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Predigt über Jesaja 30,15-17 an Silvester 2010 in der ... - Triangelis.de

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„In <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe liegt die Kraft!“<br />

<strong>Silvester</strong>-<strong>Predigt</strong> über <strong>Jesaja</strong> <strong>30</strong>,<strong>15</strong>-<strong>17</strong><br />

gehalten am 31.12.<strong>2010</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Joh<strong>an</strong>neskirche Erbach von Pfarrer Dr. Fr<strong>an</strong>k Löwe<br />

Gna<strong>de</strong> sei mit euch…<br />

Liebe Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>,<br />

noch e<strong>in</strong> paar Stun<strong>de</strong>n, d<strong>an</strong>n ist wie<strong><strong>de</strong>r</strong> so weit. <strong>2010</strong> ist Verg<strong>an</strong>genheit. 2011 bricht <strong>an</strong>. Der Sekt<br />

zum Anstoßen steht schon kalt. Die neuen Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong> liegen bereit – und s<strong>in</strong>d hoffentlich nicht schon<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> halb mit Term<strong>in</strong>en gefüllt.<br />

Wie wer<strong>de</strong>n Sie <strong>in</strong>s neue Jahr wechseln? Mit Freun<strong>de</strong>n bei Fondue o<strong><strong>de</strong>r</strong> Raclette? Auf e<strong>in</strong>er großen<br />

<strong>Silvester</strong>party? In ausgelassener Partystimmung? Mit Korken- und Raketenknallen? Und e<strong>in</strong>em<br />

merklichen Kater <strong>an</strong> Neujahr? O<strong><strong>de</strong>r</strong> doch eher ruhig und bes<strong>in</strong>nlich, nur mit <strong>de</strong>n Allerliebsten – vielleicht<br />

gar alle<strong>in</strong>e?<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>s als am Heiligen Abend, wo die meisten doch eher die stillere Vari<strong>an</strong>te bevorzugen, amüsieren<br />

sich die meisten <strong>an</strong> <strong>Silvester</strong> auf e<strong>in</strong>em lauten Fest und lassen es zum Jahreswechsel so richtig<br />

krachen. Doch m<strong>an</strong>che haben zur Jahreswen<strong>de</strong> <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>e Bedürfnisse. Sie suchen am Altjahresabend<br />

e<strong>in</strong>en ruhigen Ort, <strong>an</strong> <strong>de</strong>n sie sich zurückziehen können, um <strong>in</strong> aller Stille das alte Jahr zu verabschie<strong>de</strong>n<br />

und das neue zu begrüßen. Vielleicht brauchen sie diese Ruhe für ihre g<strong>an</strong>z persönlichen<br />

Klärungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidungsprozesse. M<strong>an</strong>che nutzen die Zäsur <strong>de</strong>s Jahreswechsels, um alle Jahre<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Bil<strong>an</strong>z zu ziehen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e haben gera<strong>de</strong> jetzt schwierige Entscheidungen zu treffen, stehen <strong>an</strong><br />

e<strong>in</strong>er Weggabelung ihres Lebens o<strong><strong>de</strong>r</strong> sehen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lage, die sie zur Neuausrichtung zw<strong>in</strong>gt.<br />

Es gibt viele persönliche Grün<strong>de</strong>, um auch zum Auskl<strong>an</strong>g <strong>de</strong>s alten Jahres still zu wer<strong>de</strong>n und später<br />

aus dieser Stille gestärkt hervorzugehen. Und vielleicht s<strong>in</strong>d auch Sie <strong>de</strong>shalb heute abend hier <strong>in</strong> die<br />

Kirche gekommen.<br />

Der <strong>Predigt</strong>text für <strong>de</strong>n heutigen <strong>Silvester</strong>abend mahnt dazu, solche Bedürfnisse ernst zu nehmen und<br />

nicht im lauten Treiben und im Dah<strong>in</strong>rauschen <strong>de</strong>s Lebens untergehen zu lassen. Hören Sie selbst auf<br />

die Worte <strong>de</strong>s Propheten <strong>Jesaja</strong> (<strong>Jesaja</strong>, Kap <strong>30</strong>):<br />

<strong>15</strong> Denn so spricht Gott <strong><strong>de</strong>r</strong> HERR, <strong><strong>de</strong>r</strong> Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so<br />

wür<strong>de</strong> euch geholfen; durch Stillese<strong>in</strong> und Hoffen wür<strong>de</strong>t ihr stark se<strong>in</strong>. Aber ihr wollt nicht<br />

16 und sprecht: »Ne<strong>in</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf Rossen wollen wir dah<strong>in</strong>fliegen«, - darum wer<strong>de</strong>t ihr dah<strong>in</strong>fliegen,<br />

»und auf Rennern wollen wir reiten«, - darum wer<strong>de</strong>n euch eure Verfolger überrennen.<br />

<strong>17</strong> Denn euer tausend wer<strong>de</strong>n fliehen vor e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>zigen Drohen; ja vor fünfen wer<strong>de</strong>t ihr alle fliehen,<br />

bis ihr übrig bleibt wie e<strong>in</strong> Mast oben auf e<strong>in</strong>em Berge und wie e<strong>in</strong> B<strong>an</strong>ner auf e<strong>in</strong>em Hügel.<br />

2.700 Jahre s<strong>in</strong>d diese Worte alt. <strong>Jesaja</strong> ist <strong>in</strong> Sorge um se<strong>in</strong> Volk. Dieses lebt unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrschaft<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Assyrer. Es ist schwer zu ertragen, dass <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>e über die eigenen Geschicke bestimmen. Führen<strong>de</strong><br />

Gruppen <strong>in</strong> Jerusalem rufen darum zum Aufst<strong>an</strong>d auf. Sie wollen alle verfügbaren Kräfte mobilisieren,<br />

sich mit Ägypten verbün<strong>de</strong>n und d<strong>an</strong>n geme<strong>in</strong>sam gegen die ungeliebten Herrscher vorgehen.<br />

Der Prophet sieht dar<strong>in</strong> bl<strong>in</strong><strong>de</strong>n Aktionismus und aufgeblasenen Größenwahn. Er ahnt <strong>de</strong>n Ausg<strong>an</strong>g,<br />

<strong>de</strong>n es nehmen wird: dass e<strong>in</strong> Aufst<strong>an</strong>d dazu führen wird, dass die Machthaber <strong>de</strong>n Druck nur erhöhen.<br />

Und so macht er <strong>de</strong>n Menschen Vorhaltungen: „Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so wür<strong>de</strong><br />

euch geholfen; durch Stillese<strong>in</strong> und Hoffen wür<strong>de</strong>t ihr stark se<strong>in</strong>.“ Statt<strong>de</strong>ssen seid ihr völlig verblen<strong>de</strong>t<br />

und träumt davon davon, auf Rossen dah<strong>in</strong>zufliegen und die Assyrer nie<strong><strong>de</strong>r</strong>zumetzeln, und<br />

verkennt dabei völlig, wie es wirklich um euch steht. Das e<strong>in</strong>zige, was jetzt gilt, ist: Ruhe bewahren<br />

1


und auf Gott vertrauen.<br />

1.<br />

2.700 Jahre später s<strong>in</strong>d die politischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>s. Aber die Warnung <strong>de</strong>s Propheten<br />

vor zu viel Aktivität auf Kosten von Momenten <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe, <strong>de</strong>s Rückzugs und e<strong>in</strong>er im Gottvertrauen<br />

wurzeln<strong>de</strong>n Gelassenheit, sche<strong>in</strong>t mir aktueller <strong>de</strong>nn je. Wie leicht wer<strong>de</strong>n wir <strong>in</strong> unserem<br />

Leben zum Spielball von Term<strong>in</strong>en und Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen? Wie sehr stehen wir <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gefahr, <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

sich perm<strong>an</strong>ent und zunehmend schneller drehen<strong>de</strong>s Hamsterrad zu geraten und uns von Aufgabe zu<br />

Aufgabe treiben zu lassen, ohne wirklich h<strong>in</strong>terher zu kommen? Immer zu laufen ohne <strong>in</strong>ne zu halten?<br />

Bitte prüfen Sie mal für sich, w<strong>an</strong>n Sie im Jahr <strong>2010</strong> bewusst Pause gemacht haben. W<strong>an</strong>n Sie so<br />

richtig abschalten konnten – ohne schon <strong>an</strong> die Arbeit zu <strong>de</strong>nken, die d<strong>an</strong>ach <strong>an</strong>liegt. Welche Rückzugsmomente<br />

hat es geben? Waren sie ausreichend? Hat das Verhältnis von Aktivität und Auszeiten<br />

gestimmt? Zwischen Muss und Musse? Hatten Sie Gelegenheit, ihren Hobbies nachzugehen? Gab es<br />

ausreichend Zeit für die Stille, das Gebet?<br />

Der Prophet mahnt zur Stille. Wie recht er hat, merken wir doch je<strong>de</strong>s Mal, wenn wir uns Auszeiten<br />

gönnen: Wie gut das tut, <strong>in</strong>nezuhalten, ruhig zu wer<strong>de</strong>n, nachzu<strong>de</strong>nken! Vielleicht auch geme<strong>in</strong>sam:<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie, im Freun<strong>de</strong>skreis, hier <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>.<br />

Heute, <strong>an</strong> <strong>Silvester</strong>, s<strong>in</strong>d wir dazu e<strong>in</strong>gela<strong>de</strong>n: Wie ist es gewesen für je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>n von uns im verg<strong>an</strong>genen<br />

Jahr? Was hat sich erfüllt <strong>an</strong> Wünschen und Erwartungen? Wovon s<strong>in</strong>d wir überrascht<br />

wor<strong>de</strong>n? Was hat uns traurig, was froh gemacht? Was ist geglückt? Was wur<strong>de</strong> versäumt? Was ist<br />

misslungen? Wo hat uns unser Weg h<strong>in</strong>geführt? Welche nahen Menschen haben wir verloren, durch<br />

<strong>de</strong>n Tod, vielleicht auch durch das Zerbrechen e<strong>in</strong>er Beziehung? Wer ist umgezogen, <strong>an</strong> e<strong>in</strong>en neuen<br />

Ort, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Wohnung, <strong>in</strong>s Seniorenheim? Und wo wird uns unser Lebensweg im nächsten Jahr<br />

h<strong>in</strong>führen? Was wer<strong>de</strong>n wir erleben dürfen, was erleben müssen?<br />

Die Botschaft <strong>de</strong>s Propheten am En<strong>de</strong> dieses Jahres lautet: Im ruhigen Vertrauen auf Gott können wir<br />

gelassen wer<strong>de</strong>n, weil wir das Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> von Gott erwarten: se<strong>in</strong>en Segen, se<strong>in</strong>e Fügungen, se<strong>in</strong><br />

Erbarmen. In dieser Haltung merken wir, auch im Rückblick auf das heute zu En<strong>de</strong> gehen<strong>de</strong> Jahr:<br />

Alles Wertvolle und Wichtige <strong>in</strong> diesem Jahr war Geschenk, Geschenk Gottes. Auch für 2011 gilt:<br />

Es kommt nicht nur auf uns <strong>an</strong>. Zugleich dürfen wir uns <strong>in</strong> Gottes H<strong>an</strong>d wissen. „Wir können nicht<br />

tiefer fallen als <strong>in</strong> Gottes H<strong>an</strong>d“ sagte Margot Kässm<strong>an</strong>n bei ihrer Rücktrittserklärung.<br />

Dag Hammarskjöld war e<strong>in</strong>er <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>an</strong>gesehensten Politiker <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts. Er war acht Jahre<br />

l<strong>an</strong>g Generalsekretär <strong><strong>de</strong>r</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen, bis er 1961 bei e<strong>in</strong>em bis heute nicht g<strong>an</strong>z geklärten<br />

Flugzeugabsturz über Afrika ums Leben kam. Kurz darauf wur<strong>de</strong> ihm <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong>nsnobelpreis verliehen.<br />

1965 wur<strong>de</strong> se<strong>in</strong> Tagebuch <strong>in</strong> <strong>de</strong>utscher Sprache veröffentlicht. Die Überraschung dieses Buches<br />

war groß. M<strong>an</strong> hatte geglaubt, ihn zu kennen: <strong>de</strong>n glänzend begabten Politiker, <strong>de</strong>n <strong>in</strong> sich etwas<br />

zurückgezogenen Menschen - das Urteil war abgeschlossen. Und nun wur<strong>de</strong> plötzlich offenbar,<br />

woher dieser M<strong>an</strong>n se<strong>in</strong>e Ruhe und se<strong>in</strong>e Kraft nahm: aus se<strong>in</strong>em tiefen christlichen Glauben und<br />

e<strong>in</strong>er täglichen spirituellen Praxis. Wer hatte geahnt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Chef <strong><strong>de</strong>r</strong> UNO <strong>in</strong> politisch dramatischen<br />

Zeiten, z.B. während <strong><strong>de</strong>r</strong> Suez-Krise, zwischen pausenlosen Konferenzen, Diktaten, Empfän-<br />

2


gen und Reisen sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Meditation zurückzog? Dass es ihm auf diese Weise gel<strong>an</strong>g,<br />

mitten im Lärm <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt das <strong>in</strong>nere Schweigen zu bewahren. - Was se<strong>in</strong> Geheimrezept war, das ihn<br />

so viel Ruhe und Souveränität ausstrahlen lässt, brachte er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tagebuch auf die Formel:<br />

Verstehen – durch Stille.<br />

Wirken – aus Stille.<br />

Gew<strong>in</strong>nen – <strong>in</strong> Stille.<br />

Das höre ich aus unserem <strong>Predigt</strong>text heraus. „Durch Stillese<strong>in</strong> und hoffen wer<strong>de</strong>t ihr stark“ sagt<br />

<strong>Jesaja</strong>.<br />

2.<br />

Zurück zum Jahresrückblick: Wenn ich es richtig sehe, war <strong>2010</strong> das Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücktritte und Rückzüge:<br />

Die Art war völlig unterschiedlich: In e<strong>in</strong>em Umfeld von schlimmen Meldungen über <strong>de</strong>n<br />

Missbrauch kirchlichen und öffentlichen E<strong>in</strong>richtungen und Schulen <strong><strong>de</strong>r</strong> quälend l<strong>an</strong>gsame Rücktritt<br />

<strong>de</strong>s Augsburger Bischofs Mixa. Er war d<strong>an</strong>ach schnell vergessen; unerwartet schnell war e<strong>in</strong> neuer<br />

Bischof bestellt. Margot Käßm<strong>an</strong>n trat dagegen nach ihrer Alkoholfahrt überraschend schnell und<br />

überaus konsequent gleich von allen Ämtern zurück. Auf <strong>de</strong>m ökumenischen Kirchentag <strong>in</strong> München<br />

wur<strong>de</strong> sie aber von vielen schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong> begeistert empf<strong>an</strong>gen und bejubelt. Die Kirchen und Hallen,<br />

wo sie auftrat, waren total überfüllt.<br />

Auch die l<strong>an</strong>gjährige Hamburger Bischöf<strong>in</strong> Maria Jepsen trat zurück, <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Bürgermeister<br />

Ole von Beust, unser hessischer M<strong>in</strong>isterpräsi<strong>de</strong>nt Rol<strong>an</strong>d Koch, Jürgen Rüttgers, Thilo Sarraz<strong>in</strong><br />

vom Vorst<strong>an</strong>dsposten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sb<strong>an</strong>k, Otto Rehhagel vom Tra<strong>in</strong>erjob <strong>in</strong> Griechenl<strong>an</strong>d und – für<br />

die allermeisten g<strong>an</strong>z überraschend und unverständlich –Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt Horst Köhler. Die Grün<strong>de</strong><br />

für die Rücktritte waren sehr unterschiedlich. Und <strong>de</strong>nnoch frage ich mich, ob die vielen Rückzüge<br />

auch etwas damit zu tun haben, dass gera<strong>de</strong> <strong>in</strong> Führungspositionen wenig Zeit neben <strong>de</strong>m Job bleibt.<br />

Haben sie etwas zu tun mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sorge im Tagesgeschäft, zermürbt zu wer<strong>de</strong>n? Mit <strong>de</strong>m Empf<strong>in</strong><strong>de</strong>n,<br />

dass da etwas auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke bleibt? Zeit für die Familie, die Entsp<strong>an</strong>nung, für die Stille?<br />

Ja, auch solche Überlegungen dürfen am Jahreswechsel Platz haben: Will ich so weiter machen wie<br />

bisher - o<strong><strong>de</strong>r</strong> muss ich vielleicht g<strong>an</strong>z grundlegend etwas än<strong><strong>de</strong>r</strong>n? E<strong>in</strong>e <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>e L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>schlagen?<br />

Beruflich o<strong><strong>de</strong>r</strong> privat mich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n? Ist es vielleicht Zeit, für e<strong>in</strong>en radikalen Wechsel? E<strong>in</strong>e Neuausrichtung.<br />

„Kehrt um!“ sagt <strong><strong>de</strong>r</strong> Prophet!<br />

Was ist eigentlich aus all <strong>de</strong>n Träumen gewor<strong>de</strong>n, die ich mal hatte? Welche konnte ich leben? Welche<br />

s<strong>in</strong>d noch realistisch? Für welche lohnt es sich zu <strong>in</strong>vestieren? Vielleicht auch zu kämpfen. - Tun<br />

Sie`s! – Im Hoffen seid ihr stark, sagt <strong><strong>de</strong>r</strong> Prophet.<br />

Aber seien Sie auch ehrlich zu sich selbst: Von welchen Träumen müssen Sie sich vielleicht verabschie<strong>de</strong>n<br />

– und zwar so, dass Sie sagen können: es ist <strong>in</strong> Ordnung, es waren eben <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>e D<strong>in</strong>ge dr<strong>an</strong>.<br />

Es war und blieb e<strong>in</strong> Traum, und es ist gut so. Ich muss diesem Traum nicht mehr h<strong>in</strong>terher laufen.<br />

„Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so wür<strong>de</strong> euch geholfen“, mahnt <strong>Jesaja</strong>.<br />

3


M<strong>an</strong>chmal wäre uns schon geholfen, wenn wir uns e<strong>in</strong>fach mal Zeit nehmen wür<strong>de</strong>n und solche Generalüberlegungen<br />

über uns, über unser Leben <strong>an</strong> uns r<strong>an</strong> lassen wür<strong>de</strong>n. Vielleicht ist es dr<strong>an</strong>, mir<br />

e<strong>in</strong>e Atempause zu genehmigen. Zeit zum persönlichen Nach<strong>de</strong>nken. Zeit für die Gespräche mit <strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>en,<br />

vertrauten Menschen, die mir ihre Außensicht zur Verfügung stellen. E<strong>in</strong>e Denkpause. – So<br />

wie bei Stuttgart 21. Es war wichtig, dass die Masch<strong>in</strong>erie zum Stoppen kam, m<strong>an</strong> sich Zeit gewährte<br />

zur Bes<strong>in</strong>nung, zum Überprüfen <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Position und für das Gespräch mite<strong>in</strong><strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>. Auch wenn<br />

das auf bei<strong>de</strong>n Seiten am En<strong>de</strong> nicht zur Umkehr geführt hat: Es ist doch gelungen, sich wenigstens<br />

mal die Gegenseite <strong>an</strong>zuhören und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Argumente <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sachlichen Atmosphäre mite<strong>in</strong><strong>an</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

prüfen. Auch wenn ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung erzielt wor<strong>de</strong>n ist: Es ist mehr Ruhe here<strong>in</strong>gekommen im gegenseitige<br />

Agieren.<br />

Was <strong><strong>de</strong>r</strong> Prophet will, ist ke<strong>in</strong> bl<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> und übereilter Aktionismus, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n e<strong>in</strong> beständiges und nachhaltiges<br />

H<strong>an</strong><strong>de</strong>ln. Aus e<strong>in</strong>em klaren Kopf heraus. Und <strong>de</strong>n k<strong>an</strong>n ich nur gew<strong>in</strong>nen, wenn ich mich<br />

auch mal zurückziehe.<br />

Sie können das auf alle Krisenszenarien <strong>an</strong>wen<strong>de</strong>n, die es <strong>2010</strong> gegeben hat - <strong>in</strong> ihrem persönlichen<br />

Umfeld und auf <strong><strong>de</strong>r</strong> weiten Welt: stetiges und nachhaltiges H<strong>an</strong><strong>de</strong>ln aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe heraus ist meistens<br />

erfolgreicher als schnelles und oft d<strong>an</strong>n auch nicht zu En<strong>de</strong> gedachtes Agieren, für das <strong>Jesaja</strong> das<br />

schöne Bild gebraucht: auf die fliegen<strong>de</strong>n Rosse aufspr<strong>in</strong>gen. Wir wür<strong>de</strong>n sagen: auf <strong>de</strong>n fahren<strong>de</strong>n<br />

Zug. Gesün<strong><strong>de</strong>r</strong> ist es bek<strong>an</strong>ntlich, erst mal abzuwarten bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Zug hält, sich <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit zu orientieren,<br />

ob es überhaupt <strong><strong>de</strong>r</strong> richtige ist und d<strong>an</strong>n <strong>in</strong> Ruhe e<strong>in</strong>steigen.<br />

S.<br />

Verstehen – durch Stille.<br />

Wirken – aus Stille.<br />

Gew<strong>in</strong>nen – <strong>in</strong> Stille.<br />

Egal, ob wir uns jetzt <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Silvester</strong>nacht Zeit dafür nehmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> am Jahres<strong>an</strong>f<strong>an</strong>g o<strong><strong>de</strong>r</strong> ob wir dafür<br />

feste Zeiten im neuen Jahr e<strong>in</strong>pl<strong>an</strong>en: Wichtig ist, dass wir es tun! Dass wir unseren üblichen<br />

Lebenrhythmus e<strong>in</strong>mal unterbrechen und reflektieren. Dass wir unser Leben wie e<strong>in</strong> Geschäft regelmäßig<br />

bil<strong>an</strong>zieren, d.h. überprüfen und d<strong>an</strong>n bestätigen o<strong><strong>de</strong>r</strong> korrigieren. Wir müssen wie<strong><strong>de</strong>r</strong> dazu<br />

kommen, dass wir bewusst leben – und nicht gelebt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Rezept, das <strong>Jesaja</strong> uns für`s neue Jahr mitgibt, heißt: Umkehren, ruhig se<strong>in</strong>, geduldig stillhalten,<br />

vertrauen und d<strong>an</strong>n wohlüberlegt h<strong>an</strong><strong>de</strong>ln. Und dafür verspricht Gott uns se<strong>in</strong>e Hilfe und neue Kraft!<br />

Die Unterbrechung <strong>de</strong>s Alltags kostet Mut und Zeit. M<strong>an</strong>chmal k<strong>an</strong>n sie auch aufregend und aufwühlend<br />

se<strong>in</strong>. Aber <strong>Jesaja</strong> prophezeit uns: Am En<strong>de</strong> gehen wir gestärkt daraus hervor! Wir gew<strong>in</strong>nen<br />

Gelassenheit und neue Zuversicht. „In <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruhe liegt die Kraft“ sagt e<strong>in</strong>e Weisheit unserer Tage.<br />

"Umkehren, Stille se<strong>in</strong>, Stillebleiben, Vertrauen, Hoffen ...", ja, liebe Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>, das ist das prophetische<br />

Rezept zum Starkwer<strong>de</strong>n! Und mit e<strong>in</strong>em so gestärkten Rücken wer<strong>de</strong>n wir 2011 sicher gut<br />

bestehen!<br />

Und <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong> Gottes…<br />

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