trafik a nten zeitung Mai/2013
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im blickpunkt<br />
18<br />
Die Pseudo-Camel Jin Ling ist auf dem deutschen Zigarettenschwarzmarkt<br />
längst eine Macht. Trotz häufiger Beschlagnahmen<br />
sind sie ein derart gutes Geschäft für die Kriminellen,<br />
dass sogar schon Fälschungen dieser „Marke“ im Umlauf<br />
sind – diese sind dann so richtig gesundheitsgefährdend<br />
ihnen bisher wenig. Sie werden<br />
legal seit langem um Millionen<br />
Euro gebracht. Eine EU-weite<br />
Regelung, die die großen steuerlichen<br />
Unterschiede zwischen<br />
den einzelnen Mitgliedstaaten<br />
ausgleicht oder zumindest<br />
eine Lösung für benachteiligte<br />
Regionen anbietet, steht aus.<br />
„Im Waldviertel verlieren Trafika<strong>nten</strong><br />
rund 45 Prozent ihrer<br />
Zigaretteneinnahmen, in Wien<br />
sind es etwa 25 Prozent“, weiß<br />
Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze<br />
als Raucherpräventionsexperte<br />
zu berichten, der die Situation<br />
seit Jahrzeh<strong>nten</strong> beobachtet:<br />
„Natürlich sind auch die legal<br />
in den Nachbarländern erworbenen<br />
Zigaretten immer noch<br />
viel günstiger als in Österreich.<br />
Die Gefahr ist aber groß, gleich<br />
direkt am Schwarzmarkt noch<br />
billigere, gefälschte Tschiks zu<br />
kaufen, weil man ja auch gar<br />
nicht versteht, was draufsteht,<br />
und sich dadurch einem wesentlich<br />
höheren Gesundheitsrisiko<br />
aussetzt. Menschen, die das<br />
machen, handeln unverantwortlich.<br />
Sie haben den kurzfristig<br />
erfreulichen Effekt des Genusses<br />
und des volleren Geldbörserls,<br />
aber dafür die gesundheitlichen<br />
Langzeitschäden der Organe“,<br />
betont der emeritierte Leiter des<br />
Sozialmedizinischen Zentrums<br />
der Universität Wien.<br />
Schmuggel als weltweites<br />
Problem<br />
Was von vielen Rauchern als Kavaliersdelikt<br />
abgetan wird, sich<br />
ein paar günstige Zigarettenstangen<br />
versteckt mitzunehmen,<br />
zahlt sich bei den organisierten<br />
Kleinschmugglern bereits<br />
durch rentable Zuverdienste<br />
aus. Aus Ländern mit geringerer<br />
Tabakbesteuerung werden<br />
Kontingente teilweise sogar legal<br />
aufgekauft und in größeren<br />
Mengen auf Schleichwegen oder<br />
in verborgenen Hohlräumen von<br />
PKWs, vor allem aber in LKWs<br />
über die Grenzen in die EU und<br />
dann in die einzelnen Mitgliedstaaten<br />
geschmuggelt.<br />
Dennoch: Das ist zwar für den<br />
Fiskus der einzelnen Länder ärgerlich,<br />
doch die wirklich großen<br />
finanziellen Abstauber sind<br />
die mafios organisierten Großschmuggler<br />
mit einem dichten<br />
Vertriebsnetz. Sie sind sehr erfinderisch,<br />
was das Abzweigen<br />
legaler Produkte oft schon am<br />
Herstellungsort betrifft. Speziell<br />
Fälschungen haben Hochkonjunktur.<br />
Diesem organisierten<br />
Verbrechen, das vor allem<br />
bei den illegalen Importen aus<br />
dem EU-Ausland die Finger im<br />
Spiel hat, sind Polizei und Zoll<br />
auf der Spur. Für jeden kleinen<br />
Schmuggler zahlt sich bereits<br />
die Differenz zwischen Einkaufs-<br />
und Verkaufspreis aus<br />
– sonst würde er es nicht machen.<br />
Doch bei organisierten<br />
Schmugglern handelt es sich in<br />
der Gesamtheit um exorbitant<br />
hohe Beträge. Der weltweite Verlust<br />
an Staatseinnahmen durch<br />
den illegalen Handel mit Tabakprodukten<br />
beträgt jährlich satte<br />
40,5 Milliarden US-Dollar, wie<br />
das Deutsche Krebsforschungszentrum<br />
in einer Studie belegte.<br />
Tabakschmuggel ist also nicht<br />
nur ein EU-weites, sondern ein<br />
weltweites Problem. Es wird vor<br />
allem deshalb i<strong>nten</strong>siv geahndet,<br />
weil es nicht nur die Staatshaushalte<br />
schädigt, sondern auch zur<br />
Finanzierung des organisierten<br />
Verbrechens dient. Auffallend<br />
ist, dass jene Länder mit geringer<br />
oder niedriger Einkommensgruppe<br />
über einen besonders<br />
großen Zigarettenschwarzmarkt<br />
verfügen, verdeutlicht die Studie<br />
des Deutschen Krebsforschungszentrums.<br />
Georgien<br />
führte im Jahr 2010 die Skala<br />
mit 49 Prozent an, gefolgt von<br />
Bolivien mit 46,2 Prozent und<br />
Albanien mit zwischen 40 und<br />
50 Prozent. Aber auch Länder<br />
mit hohen Einkommensgruppen<br />
bewegen sich in der Regel zwischen<br />
1 Prozent (Neuseeland)<br />
und 13 Prozent in der Statistik.<br />
Ausreißer mit 42,2 Prozent sind<br />
Hongkong, die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate (30,3 Prozent)<br />
und Singapur (18 Prozent). Die<br />
USA liegen ebenso mit 13 bis 25<br />
Prozent weit über dem aktuellen<br />
EU-Durchschnitt von 11,1 Prozent<br />
des Jahres 2012.<br />
Zigaretten aus Müll<br />
Besonders groß ist der Gewinn<br />
bei der Fälschung der Fälschung.<br />
Das geht so: Die in Russland<br />
hergestellte Zigarette Jin Ling<br />
zum Beispiel ist eine illegal hergestellte<br />
Marke. Sie wird in Kaliningrad<br />
produziert und ist für<br />
In die gefälschten Schmuggelzigaretten kommt dank<br />
mangelnder Hygiene in der Produktion so ziemlich alles<br />
hinein, was – wie der Rohtabak – auf dem Boden der improvisierten<br />
Fabrik liegt. Wer nicht wie die Ratte enden will, lässt<br />
besser seine Finger von derartigen „Qualitätsprodukten“ ...<br />
<strong>trafik</strong> a <strong>nten</strong> <strong>zeitung</strong> <strong>Mai</strong>/<strong>2013</strong>