Der neue Anwendungserlass zur Abgabenordnung ist veröffentlicht!

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01.11.2012 Aufrufe

Nach den neuen Bestimmungen im AEAO wird die Unterhaltung der Vermögensverwaltung und von (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nur dann der Steuerbegünstigung der Körperschaft entgegenstehen, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt. Beide Sphären, also die des wirtschaft lichen Geschäftsbetriebs und der Vermögensverwaltung, sollen dem gemäß unschädlich sein, wenn sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgaben dienen. Auf dieser Grundlage wird es künftig im Bereich der Vermögensverwaltung und des steuerpflichtigen Geschäftsbetriebs keine gemeinnützigkeitsrechtlichen Bedenken mehr geben, soweit in diesen Sphären Gewinne erwirtschaftet werden. Führt jedoch die Mittelbeschaffungstätigkeit zu Verlusten, so kann dies weitere Prüfungen bedingen. Ob dabei auf jedes einzelne wirtschaftliche bzw. vermögensverwaltende Engagement oder vielmehr auf die Gesamteinnahmen abzustellen ist, bleibt offen. Da die Finanzverwaltung jedoch in der Vergangenheit für Zwecke des Verlustausgleichs bereits „nur“ auf den sogenannten einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abgestellt hat, wird wohl davon auszugehen sein, dass ein einzelner defizitärer Geschäftsbetrieb nicht schädlich für die Steuerbegünstigung ist. Dieses dürfte zumindest für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gelten, die bereits in der Vergangenheit defizitär waren. Quasi-Abschaffung des Selbstversorgungszweckbetriebs Die Finanzverwaltung hat in dem neuen AEAO die Rechtsprechung des BFH zu den sogenannten Selbstversorgungszweckbetrieben nach § 68 Nr. 2 Buchst. b) AO übernommen. Damit wird der in der Praxis durchaus extensiv genutzte Zweckbetrieb erheblich eingeschränkt und erfordert neue Gestaltungsüberlegungen. Künftig werden Leistungen von Selbstversorgungseinrichtungen an Außenstehende nur noch dann begünstigt, wenn diese nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Außenstehende erbracht werden. Soweit die Selbstversorgungseinrichtung jedoch über Jahre hinweg Leistungen an Außenstehende erbringt und hierfür auch entsprechend personell ausgestattet ist, soll keine Begünstigung mehr erfolgen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob die mit BMF-Schreiben vom 12. April 2011 veröffentlichte Übergangsregelung, mit der die neue Sichtweise erst zum 1. Januar 2013 scharfgeschaltet werden sollte, weiterhin angewendet werden kann. Da in der neuen Bestimmung des AEAO zumindest im Rahmen eines Klammerzusatzes auf das BMF-Schreiben hingewiesen wird, sollte die Übergangsregelung weiterhin Gültigkeit haben. Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Handelsbetriebe Aktuell planen nach unseren Informationen zahlreiche WfbM mit sogenannten Handelsbetrieben einen weiteren Arbeitsbereich für Menschen mit Behinderungen einzurichten. In den neuen Bestimmungen des AEAO wird nunmehr explizit darauf hingewiesen, dass es für die Steuerbegünstigung eines Handelsbetriebs als Arbeitsbereich einer WfbM entscheidend 01 12 AKTUELLES U SSTEUERRECHT U C AKTUELLES STEUERRECHT auf die sozialrechtliche Anerkennung nach § 142 SGB IX ankommt . Kritisch ist an dieser Stelle anzumerken, dass sogenannte Läden oder Verkaufsstellen von WfbM (weiterhin) als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gelten, die neuen Regelungen aber keine Kriterien für eine Abgrenzung von Läden/ Verkaufsstellen zu den o. g. Handelsbetrieben enthalten. Läden / Verkaufsstellen sind nach unserem Verständnis den Handelsbetrieben grundsätzlich gleichzustellen und nur dann als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu werten, wenn diese nahezu ausschließlich von Menschen ohne Behinderungen geführt werden; diese Auffassung ist aber im Einzelfall mit der Finanzverwaltung abzustimmen. Ferner wurde das Erfordernis einer sogenannten Wertschöpfungsquote (10 % des Nettowerts zugekaufter Waren) für die Frage, ob zugekaufte Waren als selbst hergestellte Waren der WfbM gelten, aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen des AEAO herausgenommen, da entsprechende Regelungen bereits seit 2009 im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a) S. 3 UStG, AE 12.9 Abs. 12 S. 2) aufgenommen sind. Damit folgt das BMF offensichtlich unserer Eingabe. Wir haben im Juni 2011 ein entsprechendes Petitum im Auftrag der BAG:WfbM an die Finanzministerien des Bundes und der Länder gerichtet. FAZIT Nach einer ersten Bestandsaufnahme sind die neuen Regelungen zum Anwendungserlass der Abgabenordnung als Beitrag zu mehr Transparenz grundsätzlich zu begrüßen. Grundlegende Neuerungen sucht man allerdings vergeblich, da das BMF in der Regel „nur“ die entsprechende Rechtsprechung des BFH umgesetzt hat. Die Aufgabe der bisherigen Geprägetheorie ist sicherlich als Meilenstein zu bezeichnen. Hier dürften allerdings die Neuregelungen, wann wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und Vermögensverwaltung als Selbstzweck dienen, erneut zu Abgrenzungsfragen führen und eine wünschenswerte bundeseinheitliche Anwendung seitens der Finanzbehörden weiterhin vermissen lassen. Andererseits werden in den Bestimmungen des AEAO (ohne Grund) neue Prüfungsanforderungen aufgenommen, die eine nicht unerhebliche Verschärfung mit sich bringen. Dies gilt insbesondere für die verschärften Nachweispflichten der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit im Rahmen der Förderung mildtätiger Zwecke. Erfreulich ist, dass die Finanzverwaltung mit der Abschaffung der Wertschöpfungsquote unserem Petitum gegenüber den Finanzministerien des Bundes und der Länder gefolgt ist. Tilo Kurz Steuerberater Rechtsanwalt CURACON GmbH Tel. 0 61 51/2 78 91-20 tilo.kurz@curacon.de Andreas Seeger Steuerberater CURACON GmbH Leiter Geschäftsbereich Steuerberatung Tel. 02 51/9 22 08-125 andreas.seeger@curacon.de 17

Nach den <strong>neue</strong>n Bestimmungen im AEAO wird die Unterhaltung<br />

der Vermögensverwaltung und von (steuerpflichtigen)<br />

wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nur dann der Steuerbegünstigung<br />

der Körperschaft entgegenstehen, wenn sie in<br />

der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne<br />

neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der<br />

Körperschaft tritt. Beide Sphären, also die des wirtschaft lichen<br />

Geschäftsbetriebs und der Vermögensverwaltung, sollen<br />

dem gemäß unschädlich sein, wenn sie z. B. der Beschaffung<br />

von Mitteln <strong>zur</strong> Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgaben<br />

dienen.<br />

Auf dieser Grundlage wird es künftig im Bereich der Vermögensverwaltung<br />

und des steuerpflichtigen Geschäftsbetriebs<br />

keine gemeinnützigkeitsrechtlichen Bedenken mehr geben, soweit<br />

in diesen Sphären Gewinne erwirtschaftet werden. Führt<br />

jedoch die Mittelbeschaffungstätigkeit zu Verlusten, so kann<br />

dies weitere Prüfungen bedingen. Ob dabei auf jedes einzelne<br />

wirtschaftliche bzw. vermögensverwaltende Engagement<br />

oder vielmehr auf die Gesamteinnahmen abzustellen <strong>ist</strong>, bleibt<br />

offen. Da die Finanzverwaltung jedoch in der Vergangenheit<br />

für Zwecke des Verlustausgleichs bereits „nur“ auf den sogenannten<br />

einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abgestellt<br />

hat, wird wohl davon auszugehen sein, dass ein einzelner<br />

defizitärer Geschäftsbetrieb nicht schädlich für die<br />

Steuerbegünstigung <strong>ist</strong>. Dieses dürfte zumindest für wirtschaftliche<br />

Geschäftsbetriebe gelten, die bereits in der Vergangenheit<br />

defizitär waren.<br />

Quasi-Abschaffung des Selbstversorgungszweckbetriebs<br />

Die Finanzverwaltung hat in dem <strong>neue</strong>n AEAO die Rechtsprechung<br />

des BFH zu den sogenannten Selbstversorgungszweckbetrieben<br />

nach § 68 Nr. 2 Buchst. b) AO übernommen. Damit<br />

wird der in der Praxis durchaus extensiv genutzte Zweckbetrieb<br />

erheblich eingeschränkt und erfordert <strong>neue</strong> Gestaltungsüberlegungen.<br />

Künftig werden Le<strong>ist</strong>ungen von Selbstversorgungseinrichtungen<br />

an Außenstehende nur noch dann<br />

begünstigt, wenn diese nicht regelmäßig ausgelastet sind und<br />

deshalb gelegentlich auch Le<strong>ist</strong>ungen an Außenstehende erbracht<br />

werden. Soweit die Selbstversorgungseinrichtung jedoch<br />

über Jahre hinweg Le<strong>ist</strong>ungen an Außenstehende erbringt<br />

und hierfür auch entsprechend personell ausgestattet<br />

<strong>ist</strong>, soll keine Begünstigung mehr erfolgen. Fraglich <strong>ist</strong> in diesem<br />

Zusammenhang allerdings, ob die mit BMF-Schreiben<br />

vom 12. April 2011 <strong>veröffentlicht</strong>e Übergangsregelung, mit<br />

der die <strong>neue</strong> Sichtweise erst zum 1. Januar 2013 scharfgeschaltet<br />

werden sollte, weiterhin angewendet werden kann.<br />

Da in der <strong>neue</strong>n Bestimmung des AEAO zumindest im Rahmen<br />

eines Klammerzusatzes auf das BMF-Schreiben hingewiesen<br />

wird, sollte die Übergangsregelung weiterhin Gültigkeit haben.<br />

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und<br />

Handelsbetriebe<br />

Aktuell planen nach unseren Informationen zahlreiche WfbM<br />

mit sogenannten Handelsbetrieben einen weiteren Arbeitsbereich<br />

für Menschen mit Behinderungen ein<strong>zur</strong>ichten. In den<br />

<strong>neue</strong>n Bestimmungen des AEAO wird nunmehr explizit darauf<br />

hingewiesen, dass es für die Steuerbegünstigung eines<br />

Handelsbetriebs als Arbeitsbereich einer WfbM entscheidend<br />

01<br />

12<br />

AKTUELLES U SSTEUERRECHT<br />

U C<br />

AKTUELLES STEUERRECHT<br />

auf die sozialrechtliche Anerkennung nach § 142 SGB IX<br />

ankommt . Kritisch <strong>ist</strong> an dieser Stelle anzumerken, dass sogenannte<br />

Läden oder Verkaufsstellen von WfbM (weiterhin) als<br />

wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gelten, die <strong>neue</strong>n Regelungen<br />

aber keine Kriterien für eine Abgrenzung von Läden/<br />

Verkaufsstellen zu den o. g. Handelsbetrieben enthalten. Läden /<br />

Verkaufsstellen sind nach unserem Verständnis den Handelsbetrieben<br />

grundsätzlich gleichzustellen und nur dann als wirtschaftliche<br />

Geschäftsbetriebe zu werten, wenn diese nahezu<br />

ausschließlich von Menschen ohne Behinderungen geführt<br />

werden; diese Auffassung <strong>ist</strong> aber im Einzelfall mit der Finanzverwaltung<br />

abzustimmen.<br />

Ferner wurde das Erfordernis einer sogenannten Wertschöpfungsquote<br />

(10 % des Nettowerts zugekaufter Waren) für die<br />

Frage, ob zugekaufte Waren als selbst hergestellte Waren der<br />

WfbM gelten, aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen<br />

des AEAO herausgenommen, da entsprechende Regelungen<br />

bereits seit 2009 im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes<br />

(§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a) S. 3 UStG, AE 12.9 Abs. 12 S. 2)<br />

aufgenommen sind. Damit folgt das BMF offensichtlich unserer<br />

Eingabe. Wir haben im Juni 2011 ein entsprechendes Petitum<br />

im Auftrag der BAG:WfbM an die Finanzmin<strong>ist</strong>erien des Bundes<br />

und der Länder gerichtet.<br />

FAZIT<br />

Nach einer ersten Bestandsaufnahme sind die <strong>neue</strong>n Regelungen<br />

zum <strong>Anwendungserlass</strong> der <strong>Abgabenordnung</strong><br />

als Beitrag zu mehr Transparenz grundsätzlich zu begrüßen.<br />

Grundlegende Neuerungen sucht man allerdings<br />

vergeblich, da das BMF in der Regel „nur“ die entsprechende<br />

Rechtsprechung des BFH umgesetzt hat. Die Aufgabe<br />

der bisherigen Geprägetheorie <strong>ist</strong> sicherlich als<br />

Meilenstein zu bezeichnen. Hier dürften allerdings die<br />

Neuregelungen, wann wirtschaftliche Geschäftsbetriebe<br />

und Vermögensverwaltung als Selbstzweck dienen, erneut<br />

zu Abgrenzungsfragen führen und eine wünschenswerte<br />

bundeseinheitliche Anwendung seitens der Finanzbehörden<br />

weiterhin vermissen lassen. Andererseits werden in den<br />

Bestimmungen des AEAO (ohne Grund) <strong>neue</strong> Prüfungsanforderungen<br />

aufgenommen, die eine nicht unerhebliche<br />

Verschärfung mit sich bringen. Dies gilt insbesondere für<br />

die verschärften Nachweispflichten der wirtschaftlichen<br />

Hilfsbedürftigkeit im Rahmen der Förderung mildtätiger<br />

Zwecke. Erfreulich <strong>ist</strong>, dass die Finanzverwaltung mit der<br />

Abschaffung der Wertschöpfungsquote unserem Petitum<br />

gegenüber den Finanzmin<strong>ist</strong>erien des Bundes und der<br />

Länder gefolgt <strong>ist</strong>.<br />

Tilo Kurz<br />

Steuerberater<br />

Rechtsanwalt<br />

CURACON GmbH<br />

Tel. 0 61 51/2 78 91-20<br />

tilo.kurz@curacon.de<br />

Andreas Seeger<br />

Steuerberater<br />

CURACON GmbH<br />

Leiter Geschäftsbereich<br />

Steuerberatung<br />

Tel. 02 51/9 22 08-125<br />

andreas.seeger@curacon.de<br />

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