trafik a nten zeitung Mai/2012

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trafikantenzeitung.at
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28.09.2014 Aufrufe

im gespräch wohl denken wir derzeit darüber nach, ob und wie wir einen Nachfolgefonds einrichten könnten, der aber dann punktgenau und nicht nach dem Gießkannenprinzip funktionieren sollte. Das Trafikengeschäft mit Zeitungen und Zeitschriften leidet unter dem Angebot von Gratispublikationen und Billigillustrierten – das mit Lotto/Toto unter der Mitspielmöglichkeit via win2day- Internetplattform. In welchem Ausmaß haben diese beiden Umsatzsäulen an Tragfähigkeit verloren? Lotto hake ich einmal ab. Der Lottoanteil bei win2day entspricht etwa 32 Annahmestellen, sodass ich hier noch kein Riesenproblem erkennen kann. Der Zeitungssektor ist von mehreren Komponenten beeinflusst: zunächst der Hauszustellung, die sich inzwischen einerseits durch das langsame Wegsterben der Abonnenten rächt und andererseits kaum einen Abo-Neukundenzuwachs zulässt. Weiters wird – wie bei den Zigaretten – über den Preis um Leser gebuhlt, weil man zunehmend in einem Gratiszeitungsumfeld agiert. Die echten Billigzeitungen, meist Abfallprodukte der großen Verlage, kannibalisieren sich von selbst. Wenn ich bedenke, dass das Zeitungsgeschäft vor Lotto 1985 das zweite Standbein einer Trafik war und dann immer noch das dritte war, droht es jetzt hinter Wertkarten und, und, und … in die vierte Schiene abzurutschen – und das als Verursacher von nach wie vor sehr viel Arbeit. Wenn es aber die Zeitung da und dort aufgrund einer viel zu dünnen Auflage nicht mehr schafft, in der Trafik vertreten zu sein, ist der Zugang zum Markt und die Pressefreiheit bedroht. Wir arbeiten schon seit ewig mit Zeitungsvertrieben und Zeitungsverlagen zusammen und wollen auch dieses Geschäft, aber es muss etwas für uns übrig bleiben. Und da muss man auch über eine Mindesthandelsspanne etwa für Billigpreisprodukte nachdenken, wobei das Problem für mich ist, dass ich nicht mit den Verlagen verhandle, sondern mit den Vertrieben. Aber wir werden am Ball bleiben. Ist das Nebenartikelsortiment weitestgehend ausgereizt, oder gibt es Ideen für weitere, zumindest teilweise Tabakwarenumsatzausfall-Kompensationsmöglichkeiten? „Ich verstehe die Unzufriedenheit der Trafikanten mit der Ist-Situation …“ Ich kann ein Tabakvolumen von ungefähr 2,5 Milliarden auch nicht nur ansatzweise kompensieren. Ich kann ein wenig Zubrot schaffen. Allerdings sind wir so manchem Erzeuger und so manchem Vertrieb zu teuer. Er braucht einen Distributor dazwischen, müsste im Endeffekt über 2000 Verträge abschließen, und es kann ihm im Vorhinein nicht garantiert werden, in wie viel Trafiken er vertreten ist. Unsere Vorteile sind die Kundennähe, wir unterliegen keiner Preiskritik und haben eigentümergeführte Geschäfte. Auf einer sicherlich auch Ihnen bekannten Internetseite findet sich der Eintrag: „Der Unmut mit der Interessenvertretung unter heimischen Trafikanten wächst – und in zwei Jahren sind Kammerwahlen!“ Unter einer anderen URL, im Internet-Trafikantenforum, dominiert ziemlich signifikant bei einer dort gestarteten Umfrage über die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit der Standesvertretung der Negativbalken. Worauf führen Sie dieses Überhandnehmen kritischer Stimmen zurück? Zunächst einmal: Es gibt jetzt eine schon ungefähr zweieinhalb Jahre währende Phase, wo sich am Preis- und Handelsspannensektor nichts tut. Und ich verstehe jeden Trafikanten, der sagt: Ich bin mit meiner momentanen Situation unzufrieden – und eigentlich ist der Trinkl schuld, weil bis jetzt hat er es ja immer geschafft. Auch wenn uns das Wasser bis zum Hals gestanden ist, irgendeine Lösung habe ich immer aus dem Hut gezogen. Jetzt dauert es nicht zuletzt deshalb länger, weil es in dieser Situation ungemein schwierig ist, Druck aufzubauen. Momentan sind der einzige Druck wir. Und so verlässt manchen Kollegen die Geduld. Ich habe mich bei der Vorbereitung dieses Interviews umgehört und als Mehrfach-Meldungen mitgenommen, dass einerseits Ihr offensichtlich im Zusammenhang mit Vertragsänderungen öfter vorgebrachter Satz „Es hätte noch schlimmer kommen können …“ vielfach auf Unverständnis stößt, und andererseits die Umfunktionierung der Fachgruppentagungen zu Shows mit kaum mehr Chancen zur offenen Diskussion – und schon gar nicht zu einer solchen mit als kritischen Stimmen bekannten Trafikanten – Ärgernis erregt. Wie gehen Sie mit diesen Vorhaltungen um? „Basisdemokratie? Wir sind uns ja nicht einmal bei Kampfmaßnahmen einig ...“ Die eingeforderte Basisdemokratie funktioniert allein schon deshalb nicht, weil wir es ja nicht einmal bei Kampfmaßnahmen schaffen, die Basis auf eine einheitliche Linie zu kriegen. Darüber hinaus ist es ungemein schwierig, Leute für eine Arbeit in der Berufsvertretung zu gewinnen. Den Vorwurf, ich knechte und kneble die Leute, weise ich allerdings zurück. Ich stelle mich – und das habe ich auch schon hinreichend bewiesen – jeder Diskussion auf Augenhöhe. Das heißt aber für mich, dass auch die Diskutanten vorweg ihre Hausaufgaben gemacht haben und wissen, worüber man diskutiert und was dahinter steht. Deshalb bin ich auch froh, Sie diesmal wieder bei diesem Interview als Visavis zu haben. Schwer enttäuscht haben mich allerdings – Sie gestatten mir diese Anmerkung – jene Beiträge in der Trafikantenzeitung, in denen bis vor Kurzem von einem Autor immer wieder Forderungen erhoben wurden, für deren Umsetzung er selbst fünf Jahre, eine ganze Funktionsperiode lang, die Zeit und Möglichkeit gehabt hätte. PETER HAUER 8 trafik a nten zeitung Mai/2012

interview „Wir hätten ja gerne mehr Konkurrenz ...“ Während sich die großen Player der Szene harte Preiskämpfe liefern, sind gerade von einem bayrischen Familienbetrieb ungewohnte Aussagen zu vernehmen. Pöschl Tabak hat einen langen Weg vom kleinen Schnupftabak-Spezialisten zum Vollsortimenter zurückgelegt und behauptet sich mit einer Mischung charakteristischer Traditionsprodukte und erfolgreicher neuer Ideen. Wir haben mit Dkfm. Patrick Engels die vierte Generation an der Pöschl-Spitze zum Interview gebeten. Ihr Urgroßvater hat mit Schnupftabak begonnen. Sind die „Schnupfer“ eine aussterbende Rasse oder zeigt die Kurve dank zunehmender Rauchverbote gar nach oben? Pöschl hat bis 1945 ausschließlich Schmalzler produziert. Heute macht das gesamte Segment – also inklusive des Snuff, den wir seit den 60ern anbieten – bei uns rund 10 Prozent des Umsatzes, mengenmäßig sogar weniger aus. Es hat dabei mehrere Rückgänge gegeben, in letzter Zeit hat die Nachfrage aber wieder leicht angezogen. Ob das an Rauchverboten liegt, ist schwer zu sagen. Mit der „Gletscherprise“ hat Pöschl 1971 offenbar den Geschmack der Deutschen getroffen und das bislang erfolgreichste Schnupftabakprodukt im Portfolio. Hat sich der „Volksgeschmack“ seither verändert? Der Trend geht klar zu fruchtigeren Aromen. Speziell jüngere Verwender greifen bevorzugt zu Kirsche, Vanille oder Marille, um jetzt nur einige Noten zu nennen. Wir sind aber breit aufgestellt und verfolgen natürlich auch permanent den Markt. Welche Länder sind die stärksten Absatzmärkte für Schnupftabak? Gibt es starke Konkurrenz? Nach Deutschland ist Polen das Land mit dem höchsten Pro-Kopf- Verbrauch. Ganz allgemein kann man aber sagen, dass alpine Länder eher eine Schnupftabaktradition haben. In Österreich ist beispielsweise die Pyhrnautobahn eine klare Trennlinie: Westlich davon wird geschnupft, im Osten schlummert noch viel Potenzial. Besonders sind wir natürlich am Großraum Wien als attraktivem Zielmarkt interessiert. So seltsam das klingen mag: Wir hätten gerne mehr trafik a nten zeitung Mai/2012 Dkfm. Patrick Engels: „Einen wachsenden Kuchen teilen wir gerne.“ Mitbewerber. Einfach deshalb, weil dies bedeuten würde, dass der Markt attraktiver und größer wird. Einen wachsenden Kuchen teilen wir gerne. In Wahrheit gibt es aber neben uns nur noch eine Manufaktur in Regensburg und ein Werk in Südafrika – das war es dann schon. Was kann man tun, um für Schnupftabak neue Kunden zu finden? Grundsätzlich ist der Schnupftabak ein Produkt, das eine gewisse Beratung erfordert: Wer es beim ersten Mal falsch macht – also zu große Prisen zu stark aufzieht – hört gleich wieder damit auf. Das ist auch der Grund, warum wir Tabakschleudern und ähnlichen Unsinn aus dem Programm genommen haben und warum wir auch einschlägigen Wettbewerben eher kritisch 9

interview<br />

„Wir hätten ja gerne<br />

mehr Konkurrenz ...“<br />

Während sich die großen Player der Szene harte Preiskämpfe liefern, sind gerade von einem<br />

bayrischen Familienbetrieb ungewohnte Aussagen zu vernehmen. Pöschl Tabak hat einen langen<br />

Weg vom kleinen Schnupftabak-Spezialisten zum Vollsortimenter zurückgelegt und behauptet<br />

sich mit einer Mischung charakteristischer Traditionsprodukte und erfolgreicher neuer<br />

Ideen. Wir haben mit Dkfm. Patrick Engels die vierte Generation an der Pöschl-Spitze zum Interview<br />

gebeten.<br />

Ihr Urgroßvater hat mit Schnupftabak begonnen. Sind die<br />

„Schnupfer“ eine aussterbende Rasse oder zeigt die Kurve dank<br />

zunehmender Rauchverbote gar nach oben?<br />

Pöschl hat bis 1945 ausschließlich Schmalzler produziert. Heute<br />

macht das gesamte Segment – also inklusive des Snuff, den wir seit<br />

den 60ern anbieten – bei uns rund 10 Prozent des Umsatzes, mengenmäßig<br />

sogar weniger aus. Es hat dabei mehrere Rückgänge gegeben,<br />

in letzter Zeit hat die Nachfrage aber wieder leicht angezogen.<br />

Ob das an Rauchverboten liegt, ist schwer zu sagen.<br />

Mit der „Gletscherprise“ hat Pöschl 1971 offenbar den Geschmack<br />

der Deutschen getroffen und das bislang erfolgreichste Schnupftabakprodukt<br />

im Portfolio. Hat sich der „Volksgeschmack“ seither<br />

verändert?<br />

Der Trend geht klar zu fruchtigeren Aromen. Speziell jüngere Verwender<br />

greifen bevorzugt zu Kirsche, Vanille oder Marille, um jetzt<br />

nur einige Noten zu nennen. Wir sind aber breit aufgestellt und verfolgen<br />

natürlich auch permanent den Markt.<br />

Welche Länder sind die stärksten Absatzmärkte für Schnupftabak?<br />

Gibt es starke Konkurrenz?<br />

Nach Deutschland ist Polen das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-<br />

Verbrauch. Ganz allgemein kann man aber sagen, dass alpine Länder<br />

eher eine Schnupftabaktradition haben. In Österreich ist beispielsweise<br />

die Pyhrnautobahn eine klare Trennlinie: Westlich<br />

davon wird geschnupft, im Osten schlummert<br />

noch viel Potenzial. Besonders sind wir<br />

natürlich am Großraum Wien als attraktivem<br />

Zielmarkt interessiert. So seltsam<br />

das klingen mag: Wir hätten gerne mehr<br />

<strong>trafik</strong> a <strong>nten</strong> <strong>zeitung</strong> <strong>Mai</strong>/<strong>2012</strong><br />

Dkfm. Patrick Engels: „Einen wachsenden Kuchen teilen wir gerne.“<br />

Mitbewerber. Einfach deshalb, weil dies bedeuten würde, dass der<br />

Markt attraktiver und größer wird. Einen wachsenden Kuchen teilen<br />

wir gerne. In Wahrheit gibt es aber neben uns nur noch eine Manufaktur<br />

in Regensburg und ein Werk in Südafrika – das war es dann<br />

schon.<br />

Was kann man tun, um für Schnupftabak neue Kunden zu finden?<br />

Grundsätzlich ist der Schnupftabak ein Produkt, das eine gewisse<br />

Beratung erfordert: Wer es beim ersten Mal falsch macht<br />

– also zu große Prisen zu stark aufzieht – hört gleich<br />

wieder damit auf. Das ist auch der Grund, warum<br />

wir Tabakschleudern und ähnlichen Unsinn aus<br />

dem Programm genommen haben und warum<br />

wir auch einschlägigen Wettbewerben eher kritisch<br />

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