Umb Sep 09 - Tulfes - Land Tirol
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8 TULFER GEMEINDEBLATT • DEZEMBER 20<strong>09</strong><br />
Weihnachten ist mehr<br />
als „Weihnachten“<br />
Mit dem Wort „Weihnachten“ verbinden sehr viele<br />
Menschen die heimelig-kuschelige Seite des Advents<br />
und die Freude oder Aufregung über die<br />
Weihnachtsgeschenke. Das alles kommt am Abend des<br />
24. Dezember – vielleicht noch durch einen Gottesdienstbesuch<br />
verschönert – zu seinem Höhepunkt und Ende.<br />
Vielleicht atmen dann manche auf:<br />
„Der Weihnachtsstress ist vorbei; an<br />
Weihnachten ist Weihnachten<br />
vorbei.“ Typisch dafür ist die<br />
Antwort auf die Frage: „Wann ist<br />
Weihnachten?“ – „Am 24.<br />
Dezember.“ In der Kirche gehen die<br />
Uhren anders, und für die Kirche<br />
haben der Advent und Weihnachten<br />
einen anderen tieferen Sinn. Der<br />
Advent beginnt am 1. Adventsonntag<br />
mit einem Paukenschlag:<br />
mit einem Blick auf das Kommen<br />
Christi am Jüngsten Tag. Auf dieses<br />
Kommen Christi, durch das die<br />
ganze Schöpfung an ihr Ziel<br />
kommt, läuft alles letztlich hinaus –<br />
nicht bloß auf das erste Kommen<br />
Christi in der armseligen<br />
Menschengestalt in Betlehem.<br />
Weiter geht es im Advent in die<br />
Details des Kommens Gottes: die<br />
Sehnsucht des geknechteten<br />
Gottesvolkes in der Gefangenschaft<br />
in Babylon; die Verheißungen der<br />
Propheten, die auf die Vollendung<br />
in der Endzeit abzielen; das<br />
Auftreten Johannes des Täufers, der<br />
das Gericht ankündigt; dann – ab<br />
dem 16. Dezember – geht es um das<br />
Kind im Schoß Marias und die Geschichte seiner Herkunft.<br />
Am Hochfest der Geburt des Herrn, zu Weihnachten, am<br />
25. Dezember, wird in der Heiligen Nacht die Botschaft von<br />
der Geburt im Stall verkündet. Bei der Menschwerdung des<br />
Sohnes Gottes geht es aber nicht um Krippenseligkeit. Das<br />
Wunder seiner Geburt ist ein Ereignis, das die Welt auf den<br />
Kopf stellt: Den Armen und Kleinen (den Hirten) und den<br />
Fremden (den Sterndeutern aus dem Osten) geht als ersten das<br />
neue Licht auf.<br />
Das ist der Anfang, der uns die Gewissheit bringt, dass Gott<br />
uns Menschen wirklich erlösen, retten und befreien will. Der<br />
Anfang ist gesetzt, aber an „Weihnachten“, an „unserem<br />
Weihnachten“ beginnt erst das wirkliche Weihnachten, die<br />
(endgültige) Ankunft des Erlösers bei den Menschen. Die<br />
Erneuerung der Welt ist in Christus unwiderruflich schon<br />
begründet: Das ist die Freude und der Jubel von Weihnachten.<br />
Aber wir sind alle noch unterwegs, noch nicht vollendet, noch<br />
nicht endgültig erlöst. In Christus wird das Menschengeschlecht,<br />
ja die ganze Welt<br />
vollkommen erneuert werden in<br />
dem „neuen Himmel und der neuen<br />
Erde, in denen die Gerechtigkeit<br />
wohnt.“ (vgl. 2 Petr 3,13) Darauf<br />
warten wir, das ist der letzte, tiefste<br />
Sinn des Advents. Weihnachten, das<br />
erste Kommen des Herrn, ist der<br />
Anfang, und schenkt uns die sichere<br />
Gewissheit, dass er wiederkommen<br />
wird. Wir erwarten die Auferstehung<br />
der Toten und das Leben<br />
der kommenden Welt.<br />
Diese Sicht auf Weihnachten, auf<br />
das Kommen des Erlösers, wirft ein<br />
befreiendes Licht auf eine der<br />
bedrängendsten Fragen des<br />
christlichen Glaubens: „Wieso ist<br />
unsere Welt so unerlöst, so voll von<br />
Ungerechtigkeit, Katastrophen,<br />
schuldlosem Leid und vielem<br />
anderen Bösen, wenn Christen so<br />
leichthin davon reden, die Erlösung<br />
sei schon gekommen?“ Nein, wir<br />
Christen können uns ruhig der<br />
Wahrheit der unerlösten<br />
Wirklichkeit der Welt stellen. Sie ist<br />
eben noch nicht voll erlöst. Aus<br />
dem Glauben, dass Gott seinen<br />
menschgewordenen Sohn<br />
auferweckt und zu seiner Rechten erhöht hat, resultiert die<br />
christliche Hoffnung, dass dieser Menschgewordene und<br />
Auferweckte wiederkommen wird. Gerade weil Gott sich schon<br />
in der Geschichte als Retter und Erlöser (besonders seit<br />
Weihnachten) erwiesen hat, tragen wir die sichere Hoffnung<br />
auf Gott als den künftigen Retter und Erlöser (in der absoluten<br />
Zukunft Gottes) in uns. Mit Weihnachten beginnt erst<br />
Weihnachten – das Kommen des Herrn.<br />
Dass Euch allen aus der Festfeier der Geburt des Herrn eine<br />
tiefe Freude und eine frohe Hoffnung auf unsere Zukunft<br />
erwächst; wünscht Euch<br />
Euer Pfarrer Sebastian Huber OPraem