa 3.100 Kilometer<br />

Länge und deckte die wichtigsten Verkehrsströme<br />

ab. 32 Städte wurden regelmäßig<br />

bedient, dazu kamen weitere Halte bei<br />

bestimmten Zügen im Wechsel (Beispiel: Baden<br />

Oos und Offenburg). Die Linien 1 und 2<br />

kombinierten unterschiedliche Verkehrsrelationen<br />

(niemand fährt von Hamburg oder<br />

Hannover über Köln nach München) – die<br />

langlaufenden Linienführungen waren betrieblich<br />

optimiert und auch verkehrlich vorteilhaft,<br />

weil sie möglichst viele Direktverbindungen<br />

herstellten. Verknüpfungspunkte<br />

mit gegenseitigen Anschlüssen gab es in den<br />

Knoten Dortmund, Köln, Hannover, Würzburg<br />

und Mannheim, wo sich die Züge am<br />

selben Bahnsteig gegenüberstanden. Zwischen<br />

den Verknüpfungspunkten hatte die<br />

DB auch „Linientauscher“ zur Herstellung<br />

weiterer Direktverbindungen eingelegt. Insgesamt<br />

gab es 100 Züge (vorher 62), davon<br />

70 als IC und 30 als TEE, die überwiegend in<br />

das Inlands netz integriert waren.<br />

16<br />

Die Züge verkehrten alle zwei Stunden,<br />

allerdings nicht minutengenau, sondern eher<br />

rhythmisch. Das System schrieb in gewisser<br />

Weise das F-Zug-System fort, ergänzt durch<br />

die TEE-Züge, wobei man erstmals vom<br />

nachfrageorientierten zum angebots orien -<br />

tierten Fahrplan überging. Für die Benut -<br />

zung wurde ein Zuschlag von 8 DM erhoben,<br />

der 1973 auf 10 DM erhöht wurde.<br />

Das Komfortangebot des<br />

1.-Klasse-Zuges vermittelte<br />

der IC-Prospekt von 1972<br />

in verschiedenen Bildseiten.<br />

Der Speisewagen<br />

gehörte ebenso dazu wie<br />

das Zugsekretariat<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

In den frühen <strong>1970</strong>er-Jahren verkehrten noch nicht alle IC-Züge mit rein rot-beigen Garnituren.<br />

Bei diesem IC hat der Halbspeisewagen ARm die rot-blaue Farbgebung, die später angeglichen<br />

wurde (Bild in Würzburg Hbf) Albert Schöppner


Ein neuer Name im deutschen Fernreiseverkehr: Erstmals 1968/69 hatte die DB Züge als „Intercity“ eingesetzt – insbesondere Dieseltriebzüge<br />

der Baureihe 601. Im 1971 geschaffenen IC-System fuhren die 601er auch, wenngleich in viel geringerem Umfang als die Lok-Wagen-Züge. Im<br />

Juli 1974 wartet 601 005 als IC 160 „Präsident“ nach Ludwigshafen in München Hbf auf die Abfahrt Wolfgang Bügel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung<br />

Der Aufwand bei den Zugkilometern verdoppelte<br />

sich gegenüber dem F-Zug-System,<br />

was vor allem an der Linie 4 lag: Verkehrte<br />

dort vorher nur ein TEE, so waren es jetzt<br />

insgesamt sieben Zugpaare, was faktisch einer<br />

Versiebenfachung des Angebotes an<br />

1.-Klasse-Zügen auf dieser Linie entsprach!<br />

Das sollte bald Folgen haben.<br />

Fahrzeuge und Betriebseinsatz<br />

Überwiegend setzte die DB Lok-Wagen-<br />

Züge als IC ein, bespannt mit den neuen<br />

Elloks der Baureihe 103 und mit 160 km/h<br />

Höchstgeschwindigkeit. Die Züge waren in<br />

der Regel vier bis sechs Wagen lang, bei der<br />

starken Linie 1 kam man teilweise gar auf<br />

acht bis neun Wagen, vor allem freitags und<br />

montags. Auf der schwachen Linie 4 wurden<br />

bereits 1972 bei einzelnen Zügen Kürzungen<br />

auf drei Wagen vorgenommen. Nur der traditionelle<br />

TEE „Blauer Enzian“ konnte hier<br />

mit bis zu acht Wagen aufwarten. Die Mehrzahl<br />

der Wagen waren Abteilwagen vom Typ<br />

Avmz, Großraumwagen Apmz kamen in der<br />

Regel bei jedem Zug nur einmal vor, dazu<br />

Speisewagen vom Typ ARm oder WRm. 1971<br />

und 1972 mussten wegen Wagenmangels<br />

auch noch Schnellzugwagen vom Typ Aüm<br />

eingesetzt werden. Daneben verwendete die<br />

DB auch Triebzüge: Zunächst waren dies im<br />

TEE-Verkehr frei gewordene Dieseltrieb -<br />

züge der Baureihe 601 (mit „Intercity“-Namensschild<br />

auf der Front), ab Mai 1974 auch<br />

die neu gelieferten Elektrotriebzüge der Baureihe<br />

403 – die allerdings nur auf der Linie 4<br />

München – Bremen.<br />

Bei aller Glorifizierung: Ein kommerziel -<br />

ler Erfolg war dem System nicht beschieden,<br />

schon Mitte der <strong>1970</strong>er-Jahre geriet es in die<br />

Krise. Der angestrebte Kundenzuwachs<br />

stellte sich nicht ein, weder im Dienst- und<br />

Geschäftsreiseverkehr noch sonst. 1975 sanken<br />

die Reisendenzahlen, nicht zuletzt ausgelöst<br />

durch den wirtschaftlichen Abschwung<br />

in der Bundesrepublik. Der Kostendeckungsgrad<br />

des IC-Systems lag deutlich<br />

unter dem des gesamten Schienenpersonenfernverkehrs,<br />

was im Hinblick auf die ohnehin<br />

problematische Wirtschaftslage der DB<br />

nicht mehr tragbar war.<br />

Vor allem bei den schwach besetzten Zügen<br />

der Linie 4 musste etwas geschehen. Bereits<br />

1973 strich die DB ein Zugpaar in Tagesrandlage.<br />

Weitere Züge zu streichen, hätte<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 17


Strecken, Züge, Betrieb | DAS IC-SYSTEM 1971–<strong>1989</strong><br />

Die Farbkombination Rot-Beige und<br />

Blau-Beige – 1. und 2. Klasse – wird zu<br />

dem Erkennungszeichen von IC ‘79<br />

schlechthin. Auch IC 612 „Kurpfalz“ hat<br />

diese Reihung, als er 1988 durch Augsburg-Hochzoll<br />

rollt. Zusätzlich führt der<br />

Zug einen Postwagen mit Josef Mauerer<br />

jedoch den Netzcharakter mit den Umsteigeverbindungen<br />

beeinträchtigt. Und so<br />

wurde entschieden, ab Sommer 1976 drei<br />

Zugpaare dieser Linie zusätzlich mit der<br />

2. Klasse auszustatten – zumal sich zu diesem<br />

Zeitpunkt schon abzeichnete, dass das reine<br />

1.-Klasse-System keine Zukunft mehr hatte.<br />

In der Regel führte jeder der umgestalteten<br />

Züge drei Wagen des Typs Bm mit – auch der<br />

Einzelgänger Bvmz 237 kam in einem speziellen<br />

Umlauf zum Einsatz.<br />

Die Wagen 2. Klasse waren zunächst reservierungspflichtig<br />

und es wurde auch der<br />

volle IC-Zuschlag von 10 DM erhoben. Der<br />

erwartete Ansturm blieb zunächst aus, weshalb<br />

im weiteren Verlauf die Platzkartenpflicht<br />

aufgehoben und 1977 der Zuschlag<br />

auf 5 DM gesenkt wurde. 1978 kostete er im<br />

Hinblick auf das künftige System nur noch<br />

3 DM, in der 1. Klasse blieb es bei 10 DM.<br />

In der Zwischenzeit hatte die DB-Spitze<br />

auch einen Meinungswandel vollzogen.<br />

Nach langen Diskussionen verabschiedete<br />

sie sich von der – überkommenen – Rangordnung,<br />

nach der die besten Fernreisezüge der<br />

1. Klasse vorbehalten blieben. Als neues Spitzenangebot<br />

sollte der Intercity grundsätzlich<br />

beide Wagenklassen führen; das hatte es<br />

noch nicht gegeben.<br />

Vorausgegangen war auch eine intensive<br />

Marktforschung mit der Erkenntnis, dass<br />

18<br />

entsprach derjenigen des IC-Systems von<br />

1971. Wesentliches Merkmal war die Blockzugbildung,<br />

bei der 1. und 2. Klasse durch<br />

den Speisewagen getrennt wurden. In der<br />

Regel bestanden die Züge aus zehn bis elf<br />

Wagen in folgender Zusammensetzung:<br />

zwei 1.-Klasse-Abteilwagen (Typ Avm), ein<br />

1.-Klasse-Großraumwagen (Apm), ein Speisewagen<br />

(WRm/Arm), sechs bis sieben Abteilwagen<br />

2. Klasse (Bm). In einigen Zügen<br />

kamen bei der 2. Klasse bereits klimatisierte<br />

Großraumwagen des Typs Bpmz zum<br />

Einsatz, von denen zunächst 40 Stück geliefert<br />

wurden – die DB setzte voll auf diesen<br />

Wagentyp, von dem sie in den folgenden Jahren<br />

über 500 Stück beschaffte.<br />

Die Standardlast wurde auf 500 Tonnen<br />

festgelegt bei Bespannung mit der Baureihe<br />

103. Etwas kürzer waren einige Züge auf der<br />

Linie 4, wo meist nur zwei 1.-Klasse- und fünf<br />

2.-Klasse-Wagen liefen. Durch das geringere<br />

Zuggewicht (400 Tonnen) konnten diese<br />

Züge auch mit der Baureihe 111 bespannt<br />

werden, weil der 103-Bestand für das<br />

gesamte IC-System nun nicht mehr ausdas<br />

Marktpotenzial der<br />

1. Klasse nicht mehr erweitert<br />

werden konnte.<br />

Anders sah es bei der<br />

2. Klasse aus, wo dringend<br />

Verbesserungen notwen-<br />

dig waren. Deshalb erhielten bereits ab 1974<br />

neu gelieferte Schnellzugwagen des Typs Bm<br />

Komfortverbesserungen wie neue Sitze, höhenverstellbare<br />

Kopfpolster, Leselampen,<br />

Türschließeinrichtungen etc. Diese Wagen<br />

sollten ab 1979 das Bild der 2. Klasse der IC-<br />

Züge prägen.<br />

Insgesamt gestalteten sich die Vorarbeiten<br />

für das neue IC-System so vielschichtig, dass<br />

sie einige Jahre in Anspruch nahmen. Nach<br />

der Einführung der doppelklassigen IC-Züge<br />

auf der Linie 4 begann im Sommerfahrplan<br />

1978 ein Vorlaufbetrieb auf einem Abschnitt<br />

der Linie 1 zwischen Köln und Hamburg; ab<br />

diesem Zeitpunkt verkehrten dort die Züge<br />

bereits mit beiden Wagenklassen im Stundentakt.<br />

Für die bundesweite Umsetzung des<br />

doppelklassigen IC 1979 konnte die DB<br />

damit erste wichtige Erfahrungen sammeln.<br />

Das System IC '79<br />

Zum Sommerfahrplan 1979 führte die DB<br />

unter dem Slogan „Jede Stunde, jede Klasse“<br />

das IC-System mit beiden Wagenklassen im<br />

Stundentakt generell ein. Die Linienführung<br />

Das Plakat mit Slogan und zwei Zügen in Hamburg wurde<br />

zu einem Markenzeichen des Systems IC ‘79 Slg. Heiko Focken


Das Urlaubsziel Berchtesgaden war mit dem<br />

IC „Chiemgau“ als Linienfortsetzung an das<br />

IC-Netz angebunden. Nur auf diesem Abschnitt<br />

sah man die einzigartige Kombination<br />

aus IC-Wagen und Altbau-Elloks der Baureihe<br />

144.5 (Bild mit 144 508 bei Hallthurm,<br />

August 1979) Bodo Schulz<br />

reichte. Die Höchstgeschwindigkeit der 111<br />

wurde dafür von 150 km/h auf 160 km/h angehoben.<br />

Ansonsten konnte man schon seit<br />

1978 auf den ersten Streckenabschnitten<br />

planmäßig mit 200 km/h fahren.<br />

Die Wagenreihung wurde so gestaltet,<br />

dass sich an den Systemumsteigebahnhöfen<br />

die jeweiligen Klassen gegenüberstanden.<br />

Anders als bei dem System von 1971 wurde<br />

nun minutengenau im Takt gefahren, Abweichungen<br />

gab es allenfalls in Tagesrandlagen.<br />

Auch vom Linientausch wurde Gebrauch<br />

gemacht, um weitere Direktverbindungen<br />

herzustellen. Einige Züge fuhren über die<br />

Linienendpunkte hinaus, zum Beispiel nach<br />

Kiel, Mittenwald, Westerland oder Klagen -<br />

furt. Dies diente auch als Ersatz für im IC-<br />

System aufgegangene D-Züge.<br />

Für die Reisenden der 2. Klasse war das<br />

System in jeder Hinsicht ein Fortschritt –<br />

man hatte mehr Verbindungen und kürzere<br />

Die Elektrotriebzüge der Baureihe 403 waren ein Blickfang der <strong>1970</strong>er-Jahre-<strong>Bundesbahn</strong>.<br />

Im IC-Betrieb konnte man sie mit ihrem vergleichsweise geringen Platzangebot aber nur<br />

eingeschränkt verwenden; es blieb lediglich die schwach ausgelastete Linie 4, auf der 1974<br />

ein 403 als IC „Hermes“ München – Bremen fährt (Foto in Hannover) Helmut Scheiba<br />

Reisezeiten. Einen kleinen „Nachteil“ gab es<br />

aber auch: Man musste jetzt 3 DM Zuschlag<br />

bezahlen, was manchen störte, vor allem bei<br />

kurzen Strecken wie München – Augsburg.<br />

Die Reisenden 1. Klasse konnten nun ebenfalls<br />

stündliche Verbindungen nutzen, während<br />

sich die Reisezeitverlängerungen durch<br />

die schwereren Züge in Grenzen hielten.<br />

„Dahin“ war freilich die Exklusivität des Systems.<br />

Durch die Blockzugbildung blieben<br />

zwar die Reisendengruppen getrennt, doch<br />

die im Speisewagen eintretende „Mischung“<br />

gefiel nicht jedem 1.-Klasse-Reisenden.<br />

Mit dem neuen IC-System entfielen auch<br />

einige internationale TEE-Verbindungen wie<br />

„Blauer Enzian“ oder „Merkur“. Zum Teil<br />

wurden sie in IC-Züge mit beiden Wagenklassen<br />

umgewandelt. Bei einigen aufkommensstarken<br />

Relationen bot die DB 1979<br />

zusätzlich zu den IC-Zügen reine 1.-Klasse-<br />

Züge an, die als rein innerdeutsche TEE verkehrten.<br />

Diese verschwanden aber mangels<br />

Nachfrage bis 1983 alle. Übrig blieb nur der<br />

„Rheingold“ als spezieller Touristenzug; sein<br />

Ende sollte 1987 kommen.<br />

IC-Linien<br />

Das IC-Netz 1971<br />

Linie 1: Hamburg – Dortmund – Essen –<br />

Köln – Mainz – Mannheim Stuttgart –<br />

München<br />

Linie 2: Hannover – Dortmund – Wuppertal<br />

– Köln – Wiesbaden – Frankfurt –<br />

Würzburg – München<br />

Linie 3: Hamburg – Hannover – Frankfurt<br />

– Mannheim – Basel<br />

Linie 4: Bremen – Hannover – Würzburg<br />

– Nürnberg – Augsburg – München<br />

IC '79 wurde ein voller Erfolg. Es dürfte<br />

das erfolgreichste Konzept in der 44-jährigen<br />

DB-Geschichte gewesen sein. Schon im<br />

Herbst 1979 vermeldete die DB steigende<br />

Fahrgastzahlen – vor allem in der 2. Klasse;<br />

der Trend hielt weiter an und wurde erst<br />

durch den konjunkturellen Abschwung im<br />

Jahr 1982 gebremst.<br />

Das System IC ‘85<br />

Sechs Jahre nach der Einführung nahm die<br />

DB einige Änderungen am System vor. Der<br />

Fahrplanwechsel am 2. Juni 1985 bot sich dafür<br />

an, weil zu diesem Zeitpunkt die west -<br />

liche Einführung der Riedbahn in Mannheim<br />

in Betrieb genommen wurde. Mit ihr entfiel<br />

in Mannheim der Fahrtrichtungswechsel bei<br />

der von Frankfurt kommenden Linie, so dass<br />

sich die Blockzugbildung „verdrehte“. Deshalb<br />

war es nötig, das System in größerem<br />

Maße umzustellen.<br />

Das IC ‘85 genannte System war geprägt<br />

durch mehrere Optimierungen. Das waren<br />

zunächst weitere Fahrzeitverkürzungen,<br />

nachdem die DB neue Ausbaustreckenabschnitte<br />

in Betrieb genommen hatte. Zudem<br />

nutzte sie die nach der Eisenbahnbau- und<br />

Betriebsordnung zulässige Seitenbeschleunigung<br />

in Gleisbögen aus und hatte in<br />

einigen Bögen die Überhöhung angehoben –<br />

beides ermöglichte auch dort höhere Geschwindigkeiten.<br />

Diese Maßnahmen brachten<br />

Fahrzeitverkürzungen von durchschnittlich<br />

zwei Minuten je 100 Kilometer. In<br />

den Systemumsteigeknoten Hannover und<br />

Dortmund konnten die Aufenthaltszeiten<br />

ve rkürzt werden, weil es durch veränderte<br />

Linienführungen keine gegenseitigen Li -<br />

nien verzweigungen mehr gab; sie wurden<br />

vor wiegend zu Anschlussknoten, bei denen<br />

die Reisenden in Anschlusslinien umstiegen.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 19


Strecken, Züge, Betrieb | DAS IC-SYSTEM 1971–<strong>1989</strong><br />

In neuer Dienstkleidung<br />

lädt die<br />

Mitarbeiterin<br />

des neu gebildeten<br />

IC-Teams in den<br />

Zug ein; Werbebroschüre<br />

für IC 85<br />

Slg. Josef Mauerer<br />

Die kurzen Anschlusslinien waren eine Erfindung des IC-Konzepts 1985. Zu ihnen gehört die<br />

Verbindung Hannover – Bremen, auf der unter anderem 112er-Elloks fuhren (Sept. 1986) H. Scheiba<br />

Mit den Neuerungen steigerte die DB die<br />

durchschnittliche Reisege schwin dig keit der<br />

IC-Züge von etwa 100 km/h auf 108 km/h.<br />

Eine weitere Maßnahme war die optimale<br />

Ausrichtung der Linien- und Netzstruktur<br />

auf die Verkehrsströme: Die Linie 1 endete<br />

jetzt in Frankfurt (M). Die Linie 2 wurde neu<br />

von Mainz über Mannheim nach München<br />

geführt. Dadurch war in Mann heim wei -<br />

terhin ein „blockzuggerechtes“ Umsteigen<br />

möglich, bei dem 1.-Klasse- und 2.-Klasse-<br />

Bereiche einander gegenüber standen.<br />

Neu war die Linie 5 mit der Linienführung<br />

Dortmund – Wupper – Köln – Mainz – Frankfurt<br />

– Würzburg – München. Sie führte nun<br />

als dritte Linie den Rhein entlang; ab Mainz<br />

ersetzte sie die bisherige Linie 2. Der Frankfurter<br />

Flughafen wurde als Systemhalt in das<br />

IC-Liniennetz aufgenommen. Die DB versprach<br />

sich mehr Fahrgäste, indem sie nun<br />

eine attraktive Anreise zum Flughafen bot.<br />

Die Linien 1 und 2 verkehrten zwischen Dortmund<br />

und Köln konsequent über die Ruhr,<br />

was rund drei Viertel der Verkehrsströme entsprach.<br />

Ein Linientausch fand in Dortmund<br />

nicht mehr statt, so dass von Hamburg oder<br />

Hannover in Richtung Wupper nun konsequent<br />

umgestiegen werden musste.<br />

Angepasst an die Verkehrsströme wurde<br />

noch die Linie 4, die man nach Hamburg statt<br />

Bremen führte – im zeitnahen Abstand zur<br />

Linie 3, deren Linienführung Hamburg – Basel<br />

unverändert blieb. Während die DB damit<br />

in Hannover die erwähnten Haltezeitkür -<br />

zungen realisieren konnte, erreichten IC-Reisende<br />

von und nach Bremen diese beiden<br />

Linien nur noch mit Umsteigen. Zwischen<br />

Hannover und Bremen bzw. Bremerhaven<br />

wurde dazu eine Anschlusslinie 4A konzipiert.<br />

Diese Züge verkehrten stündlich und<br />

ab Bremen zweistündlich abwechselnd nach<br />

Bremerhaven und Oldenburg. Statt bisher<br />

20<br />

Mehr als nur neue Linien:<br />

1985 gab es auch ein<br />

neues Service-Konzept<br />

161 verkehrten nun 219 IC-Züge, allerdings<br />

viele auf kürzeren Strecken.<br />

Ebenfalls mit IC '85 führte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

ein neues Service-Konzept im IC ein.<br />

Sie bildete Zugteams von bis zu vier Mitarbeitern,<br />

die nicht nur Fahrkarten kontrollierten<br />

und betriebliche Aufgaben wahrnahmen,<br />

sondern die Reisenden individuell betreuten.<br />

So bedienten sie Reisende der 1. Klasse am<br />

Platz mit Speisen und Getränken aus dem<br />

Speisewagen. Die Teams bestanden aus dem<br />

„IC-Chef“ und den „IC-Betreuern“; die bisherigen<br />

Begriffe „Zug führer“ und „Zugschaffner“<br />

gehörten – zumindest beim IC – der Vergangenheit<br />

an, genauso wie das rote Schulterband<br />

des Zug führers; der IC-Chef trug<br />

nun als Erkennungszeichen eine rote Armbinde.<br />

Allge mein erhielten die IC-Zugteams<br />

eine neue Dienstkleidung.<br />

Das neue Konzept erwies sich abermals<br />

als – weitgehend – erfolgreich. Eine Schwachstelle<br />

bedeutete die Führung der Linie 1 nach<br />

Frankfurt, die man 1988 „nachbesserte“. Eine<br />

weitere, auf dem IC-Stammnetz aber nur namentliche<br />

Änderung brachte der zum Sommerfahrplan<br />

1987 eingeführte EuroCity; die<br />

internationalen IC-Züge verkehrten nun unter<br />

dieser Bezeichnung.<br />

Änderungen 1988<br />

Kurz darauf konnte die <strong>Bundesbahn</strong> eine<br />

erste Etappe des angestrebten Hochgeschwindigkeitsverkehrs<br />

realisieren. Ende<br />

Mai 1988 eröffnete sie das Teilstück Fulda –<br />

Würzburg der Schnellfahrstrecke Hannover<br />

– Würzburg. Mit Beginn des Sommerfahrplans<br />

fuhren hier die IC-Züge der Linie 4,<br />

was ihre Fahrzeiten um 22/24 Minuten verkürzte.<br />

Da die Abfahrts-/Ankunftszeiten in<br />

München nicht verändert wurden, verschoben<br />

sich die Systemzeiten in Fulda ent -<br />

sprechend. Das ergab in Verbindung mit der<br />

Linie 3 zwischen Fulda und Hamburg einen<br />

30-Minuten-Takt im IC-Verkehr.<br />

Bespannt wurden die Züge der Linie 4 nun<br />

mit den Drehstromloks der Baureihe 120; der<br />

Wagenpark bestand aus druckertüchtigten<br />

Wagen der bisher eingesetzten Typen Avmz,<br />

Apmz und Bpmz. Abteilwagen Bm mit öffnungsfähigen<br />

Fenstern gab es hier nicht<br />

mehr, die Nachfolge traten die neuen Abteilwagen<br />

Bvmz 185 an. Dazu kamen neu konzipierte<br />

Speisewagen WRmz mit Bistro- und<br />

Restaurantabteil, die man aus den „Quick-<br />

Pick“-Wagen WRbumz umgebaut hatte.<br />

Gleichzeitig wurde die Linie 1 nach Stuttgart<br />

verlegt, um die Linie 2 zu entlasten,<br />

deren Züge häufig überbesetzt waren. Einzelne<br />

Züge der Linie 1 verlängerte die DB<br />

noch bis München. Zwischen Mainz und<br />

Stuttgart gab es damit zwei Linien. Für Wiesbaden,<br />

das nun nicht mehr an der IC-Linie 1<br />

lag, schuf die DB einen Kompromiss: Zwischen<br />

der hessischen Landeshauptstadt und<br />

dem benachbarten Mainz richtete sie die<br />

Anschlusslinie 1A als „Wiesbaden-City“ ein.<br />

Jede Stunde verkehrten zwei Züge (im 20/40-<br />

Takt), um in Mainz optimale Anschlüsse an<br />

möglichst viele Linien herzustellen. Eingesetzt<br />

wurden Kurzzüge mit je zwei Wagen<br />

mit IC-Inneneinrichtung, davon ein Steuerwagen;<br />

als Zuglok dienten 141er-Elloks. So<br />

blieb das System bestehen, bis 1991 mit Inbetriebnahme<br />

der gesamten Neubaustrecken<br />

der ICE-Verkehr begann.<br />

Für die 1980er-Jahre stellt der Intercity das<br />

mit Abstand wichtigste Angebot im Fern -<br />

reiseverkehr der <strong>Bundesbahn</strong> dar. Das Taktsystem<br />

wurde weit über das IC-Netz hinaus<br />

maßgebend, denn auch die Anschlusszüge<br />

richtete man mehr und mehr danach aus.<br />

Das und die grundsätzliche Umgestaltung<br />

des Spitzenzuges – von der 1. Klasse auf die<br />

Doppelklassigkeit – sind zwei Entwick lun -<br />

gen, die mit dem Intercity-Konzept angestoßen<br />

wurden. Sie haben bis heute fundamentale<br />

Bedeutung. Josef Mauerer/GM


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Strecken, Züge, Betrieb | NEUE ZUGGATTUNGEN IM REISEVERKEHR <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Änderungen<br />

im Angebot<br />

In den <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahren führte die DB eine Reihe von Zuggattungen ein.<br />

Es gab langfristige Neuerungen und kurzfristige Versuche. Fast allen gemeinsam ist<br />

die Absicht, neuen Komfort zu bieten. Und eine zunehmend vertaktete Ausrichtung<br />

Wer sich informieren wollte, wurde gleich auf den ersten<br />

Seiten des Kursbuchs fündig. Dort gab der Kursbuch -<br />

schlüssel Auskunft über die angebotenen Zuggattungen. Sie<br />

zeigten dem Kundenmit was für einem „Produkt“ er es zu tun hatte:<br />

schnellen oder langsamen Zügen, über weite oder eher kurze Strecken.<br />

Ferner gaben Zuggattungen auch Aufschluss über tarifliche<br />

Besonder heiten, wie erforderliche Zuschläge oder nur Führung bestimmter<br />

Klassen.<br />

Neuerungen in den <strong>1970</strong>er-Jahren<br />

Das Kursbuch <strong>1970</strong> fasste sich in dieser Hinsicht kurz: Fünf Zuggattungen<br />

wurden dem Kunden mitgeteilt, davon drei zuschlagpflichtig,<br />

zwei ohne Zuschlag. Die zuschlagpflichtigen Züge waren der Trans-<br />

Europ-Express (mit dem Kürzel TEE, nur 1. Klasse), der Fernschnellzug<br />

(F, ebenfalls nur 1. Klasse) sowie der Schnellzug (D, 1. und<br />

2. Klasse). Zuschlagfrei verkehrten die Eilzüge (E) und Nahverkehrszüge<br />

(ohne Buchstaben), beide jeweils doppelklassig.<br />

22<br />

Im Folgejahr nahm die DB eine erste, im Kursbuch sichtbare Änderung<br />

vor. Zum Winterfahrplan löste der Intercity (IC) den F-Zug<br />

ab (siehe eigenen Beitrag). Seit 1972 gab es im Kursbuch auch das<br />

Kürzel „M“ für den „Messe-Intercity-Zug“ zur Hannover-Messe.<br />

Eine weitere neue Zuggattung ließ die DB zum Sommerfahr plan<br />

1973 folgen. Nun gab es auch den „DC“, dessen Kürzel für „City-<br />

D-Zug“ stand. Das waren Züge eines neu eingerichteten „Intercity-<br />

Ergänzungssystems“, mit denen IC-Knoten abseits der IC-Strecken<br />

untereinander verbunden wurden. Wichtigstes Kriterium waren drei<br />

DC-Zugpaare auf jeder dieser Linien, wobei es aber Ausnahmen<br />

gab. Zusätzlich verkehrten einzelne DC-Züge auf „Anschlussstrecken“,<br />

um nicht im IC-System liegende wichtige Städte anzubinden.<br />

Die DC-Züge waren gewöhnliche Schnellzüge mit beiden Wagenklassen.<br />

Das System wurde aber nicht angenommen, 1975 reduzierte<br />

die DB es schon drastisch und gab es 1978 gänzlich auf.<br />

<strong>Zwei</strong> weitere Kursbuch-Änderungen datieren noch von 1975. Zum<br />

einen wurde aus dem Messe-IC nun der „Messeschnellzug“, nach


In der Euphorie der frühen <strong>1970</strong>er-Jahre richtete<br />

die DB den „DCity“ als Ergänzung zum IC-System<br />

ein. Als 220 028 im September 1976 mit dem<br />

aus „popfarbenen“ Wagen gebildeten DC 912 den<br />

Bahnhof Lingen/Ems erreicht, hat die DB das<br />

Angebot aber schon merklich zusammengestrichen<br />

Wolfgang Bügel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung<br />

wie vor mit dem Kürzel „M“ und ausschließlich der 1. Klasse. Zum<br />

anderen strich die DB den Nahschnellverkehrszug; dort hieß es nun<br />

allgemein „Zug des Nahverkehrs“. Von diesen – eher vereinzelten –<br />

Modifikationen abgesehen, blieb das Zuggattungssystem bis in die<br />

1980er-Jahre weitgehend unverändert.<br />

Neuerungen in den 1980er-Jahren<br />

Im neuen Jahrzehnt behielt die <strong>Bundesbahn</strong> den bisherigen<br />

Standard bei – jedenfalls fürs Erste. Neues gab es zum Sommerfahrplan<br />

1983, als im Kursbuch eine neue Zuggattung aufgeführt wurde.<br />

Nun griff die <strong>Bundesbahn</strong> das Kürzel „FD“ wieder auf, welches die<br />

Reichsbahn für Fernschnellzüge verwendet hatte, gab ihm jedoch<br />

eine neue Bedeutung. Das Kürzel stand hier für den „Fern-Express“;<br />

unter diesem „Markenzeichen“ verkehrten neun Zugpaare, die annähernd<br />

IC-Komfort mit zum Teil klimatisierten Wagen boten.<br />

Betriebsstatistisch wurden sie nicht von anderen D-Zügen unterschieden.<br />

Es handelte sich auch nicht um neue Züge, sondern um<br />

bestehende Züge, die aufgrund des eingesetzten Wagenmaterials<br />

besser hervorgehoben werden sollten.<br />

Im Jahr 1988 modifizierte die DB dieses Angebot. Hatte sie die<br />

Zuggattung bis dahin etwas uneinheitlich angewendet, so gab es<br />

FD-Züge jetzt ausschließlich als klassische Urlaubszüge in die<br />

Ferienregionen. Entsprechend wechselte die Bezeichnung von „Fern-<br />

Express“ in „Ferienzug“.<br />

Keine direkte Änderung der Zuggattungen, aber doch eine Änderung<br />

des Angebots nahm die <strong>Bundesbahn</strong> 1983 noch bei den Eil -<br />

zügen vor. Der Anschlusseilzug, der einen D-Zug-Lauf fortsetzte,<br />

hatte ausgedient (auch intern gehörte diese Einteilung mit dem speziellen<br />

Kürzel „Ea“ ab 1983 der Vergangenheit an). Im Rahmen der<br />

von der DB verfolgten „Markenartikelstrategie“ sollte der Kunde<br />

von Anbeginn die Marke „D-Zug als Zug mit Abteilwagen“ erkennen<br />

können. Aus demselben Grund bekamen Züge, die bisher als langlaufende<br />

(Hecken-)Eilzüge geführt wurden, nun die Zuggattung D,<br />

wenn sie ausschließlich aus Abteilwagen gebildet waren. Unterschieden<br />

wurde aber jetzt zwischen zuschlagpflichtigen und zuschlagfreien<br />

D-Zügen.<br />

Diese Umstellung wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt und<br />

die Zuggattung „Eilzug“ verabschiedete sich vom Fernverkehr. Dies<br />

war nur konsequent, da der Schnellzug zunehmend an Bedeutung<br />

verlor. Bei den IC-Zügen gab es anfangs ähnliche Abstufungen, weshalb<br />

bestimmte IC-Züge auf Teilstrecken als D-Züge verkehrten.<br />

Im April 1981 ist ein<br />

Schienenbusgespann<br />

798/998 als Nahverkehrszug<br />

auf dem Weg von<br />

Wanfried nach Eschwege;<br />

in den <strong>1970</strong>er-Jahren<br />

kennzeichnete die DB<br />

intern solche Leistungen<br />

noch mit dem Kürzel Nto<br />

Johannes Poets<br />

Hintergrund<br />

Zuggattungen intern<br />

Die im Kursbuch veröffentlichten Zuggattungen verwendete<br />

die DB grundsätzlich auch intern. Bei der dafür gültigen<br />

Vorschrift, DV 407 A/1 mit dem Anhang „Verzeichnis der Zuggattungen“,<br />

wurde die Aufteilung noch sehr viel detaillierter<br />

gehalten. In einigen Fällen nahm man auch innerhalb einer<br />

Zuggattung Unterscheidungen vor.<br />

Durch diese Differenzierung wurde beispielsweise die Rangordnung<br />

bei der betrieblichen Durchführung bestimmt.<br />

Daneben gab es weitere Einteilungen, die der Aufschlüsselung<br />

für statistische und betriebswirtschaftliche Zwecke dienen.<br />

Dazu gehört auch die so genannte Zuggattungsnummer,<br />

die aus Haupt- und Unternummer besteht. Die Hauptnummer<br />

steht für die Zuggattung, während die Unternummer Auf -<br />

schluss über die fahrdienstliche oder beförderungsdienstliche<br />

Eigenschaft des Zuges gibt; so steht 1 für Vollzug, 2 für Leerzug,<br />

5 für Sonderzug oder 9 für Turnuszug. Ein weiteres Kriterium<br />

war noch die Einteilung der Züge nach Zugnummern,<br />

wozu bestimmte Zugnummernblöcke definiert wurden.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 23


Strecken, Züge, Betrieb | NEUE ZUGGATTUNGEN IM REISEVERKEHR <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Übersicht<br />

Interne Zuggattungen 1971<br />

Im Jahr 1971 gab die DB ein neues Verzeichnis interner<br />

Zuggattungen heraus. Es hatte folgende Einteilungen:<br />

(in Klammern die jeweilige Zuggattungs-Nummer)<br />

Fernzüge<br />

TEE = Trans-Europ-Express-Zug (10), IC = Intercityzug (11)<br />

Dm = Militärschnellzug (12), F = Leichter Fernschnellzug (13)<br />

D = Schnellzug (14), Dk = Autoreisezug (16),<br />

ExprD = Expressgutzug (19)<br />

Als Neuheiten 1971 hatte die DB neben dem IC die Zuggattungen Dk und ExprD eingeführt,<br />

wobei die beiden Letzteren nur intern angewendet wurden. Autoreisezüge waren bis dato<br />

als normale „D“ geführt worden, der „ExprD“ hieß bislang schlicht „Expr“.<br />

Eilzüge<br />

E = Eilzug (20), Ea = Anschlusseilzug (21),<br />

Em = Militär-Eilzug (22), Eb = Berufseilzug (24),<br />

Er = Eilzug des Regionalverkehrs (23)<br />

Die Eilzüge E (20) und Ea (21) unterlagen der Geschäftsführung der Zentralen Transportleitung;<br />

der Eilzug war also in erster Linie noch ein Zug des Fernverkehrs. Mit „Ea“ bezeichnete<br />

man Fernzüge, die im Hauptlauf als D (Schnellzug) verkehrten und ab dem Abgangsbahnhof<br />

bzw. vor dem Zielbahnhof als Eilzüge eingestuft waren. Sie konnten auf diesen Abschnitten<br />

ohne Zuschlag benutzt werden und bedienten ggf. auch mehr Halte, die nicht „schnellzugwürdig“<br />

waren. „Eb“ und „Er“ waren in der Regel geschäftsgeführt durch die jeweilige<br />

<strong>Bundesbahn</strong>direktion.<br />

Nahverkehrszüge:<br />

N = Nahverkehrszug (30), Nb = Nahverkehrszug im<br />

Berufsverkehr (31), Nm = Militär-Nahverkehrszug (32),<br />

Nv = Nahverkehrszug des Ballungsverkehrs (35),<br />

Nvb = Nahverkehrsberufszug des Ballungsverkehrs (36),<br />

S = DB-Schnellbahn-Zug (39)<br />

Bei allen Zuggattungen außer dem TEE wurde der Einsatz von Triebwagen intern durch ein<br />

kleines „t“ gekennzeichnet (zum Beispiel Dt, Et); bei Schienenbussen kam zusätzlich ein „o“<br />

dazu (zum Beispiel Nto, Eto). Das „b“ für Berufsverkehrszug wurde später gestrichen.<br />

Interne Zuggattungen 1988<br />

Zum Sommerfahrplan 1988 nahm die DB ergänzend zu der<br />

obigen Aufstellung im internen Zuggattungsverzeichnis<br />

umfangreiche Neuerungen vor. Hauptsächlicher Grund dafür<br />

waren weitere neue Zugkonzepte beim Personen- und Güterverkehr.<br />

Dabei wurden auch wegen der internen Kostenzuteilung<br />

weitere Differenzierungen notwendig. Neu waren nun:<br />

EC = EuroCity-Zug (10: Zuglauf auf dem Stammnetz;<br />

12: Zuglauf auf An- und Auslaufstrecken außerhalb),<br />

IC = Intercity-Zug (11: Zuglauf auf dem Stammnetz;<br />

13: Zuglauf auf An- und Auslaufstrecken außerhalb),<br />

D = Schnellzug (20: Tageszug; 21: Nachtzug),<br />

IR = InterRegio-Zug (17), AE = Auto-Express (16): bisher als<br />

„Dk“ geführte Autoreisezüge, DZ = Reisezug im Sonderund<br />

Spezialverkehr (24): bisher „D“ und „E“; der „DZ“ wurde<br />

fortan die Standard-Zuggattung für alle Reisesonderzüge,<br />

die mit Fahrplananordnung eingelegt wurden,<br />

M = Militärzug (25): bisher „Dm“, ICE = Intercity-Express-Zug (14):<br />

im Vorgriff auf den künftigen ICE-Verkehr,<br />

ECE = EuroCity-Express (15): vorgesehen für internationale<br />

ICE-Züge; dies wurde aber nicht realisiert, FD = Ferienzug (18):<br />

neue Bezeichnung anstelle von „Fern-Express“.<br />

RSB = Regionalschnellbahnzug (38): beschleunigter Reisezug im<br />

linienbezogenen Taktverkehr, RB = Regionalbahnzug (41): Reisezug<br />

des Regionalverkehrs mit Systemhalten, CB = City-Bahn-<br />

Zug (44): Reisezug des linienbezogenen Verdichtungsverkehrs<br />

mit Systemhalten und angemessenem Reisekomfort.<br />

Daneben gab es weiterhin die traditionellen Zuggattungen E (30) und N (35) für noch nicht<br />

auf modernisiertes Fahrzeugmaterial umgestellte Züge sowie S (47) für die S-Bahn. Im<br />

Kursbuch behielt der Messeschnellzug übrigens das Kürzel „M“; 1992 verwendete die DB es<br />

auch wieder intern dafür; die Militärschnellzüge wurden wie vor 1988 zu „Dm“.<br />

24<br />

Am 20. März 1987 stellt die <strong>Bundesbahn</strong> in Hannover das Farbkonzept<br />

der neuen CityBahn vor. Zu dem Anlass veranstaltet sie eine Pressefahrt<br />

von Hannover Hbf nach Hannover-Leinhausen Jens-Olaf Griese-Bandelow<br />

Auch das wurde 1983 generell abgeschafft und dafür der zuschlag -<br />

freie IC eingeführt.<br />

Die Angebots-Offensive der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Mitte der 1980er-Jahre begann die DB schließlich, das Zugangebot<br />

umzukrempeln. Konkret stattete sie den Regionalverkehr mit neuen<br />

„Marken“ aus. Quasi ein Versuchsträger war der „City-Bahn“<br />

genannte Zug, mit dem zwischen Köln und Gummersbach 1984 ein<br />

neuer Nahverkehrs-Komfort Einzug hielt. 1988 wurde dafür die Zuggattung<br />

„CB“ geschaffen und wie folgt definiert: Reisezug des li nien -<br />

bezogenen Verdichtungsverkehrs mit Systemhalten und angemessenem<br />

Komfort; für Letztgenanntes sorgten umgebaute, neu<br />

lackierte Silberling-Wagen, die zunächst gar ein Bistro mitführten.<br />

Ergänzend dazu stellte die DB drei Jahre später auf der Strecke<br />

Kiel – Flensburg den Vorreiter einer neuen Markenstrategie des Nahverkehrs<br />

vor. Der Regionalschnellbahnzug (RSB) war ein „beschleunigter<br />

Reisezug im linienbezogenen Taktverkehr“, der mit neuen<br />

Fahrzeugen (im Fall Kiel – Flensburg: Triebwagen 628) gefahren<br />

werden sollte. Die Beschleunigung kam unter anderem dadurch zu<br />

Stande, dass er auf einige weniger frequentierte Unterwegshalte<br />

verzichtete. Die RSB – die seinerzeit im Kursbuch noch als Eilzug<br />

vermerkt war – wurde später ergänzt durch den Regionalbahnzug<br />

(RB), einen Reisezug des Regionalverkehrs mit Systemhalten. RSB,<br />

RB und CB waren die Zuggattungen, welche die bisherigen Eil- und<br />

Nahverkehrszüge ablösen sollten. Voraussetzung für die Änderung<br />

war ein entsprechender Fahrzeugeinsatz bei diesen Zügen: neue<br />

Triebwagen 628 oder modernisierte Silberlinge mit neu gestalteter<br />

Inneneinrichtung und Außenanstrich in den neuen Produktfarben<br />

des Nahverkehrs in Mintgrün/Hellgrau. Es dauerte aber bis <strong>1989</strong>, bis<br />

diese Zuggattungen auch im Kursbuch erschienen.<br />

Im Fernverkehr hatten sich zwischenzeitlich ebenfalls Änderun -<br />

gen ergeben. Zum Sommerfahrplan 1987 wurden die letzten Über -<br />

bleibsel des TEE abgelöst durch die neue Zuggattung EuroCity (EC).<br />

Als EuroCity galten internationale Qualitätszüge, die weitgehend<br />

den IC-Zügen der DB entsprachen und für die eine Reihe von Komfortkriterien<br />

festgelegt wurde. Im internen Zuggattungsverzeichnis<br />

blieb der TEE zunächst erhalten und die Züge des „Lufthansa-<br />

Airport-Express“ wurden in diesem Fahrplanjahr noch so be zeich -<br />

net. Ab 1988 verkehrten auch diese Züge als IC-Züge.<br />

In der Zughierarchie der <strong>Bundesbahn</strong> stand mittlerweile der IC<br />

mit beiden Wagenklassen an erster Stelle. Rang zwei hatte – mit<br />

deutlichem Abstand – der D-Zug inne; jedoch arbeitete die DB seit


Eine der „Zug-Neuheiten“ der 1980er-Jahre ist der „Fern-Express“. Im November<br />

1988 fährt FD 1981 „Königssee“ in Augsburg aus; der Zug hat druckertüchtigte IC-<br />

Wagen, da er die Neubaustrecke Fulda – Würzburg nutzt. Hinter Zuglok 120 135<br />

läuft der „Kinderland“-Wagen mit Spielmöglichkeiten für die Kleinen Josef Mauerer<br />

Taktverkehr und neues Wagenmaterial sind die Stärken des Inter-<br />

Regio, der zum Winterfahrplan 1988 an den Start geht. Schritt für<br />

Schritt baut die DB ein Liniennetz auf; im Juni <strong>1989</strong> gehört auch der<br />

Streckenabschnitt Frankfurt – Darmstadt – Karlsruhe dazu (Bild mit<br />

einer 111 in Buchschlag-Sprendlingen) Helmut Scheiba<br />

Mitte der 1980er-Jahre an der Konzeption für einen neuen Zug, der<br />

zum Winterfahrplan 1988 an den Start ging. Der InterRegio war als<br />

schrittweise Ablösung für den D-Zug gedacht und verkehrte im<br />

<strong>Zwei</strong>-Stunden-Takt auf festgelegten Linien; geplant war ein Liniennetz,<br />

das ergänzend zum IC auch Mittelzentren und Nebenfern -<br />

strecken erschließen sollte. Der IR erhielt ein vollkommen neu<br />

gestaltetes Wagenmaterial, das aus dem Umbau bisheriger D-Zug-<br />

Abteilwagen entstand. Wie bei den IC-Zügen gab es eine Block zug -<br />

bildung, wobei zwischen den beiden Wagenklassen ein neu konzipierter<br />

Bistro-Wagen eingereiht wurde. Das System wurde mit dem<br />

weiteren Zugang von umgebauten Wagen laufend erweitert.<br />

So hatte die DB bis Ende der 1980er-Jahre eine Reihe neuer Zuggattungen<br />

geschaffen. Vergleicht man das Angebot mit dem von <strong>1970</strong>,<br />

dann präsentierte sie sich sogar weitgehend neu aufgestellt. Es gab<br />

nur noch wenige Gemeinsamkeiten zwischen damals und jetzt; sowohl<br />

im Fernverkehr als auch im Nah verkehr. Josef Mauerer/GM


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| PENDLERZÜGE ABSEITS DER HAUPT<strong>BAHN</strong>EN<br />

Mehr als<br />

160 Sitzplätze<br />

Im Berufs- und Schülerverkehr setzte die DB auch<br />

auf <strong>Zwei</strong>g- und Nebenbahnen lokbespannte Züge ein,<br />

um das erhöhte Fahrgastaufkommen zu bewältigen.<br />

Das bescherte Eisenbahnfreunden interessante<br />

Betriebsformen und fotogene Motive<br />

Zu Beginn der <strong>1970</strong>er-Jahre waren<br />

bereits mehrere Stilllegungswellen<br />

über Westdeutschland hinweg gerollt;<br />

Busse und Lkw hatten insbesondere auf dem<br />

Lande den Personen- und Güterverkehr<br />

über nommen. Die noch verbliebenen <strong>Zwei</strong>gstrecken<br />

verdankten ihr Überleben vielfach<br />

den Schienenomnibussen der Baureihen<br />

795 und 798, die mit ihren gegenüber dem<br />

Dampfzug wesentlich geringeren Betriebskosten<br />

als „Retter der Nebenbahnen“ galten.<br />

Tagsüber „Fleischwurst einfach“<br />

Auffallend viele nebenbahnähnliche Stichstrecken<br />

im ländlichen Raum führten zu einem<br />

an einer Hauptbahn gelegenen Mittelzentrum<br />

mit Schulen und Arbeitsplätzen;<br />

mitunter liefen sie sogar sternförmig darauf<br />

zu. Tagsüber genügte zur Bedienung dieser<br />

<strong>Zwei</strong>gstrecken eine „Fleischwurst einfach“,<br />

wie die allgegenwärtigen zwei und dreiteiligen<br />

Schienenbuseinheiten mit ihrer roten<br />

Farbgebung manchmal von Eisenbahnfreunden<br />

verächtlich genannt wurden. Morgens<br />

und am frühen Abend im Berufsverkehr<br />

reichten ihre 100 bis 160 Sitzplätze aber nicht<br />

mehr aus. Da das Vorhalten einer weiteren<br />

Triebwageneinheit als unwirtschaftlich galt,<br />

verfügten zahlreiche Nebenbahnen über<br />

eine eigene Wagengarnitur, deren Länge den<br />

Anforderungen des Berufs- und Schülerverkehrs<br />

angepasst war. Sie bestanden größtenteils<br />

aus drei- oder vierachsigen Umbau -<br />

wagen (Typen 3yg und 4yg) mit meist mehr<br />

als 250 Sitzplätzen, gelegentlich waren sogar<br />

noch Vorkriegswagen eingereiht.<br />

Eine Lok für Reisende und Güter<br />

Bei der Zuteilung von Lokomotive und Personal<br />

(Zugführer, Lokführer und gegebenenfalls<br />

Heizer) bestand das Problem, dass diese<br />

Züge entsprechend der Lastrichtung früh<br />

morgens zur Stadt an der Hauptbahn und<br />

am Abend zurück aufs Land verkehrten, wo<br />

Der Übergang vom Personen- zum Güterzug war für Zugbegleiter problemlos, konnten sie doch<br />

im Güterzugbegleitwagen mitfahren (Bild von der Strecke Wiesau – Waldsassen, <strong>1970</strong>er-Jahre).<br />

Die Kabine im Tender, wie sie manche 50er hatte, wurde dafür nur selten benutzt Dr. D. Beckmann<br />

Künzelsau war der Betriebsmittelpunkt<br />

der Strecke Waldenburg – Forchtenberg.<br />

Die 211 mit ihren drei Umbauwagen diente<br />

dem Berufs- und Schülerverkehr, die übrigen<br />

Leistungen erbrachte der Schienenbus.<br />

Reisezüge und der Güterverkehr – inklusive<br />

der Bedienung von Anschlüssen – lasteten<br />

die 211 den ganzen Tag aus. Dennoch stellte<br />

die DB zum Sommer 1981 den Betrieb ein<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

26<br />

Lok und Personal fern der Heimat übernachten<br />

oder leer zurückfahren mussten.<br />

Da zur <strong>Bundesbahn</strong>zeit der Personenund<br />

der Güterverkehr noch nicht wie heute<br />

einzelnen Sparten zugeordnet waren, sondern<br />

unter einem Dach arbeiteten, ließ sich<br />

die Personenzuglok auch vor einen Güterzug<br />

spannen. So lag es nahe, mit der Maschine<br />

des abendlichen Arbeiterzuges auf dem anschließenden<br />

Rückweg die auf der Stichstrecke<br />

angefallenen Güterwagen an die Hauptbahn<br />

zu bringen, wo sie von Nah- oder<br />

Durchgangsgüterzügen übernommen wurden.<br />

Vielfach konnten zumindest mit den Eilgutwagen<br />

die attraktiven Züge des „Nacht -<br />

sprungs“ erreicht werden. Lok und Personal<br />

durften so die Nacht „zu Hause“ verbringen.<br />

Morgens lief die Prozedur umgekehrt; die<br />

Diesel- oder Dampflok verteilte in aller<br />

Frühe zunächst die Güterwagen auf die


Drei lokbespannte<br />

Züge sah die DB im<br />

Sommer 1979 für den<br />

Schüler- bzw. Berufsverkehr<br />

Künzels au –<br />

Forchtenberg vor; sie<br />

verließen Künzels au<br />

jeweils um 06:30 Uhr,<br />

12:15 Uhr und um<br />

16:50 Uhr Slg. D. Beckmann<br />

Bahnhöfe der Stichstrecke und übernahm<br />

dann den morgendlichen Arbeiter- und Schülerzug<br />

in die Stadt. Auf einigen Strecken<br />

dienten die lokbespannten Züge auch dem<br />

Schülerverkehr mit einer zusätzlichen Fahrt<br />

am Mittag.<br />

Aber nicht nur Pendler nutzten die lokbespannten<br />

Züge, sondern auch Reisende auf<br />

dem Weg zum Fernzug. Wenn die Nebenbahn<br />

in eine Ferienregion führte, saßen im abendlichen<br />

Zug neben den Arbeitern auf dem<br />

Heimweg auch Touristen auf dem Weg zum<br />

Urlaubsort, den sie passend vor dem Abendessen<br />

erreichten. Aus diesem Grunde sorgte<br />

mindestens ein Halbgepäckwagen für ausreichenden<br />

Stauraum, auf manchen Stre -<br />

cken wurde sogar ein separater Gepäck -<br />

wagen mitgeführt.<br />

Mit der weiteren Stilllegung von Nebenbahnen<br />

und, weil die Deutsche <strong>Bundesbahn</strong><br />

zunehmend überfüllte Triebwagen in Kauf<br />

nahm, starb der lokbespannte Pendlerzug in<br />

den 1980er-Jahren langsam aus. Nach der<br />

Bahnreform war eine umlauftechnische<br />

Kopplung von Per sonen- und Güterverkehr<br />

ohnehin nicht mehr erwünscht.<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 27


Strecken, Züge, Betrieb | DR. ROLF BRÜNING UND DIE BAUREIHE 403<br />

Begegnungen mit<br />

„Donald Duck“<br />

Im Jahr 1973 stellt die <strong>Bundesbahn</strong> den neuen IC-Triebwagen vor: den 403,<br />

wegen der abgeschrägten Front von Fans bald „Donald Duck“ genannt. Zu den<br />

Bewunderern zählt Dr. Rolf Brüning; zunächst als Fotograf, später als Fahrgast<br />

Der 403 hatte mich seit jeher fasziniert.<br />

Jahrelang „begleitete“ ich ihn fotografisch<br />

und verfolgte die Kapitel seiner<br />

Einsatzgeschichte mit großem Interesse.<br />

Da waren die Präsentation mit einem Modell<br />

auf der Hannover-Messe 1972, die Einsätze<br />

im IC-Verkehr, welche die schnittigen Züge<br />

über die Nord-Süd-Strecke führten, und<br />

schließlich der Dienst als „Lufthansa Airport<br />

Express“. Aber der Reihe nach.<br />

Als die Deutsche <strong>Bundesbahn</strong> <strong>1970</strong> erstmals<br />

drei elektrische Schnelltriebwagen bestellt<br />

hatte, war die Fachwelt gespannt auf<br />

die vierteiligen Paradezüge 1.Klasse für eine<br />

Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Gleisbogenabhängige<br />

Neigetechnik sollte höhere<br />

Geschwindigkeiten auf kurvenreichen Strecken<br />

ermöglichen. Daher waren die Seitenwände<br />

abgeschrägt, so dass eine maximale<br />

Neigung von +/- 4 Grad möglich war. Weil<br />

die Stromabnehmer aber nicht wie später<br />

bei den ICE-T 411/415 zum Ausgleich<br />

schwenk bar waren, ist die Neigung auf<br />

+/- 2 Grad beschränkt worden. Später wurde<br />

Ein erstes Modell sorgte<br />

auf der Hannover-Messe<br />

1972 für Aufsehen<br />

stand waren als Abteilwagen mit 45 Sitzplätzen<br />

gestaltet, die Mittelwagen 404 001–003<br />

boten im Großraum 51 Sitze und in den als<br />

Halbspeisewagen ausgeführten Zwischenwagen<br />

404 101-103 gab es 24 Plätze im Restaurant<br />

sowie weitere 18 Sitzplätze.<br />

Im März 1973 begann die Auslieferung.<br />

Nicht nur bei der Form, auch bei der Farbgebung<br />

hatte die DB Neuland betreten: Die<br />

Fahrzeuge waren kieselgrau lackiert und be -<br />

sa ßen dazu ein schwarzbraunes Fenster -<br />

band zwischen orangefarbenen Trennstreifen.<br />

An der Seite der Endwagen prangte das<br />

IC-Logo, gemäß dem vorgesehenen Einsatzgebiet.<br />

Nach zahlreichen Probe- und Vorführ-<br />

Fahrten wurden die 403er dann ab dem Winterfahrplan<br />

1973/74 auf der IC-Linie 4 einge-<br />

die über variable Füllung der Bälge der Luftfederung<br />

arbeitende Neigetechnik stillgelegt,<br />

weil sich Reisende beschwert hatten.<br />

Die Stirnfronten hatten ein neues, aerodynamisch<br />

zugeschnittenes Design, das dem<br />

Zug bei Eisenbahnfreunden den Spitznamen<br />

„Donald Duck“ einbrachte. Vor der Fertigstellung<br />

war ein Modell des Kopfs angefertigt<br />

worden, das, wie erwähnt, im April 1972 auf<br />

der Hannover-Messe für Aufsehen sorgte.<br />

Die elektrische Ausrüstung lehnte sich an<br />

den S-Bahn-Triebwagen der Baureihe 420<br />

an; die Kraft wurde über Gummiring-Kar -<br />

dan auf alle Achsen übertragen. Jeder Wagen<br />

war mit einer vollständigen elektrischen Ausrüstung<br />

versehen, vom Hochspannungs-<br />

Schalter und von den Bremswiderständen<br />

auf dem Dach über den Trafo und die Steuerung<br />

bis zu den Motoren. Daher änderte sich<br />

die spezifische Leistung eines Triebzuges<br />

kaum, wenn er nicht als vier teilige Einheit<br />

fuhr. Die Endwagen 403 001–006 mit Führer-<br />

28<br />

Die verschiedenen Größen der 403er-Garnituren sind ein reizvolles<br />

Fotothema bei den Triebzügen. Am 21. April 1978 macht sich ein<br />

Fünfteiler mit 403 005 an der Spitze als IC 182 „Hermes“ auf den Weg;<br />

am frühen Morgen verlässt er München Hbf mit Ziel Bremen<br />

Aufnahmen des Beitrags, wenn nicht anders angegeben: Dr. Rolf Brüning


Am 7. März 1987 ist das Aufkommen auf „Flughöhe Null“ so<br />

hoch, dass Zug LH 1005 als Sechsteiler fahren muss. Vier Mittel -<br />

wagen sind an diesem Tag wohl nicht verfügbar, so dass die DB<br />

einer vierteiligen Garnitur mit 403 002 eine Kurzgarnitur aus<br />

zwei Triebköpfen beigibt; hier auf der linken Rheinstrecke bei<br />

Hirzenach. Oben: Zur Information liegt im Zug ein Buch aus<br />

Starke Beachtung findet das 1:1-Modell des<br />

403er-Kopfs, das auf der Hannover-Messe im<br />

April 1972 ausgestellt wird. Der Schnelltriebwagen<br />

befindet sich zu der Zeit im Bau<br />

setzt. Sie übernahmen Leistungen zwischen<br />

München und Bremen. Von 1976 an waren<br />

sie in den Plänen von IC 180/187 „Hermes“<br />

und IC 182/189 „Albrecht Dürer“ anzutreffen.<br />

Dazu brauchte es stets zwei Garnituren, die<br />

dritte stand als Reserve und für Wartungs -<br />

arbeiten zur Verfügung. Allerdings habe ich<br />

beim Fotografieren an der Nord-Süd-Strecke<br />

auch mehrfach Ersatz in Form eines Wagenzuges<br />

mit einer Ellok der Reihe 103 erlebt.<br />

Im Mai 1979 weitete die <strong>Bundesbahn</strong> das IC-<br />

Angebot mit dem Slogan „Jede Stunde, jede<br />

Klasse“ aus. Im durchweg doppelklassigen<br />

System war für reine 1.-Klasse-Triebzüge<br />

kein Platz mehr. Während die ehemaligen<br />

TEE-Triebzüge der Reihe VT 11 bzw. 601 und<br />

602 noch Verwendung als „Alpen-See-Express“<br />

im Reisebüro-Verkehr fanden, suchte<br />

man für die drei 403 krampfhaft nach einer<br />

Aufgabe. Schließlich ergab sich unter Einflussnahme<br />

des Bundesverkehrsministe -<br />

riums in Zusammenarbeit mit der Lufthansa<br />

eine Lösung. Da Kurzstreckenflüge ziemlich<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 29


Strecken, Züge, Betrieb | DR. ROLF BRÜNING UND DIE BAUREIHE 403<br />

Gegen Ende seiner Einsatzzeit hatte der „Airport Express“ bereits zahlreiche Fahrgäste an<br />

reguläre IC-Züge abgegeben. So genügte eine dreiteilige Garnitur, wie hier 403 001 als<br />

LH 1006 auf der linken Rheinstrecke bei Trechtingshausen<br />

unwirtschaftlich sind, wurde zwischen den<br />

Flughäfen Frankfurt Rhein-Main und Düsseldorf<br />

die „Flughöhe Null“ eingeführt – der<br />

403 als Zug ersetzte das Flug zeug.<br />

Dafür wurde in jedem Wagen eine Galley<br />

eingebaut und in der nicht mehr benötigten<br />

Küche ein Abteil für Gepäck-Container vorgesehen.<br />

Äußerlich erhielten die Triebwagen<br />

einen Anstrich in Lufthansa-Farben, und<br />

zwar Kieselgrau mit melonengelbem Strei -<br />

fen unterhalb der Fenster. Spötter haben behauptet,<br />

das sei wegen des gelben Schnabels<br />

von „Donald Duck“ erforderlich gewesen. In<br />

diesem Outfit konnte man die eleganten Zü -<br />

ge vom 28. März 1982 bis 1993 als „Lufthansa<br />

Airport Express“ mehrmals täglich auf der<br />

linken Rheinstrecke bewundern. Die als<br />

„LH 100x“ bezeichneten Züge – in den ersten<br />

Jahren im Rang eines TEE – konnten allerdings<br />

nur mit einem relativ teuren Flugticket<br />

benutzt werden; normale IC-Fahrkarten für<br />

die 1. Klasse wurden nicht akzeptiert.<br />

Mitfahrt im Führerstand<br />

Damals hatte ich beruflich öfter in Amerika<br />

zu tun, und es gab eine spezielle Regelung,<br />

dass bei einem Überseeflug ein kostenloser<br />

Inlandflug abfiel. Bisher hatte ich dafür eigentlich<br />

keine Verwendung gehabt. Aber<br />

plötzlich sah ich doch eine Möglichkeit:<br />

die zur „geschenkten Fahrt“ im „Airport Ex -<br />

press“ 403.<br />

Nach mehreren meiner USA-Reisen war<br />

man im Reisebüro so freundlich, das angesammelte<br />

Guthaben für vier Inlandsflüge<br />

umzuwandeln in je ein Ticket für meinen<br />

Sohn und mich für den „Flug im Zug“ vom<br />

Rhein-Main-Flughafen nach Düsseldorf und<br />

zurück. So stiegen wir am 14. November 1982<br />

im S-Bahnhof am Frankfurter Flughafen in<br />

den LH 1002 ein. Da ich Plätze ganz vorne<br />

im ersten Wagen gebucht hatte, waren wir<br />

schnell beim Lokführer. Noch vor dem Start<br />

30<br />

Aufnahme: Prof. Klaus Nicol<br />

Zur Person<br />

Der Autor<br />

Dr. Rolf Brüning, Jahrgang 1940, hat<br />

im Fachbereich physikalische Chemie<br />

promoviert. Seit 1969 war er bei einem<br />

Unternehmen in Hanau tätig, unter<br />

anderem als Leiter der Entwicklungsabteilung.<br />

Von <strong>1989</strong> an leitete er die<br />

Patentabteilung einer Konzernfirma,<br />

seit 2003 arbeitet er freiberuflich als<br />

Patentanwalt. Für die Eisenbahn begeistert<br />

er sich seit der Kindheit; seit 1955<br />

ist er auch als Eisenbahn-Fotograf aktiv.<br />

Der <strong>spannende</strong> Augenblick bei der Mitfahrt<br />

im Zug LH 1002: Vom Führerstand „seines“<br />

403 aus erlebt Dr. Rolf Brüning, wie mit<br />

LH 1003 vor dem Bahnhof Rolandseck ein<br />

weiterer „Airport Express“ entgegen kommt<br />

fragten wir ihn und seinen Begleiter, ob wir<br />

bei geöffneter Türe im Führerstand stehend<br />

mitfahren dürften. Die freundlichen Herren<br />

hatten Verständnis für unseren Wunsch, so<br />

dass wir die häufig fotografierte Strecke aus<br />

erster Hand genießen durften.<br />

Noch vor Bischofsheim wurde per Funk<br />

durchgegeben, dass der Mainzer Hauptbahnhof<br />

ausgelastet sei und daher der Zug um -<br />

geleitet werde: Der Alternativweg führte von<br />

Bischofsheim über den Main und durch die<br />

südlichen Wiesbadener Vororte. Von Amöneburg<br />

aus fuhren wir dann über die Kaiserbrücke<br />

nach Rheinland-Pfalz und erreichten<br />

die Gleise der linken Rheinstrecke westlich<br />

des Mainzer Hauptbahn hofs.<br />

In rascher Fahrt ging es weiter nach Bingen,<br />

wo auf der Nahebrücke die Kilo metrie -<br />

rung der Strecke von Köln endet und mit<br />

„Null“ nach Mainz neu beginnt. Hinter den<br />

ausgedehnten Gleisanlagen von Binger -<br />

brück erschloss der „Airport Express“ den<br />

romantischen Abschnitt des Mittelrheins:<br />

Burgen, Rebenhänge und die kurvige<br />

Strecke, das alles von einem exklusiven Zug<br />

mit der 1. Klasse aus – es gab sicher weniger<br />

angenehmen „Ersatz“ für einen Inlandsflug.<br />

Für uns hatte die Reise auch noch eine<br />

Besonderheit zu bieten: Kurz nach dem Haltepunkt<br />

Rolandseck mit dem berühmten<br />

Arp-Museum tauchte in der langen Linkskurve<br />

bei Rolandswerth am Streckenkilometer<br />

44,6 plötzlich ein weiterer 403 auf: der<br />

Gegenzug LH 1003. Er kam gerade richtig,<br />

um ein Foto zu schießen. Und wie man dabei<br />

sieht: Keiner der Triebzüge hat sich zusätz -<br />

lich in die Kurve geneigt. Nach sehr interessanter<br />

Fahrt erreichten wir Düsseldorf und<br />

kehrten in dem besonderen Zug auch später<br />

zurück.<br />

Ende der Einsätze<br />

Nachdem 1993 weder <strong>Bundesbahn</strong> noch<br />

Lufthansa die Kosten für eine fällige Ausbesserung<br />

mit Behebung von Korrosions schä -<br />

den aufbringen wollten, sind die 403er ausgemustert<br />

worden. Nach langer Ungewiss -<br />

heit und einigen Irrfahrten landeten die Züge<br />

nunmehr bei der Privatbahn National Express.<br />

So bleibt zu hoffen, dass zumindest<br />

eine vierteilige Einheit wieder in Betrieb genommen<br />

wird; derzeit läuft die Aufarbeitung<br />

im Netinera-Werk in Neustrelitz.


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Strecken, Züge, Betrieb<br />

| 044 UND 050 IM RUHRGEBIET<br />

E<br />

nde der 1960er-Jahre hatte die <strong>Bundesbahn</strong> einen Werbeslogan<br />

geprägt: „Unsere Lokomotiven gewöhnen sich das<br />

Rauchen ab.“ Soweit es das Ruhrgebiet betrifft, konnte man<br />

das für die frühen <strong>1970</strong>er-Jahre aber noch nicht bestätigen. Dort<br />

qualmten weiterhin Dampflokomotiven der Baureihen 044 und 050<br />

mit den Schloten der Schwerindustrie um die Wette.<br />

Wobei die Betonung wohl auf „noch“ nicht bestätigen liegt, denn<br />

die Wandlung des „Kohlenpotts“ hatte bereits eingesetzt. Nach mehreren<br />

Stahl- und Kohlekrisen waren die Förderung der Kohle und<br />

die Produktion der Montanerzeugnisse stark gedrosselt, zahlreiche<br />

Zechen und Hüttenwerke hatten ihren Betrieb eingestellt. Was blieb,<br />

könnte man als stattlichen Restbestand bezeichnen. Auf dem rund<br />

1.300 Kilometer langen Streckennetz der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong><br />

rechts und links der Emscher herrschte noch immer eine extrem<br />

hohe Zugdichte, wozu die Dampfloks unterschiedlicher Bahnbetriebswerke<br />

einen Anteil von zirka 100 Zügen werktäglich beisteuerten.<br />

Schwerpunkt Programmzüge<br />

Planmäßige Dampfzüge mit regelmäßigen Verkehrstagen stellten<br />

dabei eine kleine Minderheit dar. Die Produktionsprozesse der Montanindustrie<br />

erforderten vielmehr auch von der Bahn ein recht flexibles<br />

Transportsystem, das damals durch die DB in Form von unzähligen<br />

Programmzügen angeboten wurde. Für sie wurde zwar ein minutiöser<br />

Fahrplan aufgestellt, ein „Abfuhrprogramm“ legte aber ihre<br />

Verkehrstage von Monat zu Monat neu fest. Zusammen mit den wenigen<br />

Planleistungen und den Sondergüterzügen, deren Einsatz im<br />

Extremfall nur drei Tage im voraus bekannt war, ergab sich für jedes<br />

Das<br />

Dampfparadies<br />

Das Ruhrgebiet zählte zu den letzten Dampflok-Einsatzgebieten Westdeutschlands.<br />

Schlepptenderloks der Baureihen 044 und 050–053 zogen noch bis weit in die<br />

<strong>1970</strong>er-Jahre werktags schwere Montangüterzüge durch die Industrieregion.<br />

Zwischen Hamm und Duisburg waren sie kreuz und quer unterwegs<br />

32


Unter dem markanten Wasserturm des Bahnbetriebswerks Gelsenkirchen-Bismarck<br />

warten im Frühjahr 1977 die letzten Dampfloks<br />

des Ruhrgebiets auf die Zuteilung eines Montanzuges<br />

Herbert Beckmann sr./Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

Bahnbetriebswerk (Bw) eine täglich wechselnde Kombination von<br />

Güterzügen. Dafür galt es, die Traktion zu stellen und die verfügbaren<br />

Loks aller Traktionsarten unter Berücksichtigung der spezifischen<br />

Eignung einzuteilen. Zusätzlich hielt man täglich einige Maschinen<br />

für ganz kurzfristige Leistungen der Zugleitung bereit.<br />

Die im Ruhrgebiet von Dampfloks gezogenen Montanzüge transportierten<br />

nicht nur die heimische Steinkohle, den frisch gelöschten<br />

Koks und die hochwertigen Erzeugnisse der örtlichen Stahlindustrie<br />

in die übrigen Teile Deutschlands oder Europas. Sie verkehrten auch<br />

im großen Umfang innerhalb der Emscherregion zwischen den einzelnen<br />

zum Teil weit auseinanderliegenden Produktionsstandorten.<br />

Dampfloks zogen Kohlezüge von den Zechen zu den Kraftwerken,<br />

Kokereien oder zu den Häfen, Kokszüge von der Kokerei zum Hüttenwerk,<br />

Erzzüge von den Häfen zum Hüttenwerk, Rohstahlzüge<br />

Da die Kupferhütte direkt am Rhein in Duisburg-Hochfeld nicht<br />

über einen Tiefbunker verfügte, wurde der Brennstoff Koks in<br />

Kübeln geliefert. Nur an Sonn- und Feiertagen, wie auf dem Bild<br />

am 1. Mai 1976, nahmen die leeren Kokszüge (stets mit einer 050<br />

bespannt) den Weg entlang des Rheins und fuhren dabei unter<br />

der großen Rheinbrücke nach Rheinhausen hindurch<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 33


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| 044 UND 050 IM RUHRGEBIET<br />

Aus der obersten Etage eines Bürohochhauses hatte man einen faszinierenden<br />

Blick auf die Zeche Consolidation in Gelsenkirchen-Bismarck.<br />

Am 15. Oktober 1976 verlässt 044 177 die Schachtanlage mit ihrem<br />

2.200 Tonnen schweren Übergabezug nach Gelsenkirchen-Schalke<br />

Herbert Beckmann sr./Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

Am 19. Februar 1977 sind die 044 des Bw Gelsenkirchen-Bismarck noch<br />

im regulären Einsatz; 044 343 steht auf der Drehscheibe Theodor Horn<br />

vom Hüttenwerk zur Stahlindustrie, Kalkzüge von den Abbaugebieten<br />

zu den Kraftwerken etc. ... stets in einem täglich wechselnden<br />

Einsatzplan.<br />

„Geheimtipps“ der Lokleitungen<br />

Dem regelmäßig im Ruhrgebiet fotografierenden Eisenbahnfreund<br />

blieb damit gar nichts anderes übrig, als zwei bis drei Mal in der<br />

Woche die verschiedenen Lokleitungen aufzusuchen, dort – wenn<br />

es die <strong>Bundesbahn</strong>er gestatteten – die meist zwei Tage im voraus ausgehängten<br />

Umlaufpläne zu sichten und die fotogen erscheinenden<br />

Leistungen zu notieren. In einem zweiten Schritt musste man mit<br />

Buchfahrplänen den Laufweg durch das für Auswärtige undurchschaubare<br />

Streckennetz erkunden. Erst, wenn mit diesen Infor -<br />

mationen die Dampfzüge gezielt aufgespürt waren, machte es Sinn,<br />

sich für ein Foto an der Strecke aufzustellen.<br />

34<br />

Erschwerend kam hinzu, dass die Dampfloks des Ruhrgebiets<br />

nicht von einem zentralen Ort aus eingesetzt wurden, sondern sich<br />

bis 1975 auf vier Bahnbetriebswerke verteilten. Die 134 Loks der<br />

Baureihe 050–053 waren in Duisburg-Wedau mit 28, in Oberhausen-<br />

Osterfeld Süd mit 50 und in Wanne-Eickel mit 56 Exemplaren beheimatet;<br />

die 52 Loks der Baureihe 044 konzentrierten sich auf das Bw<br />

Gelsenkirchen-Bismarck mit den Einsatzstellen Wanne-Eickel und<br />

Oberhausen-Osterfeld Süd. Dabei hatte jedes Bw ganz signifikante<br />

Aufgabengebiete und seine Spezialitäten.<br />

Die Betriebswerke und deren Einsatzbereich<br />

Das Bw Duisburg-Wedau hatte 1939 seine ersten 50er erhalten, die<br />

es teilweise bis zum Ende der Dampflokzeit behielt. Neben Montanzügen<br />

im westlichen Ruhrgebiet fuhren die Wedauer Maschinen fast<br />

exklusiv die Kalk- und Kalksteinzüge auf der Angertalbahn südlich<br />

des Ruhrgebiets mit Zielen in Rheinhausen, Oberhausen West, Mil -<br />

lin gen und auf der Mannesmann-Anschlussbahn in Duisburg-Huckingen.<br />

Eher unty pisch war ihr Einsatz vor dem nachmittäg lichen<br />

Personenzug 2689 von Wedau über die Rheinische Güterbahn nach<br />

Reckling hausen, der allerdings erst ab Gelsenkirchen im Kursbuch<br />

verzeichnet war und vorwiegend den Arbeitern des Ausbesserungswerkes<br />

Wedau als Direktverbindung nach Hause diente.<br />

Auch das Bw Oberhausen-Osterfeld Süd war ein traditionelles<br />

Güterzug-Bw. In den letzten Jahren des Dampfbetriebes führten die


Ein Benzinzug aus Spellen passiert den Duisburger Stadteil Hamborn,<br />

wo die Stichstrecke meist in Dammlage durch die Hinterhöfe der<br />

Arbeiterviertel verläuft Herbert Beckmann sr./Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

Übersicht<br />

Die Letzten vor Ort<br />

Die jeweils letzten Dampfloks in den letzten vier Dampf-Bws<br />

im Ruhrgebiet<br />

Am 2. Juni 1973 schmückt der damals 16-jährige Autor im<br />

Bw Osterfeld die Zuglok des letzten dampfgeführten öffentlichen<br />

Personenzuges des Ruhrgebiets, des P 2602 von<br />

Essen Hbf nach Coesfeld Herbert Beckmann<br />

Betriebswerk Letzter Tag An diesem Tag<br />

der Dampflok- noch beheimatete<br />

unterhaltung Lokomotiven<br />

Oberhausen- 01.10.1975 050 056-1, 050 078-5, 050 232-8,<br />

Osterfeld Süd 050 256-7, 050 276-5, 050 489-4,<br />

051 225-1, 051 235-0, 052 353-0,<br />

052 409-0, 052 483-5, 052 545-1<br />

Wanne-Eickel 31.10.1975 051 702-9<br />

Duisburg-Wedau 17.02.1977 050 904-2, 051 255-8, 051 724-3,<br />

052 908-1<br />

Gelsenkirchen- 22.05.1977 044 209-5, 044 215-2, 044 216-0,<br />

Bismarck 044 377-0, 044 402-6, 044 424-0,<br />

044 434-9, 044 481-0, 044 508-0,<br />

044 556-9, 044 650-0<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 35


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| 044 UND 050 IM RUHRGEBIET<br />

<strong>Zwei</strong> typische Ruhrgebiets-Vertreter beisammen: Unten hat 044 383<br />

einen Erzzug nach Bochum-Weitmar übernommen, oben ist ein<br />

Nahverkehrstriebwagen 430 auf dem Weg von Bochum Hbf nach<br />

Dortmund (April 1976) Dr. Dietmar Beckmann<br />

Für die Erztransporte verwendete die DB neben den üblichen „hohen“<br />

Großraumwagen solche mit abgesenkten Seitenwänden, „Ponywagen“<br />

genannt. Beide Bauarten sind in den morgendlichen Erzzug eingereiht,<br />

der mit einer 044 an der Spitze den Bahnhof Essen-Dellwig auf dem<br />

Gütergleis passiert Dr. Dietmar Beckmann<br />

Osterfelder 050 vorwiegend Übergabeleistungen „rund um den<br />

Kirchturm“ zwischen den zahlreichen Rangierbahnhöfen und<br />

Anschlussgleisen in Duisburg, Essen und Oberhausen aus. Tagesleistungen<br />

mit vier bis fünf Zügen und einer Gesamtleistung von<br />

gerade einmal 50 Kilometern waren die Regel. Als „weiter“ entfernte<br />

Wendebahnhöfe wurden häufig Friedrichsfeld (BP), Möllen, Walsum,<br />

Gladbeck West, Castrop Süd, Dortmund-Eving und zeitweise sogar<br />

Ahlen angefahren. Willkommene Abwechslung brachte der Lok und<br />

dem Personal bis 1973 das Personenzugpaar 2635/2602 von Essen<br />

Hbf nach Coesfeld mit einer Übernachtung im Münsterland.<br />

Die beim ehemaligen Schnellzuglok-Bw Wanne-Eickel mit<br />

seinem großen Rechteckschuppen mit zwei innenliegenden Schiebebühnen<br />

beheimateten 30 Loks der Baureihe 50 waren wochentags<br />

damit beschäftigt, vorwiegend Kohle-, Öl- und Erzzüge von den<br />

Industrieanschlüssen zu den elektrifizierten Rangierbahnhöfen zu<br />

schleppen. Übriggeblieben war aber noch bis 1973 eine inter -<br />

nationale Leistung: das Nahgüterzugpaar Ng 16640/41 ins niederländische<br />

Winterswijk.<br />

Das Güterzug-Bw Gelsenkirchen-Bismarck erhielt am 5. November<br />

1964 mit 44 1420 die erste Dreizylinder-Lokomotive, die in den<br />

folgenden Jahren mehr als 100 Schwestermaschinen ins nördliche<br />

Revier lockte. Bis weit in die <strong>1970</strong>er-Jahre fuhr sie leistungsgerecht<br />

die schwersten Güterzüge auf den nicht elektrifizierten Strecken.<br />

Dazu gehörten insbesondere die „Dicken“, die 2.200 Tonnen schwe -<br />

ren Erzzüge von Duisburg-Ruhrort Hafen zu den Hochöfen in Dortmund-Eving<br />

und zur Henrichshütte in Hattingen. Exklusiv war auch<br />

ihr Einsatz vor den „Torpedozügen“, den Flüssigeisentransporten<br />

36<br />

von Rheinhausen nach Bochum-Präsident. Spitzenreiter im Schwergewicht<br />

war aber eindeutig der 3.000 Tonnen schwere Gdg 9396<br />

(neue Zugnummer ab 1974: Gdg 58064), den eine 044 alleine vom<br />

Schacht „Wilhelm“ der Zeche „Pluto“ mit maximal 30 km/h zum<br />

Umspannbahnhof Wanne schleppen musste.<br />

Der Abschied<br />

Insbesondere ab 1974 ging jedoch der Dampfbetrieb im Ruhrgebiet<br />

stetig zurück. Neu elektrifzierte Strecken, inzwischen zugeteilte<br />

Dieselloks der Baureihen 216 und 290 sowie der strukturbedingte<br />

Rückgang des Montanverkehrs senkten den Bedarf an Dampfloks.<br />

Bereits im Sommer 1975 bespannte das Bw Wanne-Eickel nur noch<br />

wenige Sonderzüge mit Dampf; am 1. November des Jahres verließ<br />

mit 051 702-9 die letzte „Wannerin“ ihre Heimat. Es folgte das Bw<br />

Oberhausen-Osterfeld Süd, das am 1. Juni 1976 letztmals eine 050<br />

für einen Güterzug einsetzte; 051 255-8 fuhr den 57503 von Wedau<br />

nach Castrop Süd. Die Dampflokunterhaltung hatte Osterfeld bereits<br />

zum 1. Oktober 1975 aufgegeben, war aber danach noch Einsatzstelle<br />

des Bw Duisburg-Wedau, das seinerseits zum Auslauf-Bw für alle<br />

050 der DB auserkoren wurde.<br />

Am 17. Februar 1977 bespannte 052 908-1 den Kokszug 47280 von<br />

Castrop Süd bis Wedau, wo eine Ellok der Baureihe 140 die Weiterbeförderung<br />

nach Luxemburg übernahm. Dies war der letzte reguläre<br />

Güterzug der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong> mit einer Lok der Baureihe<br />

050. Lediglich die 044 des Bw Gelsenkirchen-Bismarck hatten noch<br />

eine wenige Monate längere Gnadenfrist, aber bis zum Mai sank<br />

auch dort die Zahl der einsatzfähigen Loks auf elf Exemplare ab.


Ungewöhnlicher Gast: Mit einem Sonderzug ist 001 199 im April <strong>1970</strong> nach Essen<br />

Hbf gekommen. Im Reisezugverkehr fuhren im Revier üblicherweise Lokomotiven<br />

der Baureihen 044 und 050 Theodor Horn<br />

Nachdem einen Tag zuvor der letzte dampfgeführte Güterzug gefahren<br />

war, zogen am 21. Mai 1977 die Lokomotiven 044 434-9 und<br />

044 481-0 Sonderzüge aus Emmerich und Duisburg zum Dampfabschied<br />

nach Gelsenkirchen-Bismarck. Am darauffolgenden Montag<br />

brachte 044 508-0 die Ausstellungsfahrzeuge der Deutschen Gesellschaft<br />

für Eisenbahngeschichte (55 3345, E 32 27, 89 7159, 66 002,<br />

90 009, 01 008 und Walsum 5) nach Bochum-Dahlhausen zurück. Mit<br />

der Ankunft dieser Überführungsfahrt auf dem Gelände des Eisenbahnmuseums<br />

war der reguläre Dampfbetrieb im Ruhrgebiet endgültig<br />

beendet. Wenige Monate später gehörte der Dampfbetrieb bei<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> insgesamt der Vergangenheit an.<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Zum Thema<br />

Erzzüge<br />

Besonderen Respekt bei den Eisenbahnern genossen<br />

die stets sehr schweren, mit Eisenerz beladenen<br />

Ganzzüge, die bis 1975 fast ausschließlich den<br />

Dampfloks vorbehalten waren. Mit den Worten<br />

„Der Dicke kommt!“ leiteten die Stellwerker häufig<br />

ihre Zugmeldung ein, natürlich ergänzt durch den<br />

offiziellen Wortlaut, zum Beispiel „9183 ab 14“.<br />

Jeder Fahrdienstleiter war bemüht, den schweren<br />

wie schwerfälligen Zügen so gut wie möglich eine<br />

grüne Welle quer durch das Ruhrgebiet sicherzustellen.<br />

Ausgangspunkt aller Erzzüge war der Erzkai im<br />

Hafen Duisburg-Ruhrort, dem größten Binnenhafen<br />

Europas. Recht lange Laufwege bescherten den<br />

Zügen insbesondere die Hochöfen der Westfalenhütte<br />

und der Phoenixhütte von Hoesch in Dortmund<br />

sowie der Henrichshütte von Thyssen in Hattingen.<br />

Die Züge nach Dortmund-Eving<br />

Eine besondere Herausforderung, aber auch einen<br />

freien Auslauf für Personal und Maschine bedeuteten<br />

die 2.200 Tonnen schweren „Dicken“ nach Dortmund-<br />

Eving, die grundsätzlich mit nur einer 044 bespannt<br />

waren. Ihr Zuglauf quer durchs Ruhrgebiet führte<br />

sie nicht über Güterzugstrecken, sondern direkt<br />

über die Köln-Mindener-Bahn (Oberhausen – Gelsenkirchen<br />

– Herne), die zwar durchweg eben trassiert<br />

ist, wo der schwere Zug aber mit den zahlreichen<br />

Reisezügen und schnellen Güterzügen „mitschwimmen“<br />

musste. Es war eine willkommene Abwechslung<br />

zu den Kirchturmfahrten und dem üblichen<br />

Gezuckel von Signal zu Signal und von Weiche zu<br />

Weiche auf den überlasteten Güterstrecken.<br />

Auf dem ersten Streckenabschnitt zwischen Oberhausen<br />

und Altenessen, der vier- bzw. dreigleisig<br />

ausgebaut war, hielten sich Lok und Mannschaft<br />

noch zurück, wenn sie auf dem Gütergleis mit<br />

verhaltener Geschwindigkeit eine passende Lücke<br />

abwarteten, um an einer der zahlreichen Gleisverbindungen<br />

auf das Schnellzuggleis zu wechseln<br />

und dann den Regler voll zu öffnen. Nun gab es<br />

freie Fahrt bis Dortmund-Mengede und die 044<br />

konnte zeigen, was in ihr steckte, was sie auch lautstark<br />

tat. Die gewaltige Kraftentfaltung bei der<br />

Beschleunigung auf die erlaubten 80 km/h war<br />

für die Bewohner der nördlichen Stadtteile Essens<br />

nicht überhörbar.<br />

So war es nicht nur für Eisenbahnfreunde ein<br />

unvergessliches Erlebnis, wenn sich der Dicke<br />

mit 80 km/h und einer röhrenden 044 an der Spitze<br />

dem Bahnsteig des Hauptbahnhofs von Gelsenkirchen<br />

näherte und die arglos auf ihren D-Zug<br />

wartenden Reisenden versuchten, sich vor dem<br />

nahenden, Dampf und Rauch speienden Ungetüm<br />

in Sicherheit zu bringen. Gemäß Buchfahrplan<br />

war hier die Durchfahrt sicherzustellen.<br />

Ebenfalls als „Dicke“ bezeichnet wurden die<br />

Erzzüge vom Duisburger Hafen zur Henrichshütte<br />

in Hattingen mit ihrem Laufweg über Bottrop Süd<br />

und Bochum-Riemke. In den Jahren 1973 und<br />

1974 mussten sie allerdings wegen Elektrifizierungsarbeiten<br />

in Bochum den „direkten“ Weg über<br />

Frintrop und Borbeck nehmen. So war es stets ein<br />

beeindruckendes Schauspiel, wenn zwei 044 oder<br />

050 mit voller Kesselleistung durch den Essener<br />

Hauptbahnhof donnerten.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 37


Rückblick<br />

| ALS HEIZER IN DER OBERPFALZ UND IM RUHRGEBIET<br />

Erfahrungen<br />

auf dem Führerstand<br />

Dienst<br />

bei der<br />

Wasserfassen war Heizersache –im<br />

oberpfälzischen Eslarn diente dazu ein<br />

Schlauch. Eisenbahn hatte 1973 noch<br />

etwas Beschauliches<br />

Aufnahmen des Beitrags: Peter Schricker<br />

bzw. Slg. Peter Schricker<br />

Von der Arbeit auf der Dampflok hat der Student<br />

Peter Schricker seit Jahren geträumt. 1973/74 ist es<br />

soweit: Als Werkstudent der <strong>Bundesbahn</strong> darf er zu<br />

den Lokpersonalen stoßen. Ein paar Monate lang<br />

heizt er Lokomotiven der Baureihen 44, 50 und 64<br />

Seit ich 1968 erstmals auf dem Führerstand<br />

einer Dampflok, der Hofer<br />

01 067, mitgefahren war, ließ mich der<br />

Wunsch nicht mehr los, selbst dort zu arbeiten.<br />

Aus Arbeitskräftemangel stellte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

in den frühen <strong>1970</strong>er-Jahren auch<br />

Werkstudenten als Heizer ein. Das war die<br />

Chance. Das Ende der Dampflok bei der DB<br />

zeichnete sich unwiderruflich ab. Da wollte<br />

ich noch die Gelegenheit nut zen, das unwiderstehliche<br />

Gemisch aus Dampf, Ruß,<br />

Kohle und heißem Öl hautnah zu erleben.<br />

Anfänge mit dem „Bubikopf“<br />

Mit mehreren Münchner Dampflokbegeisterten<br />

war ich damals „Stammgast“ im Bw<br />

Weiden, das mir 1973 eine Ausbildung zum<br />

Heizer ermöglichte. Ich nahm an dem wohl<br />

letzten Kurs zur Dampflokführerausbildung<br />

teil, wo man mich als Exoten mit großer<br />

Freundlichkeit aufnahm. Nach ein paar<br />

Tagen Theorie ging es endlich in die Praxis.<br />

Klein anfangen, hieß es – und so teilte mich<br />

die Lokleitung einer Aufgabe zu, die mein<br />

Herz nicht mehr hätte erfreuen können: Der<br />

38<br />

Güterzug Eslarn – Weiden hatte an jenem<br />

Novembertag so viel Anhängelast, dass er<br />

ab Lohma Vorspann für die Fahrt über die<br />

Steigung des Fahrenbergs benötigte.<br />

Also setzte man vor die 211 des mittäglichen<br />

Personenzuges Weiden – Eslarn entgegen<br />

der Vorschrift die 64 295, um in Lohma<br />

Die Vorspannfahrt mit<br />

der 64 war ideal, um die<br />

Heizer-Arbeit zu üben<br />

unnötige Rangiermanöver zu vermeiden. Damit<br />

begannen meine ersten eher zaghaften<br />

Heizversuche auf einem „Bubikopf“. Die Vorspannfahrt<br />

vor dem leichten Personenzug<br />

war ideal zum Üben. Heizer und Lokführer<br />

lächelten geduldig, wenn ich immer wieder<br />

mal mit der Schaufel gegen den Rand des<br />

Feuerlochs krachte. Bei der Rückfahrt – als<br />

es ernst wurde – ließ man mich, „den Stift“,<br />

freilich nicht dran, denn jetzt musste jede<br />

Schaufel sitzen.<br />

In Lohma wartete schon 64 415 mit ihrer<br />

beachtlichen Fuhre auf uns, der im nächsten<br />

Rost entschlackt, Ruhefeuer in der Büchse,<br />

Wasser, Kohle, Sand nachgefüllt: 50 2857 ist<br />

bereit für ihre nächste Leistung. Hinten<br />

wartet eine Vorserien-216 auf ihren Einsatz<br />

(Bw Oberhausen-Osterfeld Süd, Okt. 1974)<br />

Bahnhof, Pleystein, noch etliche Wagen hinzugefügt<br />

wurden. Zu allem Übel waren die<br />

Hölzer auf einem der Rungenwagen verrutscht,<br />

so dass wir bei einsetzender Dunkelheit<br />

mitten auf der Rampe zum Fahrenberg<br />

anhalten mussten, um die Fracht neu zu verkeilen.<br />

Als wir schließlich abends im Bahnbetriebswerk<br />

ankamen, war meine Mithilfe<br />

wieder erwünscht. Feuer putzen, Lager<br />

schmieren, Sand nachfüllen ... musste man<br />

ja alles lernen.<br />

Mit 44 und 50 durch die Oberpfalz<br />

Bald schon durfte ich erstmals auf eine 44er.<br />

Mit 4,55 Quadratmetern Rostfläche stellte<br />

diese Bauart eine Herausforderung dar. Ein<br />

junger Heizer nahm mich für die 100 Kilometer<br />

Fahrt von Weiden nach Hof unter seine<br />

Fittiche: dabei viel Steigungsstrecke, zuerst<br />

einmal ohne Halt das kurvenreiche Naabtal<br />

hinauf. „Die Kohln miassen wia Streiselkuchen<br />

drin liegen“, lehrte mich der Mann, der<br />

mit großer Begeisterung und Sachkenntnis<br />

seiner Arbeit nachging. In gleichem zeitlichem<br />

Rhythmus streuten mein Lehrer und


Peter Schricker als Heizer auf der<br />

Museumslok „Luci“ während einer<br />

Sonderfahrt in München 1975. Im<br />

Betriebsdienst stammten seine<br />

Lokomotiven von der Reichsbahn<br />

Bevor es losgeht,<br />

muss Peter<br />

Schricker die<br />

Grundlagen<br />

büffeln. Wichtigste<br />

Unterlage hierbei<br />

ist das Lehrbuch<br />

der <strong>Bundesbahn</strong><br />

zu Dampflokomotiven<br />

ich abwechselnd die beachtlichen Kohlebrocken<br />

über das Feuer. Das gelang mal mehr,<br />

mal weniger gut. Vor dem Scheitelpunkt in<br />

Pechbrunn (Kilometer 44,4) rief ich dem Lokführer<br />

am Vorsignal vorschriftsmäßig die Signalstellung<br />

zu: „Einfahrt langsam“. Man<br />

nahm uns aufs Überholgleis, um den Görlitzer<br />

Schnellzug vorbei zu lassen. Die Zeit bis<br />

zur Weiterfahrt nutzten wir, um schon einmal<br />

mit der Nachschau der Maschine zu beginnen.<br />

„Des is a guader Meister“, raunte mir<br />

der Heizer zu, „der schmiert mit.“<br />

Hinter Pechbrunn fällt die Strecke in die<br />

Talsenke von Marktredwitz. Ein kurzer Halt,<br />

ein paar Wagen wurden beigestellt. Für uns<br />

Heizer war kräftiges Feuern angesagt, um<br />

den Kesseldruck bis zum roten Strich zu steigern;<br />

der Anstieg in die östlichen Ausläufer<br />

des Fichtelgebirges stand bevor. Wieder beschickten<br />

wir in fast minütlichem Abstand<br />

die gleißende Rostfläche. Mit hohlem Donnern<br />

fuhr die 44er über den Thölauer Viadukt,<br />

wir passierten Martinlamitz und setzten zur<br />

Fahrt hinab ins Saaletal an. Das war das Signal,<br />

den „Kreil“, wie der Heizer das Schürgerät<br />

nannte, unter dem Kohlenkasten herauszuholen<br />

und bereits mit dem Entschlacken<br />

des Rosts zu beginnen. Die Gefällestrecke<br />

verlangte nur noch leichtes Nachlegen und<br />

so rollten wir in den gut belegten Rangierbahnhof<br />

von Hof. Nun ging es Schlag auf<br />

Schlag: runter von der Lok, unter der Pufferbohle<br />

des Tenders durchschlupfen, die Spindel<br />

drehen, Zugbügel aushängen, Bremshebel<br />

schließen und die Bremsschläuche trennen.<br />

Danach wieder rauf auf die Lok, das<br />

Gleissperrsignal zeigte bereits Fahrt, und<br />

vorbei am Stationsgebäude rückten wir ins<br />

Bw Hof ein. Wir fuhren zuerst auf die Schla-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 39


Rückblick<br />

| ALS HEIZER IN DER OBERPFALZ UND IM RUHRGEBIET<br />

ckengrube, brachten den Wasserkran in Aktion<br />

und holten den Schürhaken aus dem<br />

Führerhaus, um die zähe, rot glühende Schlacke<br />

zu entfernen und ein Ruhefeuer anzulegen.<br />

Eile war angesagt; wir sollten als Fahrgäste<br />

mit dem Personenzug nach Weiden zurückkehren,<br />

aber da war noch das<br />

Innentriebwerk zu ölen. Eine komplizierte,<br />

nicht gerade mühelose Sache im Laufgraben<br />

unter der Lok. Der Lokfüh rer widmete sich<br />

inzwischen den Außenlagern. Eilig befreite<br />

ich schließlich im Waschraum mein Ge sicht<br />

von Ruß und Kohlenstaub, reinigte die<br />

Hände halbwegs mit Sandpaste und strebte<br />

Als Ruhrgebiet noch Ruhrpott war – Begegnung mit einer<br />

Gelsenkirchner 44 vor einem schweren Kohlenzug<br />

Im Herbst 1974 ist das Bw Duisburg-Wedau<br />

die zuständige Dienststelle für den „nebenberuflichen“<br />

Heizer. Danach verfügt die DB<br />

einen Einstellungsstopp, weitere Einsätze<br />

sind nicht mehr möglich<br />

im Laufschritt zum Bahnsteig, wo der Zug<br />

schon bereit stand.<br />

Nach wenigen Tagen – ich hatte zwischenzeitlich<br />

eifrig die Schaufel geschwungen –<br />

stand Schiebedienst auf der Rampe von Hartmannshof<br />

nach Neukirchen auf dem Programm.<br />

Als Lokzug dampften wir zu nachtschlafener<br />

Zeit von Weiden zu unserem Einsatzort,<br />

wo wir unsere 50 2769 vor dem<br />

kleinen Heizhaus abstellten und uns in einen<br />

schmucklosen Warteraum begaben. Harte<br />

Pritschen boten uns Gelegenheit, noch etwas<br />

zu dösen. Doch alsbald riss uns das Schrillen<br />

des Telefons hoch, eine Schubleistung wurde<br />

angefordert. Also schnell auf die Maschine<br />

und zur Übergabestelle gedampft, kurz darauf<br />

rollten wir auf dem Streckengleis hinunter<br />

nach Hartmannshof, wo sich wenig<br />

später stampfend ein schwerer Güterzug aus<br />

Nürnberg Richtung Schwandorf ankündigte.<br />

Unsere 50 setzte sich an den Zugschluss,<br />

Pfeifsignal und schon ruckte der Wagen vor<br />

40<br />

In Duisburg-Hochfeld herrschte immer Hochbetrieb – nach Einfahrt der 051 773 dampft die<br />

Doppeltraktion mit ihrem Zug zurück nach Wedau<br />

uns an; mit Volldampf schoben wir die<br />

schwere Fuhre aus dem Pegnitztal auf die<br />

Fränkische Alb hinauf. In kurzen Abständen<br />

feuerte ich, um Zufuhr kalter Luft zu sparen,<br />

schloss der Lokführer nach jeder Ladung die<br />

Feuertür. Schaufel für Schaufel bedeckte ich,<br />

das „Streuselkuchenprinzip“ beherzigend,<br />

das Feuer mit neuer Nahrung. Bis zur Ablösung<br />

am Nachmittag hatten wir fünf weitere<br />

Schubdienste zu leisten, die Strecke war damals<br />

auch wegen der nahen Maxhütte in<br />

Sulzbach-Rosenberg noch stark befahren.<br />

50er in Duisburg-Wedau<br />

Ein knappes Jahr später zog es mich als nun<br />

geprüften Lokheizer ins Bw Duisburg-Wedau,<br />

das über einen größeren Bestand an<br />

50ern verfügte. Ganz anders stellte sich der<br />

Dampfbetrieb im Ruhrgebiet dar. Hatte man<br />

in Weiden meistens bei seinen Diensten längere<br />

Strecken zu befahren, so waren es nun<br />

oft nur kurze Distanzen, dafür viele verschiedene<br />

Leistungen pro Schicht. Dabei lernte<br />

ich auch das Prinzip der Zugleitungslok kennen.<br />

Denn als Aushilfe wurde ich meist nicht<br />

zu Plandiensten eingeteilt. Hatten wir eine<br />

Leistung absolviert, erkundigte man sich am<br />

Stellwerk nach der nächsten Aufgabe. Bei<br />

entlegeneren Zielbahnhöfen wurde nachgefragt,<br />

ob der Lokführer die Strecke dorthin<br />

überhaupt kannte, um sie befahren zu können:<br />

„Meister, biste kundig nach Nippes?“,<br />

schallte es einmal vom Stellwerk herunter.<br />

„Nippes? Nee, da kennen wir nur den Puff“,<br />

gab der Lokführer trocken zurück. Wir bekamen<br />

eine andere Fuhre.


Oberpfälzer Personal auf 044 657; vom Heizer (links) stammt der Tipp, die Kohlen in der Feuerbüchse „wie Streusel auf dem Kuchen“ zu verteilen<br />

Der Betrieb im „Revier“<br />

verlangte vom Heizer ein<br />

ganz anderes Agieren<br />

Oft mussten wir wegen der dichten Zugfolge<br />

im Revier vor Halt zeigenden Signalen<br />

warten. Das verlangte vom Heizer ein ganz<br />

anderes Agieren. Von einer Sekunde auf die<br />

andere musste man den Druck im Kessel<br />

durch kräftiges Nachspeisen mit der Strahlpumpe<br />

und andere Tricks drosseln, „Abblasen“<br />

war in den bewohnten Gegenden nicht<br />

gern gehört. Wechselte das Signal auf „Fahrt<br />

frei“, hatte man alle Hände voll zu tun, um<br />

schnell ein ordentliches Feuer in der Büchse<br />

herbeizuzaubern, damit sich die Manometernadel<br />

trotz anfahrender Maschine alsbald<br />

der roten Marke bei 16 atü näherte. Das<br />

schuldete man den oft beachtlichen Zuggewichten<br />

– und nur eben verlaufen die Gleise<br />

an der Ruhr auch nicht.<br />

Beeindruckend war die Vielfalt der Einsätze.<br />

Manchmal verließen wir das Stadtgebiet<br />

Duisburgs kaum, trieben uns nur zwischen<br />

Hochfeld und Wedau herum oder tingelten<br />

die ganze Nacht mit einem Arbeitszug<br />

an einer Baustelle hin und her, dann hieß es<br />

wieder von Ruhrort ab nach Hamm Rangierbahnhof<br />

über Recklinghausen Süd – Lünen<br />

am Nordrand des Ruhrgebiets entlang.<br />

Am liebsten hatte ich wegen der interessanten<br />

Streckenführung die Kalkzüge vom<br />

Angertal zu den Stahlwerken. Ein beson -<br />

deres Erlebnis bedeuteten nächtliche Einsätze:<br />

faszinierend das gewaltige Zi schen<br />

und Rauschen und der vom aufquellenden<br />

Dampf reflektierte Feuerschein in Kokereien,<br />

aus deren Anschlüssen wir lange Ganzzüge<br />

voller Koks holten. Beein dru ckend auch der<br />

Dienst vor den schweren Roheisenzügen, die<br />

zwischen dem Stahl werk Rheinhausen und<br />

Essen über Mülheim-Speldorf und Mülheim-<br />

Heißen verkehrten – da war Schwerstarbeit<br />

angesagt, spitzer Druck absolute Notwendigkeit;<br />

aber ich hatte das „Streuselkuchenprinzip“<br />

nicht vergessen.<br />

Zur Person<br />

Der Autor<br />

Peter Schricker, Jahrgang 1953, hat Geschichte<br />

und Germanistik studiert und<br />

arbeitet im Schulwesen. Die Eisenbahn<br />

fasziniert ihn seit Kinderheitstagen,<br />

seit 50 Jahren hält er sie mit der Kamera<br />

fest, seit 40 Jahren beschäftigt er sich<br />

mit ihrer Geschichte; als Schüler und<br />

Student nahm er auch immer wieder<br />

verschiedene Arbeiten bei der DB an.<br />

Man konnte nur hoffen, dass man eine<br />

gute Maschine erwischte, die ordentlich<br />

Dampf machte. Manche 50er schien schon<br />

arg vernachlässigt. So ein „fahrender<br />

Schrott haufen“ bescherte mir den Tiefpunkt<br />

meines Heizerdaseins: Sonderbar statisch<br />

schien schon während der Fahrt als Lokzug<br />

nach Hochfeld die Wassersäule im linken<br />

Wasserstandsanzeiger. Trotz mehrerer Prüfversuche<br />

änderte sich nichts. Beim nochmaligen<br />

Versuch tat es urplötzlich einen ohrenbetäubenden<br />

Höllenknall, das Wasserstandsglas<br />

zerbarst in Millionen kleinste Splitter –<br />

Gott sei Dank hinter dem dicken Schutzglas.<br />

Doch zu allem Überfluss schloss das Ventil<br />

nicht; im Nu hüllte Dampf den kompletten<br />

Führerstand ein. Gemeinsam mit dem murrenden<br />

Lokführer ertastete ich schließlich<br />

den Absperrhahn und beendete den Spuk.<br />

Die tolle Zeit auf den Maschinen neigte<br />

sich allerdings schnell dem Ende entgegen.<br />

Ein noch 1974 verhängter Einstellungsstopp<br />

bei der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong> machte weitere<br />

Dienste nicht mehr möglich. Immerhin<br />

kann ich mich glücklich schätzen, einen Einblick<br />

in die letzten Jahre des Dampfbetriebs<br />

bekommen zu haben. Samt der unterschiedlichen<br />

Lokomotiven, der – oftmals sympathischen<br />

– Eisenbahner und der Tricks und<br />

Kniffe, die man für den Alltagsbetrieb auf<br />

der Schiene eben so braucht.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 41


Rückblick<br />

| JOACHIM SEYFERTH BEI DER DB<br />

Die Abzweigstelle Wiesbaden Waldstraße liegt an der Aartalbahn und hat den Reiz, dass<br />

der Fahrdienstleiter dort auch Bahnhofsaufsicht ist. Im Juli 1981 erteilt Joachim Seyferth<br />

einem Gespann aus 515/815 den Abfahrauftrag Richtung Wiesbaden<br />

Abb. des Beitrags, wenn nicht anders angegeben: Joachim Seyferth bzw. Slg. Joachim Seyferth<br />

Dienst<br />

bei der<br />

Fast 15 Jahre<br />

<strong>Bundesbahn</strong>er<br />

Eisenbahnfan war er schon seit den Kindertagen, von 1973 bis 1987 arbeitete<br />

Joachim Seyferth auch dort. Als er 1973 die Ausbildung zum nichttechnischen<br />

<strong>Bundesbahn</strong>assistenten begann, fuhren noch Dampfloks. Als er 1987 freiwillig<br />

ausschied, sauste der ICE-Prototyp durch die Lande. Eine Betrachtung<br />

42


Gemütlich geht es im Abzweig Wiesbaden Waldstraße zu. An Heiligabend 1982 nimmt<br />

Joachim Seyferth noch von seinem Fahrdienstleiterposten aus einen 515 auf; im September<br />

1983 legt die DB die Aartalbahn Wiesbaden – Bad Schwalbach still<br />

Die zweijährige Ausbildung führt den<br />

jungen <strong>Bundesbahn</strong>er zu recht verschiedenen<br />

Dienststellen. Eine davon ist die<br />

Güterabfertigung (Ga) Wiesbaden Hbf<br />

Wenn man als Kind auf dem Bahnsteig<br />

ängstlich-fasziniert neben<br />

einer zischenden Dampflok stand,<br />

wenn der tägliche Schulweg auf dem Bürgersteig<br />

ein imaginäres Gleis war, das man<br />

als „Lok“ befuhr, und wenn man mit dem<br />

Kassetten-Rekorder nicht die Hitparade aufnahm,<br />

sondern Bahnhofsdurchsagen – dann,<br />

ja dann gab es eigentlich nur eine Berufung:<br />

Eisenbahner! Was sollte aus dem Bub denn<br />

sonst werden?<br />

Da traf es sich gut, dass 1973 die <strong>Bundesbahn</strong><br />

händeringend Personal suchte. Ich<br />

musste aus familiären Gründen das Gymnasium<br />

verlassen, und mein Weg führte mich<br />

geradewegs zum Personalbüro des Wies -<br />

badener Hauptbahnhofes. Ein wenig kannte<br />

ich es schon; dort hatte mir ein freundlicher<br />

Eisenbahner immer alte Eisenbahnplakate<br />

geschenkt. Es brauchte den üblichen Schriftwechsel<br />

mit der zuständigen <strong>Bundesbahn</strong>direktion<br />

(hier Frankfurt (Main)), noch einige<br />

Besuche beim Personalbüro und wenig<br />

später war ich als „Nichttechnischer <strong>Bundesbahn</strong>assistentenanwärter“<br />

angenommen.<br />

Ausbildungsbeginn in Wiesbaden<br />

Die zweijährige Ausbildung begann offiziell<br />

am 1. September 1973. Wenige Tage darauf<br />

stand eine „Allgemeine Einführung“ bei der<br />

Fahrkartenausgabe Wiesbaden Hbf und dessen<br />

damaligem Dienststellenleiter auf dem<br />

Programm – mit Belehrungen, Vereidigung<br />

und „Schnuppergängen“ durch die Bereiche<br />

des Verkehrsdienstes im Bahnhof. Ich bekam<br />

es mit der Fahrkartenausgabe zu tun, der<br />

Auskunft, der Express- und Gepäckgutab -<br />

fertigung sowie der Güterabfertigung. Na ja,<br />

Lokomotiven gab es hier leider nicht, dafür<br />

viel Pa pier und Vorschriften, Kontakt mit<br />

Kunden und immerhin das bereits vertraute<br />

Kursbuch!<br />

Die nächsten 14 Tage durfte ich an einem<br />

kleinen Tisch mitten im Zimmer des Dienststellenvorstehers<br />

von Wiesbaden-Schier -<br />

stein verbringen, „versorgt“ mit allerlei Vorschriften.<br />

Ich beäugte aber mehr das kleine<br />

Modell des Adler-Zuges auf einem Wandbrettchen<br />

sowie die draußen vorbeipolternden<br />

Güterzüge. Und ich bekam alle Tele fo -<br />

nate des „Chefs“ mit, bei denen allerdings<br />

um Vertraulichkeit gebeten wurde – nicht<br />

immer waren die Gespräche der Eisen bah -<br />

ner dienstlicher Natur …<br />

Danach ging es wieder in die Schule – und<br />

zu Dampfloks! Ja, richtig, mich erwartete ein<br />

zweiwöchiger „Einführungslehrgang Güterund<br />

Tierverkehr“ in der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

Bad Schwalbach. Und im Güterverkehr wur -<br />

de Bad Schwalbach im Herbst 1973 noch mit<br />

Dampfloks der Baureihe 50 angefahren! Bei<br />

der täglichen Anreise sah man die qualmenden<br />

Dinger im Zwischenbahnhof Hahn-<br />

Wehen rangieren oder herumstehen; und am<br />

Nachmittag blieb sogar noch Zeit für Fotos<br />

und Tonaufnahmen.<br />

Zurück in Wiesbaden, war ich zunächst<br />

für drei Wochen „Praktikant“ in der Güter-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 43


Rückblick<br />

| JOACHIM SEYFERTH BEI DER DB<br />

Im Juni 1983 fährt Akkutriebwagen 517 008, eine „Zigarre“<br />

aus dem Bahnbetriebswerk Limburg, aus dem Kreuzungsbahnhof<br />

Wiesbaden-Dotzheim aus. Zu diesem Arbeitsplatz<br />

kann Joachim Seyferth von seiner Wohnung<br />

bequem zu Fuß gehen<br />

abfertigung am Hauptbahnhof. Danach ging<br />

es erneut in die Schule, diesmal in die <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

Lauterbach! Am Rande des<br />

Vogelsberges bekamen wir – etwa zehn<br />

Eisenbahner und zehn Eisenbahnerinnen<br />

aus den Bezirken rund um Wiesbaden und<br />

Mainz – den „Einführungslehrgang Per -<br />

sonen-, Gepäck- und Expreßgutverkehr“. In<br />

14 Tagen lernten wir, wie Fahrkarten aus -<br />

gestellt, Koffer abgefertigt und schnelle<br />

Kleingüter verschickt werden. Damals domi -<br />

nierten noch die „Edmonsonsche“ Pappfahr -<br />

kar te sowie Blankofahrkarten im Durch -<br />

schreibe verfahren, die Anzahl der Fahr -<br />

kartenmuster war riesig. Natürlich gab es<br />

Lehr-Fahrkartendrucker und Original-Vordrucke<br />

aller Art und wiederum viel Theorie,<br />

„Tun und denken“ hießen die Arbeitsbogen,<br />

und das war sehr ehrlich: Erst einmal Mitglied<br />

in diesem „Laden“, bekam man sehr<br />

schnell mit, dass manche Eisenbahner leider<br />

genau diese Reihenfolge einhielten …<br />

Erste Praxis-Erkenntnisse<br />

Im November und Dezember 1973 folgte<br />

dann die Praxis in der Fahrkartenausgabe<br />

sowie Gepäck- und Expressgutabfertigung<br />

Wiesbaden Hbf. Natürlich noch nicht selbstständig,<br />

wir schauten den „fertigen“ Eisen-<br />

44<br />

Blick vom Arbeitsplatz aus: Im Dezember 1980 muss ein Taxi in Wiesbaden-Dotzheim die<br />

Zugfahrt abwarten<br />

bahnern über die Schulter und stellten unter<br />

Anleitung „richtigen“ Kunden am unter den<br />

Kollegen so genannten „Kinderschalter“<br />

(also an einem Schalter ohne komplizierte<br />

Sonder- und Auslandsverkehre) die Fahr -<br />

karten aus. Noch mussten wir „Frischlinge“<br />

keine ganzen Dienstschichten absolvieren<br />

und genossen gewisse Freiheiten beim<br />

stundenlangen Abhängen in der Kantine –<br />

der liberale Geist der 70er-Jahre wehte sogar<br />

schon durch die Institutionen der <strong>Bundesbahn</strong>!<br />

Und es war die Zeit, als prominente<br />

Persönlichkeiten ihre Fahrkarten noch sel -<br />

ber kauften. Eines Tages sah ich draußen vor<br />

dem Schalter Wim Thoelke stehen, den populären<br />

Showmaster aus dem Fernsehquiz<br />

„Der große Preis“. Immerhin hielten in Wiesbaden<br />

jede Menge Fernzüge, und für einen


Im September 1981 prüft Streckengeher Klein am Abzweig Waldstraße das Gleis auf seinen<br />

ordnungsgemäßen Zustand. Die ländliche Umgebung und der „naturnahe“ Bahnsteig tragen<br />

viel zum Nebenbahnflair des Abzweigs bei<br />

solchen war seine Fahrkarte wohl auch gedacht.<br />

Anfang 1974 standen Fachlehrgänge zum<br />

Verkehrs- und Finanzdienst sowie zu Verkauf<br />

und Kundendienst in der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

Mainz an, anschließend folgte für rund ein<br />

Jahr der erste selbstständige Dienst in einer<br />

kleinen Fahrkartenausgabe (Fka) sowie<br />

einer Güterabfertigung (Ga). Zunächst verschlug<br />

es mich in die Fka Mainz-Gustavs -<br />

burg, die sich zusammen mit dem Fahrdienstleiter<br />

quasi auf dem Hausbahnsteig befand<br />

und wo vorbeirauschende Züge die mit<br />

Tourismusaufklebern verzierten Fenster erzittern<br />

ließen.<br />

Es gab Früh- und Spätdienst, was mir die<br />

„Freiheit“ erlaubte, bei so mancher Spätschicht<br />

dennoch um 3:00 Uhr in der Frühe<br />

aufzustehen, um mit dem Nachtschnellzug<br />

gen Andernach zu fahren und dort drei Morgenstunden<br />

lang die letzten Einsätze der<br />

Mayener Dampfloks zu erleben. Um 9:00<br />

Uhr ging es dann bereits von Thür oder Kottenheim<br />

zurück zum anstehenden Spätdienst,<br />

wo ich – nicht ohne Bangen um meine<br />

Anschlüsse – gegen Mittag eintraf.<br />

Dort arbeitete man mit Nostalgie. Wenn<br />

die Fahrkarten nicht mit der Hand geschrieben<br />

werden mussten, besorgte dies ein<br />

uralter kleiner Fahrkartendrucker, an dessen<br />

Schlitten ein altehrwürdiges Fabrikschild<br />

prangte. Mit einem Druckknopf wurde der<br />

Schlitten an die Markierung des gewünschten<br />

Zieles oder der Tarifentfernung geschoben,<br />

die entsprechend gefärbte „Edmonsonsche“<br />

in einen Schlitz gesteckt und mit einem<br />

Handhebel – ratsch! – die Fahrkarte be -<br />

druckt. „Wünschen Sie eine Reisegepäckversicherung?“<br />

nahm das Verkaufsgespräch seinen<br />

weiteren Verlauf, und manchmal waren<br />

auch noch meine Kenntnisse im Kursbuch<br />

gefragt.<br />

Anders ging es in der Ga Wiesbaden-Biebrich<br />

zu. Dort lernte ich, wie man drei Güterwagen<br />

Tdgs bestellt und zwölf Säcke Wäscheklammern<br />

als Stückgut verschickt.<br />

Gleichzeitig musste ich mich an den rauen<br />

Umgangston der Kollegen gewöhnen, altgediente<br />

Eisenbahner, die kurz vor der Pensionierung<br />

standen und Frachtbriefe stempel -<br />

ten. Man war mit den täglichen Frachtkun -<br />

den auf Du und Du und schäkerte mit der<br />

feschen Edith an der Buchungsmaschine.<br />

Eine pittoreske Behördenromantik tat sich<br />

auf.<br />

Die Sache mit den Behörden<br />

In dieser Behörde wurden aber auch Fehler<br />

begangen, das bekamen wir Lehrlinge be -<br />

reits mit. Die lockere, wirtschaftlich gut situierte<br />

Zeit der frühen 70er-Jahre hatte bei<br />

einigen DB-Mitarbeitern offenbar eine Art<br />

trügerischen Übermut ausgelöst. Geblendet<br />

von vollen Auftragsbüchern und Kunden-<br />

Die Arbeit bei der <strong>Bundesbahn</strong> gewährt<br />

dem jungen Auszubildenden auch jährlich<br />

16 Freifahrten – die er gern für Ausflüge<br />

zu Eisenbahnzielen im DB-Netz nutzt<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 45


Rückblick<br />

| JOACHIM SEYFERTH BEI DER DB<br />

Auch das gehört zu den Aufgaben im Abzweig<br />

Waldstraße: In Zeiten der Betriebsruhe werden<br />

die Weichen geschmiert<br />

schlangen an den Schaltern, kam es zu hausgemachten<br />

Fehlern. In einer satten und etwas<br />

feisten Melange aus Behördenapparat, Beamtentum<br />

und Zuteilermentalität wurden<br />

Reisende und Verlader mehr oder weniger<br />

absichtlich vergrault. Ich lernte den Unterschied<br />

zwischen Eisenbahnern und <strong>Bundesbahn</strong>ern<br />

kennen. Da gab es Letztere, die den<br />

Kunden im wahrsten Sinne des Wortes<br />

„abfertigten“ und als lästigen Bittsteller ansahen.<br />

Da wurden unsichere Omas angeschnauzt,<br />

Schalterfenster zugeknallt oder<br />

anspruchsvollen 1.-Klasse-Reisenden mit<br />

„Sonderwünschen“ schon mal nahe gelegt,<br />

Nicht immer entsprach<br />

die Praxis dem, was die<br />

Schule vermittelt hatte<br />

mit dem Auto zu fahren. Es gab wirklich<br />

Beamte, denen ihre Ruhe heiliger war als<br />

zufriedene Kunden, und es gab Rangierer,<br />

die schlichtweg aus Faulheit georderte Leerwagen<br />

absichtlich nicht oder nur verspätet<br />

in den Industrieanschluss schoben. Natürlich<br />

war solches Verhalten in der Minderheit,<br />

aber es trug wesentlich zum negativen Image<br />

der Bahn bei und verschreckte uns „Neue“.<br />

Hatten wir doch in der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

für den Umgang mit dem Kunden gelernt:<br />

„zuhören – ausreden lassen – entschuldigen!“<br />

Mit dem von erfahrenen Kollegen noch<br />

angeleiteten, aber schon selbstständigen<br />

46<br />

Vor dem Dienstbeginn in Wiesbaden-Dotzheim ist<br />

im Dezember 1981 noch Zeit für eine stimmungsvolle<br />

Aufnahme. Hier stellt man nicht nur Weichen<br />

und Signale für die Züge der Aartalbahn, sondern<br />

bedient auch die Schranken der Hauptstraße<br />

Dienst in der zweiten Hälfte der Ausbildungszeit<br />

war ich nahezu vollständig in die Eisenbahnerfamilie<br />

integriert. Ich durfte mich<br />

nicht nur über das erste selbst verdiente Geld<br />

freuen (die Ausbildungsvergütung lag monatlich<br />

bei etwa 600 DM), sondern auch über<br />

viele andere schöne Seiten der <strong>Bundesbahn</strong>,<br />

bis hin zu den Personal- und Freifahrkarten.<br />

Erstere waren gegenüber dem Normalpreis<br />

um etwa 75 Prozent reduziert, dazu gab es<br />

jährlich 16 Freifahrkarten für einfache Fahrt<br />

für beliebig weite Fahrten im Bundesgebiet.<br />

Bei vielen Eisenbahnern blieben diese Freifahr-Abschnitte<br />

fast leer, weil diese nach<br />

Dienstschluss keine Eisenbahn mehr sehen<br />

konnten. Nicht so bei mir; ich fuhr damit<br />

kreuz und quer durchs Land, meist zu den<br />

Zentren des letzten Dampfbetriebs. Aber<br />

auch die anderen Traktionen bei der DB<br />

waren einen Hingucker wert: schmucke rotbeige<br />

1.-Klasse-Intercitys mit der 103, Altbau-Elloks,<br />

pop-farbene Schnellzugwagen,<br />

der Schnelltriebwagen 403, die ersten 628er<br />

und die Neubauloks der Baureihen 111, 151<br />

und 181. Es gab einfach alles, die ganze Eisenbahn<br />

schien zu dieser Zeit verdichtet und<br />

trat gemeinsam auf der großen Bühne der<br />

Schiene auf!<br />

Im Frühsommer 1975 begann für mich die<br />

betriebliche Ausbildung in der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

Mainz. Nun sollte ich lernen, wie man<br />

Zugfahrten durchführt und schriftliche Befehle<br />

erteilt. Unser „Klassenlehrer“ war der<br />

spätere Vorsitzende der Verkehrsgewerkschaft<br />

GDBA, Robert Dera, der uns am Lehrstellwerk<br />

mit den Bahnhöfen „Adorf“ und<br />

„B-heim“ einwies. Mit richtigem Gleisbildstellpult<br />

sowie mechanischen Hebel- und<br />

Blockeinrichtungen machten wir die ersten<br />

„Versuchsfahrten“. Nicht immer mit Erfolg:<br />

„Mein lieber Herr Fischer, das war nichts!<br />

Wenn das die richtige Eisenbahn gewesen<br />

wäre, könnten Sie jetzt die Feuerwehr und<br />

den Leichenwagen holen!“<br />

Arbeit im Verkehrsdienst<br />

Nach bestandener Abschlussprüfung wurde<br />

ich am 1. September 1975 zum <strong>Bundesbahn</strong>assistenten<br />

zur Anstellung ernannt, unsere<br />

Ausbildungsgruppe verschlug es zu ihren<br />

Heimatbahnhöfen in den Verkehrs- oder Betriebsdienst.<br />

Grob gesagt, fand beim Ver-


Eisenbahner und<br />

Eisenbahnerinnen<br />

werden 1975 gemeinsam<br />

an der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

in Mainz<br />

ausgebildet. Danach<br />

kommen sie teils in<br />

den Betriebs-, teils<br />

in den Verkehrsdienst<br />

Zugfahrten von<br />

„Adorf“ nach „Bstadt“<br />

stehen auf dem<br />

Lehrplan, als Joachim<br />

Seyferth im Frühsommer<br />

1975 die betriebliche<br />

Ausbildung an<br />

der <strong>Bundesbahn</strong>schule<br />

Mainz absolviert<br />

Slg. Joachim Seyferth<br />

Im Mai 1977 hat<br />

sich ein Turmtriebwagen<br />

701 im<br />

Bahnhof Wiesbaden-<br />

Schierstein eingefunden.<br />

Regelmäßig<br />

wird die<br />

Fahrleitung der<br />

elektrifizierten<br />

Strecke geprüft<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 47


Rückblick<br />

| JOACHIM SEYFERTH BEI DER DB<br />

kehrsdienst alles vor und nach der Zugfahrt<br />

statt, beispielsweise der Fahrkartenverkauf<br />

und die Abfertigung der Güter. Beim Betriebsdienst<br />

ging es rund um die Vorberei -<br />

tung und Abwicklung der Zugfahrt, beispielsweise<br />

um den Dienst als Zugführer<br />

oder Fahrdienstleiter. Ich kam zur Fahrkartenausgabe<br />

und Expressgutabfertigung<br />

Wiesbaden-Schierstein, prinzipiell meinem<br />

Lieblingsbahnhof im Wiesbadener Umkreis,<br />

da er an der dicht befahrenen rechten Rheinstrecke<br />

liegt und dennoch Kleinstadtatmosphäre<br />

ausstrahlte.<br />

Mittlerweile war der Bahnhof zu einer Außenstelle<br />

degradiert worden, aber neben<br />

dem Fahrdienstleiter in seinem Glaskasten<br />

waren werktags in der Fahrkartenausgabe<br />

drei bzw. vier Mitarbeiter beschäftigt: der<br />

Schalterbeamte im Früh- und Spätdienst, der<br />

Kassenverwalter (der gleichzeitig den Wagenladungsverkehr<br />

der Industrieanschlüsse<br />

betreute) und der Gepäckarbeiter. Das<br />

machte durchaus Sinn, denn am Schalter<br />

standen zeitweise kleine Schlangen und auf<br />

die Waage der Expressgutabfertigung muss -<br />

te man manchmal Tonnen von eiliger Fracht<br />

wuchten. Hier – und zeitweise in der benachbarten<br />

Fahrkartenausgabe Wiesbaden-Biebrich<br />

– war ich bis etwa 1979 beschäftigt. Ich<br />

arbeitete im Verkehrsdienst, verkaufte Fahrkarten,<br />

bestellte Platzkarten, berechnete Ex-<br />

Im Bahnhof Niederwalluf hat der Fahrdienstleiter<br />

gut zu tun. Der Hochbetrieb<br />

der rechten Rheinstrecke will „versorgt“<br />

sein, außerdem gibt es täglich eine<br />

Übergabe zum ortsansässigen Schrotthändler.<br />

Joachim Seyferth bei einer<br />

Schicht im Jahr 1985 Reinhard Hanstein<br />

Zugbetrieb in dichter Folge: Blick in<br />

die Bahnhofsfahrordnung von<br />

Niederwalluf, 1977<br />

pressgutfrachten, gab Reisezugauskünfte<br />

und erledigte die damit zusammenhängende,<br />

nicht unwesentliche Administration hinter<br />

den Kulissen. Und wo war ich, wenn mal ausnahmsweise<br />

wenig zu tun war? Beim Fahrdienstleiter!<br />

Da wollte ich hin – Züge lenken,<br />

Züge sehen!<br />

Wechsel in den Betriebsdienst<br />

Nach der beruflichen Unterbrechung durch<br />

den Zivildienst hat’s dann auch geklappt:<br />

Meine alte Heimatdienststelle hieß Güter -<br />

48<br />

abfertigung Wiesbaden Hbf, die neue hieß<br />

Bahnhof Wiesbaden Ost und ich war endlich<br />

im Betriebsdienst! In den nächsten Jahren<br />

bestand ich nacheinander die örtlichen<br />

Prüfungen zum Fahrdienstleiter in den Stationen<br />

Waldstraße und Wiesbaden-Dotzheim<br />

(Aartalbahn) sowie Wiesbaden-Schierstein,<br />

Niederwalluf und Eltville (rechte Rheinstrecke).<br />

Hinzu kam die Tätigkeit als Fahrdienstleiter-Helfer<br />

(Zugmelder) im Stellwerk Wiesbaden<br />

Ost (Wof), die ich noch bedarfsweise<br />

übernahm.<br />

Tja, da war ich also auch wieder in Wiesbaden-Schierstein<br />

– diesmal vorne als Fahrdienstleiter!<br />

Mein alter Arbeitsplatz Fahr -<br />

kartenausgabe war auf einen Mann geschrumpft,<br />

der nun Mädchen für alles war.<br />

Und nun stellte ich den Zügen die Signale,<br />

die ich zuvor schon tausendfach im Dienst<br />

oder draußen an der Strecke erlebt hatte. Der<br />

Posten 58 bei Niederwalluf war noch besetzt<br />

und meldete sich bei jeder Zugmeldung. Bei<br />

Lademaßüberschreitungen mussten Befehle<br />

erteilt und teilweise das Gegengleis gesperrt<br />

werden, die Verkehrstage von Programmund<br />

Sonderzügen waren kein Geheimnis<br />

mehr, haltende Personenzüge auf Gleis 2<br />

durften keine Kreuzung mit durchfahrenden<br />

Gegenzügen bekommen, die Köf aus dem<br />

Anschluss musste rangiert werden und Störungen<br />

mussten mit oberster Sicherheit und<br />

streng nach Vorschrift bewältigt werden. In<br />

den langen Nachtschichten wurde die rechte<br />

Rheinstrecke zur Güter-Rollbahn; Schnellgüterzüge,<br />

lange Durchgangsgüterzüge und<br />

Ganzzüge belegten oft im Blockabstand die<br />

Stelltischausleuchtung. Wenn ich keinen


Im Mai 1977 ist<br />

Köf 323 881 die Bahn -<br />

hofslok in Wiesbaden-<br />

Schierstein. Joachim<br />

Seyferth arbeitet zu<br />

der Zeit abwechselnd<br />

in der Fahrkartenausgabe<br />

und der<br />

Expressgutabfertigung<br />

des Bahnhofs<br />

Schlachten,<br />

Technik,<br />

Feldherren<br />

Dienst hatte, ging ich manchmal mit dem<br />

Fotoapparat (und Stativ) an die Strecke.<br />

Jeder Bahnhof und jedes Stellwerk hatte<br />

einen ganz eigenen Charakter. Die Abzweigstelle<br />

Waldstraße an der Aartalbahn und der<br />

Strecke zum Güterbahnhof Wiesbaden West<br />

war am „gemütlichsten“. Es gab relativ we -<br />

nig Züge, das Umfeld entsprach einer Neben -<br />

bahn und ich arbeitete als Fahrdienstleiter<br />

und Aufsichtsbeamter in einem. Als solcher<br />

fertigte ich auch Schienenbusse und „Limburger<br />

Zigarren“ (Baureihe 517) ab. Zum<br />

Dienst im Kreuzungsbahnhof Wiesbaden-<br />

Dotzheim (ebenfalls Aartalbahn) konnte ich<br />

sogar zu Fuß gehen, hier kam die Bedienung<br />

der Schrankenanlage an der Hauptstraße<br />

hinzu. Der Bahnhof Niederwalluf lag ruhig<br />

mitten im Ort, es gab neben dem zusätz -<br />

lichen Überholgleis noch Rangierfahrten mit<br />

der täglichen Übergabe für einen ansässigen<br />

Schrotthändler und dazu natürlich den<br />

Hochbetrieb der rechten Rheinstrecke. Die<br />

kleine Fahrkartenausgabe bediente der Fahrdienstleiter<br />

von seinem Dienstraum aus<br />

gleich mit. Eltville hingegen war ein typi -<br />

scher Kleinstadtbahnhof, sogar noch mit<br />

Güterabfertigung. Richtung Niederwalluf<br />

war ein Schrankenposten besetzt, Richtung<br />

Erbach waren es sogar deren drei – jeder Posten<br />

musste sich bei jeder einzelnen Zugmeldung<br />

melden, sonst durfte kein Zug auf die<br />

Strecke (oder nur mit Befehl). Und obwohl<br />

Zur Person<br />

Der Autor<br />

Joachim Seyferth, geboren 1956, hat<br />

sich als Autor und Fotograf im Eisenbahnbereich<br />

einen Namen gemacht.<br />

Unter anderem begleitete er mit<br />

der Zeitschrift „Schiene“ über Jahre<br />

das Bahngeschehen, in Bildbänden<br />

fing er den Betriebsalltag und die<br />

Bahn-Atmosphäre ein.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014<br />

hier prinzipiell die selben Züge wie in Niederwalluf<br />

oder Wiesbaden-Schierstein fuhren,<br />

gab es in Eltville durch häufigere Überholungen<br />

und mehr Rangieren doch mehr<br />

Arbeit.<br />

Dienständerungen, Dienstende<br />

Wie viele jüngere Kollegen im Betriebsdienst<br />

hatte ich noch keinen festen Posten<br />

auf einem bestimmten Stellwerk, sondern<br />

wurde als „Springer“ auf allen sechs Stellwerken<br />

eingesetzt. Drei Nächte in Wies -<br />

baden-Schierstein, zwei Tage Ruhe, zwei<br />

Spätschichten in Wiesbaden-Dotzheim,<br />

drei Mal Frühdienst in Waldstraße – Langeweile<br />

oder Routine hatten keine Chance.<br />

Nachdem die DB im September 1983 die<br />

Aartalbahn stillgelegt hatte, verblieb als<br />

Arbeitsplatz „nur“ noch die rechte Rheinstrecke.<br />

Die war nach wie vor nach meinem<br />

Geschmack: Güterzug-Rollbahn, Nachtdienste,<br />

Schrankenposten und Fahren im<br />

Blockabstand!<br />

Aber auch hier schlug langsam das Rationalisierungs-Gespenst<br />

zu: Umwandlung<br />

von Schrankenposten in fernbediente Anlagen,<br />

Bau des Zentralstellwerks in Wiesbaden<br />

Hbf, Wegfall der Fahrdienstleiter-Kollegen<br />

in Wiesbaden-Biebrich und Wiesbaden<br />

Ost. Hatte das noch etwas mit richtiger<br />

Eisen bahn zu tun?<br />

Auch deshalb stand ich Mitte 1987 vor<br />

einer Entscheidung: weiterhin Bundesbah -<br />

ner oder die völlige Umorientierung, als<br />

Publizist mit eigenem Eisenbahn-Fachverlag?<br />

Berufliche Sicherheit oder kreative<br />

Freiheit? Pension oder Abenteuer? Mehr<br />

mit einem weinendem als mit einem lachenden<br />

Auge entschloss ich mich zu Letzterem;<br />

meine letzte Dienstschicht war Ende April<br />

1987 eine Nacht im alten Befehlsstellwerk<br />

von Wiesbaden Ost. Nach rund 15 Jahren<br />

sagte ich der Arbeit bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Lebewohl. Ein Leben lang allerdings heißt<br />

es: Berufung Eisenbahner!<br />

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Strecken, Züge, Betrieb<br />

| DER LETZTE GMP<br />

Abschied<br />

von der bunten Mischung<br />

Kurz vor seiner Einstellung fuhr der<br />

mustergültige GmP Krumbach – Günzburg<br />

am 24. Mai 1985 durch die blühenden Wiesen<br />

bei Neuburg an der Kammel. Direkt hinter<br />

der Zuglok läuft der Güterzugbegleitwagen<br />

Dr. Dietmar Beckmann<br />

Zum Sommerfahrplan<br />

1985 beendete die<br />

Bundes bahn den Einsatz<br />

von Güterzügen mit<br />

Personenbeförderung.<br />

Bis zum Schluss gab<br />

es diese Betriebsform<br />

noch zwischen Krumbach<br />

und Günzburg<br />

Auf zahlreichen Haupt- und Nebenbahnen<br />

konnte man zu Beginn der <strong>1970</strong>er-<br />

Jahre eine reizvolle Kombination erleben:<br />

Züge, die Fahrgäste und Güter gemeinsam<br />

beförderten. Für die DB hatte das<br />

den Vorteil, Kapazitäten bei Traktion und Personal<br />

zu bündeln.<br />

Mischformen bei der DB<br />

So erhielten insbesondere in den Tagesrandzeiten<br />

langsame Reisezüge zusätzliche Anhängelast<br />

in Form von einem oder gelegentlich<br />

auch mehreren gedeckten Güterwagen.<br />

Die Wagen der Gattung G beförderten entweder<br />

Expressgut oder gehörten zum „Eilgutnetz“<br />

des Güterverkehrs, das vollkom -<br />

men getrennt vom „Frachtgutnetz“ mit eigenen<br />

Zügen und sogar eigenen Zuggattungen<br />

(Ne statt Ng und De statt Dg) befördert wurden.<br />

Diese Eilwagen für besonders zeitkritische<br />

Güter mussten für mindestens 80 km/h,<br />

auf einigen Verbindungen sogar für 100 km/h<br />

(Gs-Wagen) zugelassen sein. Von den Eisenbahnern<br />

als „Kurswagen“ bezeichnet, liefen<br />

sie abschnittsweise in Reisezügen mit, wobei<br />

sie nicht unbedingt am Zugschluss einge -<br />

reiht sein mussten, wenn sie mit einer Heizleitung<br />

ausgestattet waren; dafür gab es die<br />

Im Winter 1984/85 verkehrt letztmals der<br />

GmP Krumbach – Günzburg. Weil er in<br />

der Kursbuchtabelle der Strecke 986<br />

Mindelheim – Günzburg nicht zu erkennen<br />

ist, hat ihn der Autor hier für seine<br />

Fototour handschriftlich markiert;<br />

daneben die eingesetzten Fahrzeuge<br />

anderer Zugleistungen<br />

Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

50


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Ein hinter 044 669 eingereihter Schnellzugwagen macht am 29. Mai 1976 den Durchgangs -<br />

güterzug 53844 von Herzberg nach Hamm bis Altenbeken zum GmP. Dies war der letzte<br />

Betriebstag der Dampfloks des Bw Ottbergen Dr. Dietmar Beckmann<br />

Gattungen „Ge“ mit elektrischer Heizung<br />

und „Gh“ mit Dampfheizung.<br />

Personenzüge, die Güter mitnahmen, waren<br />

dabei die eine Variante – PmG. Die andere<br />

bestand aus Güterzügen mit Personenbeförderung,<br />

kurz GmP – wobei diese Bezeich -<br />

nung nicht benutzt wurde, selbst wenn die<br />

Züge im Kursbuch mit einer Güterzugnummer<br />

abgedruckt waren. Überhaupt kannten<br />

weder die öffentlichen noch die DB-internen<br />

Fahrpläne die Zuggattung GmP. Die gemischten<br />

Züge erhielten in Abhängigkeit von ihrer<br />

internen Zuordnung eine Nummer des Personen-<br />

oder des Güterverkehrs und damit<br />

auch die entsprechende Gattung. Eine Kennzeichnung<br />

dieser Züge wie beispielsweise<br />

in der Schweiz gab es in Deutschland nicht.<br />

Das Beispiel Günzburg<br />

Ein „richtiger“ GmP mit Personenwagen und<br />

einer bunten Mischung verschiedenartiger<br />

Frachtgutwagen war zu Beginn der <strong>1970</strong>er-<br />

Jahre auf den Gleisen der DB auch kaum<br />

noch anzutreffen. Umso erstaunlicher ist,<br />

dass bis zum Mai 1985 an jedem Wochentag<br />

ein mustergültiger GmP zwischen Krum -<br />

bach und Günzburg verkehrte. Eigentlich<br />

ging es nur darum, die Umbauwagen des mittäglichen<br />

Schülerzuges von Günzburg nach<br />

Krumbach für den abendlichen Arbeiterzug<br />

zurück zu bringen. Anstatt sie leer im Güterzug<br />

mitzunehmen, waren sie aber für den<br />

öffentlichen Verkehr freigegeben.<br />

Im Kursbuch war dieser letzte GmP der<br />

<strong>Bundesbahn</strong> nicht besonders gekennzeichnet.<br />

Mit seiner Reisezugnummer war er von<br />

den anderen Zügen dieser Strecke allenfalls<br />

durch seine geringfügig längere Fahrzeit zu<br />

unterscheiden. In der Realität konnte die zuletzt<br />

von einer 212 bespannte Garnitur durchaus<br />

eine stattliche Länge erreichen. So un-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014<br />

Sonderfall<br />

Der „Fan-GmP“<br />

Mitte der <strong>1970</strong>er-Jahre erlaubte die<br />

ungewöhnliche Flexibilität der <strong>Bundesbahn</strong><br />

und ihr großes Verständnis für die<br />

Eisenbahnfreunde eine ganz besondere<br />

Form des GmP. Als die Dampflokzeit<br />

dem Ende entgegen ging, hatte sich die<br />

DB mehrfach dazu bereit erklärt, einen<br />

Reisezugwagen der Bauart Bm direkt<br />

hinter der Dampflok in schwere Güterzüge<br />

einzureihen.<br />

Die Premiere fand am 27. Januar 1973<br />

statt. Akteurin war die ölgefeuerte<br />

Lokomotive 043 121 des Bw Kassel mit<br />

dem 1.122 Tonnen schweren Dg 6719<br />

(84 Achsen) von Hamm nach Kassel.<br />

Mehr als eine Stunde dauerte die Bergfahrt,<br />

bei der die Lok auf 13 Promille<br />

Steigung von Paderborn hinauf ins<br />

Eggegebirge unter stetigem Volldampf<br />

arbeitete – ein einmaliges Erlebnis für<br />

die Mitreisenden. Ähnliche Aktionen<br />

gab es in der Folge zwischen Altenbeken<br />

und Herzberg zum Abschied der<br />

Ottbergener 44er.<br />

Die Tour am 29. Mai 1976, dem letzten<br />

Betriebstag des Bw Ottbergen, dürfte<br />

der letzte dampfgeführte GmP der<br />

Deut schen <strong>Bundesbahn</strong> gewesen sein –<br />

auch wenn er nicht im Kursbuch stand.<br />

auffällig, wie die DB diese Betriebsform seit<br />

Jahren praktizierte, so wenig Beachtung<br />

fand es dann auch, als die bunte Mischung<br />

von den Gleisen verschwand. Nicht ganz<br />

so bunt sah es aus, wenn Güterwagen in<br />

regu lären Personenzügen mitfuhren. Dies<br />

behielt die <strong>Bundesbahn</strong> allerdings weiter -<br />

hin bei. Und zwar noch über die 1980er-<br />

Jahre hinaus. Dr. Dietmar Beckmann<br />

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Momentaufnahmen<br />

| DB-ALLTAG DER <strong>1970</strong>ER UND 1980ER<br />

Von Klassikern und<br />

Wie war sie, die <strong>Bundesbahn</strong> der Jahre <strong>1970</strong> bis <strong>1989</strong>? Das lässt sich nicht so ohne weiteres<br />

beantworten. Zu groß ist die Bandbreite an Fahrzeugen und Betriebsformen, trotz Ausmusterungen<br />

und Streckenstilllegungen. Impressionen aus zwei <strong>spannende</strong>n <strong>Jahrzehnte</strong>n<br />

52


Sonderfällen<br />

Ein Großauftrag der Sowjetunion für den Röhrenhersteller Mannesmann bringt<br />

in den frühen <strong>1970</strong>ern auch Beschäftigung für die <strong>Bundesbahn</strong>. Dampfloks der<br />

Baureihen 044 oder 050–053 bringen die für eine Pipeline vorgesehenen Stahlrohre<br />

erst von Mülheim-Styrum nach Duisburg-Hüttenheim zum Beschichten;<br />

anschließend geht es von dort über Duisburg-Hochfeld Süd nach Duisburg-<br />

Wedau, wo eine Ellok 140 übernimmt. Im Bild eine 50er in Duisburg-Hochfeld<br />

Süd auf dem Weg nach Duisburg-Wedau Herbert Beckmann<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 53


Momentaufnahmen<br />

| DB-ALLTAG DER <strong>1970</strong>ER UND 1980ER<br />

In den 1950er-Jahren verkörperten „Eierkopf“-Triebwagen wie die 612/613 moderne<br />

Bahn; im Juli 1982 bleiben ihnen noch Aufgaben im Nahverkehrs- und Eilzugdienst,<br />

wie auf der Strecke Braunschweig – Helmstedt (Bild in Schöppenstedt) Bodo Schulz<br />

Als die Loks der V-100-Familie<br />

in den 1960ern und <strong>1970</strong>ern auf<br />

Nebenbahnen die Dampfloks<br />

ablösen, reagieren Eisenbahnfreunde<br />

mit Wut und Entsetzen.<br />

Als 211 219 im Juli 1980 die<br />

Strecke Trier – Pluwig bedient,<br />

zählt sie zum Standardangebot –<br />

und fasziniert damit jene<br />

Genera tion von Fans, die<br />

inzwischen heranwächst<br />

Georg Wagner<br />

Noch ziemlich neu ist Einheits-Ellok 140 873,<br />

die am 5. September 1973 den Nahverkehrszug<br />

Saarbrücken – Völklingen bespannt und deren<br />

Lokführer gerade die Zugpapiere bekommt.<br />

Die Abnahme der Lok datiert vom 20. Juni<br />

1973. Dampflok 023 072 hinten wurde 1956<br />

gebaut und verbringt in Saarbrücken ihre<br />

letzte Dienstzeit. Doch liegen beide Baureihen<br />

zeitlich nicht weit auseinander; die ersten<br />

140er (damals E 40) entstanden 1957 L. Rotthowe<br />

Kleiner Helfer auch für<br />

kurze Strecken: Kleinlok<br />

333 107, eine DB-„Neuheit“<br />

der 1960er, bringt im August<br />

1984 eine Übergabe von<br />

Bockenem nach Seesen<br />

Johannes Poets<br />

54


Klassiker der <strong>Bundesbahn</strong><br />

Von Triebwagen der frühen DB über Neubaudampfloks bis zur allgegenwärtigen<br />

Einheits-Ellok: In den <strong>1970</strong>er-Jahren kann man noch fast alle Neubeschaffungen<br />

der DB im Einsatz erleben. Jene, die schon eine gewisse Berühmtheit haben,<br />

und jene, die erst noch berühmt werden<br />

Berühmte <strong>Bundesbahn</strong>-<br />

Fahrzeuge findet man<br />

Ende der <strong>1970</strong>er beim<br />

Wagenstandsanzeiger<br />

in Kempten Hbf. Mit<br />

Modelleisenbahnen der<br />

Baugröße N (Maß stab<br />

1:160) hat das Personal<br />

die Garnituren der D-<br />

und Eilzüge nachgestellt<br />

Dietrich Bothe<br />

55


Momentaufnahmen<br />

| DB-ALLTAG DER <strong>1970</strong>ER UND 1980ER<br />

Typisch ...<br />

... Ruhrgebiet! Typisch Emsland! Oder auch ganz allgemein: typisch DB! Im Streckennetz<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> finden sich regionale Eigenheiten ebenso wie übergreifende Abläufe.<br />

Man betrachte nur den Gepäcktransport mit den weit verbreiteten Elektrokarren<br />

Unverkennbar Oberhausen, unverkennbar<br />

Revier: Nicht nur das Miteinander von<br />

Stahlwerk und Schrebergärten lässt auf<br />

Region und Ort schließen, auch die Ellok 111<br />

mit ihrem Silberling-Zug. Nur an Rhein<br />

und Ruhr fährt sie in dieser Lackierung im<br />

Nahverkehr Dr. Dietmar Beckmann<br />

Für Urlauber gedacht ist D 2329, der von<br />

Amsterdam nach Bad Wildungen fährt. Im<br />

September 1986 hat er den nordhessischen<br />

Unterwegshalt Willingen erreicht, wo<br />

man für das Gepäck der Reisenden<br />

einen der typischen DB-Elektrokarren<br />

vorhält Rudolf Schulz/Slg. Bodo Schulz<br />

56


Auf teilweise elektrifizierten Strecken durchaus üblich: Die Diesellok – hier 212 007 –<br />

hat den Zug gebracht, eine Ellok – hier 141 421 – übernimmt. So geschehen in Hannoversch<br />

Münden mit N 5559 Göttingen – Kassel im Mai 1980 Johannes Poets<br />

Die Baureihe 012 verbringt ihre letzten Dienstjahre mit Reisezügen in Niedersachsen;<br />

um 1975 hat eine der stolzen Dreizylinder-Schnellzugloks einen D-Zug am Haken<br />

und eilt durch das Emsland Martin Weltner<br />

Hoch über dem Nord-Ostsee-Kanal<br />

befindet sich die Schienenbusgarnitur, die<br />

im Mai 1986 zwischen Neumünster und<br />

Heide unterwegs ist; gerade passiert sie<br />

die Grünenthaler Hochbrücke Bodo Schulz<br />

57


Momentaufnahmen<br />

| DB-ALLTAG DER <strong>1970</strong>ER UND 1980ER<br />

In den <strong>1970</strong>er-Jahren experimentiert die DB mit<br />

Gasturbinenantrieben. Die so ausgestatteten Dieselloks<br />

der Baureihe 210 fahren vor allem auf der Allgäubahn;<br />

im September 1977 treffen sich in Buchloe 210 001 mit<br />

D 366 „Ticino“ München – Mailand und 210 006 mit D 1366<br />

Augsburg – Lindau. Weil sich die Gasturbine nicht bewährt,<br />

wird sie bei den 210 bis 1981 entfernt Ludwig Rotthowe<br />

Personenzug und Güterbeförderung in einem:<br />

Im Oktober 1988 hat Akkutriebwagen 515 608<br />

einen Güterwagen aus Coesfeld nach Wanne-Eickel<br />

mitgebracht. Gleich wird er ihn zum hiesigen<br />

Güterbahnhof überstellen Thomas Feldmann<br />

Meist stellt die DB von Zug- auf Busbetrieb um, auf der<br />

Strecke Welden – Augsburg ist es im Winter 1985/86<br />

umgekehrt; bis auf weiteres fahren dort Züge statt<br />

Busse, wie ein Aushang in Lohwald mitteilt Thomas Wunschel<br />

Gegensätze in Heidelberg Hbf:<br />

Im April 1980 rangiert 160 009<br />

einen Kurswagen, der in den 1974<br />

eingeführten Farben Ozeanblau-<br />

Beige lackiert ist. Die Kombination<br />

soll sich von den alten Fahrzeug -<br />

farben abheben – solchen, wie sie die<br />

Altbau-Ellok noch immer trägt<br />

Johannes Poets<br />

58


... mal was anderes<br />

Immer wieder hat die <strong>Bundesbahn</strong> Überraschungen parat. Ob der geschickt kombinierte<br />

Zuglauf, der Versuch, mit neuen Farben Aufbruchstimmung zu wecken oder die vermutlich<br />

in Eigeninitiative geschmückte Lok: Es gibt viel zu sehen. Manchmal auch zu diskutieren<br />

Gern mal heben Eisenbahner<br />

oder Eisenbahnfreunde die<br />

Pufferteller der Lok durch einen<br />

weiß umrandeten Anstrich<br />

hervor. Bei 052 574 hatte jemand<br />

eine eigene Idee: Die Güterzugmaschine<br />

grüßt alle unterwegs<br />

mit einem Smiley. Fotografiert<br />

1974 in Lehrte Helmut Scheiba<br />

59


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| PERSONENZUGBETRIEB IN DER EIFEL<br />

<strong>Bundesbahn</strong> adé<br />

Noch in den frühen <strong>1970</strong>er-Jahren wurde die Eifel durch eine<br />

Haupt- und verschiedene Nebenbahnen erschlossen. Während die<br />

Hauptbahn ungefährdet war, schwebte über fast allen Nebenstrecken<br />

ein Damoklesschwert: schwache Auslastung. Hier wie andernorts<br />

ließen die Folgen im Personenzugbetrieb nicht lange auf sich warten<br />

Ausgerechnet mit diesem Landstrich –<br />

der Abseitslage wegen gerne auch als<br />

„preußisch Sibirien“ bezeichnet –<br />

hatte es „Preußens Gloria“ besonders gut gemeint.<br />

Durch die Eifel gelangte man schnell<br />

an die Grenzen zu Frankreich und Belgien.<br />

Also verordneten die preußischen Generäle<br />

dem Mittelgebirge im Städteviereck Aachen-<br />

Köln-Koblenz-Trier zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

eine wahrhaft üppige Eisenbahninfrastruktur.<br />

Nebenbahnen und strategische<br />

Bahnen waren gleichermaßen vertreten.<br />

Lebensader der Eisenbahn in der Eifel<br />

war von jeher die Hauptbahn Köln – Euskirchen<br />

– Gerolstein – Trier. Eine der wenigen<br />

Strecken der ländlich geprägten Mittelgebirgsregion,<br />

deren Existenz zu keiner Zeit<br />

ernsthaft gefährdet war. Anders sah es bei<br />

den Nebenbahnen in der dünn besiedelten<br />

Region aus; mit ihnen hatte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

eine schwere Bürde übernommen. Strategische<br />

Belange spielten kaum mehr eine Rolle;<br />

in der dünn besiedelten Region und bei dem<br />

beginnenden Individualverkehr war das<br />

Reisendenaufkommen in den Personen -<br />

zügen dürftig. Dennoch kam es zunächst nur<br />

zu überschaubaren Teilstilllegungen im Per -<br />

sonenverkehr, ganz im Sinne des wirtschaft -<br />

lichen Werterhalts des übrigen Strecken -<br />

netzes. Aufgrund der besonders schwachen<br />

Auslastung waren anfangs die Strecken in<br />

der Westeifel betroffen.<br />

Einstellungen in West- und Nordeifel<br />

Als die <strong>1970</strong>er-Jahre begannen, verfügte die<br />

DB über einen Strecken-Bestand, der die<br />

Eifelregion noch relativ gut erschloss. Einschränkungen<br />

im Personenverkehr hielt<br />

man zunächst in überschaubarem Rahmen.<br />

Doch der Strukturwandel setzte sich fort<br />

und das Defizit im Bahnbetrieb wurde grö -<br />

ßer, so dass die nächsten Einstellungen bald<br />

folgten. 1972 traf es erneut die Westeifel, wo<br />

zum Sommerfahrplan der Personenverkehr<br />

auf der von Gerolstein verlaufenden Strecke<br />

zwischen Prüm und Pronsfeld endete. Im<br />

Jahr darauf kam mit dem Sommerfahrplan<br />

das Aus für den Personenverkehr zwischen<br />

Dümpelfeld und Lissendorf. Die 1912 als<br />

zweigleisige Bahn in Betrieb genommene<br />

Verbindung war eine jener strategisch motivierten<br />

Strecken, die als Nebenbahn endeten<br />

und selbst in dieser Funktion keine rechte<br />

Daseinsberechtigung fanden.<br />

Seit den 1960er-Jahren bestimmte unverkennbar<br />

der Uerdinger Schienenbus (Baureihe<br />

795 bzw. 798) das Bild der Neben bah -<br />

nen. Zumeist blieb das bis zur Einstellung so.<br />

Auf der Strecke Kall – Hellenthal fuhren<br />

auch diesellokbespannte Vierachsumbauwagen-Züge,<br />

bespannt von 211er-Dieselloks des<br />

Bw Düren. Eine weitere 211er-Strecke blieb<br />

die Verbindung Andernach – Mayen mit<br />

Lokomotiven des Bw Koblenz.<br />

Zum 27. September 1980 wurde die Westeifel<br />

vollends von der schienengebundenen<br />

Am 31. Oktober<br />

1981 verkehren<br />

letztmals reguläre<br />

Personenzüge<br />

zwischen Daun<br />

und Wittlich. Mit<br />

Abschiedsschmuck<br />

und gut besetzt<br />

verlässt das<br />

Schienenbus-<br />

Gespann den<br />

Bahnhof Gillenfeld<br />

60


Der Hausener Viadukt war eine beliebte Fotostelle<br />

an der Strecke Koblenz-Lützel – Mayen Ost. Im Juli 1983<br />

fährt noch eine 216 mit ihrem Nahverkehrszug aus<br />

Vierachser-Umbauwagen über das Tal, im Dezember des<br />

Jahres stellt die DB den Personenzugverkehr ein<br />

Aufnahmen des Beitrags: Udo Kandler<br />

Ein verwittertes<br />

Blatt Papier auf dem<br />

Stationsschild weist<br />

in Nettersürsch im<br />

November 1985 auf<br />

die Einstellung des<br />

Personenverkehrs<br />

Koblenz – Mayen Ost<br />

hin; das Ende des<br />

Betriebs ist damals<br />

schon zwei Jahre her<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 61


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| PERSONENZUGBETRIEB IN DER EIFEL<br />

Personenbeförderung abgekoppelt. An dem<br />

Tag endete zwischen Gerolstein und Prüm<br />

der Einsatz von Schienenbussen des Bw<br />

Trier. Ein großer Einschnitt war das nicht<br />

mehr: Die DB gab lediglich das über drei<br />

Fahrplanperioden aufrecht erhaltene mittägliche<br />

„Alibi“-Zugpaar auf, das als N 8484/85<br />

Gerolstein – Prüm – Gerolstein verkehrte.<br />

Längst hatten DB-Omnibusse das Regiment<br />

übernommen, eine übliche Vorgehensweise.<br />

Überall dort, wo Bahnstrecken für den Personenverkehr<br />

aufgegeben wurden, sprangen<br />

zumeist bundes bahneigene Omnibusse ein.<br />

Im DB-Jargon wurde die Bezeichnung „Still-<br />

legung“ jeweils vermieden. Vielmehr war von<br />

der „Angebotsumstellung“ die Rede, was<br />

sich nach außen hin besser verkaufen ließ.<br />

Dass die <strong>Bundesbahn</strong> neben den Zügen<br />

Statt von „Stilllegung“<br />

sprach die DB lieber von<br />

„Angebotsumstellung“<br />

nicht selten parallel fahrende Omnibusse einsetzte,<br />

um ungeliebte Nebenbahnen in die<br />

Knie zu zwingen, verschwieg sie tunlichst.<br />

Auch die Strecken der Nordeifel hatten<br />

mit schwachem Verkehrsaufkommen zu<br />

kämpfen; am 31. Mai 1981 schuf die DB hier<br />

ebenfalls Fakten. Auf der heute als Oleftalbahn<br />

bekannten Nebenbahn Kall – Hellenthal<br />

gab sie den Personenverkehr auf. Die<br />

Strecke hatte vor allem wegen der Ortsdurchfahrt<br />

in Olef Bekanntheit erlangt. Dort schritt<br />

der Zugführer mit rot-weißer Signalfahne in<br />

der Hand dem Personenzug voran, um die<br />

Fahrt über den Dorfplatz zu sichern.<br />

Eine weitere Strecke in der Hand der Baureihe<br />

211 blieb bis Ende der 1980er-Jahre die<br />

Verbindung von Andernach nach Mayen, für<br />

deren Personenzüge (und Güterzüge) das<br />

Bw Koblenz die Lokomotiven stellte. Ersetzt<br />

Die Streckensituation in der Eifel im Jahr 1965; trotz erster Stilllegungen<br />

wird die Region noch gut erschlossen Slg. Udo Kandler<br />

Die meisten Nebenbahnen der Eifel waren Schienenbus-Land; so<br />

auch die Strecke Gerolstein – Mayen Ost, auf der im Februar 1985<br />

einer der roten Brummer im Bahnhof Hohenfels hält<br />

Überblick<br />

Stilllegungen in der Eifel ab <strong>1970</strong><br />

Datum Einstellung Strecke im Personenverkehr: Einstellung Strecke/Teilstrecke im Gesamt-/Güterverkehr<br />

27.09.<strong>1970</strong> Erdorf – Bitburg (9 km, Teil von KBS 263h)<br />

27.05.1972 Prüm – Pronsfeld (8 km, Teil von KBS 248m) 1994<br />

03.06.1973 Dümpelfeld – Lissendorf (44 km, KBS 248h) 30.09.1973 Dümpelfeld – Hillesheim, 30.12.1982 Hillesheim – Lissendorf<br />

28.09.1980 3) Gerolstein – Prüm (24 km, Teil von KBS 248m/434)<br />

31.05.1981 1) Kall – Hellenthal (17 km, KBS 248b/432)<br />

01.11.1981 Wittlich – Daun (37 km, Teil von KBS 263c/623) 22.05.1982 Schalkenmehren – Gillenfeld,<br />

29.05.1988 Daun – Schalkenmehren/Gillenfeld – Wittlich<br />

29.05.1983 Düren – Euskirchen (30 km, KBS 247e/445)<br />

10.12.1983 Koblenz-Lützel – Mayen Ost (34 km, KBS 248q/602) 10.12.1983 Kerben – Mayen Ost, 30.07.1988 Ochtendung – Kerben,<br />

19.09.2003 Koblenz-Lützel – Ochtendung<br />

02.06.1985 4) Kreuzberg (Ahr) – Adenau (16 km, Teil v. KBS 248g/601) 02.06.1996 Hönningen (Ahr) – Adenau, 31.12.1997 Ahrbrück – Hönningen<br />

02.06.1985 Wengerohr 2) – Bernkastel-Kues (15 km, KBS 263b/622) 27.05.<strong>1989</strong><br />

25.09.1988 Wengerohr 2) – Wittlich (4 km, Teil von KBS 263c/622) 30.06.2001<br />

Anmerkungen:<br />

1) Strecke mit Touristikverkehr. 2) 1987 Umbenennung in Wittlich Hbf. 3) Touristikverkehr geplant.<br />

4) Der Abschnitt Kreuzberg (Ahr) – Ahrbrück (2,3 km) wurde am 02.05.1996 für den Personenverkehr reaktiviert.<br />

Die Angaben zu den Kursbuchstreckennummern (KBS) nennen die bis 1972 gebräuchliche und nach dem Schrägstrich die danach gültige Nummer.<br />

Bis auf wenige kurze Teilstücke dienen die stillgelegten Bahntrassen heute als Radweg.<br />

Ulrich Rockelmann/Udo Kandler<br />

62


Scharen von Fotofreunden zog es zu der Strecke Kall – Hellenthal, auf der die Züge mitten<br />

durch den Ort Olef fuhren (Bild vom August 1980). Der Nebenbahn selbst nutzte das nichts;<br />

der Personenverkehr endete im Mai 1981<br />

wurden die lokbespannten Vierachsumbauwagen-Garnituren<br />

in dieser Relation durch<br />

fabrikneue Dieseltriebwagen der Baureihe<br />

628.2. Im Gegensatz zu den vielen anderen<br />

Nebenbahnen in der Eifel vermochte sich<br />

diese Verbindung über die schweren Zeiten<br />

hinwegzuretten und weist noch heute Personenverkehr<br />

auf.<br />

Einstellungen in Vulkan- und Osteifel<br />

Am 31. Oktober 1981 war dann auch mit der<br />

Personenbeförderung aus dem Herzen der<br />

Vulkaneifel gen Mosel Schluss, und zwar auf<br />

der landschaftlich ungemein reizvollen Verbindung<br />

zwischen Daun und Wittlich. Die<br />

Strecke verfügte immerhin über drei Via -<br />

dukte und vier Tunnels. Im Kursbuch Winter<br />

1981/82 war bereits auf die Streckenstilllegung<br />

verwiesen worden: „Der Reisezugverkehr<br />

Wittlich – Daun soll noch während des<br />

laufenden Fahrplanabschnitts auf Busbedienung<br />

umgestellt werden.“ Eingestellt wurde<br />

dieser ganz den wirtschaftlichen Erfordernissen<br />

gehorchend, da schlicht die Fahrgäste<br />

ausblieben und die Schienenbusse nicht selten<br />

leer durch die Landschaft brummten.<br />

Nicht so am letzten Betriebstag, an dem sich<br />

die örtliche Bevölkerung auf ihre Eisenbahn<br />

besann und nochmals für volle Schienenbusse<br />

sorgte.<br />

Beibehalten wurde zunächst noch der Personenverkehr<br />

auf der jetzt 4,3 Kilometer langen<br />

Reststrecke zwischen Wittlich und Wengerohr<br />

(im September 1987 umbenannt in<br />

Wittlich Hbf) an der Moselstrecke, der zu -<br />

letzt im Kursbuch unter der Strecken num -<br />

mer 623 Daun – Wengerohr geführten Eifel-<br />

Mosel-Verbindung. Nach jahrelangem Siechtum<br />

wurde die Strecke Daun – Wittlich mit<br />

Wirkung vom 29. Mai 1988 für den Gesamtverkehr<br />

eingestellt. Kurz darauf, mit Ende<br />

des Sommerfahrplans, beendete die DB am<br />

25. September 1988 auch den Personenverkehr<br />

auf dem verbliebenen Streckentorso<br />

Wittlich Hbf – Wittlich.<br />

Ebenso schrumpfte das Zugangebot in<br />

der Osteifel weiter. Am 10. Dezember 1983<br />

endete der Personenverkehr auf der über<br />

Polch verlaufenden Kursbuchstrecke 603 Koblenz<br />

– Mayen Ost. Im ab 25. September 1983<br />

gültigen Kursbuch Winter 1983/84 hatte sich<br />

das drohende Ende der Strecke durch den<br />

Hinweis „Züge können jederzeit ausfallen“<br />

bereits angekündigt. Bis zum Schluss bewahrte<br />

die Strecke eine betriebliche Be -<br />

sonderheit: Einige Personenzugleistungen<br />

wurden mit 211 bzw. 216 und Vierachser-Umbauwagen<br />

gefahren. Eine letzte „Angebots -<br />

umstellung“ brachte in den 1980ern die Abkehr<br />

der <strong>Bundesbahn</strong> vom schienengebundenen<br />

Personenverkehr auf dem oberen Teilstück<br />

der Ahrtalbahn zwischen Kreuzberg<br />

(Ahr) und Adenau am 1. Juni 1985.<br />

Damit steht die Eifel beispielhaft für viele<br />

ländliche Regionen, in denen die DB – nicht<br />

erst in den <strong>1970</strong>ern und 1980ern, aber eben<br />

auch dann – den „Rückzug aus der Fläche“<br />

praktizierte. Das geschah teils notge drun -<br />

gen, teils durch hausgemachte Ursachen.<br />

Eine kuriose Situation ergab sich noch bei<br />

der Strecke Jünkerath – Losheim (Eifel), auf<br />

der die DB schon 1963 den Personenverkehr<br />

beendet hatte. Finanziert durch die NATO,<br />

wurde sie in den 1980er-Jahren saniert und<br />

reaktiviert. Am 11. Oktober 1986 erlebte die<br />

Verbindung ihre strategische Wiederinbetriebnahme,<br />

zu der auch ein Personenzug<br />

verkehrte. Allerdings blieb es dabei; die Betriebsruhe<br />

wurde nur für den Güterverkehr<br />

aufgehoben. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs<br />

verlor die Strecke ihre Bedeutung; am<br />

15. Juni 2003 endete der Gesamtverkehr.<br />

Die Situation heute<br />

Im Personenzugangebot präsentiert sich die<br />

Eifel mittlerweile weitgehend ausgedünnt<br />

und auf die Strecke Andernach – Mayen sowie<br />

wenige Hauptstrecken reduziert. Abgesehen<br />

davon, dass die prognostizierte Zahl<br />

der Reisenden eine Wiederaufnahme des Verkehrs<br />

in vielen Fällen ohnehin nicht mehr<br />

rechtfertigen würde – die meisten der Nebenbahnen<br />

sind abgebaut, so dass sich an den<br />

Verhältnissen kaum etwas ändern kann. Es<br />

gibt auch nur zwei Fälle, in denen der Personenverkehr<br />

eine Rückkehr feierte: Zum<br />

2. Juni 1996 wurde das 2,3 Kilometer lange<br />

Streckenstück zwischen Kreuzberg (Ahr)<br />

und Ahrbrück reaktiviert. Die Oleftalbahn<br />

wartet in der Sommersaison an Sonn- und<br />

Feiertagen mit einem planmäßigen Touristik -<br />

verkehr auf. Die meisten anderen einstigen<br />

Verbindungen kann man dagegen heute nur<br />

noch als Radweg benutzen. Udo Kandler<br />

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<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 63<br />

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Rückblick<br />

| ALS ZUGBEGLEITER IM TUI-FERIENEXPRESS<br />

Ich war Student an der Uni München, und<br />

als solcher entdeckte ich an einem Frühlingstag<br />

1984 diesen Aushang am<br />

Schwarzen Brett. Da bot die TUI-Niederlassung<br />

München die Chance, bei ihr anzufangen;<br />

als Betreuer im FerienExpress-Wagen.<br />

Die Eisenbahn interessierte mich ja sowieso,<br />

einen Nebenjob konnte ich gut gebrauchen,<br />

und ins Ausland ging es mit dem Zug auch.<br />

Das klang alles verlockend, ein bisschen<br />

nach Abenteuer. Also rief ich an, stellte mich<br />

vor und wurde auch gleich genommen.<br />

Ein paar Tage später fand ich mich schon<br />

an einem Wagen ein, der auf einem Abstellgleis<br />

am Münchner Hauptbahnhof stand.<br />

Das war bei der DSG, der Deutschen Schlafwagen-<br />

und Speisewagengesellschaft, in der<br />

Bayerstraße. Bei der DB-Tochter erhielt ich<br />

die Einweisung und erfuhr, was ich bei<br />

meiner Arbeit überhaupt zu machen hatte.<br />

Steward und Seelentröster<br />

Kurz gesagt, bestand meine Aufgabe darin,<br />

die Reisenden im Liegewagen des TUI-Fe -<br />

rienexpress auf der Fahrt in den Süden zu<br />

betreuen. Das hieß, vorab „meinen“ Wagen<br />

aufzurüsten, die Gäste in Empfang zu<br />

nehmen, sie auf die Abteile zu verteilen, mit<br />

Frühstück und tagsüber mit Getränken zu<br />

ver sorgen. Sozusagen eine Art Steward zu<br />

sein. Außerdem waren wir Zugbegleiter An -<br />

sprech partner für alle Fragen im Zusammenhang<br />

mit der Reise, und wir waren diejeni -<br />

gen, die den Fahrgästen die Formalitäten<br />

vom Leib hielten. Wir stimmten die Teilnehmerliste<br />

mit dem Schaffner der <strong>Bundesbahn</strong><br />

(und später mit dem TUI-Zugreiseleiter) ab,<br />

wir kümmerten uns darum, dass unsere Kunden<br />

auf den Unterwegsbahnhöfen recht zei -<br />

Wir bedienten die Gäste<br />

und hielten ihnen die<br />

Formalitäten vom Leib<br />

tig ausstiegen und wir handhabten die nächtlichen<br />

Grenzkontrollen. Darüber hinaus waren<br />

wir auch „Seelentröster“ bei Problemen<br />

aller Art.<br />

Auf dem Fahrplan standen durchaus namhafte<br />

Ziele für den Urlaub: Split in Jugoslawien,<br />

Lecce, Imperia und Pesaro in Italien<br />

sowie Barcelona, wobei „unser“ Zug in Port<br />

Bou an der französisch-spanischen Grenze<br />

endete. Meine Reise begann aber erst einmal<br />

mit einer Fahrt in die „falsche Richtung“. Die<br />

beiden in München stationierten Wagen des<br />

Ferienzuges waren nämlich in Freilassing<br />

abgestellt und kamen mit einem Eilzug nach<br />

München. Je nachdem, wie sehr die von mir<br />

betreuten Abteile belegt waren, fuhr ich dem<br />

Gespann mit einem Eilzug nach Rosenheim<br />

oder noch weiter entgegen. So hatte ich Zeit,<br />

auf der Rückfahrt schon mal meinen Wagen<br />

aufzurüsten. Dazu gehörte es, die Bett -<br />

Noch ohne Uniform und Krawatte nimmt<br />

Michael Baier die Warenbestände für die<br />

anstehende FerienExpress-Fahrt auf<br />

Aufnahmen des Beitrags: Michael Baier bzw. Slg. Michael Baier<br />

Im Ferienzug<br />

nach Süden<br />

Dienst<br />

bei der<br />

Anfang 1984 stieß Michael Baier auf eine Anzeige:<br />

Die TUI München suchte Betreuer für Reisen im<br />

FerienExpress. Er bewarb sich und wurde genommen.<br />

<strong>Zwei</strong> <strong>spannende</strong> Sommer standen ihm bevor<br />

64


Improvisation ist alles: Weil der<br />

reguläre Speisewagen ausfällt,<br />

fährt bei einer der Italien-Touren<br />

ein Wagen des Alpen-See-Express<br />

mit; hier befindet sich die Garnitur<br />

schon südlich der Alpen<br />

Die Zuglaufschilder bestanden aus Kunststoff<br />

und waren so geformt, dass sie in die Fenster<br />

der Einstiegstüren passten und nachts von<br />

der Vorraumbeleuchtung angestrahlt wurden<br />

Mit dem Ferienzug unter Südfrankreichs<br />

Sonne. Während der TUI-Zug in Port Bou<br />

endet (Foto), fahren die Reisenden mit einem<br />

Breitspur-Regelzug weiter nach Spanien<br />

mund ein, die ebenfalls Zugteile nach Im -<br />

peria und Port Bou mitführten. In Appen -<br />

weier wurde in der Nacht alles neu sortiert,<br />

so dass am Ende zwei reinrassige TUI-<br />

FerienExpress-Züge nach Italien bzw. Spanien<br />

fuhren. Der Spanienzug hatte noch<br />

Autotransporter dabei, die bis Narbon ne mitliefen.<br />

Außerdem war ein 2.-Klasse-Sitzwagen<br />

in Ozeanblau-Beige mit von der Partie,<br />

dessen Fahrkarten natürlich deutlich billiger<br />

verkauft wurden und der auch ent sprechen -<br />

de Klientel beförderte. Sinnigerweise lief der<br />

Wagen in der Regel am Zugschluss, hinter<br />

den TUI-Wagen mit dem etwas gehobeneren<br />

Komfort …<br />

Unser Wagen hatte in der Regel ein Freistaat-Bayern-Schild<br />

in der Durchgangstür.<br />

Vor uns liefen ja die Wagen aus Dortmund<br />

und Hamburg… Witzigerweise war der Wagen<br />

aus Bayern oft der einzige, der außen<br />

richtig sauber war. Dann bildete er den glänwäsche<br />

zu verteilen, den Wagen auf Sauberkeit<br />

prüfen und auch einen Blick auf die Technik<br />

zu werfen. In München angekommen,<br />

übernahm ich von der DSG die Getränke,<br />

Snackpakete und Frühstücksrationen. Der<br />

Wagen stand derweil auf einem Gleisstutzen<br />

vor der Haupthalle des Hauptbahnhofes.<br />

Entsprechend dem Zielort kam der<br />

Wagen an den entsprechenden Zug. Dann<br />

standen auch die Gäste vor der Tür. Ich glich<br />

die Namen mit meiner Liste ab, brachte die<br />

Reisenden zu ihren Abteilen, verstaute das<br />

Gepäck und sammelte die Pässe für die<br />

Grenzkontrollen ein. Nach der Abfahrt wollten<br />

die ersten schon Getränke haben. Unterwegs<br />

stiegen manchmal noch Urlauber zu.<br />

Besonderheit Split-Reisen<br />

Bei der Zugzusammenstellung gab es die Besonderheit,<br />

dass Split und Lecce nur mit einem<br />

Wagen angefahren wurden. Der lief als<br />

Kurswagen in einem normalen D-Zug mit.<br />

Anders verhielt es sich, wenn wir Imperia<br />

oder Port Bou zum Ziel hatten. In dem Fall<br />

liefen die beiden Münchner Wagen gemeinsam<br />

bis Appenweier in einem Zug mit. Dort<br />

trafen die Zugteile aus Hamburg und Dort-<br />

Hintergrund<br />

Der TUI-Zug<br />

Im Sommer 1980 ging der FerienExpress<br />

als Urlauberzug der Touristik<br />

Union International (TUI) für Pauschalreisende<br />

an den Start. Die DB<br />

war – abgesehen von der Beförderung<br />

auf dem DB-Netz – nicht direkt beteiligt,<br />

dennoch hatte sie an dem Zug<br />

einigen Anteil. Die Wagen gingen auf<br />

Entwürfe des BZA München zurück,<br />

es gab Sonderpreise in Verbindung<br />

mit DB-Fahrkarten. Der FerienExpress<br />

verkehrte bis Anfang der 1990er-Jahre.<br />

zenden Abschluss eines äußerlich etwas mitgenommenen<br />

FerienExpress.<br />

Meine Vorstellung von Abenteuern wurde<br />

dabei nicht enttäuscht, vor allem nicht, wenn<br />

es nach Split ging. Spannend gestaltete sich<br />

bereits das Umspannen auf den Anschlusszug<br />

in Zagreb. Hatte unser Zug aus München<br />

Verspätung – was die Regel war –, konnte es<br />

passieren, dass man den Zug nach Split auf<br />

dem Nachbargleis sah und vergeblich auf<br />

Manchmal blieben wir<br />

mit dem Wagen auf dem<br />

Abstellgleis in Zagreb<br />

die türkisblaue V 60 wartete, die nun als<br />

Rangierdiesellok der Jugoslawischen Staats -<br />

bahn fuhr. Die Herrschaften hatten offenbar<br />

keine Lust mehr, den Wagen des TUI-FEX,<br />

wie der Ferienzug abgekürzt hieß, vom Zugende<br />

abzuziehen und an den direkt nebenan<br />

stehenden Zug nach Split anzukuppeln.<br />

Dann mussten unsere Reisenden mit einem<br />

Regelzug weiter fahren; wir blieben mit unserem<br />

Wagen in der Abstellgruppe zurück<br />

und nahmen dann die Rückreisenden aus<br />

dem Gegenzug auf.<br />

Aber auch wenn der Übergang sofort<br />

klappte, die nächste Hürde folgte bald. Die<br />

Schwierigkeit: Ich musste den jugoslawischen<br />

Lokführern klar machen, dass sie trotz<br />

35 Grad Hitze die Heizleitung ihrer Diesellok<br />

einschalten sollten. Der TUI-Wagen war ja<br />

klimatisiert und brauchte den Heizstrom.<br />

Ohne die Stromversorgung wäre das an sich<br />

kein Problem gewesen – wenn nicht die<br />

Licht maschine des Wagens erst bei 60 km/h<br />

angesprungen wäre. Da aber der Zug meis-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 65


Rückblick<br />

| ALS ZUGBEGLEITER IM TUI-FERIENEXPRESS<br />

Außer für Urlaubsfahrten<br />

steht der TUI-<br />

FerienExpress auch<br />

für Sonderfahrten<br />

zur Verfügung; die<br />

mitreisenden<br />

Frühpensionäre<br />

sorgen beim Personal<br />

stets für gute<br />

Umsätze<br />

Nach der Ankunft in Italien sind die Reisenden schon ins Hotel aufgebrochen; auf dem Bahnsteig<br />

befindet sich noch ihr Gepäck, das aber bald folgt<br />

Wieder mal hat der Anschluss in Zagreb<br />

nicht geklappt. Statt nach Split weiter zu<br />

fahren, wartet der TUI-Wagen in der Abstellgruppe<br />

des Bahnhofs, bis es mit den Rückreisenden<br />

zurück nach Deutschland geht<br />

tens mit Geschwindigkeiten knapp darunter<br />

durch die Lande zuckelte, war der Akku des<br />

TUI-Wagens schnell leer und damit die Klimaanlage<br />

am Ende. Und selbst wenn ich es<br />

geschafft hatte, den Lokführer von der Dringlichkeit<br />

meines Anliegens zu überzeugen,<br />

war ich noch nicht am Ziel. Nicht selten<br />

schaltete der Lokführer die Leitung dann äußerst<br />

widerwillig ein, um sie kurz nach Abfahrt<br />

des Zuges wieder abzuschal ten. Ich<br />

konnte nun nicht mehr intervenieren. Das<br />

Ende vom Lied: Der Wagen verwandelte sich<br />

in kürzester Zeit in eine Sauna, Fenster zum<br />

Öffnen – Fehlanzeige. Die kleinen Ober lich -<br />

ter brachten keine wesentliche Erfrischung<br />

und so brüteten wir der Adria entgegen.<br />

Einmal blieben wir nach einem lauten<br />

Knall in der Winnetou-Landschaft stehen. Offenbar<br />

hatte es den Kühler der amerikanischen<br />

Diesellok zerrissen, denn überall lief<br />

Wasser aus. Zunächst wurde von den Lokführern<br />

unter groben Verwünschungen mit<br />

dem Werkzeug auf die Lok eingedroschen,<br />

66<br />

was freilich wenig Erfolg brachte. Derweil<br />

waren die Fahrgäste alle ausgestiegen und<br />

widmeten sich der Zwetschgenernte an den<br />

Bäumen entlang der Strecke. Die konnten<br />

sie genüsslich fortführen, bis irgendwann<br />

eine Ersatzlok kam und die Fahrt auf der eingleisigen<br />

Strecke weiter ging.<br />

Die Sache mit dem Catering<br />

Die Lebensmittel, mit denen ich die Fahr -<br />

gäste unterwegs versorgte, waren abgesehen<br />

vom Frühstück nicht im Fahrpreis des TUI-<br />

Ferienexpress inbegriffen. Es war vielmehr<br />

ein Zusatzverdienst für die Veran stal ter; beliefert<br />

von der DSG, verkaufte ich die Ware<br />

für meinen Arbeitgeber weiter. Ein Geschäftsmodell,<br />

das manche Kollegen auch<br />

anders interpretier ten. Statt die DSG-Lebensmittel<br />

an den Kunden zu bringen, hatten<br />

sie ein Depot mit Kaffee aus dem Discounter<br />

angelegt und servierten es auf eigene Rechnung<br />

auf gespülten Plastikgarnituren. Das<br />

war streng verboten und wer ertappt wurde,<br />

musste seinen Hut nehmen. Trotzdem besserte<br />

sich so mancher damit sein Gehalt auf.<br />

Zur Person<br />

Der Autor<br />

Michael Baier, Jahrgang 1964, hat Volkswirtschaft<br />

studiert und arbeitet heute bei<br />

einer Bank. Die Eisenbahn-Leidenschaft<br />

aus Kinder- und Jugendzeit hat er sich<br />

bewahrt, unter anderem bei Urlaubsund<br />

Freizeitaktivitäten.<br />

Meinen größten Verkaufserfolg in Sachen<br />

Catering feierte ich, als bei einer Fahrt der<br />

Brenner wegen Murenabgangs gesperrt war<br />

und wir den Umweg über Mailand nahmen.<br />

Auf den Absatz wirkte sich die Umleitung<br />

bestens aus. Bis wir am Ziel eintrafen, hatte<br />

ich alle Snackpakete und Kaffeevorräte restlos<br />

verkauft.<br />

Dass wir diesen Service nicht nur als<br />

Dienst leistung, sondern auch als Druck -<br />

mittel anwenden konnten, demonstrierte mir<br />

Mein Kollege forderte<br />

im Kasernenhofton<br />

Ordnung – mit Erfolg<br />

ein Kollege vom Dortmunder Zugteil. Auf<br />

dem Rückweg von Port Bou hatten seine<br />

Gäste im erwähnten Sitzwagen wohl eine<br />

exzessive Party gefeiert. Bei jeder Kurve rollten<br />

aus den offenen Abteilen die Bierdosen<br />

heraus. Das ließ sich der Dortmunder Kolle -<br />

ge, der sehr penibel auf seinen Wagen ach -<br />

tete, nicht bieten. Er hängte in der Früh über<br />

die Klappsessel im Gang Müllsäcke und<br />

machte dann im Kasernenhofton seinen<br />

Reisenden klar, dass es erst Frühstück gäbe,<br />

wenn „sein“ Wagen in einem ordentlichen<br />

Zustand sei. Man glaubt es nicht, aber es hat<br />

tatsächlich funktioniert!<br />

So verbrachte ich die Fahrplansaison vom<br />

Sommer 1984 und Sommer 1985 auf dem TUI-<br />

FerienExpress, konnte Eisenbahn fahren<br />

und Geld für das Studium verdienen. Und<br />

was meine Erwartungen betrifft, kann ich<br />

nur fest stel len: Es wurde mir nicht zu viel<br />

versprochen.


Faszination Nahverkehr<br />

GeraMond Verlag GmbH, Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

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Strecken, Züge, Betrieb<br />

| ABSCHIED VOM „ÖCHSLE“<br />

Die Letzte<br />

auf dem Festland<br />

Die meisten Schmalspurbahnen passten nicht ins Konzept der<br />

immer auf Modernität bedachten <strong>Bundesbahn</strong>. So auch die Verbindung<br />

Warthausen – Ochsenhausen, die im März 1983 stillgelegt wurde.<br />

Danach gab es DB-Schmalspurbahnen nur noch auf einer Nordsee-Insel<br />

Detail eines<br />

Öchsle-Rollbocks im<br />

September 1979<br />

in Warthausen.<br />

Links unten die<br />

Aufstandsfläche für<br />

den Normalspurradsatz,<br />

in Bildmitte<br />

die hier abgeklappte<br />

Gabel für die<br />

Normalspurachse,<br />

welche für den<br />

Wagentransport<br />

aufgerichtet und<br />

durch die am<br />

Gegengewicht<br />

sichtbare Klinke<br />

arretiert wird<br />

Dietrich Bothe<br />

Die Rinder neben der Strecke<br />

waren es nicht, die der Schmalspurbahn<br />

ihren Spitznamen<br />

gaben. Der ländliche Charakter<br />

trug aber viel zum Charme<br />

der Strecke bei Martin Weltner<br />

68


Im Juli 1980 herrscht beim „Öchsle“ noch<br />

normaler (Güterverkehrs-)Betriebsalltag.<br />

In Ochsenhausen ist Diesellok 251 902 mit<br />

Rangierarbeiten beschäftigt Georg Wagner<br />

Wie alle anderen in Baden-Württemberg gelegenen<br />

Schmalspurbahnen wäre auch das „Öchsle“ viel eher<br />

stillgelegt worden, hätte es dort nicht bis zum Schluss<br />

so einen starken Güterverkehr gegeben. Die ursprünglich von<br />

Biberach nach Ochsenhausen führende Strecke war anlässlich<br />

der Einstellung des Reisezugverkehrs im Mai 1964 auf den 19 Kilometer<br />

langen Abschnitt von Warthausen, wo Anschluss an die<br />

Südbahn Ulm – Aulendorf bestand, nach Ochsenhausen verkürzt<br />

worden.<br />

Fast zeitgleich hatte die DB den Betrieb durch Verdieselung<br />

mit der Baureihe V 51 (ab 1968: 251) rationalisiert. Ab 1967 wurden<br />

die beiden Dieselloks (eine Planlok, eine als Reserve) nachts unter<br />

freiem Himmel in Warthausen abgestellt, wodurch die Fahrten<br />

zum Ochsenhausener Lokschuppen eingespart werden konnte.<br />

Werktags ein Güterzugpaar<br />

Mit ganzen drei Mann Personal wurde der Betrieb aufrecht erhalten;<br />

an Werktagen verkehrte ein Güterzugpaar mit auf Rollböcken<br />

aufgeschemelten Normalspur-Güterwagen nach Ochsenhausen<br />

und zurück. In erster Linie wurden Kühlschränke aus dem dor -<br />

tigen Liebherr-Werk nach Warthausen gefahren, von wo aus sie<br />

auf normaler Spur zu ihren Empfängern weiterrollten. Für Abwechslungen<br />

sorgten gelegentliche Kohle- und Öltransporte über<br />

die Schmalspurbahn – immer mit Normalspurwagen auf Rollböcken.<br />

Doch auch dieser durchrationalisierte Betrieb war den <strong>Bundesbahn</strong>-Oberen<br />

ein Dorn im Auge: 1981 wurde für die Aufarbeitung<br />

der Strecke ein Kostenaufwand von 21 Millionen DM<br />

genannt – das sollte das Todesurteil für das „Öchsle“ werden! Am<br />

31. März 1983 verkehrte der letzte Güterzug – die letzte Schmalspurbahn<br />

der DB auf dem Festland hatte ausgedient. Übrig blieb<br />

die profitable Schmalspurstrecke auf der Insel Wangerooge.<br />

Apropos profitabel: Heute fahren zwischen Warthausen und<br />

Ochsenhausen gut besuchte Museumszüge. Die Strecke präsentiert<br />

sich teilweise saniert – und das hat keine 21 Millionen DM<br />

gekostet ...<br />

Martin Weltner<br />

Abbocken normalspuriger Güterwagen an der Rollbockgrube<br />

in Warthausen im September 1979. Die Normalspurwagen<br />

haben auf den Schienen der Rollbockgrube aufgesetzt, in der<br />

Grube werden die Rollböcke gesammelt. Im Vordergund die<br />

zweite Grube mit den aufgeständerten Schienen Dietrich Bothe<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 69


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| <strong>BAHN</strong>BETRIEB IN SCHLESWIG-HOLSTEIN<br />

Wer Loks und Triebwagen so richtig<br />

röhren und dröhnen hören wollte,<br />

der wurde in den <strong>1970</strong>ern und 1980ern<br />

in Schleswig-Holstein fündig. Dort<br />

hatte die Dieseltraktion fast allein das<br />

Sagen, im hochwertigen Fernverkehr<br />

wie auf der verträumten Nebenbahn<br />

Dieselparadies – dieser Begriff beschreibt treffend die Si tua -<br />

tion des schleswig-holsteinischen DB-Netzes in den <strong>1970</strong>erund<br />

1980er-Jahren. Nach dem Ende des Dampfbetriebes<br />

wurde nämlich die Hauptlast der Traktionsleistungen durch Dieseltriebfahrzeuge<br />

getragen – nur die Ausläufer der Hamburger S-Bahn<br />

waren (für den Gleichstrombetrieb) elektrifiziert und insbesondere<br />

auf den Nebenbahnen, etwa an der Westküste, wurden Akku-Triebwagen<br />

der Baureihe 515 eingesetzt. Tatsächlich war Schleswig-Holstein<br />

damals das einzige Bundesland, das nicht an das elektrische<br />

Fernstreckennetz der <strong>Bundesbahn</strong> ange schlos sen war und das mit<br />

Kiel und Lübeck gleich zwei Großstadtbahnhöfe ohne Fahrdrähte<br />

aufzuweisen hatte.<br />

Warum der Diesel „regierte“<br />

Gründe für diese Abstinenz des elektrischen Betriebs gab es mehrere.<br />

Erstens ist Schleswig-Holstein ein weitgehend flaches Land, jeden -<br />

falls weisen die Bahnstrecken keine nennenswerten Steigun gen auf.<br />

<strong>Zwei</strong>tens war das Land lange agrarisch geprägt – trotz industrieller<br />

Ansätze insbesondere in den großen Städten gab es keine Schwer -<br />

indus trie mit Bahntransporten in einem Umfang, der einen elektrischen<br />

Zugbetrieb für die DB wirtschaftlicher gemacht hätte. Und<br />

drittens befanden sich weite Teile Schleswig-Hols teins trotz der Verbindungen<br />

nach Dänemark und ins weitere Nordeuropa in einer<br />

verkehrspolitischen Randlage.<br />

Das<br />

Diesel<br />

Hochwertiger Reiseverkehr auf der Vogelfluglinie:<br />

TEE „Merkur“, bestehend aus 221 119 und drei Wagen,<br />

erklimmt im Juli 1974 auf dem Weg von Kopenhagen<br />

nach Stuttgart die Rampe der Fehmarnsundbrücke<br />

Aufnahmen des Beitrags: Axel Priebs<br />

70


Der Kieler Hauptbahnhof ist eine der großen Verkehrsdrehscheiben in<br />

Schleswig-Holstein – wird aber erst 1994 elektrifiziert. Im Jahr 1978 fährt<br />

Diesellok 218 126 mit einem Nahverkehrszug aus<br />

paradies<br />

Nach der Betriebseinstellung des Abschnitts nach Neumünster enden<br />

die Reisezüge in Bad Segeberg; im September 1987 steht dort 212 269<br />

mit ihrem Nahverkehrszug nach Hamburg bereit<br />

Im Sinne der wirtschaftlichen Strukturverbesserung forderte die<br />

schleswig-holsteinische Landesregierung damals regelmäßig die<br />

Elektrifizierung zumindest der drei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden<br />

Hauptstrecken Hamburg – Westerland (Marschbahn), Hamburg<br />

– Neumünster – Kiel/– Flensburg und Hamburg – Lübeck –Puttgarden<br />

(Vogelfluglinie). Doch auch wenn sie damals wie heute einen<br />

wesentlichen Teil der Verkehrsnachfrage in Schleswig-Holstein auf<br />

sich ziehen und im Nah- wie Fernverkehr eine besondere Bedeutung<br />

hatten: Die <strong>Bundesbahn</strong> beließ es bei dem Dieselbetrieb.<br />

Für Eisenbahnfreunde, die nach dem Ende der Dampflok ein<br />

neues Betätigungsfeld suchten oder aber sich schlicht an Dieselloks<br />

erfreuen wollten, herrschten im Norden gleich in mehrerlei Hinsicht<br />

paradiesische Verhältnisse. Schleswig-Holstein bot reizvolle Streckenführungen<br />

an der Küste und im Binnenland, markante Brückenbauwerke<br />

(so über den Nord-Ostsee-Kanal und den Fehmarnsund,<br />

über die Schlei und die Eider) sowie eine breite Vielfalt an<br />

Loko motiven und Triebwagen. Auf den Haupt strecken dominierten<br />

in den <strong>1970</strong>ern/1980ern die Baureihen 218, 220 und 221, ergänzt durch<br />

die 212, die auch auf den län ge ren Nebenstrecken zum Einsatz kam.<br />

Paradestrecke der Baureihe 221 war die Vogelfluglinie, die (wie die<br />

Baureihe 220) im Bw Lübeck stationiert war. Zu den besonders<br />

interessanten Fernzügen auf der Vogelflug linie gehörte der TEE „Merkur“<br />

Kopenhagen – Hamburg – Stuttgart, der von 1974 bis 1978 ver-<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 71


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| <strong>BAHN</strong>BETRIEB IN SCHLESWIG-HOLSTEIN<br />

Schleswig-Holstein von einer seiner schönsten Seiten: Ein<br />

Triebwagenzug der Reihe 612 überquert 1979 auf der<br />

Strecke Kiel – Flensburg die Schleibrücke bei Lindaunis<br />

kehrte und auf der Vogelfluglinie aus nur drei TEE-Wagen und einer<br />

Lok der Baureihe 221 bestand. Eine tragende Rolle beim Dieselverkehr<br />

hatte bis 1982 auch der elegante Triebwagenzug der Baureihe<br />

612, der auf mehreren Haupt- und Nebenstrecken Verwendung fand.<br />

Zu seinen interessanten Einsätzen gehörten die Verbindungen zwischen<br />

Hamburg und Kiel/Flensburg, weil zwischen Hamburg und<br />

Neumünster zwei Triebwagen in Doppeltraktion fuhren und in Neumünster<br />

zur Fortsetzung ihrer jeweiligen Fahrt nach Kiel und Flensburg<br />

getrennt wurden. Aber auch auf anderen Strecken, etwa zwischen<br />

Kiel und Flensburg sowie zwischen Kiel und Lübeck (und<br />

weiter über Lauenburg nach Lüneburg), waren diese Züge im<br />

Einsatz. Sie kamen sogar bis an die Westküste. Schließ lich dürfen<br />

die Schienenbusse der Reihe 795 und 798 nicht unerwähnt bleiben,<br />

die insbesondere auf den Nebenstrecken den Zug betrieb aufrecht<br />

erhielten. Während der einmotorige 795 beispielsweise auf der Nebenstrecke<br />

von Malente-Gremsmühlen nach Lütjenburg im Einsatz<br />

war, stellten andere Nebenstrecken, etwa Heide – Neumünster und<br />

Lindholm – Flensburg, Domänen des zweimotorigen 798 dar.<br />

Durch eines der am wenigsten besiedelten Gebiete<br />

des Landes führte die Nebenbahn Lindholm –<br />

Flensburg. Hier passiert ein 798 als Nahverkehrszug<br />

im März 1981 die Haltestelle Handewitt<br />

Wie sich der Betrieb entwickelte<br />

Die <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahre waren aber auch geprägt durch den<br />

Rückzug der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong> von einigen Neben strecken in<br />

Schleswig-Holstein. Schon in den Jahren 1974 bis 1976 wurde der<br />

Reisezugverkehr etwa auf den Querverbindungen von Rendsburg<br />

über Erfde nach Husum und von Wrist nach Itzehoe sowie die Nebenbahn<br />

von Malente-Gremsmühlen nach Lütjen burg eingestellt.<br />

In den 1980er-Jahren traf es den Reisezugverkehr auf den Strecken<br />

Lindholm – Flensburg (1981), Eutin – Neustadt (1982), Neumünster –<br />

72


1976 gibt es in Heide (Holstein) noch ein Bahnhofsgebäude und Formsignale. Mit<br />

218-Doppeltraktion fährt ein D-Zug Richtung Westerland (Sylt) aus<br />

Kurz nach ihrer Auslieferung warten im Juli 1987 vier Triebwagen der Baureihe 628<br />

im Bw Kiel auf den Einsatz als „Regionalschnellbahn“ Kiel – Flensburg<br />

Bad Segeberg (1984), Neumünster – Ascheberg (1985) und Wilster -<br />

Brunsbüttelkoog Nord (1988). Einige der Strecken wurden auch ganz<br />

oder in Teil strecken für den Gesamtverkehr stillgelegt.<br />

In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre war dann bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

ein gewisses Umdenken in Sachen Nahverkehr erkennbar,<br />

was durch die Einführung des neuen Produkts „Regional schnell -<br />

bahn“ zwischen Kiel und Flensburg deutlich wurde. Nach der<br />

Ertüchtigung der Strecke (aber auch der Schließung einiger Bahnhöfe)<br />

konnte die Fahrzeit zwischen den beiden Städten um bis zu<br />

15 Minuten verkürzt werden. Mit Beginn des Winterfahrplans<br />

1986/87 fuhren die Züge an Werktagen im Stundentakt. Nachdem<br />

der Betrieb anfangs noch mit 212-bespannten Wendezügen durchgeführt<br />

werden musste, wurden im April 1987 die neuen Nahverkehrstriebwagen<br />

der Baureihe 628 ausgeliefert und auf dieser Strecke eingesetzt.<br />

Auch einige der noch bedienten Bahnhöfe dieser Strecke<br />

wurden auf wendig instandgesetzt. Damit hatte die <strong>Bundesbahn</strong><br />

sogar etwas Besonderes geschaffen: Die schleswig-holsteinische<br />

Strecke wurde zum Vorzeigeobjekt für einen zeitgemäßen Nahschnellverkehr<br />

im ländlichen Raum.<br />

Axel Priebs<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 73


Neue Perspektiven.<br />

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Dieser Bildband entführt in die Welt der<br />

Eisenbahn aus der Vogelperspektive.<br />

Auf der Reiseroute von Nord nach Süd<br />

liegen Top-Spots wie die Bahnhöfe<br />

Hamburg, Berlin, Köln und Leipzig,<br />

Brücken wie jene über das Elstertal, die<br />

Strecken entlang der Mosel und des<br />

Rheins, aber auch gigantische Rangierbahnhöfe<br />

und vergessene Strecken<br />

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Strecken, Züge, Betrieb<br />

| DIE NEUBAUSTRECKEN DER DB<br />

Gerade, schnelle<br />

Linien<br />

Erste Planungen gab es schon 1960, aber erst in den <strong>1970</strong>ern konnte<br />

die <strong>Bundesbahn</strong> die Realisierung der Neubaustrecken angehen. Für<br />

den Fernreiseverkehr brachten die neuen Verbindungen erhebliche<br />

Fortschritte; auch wenn sich Bau und Inbetriebnahme in die Länge zogen<br />

Bis weit in die 1980er-Jahre hinein litt<br />

das Streckennetz der <strong>Bundesbahn</strong><br />

unter dem Mangel, dass es im Großen<br />

und Ganzen aus der Frühzeit der Eisenbahn<br />

stammte. Hohe Geschwindigkeiten und<br />

die direkte Führung von Knotenpunkt zu<br />

Knotenpunkt hatte man seinerzeit nicht als<br />

Kriterium angesehen. Verbindungen nach<br />

diesen Vorgaben waren aber dringend nötig,<br />

wollte die DB die Züge beschleunigen und<br />

im Wettbewerb insbesondere mit dem Straßenverkehr<br />

und dessen Autobahnnetz wie -<br />

der Vorteile erzielen.<br />

Planungen für Neu- und Ausbauten<br />

Bereits 1960 hatte die <strong>Bundesbahn</strong> die<br />

Gruppe für Allgemeine Studien beauftragt,<br />

ein rund 3.200 Kilometer langes Schnellfahrnetz<br />

zu planen. Durch Ausbaumaßnahmen<br />

an vorhandenen Strecken in den Mittelgebirgen<br />

sollten auf 2.000 Kilometern Länge<br />

76<br />

200 km/h erreicht werden, auf einer Länge<br />

von 250 Kilometern sah man Neubau stre -<br />

cken für 250 km/h als erforderlich an. Der<br />

längste Abschnitt war mit 92 Kilometern<br />

Länge zwischen Hamburg und Celle geplant.<br />

1968 begannen die Planungen für einen Bundesverkehrswegeplan<br />

(BVWP), der am<br />

19. September 1973 verabschiedet wurde und<br />

die Absichten der frühen 1960er deutlich<br />

reduzierte. Für den Zeitraum von 1971 bis<br />

1985 sah er den Neubau von 950 Kilometern<br />

Strecke und den Ausbau von 1.250 Kilometern<br />

vorhandener Strecken vor. Die Neubaustrecken<br />

sollten nun nicht mehr „nur“ für<br />

250 km/h, sondern für 300 km/h ausgelegt<br />

werden.<br />

Neben der Anhebung der Reisegeschwindigkeit<br />

zielte die Maßnahme auf eine Entlastung<br />

der bestehenden Strecken. Der Mindestradius<br />

wurde mit 7.000 Metern festgelegt, das<br />

Lichtraumprofil sollte gegenüber dem Bestandsnetz<br />

mit einer Breite von 4,3 Metern<br />

und einer Höhe von 5,6 Metern vergrößert<br />

ausgeführt werden, um auch Lastkraft -<br />

wagen in geschlossenen Wagen befördern<br />

zu können. Weiterhin war vorgesehen, die<br />

Strecken dreigleisig auszuführen, um bei<br />

Bauarbeiten oder Betriebsstörungen den Verkehr<br />

weiterhin zuverlässig abwickeln zu<br />

können. Mit dem Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

wurde ein Fahrgastzuwachs von 70 Prozent<br />

erwartet.<br />

Die beiden Neubaustrecken<br />

Unter den Neubaustreckenprojekten kristallisierten<br />

sich zwei Verbindungen heraus,<br />

welche die <strong>Bundesbahn</strong> anging: Hannover –<br />

Würzburg und Mannheim – Stuttgart. Für<br />

die Neubaustrecke Hannover – Würzburg<br />

wurde am 4. August 1969 der Planungs auf -<br />

trag erteilt. Die Genehmigung des ersten Abschnitts<br />

von Hannover bis Rethen/Leine


Seit Ende Mai 1988 nimmt der IC-Verkehr<br />

zwischen Fulda und Würzburg den Weg<br />

über die Neubaustrecke. Im Oktober des<br />

Jahres ist eine 120 mit ihrem Zug nach<br />

Hamburg unterwegs und profitiert dabei<br />

von der direkten und doch nahezu ebenen<br />

Streckenführung durch die Mittelgebirge<br />

Zeno Pillmann<br />

folgte am 16. Juli 1973, am 27. Mai 1979 ging<br />

mit dem kurzen Stück Hannover Bismarckstraße<br />

– Rethen/Leine der erste Abschnitt<br />

einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in<br />

Deutschland in Betrieb. Die Bauarbeiten, die<br />

am 10. August 1973 begonnen hatten, erforderten<br />

erheblichen Aufwand. Teils verlief die<br />

neue Strecke parallel zur alten Nord-Süd-<br />

Strecke, sehr viel öfter wurde sie aber auf<br />

fast gerader Linie durch die Mittelgebirge<br />

gezogen, um auch für Güterzüge geeignet zu<br />

sein. Diese Streckenführung erforderte aufwendige<br />

Tunnel- und Brückenbauten.<br />

Mit dem Sommerfahrplan 1988 konnte die<br />

DB – 19 Jahre nach der Vergabe des Planungsauftrages<br />

– den ersten größeren Abschnitt<br />

Der erste größere Teil<br />

einer Neubaustrecke<br />

ging 1988 in Betrieb<br />

der Neubaustrecke in Betrieb nehmen. Von<br />

nun an fuhren Fernreisezüge planmäßig zwischen<br />

Fulda und Würzburg über die neue<br />

Strecke. Weil die geplanten Hochgeschwindigkeitszüge<br />

für 250 km/h noch nicht zur Verfügung<br />

standen, lag die Geschwindigkeit zunächst<br />

bei 200 km/h.<br />

1976 begannen die Bauarbeiten für die<br />

zweite Neubaustrecke Mannheim – Stutt -<br />

gart. Auch hier galt es Mittelgebirge zu überwinden;<br />

zusätzlich wurde der Bahnhof<br />

Vaihingen/Enz weitgehend umgebaut. Und<br />

wieder war die Errichtung eine aufwendige,<br />

Gleich neben der Neubaustrecke Fulda – Würzburg rollt am 13.Mai 1988 eine<br />

Schienenbus-Garnitur von Bad Brückenau nach Jossa (Bild bei Altengronau).<br />

<strong>Zwei</strong> Wochen später geht die Neubaustrecke in Betrieb, während der<br />

Personenverkehr Jossa – Bad Brückenau endet Dr. Dietmar Beckmann<br />

In Kürze<br />

Ausbaustrecken<br />

Parallel zu den Neubaustrecken baute<br />

die DB auch bestehende Strecken für<br />

Fahrten mit 200 km/h aus. Den Anfang<br />

machte der Abschnitt München – Augsburg,<br />

auf dem man 1965 schon bei<br />

Demon s tra tionsfahrten zur Internationalen<br />

Verkehrsausstellung Sonderzüge<br />

mit Tempo 200 eingesetzt hatte. Das<br />

Tempo 200 wurde später vorübergehend<br />

zugelassen, dann die Geschwindigkeit<br />

aber doch wieder reduziert. Bis 1977<br />

folgte schließlich der Ausbau des Abschnitts<br />

für den planmäßigen Verkehr<br />

von 200 km/h. Zum Sommerfahrplan<br />

1978 konnte auf weiteren 130 Kilometern<br />

Streckenlänge regulär 200 km/h<br />

gefahren werden; möglich war dies auf<br />

den Strecken Hamburg – Bremen, Uelzen<br />

– Langenhagen und Donauwörth –<br />

Augsburg. Mit Beginn des Sommerfahrplans<br />

1981 standen 256,3 Kilometer Ausbaustrecken<br />

für 200 km/h zur Verfügung,<br />

Ende 1988 waren es 640 Kilometer.<br />

langwierige Sache. 1987 ging bei Graben-<br />

Neudorf ein erster Abschnitt in Betrieb, die<br />

komplette Inbetriebnahme geschah allerdings<br />

erst zum 2. Juni 1991, gemeinsam mit<br />

dem Start des ICE-Verkehrs. Damit hatte die<br />

DB den Hochgeschwindigkeitsverkehr (auf<br />

einer ersten Linie) realisiert.<br />

Insgesamt kosteten die 427 Kilometer langen<br />

Abschnitte der beiden Neubaustrecken<br />

umgerechnet rund acht Milliarden Euro. Für<br />

den Reiseverkehr brachten sie erhebliche<br />

Zeitvorteile, wenngleich die (sehr optimistische)<br />

Kalkulation von 70 Prozent Fahrgastzunahme<br />

nicht erreicht wurde.<br />

Weitere Planungen<br />

In der Praxis zeigte sich, dass ein Misch -<br />

betrieb von schnellen Reisezügen und langsameren<br />

Güterzügen ohne zusätzliche Maßnahmen<br />

nicht möglich ist. Daher ging man<br />

bei den nächsten Projekten dazu über, sie<br />

allein für den Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

zu bauen. Eines der wichtigsten Vorhaben,<br />

die Strecke Köln – Frankfurt, war auch schon<br />

in den <strong>1970</strong>er-Jahren geplant, aber wegen<br />

der hohen Kosten zunächst zurückgestellt<br />

worden. Sie wurde erst von der <strong>Bundesbahn</strong>-<br />

Nachfolgerin Deutsche Bahn AG realisiert<br />

und 2002 eröffnet.<br />

Die Idee, die Fahrten im Streckennetz zu<br />

beschleunigen, hat man aber selbst heute<br />

nicht ganz umgesetzt. Denn auch mehr als<br />

40 Jahre nach dem Baubeginn der ersten<br />

Neubaustrecken fahren Hochgeschwindigkeitszüge<br />

auf manchen Abschnitten noch so<br />

schnell wie vor über 100 Jahren.<br />

Zeno Pillmann/GM<br />

77


Momentaufnahmen | BUNDES<strong>BAHN</strong> IM ZEITGEIST<br />

Party<br />

stimmung<br />

Aktuelle Trends? Klaro, die nahm die DB-Werbung gerne<br />

mal mit. Hier und da probierte sie auch Neues aus – die<br />

<strong>1970</strong>er ging sie ganz easy an, die 1980er wurden rosarot ...<br />

Wohlfühlfarben für den Urlaub: Verlockendpsychedelisch<br />

lädt die DB Ende <strong>1970</strong> zu einer<br />

Bahnfahrt ein. Das heißt, zur Vorstufe davon:<br />

einem Reisegutschein Slg. Oliver Strüber Die Dampflok – altmodisch? Nicht bei der Aktion für Teens und Twens<br />

von 1972! Begleitet von einem eigenen Song (hier das Plattencover) und<br />

sogar Konzerten bietet die <strong>Bundesbahn</strong> Jugendlichen Sonderfahrpreise an<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Kräftige Farben sind „in“ und<br />

da zögert auch die <strong>Bundesbahn</strong>-<br />

Hauszeitschrift nicht. Mit<br />

expressiver Gestaltung<br />

empfängt sie die Leser in den<br />

Mitt-Siebzigern; hier das<br />

Frühlingsmotiv von Heft 4/1975<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Einen ungewöhnlichen<br />

Reiseleiter hat die BD<br />

Karlsruhe in den frühen<br />

<strong>1970</strong>ern für die Kunden<br />

parat. Der „DB-Kater“<br />

ziert Werbebroschüren<br />

und ist manchmal auch<br />

als Schlüsselanhänger<br />

unterwegs ... Slg. Fritz Traser<br />

78


Anfang der 1980er setzt die Hauszeitschrift<br />

auf zurückhaltenderes<br />

Design, Fahrzeuge und Technik nah<br />

am Betriebsgeschehen. Im Bild der<br />

Titel von Heft 4/1981 Slg. Oliver Strüber<br />

Wer sagt, dass die<br />

Achtziger unterkühlt<br />

sind? Der rosarote<br />

Elefant beweist das<br />

Gegenteil. Von 1983 an<br />

tanzt er durch die<br />

DB-Werbung, propagiert<br />

Sonderfahrpreise<br />

für alle und mausert<br />

sich zur erfolgreichsten<br />

Werbefigur dieses<br />

<strong>Bundesbahn</strong>-<br />

Jahrzehnts<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Mit dem ICE beginnt die Zukunft. Ende der 1980er<br />

bewirbt die DB den neuen Superzug, genauer: den<br />

Versuchsträger als Vorläufer. Aus dieser Zeit stammt<br />

der Aufkleber mit dem Regenbogen Slg. Karl Laumann<br />

Das Jahrzehnt geht, die bunten Farben bleiben,<br />

die jungen Leute werden cool: So sieht es die<br />

Jugendzeitschrift der <strong>Bundesbahn</strong> auf<br />

dem Titel von Ausgabe 4/1979<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 79


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| START INS DREHSTROM-ZEITALTER<br />

Im Mai 1981 läuft die Erprobung<br />

der Vorserien-120 und in dem<br />

Rahmen hat 120 002 in München<br />

Hbf einen Intercity übernommen<br />

Zeno Pillmann<br />

Die Technologie<br />

Neue Komponenten machten seit den 1960er-Jahren<br />

eine großflächige Verwendung der Drehstromtechnik<br />

bei der Eisenbahn möglich. Die DB ergriff die Chance:<br />

1979 machte sie mit der Vorserien-Ellok 120 den Anfang<br />

Für den Bahnbetrieb bietet der Drehstrommotor<br />

ideale Bedingungen. Er<br />

kann gegenüber den anderen elektrischen<br />

Motoren bei gleicher Leistung kleiner<br />

ausgeführt werden, lässt sich auf Grund der<br />

geringeren Größe einfacher einbauen und<br />

hat ein geringeres Gewicht. Ein weiterer Vorteil<br />

ist, dass der Motor wegen der nicht erforderlichen<br />

Kommutatoren insbesondere im<br />

Stand und beim Anfahren mit geringen Geschwindigkeiten<br />

extrem hoch überlastet werden<br />

kann. Dreht sich der Rotor schneller als<br />

es der Synchrondrehzahl entspricht, wirkt<br />

er als Generator bremsend und kann somit<br />

zur Bremsung sowie zur Energierückgewinnung<br />

eingesetzt werden.<br />

Allerdings stehen den Vorteilen beim<br />

Bahnbetrieb auch zwei schwer wiegende<br />

Nachteile entgegen: Da die Motordrehzahl<br />

durch die Frequenz bedingt ist, waren mit<br />

vertretbarem Aufwand nur wenige feste<br />

Drehzahlstufen möglich. Zudem lässt sich<br />

Drehstrom nur mittels einer dreipoligen Lei-<br />

80<br />

der Zukunft<br />

tung zuführen, wobei beim Bahnbetrieb die<br />

dritte Leitung über die Schiene führt, damit<br />

also noch zwei getrennte parallele Leitungen<br />

notwendig waren. Daher konnte sich die<br />

Drehstromantriebstechnik im Bahnbetrieb<br />

zunächst nicht in größerem Maße durch -<br />

setzen. Erst mit der Halbleitertechnik war es<br />

möglich, aus dem einphasigen Bahnstrom<br />

16 2/3 Hz mit vertretbarem Aufwand Drehstrom<br />

mit variabler Frequenz und Spannung<br />

herzustellen.<br />

Der Entwicklungsweg zur 120<br />

Die rasanten Erfolge in der modernen Halbleitertechnik<br />

veranlassten BBC zusammen<br />

mit Henschel 1965 zur Entwicklung einer<br />

neuen Lokomotivgeneration. Durch den nun<br />

möglichen Bau leistungsfähiger Dioden und<br />

Thyristoren wollte man den Drehstrom -<br />

antrieb auch im Bahnbetrieb einsetzen.<br />

Dioden wie Thyristoren sollten dazu dienen,<br />

auf dem Triebfahrzeug einen Strom mit<br />

variablen Frequenzen herzustellen, wie er<br />

zur Steuerung des Drehstrommotors erfor -<br />

der lich war. Auch die DB war auf diese neue<br />

Technologie aufmerksam geworden.<br />

Da anfangs noch Probleme bestanden,<br />

den Bahnstrom umzuformen, sollte eine<br />

dieselelektrische Versuchslok die Möglichkeiten<br />

der Drehstromantriebstechnik aus -<br />

loten. Es entstanden drei Triebfahrzeuge,<br />

die als DE 2500 bezeichnet und bei der <strong>Bundesbahn</strong><br />

erprobt wurden. Als Erste wurde<br />

202 002 im März 1971 fertig gestellt, 202 003<br />

und 004 folgten zwei Jahre später. Die Dieselloks<br />

bewährten sich von Anfang an und<br />

zeigten deutlich die Überlegenheit des Drehstromantriebes.<br />

Daraufhin beauftragte die DB im Jahr<br />

1973 die Firma BBC mit der Entwicklung<br />

einer elektrischen Hochleistungslokomotive<br />

mit Drehstromantriebstechnik. Zunächst<br />

wurde 202 002 mit einem Steuerwagen fest<br />

gekuppelt, in dem man die elektrische Ausrüstung<br />

zur Umformung des Bahnstroms<br />

unterbrachte. Das Gespann ging 1974 in Betrieb.<br />

Im Februar 1975 war klar, dass man<br />

mittels der Halbleitertechnik eine mit dem<br />

einphasigen Bahnstrom gespeiste und mit<br />

dreiphasigen Drehstrommotoren angetriebene<br />

Lokomotive bauen konnte. Diese Technik<br />

ermöglichte es, die immer schon gewünschte<br />

Universallokomotive zu schaffen,<br />

die schnelle Reisezüge und schwere Güterzüge<br />

befördern konnte.<br />

Die Vorserie der 120<br />

Infolge dessen bestellte die DB fünf elektrische<br />

Versuchslokomotiven der Baureihe 120.


Im Jahr 1987 beginnt<br />

die Serienlieferung<br />

der Baureihe 120.<br />

Geschmückt und im<br />

neuen Farbschema<br />

der DB lackiert, steht<br />

120 103 als erstes<br />

Exemplar im Ausbesserungswerk<br />

München-Freimann<br />

cws<br />

werden. Bei der Wiederholung 1982 schnitt<br />

die 120 dann besser ab und war sogar der<br />

bisher im Bergdienst Maßstäbe setzenden<br />

Re 4/4 der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn<br />

überlegen.<br />

Während der Erprobung der 120 passte<br />

man noch weitere Bauteile an. Die Netzbremse<br />

erwies sich als betriebssicher, so<br />

dass man auf die Widerstandsbremse verzichten<br />

konnte. Wie erwartet, waren die<br />

Werkstattkosten deutlich günstiger als bei<br />

den bisherigen Maschinen.<br />

Die dieselelektrischen Lokomotiven DE 2500<br />

alias 202 002–004 dienen in den <strong>1970</strong>er-Jahren<br />

als Erprobungsträger für die Drehstromtechnik<br />

Slg. Oliver Strüber<br />

Der Entwicklungsauftrag wurde 1976 unterzeichnet,<br />

die Lieferverträge folgten 1977. Die<br />

Planung des mechanischen Teils übernahm<br />

eine Arbeitsgemeinschaft aus Krauss-Maffei,<br />

Krupp und Thyssen-Henschel. Krauss-<br />

Maffei, das die Federführung innehatte,<br />

baute eine Maschine, die beiden anderen<br />

Hersteller waren mit je zwei Loks vertreten.<br />

Die Entwicklung und Lieferung des elektrischen<br />

Teils oblag BBC. Die Leistung war von<br />

ursprünglich 4,4 MW auf 5,6 MW herauf -<br />

gesetzt worden. Eine Herausforderung war,<br />

die Gewichtsvorgabe von 84 Tonnen nicht zu<br />

überschreiten.<br />

Am 14. Mai 1979 wurde mit 120 001 die<br />

erste Einphasen-Wechselstromlokomotive<br />

mit Drehstrom-Asynchronmotoren der DB<br />

übergeben. Die anderen vier Maschinen folgten<br />

im selben Jahr. Selten gab es Triebfahrzeuge,<br />

die ähnlich viele Innovationen gleichzeitig<br />

in sich vereinten. Zum Beispiel waren<br />

die Aggregate im Innenraum erstmals beiderseits<br />

eines Mittelgangs platziert. Beim<br />

Bau hatten die Hersteller extrem leichte Materialien<br />

verwendet und es so geschafft, das<br />

geforderte Gewicht einzuhalten.<br />

Von Beginn an wurden die Fahrzeuge umfangreichen<br />

Versuchen unterzogen. Dabei<br />

zeigten die im Dezember 1980 auf der Lötschbergrampe<br />

durchgeführten Anfahrversuche<br />

zunächst nicht die erhofften Resultate; die<br />

Drehstromregeltechnik musste überarbeitet<br />

Die Serie der 120<br />

Im November 1984 bestellte die DB auf<br />

Basis der Versuchsfahrzeuge 36 Lokomotiven<br />

der Serie (Baureihe 120.1), wenig später<br />

nahm sie auch die Option für 24 weitere<br />

Maschinen wahr. Hatten 120 001-004 noch<br />

160 km/h erreicht, so legte man die Höchstgeschwindigkeit<br />

für die Serie wie bei 120<br />

005 auf 200 km/h fest. Im Januar 1987 rollte<br />

dann die erste Serienlok an. Ab 120 130<br />

wurden die Lokomotiven für den Einsatz<br />

auf den Neubaustrecken in druckdichter<br />

Ausführung geliefert, die vorigen 120er entsprechend<br />

nachge rüstet. Ab 120 136 erhielten<br />

die Maschinen eine andere Getriebeübersetzung<br />

für eine bessere Zugkraft im<br />

höheren Geschwindigkeitsbereich.<br />

Im Betriebsdienst setzte die DB die 120.1<br />

wie geplant universell ein. Die Loks zogen<br />

IC-Züge ebenso wie Güterzüge. Dabei bewährten<br />

sie sich recht gut, zu einer wei teren<br />

Bestellung des mit 19,20 Metern recht langen<br />

Vierachsers kam es aber nicht. Nach<br />

der <strong>1989</strong>/90 aufgenommenen Zusammen -<br />

arbeit von <strong>Bundesbahn</strong> und Reichsbahn<br />

machte die DR-Ellok 112 das Rennen, mit<br />

der Bahnreform ab 1994 wurden die Be -<br />

triebs sparten aufgeteilt und brauchten wieder<br />

spezialisierte(re) Lokomotiven.<br />

Unabhängig davon ist die 120 ein Meilenstein<br />

in der Geschichte der Elektrotraktion.<br />

Mit ihr etablierte sich die Drehstromtechnologie<br />

als zukunftsträchtige Antriebsform.<br />

In dem Zusammenhang lieferte sie<br />

auch wichtige Erkenntnisse für die nächste<br />

Fahrzeuggeneration im Fernverkehr: den<br />

ICE.<br />

Zeno Pillmann/GM<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| PRIVAT<strong>BAHN</strong>EN FAHREN FÜR DIE DB<br />

In der Bundesrepublik der <strong>1970</strong>er- und<br />

1980er-Jahre zeigte sich die Privatbahn-<br />

Landschaft schon recht zersplittert.<br />

Nicht wenige der „Nichtbundeseigenen Eisenbahnen“<br />

(„NE-Bahnen“) hatten vor der<br />

Konkurrenz des Straßenverkehrs kapitu -<br />

liert; der Reiseverkehr war nach dem Aufkommen<br />

privater Pkw eingestellt wor den,<br />

viele Werkbahnen gaben angesichts des<br />

übermächtigen Lkw-Verkehrs auf. Trotzdem<br />

bestand aber noch eine erkleckliche Zahl<br />

von NE-Bahnen. Unter ihnen waren auch einige<br />

Sonderfälle, die auf verschiedene Weise<br />

mit der <strong>Bundesbahn</strong> kooperierten. Manche<br />

Bahngesellschaften nutzten nicht nur die<br />

eigene Infrastruktur, sondern ebenso das<br />

DB-Netz. Oder umgekehrt fuhr die DB auf<br />

einigen NE-Bahnen Züge oder Kurswagenverbindungen.<br />

Wie das aussehen konnte,<br />

zeigen drei Beispiele.<br />

Werkbahn Wolff, Bomlitz – Cordingen<br />

Dies war wohl eine der ungewöhnlichsten<br />

Bahnen, die Personenverkehr auf <strong>Bundesbahn</strong>-Gleisen<br />

durchführten. Die Werkbahn<br />

hatte eine Konzession für den beschränkt<br />

öffentlichen Verkehr, den sie ursprünglich<br />

nur auf dem eigenen Streckenabschnitt mit<br />

Elloks betrieb. Doch schon ab 1948 fuhr sie<br />

bis Walsrode auf der Staatsbahnstrecke,<br />

wobei das Kursbuch die Züge auf dem Werk-<br />

In guter<br />

Gemeinschaft<br />

Im Normalfall lief der Betrieb bei <strong>Bundesbahn</strong><br />

und Privatbahnen getrennt. Doch es gab auch<br />

Kooperationen; ihre Anzahl war in den frühen<br />

<strong>1970</strong>er-Jahren sogar noch recht stattlich<br />

bahnabschnitt verschwieg. Diese Situation<br />

ist auch noch im Kursbuch vom Sommer<br />

1979 erkennbar: Die Tabelle der Strecke 163<br />

weist neben etlichen Zugpaaren Vissel -<br />

hövede – Walsrode in der einen Richtung drei,<br />

in der anderen vier Züge aus, die nur zwischen<br />

Cordingen und Walsrode unterwegs<br />

sind. Tatsächlich aber verkehrten diese<br />

weiter ab/bis Bomlitz.<br />

Zum Ende des Winterfahrplans 1979/80<br />

stellte die DB dort den eigenen Reisezug -<br />

betrieb ein. Daraufhin enthielt das Kursbuch<br />

neben dem Einstellungshinweis die Infor -<br />

mation, dass die verbliebenen drei Zugpaare<br />

„ab/bis Bomlitz Werk“ verkehren. Aus Lage<br />

und Verkehrstagen der Züge ist erkennbar,<br />

welche dem Arbeiter- und welche dem Schülerverkehr<br />

dienten. Das Kursbuch vom Sommer<br />

1984 erkannte dann die tatsächliche<br />

Situation an: Nun war die Streckentabelle<br />

163 für Waldsrode – Bomlitz angelegt. Allerdings<br />

war das Zugangebot auf ein Schülerzugpaar<br />

geschrumpft, den Rest wickelte<br />

man mit Bussen ab. Die Karte zeigte die<br />

Strecke Visselhövede – Walsrode gestrichelt<br />

unter der Nummer 160, bei der mit recht missverständlichen<br />

Angaben einzelne Busverbindungen<br />

ausgewiesen sind.<br />

Butzbach-Licher Eisenbahn (BLE)<br />

Die Privatbahn in Mittelhessen hatte einen<br />

beträchtlichen Umsatzschwerpunkt im Rü-<br />

Der Kursbuchausschnitt<br />

vom Sommer 1981 zeigt<br />

auch einen Teil des von der<br />

Werkbahn Wolff bedienten<br />

Streckenabschnitts<br />

Bomlitz – Cordingen; er ist<br />

bei der Kursbuchstrecke<br />

Nummer 163 enthalten<br />

Slg. Dietrich Bothe<br />

Im Juli 1984 ist der Mittagszug 6394 mit Lok 8 der Werkbahn Wolff und zwei Vierachser-Umbauwagen<br />

in Bomlitz angekommen. Während die letzten Reisenden aussteigen, setzt sich im Vordergrund Lok 7 der<br />

Werkbahn Wolff ans Zugende, um die Garnitur zum Abstellbereich zu bringen Dietrich Bothe<br />

82


Überblick<br />

Kooperationen DB und NE-Bahnen <strong>1970</strong>–<strong>1989</strong><br />

Die Tabelle führt 23 NE-Bahnen auf, die in den <strong>1970</strong>er- und 1980er-Jahren entweder mit eigenen Zügen oder Fahrzeugen auf<br />

DB-Infrastruktur fuhren oder Kurswagen der DB auf eigenen Strecken beförderten. Bei den NE-Bahnen wie den DB-Strecken<br />

sind die Nummern der Kursbuch-Fahrplantabellen in dem ab 28. Mai 1972 gültigen System in Klammern angegeben.<br />

NE-Bahn Art DB-Strecke Zeitraum Bemerkung<br />

Nordfriesische Verkehrsbetriebe P Hamburg – Westerland (120) bis heute<br />

Niebüll – Dagebüll (126)<br />

Bremervörde – Osterholzer P Bremervörde – Bremen (210) bis So 1975<br />

Eisenbahn (113)<br />

Meppen – Haselünner Eisenbahn (MHE) G Lewinghausen – Löningen, 1974 –1975<br />

Löningen – Essen (Old.) 1979<br />

Verden – Walsroder Eisenbahn R, G Bahnhof Nienburg, Verden, R bis 1977,<br />

diverse Strecken im Güterverkehr G bis 1978<br />

Werkbahn Wolff, P Cordingen – Walsrode (163) bis 1991<br />

Walsrode Bomlitz – Cordingen<br />

Osthannoversche Eisenbahnen R, Üg Bahnhof Celle, Übergaben R bis 1976,<br />

Celle – Wietze Üg bis 1973<br />

Osterwiek – Wasserlebener Eisenbahn P, Üg, R diverse Strecken und Bahnhöfe P bis Wi 1977/78,<br />

(OWE)/ Verkehrsbetriebe Hornburg im Harzvorland Üg, R bis 1973<br />

(VH) (233)<br />

Ilmebahn (256) P, G, R Einbeck – Salzderhelden (256) bis 1982<br />

Kreiensen – Seesen (235) 1971–1982<br />

Vorwohle – Emmerthaler P, R Emmerthal – Hameln (260, 261), P bis So 1982,<br />

Verkehrsbetriebe (261) Bahnhof Hameln R bis 31.12.1974<br />

Teutoburger Waldeisenbahn (TWE) G Lingen – Ibbenbüren und ab 1983<br />

Ibbenbüren – Hövelhof<br />

Hövelhof – Paderborn Nord<br />

Mindener Kreisbahn R Minden ca. <strong>1970</strong>–1974<br />

Westfälische Landeseisenbahn (WLE) P, G Beckum – Neubeckum (208) bis Wi 1974/75,<br />

Münster – Lippstadt – Warstein (208)<br />

G bis heute<br />

Westfälische Landeseisenbahn (WLE) G WLE-Strecke Wiedenbrück – G bis 1990<br />

Wiedenbrück – Sennlager<br />

Sennlager, Betriebsführung<br />

durch DB<br />

Kassel – Naumburg (531) P Kassel-Wilhelmshöhe – bis 03.09.1977<br />

Kassel Hbf (530, 531)<br />

Hersfelder Kreisbahn (503) P, G Heimboldshausen – P bis 1980<br />

Philippsthal (ohne) G bis 1993<br />

Butzbach – Licher Eisenbahn R Butzbach DB seit 01.1976<br />

Frankfurt-Höchst – Königstein (595) P Frankfurt-Höchst – bis Wi 1977/78,<br />

Frankfurt Hbf (598) ab So 1987<br />

Lokalbahn Lam – Kötzting/ P, G Kötzting – Cham (864), P bis heute,<br />

Regentalbahn (864) Kötzting – Miltach (G) G ca. 1975– 1994<br />

Tegernseebahn P Schaftlach – Tegernsee bis 1998, dann<br />

Übergang auf BOB*<br />

WNB Korntal – Weissach (793) P Korntal – Stg-Zuffenhausen (792) bis Wi 1973/74<br />

SWEG Neckarbischofsheim – P Meckesheim – Aglaster- seit 1969<br />

Hüffenhardt (563) hausen (562)<br />

Meckesheim – Heidelberg (561)<br />

SWEG Bad Krozingen – P Bad Krozingen – Freiburg (700) seit 1955<br />

Untermünstertal/Staufen (719)<br />

SWEG Haltingen – Kandern (731) P Haltingen – Basel Bad (700) <strong>1970</strong>–1981<br />

Kurswagen der DB aus diversen Orten auf eigener<br />

Strecke<br />

Personenverkehr, teilweise nur bis Bremen-Burg,<br />

auch Eilzüge<br />

jeweils Vorabübernahme des Güterverkehrs vor<br />

Eigentumsübergang der Streckenabschnitte<br />

von der DB auf die MHE<br />

Züge Walsrode – Bomlitz (Cordingen – Bomlitz<br />

zeitweise nur in Form eines allgemeinen Hinweises<br />

im Kursbuch enthalten)<br />

Umfirmierung der OWE 1973 zu VH;<br />

eigener Personenverkehr ab Anfang der <strong>1970</strong>er-<br />

Jahre nur morgens und abends als Zubringer<br />

zu DB-Leistungen<br />

Umbenennung der Bahnhöfe: Salzderhelden<br />

1978 in Einbeck, 1994 in Einbeck-Salzderhelden,<br />

Einbeck 1978 in Einbeck Mitte<br />

Kursbuchtabelle 261 durchgängig Hameln –<br />

Kirchbrak<br />

Stahlzüge für Firma Benteler als Kompensation<br />

für Einstellung der Übergabe TWE – DB in<br />

Ibbenbüren und Hövelhof<br />

Staatsbahnstrecke, Konzession bis heute bei DB,<br />

seit 1958 Betriebsführung WLE<br />

WLE als Konzessionsinhaber, G seit 1958 im<br />

usch gegen Betriebsrechte Beckum – Neubeckum<br />

an DB übergegangen. Stilllegung G Delbrück –<br />

Sennelager 1966, Rest 1990<br />

Kursbuchtabelle 531 durchgängig Kassel Hbf –<br />

Naumburg<br />

im Personenverkehr einzelne Züge, Güterverkehr<br />

zeitweise auch DB über Gerstungen (DDR),<br />

teilweise durch Werklok der Kali + Salz<br />

1974–1982 Betriebsführung DB<br />

ab 01.1974 wg. fehlender Indusi mit Wendezuggarnitur<br />

der DB, 1974–1982 Betriebsführung DB,<br />

ab 1987 mit neuen VT2E-Triebwagen von LHB<br />

durchgehende Züge und Kilometrierung,<br />

zeitweise gemischter Betrieb durch LLK/RAG<br />

und DB. 1973 Übernahme LLK durch RAG<br />

durchgehende DB-Wagengruppen aus/nach<br />

München, nur geringer Lokalverkehr<br />

einzelne Züge im Berufsverkehr<br />

einzelne Zugleistungen im Schülerverkehr,<br />

1982 Übernahme des Betriebs Meckesheim –<br />

Aglasterhausen durch SWEG, danach einzelne<br />

Züge bis/ab Heidelberg Hbf<br />

einzelne Züge bis/ab Freiburg<br />

einzelne Züge bis/ab Basel Bad<br />

Abkürzungen, soweit nicht in Tabelle/Text genannt: P = Personenverkehr, G = Güterverkehr, Üg = Übergaben, R = Rangierdienst, So = Sommerfahrplan, Wi = Winterfahrplan;<br />

BOB = Bayerische Oberlandbahn, LHB = Linke-Hofmann-Busch, SWEG = Südwestdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, WNB = Württembergische Nordbahn<br />

* Der Betrieb durch die BOB geschieht im Auftrag der Bayerischen Eisenbahn-Gesellschaft, unabhängig von der Deutscher Bahn AG<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 83


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| PRIVAT<strong>BAHN</strong>EN FAHREN FÜR DIE DB<br />

Im August 1981 hat die Regentalbahn-Lok D II den Nahverkehrszug<br />

8576 nach Cham gebracht; auf dem Nachbargleis steht<br />

Schienenbus 798 733 als N 6522 nach Schwandorf Dietrich Bothe<br />

Auch auf der Kursbuchstrecke 864 teilte sich<br />

die <strong>Bundesbahn</strong> das Personenzugangebot<br />

mit einer Privatbahn; die Regentalbahn war<br />

für den Betrieb zwischen Kötzting und Lam<br />

zuständig. Im Bild der Kartenausschnitt vom<br />

Sommer 1979 Slg. Dietrich Bothe<br />

benverkehr. Allerdings ermöglichte dieser<br />

nur jeweils ein Vierteljahr lang einträgliche<br />

Geschäfte. Nachdem der Personenverkehr<br />

eingestellt und der Güterverkehr außer den<br />

– ebenfalls unregelmäßigen – Militärtransporten<br />

belanglos geworden war, fehlte eine<br />

dauerhafte Einnahmequelle. Im Jahr 1974<br />

übernahm die <strong>Bundesbahn</strong> die Betriebsführung<br />

der Butzbach-Licher Eisenbahn und<br />

beauftragte sie ab 1976, die Rangierdienste<br />

im DB-Bahnhof Butzbach zu übernehmen.<br />

So waren abwechselnd die beiden vierachsigen<br />

Henschel-Dieselloks V 116 und V 126 dort<br />

zu sehen. Obwohl der Betriebsführungsvertrag<br />

1982 wieder endete, konnte man auch<br />

später noch die Dieselloks der BLE im Bahnhof<br />

im Einsatz erleben.<br />

84<br />

Lok V 116 der Butzbach-Licher Eisenbahn rangiert im August 1981 im Bahnhof Butzbach;<br />

so konnte man es noch viele weitere Jahre beobachten, obwohl der Betriebsführungsvertrag<br />

mit der DB 1982 wieder endete Dietrich Bothe<br />

Lokalbahn Lam – Kötzting (LLK)<br />

Bereits zu Zeiten der königlich bayerischen<br />

Staatsbahn hatte die Privatbahn zeitweise<br />

die Betriebsführung der damaligen Lokalbahn<br />

Lam – Kötzting inne. Seither ist es auch<br />

Usus, dass die Züge zwischen Cham und<br />

Lam durchgebunden sind, wobei diese teilweise<br />

durch die Staatsbahn, teilweise durch<br />

die LLK gefahren wurden. Das Kursbuch<br />

wies die Gesamtstrecke traditionell unter<br />

einer Nummer aus, wobei der Staatsbahnund<br />

der Privatbahnabschnitt durch Hin -<br />

weise auf die Direktionszugehörigkeit sau -<br />

ber getrennt wurden. Daneben waren auch<br />

die Strecken von Straubing (Streckennummer<br />

875) und von Gotteszell (867) im Kursbuch<br />

jeweils bis/ab Cham aufgeführt. Im<br />

Sommer 1979 fuhren nur drei Zugpaare über<br />

die Gesamtstrecke von Cham bis Lam; sie<br />

wurden von der Regentalbahn gefahren, die<br />

1973 die LLK übernommen hatte. Nachmittags<br />

gibt es eine Verbindung Straubing – Miltach<br />

– Kötzting – Cham – Miltach – Straubing<br />

und abends ein Zugpaar Straubing – Miltach<br />

– Kötzting und zurück, die durch die DB mit<br />

Schienenbussen der Baureihe 798 gefahren<br />

wurden; sie blieben damit auf den Staatsbahnabschnitt<br />

beschränkt.<br />

Ungeachtet dieser drei Beispiele ging die<br />

Zusammenarbeit in den späteren <strong>Bundesbahn</strong>-Jahren<br />

merklich zurück. Die Zahl der<br />

Kooperationen schrumpfte von <strong>1970</strong> bis 1980<br />

auf etwa die Hälfte, Tendenz weiter sinkend.<br />

Geradezu antizyklisch waren dagegen die<br />

Aktivitäten der Teutoburger Wald-Eisenbahn<br />

und der Frankfurt-Königsteiner Eisenbahn;<br />

beide gingen in den 1980er-Jahren eine Zusammenarbeit<br />

mit der DB (wieder) ein.<br />

Dietrich Bothe


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Rückblick<br />

86<br />

| ALS LOKFÜHRER BEI DEN JUBILÄUMSFAHRTEN<br />

Auf diese Treffen freute er sich seit jeher.<br />

Jürgen Kliemt, früher Lokheizer, kam<br />

zusammen mit Helmut Wolfrom, früher<br />

einmal „sein“ Lokführer. Etliche Dienste<br />

hatten sie in den 1960ern auf der Schnellzugdampflok<br />

01 abgeleistet, kameradschaftlich,<br />

im Team. Später war Kliemt selbst Lokführer<br />

geworden. Und nun, im Jahre 1984, hatte Helmut<br />

Wolfrom eine Überraschung für ihn<br />

parat. Oder besser, eine Frage. Ob Jürgen<br />

Kliemt Lust habe, wieder Dampflok zu fahren?<br />

Die Antwort: „Natürlich.“ Und schwupp,<br />

war Kliemt drin in der Lokführer-Mann -<br />

schaft für das Eisenbahn-Jubiläum.<br />

Vier Loks, 27 Freiwillige<br />

Mit viel Ausdauer und Geschick hatten<br />

einige DB-Obere, allen voran Horst Troche<br />

als Leiter des Werkstättenwesens, die Dampflok-Sonderfahrten<br />

für den Sommer 1985<br />

durchgeboxt. Hatten es geschafft, diesen<br />

Programmpunkt der Jubiläumsfeiern auch<br />

gegen Widerstand in den eigenen Reihen zu<br />

etablieren. Hatten erreicht, dass das Dampflokverbot<br />

für zwei Strecken ausgesetzt<br />

wurde und die Aufarbeitung geeigneter<br />

Lokomo tiven begann. Vier Maschinen waren<br />

für die Züge von Nürnberg nach Amberg und<br />

Bayreuth vorgesehen: die Schnell zug lok<br />

01 1100, die Personenzuglok 23 105, die Güterzuglok<br />

50 622 und die Tenderlok 86 457.<br />

So wie Jürgen Kliemt meldeten sich insgesamt<br />

27 Lok führer, um als Freiwillige zu<br />

heizen oder am Regler zu stehen. Vielen erging<br />

es wie Kliemt, den der „Dampf-Virus“<br />

einfach nicht losließ. Im Alltag fuhr er längst<br />

Diesel- und Elloks, die moderner, kräftiger<br />

und leichter zu handhaben waren als die<br />

kohlegefeuerten Veteranen früher. Doch die<br />

Atmo sphäre auf dem Dampflok-Führer -<br />

stand, das Miteinander von Lokführer und<br />

Heizer hatte er noch in guter Erinnerung. Gut<br />

genug, um es wieder erleben zu wollen.<br />

Freilich mussten die „neuen“ Dampflokpersonale<br />

vorher ihre Kenntnisse auf -<br />

frischen. 15 Jahre lag die Stationierung der<br />

letzten „fauchenden Ungetüme“ in Nürnberg<br />

zurück, die letzten Dampflok-Dienste waren<br />

zehn Jahre zuvor beendet worden. Also<br />

stand zunächst einmal Theorie auf dem Lehrplan<br />

– vermittelt von Ausbildern, die noch<br />

genügend Erfahrung aus der Dampfzeit mitbrachten.<br />

Im Januar 1985 folgten die ersten<br />

Schulungsfahrten. Auf dem Führerstand von<br />

50 622 übten die Freiwilligen zwischen Nürnberg<br />

und Amberg die Arbeitsabläufe ein.<br />

Die Jubiläums-Saison<br />

Als sich am 16. Mai 1985 der erste Sonderzug<br />

mit Reisenden auf den Weg machte, war die<br />

Begeisterung riesengroß. Endlich wieder<br />

Dampfloks auf DB-Gleisen! Das hatte es, abgesehen<br />

von den Probefahrten fürs Jubiläum,<br />

seit 1977 nicht mehr gegeben! Auf die Perso-<br />

Wieder mit<br />

Dampf<br />

Die Dampflok-Sonderzüge der <strong>Bundesbahn</strong> waren<br />

die Sensation des Eisenbahn-Jubiläums 1985. Nach<br />

Jahren des Verbots feierten die schwarzen Rösser im<br />

Raum Nürnberg eine triumphale Rückkehr. Jürgen<br />

Kliemt war mit dabei – als einer der Dampflokführer<br />

nale wartete ein gut gefülltes Programm: Bis<br />

in den Herbst hinein schnauften die Maschinen<br />

mit historischen Wagengarnituren ins<br />

Pegnitztal und nach Oberfranken. Außerdem<br />

waren da noch die Fahrzeugparaden, welche<br />

die <strong>Bundesbahn</strong> an den Septemberwochenenden<br />

in Nürnberg-Langwasser ausrichtete.<br />

Der Erfolg war überwältigend: Manche<br />

Züge hatten zehn bis zwölf Wagen, bei den<br />

Lokomotiven musste die DB aufstocken. Ursprünglich<br />

hatte 01 1066, ölgefeuerte Gastlok<br />

der Ulmer Eisenbahnfreunde, nur die ölgefeuerte<br />

Schwester 01 1100 vertreten sollen;<br />

diese war nicht rechtzeitig fertig geworden.<br />

Nun mietete die DB die Ulmer Maschine für<br />

die ganze Fahrsaison an, samt ihres Heizers<br />

Herbert Dorfschmied. Jürgen Kliemt wurde<br />

in dieser Zeit der ständige Lokführer; das<br />

Maschinenamt Nürnberg I hatte ihn nach<br />

bestandener Ölfeuerungsprüfung dazu<br />

bestimmt. Noch heute schwärmt er von der<br />

Öllok. „Ballern“ konnte sie, bei Betriebstemperatur<br />

richtig viel Kraft auf die Schienen<br />

bringen; trotzdem schonte sie den Heizer.<br />

Dienst<br />

bei der<br />

Im Laufe des Jubiläumssommers kam<br />

Kliemt auch auf den anderen Museumsmaschinen<br />

zum Einsatz. Als die DB noch 01 150<br />

aus Privatbesitz in den Bestand holte, bescherte<br />

ihm das ein freudiges Wiedersehen.<br />

Jene Lok kannte er aus den 1960er-Jahren;<br />

unter anderem mit „der 150“ hatten sie<br />

damals D-Züge nach Stuttgart gebracht.<br />

Nachteile und Vorteile<br />

Den Enthusiasmus um die Jubiläumsfahrten<br />

teilte indes nicht jeder Lokführer, nicht einmal<br />

in Nürnberg, wo die Eisenbahner tagein<br />

tagaus damit zu tun hatten. Jüngere spöttelten,<br />

man müsse schon blöd sein, wenn man<br />

sich die körperlichen Strapazen auf einer<br />

Dampflok aufhalse. Einwände, denen Jür -<br />

gen Kliemt mit Nachsicht begegnet. Nach<br />

dem Dampf-Aus, sagt er, war eben eine neue<br />

Lokführer-Generation in Nürnberg heran -<br />

gewachsen. „Die kannten das nicht mehr.“<br />

Vielleicht übersah mancher Kritiker auch<br />

die Vorteile, welche die Sonderfahrten brachten.<br />

Hatte doch die DB die Lokpersonale ei-<br />

Während der Jubiläumssaison 1985 ist 01 1066 von den Ulmer Eisenbahnfreunden die<br />

„Stammlok“ für Jürgen Kliemt. Zusammen mit dem „Stammheizer“ Herbert Dorfschmied (l.)<br />

fährt er zahlreiche Sonderzüge Slg. Jürgen Kliemt


Die Strecke Nürnberg – Bayreuth ist eine von<br />

zwei Verbindungen, auf denen die DB für das<br />

Jubiläum das Dampflokverbot aufgehoben hat.<br />

Im Sommer 1985 stampft 01 1100 mit ihrem<br />

Sonderzug auf dem berühmten Tunnel-Brücken-<br />

Abschnitt bei Velden heran Martin Weltner<br />

räumt, die schönen Dienste teils auch sehr<br />

anstrengende Dienste waren.<br />

Nach der Saison ist vor der Saison<br />

Bei der DB-Führung löste der Andrang zu<br />

den Jubiläumsfahrten ein Umdenken aus.<br />

Das Dampflokverbot begann zu wackeln; in<br />

der Folge wurden Dampfloks auch auf einigen<br />

anderen Strecken zugelassen. So konnte<br />

Jürgen Kliemt weiterhin „normale“ Dienste<br />

mit Dampfsonderzügen tauschen.<br />

Die Gemeinschaft der Personale aus den<br />

Jubiläums tagen blieb ebenfalls bestehen.<br />

Noch 1985 gründeten sie einen Verein, in dem<br />

sie sich bis heute treffen. Etwas Stolz<br />

schwingt dabei mit, das sagt schon der Name.<br />

Sie nennen sich die „Dampferer“. THD<br />

Seit Sommer 1985 darf Jürgen Kliemt den „Dampf-Virus“ wieder planmäßig ausleben. Im<br />

August <strong>1989</strong> hat er einen Sonderzug mit 01 1100 übernommen; auf dem Foto steht er vor dem<br />

mächtigen Fahrwerk der Schnellzuglok Siegfried Neumann/Slg. Jürgen Kliemt<br />

gens hierfür abgestellt. Es galten eigene<br />

Dienstpläne, die Einsätze wurden als<br />

normale Arbeitszeit angerechnet. Mit dem<br />

Bonus, dass nur Tagesfahrten anstanden.<br />

Nachtschichten blie ben den „Schwarz -<br />

kitteln“ von den Jubiläumszügen erspart.<br />

In der rundherum herzlichen Stimmung<br />

hoben sich die Einsätze ebenfalls vom Alltag<br />

ab. Für Jürgen Kliemt, der auch wieder<br />

einige Dienste mit seinem „alten Meister“<br />

Helmut Wolfrom fuhr, wie sonst. Überall erwarteten<br />

Scharen von Menschen gespannt<br />

die Dampfloks (und ihre Personale). Liebenswerte<br />

Gewohnheiten spielten sich ein: Manche<br />

Fans reisten regelmäßig mit und versorg-<br />

ten die Lokpersonale mit Bildern. Unterwegs<br />

passten Eisenbahnfreunde die Züge an den<br />

verschiedensten Stellen ab. Sehr beliebt war<br />

die „Fotowiese“ auf der Amberger Strecke<br />

bei Hartmannshof, die sich fast immer mit<br />

Leuten füllte. „Wenn da mal bloß 20, 30 Mann<br />

standen, hieß es auf der Lok gleich: Heute ist<br />

ja nichts los.“ Und schließlich knüpften die<br />

Eisenbahner neue Freundschaften, unter anderem<br />

zu Horst Troche. Der Initiator der<br />

Sonder fahr ten war ein häufiger Gast auf den<br />

Lokomotiven, dort mit allen auf Du und Du<br />

und hatte enorme Freude daran, selbst den<br />

Regler zu übernehmen. Das alles ließ verschmerzen,<br />

dass, wie Jürgen Kliemt ein -<br />

Zur Person<br />

Jürgen Kliemt<br />

Geboren im Jahr 1943, begann Jürgen<br />

Kliemt 1958 beim Bw Ansbach eine<br />

Schlosserlehre. Ab 1965 wurde er beim<br />

Bw Nürnberg Hbf zum Dampflokführer<br />

ausgebildet, von 1967 bis 1971 fuhr er<br />

auf der Baureihe 01 im D-Zug-Dienst<br />

sowie auf 64ern und 86ern auf Nebenbahnen.<br />

Zwischendurch erhielt er<br />

die Ausbildung für die Dieselloks 260<br />

und 211/212, bevor 1971 elektrische<br />

Triebfahrzeuge folgten. Im Laufe der<br />

Jahre war Kliemt unter anderem auf den<br />

Baureihen 103, 110, 118, 120, 144 sowie<br />

später dem ICE 1 und dem ICE 2 eingesetzt.<br />

Die Begeisterung für die Dampflok<br />

hat er sich bewahrt – bei DB-Sonderfahrten<br />

wie bei der Dampfbahn Fränkische<br />

Schweiz, für die der heutige Ruheständler<br />

noch als Lokführer aktiv ist.<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 87


Momentaufnahmen<br />

| ALTES UND NEUES BEI DER BUNDES<strong>BAHN</strong><br />

Zeitläufe<br />

88


Farbpalette nach <strong>Bundesbahn</strong>-Art: Die vier<br />

wichtigsten Lackierungskonzepte vereint das<br />

Foto vom Juni <strong>1989</strong> in Karlsruhe Hbf. 110 140 (l.)<br />

und 150 150 (Mitte) tragen mit Blau bzw. Grün<br />

noch die erste Farbgebung der Einheits-Elloks;<br />

110 247 (Mitte, mit französischem Militärzug)<br />

zeigt das Ozeanblau-Beige der <strong>1970</strong>er-Jahre,<br />

und die 218 ganz rechts erstrahlt im 1987 eingeführten<br />

Orientrot mit „Lätzchen“ Josef Mauerer<br />

Dass in den <strong>1970</strong>ern eine ganze Traktionsart aus dem Regelbetrieb verschwindet, macht den<br />

Wandel bei der DB besonders deutlich. Das Staatsunternehmen will sich ja auch als zukunftsorientiert<br />

präsentieren. Und doch bleibt neben der neuen Bahn immer noch Platz für die etwas ältere ...<br />

<strong>BAHN</strong> <strong>EXTRA</strong> 6/2014 89


Momentaufnahmen<br />

| ALTES UND NEUES BEI DER BUNDES<strong>BAHN</strong><br />

Unzählige Fans zieht es 1976 nach Ottbergen, wo das Bahnbetriebswerk<br />

noch 044 einsetzt. Im März des Jahres sind mit 044 067 und 044 256<br />

gerade zwei der wuchtigen Güterzugdampfloks in Aktion Georg Wagner<br />

Im Februar 1988 steht 221 127 mit einem<br />

Güterzug nach Duisburg-Wedau in<br />

Velbert. Jahrelang waren die 221 im<br />

Frachttransport des Ruhrgebiets präsent,<br />

im Juni 1988 stellt die DB sie ab; es<br />

handelt sich um die letzten Exemplare<br />

der Baureihe Thomas Feldmann<br />

Bei der <strong>Bundesbahn</strong> kamen die kleinen<br />

169er ein, zwei Mal in Süddeutschland herum,<br />

auf die alten Tage hin finden sie sich aber<br />

wieder auf ihrer Stammstrecke Murnau –<br />

Oberammergau ein. Im Juli 1981 ist 169 005<br />

im Güterverkehr eingesetzt; Aufnahme<br />

im Bahnhof Saulgrub Bodo Schulz<br />

90<br />

Die bayerischen Altbau-Elloks<br />

der Baureihe E 16/116 waren<br />

stets „heimatverbunden“; ihr<br />

Einsatzgebiet erstreckte sich auf die<br />

Verbindungen von und nach München.<br />

Mit einem langen Nahverkehrszug –<br />

samt Expressgut- und Gepäckwagen<br />

hinter der Lok! – fährt 116 001 im<br />

Jahr 1975 aus München Hbf aus<br />

Peter Schricker


Schlussakkorde<br />

44er-Mekka Ottbergen, 221-Hochburg Ruhrgebiet: Manche Dienststellen und Regionen verbindet<br />

man noch heute mit dem Einsatz bestimmter Baureihen, das heißt, mit deren letzten Diensten.<br />

Andere Baureihen bekamen auf ihre abschließenden Jahre hin überhaupt erst Aufmerksamkeit<br />

Erst in den letzten Einsatzjahren<br />

findet die 145 – die E 44 mit elektrischer<br />

Widerstandsbremse – größere<br />

Aufmerksamkeit bei Eisenbahnfreunden.<br />

Unter anderem, als sie<br />

Fernzüge in München Hbf rangiert,<br />

wie 145 170 im Juni 1981 Bodo Schulz<br />

91


Momentaufnahmen<br />

| ALTES UND NEUES BEI DER BUNDES<strong>BAHN</strong><br />

Lokomotivgenerationen<br />

In den <strong>1970</strong>er-Jahren reicht die Bandbreite von preußischen Länderbahnkonstruktionen<br />

über Entwicklungen der Vorkriegs-Reichsbahn bis zu aktuellen<br />

<strong>Bundesbahn</strong>-Neuschöpfungen. Ein Jahrzehnt später sind die Vertreter der Länderbahnzeit<br />

verschwunden; bis 1988 werden auch fast alle Reichsbahnloks abgestellt<br />

Für den schweren Güterverkehr<br />

holt die DB ab 1972 mit der<br />

Baureihe 151 Verstärkung.<br />

Als 151 004 im Juni 1975 an der<br />

Personalwechselstelle „Rather Straße“<br />

in Gremberg aufgenommen wird,<br />

hat sie gerade mal zwei Jahre<br />

Dienst hinter sich<br />

Peter Schiffer/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung<br />

92


Auch Bauzugdienste sind Dienste;<br />

im Oktober 1971 hat 094 307 eine solche<br />

Leistung in Hamburg-Wandsbek<br />

übernommen. Erst 1974 mustert die DB die<br />

letzten Exemplare der alten Preußin aus<br />

Georg Wagner<br />

Reichsbahn-Lokomotiven unter sich: 1979 stehen in Treuchtlingen zwei Altbau-Elloks der<br />

Baureihe 118 bereit und demonstrieren gleichzeitig die Verschiedenheiten zu <strong>Bundesbahn</strong>-Zeiten.<br />

Rechts 118 016 in klassischem Blau mit alten Lampen, links der Sonderling<br />

118 049 in Ozeanblau-Beige mit „Froschaugen“ Dr. Dietmar Beckmann<br />

Die „Bügelfalten“-110 gehört zu den<br />

klassischen DB-Elloks der Wirtschafts -<br />

wunderzeit. Wobei 110 365 in den <strong>1970</strong>erund<br />

1980er-Jahren eine Ausnahme<br />

darstellt: Versuchsweise trägt sie einen<br />

Warnanstrich. Im Mai 1981 ist die Lok<br />

mit E 3239 Hamburg – Helmstedt nach<br />

Lüneburg Hbf gekommen Johannes Poets<br />

Auf der Strecke Seesen – Göttingen fällt der<br />

Nahverkehr Anfang der 1980er-Jahre den<br />

Triebwagen der Baureihe 634 zu, <strong>Bundesbahn</strong>-Konstruktionen<br />

der 1960er-Jahre. Sie<br />

sind ein gewohnter Anblick (und gewohnter<br />

Komfort) für die Schüler, als sie im September<br />

1984 die Ankunft des N 6765 aus<br />

Osterode Süd erwarten Johannes Poets<br />

93


Momentaufnahmen<br />

| ALTES UND NEUES BEI DER BUNDES<strong>BAHN</strong><br />

In Limburg sind in den frühen <strong>1970</strong>er-Jahren nicht nur die<br />

dampflokbespannten Nahverkehrszüge einen Blick wert.<br />

Der Bahnsteig mit Holzbänken und „beschilderten“ Zugzielanzeigern<br />

samt Zeitangabe verbreitet ebenso nostalgisches Flair<br />

Heinz-Jürgen Hohlmann/Slg. Dr. Dietmar Beckmann<br />

Sprung zurück<br />

Allen Modernisierungsinitiativen zum Trotz:<br />

Die DB bewahrt sich viel aus den früheren<br />

Jahren. Sei es auf den ersten Blick, wie<br />

bei mancher Zuggarnitur, oder eher im<br />

Hintergrund, wie bei manchem Stellwerk.<br />

So oder so, der „Sprung zurück“ macht viel<br />

vom Charme aus, den der Bahnbetrieb<br />

in den <strong>1970</strong>ern und 1980ern noch hat<br />

Bewährte Technik: Die Kurbelstellwerke wurden zur Länderbahnzeit<br />

entwickelt. Einige sind auch noch bei der Deutschen<br />

<strong>Bundesbahn</strong> in Betrieb Dr. Dietmar Beckmann<br />

Als der Triebwagen 614 ausgeliefert wird,<br />

erprobt die <strong>Bundesbahn</strong> gerade das Konzept<br />

der „Popfarben“. Einige der Fahrzeuge behalten<br />

es – auch, als die DB sich farblich umorientiert.<br />

Sie halten so die Erinnerung an die frühen<br />

<strong>1970</strong>er wach (Foto: 614 002 auf der Strecke<br />

Mellrichstadt – Schweinfurt, August 1980)<br />

Johannes Poets<br />

94


Der Gepäckwagen an erster Stelle des Zuges<br />

ist das Neueste, was an diesem Julitag 1980<br />

im Nahverkehrszug 5507 nach Berchtesgaden<br />

mitfährt. Ellok 144 507 wie auch die<br />

Personenzugwagen stammen aus der<br />

Reichsbahnzeit vor 1945 Georg Wagner<br />

Tradition trifft Moderne: Zum<br />

Jubläum „150 Jahre deutsche<br />

Eisenbahnen“ reaktiviert die DB<br />

den Nachbau des „Adler-Zugs“.<br />

Am 30. November 1985 fährt<br />

er in Herford neben dem ICE/V<br />

vor, dem modernsten Fahrzeug,<br />

das die <strong>Bundesbahn</strong> seinerzeit hat<br />

Dietrich Bothe<br />

95


Strecken, Züge, Betrieb<br />

| DER HOCHGESCHWINDIGKEITSZUG ICE<br />

Zur Eröffnung der Neubaustrecke Fulda – Würzburg<br />

am 29. Mai 1988 kommt der ICExperimental als<br />

Sonder-ICE zum Einsatz, im Bild bei Oberkalbach.<br />

Auf den Tag vier Wochen zuvor hat die Garnitur<br />

auf der Neubaustrecke den neuen Weltrekord für<br />

Schienenfahrzeuge aufgestellt Georg Wagner<br />

Gelungenes<br />

Experiment<br />

Im Jubiläumsjahr 1985 präsentierte die DB ihren<br />

ersten Hochgeschwindigkeitszug. Stand das „E“<br />

von ICE damals noch für „Experimental“, begann<br />

sechs Jahre später mit dem weiterentwickelten<br />

Serienzug der planmäßige ICE-Verkehr<br />

Am 26. September <strong>1989</strong> präsentiert Krauss-<br />

Maffei in München den ersten Triebkopf<br />

eines Serien-ICE; die Kundenzeitung<br />

„Blickpunkt“ kündigt daraufhin eine „neue<br />

Bahnreiseära“ an Slg. Oskar Grodecke<br />

Den Schwerpunkt in der Fahrzeugentwicklung<br />

der Deutschen <strong>Bundesbahn</strong><br />

in den 1980er-Jahren stellte die<br />

Realisierung eines Hochgeschwindigkeitszuges<br />

dar. Schließlich nahmen die ersten<br />

Neubaustrecken, vor allem die Route Hannover<br />

– Würzburg, mehr und mehr Gestalt<br />

an. Und im Nachbarland Frankreich war der<br />

planmäßige Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

bereits 1981 gestartet – mit der beeindruckenden<br />

Fahrzeit von nur noch zwei Stunden für<br />

die rund 430 Kilo meter zwischen Paris und<br />

Lyon im Weltrekordzug TGV (Abkürzung für<br />

train à grande vitesse – auf Deutsch schlicht<br />

und einfach „Hochgeschwindigkeitszug“).<br />

Dass die Deutsche <strong>Bundesbahn</strong> schon<br />

vier Jahre später den ersten deutschen Hoch-<br />

96<br />

geschwindigkeitszug präsentieren konnte,<br />

glaubten 1981 nur die größten Optimisten.<br />

Zu wenig zielstrebig erschienen die Konzeptions-<br />

und Planungsarbeiten für ein kon -<br />

kretes Fahrzeug und die Zusammenarbeit<br />

zwischen Industrie, Politik und DB bis dato.<br />

Daran konnte auch das 1979 vorgestellte Projekt<br />

R/S-VD (Rad-/Schiene-Versuchs- und<br />

Demonstrationszug) nichts ändern, dessen<br />

Realisierung wegen der ungeklärten Finanzierung<br />

auf Eis lag.<br />

Aus R/S-VD wird ICE<br />

Doch dann ging es plötzlich ganz schnell:<br />

Mit dem Ziel, ihn zum 150-jähri gen Jubiläum<br />

der Eisenbahn in Deutschland 1985 auf das<br />

Gleis zu setzen, nahm der R/S-VD Fahrt auf.<br />

Im Sommer 1982 stand endlich die Finanzierung.<br />

Am 6. September des Jahres wurde der<br />

neue Name InterCityExperimental, kurz ICE,<br />

für den ersten deutschen Hochgeschwindigkeitszug<br />

präsen tiert, der ursprünglich aus<br />

zwei Triebköpfen und sechs Mittelwagen bestehen<br />

sollte. Aus Kostengründen wurde auf<br />

nur noch zwei Mittel wagen reduziert; den<br />

dritten „spendierte“ schließlich die <strong>Bundesbahn</strong><br />

nachträglich. Insgesamt kostete der<br />

Bau des InterCityExperimental 96 Millionen<br />

D-Mark, 60 Prozent davon trug das Bundesministerium<br />

für Forschung und Technik.<br />

Der Zug entstand in enger Kooperation<br />

bei verschiedenen Herstellern (Krupp,<br />

Krauss-Maffei, Thyssen-Henschel, Düwag,<br />

LHB, MBB). Die Firma Krupp betreute das


keits-Weltrekord für Schienenfahrzeuge aufstellte.<br />

In Deutschland hat diese Bestmarke<br />

bis heute Gültigkeit.<br />

Im öffentlichen Fahrgasteinsatz stand der<br />

InterCityExperimental dagegen nur rund<br />

zwei Wochen: Im Januar 1986 fuhr er als<br />

Nachläuferzug hinter planmäßigen IC-Zü -<br />

gen zwischen München und Frankfurt<br />

(Main) bzw. Frankfurt (Main) und Hannover.<br />

Die Fahrgäste wurde dabei zu ihren Komforteindrücken<br />

befragt.<br />

Während der Versuchsfahrten auf der Neubaustrecke hat man den ICExperimental im<br />

Bw Würz burg untergebracht; hier ein Triebkopf mit der Kupplungseinrichtung A. Bruse<br />

der erste Triebkopf und am 31. Juli die Mittel -<br />

wagen. Die erste offizielle Präsentations -<br />

fahrt des kurz zuvor zusammengestellten<br />

fünfteiligen Zuges führte am 27. September<br />

von München nach Ingolstadt. Unter der<br />

Baureihenbezeichnung 410 (Triebköpfe<br />

410 001 und 003, Mittelwagen 810 001, 002,<br />

003) wurde der Zug im Bahnbetriebswerk<br />

(Bw) Hamm stationiert, offiziell zählte er<br />

aber zum Bestand des Bw Frankfurt 1. Eigen -<br />

tümer war dabei nicht die DB, sondern das<br />

Hersteller-Konsortium.<br />

Seine erste Rekordfahrt absolvierte der<br />

neue Vorzeigezug der <strong>Bundesbahn</strong> am<br />

26. November 1985: Zwischen Gütersloh und<br />

Hamm erreichte er eine Geschwindigkeit<br />

von 317 km/h. Einen Meilenstein setzte er<br />

schließlich am 1. Mai 1988, als er auf der Neubaustrecke<br />

zwischen Fulda und Würzburg<br />

mit 406,9 km/h den damaligen Geschwindig-<br />

Projekt federführend. Industrie und<br />

<strong>Bundesbahn</strong> konnten bei der Realisierung<br />

auf zahlreiche Forschungsergebnisse<br />

und praktische Schnellfahrversuche<br />

(mit Loks der Baureihe<br />

103) aus den <strong>1970</strong>er-Jahren zurückgreifen.<br />

Wesentliche Merkmale des<br />

Zuges sollten die Aerodynamik sein<br />

– nicht nur aus technischen, sondern<br />

auch aus optischen Gründen – und<br />

ein im Vergleich zum französischen<br />

TGV deutlich höherer Komfort. Bei<br />

der Antriebstechnik (Drehstrom, vier<br />

Asynchron-Fahrmotoren je Trieb-<br />

kopf) griff man auf die guten Erfahrungen<br />

mit der Baureihe 120.0 zurück.<br />

406,9 km/h – Weltrekord<br />

Im Jubiläumsjahr 1985 konnte der ICE tatsächlich<br />

präsentiert werden: am 19. März<br />

60 Serien-ICE für die DB<br />

Die Baureihe 410 diente vor allem als Versuchsträger<br />

für ein Serienfahrzeug, mit dem<br />

1991 der planmäßige Hochgeschwindigkeitsverkehr<br />

in Deutschland aufgenommen werden<br />

sollte. Projektiert wurde der Serien-ICE<br />

bereits ab dem Jahre 1984. Entwicklungs -<br />

aufträge dafür vergab die <strong>Bundesbahn</strong> 1986.<br />

Ab 1987 bestellte sie zunächst insgesamt<br />

82 Triebköpfe und 492 Mittelwagen, vorge se -<br />

hen für insgesamt 41 Garnituren mit je zwölf<br />

Mittelwagen. Die Bestellung weiterer 19 solcher<br />

ICE-Garnituren folgte 1990. Den ersten<br />

Triebkopf des Serien-ICE (Baureihe 401)<br />

übergab Krauss-Maffei am 26. September<br />

<strong>1989</strong> an die <strong>Bundesbahn</strong>. Das Akronym ICE<br />

stand jetzt für InterCityExpress – die neue<br />

Produktklasse im Fernverkehr ab 1991.<br />

Die Baureihe 410 wurde in ICE-V (V=Versuchszug)<br />

umbenannt. Einer der beiden<br />

Triebköpfe bereichert heute das Verkehrszentrum<br />

des Deutschen Museums in München;<br />

der andere erinnert zusammen mit<br />

dem letzten erhaltenen Mittelwagen auf dem<br />

Gelände von DB Systemtechnik in Minden<br />

(vormals <strong>Bundesbahn</strong>-Zentralamt bzw.<br />

Forschungs- und Technologiezentrum) an<br />

die Anfänge des Hochgeschwindigkeits ver -<br />

kehrs in Deutschland. Michael Krische


<strong>Vorschau</strong><br />

| IM NÄCHSTEN HEFT<br />

5.<br />

Ab<br />

Dezember<br />

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Impressum<br />

6/2014 | November/Dezember<br />

25. Jahrgang | Nummer 133<br />

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Postfach 40 02 09 l 80702 München<br />

Tel. +49 (0) 89.13.06.99.720, Fax -700<br />

E-Mail: redaktion@geramond.de<br />

Verantwortl. Redakteur: Thomas Hanna-Daoud<br />

Chef vom Dienst: Martin Weltner<br />

Chefredakteur: Michael Krische<br />

Redaktionsassistenz: Brigitte Stuiber<br />

Layout: Ralf Puschmann<br />

Mitarbeit: Michael Baier, Dietmar Beckmann,<br />

Dietrich Bothe, Dr. Rolf Brüning, Udo Kandler,<br />

Jürgen Kliemt, Josef Mauerer, Zeno Pillmann, Axel<br />

Priebs, Ulrich Rockelmann, Peter Schricker, Bodo<br />

Schulz, Joachim Seyferth, Georg Wagner u.v.m.<br />

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zieht eine Zwischenbilanz. Außerdem im nächsten Heft: die Probleme von Interconnex, der<br />

Niedergang der Autoreisezüge, die „private“ 103 und die große Chronik zum Bahn-Jahr in Deutschland,<br />

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