trafik a nten zeitung Mai/2012
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im gespräch<br />
wohl denken wir derzeit darüber nach, ob und wie wir einen Nachfolgefonds<br />
einrichten kön<strong>nten</strong>, der aber dann punktgenau und nicht<br />
nach dem Gießkannenprinzip funktionieren sollte.<br />
Das Trafikengeschäft mit Zeitungen und Zeitschriften leidet unter<br />
dem Angebot von Gratispublikationen und Billigillustrierten<br />
– das mit Lotto/Toto unter der Mitspielmöglichkeit via win2day-<br />
Internetplattform. In welchem Ausmaß haben diese beiden Umsatzsäulen<br />
an Tragfähigkeit verloren?<br />
Lotto hake ich einmal ab. Der Lottoanteil bei win2day entspricht<br />
etwa 32 Annahmestellen, sodass ich hier noch kein Riesenproblem<br />
erkennen kann. Der Zeitungssektor ist von mehreren Kompone<strong>nten</strong><br />
beeinflusst: zunächst der Hauszustellung, die sich inzwischen einerseits<br />
durch das langsame Wegsterben der Abonne<strong>nten</strong> rächt und andererseits<br />
kaum einen Abo-Neukundenzuwachs zulässt. Weiters wird<br />
– wie bei den Zigaretten – über den Preis um Leser gebuhlt, weil man<br />
zunehmend in einem Gratis<strong>zeitung</strong>sumfeld agiert. Die echten Billig<strong>zeitung</strong>en,<br />
meist Abfallprodukte der großen Verlage, kannibalisieren<br />
sich von selbst. Wenn ich bedenke, dass das Zeitungsgeschäft vor Lotto<br />
1985 das zweite Standbein einer Trafik war und dann immer noch<br />
das dritte war, droht es jetzt hinter Wertkarten und, und, und … in<br />
die vierte Schiene abzurutschen – und das als Verursacher von nach<br />
wie vor sehr viel Arbeit.<br />
Wenn es aber die Zeitung da und dort aufgrund einer viel zu dünnen<br />
Auflage nicht mehr schafft, in der Trafik vertreten zu sein, ist der Zugang<br />
zum Markt und die Pressefreiheit bedroht. Wir arbeiten schon<br />
seit ewig mit Zeitungsvertrieben und Zeitungsverlagen zusammen<br />
und wollen auch dieses Geschäft, aber es muss etwas für uns übrig<br />
bleiben. Und da muss man auch über eine Mindesthandelsspanne<br />
etwa für Billigpreisprodukte nachdenken, wobei das Problem für<br />
mich ist, dass ich nicht mit den Verlagen verhandle, sondern mit den<br />
Vertrieben. Aber wir werden am Ball bleiben.<br />
Ist das Nebenartikelsortiment weitestgehend ausgereizt, oder gibt<br />
es Ideen für weitere, zumindest teilweise Tabakwarenumsatzausfall-Kompensationsmöglichkeiten?<br />
„Ich verstehe die Unzufriedenheit der<br />
Trafika<strong>nten</strong> mit der Ist-Situation …“<br />
Ich kann ein Tabakvolumen von ungefähr 2,5 Milliarden auch nicht<br />
nur ansatzweise kompensieren. Ich kann ein wenig Zubrot schaffen.<br />
Allerdings sind wir so manchem Erzeuger und so manchem Vertrieb<br />
zu teuer. Er braucht einen Distributor dazwischen, müsste im Endeffekt<br />
über 2000 Verträge abschließen, und es kann ihm im Vorhinein<br />
nicht garantiert werden, in wie viel Trafiken er vertreten ist. Unsere<br />
Vorteile sind die Kundennähe, wir unterliegen keiner Preiskritik und<br />
haben eigentümergeführte Geschäfte.<br />
Auf einer sicherlich auch Ihnen bekan<strong>nten</strong> Internetseite findet<br />
sich der Eintrag: „Der Unmut mit der Interessenvertretung unter<br />
heimischen Trafika<strong>nten</strong> wächst – und in zwei Jahren sind Kammerwahlen!“<br />
Unter einer anderen URL, im Internet-Trafika<strong>nten</strong>forum,<br />
dominiert ziemlich signifikant bei einer dort gestarteten<br />
Umfrage über die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit der<br />
Standesvertretung der Negativbalken. Worauf führen Sie dieses<br />
Überhandnehmen kritischer Stimmen zurück?<br />
Zunächst einmal: Es gibt jetzt eine schon ungefähr zweieinhalb Jahre<br />
währende Phase, wo sich am Preis- und Handelsspannensektor<br />
nichts tut. Und ich verstehe jeden Trafika<strong>nten</strong>, der sagt: Ich bin mit<br />
meiner momentanen Situation unzufrieden – und eigentlich ist der<br />
Trinkl schuld, weil bis jetzt hat er es ja immer geschafft. Auch wenn<br />
uns das Wasser bis zum Hals gestanden ist, irgendeine Lösung habe<br />
ich immer aus dem Hut gezogen. Jetzt dauert es nicht zuletzt deshalb<br />
länger, weil es in dieser Situation ungemein schwierig ist, Druck<br />
aufzubauen. Momentan sind der einzige Druck wir. Und so verlässt<br />
manchen Kollegen die Geduld.<br />
Ich habe mich bei der Vorbereitung dieses Interviews umgehört<br />
und als Mehrfach-Meldungen mitgenommen, dass einerseits Ihr<br />
offensichtlich im Zusammenhang mit Vertragsänderungen öfter<br />
vorgebrachter Satz „Es hätte noch schlimmer kommen können …“<br />
vielfach auf Unverständnis stößt, und andererseits die Umfunktionierung<br />
der Fachgruppentagungen zu Shows mit kaum mehr<br />
Chancen zur offenen Diskussion – und schon gar nicht zu einer<br />
solchen mit als kritischen Stimmen bekan<strong>nten</strong> Trafika<strong>nten</strong> – Ärgernis<br />
erregt. Wie gehen Sie mit diesen Vorhaltungen um?<br />
„Basisdemokratie? Wir sind uns ja nicht<br />
einmal bei Kampfmaßnahmen einig ...“<br />
Die eingeforderte Basisdemokratie funktioniert allein schon deshalb<br />
nicht, weil wir es ja nicht einmal bei Kampfmaßnahmen schaffen,<br />
die Basis auf eine einheitliche Linie zu kriegen. Darüber hinaus ist<br />
es ungemein schwierig, Leute für eine Arbeit in der Berufsvertretung<br />
zu gewinnen. Den Vorwurf, ich knechte und kneble die Leute, weise<br />
ich allerdings zurück. Ich stelle mich – und das habe ich auch schon<br />
hinreichend bewiesen – jeder Diskussion auf Augenhöhe.<br />
Das heißt aber für mich, dass auch die Diskuta<strong>nten</strong> vorweg ihre<br />
Hausaufgaben gemacht haben und wissen, worüber man diskutiert<br />
und was dahinter steht. Deshalb bin ich auch froh, Sie diesmal wieder<br />
bei diesem Interview als Visavis zu haben. Schwer enttäuscht haben<br />
mich allerdings – Sie gestatten mir diese Anmerkung – jene Beiträge<br />
in der Trafika<strong>nten</strong><strong>zeitung</strong>, in denen bis vor Kurzem von einem Autor<br />
immer wieder Forderungen erhoben wurden, für deren Umsetzung<br />
er selbst fünf Jahre, eine ganze Funktionsperiode lang, die Zeit und<br />
Möglichkeit gehabt hätte. <br />
PETER HAUER<br />
8<br />
<strong>trafik</strong> a <strong>nten</strong> <strong>zeitung</strong> <strong>Mai</strong>/<strong>2012</strong>