trafik a nten zeitung Mai/2012
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im blickpunkt<br />
Neue EU-Tabakrichtlinie<br />
fördert den Schwarzmarkt<br />
Forscher vom Forschungszentrum „Transcrime“ der Universitäten <strong>Mai</strong>land und Trient warnen<br />
in ihrer jüngsten Studie davor, dass die von der EU-Kommission gepla<strong>nten</strong> Maßnahmen zur<br />
Überarbeitung der Tabakrichtlinie der organisierten Kriminalität neue Spielräume verschaffen<br />
kön<strong>nten</strong>.<br />
Nach übereinstimmenden<br />
Schätzungen<br />
hatte der Zigaretten-<br />
Schwarzmarkt innerhalb<br />
der EU 2009 ein Volumen<br />
von 61 Milliarden Zigaretten.<br />
Also 3,05 Milliarden Packungen<br />
bzw. mehr als 29.000 Paletten Zigaretten.<br />
Tendenz: steigend.<br />
Kein Wunder: Beim Fälschen<br />
von Zigaretten ist das 40-fache<br />
der Produktionskosten zu erwirtschaften;<br />
auch der Schmuggel<br />
ist hoch profitabel, da bei<br />
einem durchschnittlich 80-prozentigen<br />
Tabaksteuersatz innerhalb<br />
der EU enorme Spannen<br />
Savona: „Die Folgen der Tabakregulierung<br />
auf die Kriminalität<br />
werden ausgeblendet“<br />
bei unversteuerter Ware locken.<br />
Gleichzeitig liegt das Risiko, erwischt<br />
zu werden, angesichts von<br />
4,7 Milliarden beschlagnahmter<br />
Glimmstengel lediglich bei 7,7<br />
Prozent. Und selbst dann sind<br />
die Strafen weit milder als beim<br />
Drogenhandel.<br />
Tabakschwarzmarkt:<br />
hohe Profite, kaum<br />
Risiko für Kriminelle<br />
Transcrime, das Gemeinschaftliche<br />
Zentrum für Forschung<br />
zum Transnationalen Verbrechen,<br />
wollte deshalb untersuchen,<br />
welche Auswirkungen der<br />
verschiedenen Vorschläge der<br />
EU-Kommission zur neuen Tabakrichtlinie<br />
auf den kriminellen<br />
Zigarettenmarkt zu erwarten<br />
wären. Diese Initiative wurde<br />
von Philip Morris International<br />
begrüßt und die Forschung<br />
finanziell unterstützt – wohlgemerkt<br />
ohne dabei irgendwelchen<br />
Einfluss auf die Ergebnisse zu<br />
haben.<br />
Die in der Studie verwendete<br />
Methodik nennt sich „Crimeproofing“<br />
und ist wissenschaftlich<br />
anerkannt. Mit ihr lässt sich<br />
einschätzen, welche neuen Möglichkeiten<br />
durch künftige Regulierungen<br />
unbeabsichtigt für<br />
Kriminelle eröffnet werden.<br />
Am 3. April <strong>2012</strong> wurde der abschließende<br />
Report „Die Revision<br />
der Tabakrichtlinie: Überprüfung<br />
geplanter Vorschläge<br />
und ihrer negativen Folgen für<br />
die Erleichterung von Straftaten“<br />
veröffentlicht. Auf den Punkt<br />
gebracht würden vor allem Einheitsverpackungen<br />
sowie das<br />
Präsentationsverbot den Produktfälschern<br />
und Schmugglern<br />
das Leben noch leichter machen.<br />
„Das Crimeproofing hat gezeigt,<br />
dass einige der vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen ein signifikantes<br />
Risiko für die Zunahme des illegalen<br />
Handels mit Tabakerzeugnissen<br />
bergen. Insbesondere<br />
begünstigt die Einführung von<br />
Einheitsverpackungen das Fälschen<br />
von Tabakerzeugnissen<br />
und erschwert es gleichzeitig den<br />
Verbrauchern, legale von illegalen<br />
Produkten zu unterscheiden“,<br />
so Kriminologe und Koautor<br />
Professor Ernesto Savona.<br />
„Die Politik ignoriert<br />
die Nebenfolgen neuer<br />
Gesetze ...“<br />
Savona zufolge hat das Generaldirektorat<br />
für Gesundheit<br />
und Verbraucherschutz („DG<br />
SANCO“) den möglichen Auswirkungen<br />
auf den Tabakschwarzmarkt<br />
offensichtlich keine<br />
Aufmerksamkeit geschenkt:<br />
„Entgegen ihren eigenen Leitlinien<br />
berücksichtigen die politischen<br />
Entscheidungsträger<br />
in Europa beim Entwurf neuer<br />
Rechtsvorschriften kaum deren<br />
mögliche Auswirkungen auf die<br />
Kriminalität.“<br />
„Produktfälschung und<br />
Schmuggel werden<br />
weiter erleichtert ...“<br />
Die Autoren appellieren deshalb<br />
dringend an die Politiker, die<br />
Auswirkungen der vorgeschlagenen<br />
tabakpolitischen Maßnahmen<br />
auf ihre kriminelle Relevanz<br />
zu prüfen: „Der EU-Tabakmarkt<br />
ist schon jetzt äußerst anfällig für<br />
den illegalen Handel. Man sollte<br />
daher größere Vorsicht bei der<br />
Einführung neuer Regulierungsmaßnahmen<br />
walten lassen.“<br />
Mehr Informationen: Der englischsprachige<br />
Originalreport<br />
der Studie kann von der Transcrime-Homepage<br />
http://www.<br />
transcrime.unitn.it/tc/664.php<br />
heruntergeladen werden.<br />
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<strong>trafik</strong> a <strong>nten</strong> <strong>zeitung</strong> <strong>Mai</strong>/<strong>2012</strong>