Umb Mai 10 - Tulfes - Land Tirol

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

16 TULFER GEMEINDEBLATT • DEZEMBER 2010 Der Gasthof Neuwirt, wie man ihn heute kennt, hat durchaus seine Geschichte, die vor allem in jüngerer Zeit untrennbar mit der „Neuwirts-Erika“ verbunden ist – jener feschen Wirtin, wie wir sie alle kennen. Sie hat sich ja heuer in den verdienten Ruhestand begeben. Ein guter Grund, Erika Lechner zu einem Gespräch zu bitten und sie aus ihrem abwechslungsreichen Leben erzählen zu lassen. Gekauft hat die Tulfer Wirtschaft ihr Großvater „Drechsel Paul“, der zuvor den Stecherwirt in Aldrans geführt hat. Damals bestand der Neuwirt sozusagen aus drei Teilen, dem Flörl („Stiegala“), der Gastgarten „beim Stoanacher“ sowie dem Mittelteil, der immer schon der Neuwirt war. Schon als Kind musste sie nach der Schule im elterlichen Gasthof aushelfen und wuchs so eigentlich zu einer Wirtin aus Leidenschaft heran. „Der einzige Wermutstropfen bei der vielen Arbeit im Gasthof Ein Leben für den Neuwirt Anlässlich ihrer Pensionierung baten Herbert Feichtner und Helmut Kohler unsere „alte Wirtin“ Erika Lechner zum Gespräch. war, dass ich dadurch nie eine Lehre in Angriff nehmen konnte“, berichtet uns Erika. In den 50er-Jahren knüpfte ihr Vater Kontakte zu Scharnow- Reisen und dem Messingwerk von Hemer und holte so erstmals gezielt Gäste zum Neuwirt. Schmunzelnd erzählt sie auch aus der Zeit, als die Busse von König-Reisen nach Tulfes kamen, und bei deren Ankunft die gesamte Burschenschaft des Ortes sich am Dorfplatz versammelte. Natürlich nur, um die ausländischen Damen ausgiebig zu begutachten. Einmal kam aber nur ein Bus voll älterer Damen beim Neuwirt an, und die Enttäuschung darüber dürfte den Jungs ins Gesicht geschrieben gewesen sein. Eine der reiferen Damen stieg aus dem Bus aus und ging schnurstracks auf einen der Burschen zu: „Na, da guckste Jungchen, alles nur dufte Bienen“. Ob sich in dieser Woche der Besuch der einheimischen Burschenschaft beim Neuwirt in Grenzen hielt, ist nicht überliefert. Ihren Mann, den Walter, hat sie ja von der Volksschulzeit her schon gekannt. Die beiden haben sich dann aber aus den Augen verloren und sind sich erst 1975 wieder nähergekommen. Walter absolvierte seine Kochlehre im Stieglbräu in Innsbruck, war in den 70er Jahren im Sommer in Kössen und im Winter in Obergurgl im Hotel Edelweiß tätig. 1977 wurde geheiratet. Die Umbauarbeiten wurden durch Erika und Walter ebenfalls in dieser Zeit in Angriff genommen. Nach dem Abriss der Veranda wurde 1977 die Küche und 1980 der Speisesaal fertiggestellt. Nachdem dieser erste Bauabschnitt beendet war, ging es weiter mit der Modernisierung der Zimmer im ersten Stock, vor allem durch die Versorgung mit fließendem Wasser und den Einbau zeitgemäßer Heizungen. Mit Schaudern erinnert sie sich noch an die erste Saison nach den Umbauarbeiten. Die letzten Handwerker waren noch Paul Drechsel vor dem Gasthof Neuwirt Vor dem Neuwirt Anno 1943 Gasthof Neuwirt auf einer Postkarte um das Jahr 1901
TULFER GEMEINDEBLATT • DEZEMBER 2010 17 immer im zugigen Rohbau des Speisesaales beschäftigt, als schon die ersten Gäste eintrafen. Wir haben uns Heizkanonen ausgeliehen, aber trotzdem war es saukalt. Alles, was wir gefunden haben, wurde in den Saal gegeben. Trotzdem war der Saal pumpvoll, es herrschte voller Betrieb. Manche Leute sind sogar angestanden und haben gewartet, bis andere fertig gegessen haben, um dann sofort deren Plätze in Beschlag zu nehmen. „Die Menschen haben das damals alles lockerer genommen und irgendwie ist alles gut gegangen“, erinnert sich Erika. Von ihrer Mutter Elsa – die ja Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens der Gemeinde Tulfes ist – haben sie und Walter den Gasthof 1980 übernommen. 1984 kam dann noch die Bewirtschaftung im neuerrichteten Vereinshaus dazu, welche sie ebenfalls über 18 Jahre erfolgreich innehatten. Als wir die rüstige Wirtin danach fragen, was das altehrwürdige Gasthaus so erzählen könnte, tat sich mit einem Schlag eine Fundgrube herrlicher Geschichten auf, die fast ganze Bücher füllen könnten. Als ihr Vater noch Wirt war, hatte ein Gast, der sich selbst BP („bester Puderer“) nannte, fürchterliche Zahnschmerzen. Wie damals üblich, spielte sich viel in der Wirtshausküche ab. Das Zahnweh ließ trotz mancher Betäubungsversuche durch alkoholische Getränke nicht nach und um drei Uhr Die „Neuwirts-Familie“ auf einen Blick. 3. von links Walter Lechner, rechts neben ihm seine Frau Erika und neben ihr deren Mutter Elsa. früh wurde es dann doch fast unerträglich. Der alte Wirt nahm daraufhin eine Rohrzange zur Hand, zog mit dieser dem Leidenden den Zahn heraus und siehe da, die Zahnschmerzen waren verschwunden. Die alten Stammgäste können sich vielleicht noch an die weiße Flügeltür im Hausgang erinnern. Dort stand auch ein schmiedeiserner Blumenständer. Die alte Schank war gleich um die Ecke und extrem schmal, aber immer zum Bers - ten gefüllt. Je später der Abend, desto naja die Gäste, und so ging es auch einmal zwischen zwei Tulfern zu später Stunde richtig auf. Sie stritten und schrien sich an, wobei die Emotionen von Wort zu Wort höher stiegen und schließlich in einer Rauferei gipfelten. Die beiden Raufbolde fielen auf den Boden – das Stehvermögen war doch nicht mehr das Beste – und ranggelten sich mit Leibeskräften auf den Blumentopf zu, den sie mit ihren heftigen Bewegungen ebenfalls um seine friedliche Standfestigkeit brachten. Ein Ruck zuviel, und sämtliche Blumentöpfe fielen herunter auf die beiden Raufbolde. Die Tonkrüge zerbrachen, Erde und Blumen wurden gleichmäßig auf die beiden Streithähne verteilt und kühl- Fortsetzung auf Seite 18 Zwei Pensionisten erinnern sich: Erika Lechner und unser „alter“ Chef - redakteur Herbert Feichtner beim Interview-Termin. Wir laden ein zum Galadinner Am Heiligen Abend, den 24. Dezember 2010 ab 18 Uhr Preis: € 39,00 pro Person Wir bieten ein 6-gängiges Menü sowie ein Glas Wein Ihrer Wahl zum Essen. Da wir leider nur über begrenzte Kapazitäten verfügen, bitten wir um vorherige Tischreservierungen unter Tel. 0 52 23 / 783 09. Gasthof Neuwirt Wir freuen uns auf Ihren Besuch: Mandy & Dirk Werte Vermieter/Kollegen, gerne können Sie uns auch an Ihre Hausgäste weiterempfehlen.
Seite 1 und 2: An einen Haushalt in 6075 Tulfes Am
Seite 3 und 4: TULFER GEMEINDEBLATT • DEZEMBER 2
Seite 15: TULFER GEMEINDEBLATT • DEZEMBER 2
Seite 19 und 20: Otto Zeisler TULFER GEMEINDEBLATT

Umb Mai 10 - Tulfes - Land Tirol

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?