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104<br />
Kolumne<br />
Gere<strong>de</strong>t und diskutiert wird dann gerne auf so-<br />
genannten Gipfeln. Davon gibt es mittlerweile<br />
je<strong>de</strong> Menge: Ob Steuergipfel (Kirchhof sei Dank,<br />
wohl erst im Herbst) , Atomgipfel (nach Fukushima),<br />
Frie<strong>de</strong>nsgipfel (in Bezug auf die drängen<strong>de</strong>n,<br />
kontroversen Fragen <strong>de</strong>r regieren<strong>de</strong>n<br />
Koalition), aber auch Elektromobilitätsgipfel<br />
(einberufen von <strong>de</strong>r Kanzlerin im Mai letzten<br />
Jahres), Verkehrsgipfel (überall und je<strong>de</strong>rzeit)<br />
bis hin zum globalen Mobilitätsgipfel (im Mai<br />
dieses Jahres in Leipzig), überall trifft man<br />
sich, um beim Gipfelsturm mit dabei zu sein.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s Verkehrs<br />
scheinen gera<strong>de</strong> diese Gipfel aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n zu<br />
sprießen wie Pilze nach einem feuchten Sommer.<br />
So bil<strong>de</strong>n sie mittlerweile ein regelrechtes<br />
Gebirge, und man verliert relativ schnell <strong>de</strong>n<br />
Überblick. In beson<strong>de</strong>rer Weise scheinen sich<br />
die schreiben<strong>de</strong>n Medien (zu <strong>de</strong>nen ich ja auch<br />
beitrage!) berufen zu fühlen, das Mobilitätsgebirge<br />
wie bei <strong>de</strong>r Gebirgsgenese <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> in die<br />
Höhe zu treiben.<br />
Gera<strong>de</strong> zur Sommerzeit, wenn die alljährlichen<br />
Ferienstaus drohen, bekommen die Diskussio-<br />
<strong>Flotte</strong>nmanagement 4/2011<br />
Das ist ja wohl<br />
<strong>de</strong>r Gipfel!<br />
Sobald ein gesellschaftliches Problem nach ungesun<strong>de</strong>m Wachstum und großer<br />
Dringlichkeit auf o<strong>de</strong>r gar (oh je!) unter <strong>de</strong>n Nägeln <strong>de</strong>r Volksseele zu brennen beginnt,<br />
ist es an <strong>de</strong>r Zeit, darüber in aller Offenheit und Öffentlichkeit zu re<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
gar zu diskutieren. Ersteres ist und bleibt wohl eine Wunschvorstellung, das Zweite<br />
wird zumin<strong>de</strong>st teilweise versucht und auch manchmal erreicht.<br />
nen neue Nahrung. Rekordmeldungen <strong>de</strong>s ADAC<br />
über eine stetig zunehmen<strong>de</strong> Anzahl an Staumeldungen<br />
(185.000 im Jahre 2010 gegenüber<br />
117.000 in 2006) und damit einhergehen<strong>de</strong>r<br />
Länge (400.000 km in 2010 gegenüber 359.000<br />
in 2006) sind ein guter Nährbo<strong>de</strong>n für hitzige<br />
Debatten. Die wahren Rekor<strong>de</strong> kommen aber<br />
von woan<strong>de</strong>rs her: Der längste Stau am Stück<br />
mit 176 km Länge zwischen Paris und Lyon war<br />
1980, die größte Gesamtlänge von Staus in einem<br />
zusammenhängen<strong>de</strong>n Straßennetz fand<br />
sich 2009 mit 293 km im Großraum Sao Paulo.<br />
Ganz zu schweigen von <strong>de</strong>m 100 km (LKW-)Stau<br />
im letzten Jahr über zehn Tage im Nor<strong>de</strong>n Chinas<br />
auf <strong>de</strong>m Expressway 109 Richtung Peking,<br />
mit einem Tagespensum von sage und schreibe<br />
einem Kilometer!<br />
Davon sind wir hier allerdings noch weit entfernt,<br />
obwohl sich auf <strong>de</strong>n Autobahnen in NRW<br />
am Freitag vor Pfingsten 2004 immerhin 435<br />
km zusammenstauten. Da gera<strong>de</strong> NRW <strong>als</strong> Stauland<br />
Nr. 1 in Deutschland i<strong>de</strong>ntifiziert wur<strong>de</strong>,<br />
versucht man dort wie an<strong>de</strong>rswo durch hektisch<br />
einberufene Verkehrskonferenzen mit<br />
Gesprächen auf die Schnelle <strong>de</strong>m Problem bei-<br />
zukommen. Zumeist erinnert man sich dann an<br />
so bahnbrechen<strong>de</strong> Innovationen wie die „Temporäre<br />
Seitenstreifenfreigabe“ (TSF, siehe <strong>Flotte</strong>nmanagement<br />
2/2011).<br />
Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich jedoch<br />
viele dieser Gipfel-Angebote <strong>als</strong> flache<br />
Hügel, zu <strong>de</strong>ren Besteigung eine einfache<br />
Wan<strong>de</strong>rausrüstung vollkommen ausreicht. Ja,<br />
man bekommt bisweilen <strong>de</strong>n Verdacht, dass<br />
das Ganze eher einer entspannten Picknick-<br />
Tour <strong>de</strong>nn einer schweißtreiben<strong>de</strong>n Kletterei<br />
gleicht. Doch was sind die tatsächlichen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
dieser Unternehmungen? Worauf<br />
lässt man sich dabei ein? Und schließlich:<br />
Was ist das Pendant zu <strong>de</strong>m unvergesslichen<br />
Blick vom Gipfel über die weitere Umgebung,<br />
<strong>de</strong>r ja eine bleiben<strong>de</strong> Erinnerung sein soll? Man<br />
erhebt sich förmlich über <strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>r unten<br />
Gebliebenen und meint, danach mehr Weitblick<br />
zu haben.<br />
Die Themen <strong>de</strong>r Verkehrskongresse scheinen irgendwie<br />
schwer verdaulich zu sein. Wie ist es<br />
sonst erklärbar, dass für die Präsentation sehr<br />
schönes Ambiente und gutes Essen serviert<br />
wer<strong>de</strong>n? Abends wird in lockerer Run<strong>de</strong> bei Bier<br />
und Wein über das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mobilität philosophiert<br />
und mancher Witz macht dabei die Run<strong>de</strong><br />
(Meint <strong>de</strong>r Polizist: „Sie sind ein Geisterfahrer,<br />
Sie fahren in die f<strong>als</strong>che Richtung.“ Darauf <strong>de</strong>r<br />
Autofahrer: „Was heißt hier f<strong>als</strong>che Richtung?<br />
Sie wissen doch gar nicht, wohin ich will …“).<br />
So ist es ja auch ein Anreiz, mal für zwei Tage<br />
auszuspannen, sich so richtig von <strong>de</strong>n (Wahn-)