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Seite 1-28 (pdf, 5,4 Mb) - Trafikantenzeitung

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Das große Interview<br />

Dabei streite ich nicht ab, daß der eine oder<br />

andere Trafikant in Ungunstlage – etwa in einem<br />

Gebiet mit geringer Maestro-Karten-Durchsetzung<br />

oder in einer Tourismusregion, wo der deutsche<br />

Gast mit seiner Geldkarte am Automaten derzeit<br />

keinen Stich macht – Umsatzrückgänge aus dem<br />

Automatengeschäft hat. Aber aus der Gesamtsicht<br />

des Marktes sind keine negativen Folgen erkennbar.<br />

Natürlich gab es in den ersten Tagen den<br />

Aha-Effekt. Die Leute hatten wohl das nötige<br />

Kleingeld in der Tasche, aber nicht die Maestro-<br />

Karte. Und manche wußten nicht, wie diese einzusetzen<br />

ist, beziehungsweise legten eine gewisse<br />

Scheu vor der Verwendung am Automaten an den<br />

Tag. Inzwischen scheint es sich aber eingespielt<br />

zu haben. Die Hürde des Jugendschutzes hat nun<br />

einmal auch andere Hürden zur Folge. Aber die<br />

Alternative wäre gewesen, Augen und Ohren zu<br />

verschließen und darauf zu warten, daß irgendwann<br />

ein Gesundheitspolitiker ein generelles<br />

Automatenverbot fordert.<br />

Die Durchsetzung mit der Maestro-Karte<br />

als Schlüssel zum Automatenkauf ist unterschiedlich.<br />

In Zuwanderergegenden und<br />

Notstandsgeld-/Sozialbeihilfebezieherbezirken<br />

ist sie schwach. Deshalb ist auch wieder<br />

verstärkt die Forderung nach einer Trafikenkarte,<br />

beziehungsweise die Verwendung der<br />

e-Card zur Automatenentriegelung erhoben<br />

worden. Hat eine dieser Alternativen eine<br />

Chance?<br />

Man hat sich bewußt für die Maestro-Karte entschieden,<br />

weil bei ihr durch andere Verflechtungen<br />

ein sittlich-moralischer Schutz gewährleistet<br />

ist – im Gegensatz etwa einer Trafikenkarte, die<br />

man ohne viel Nachdenken weiterreichen würde.<br />

Eine theoretische Alternative, weil in einem<br />

dichten rechtlichen Konstrukt<br />

verfangen, wäre die e-card.<br />

Diese ist aber derzeit<br />

rein gesundheitsfixiert.<br />

Sollte sie sich zur<br />

Bürgerkarte mit 10<br />

oder 20 anderen<br />

Funktionen<br />

entwickeln,<br />

dann<br />

trafikantenzeitung 3/2007<br />

könnte man sie auch zur Jugendschutzkennung<br />

einsetzen – und das nicht nur in den Trafiken,<br />

sondern auch in der Gastronomie oder den Kinos.<br />

Ich warne aber auch deshalb vor der Weiterverfolgung<br />

der e-Card-Idee, weil man – wenn man es<br />

nicht in größerem Rahmen sieht – den Automaten<br />

und das Rauchen institutionell und rechtlich der<br />

Gesundheitspolitik ausliefert – mit der Gefahr<br />

irgendwelcher überschießender Reaktionen. Die<br />

Maestro-Karte ist nun einmal der Status quo.<br />

Und man sollte nicht schon wieder über etwas<br />

Neues diskutieren. Die nächste Hausaufgabe ist,<br />

eine Lösung für die Tourismusgebiete zu finden.<br />

In Regionen mit viele deutschen Gästen mit einer<br />

Geldkarten-Automatenlösung, anderswo in Zusammenarbeit<br />

mit dem Fremdenverkehrsverband,<br />

der Hotelerie und den Restaurants und Gaststätten<br />

mit forcierter Aufklärung und Information über die<br />

Öffnungszeiten der Trafiken, beziehungsweise die<br />

Rauchwarenkaufmöglichkeit mit Aufschlag an den<br />

Tankstellen und Gastronomie.<br />

Sie haben eingangs von einer Marktstabilität<br />

gesprochen. Wenn im Jänner 2007 genau so<br />

viele Zigaretten wie im Jänner 2006 geordert,<br />

beziehungsweise verkauft wurden, dann<br />

würde da doch bedeuten, daß die Jugendschutzsperre<br />

die Unter-16-Jährigen nicht<br />

vom Glimmstengel fernhält?<br />

Erstens einmal glaube ich nicht, daß so viele Jugendliche<br />

rauchen, wie immer behauptet wird.<br />

Und wenn Kids mit 9, 10, 11 Jahren rauchen,<br />

kann man nur – wie etwa auch bei den Alkopops<br />

– gesellschaftspolitisch aktiv werden: vom Elternhaus,<br />

der Schule, der Jugendwohlfahrt her. Die<br />

Automatenjugendschutzsperre betrifft vor allem<br />

die sensible Gruppe der 14- bis 16jährigen. Wobei<br />

ich mir natürlich dessen bewußt bin, daß jedes<br />

System umgangen werden kann: mit Hilfe älterer<br />

Freunde, höherklassiger Schulkollegen, eventuell<br />

sogar der Erziehungsberechtigten...<br />

Die Monopolverwaltung hat die Jugendschutztauglichkeit<br />

der Automaten geprüft.<br />

Wird sie auch Mystery-Käufer ausschicken,<br />

um die Einhaltung des Jugendschutzes beim<br />

Verkauf von Rauchwaren in den Trafiken zu<br />

überprüfen?<br />

Mag. Dr. Fritz Simhandl: Ich warne<br />

vor der Weiterverfolgung der<br />

e-Card-Idee, weil man – wenn man<br />

es nicht in größerem Rahmen sieht –<br />

den Automaten und das Rauchen<br />

institutionell und rechtlich der<br />

Gesundheitspolitik<br />

ausliefert – mit der<br />

Gefahr irgendwelcher<br />

überschießender<br />

Reaktionen.<br />

Wenn wir von Konsumenten oder auch Konkurrenten<br />

Hinweise bekommen, reden wir ohnedies<br />

mit dem betreffenden Trafikanten. Sollte<br />

es zu einer Häufung von Beschwerden kommen,<br />

werden wir uns etwas überlegen – vielleicht auch<br />

in Zusammenarbeit mit den Jugendschutzorganisationen.<br />

Meine Rede ist immer: Der Automat<br />

exkulpiert Dich nicht vom Rest des Jugendschutzes.<br />

Und auch das Argument „Auf der Tankstelle oder<br />

in der Gastronomie nimmt man das lockerer“ zieht<br />

bei nicht.<br />

In Deutschland wird das Alterslimit für den<br />

Rauchwarenkauf auf 18 Jahre angehoben.<br />

Wird da Österreich mitziehen?<br />

Generell warne ich – auch in anderen Bereichen<br />

– davor, daß man alles dem Nachbarland Deutschland<br />

nachmacht. Wenn natürlich die Politik sonst<br />

nichts anderes zu diskutieren hat, weil sie die<br />

anderen Probleme nicht lösen will oder kann, dann<br />

besteht natürlich die Gefahr, daß sie dieses Thema<br />

auch bei uns aufgreift.<br />

Fast scheint es derzeit so, als ob eu-weit der<br />

Katechismus neu geschrieben und um<br />

eine achte Todsünde erweitert werden<br />

müßte: das Rauchen. Wie sehen Sie diese<br />

Entwicklung?<br />

An sich hat sich die EU den mündigen Bürger auf<br />

die Fahnen geheftet, was in der Konsequenz bedeutet,<br />

daß man ihm die Entscheidung darüber<br />

überläßt, ob er dem Genuß frönen will, der – im<br />

Übermaß betrieben, wie übrigens bei allem anderen<br />

auch – schädlich sein kann, oder nicht. Die<br />

Politik soll dem Menschen ein Leitbild vorgeben, wie<br />

er gesund leben kann. Wenn er diesem nicht folgt,<br />

hat er ja auch höchstpersönlich die Konsequenzen<br />

zu tragen. Und das in diesem Zusammenhang immer<br />

wieder vorgebrachte Kostenargument, daß<br />

Raucher das Gesundheitswesen finanziell stärker<br />

belasten, zieht insoweit nicht, weil es dem Solidarpakt<br />

widerspricht…<br />

…Außerdem finanzieren sich ja die Raucher<br />

selbst. Berechnungen – egal, wie immer<br />

diese zustande gekommen sind – zufolge,<br />

kosten den Raucher den Staat 1,5 bis 2<br />

Milliarden Euro pro Jahr. Die Einnahmen aus<br />

der Tabaksteuer und der Mehrwertsteuer auf<br />

Rauchwaren belaufen sich auf ungefähr 1,8<br />

Milliarden Euro...<br />

...Das ist schon richtig, Aber es gibt nun einmal<br />

Globalbudgets und die allgemeine Steuerleistungen<br />

und man sollte nicht alles kopfsteuermäßig<br />

individualisieren. Aber, um noch einmal auf die<br />

Rauchverbotsdiskussion zurückzukommen: Ich<br />

meine, daß das, was jetzt in der Gastronomie auf<br />

Basis der freiwilligen Selbstvereinbarung passiert,<br />

irgendwann in eine Gesetzesform gegossen<br />

werden wird. Daß also Lokale über 75 Quadratmeter<br />

sowohl den Rauchern wie auch den Nichtrauchern<br />

einen Platz einräumen und das auch<br />

baulich umsetzen. Und kleinere Betriebe sollten im

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