Seite 1-36 (pdf, 5 Mb) - Trafikantenzeitung
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Perspektiven<br />
14 trafikantenzeitung 10/2006<br />
Sieben <strong>Seite</strong>n<br />
nach vier Jahren<br />
Deutsche Presseerzeugnisse sind in<br />
Österreich bis zu 30 Prozent teurer.<br />
Die sonst so harmoniesüchtige EU<br />
läßt die Arbeiterkammer mit ihrer<br />
Preisdifferenz-Kritk abblitzen.<br />
D<br />
a kann doch etwas<br />
nicht stimmen: Da<br />
auf der Zeitschrift<br />
steht groß und fett<br />
1,40 Euro – und Sie kassieren<br />
1,53 Euro. Mit solchen<br />
und ähnlichen Vorwürfen<br />
sahen sich nach der Euro-<br />
Umstellung zum 1. Jänner<br />
2002 die Trafikanten konfrontiert.<br />
Die Einheitswährung<br />
Euro hat die schon<br />
immer existenten Preisunterschiede<br />
zwischen dem Verkaufspreis<br />
in Deutschland<br />
und dem in Österreich transparent<br />
gemacht. Was unter<br />
anderem auch die Konsumentenschützer<br />
aktiv werden<br />
ließ, die bei einer Preisgegenüberstellung<br />
feststellten,<br />
daß Printprodukte aus unserem<br />
westlichen Nachbarland<br />
in Österreich um bis zu<br />
35 Prozent teurer seien als in<br />
Deutschland.<br />
Die Frage nach dem Warum<br />
wurde an die Vertriebe und<br />
von diesen an die Verlage<br />
weitergeleitet und brachte<br />
schlußendlich ein Ergebnis,<br />
das damals viele Trafikanten<br />
sogar groß in ihren Verkaufsräumen<br />
plakatierten:<br />
„Man muß berücksichtigen,<br />
daß a) in den einzelnen<br />
Vertriebsländern unterschiedliche<br />
Mehrwertsteuersätze zur<br />
Anwendung kommen, sich b) Unterschiede<br />
bei den Transportkosten und<br />
Remissionsquoten ergeben, c) eine<br />
schlechtere Wirtschaftlichkeit aufgrund<br />
der geringeren Durchschnittsverkäufe<br />
sowie einer einerseits geringeren Bevölkerungs-<br />
und andererseits größeren<br />
Händlerdichte gegeben ist und schließlich<br />
d) aus dem belieferten Ausland<br />
keine Anzeigenerlöse ins Ursprungsland<br />
fließen. All diese Faktoren finden nun<br />
einmal ihren Niederschlag in der Preisbildung<br />
für das jeweilige Absatzland.“<br />
Um künftig Mißverständnisse erst gar<br />
nicht aufkommen zu lassen, regte Österreich<br />
als wichtigster Auslandsmarkt für<br />
deutsche Presseerzeugnis im EU-Raum<br />
an, daß der rotweißrote Euro-Preis innerhalb<br />
der Länder-Preisauflistung auf den<br />
Titelseiten prominent platziert und groß<br />
hervorgehoben wird.<br />
Die Arbeiterkämmerer ließen sich<br />
allerdings weder mit dieser Stellungnahme,<br />
noch der Titelseitenkosmetik als<br />
Problemlöser abspeisen. Und das schon<br />
deshalb nicht. Weil – laut AK-Wirtschaftsexpertin<br />
Ulrike Ginner – 2002<br />
ein Sprecher der EU-Kommission zugab,<br />
in zunehmendem Maße mit diesbezüglichen<br />
Beschwerden konfrontiert zu sein<br />
und man dem Problem bei Vorliegen<br />
einer begründeten Beschwerde nähertreten<br />
würde.<br />
Das ließ sich die Arbeiterkammer<br />
nicht zweimal sagen und brachte ergo<br />
eine „begründete Beschwerde“ über die<br />
von deutschen Verlagen vorgegebenen<br />
höheren Preise für Österreich ein – und<br />
wartete – und wartete – bis endlich jetzt<br />
nach vier Jahren eine gerade einmal<br />
sieben <strong>Seite</strong>n umfassende Erledigung<br />
eintraf. Ihr Kernsatz: „Die begründete<br />
AK-Beschwerde ist zurückzuweisen“,<br />
weil die Preisdifferenzen bei den meisten<br />
Zeitschriften nicht so gravierend seien,<br />
daß sie per se einen hinreichenden<br />
Anhaltspunkt für wettbewerbswidrige<br />
Verhaltensweisen<br />
darstellen könnten.“<br />
Die von der AK angeführten<br />
Preisunterschiede von 30<br />
Prozent würde es „nur“ bei<br />
zwei Zeitschriften geben und<br />
die durchschnittliche Differenz<br />
läge bei „lediglich“ 13,45<br />
Prozent, wofür man die bereits<br />
2002 genannten Gründe<br />
– den dreiprozentigen Mehrwertsteuerunterschied,<br />
die<br />
geringeren Absatzmengen sowie<br />
Anzeigenerlöse in Österreich<br />
und die höheren<br />
Logistikkosten – ins Treffen<br />
führt<br />
Eine Argumentation, die<br />
AK-Expertin Ginner so nicht<br />
hinnehmen will – besonders,<br />
was das Thema Logistik anlangt:<br />
„Demnach müßte eine Zeitschrift,<br />
die in Bayern produziert<br />
wird, in Hamburg mehr<br />
kosten als im grenznahe Salzburg“,<br />
schlußfolgert sie: „Aber<br />
in der Realität ist es genau<br />
umgekehrt!“<br />
Die EU-Kommission<br />
kommt dennoch zu dem<br />
Schluß: „Angesichts der Tatsache,<br />
daß der von Ihnen (der<br />
Arbeiterkammer – Anm. d.<br />
Red.) vorgebrachte Sachverhalt<br />
nur relativ geringe Auswirkungen<br />
auf das Funktionieren<br />
des gemeinsamen Marktes hat, ist<br />
das Ausmaß des erforderlichen Untersuchungsaufwands<br />
somit insgesamt als unverhältnismäßig<br />
zu erachten. Die Beschwerde<br />
ist daher zurückzuweisen.“<br />
Doch die Arbeiterkammer gibt noch<br />
nicht auf. Sie ist gerade mit einer neuen<br />
Preiserhebung beschäftigt, die ähnliche<br />
Preisdifferenzen wie vor vier Jahren erwarten<br />
läßt, worauf – laut Ginner – die<br />
ersten Ergebnisse auch schon hindeuten:<br />
„Besonders die österreichischen Jugendlichen<br />
haben besonders viel zu bezahlen.<br />
Bravo zum Beispiel kostet, wenn es die<br />
Walserberg- oder Freilassing-Grenzlinie<br />
passiert, um beinahe 31 Prozent mehr als<br />
in Deutschland.“<br />
Nach Vorliegen der vollständigen<br />
aktuellen Preiserhebung will die Arbeiterkammer<br />
die österreichischen Wettbewerbsbehörden<br />
einschalten, die laut<br />
EU-Recht dann auch gegen deutsche<br />
Verlage aktiv werden könnten.