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Roman Leseprobe "Hasret - Lady in Black"

Dies ist die unglaublich bewegende Lebensgeschichte der zauberhaften Hasret, die als Baby adoptiert wird. Das arabische Waisenkind wächst in einer gutbürgerlichen Familie in der Schweiz auf, bis die große Liebe ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Mit knapp zwanzig Jahren beginnt die herzzerreißend dramatische Odyssee der bildhübschen Hasret, die sie rund um den Globus führt. Doch es gibt da noch ein dunkles Geheimnis um ihre wahren Familienverhältnisse ... eine packende Mischung aus Biografie und Roman

Dies ist die unglaublich bewegende Lebensgeschichte der zauberhaften Hasret, die als Baby adoptiert wird. Das arabische Waisenkind wächst in einer gutbürgerlichen Familie in der Schweiz auf, bis die große Liebe ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Mit knapp zwanzig Jahren beginnt die herzzerreißend dramatische Odyssee der bildhübschen Hasret, die sie rund um den Globus führt. Doch es gibt da noch ein dunkles Geheimnis um ihre wahren Familienverhältnisse ... eine packende Mischung aus Biografie und Roman

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

<strong>Hasret</strong><br />

<strong>Lady</strong> <strong>in</strong> Black<br />

Roger Kappeler<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

<strong>Leseprobe</strong><br />

<strong>Hasret</strong> – <strong>Lady</strong> <strong>in</strong> Black<br />

Roger Kappeler<br />

2. Auflage<br />

Korrektorat & Satz: Petra Schmidt, www.lektorat-ps.com<br />

Covergestaltung: H.-S. Damaschke, www.sheep-black.com<br />

Verlag: Create Space Independent Publish<strong>in</strong>g Platform<br />

© 2014 by Roger Kappeler, Embrach (CH)<br />

www.rogerkappeler.ch<br />

Die Buch- und Cover-Rechte liegen beim Autor.<br />

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.<br />

Jede Verwertung und Vervielfältigung – auch auszugsweise – ist nur mit<br />

ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des Autors gestattet. Alle<br />

Rechte, auch die der Übersetzung des Werkes, liegen beim Autor.<br />

Zuwiderhandlung ist strafbar und verpflichtet zu Schadenersatz.<br />

Der Dank des Autors geht an Frau Petra Schmidt, ohne deren Hilfe<br />

die 2. Auflage <strong>in</strong> dieser Form nicht möglich gewesen wäre.<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

Do not follow<br />

where the path may lead.<br />

Go <strong>in</strong>stead where there is no path<br />

and leave a trail.<br />

Flucht <strong>in</strong>s Unbekannte<br />

Hastig stopfte <strong>Hasret</strong> die notwendigsten Utensilien <strong>in</strong> den<br />

uralten Koffer, bevor sie mit e<strong>in</strong>er ruckartigen Handbewegung<br />

die Adressetikette wegriss, die noch von der letzten<br />

Reise stammte. Sie hatte zwar ke<strong>in</strong>e Ahnung, auf was sie<br />

sich da e<strong>in</strong>ließ, doch e<strong>in</strong>es wusste <strong>Hasret</strong> genau: Ihre bisherige<br />

Adresse <strong>in</strong> Thun im Kanton Bern würde ab sofort der<br />

Vergangenheit angehören.<br />

Das Herz pochte ihr bis zum Hals, als sie <strong>in</strong>s Schlafzimmer<br />

ihrer nichtsahnenden Eltern schlich und mit zittrigen<br />

Händen e<strong>in</strong>en handgeschriebenen Abschiedsbrief auf<br />

ihr Bett legte. Dabei tropfte ihr e<strong>in</strong>e Schweißperle von der<br />

Stirn herunter und fiel genau auf den Briefumschlag, wo sie<br />

leise aufklatschte wie der erste Regentropfen vor e<strong>in</strong>em<br />

großen Sturm. Noch ahnte <strong>Hasret</strong> <strong>in</strong> ihrer jugendlichen<br />

Unschuld nicht, dass dieser bloß der erste von vielen<br />

Schweißtropfen war, welcher ihr <strong>in</strong> den kommenden Jahren<br />

noch ihr hübsches Gesicht h<strong>in</strong>unterr<strong>in</strong>nen sollte.<br />

Ihre Eltern weilten an diesem schicksalhaften Tag <strong>in</strong><br />

Genf, wo sie die jährliche Ausstellung im Autosalon besuchten.<br />

Sie wussten natürlich, dass ihre Tochter <strong>in</strong>nerlich<br />

aufgewühlt war und wie auf Nadeln saß, seitdem sie <strong>in</strong><br />

Cambridge diesen Asiaten kennengelernt hatte. Aber dass<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

die jüngste von ihren drei Töchtern e<strong>in</strong>fach so von zu Hause<br />

abhauen würde, damit hätten sie nie gerechnet. Schließlich<br />

hatten sie es ja trotz allem gut hier <strong>in</strong> Thun, wo die Welt<br />

noch <strong>in</strong> Ordnung war.<br />

<strong>Hasret</strong> schaute nervös auf die Uhr. In zwei Stunden flog<br />

die nächste Masch<strong>in</strong>e vom Flugplatz Bern-Belp nach London.<br />

Den weiten Weg zum Flughafen Zürich-Kloten wollte<br />

sie nicht riskieren, weil der Flug erst am Abend g<strong>in</strong>g und<br />

<strong>Hasret</strong> befürchtete, dass ihre Eltern sie unterwegs noch irgendwo<br />

abfangen könnten.<br />

„Jetzt oder nie“, sagte sie sich und atmete e<strong>in</strong>ige Male<br />

tief durch. Dann machte sich <strong>Hasret</strong> schick, denn schließlich<br />

wollte sie ihrer großen Liebe San ja gefallen, wenn sie<br />

ihn <strong>in</strong> wenigen Stunden wieder <strong>in</strong> die Arme schließen konnte.<br />

Sorgfältig kämmte sie ihre schwarze Lockenpracht, dann<br />

zog sie das neue Kleid an, das sie sich von ihrem letzten<br />

Geld extra noch gekauft hatte.<br />

Kurz darauf verließ die zwanzig Jahre junge Frau ihr Elternhaus<br />

und marschierte mit ihrem schweren Koffer zielstrebig<br />

<strong>in</strong> Richtung Bushaltestelle. Doch bereits nach e<strong>in</strong>igen<br />

Metern musste sie e<strong>in</strong>e Verschnaufpause e<strong>in</strong>legen, denn<br />

damals, im Jahre 1968, hatten die Koffer noch ke<strong>in</strong>e Räder.<br />

E<strong>in</strong> überprüfender Griff <strong>in</strong> die Jackentasche versicherte ihr,<br />

dass sie Reisepass und Flugticket dabei hatte. Dann schaute<br />

<strong>Hasret</strong> nochmals auf das gemütliche Haus <strong>in</strong> dieser beschaulichen<br />

Ortschaft zurück, wo praktisch jeder jeden<br />

kannte. Es sollte das letzte Mal für viele Jahre se<strong>in</strong>, dass ihre<br />

Augen dieses friedliche Städtchen erblickten. Aber das war<br />

momentan völlig unwichtig. Der Entschluss, von hier fortzugehen,<br />

war <strong>in</strong> <strong>Hasret</strong> schon seit e<strong>in</strong>igen Monaten herangereift.<br />

Zu groß war ihre unbändige Abenteuerlust und vor<br />

allem ihre Liebe zu dem jungen Asiaten San, um hier e<strong>in</strong><br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

bürgerliches Leben zu führen und wie viele andere Leute zu<br />

versauern, die ihr Glück auf dem Altar der beruflichen<br />

Karriere opferten.<br />

y<br />

Schließlich erreichte <strong>Hasret</strong> den kle<strong>in</strong>en Flughafen <strong>in</strong><br />

Belp, wo sie sich sogleich zum Schalter der Passkontrolle<br />

begab. Mit e<strong>in</strong>em schlechten Gewissen kramte sie ihren<br />

Reisepass hervor. Der Beamte bemerkte ihre Nervosität mit<br />

se<strong>in</strong>em geschulten Auge natürlich sofort.<br />

„So, machen Sie Urlaub <strong>in</strong> England, junge Dame?“<br />

„Ähm, ja“, stotterte sie verlegen.<br />

„Ganz alle<strong>in</strong>e?“, fragte der uniformierte Mann h<strong>in</strong>ter der<br />

Glasscheibe streng.<br />

<strong>Hasret</strong> wurde immer blasser. Sie dachte schon, dass <strong>in</strong>zwischen<br />

die ganze Schweiz von ihrer Flucht erfahren hatte<br />

und die Polizei die junge Ausreißer<strong>in</strong> vermutlich überall<br />

suchte. Doch dann riss sie sich zusammen, lächelte den<br />

Mann höflich an und erwiderte <strong>in</strong> leicht genervtem Tonfall:<br />

„Ich mache e<strong>in</strong>en Sprachaufenthalt <strong>in</strong> England, wenn Sie<br />

das nicht stört.“<br />

Der Mann hatte ihre Botschaft offensichtlich verstanden.<br />

Er beäugte sie noch e<strong>in</strong>en kurzen, aber dennoch zu<br />

lange andauernden Moment kritisch, dann gab er ihr den<br />

Reisepass zurück und sagte trocken:<br />

„Guten Flug.“<br />

„Danke schön“, entgegnete <strong>Hasret</strong> erleichtert, dann<br />

machte sie sich rasch davon, ehe die Nervensäge auf die<br />

Idee kam, noch weitere unangenehme Fragen zu stellen.<br />

Kaum saß <strong>Hasret</strong> im Flugzeug, sank sie erschöpft <strong>in</strong> den<br />

Sitz. Während die Masch<strong>in</strong>e langsam auf die Startpiste rollte,<br />

ließ sie ihr bisheriges Leben vor ihrem <strong>in</strong>neren Auge<br />

nochmals Revue passieren. Wie war es überhaupt so weit<br />

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gekommen? Hatte sie die richtige Entscheidung getroffen?<br />

Im Herzen fühlte sie die klare, unmissverständliche Antwort:<br />

Ja, das war die richtige Entscheidung gewesen.<br />

Dann heulten die Motoren auf und das Flugzeug setzte<br />

sich <strong>in</strong> Bewegung. E<strong>in</strong> letztes Mal blickte <strong>Hasret</strong> auf ihre geliebte<br />

Stadt Bern und die schöne Schweizer Landschaft h<strong>in</strong>unter,<br />

bevor die Masch<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der dicken Wolkendecke verschwand.<br />

Die Reise <strong>in</strong>s Unbekannte hatte begonnen, die<br />

Sterne e<strong>in</strong>er glorreichen Zukunft schienen zum Greifen nahe.<br />

Wie würden die Eltern sowie ihre beiden älteren Schwestern<br />

wohl auf den Abschiedsbrief reagieren? E<strong>in</strong>e Träne kullerte<br />

<strong>Hasret</strong> die Wange h<strong>in</strong>unter, als sie daran dachte. Denn<br />

schließlich hatte sie es ja immer gut gehabt zu Hause und die<br />

Eltern wollten stets nur das Beste für ihre K<strong>in</strong>der. Und jetzt<br />

würde die Familie mit Sicherheit zum Dorfgespräch von<br />

Thun werden. Womöglich hatte die ganze Geschichte auch<br />

noch e<strong>in</strong>en negativen E<strong>in</strong>fluss auf die Bäckerei ihres Vaters.<br />

Doch <strong>in</strong> diesem Augenblick gab es für <strong>Hasret</strong> nur e<strong>in</strong>s, das<br />

wirklich zählte: Sie wollte e<strong>in</strong>fach nur San wiedersehen und<br />

mit ihm bis ans Lebensende zusammen se<strong>in</strong>.<br />

Mit diesen gemischten Gefühlen aus Vorfreude und<br />

schlechtem Gewissen döste <strong>Hasret</strong> unruhig vor sich h<strong>in</strong>, bis<br />

sie schließlich von der Stimme des Piloten geweckt wurde,<br />

der über Lautsprecher verkündete:<br />

„Sehr geehrte Fluggäste, <strong>in</strong> wenigen M<strong>in</strong>uten werden wir<br />

<strong>in</strong> London-Heathrow landen. Bitte schnallen Sie sich an<br />

und stellen Sie die Sitzlehne <strong>in</strong> die senkrechte Position. Besten<br />

Dank.“<br />

y<br />

<strong>Hasret</strong> öffnete die Augen und bl<strong>in</strong>zelte verschlafen zwischen<br />

den grauen Wolkenfetzen h<strong>in</strong>durch. Das regnerische,<br />

englische Wetter bereitete ihr wie üblich e<strong>in</strong>en kühlen Emp-<br />

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fang, aber das war ihr momentan völlig egal. Sie konnte es<br />

kaum erwarten, endlich das Flugzeug zu verlassen, ihr Gepäck<br />

zu schnappen und San <strong>in</strong> die Arme zu schließen.<br />

E<strong>in</strong>ige M<strong>in</strong>uten später stand <strong>Hasret</strong> erwartungsvoll <strong>in</strong><br />

der Empfangshalle des Flughafens und hielt sehnsüchtig<br />

Ausschau nach ihm. Doch da war niemand. Verzweifelt irrte<br />

sie durch die Menschenmenge, doch San war nirgendwo<br />

zu sehen. Allmählich zog sich <strong>Hasret</strong>s Magen zusammen<br />

und sie spürte buchstäblich, wie sich ihre Kehle langsam<br />

zuschnürte. Plötzlich kam ihr e<strong>in</strong> Gedanke, den sie sich bisher<br />

standhaft geweigert hatte zu denken: Was, wenn sie sich<br />

das mit der großen Liebe alles bloß e<strong>in</strong>gebildet hatte? Hatte<br />

ihr Vater schlussendlich doch recht gehabt, als er ihr unermüdlich<br />

e<strong>in</strong>gebläut hatte:<br />

„<strong>Hasret</strong>, hör zu, me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, sei vernünftig und heirate<br />

e<strong>in</strong>en Schweizer. Auf die ist Verlass und außerdem wirst du<br />

dir nie f<strong>in</strong>anzielle Sorgen machen müssen. Ich me<strong>in</strong>e es nur<br />

gut mit dir.“<br />

Doch dann kam <strong>Hasret</strong> mit e<strong>in</strong>em Schlag wieder zur Bes<strong>in</strong>nung.<br />

Ne<strong>in</strong>, sagte sie sich <strong>in</strong>nerlich, ich weiß, dass ich richtig gehandelt<br />

habe. Bleib ganz ruhig, reiß dich jetzt zusammen.<br />

Kaum hatte sie diese Zweifel beiseitegeschoben, klopfte<br />

ihr von h<strong>in</strong>ten jemand auf die Schultern, woraufh<strong>in</strong> sie erschrocken<br />

zusammenzuckte. Als sie sich umdrehte, fiel ihr<br />

augenblicklich e<strong>in</strong> riesengroßer Ste<strong>in</strong> vom Herzen. Vor ihr<br />

stand e<strong>in</strong> junger, sympathischer und vor allem freudestrahlender<br />

Asiat mit e<strong>in</strong>em Blumenstrauß <strong>in</strong> der Hand, der fast<br />

größer war als er selbst.<br />

„San!“, rief <strong>Hasret</strong> unendlich erleichtert.<br />

Die beiden umarmten sich euphorisch, während die<br />

Freudentränen heraussprudelten wie der Schaum bei e<strong>in</strong>er<br />

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guten Flasche Champagner, die man nur zu ganz speziellen<br />

Anlässen öffnet.<br />

„<strong>Hasret</strong>“, stammelte San gerührt. „Du hast es also tatsächlich<br />

getan.“<br />

Sie schaute ihm <strong>in</strong> die Augen und sagte feierlich:<br />

„Heute beg<strong>in</strong>nt für uns e<strong>in</strong> neues Leben. Mit der Vergangenheit<br />

habe ich abgeschlossen. Ich b<strong>in</strong> bereit für die<br />

Zukunft mit dir.“<br />

San drückte <strong>Hasret</strong> nochmals fest an sich, dann verließen<br />

sie Hand <strong>in</strong> Hand den Flughafen und bestiegen den<br />

Zug Richtung Cambridge.<br />

Rückblende<br />

Als Mitglied der neu gegründeten Arabischen Liga beteiligte<br />

sich Saudi-Arabien im Jahr 1948 am Paläst<strong>in</strong>akrieg, der die<br />

Gründung des Staates Israel verh<strong>in</strong>dern sollte. Schließlich<br />

übernahm das benachbarte Jordanien e<strong>in</strong>en Großteil dessen,<br />

was eigentlich e<strong>in</strong> arabischer Staat hätte werden sollen.<br />

Bei dieser Offensive wurden die Araber massiv zurückgeworfen<br />

und bei e<strong>in</strong>em der zahlreichen Luftangriffe kam<br />

der junge arabische Pilot Khaled ums Leben, der ursprünglich<br />

nur aus zwei Gründen der Armee beigetreten war. Erstens<br />

war Fliegen se<strong>in</strong>e große Leidenschaft und zweitens<br />

brauchte er dr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>en gut bezahlten Job, damit er se<strong>in</strong>e<br />

beiden K<strong>in</strong>der versorgen konnte. Doch niemals war es se<strong>in</strong>e<br />

Absicht gewesen, durch die Ausübung se<strong>in</strong>es Berufs als Militärpilot<br />

Menschen zu verletzen oder gar zu töten. Aber<br />

dann g<strong>in</strong>g alles Schlag auf Schlag.<br />

Kurz nachdem se<strong>in</strong>e Frau bei der Geburt ihrer geme<strong>in</strong>samen<br />

Tochter <strong>Hasret</strong> gestorben war, erhielt Khaled den<br />

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Marschbefehl für e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Israel. Man versprach der<br />

Gruppe von blutjungen, naiven Piloten das Blaue vom<br />

Himmel und feierte sie schon vor ihrer angeblich gottgewollten<br />

Mission als Helden der Lüfte. Gefangen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Teufelskreis aus Trauer und Wut sagte Khaled schließlich<br />

für den Militäre<strong>in</strong>satz zu, um sich von se<strong>in</strong>en Problemen<br />

abzulenken. Über allfällige Konsequenzen se<strong>in</strong>er Zusage<br />

war er sich weder bewusst noch hatte er je darüber nachgedacht.<br />

Selbst als se<strong>in</strong> Flugzeug an jenem verhängnisvollen<br />

Tag von e<strong>in</strong>er fe<strong>in</strong>dlichen Abwehr-Rakete buchstäblich <strong>in</strong><br />

Stücke gerissen wurde, blieb ihm nicht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Sekunde<br />

Zeit, um an se<strong>in</strong>e beiden K<strong>in</strong>der zu denken.<br />

Das neugeborene Mädchen <strong>Hasret</strong> und ihr e<strong>in</strong>jähriger<br />

Bruder Anjum waren jetzt Waisenk<strong>in</strong>der, die ihre richtigen<br />

Eltern nie kennenlernen würden. <strong>Hasret</strong>, die ihr ganzes<br />

Leben lang e<strong>in</strong>e unstillbare Sehnsucht nach etwas Unerklärlichem,<br />

Unbekanntem verspürte, erfuhr erst viele Jahre<br />

später, dass ihr Name ironischerweise „Sehnsucht“ bedeutete.<br />

In der Nachkriegszeit gab es weltweit Millionen von<br />

Waisenk<strong>in</strong>dern. E<strong>in</strong>ige davon überließ man e<strong>in</strong>fach ihrem<br />

Schicksal, andere wurden von Verwandten großgezogen<br />

und e<strong>in</strong> relativ kle<strong>in</strong>er Teil hatte das Glück, von wohlhabenden<br />

Familien aus aller Welt adoptiert zu werden. Zu diesen<br />

auserwählten Glücksk<strong>in</strong>dern gehörte auch <strong>Hasret</strong>, während<br />

ihr Bruder von e<strong>in</strong>er unbekannten Familie <strong>in</strong> Obhut<br />

genommen wurde. Durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational tätige Hilfsorganisation<br />

erhielten e<strong>in</strong>e Handvoll K<strong>in</strong>der die Chance, vorübergehend<br />

<strong>in</strong> deren Hauptquartier <strong>in</strong> Genf aufgenommen<br />

zu werden. Dort wurden diese Waisenk<strong>in</strong>der zur Adoption<br />

freigegeben, womit ihnen e<strong>in</strong>e normale Zukunft ermöglicht<br />

werden sollte.<br />

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Die gutbürgerliche Familie Hasler aus Thun im Berner<br />

Oberland hatte zwar nie vorgehabt, e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zu adoptieren,<br />

aber durch e<strong>in</strong>e vertrackte Ane<strong>in</strong>anderreihung von sogenannten<br />

Zufällen kam es schlussendlich doch dazu.<br />

So ergab es sich, dass <strong>Hasret</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er typischen Schweizer<br />

Familie mit ihren beiden Halbschwestern Nele und<br />

Priska aufwuchs. Das kle<strong>in</strong>e arabische Mädchen entwickelte<br />

sich zu e<strong>in</strong>er äußerst hübschen, jungen Frau, die aussah<br />

wie e<strong>in</strong>e Märchenpr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> aus Tausendunde<strong>in</strong>er Nacht.<br />

Alle mochten die liebenswerte „<strong>Lady</strong> <strong>in</strong> Black“, die mit ihrer<br />

kaffeebraunen Hautfarbe und den langen schwarzen<br />

Haaren auffiel wie e<strong>in</strong> bunter Hund im kle<strong>in</strong>en Städtchen<br />

Thun.<br />

Obwohl <strong>Hasret</strong> wie jeder Teenager gelegentlich Reibereien<br />

mit ihren Eltern hatte, verlief bis zu ihrem neunzehnten<br />

Lebensjahr alles relativ normal. Doch dann wurde ihre<br />

Sehnsucht nach dem Unbekannten allmählich wieder stärker.<br />

Von Tag zu Tag fühlte sich <strong>Hasret</strong> mehr wie e<strong>in</strong> Maulwurf,<br />

der auf der irdischen Lebensreise bl<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Irrgarten<br />

herumwühlt, ohne das Gesamtgefüge zu überblicken,<br />

geschweige denn, e<strong>in</strong>e Antwort auf tiefgreifende philosophische<br />

Fragen zu erhalten.<br />

Operation Cambridge<br />

Thun im Frühl<strong>in</strong>g 1967. Wie überall auf der Welt lag auch<br />

hier <strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en Schweiz e<strong>in</strong>e spezielle Magie <strong>in</strong> der Luft.<br />

Im Zuge der musikalischen Revolution durch die Beatles<br />

und die Roll<strong>in</strong>g Stones herrschte e<strong>in</strong>e Stimmung des Aufbruchs,<br />

der geistigen Neuorientierung. Die Jugend akzeptierte<br />

die verkrusteten, vorgefertigten Denkschablonen, <strong>in</strong><br />

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die sie unfreiwillig h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gepresst worden waren, nicht mehr<br />

länger. Mit anderen Worten: Es war höchste Zeit, die starren<br />

Gesellschaftsstrukturen e<strong>in</strong> wenig aufzumischen.<br />

Im kle<strong>in</strong>eren Rahmen bekam dies auch die gutbürgerliche<br />

Familie Hasler aus Thun zu spüren. Priska, die mittlere<br />

Tochter, entschloss sich praktisch über Nacht, die vertraute<br />

Umgebung zu verlassen und <strong>in</strong> die weite Welt h<strong>in</strong>auszuziehen.<br />

Zu dieser Zeit war die Welt noch ke<strong>in</strong> globales Dorf<br />

und England lag <strong>in</strong> weiter Ferne. Die Eltern standen dieser<br />

Entscheidung erwartungsgemäß sehr skeptisch gegenüber,<br />

denn sie machten sich stets große Sorgen um ihre wohlbehüteten<br />

Töchter. Womöglich würde Priska auf Abwege geraten<br />

und im Drogensumpf irgende<strong>in</strong>er Hippie-Kommune<br />

landen. Ne<strong>in</strong>, da war es doch viel vernünftiger, wenn sie <strong>in</strong><br />

ihrer Freizeit <strong>in</strong> der elterlichen Bäckerei aushalf und sich so<br />

e<strong>in</strong> Taschengeld verdiente. Aber natürlich wussten die Eltern<br />

ebenfalls, dass es zwecklos war, ihren K<strong>in</strong>dern etwas zu<br />

verbieten. Denn e<strong>in</strong>es hatten sie alle geme<strong>in</strong>sam: Sie waren<br />

allesamt typische Berner Dickschädel, die sich von niemandem<br />

etwas vorschreiben ließen. Niemals und unter ke<strong>in</strong>en<br />

Umständen!<br />

Im Gegensatz zur ältesten Tochter der Familie, der bildhübschen<br />

Nele, die das Leben <strong>in</strong> vollen Zügen genoss, waren<br />

die beiden jüngeren Mädchen diesbezüglich aus anderem<br />

Holz geschnitzt. Sie waren abenteuerlustig und kompromisslos,<br />

mit e<strong>in</strong>em Hang dazu, ihre Grenzen immer<br />

wieder neu auszuloten.<br />

So kam es, dass Priska an e<strong>in</strong>em schönen Frühl<strong>in</strong>gstag<br />

1967 nach Cambridge g<strong>in</strong>g, um ihre Englischkenntnisse zu<br />

vertiefen. Am Vorabend saßen die drei Schwestern <strong>in</strong> ihrem<br />

Zimmer und plauderten aufgeregt über die bevorstehenden<br />

Ereignisse.<br />

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„Ich werde dich <strong>in</strong> Cambridge besuchen“, sagte <strong>Hasret</strong><br />

voller Vorfreude.<br />

„Ach, am besten vergisst du das gleich wieder“, me<strong>in</strong>te<br />

Nele nüchtern, „du weißt genau, dass Vater dich nicht gehen<br />

lässt.“<br />

„Mir doch egal“, protestierte <strong>Hasret</strong> trotzig. „Wenn ich<br />

etwas will, dann will ich es. Ke<strong>in</strong>e Macht der Welt kann<br />

mich davon abhalten.“<br />

Die beiden älteren Schwestern mussten lachen.<br />

„Das weiß doch ganz Thun, dass dich niemand aufhalten<br />

kann“, kicherte Priska. „Du hast ja me<strong>in</strong>e Adresse. Ruf<br />

mich e<strong>in</strong>fach zwei Tage vorher an, damit ich Bescheid<br />

weiß.“<br />

So tuschelten sie noch die halbe Nacht lang weiter, bis<br />

sie schließlich todmüde <strong>in</strong> ihre Betten plumpsten.<br />

Die Eltern wussten nichts von den Plänen, die ihre<br />

Töchter <strong>in</strong> ihrem jugendlichen Übermut ausheckten.<br />

y<br />

E<strong>in</strong>ige Wochen später, um die Mittagszeit, stürmte die<br />

Mutter plötzlich ganz aufgelöst <strong>in</strong>s Wohnzimmer, wo der<br />

Rest der Familie bei Kaffee und Kuchen zusammensaß.<br />

„Seht mal alle her, was heute im Briefkasten lag“, keuchte<br />

sie ganz außer Atem und hielt stolz e<strong>in</strong>e Postkarte <strong>in</strong> die<br />

Höhe wie e<strong>in</strong> Sportler, der soeben e<strong>in</strong>en Pokal gewonnen<br />

hatte.<br />

Der Vater blickte kurz auf, dann vertiefte er sich wieder<br />

<strong>in</strong> die Zeitung – oder zum<strong>in</strong>dest tat er so. Obwohl er demonstrativ<br />

des<strong>in</strong>teressiert aus der Wäsche guckte, spitzte er<br />

die Ohren wie e<strong>in</strong> Luchs auf der Lauer, um zu hören, was<br />

es Neues von Priska gab.<br />

Während die Mutter den Text laut vorlas, spürte <strong>Hasret</strong>,<br />

wie ihr Herz vor Aufregung schneller zu schlagen begann. In<br />

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diesem Moment wurde ihr klar, dass sie nach Cambridge<br />

musste. Sie hatte zwar ke<strong>in</strong>e Ahnung weshalb, aber e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

Gefühl, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Stimme sagte ihr ganz deutlich,<br />

dass sie dorth<strong>in</strong> musste. Es fühlte sich be<strong>in</strong>ahe so an,<br />

als würde sie auf mystische Art und Weise von ihrem<br />

Schicksal geradezu magnetisch angezogen. Mit verträumtem<br />

Blick betrachtete <strong>Hasret</strong> die Postkarte aus England, als wäre<br />

sie aus purem Gold, bevor ihr Nele die Karte neckisch aus<br />

den Händen riss.<br />

„Du träumst wohl schon von e<strong>in</strong>em reichen Märchenpr<strong>in</strong>zen,<br />

der dich auf Händen durch se<strong>in</strong> englisches Schloss<br />

trägt, stimmt’s?“<br />

Doch <strong>Hasret</strong> antwortete nicht. Im Geiste plante sie bereits<br />

die Reise nach Cambridge – der Entschluss war nun<br />

def<strong>in</strong>itiv getroffen. Der Vater, der sie die ganze Zeit über<br />

zwischen der Zeitung h<strong>in</strong>durch beobachtet hatte, wusste <strong>in</strong>tuitiv,<br />

was se<strong>in</strong>e jüngste Tochter im Schilde führte. Zu gut<br />

kannte er sie. Ohne e<strong>in</strong> Wort zu sagen, stand er auf und<br />

g<strong>in</strong>g zur Arbeit. Der Gedanke, dass auch se<strong>in</strong>e zweite Tochter<br />

bald das warme Nest verlassen und <strong>in</strong> die Fremde gehen<br />

würde, stimmte ihn traurig.<br />

Noch am selben Nachmittag, sobald sie alle<strong>in</strong>e war, rief<br />

<strong>Hasret</strong> ihre Schwester Priska an. Sie kündigte ihr an, dass<br />

sie demnächst nach Cambridge kommen werde, um zu arbeiten<br />

und Englisch zu lernen. Obwohl sie ke<strong>in</strong>en blassen<br />

Schimmer hatte, wie sie das alles anstellen sollte, war sie<br />

sehr zuversichtlich. Priska freute sich natürlich und teilte<br />

<strong>Hasret</strong> mit, dass sie ihr eventuell e<strong>in</strong>en Job <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel<br />

besorgen könne. Mit e<strong>in</strong>em freudigen Kribbeln <strong>in</strong> der Magengegend<br />

legte <strong>Hasret</strong> den Telefonhörer schließlich wieder<br />

auf. Der erste Schritt war getan.<br />

y<br />

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Während der folgenden Tage war <strong>Hasret</strong> außergewöhnlich<br />

fröhlich. Natürlich erwähnte sie niemandem gegenüber<br />

etwas von ihren Plänen, nicht e<strong>in</strong>mal ihrer ältesten Schwester<br />

Nele. <strong>Hasret</strong> genoss e<strong>in</strong>fach im Stillen die Vorfreude<br />

und malte sich aus, wie sie <strong>in</strong> England nach Herzenslust ihre<br />

Freiheit ausleben würde. Jawohl, diese Vorstellung von<br />

Freiheit, Unabhängigkeit und Abenteuer entsprach genau<br />

ihrem Geschmack.<br />

E<strong>in</strong> paar Tage später rief sie Priska wie vere<strong>in</strong>bart<br />

nochmals an.<br />

„Hör zu“, kreischte Priska freudig <strong>in</strong> den Hörer, „ich<br />

konnte tatsächlich e<strong>in</strong>en Job <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel für dich organisieren.<br />

E<strong>in</strong> flüchtiger Bekannter von mir, der hier studiert,<br />

hat se<strong>in</strong>e Beziehungen spielen lassen.“<br />

„Wow, ich kann es gar nicht fassen“, jubelte <strong>Hasret</strong>, „du<br />

bist e<strong>in</strong>fach die Beste. Und, ist dieser Student zufälligerweise<br />

e<strong>in</strong> reicher, hübscher Engländer?“<br />

„Ne<strong>in</strong>, er ist eher e<strong>in</strong> schmächtiger, aber sehr sympathischer<br />

Asiat. Millionär ist er leider auch nicht, aber ich denke,<br />

ihr werdet sicher gut mite<strong>in</strong>ander auskommen. Ich habe<br />

ihn nämlich gebeten, e<strong>in</strong> wenig auf me<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Schwesterherz<br />

aufzupassen, damit du ke<strong>in</strong>e Dummheiten anstellst.“<br />

Bei diesen Worten spürte <strong>Hasret</strong> förmlich, wie sie im<br />

ganzen Körper von e<strong>in</strong>em positiven Gefühl durchflutet<br />

wurde, als wollte es ihr mitteilen: Höre auf de<strong>in</strong> Herz. Folge<br />

de<strong>in</strong>em Lebensweg.<br />

Tatsächlich pochte ihr Herz <strong>in</strong> diesem Moment so laut<br />

wie e<strong>in</strong>e Zeitbombe, sodass sie befürchtete, es könnte gleich<br />

explodieren vor Freude.<br />

In dieser Nacht wälzte sich <strong>Hasret</strong> die ganze Zeit unruhig<br />

im Bett h<strong>in</strong> und her. Sie überlegte sich fieberhaft die<br />

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beste Taktik, um ihre Eltern <strong>in</strong> das Vorhaben, die sogenannte<br />

„Operation Cambridge“ e<strong>in</strong>zuweihen. Schließlich<br />

kam ihr e<strong>in</strong>e brillante Idee.<br />

Gleich am nächsten Morgen g<strong>in</strong>g sie <strong>in</strong> das lokale Reisebüro<br />

und besorgte sich e<strong>in</strong>en Prospekt von England, welchen<br />

sie anschließend zu Hause <strong>in</strong> den Briefkasten warf. Als<br />

die Mutter vor dem Mittagessen wie üblich mit der Post<br />

here<strong>in</strong>kam, sagte sie erstaunt:<br />

„Na, so was, da ist e<strong>in</strong> Reiseprospekt von England dabei.<br />

So e<strong>in</strong> Zufall aber auch.“<br />

Sofort sprang <strong>Hasret</strong> mit gespielter Überraschung aus<br />

dem Sessel.<br />

„Zeig mal her. Das ist bestimmt e<strong>in</strong> Zeichen. Vielleicht<br />

sollte ich ja doch nach Cambridge fahren?“<br />

„Zeichen? Was soll der Quatsch“, brummte der Vater<br />

missmutig. „Jetzt wird erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> aller Ruhe gegessen –<br />

und dabei will ich das verflixte Wort England nicht hören,<br />

klar?“<br />

So nahm die Familie schweigend das Mittagessen e<strong>in</strong>,<br />

jeder <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e eigenen Gedanken versunken. Doch <strong>Hasret</strong><br />

triumphierte <strong>in</strong>nerlich, denn sie hatte erreicht, was sie wollte.<br />

Nun waren die Eltern bereits psychisch vorbereitet, sodass<br />

sie bald den nächsten Schritt <strong>in</strong> der „Operation Cambridge“<br />

<strong>in</strong> die Wege leiten konnte.<br />

Am Abend desselben Tages ließ sie die Bombe dann<br />

platzen. Gerade, als die Eltern den Fernseher e<strong>in</strong>schalten<br />

wollten, um wie üblich die Nachrichten zu schauen, tappte<br />

sie auf leisen Sohlen <strong>in</strong>s Wohnzimmer.<br />

„Ich habe heute Nachmittag mit Priska telefoniert“,<br />

schw<strong>in</strong>delte sie.<br />

„Was, und das sagst du uns erst jetzt? Was gibt es denn<br />

Neues?“, wollte die Mutter wissen.<br />

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„Na ja“, stammelte <strong>Hasret</strong> mit gesenktem Blick, „sie suchen<br />

e<strong>in</strong>e Arbeitskraft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hotel. Dabei hat sie an<br />

mich gedacht.“<br />

„Aber du kannst doch ke<strong>in</strong> Wort Englisch“, versuchte<br />

der Vater sanft, sie von dieser Idee abzubr<strong>in</strong>gen. „Wie willst<br />

du dich denn verständigen? Außerdem ist England für die<br />

schlechte Küche bekannt. Am Ende wirst du mir noch verhungern<br />

dort drüben.“<br />

„Ach was“, me<strong>in</strong>te <strong>Hasret</strong> beschwichtigend, „ich kann<br />

mich dort schon durchschlagen, da braucht ihr euch ke<strong>in</strong>e<br />

Sorgen zu machen.“<br />

Daraufh<strong>in</strong> herrschte betretenes Schweigen, worauf sich<br />

<strong>Hasret</strong> wortlos <strong>in</strong> ihr Zimmer verzog. Sie machte die Zimmertür<br />

demonstrativ laut zu, sodass die Eltern glaubten,<br />

ungestört reden zu können. Doch heimlich öffnete sie die<br />

Tür wieder e<strong>in</strong>en Spalt und belauschte ihre Eltern, die natürlich<br />

über diese neuste, aber nicht ganz unerwartete Entwicklung<br />

diskutierten. Obwohl <strong>Hasret</strong> angestrengt horchte,<br />

bekam sie nur e<strong>in</strong>ige Wortfetzen des Gesprächs mit.<br />

„… dann lass sie doch ziehen, schließlich muss sie ihre<br />

eigenen Erfahrungen machen“, vernahm sie die besänftigende<br />

Stimme ihrer Mutter.<br />

„Kommt gar nicht <strong>in</strong>frage, sie soll zuerst e<strong>in</strong>mal …“,<br />

erwiderte der Vater.<br />

Doch <strong>Hasret</strong> wollte den Rest der Diskussion gar nicht<br />

mehr hören, denn sie hatte sich sowieso bereits entschieden.<br />

Leicht betrübt und gleichzeitig voller Tatendrang<br />

schloss sie leise die Zimmertür und legte sich auf ihr Bett,<br />

wo sie über alles nachdachte.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Weile klopfte es plötzlich an der Tür.<br />

„Here<strong>in</strong>!“, rief <strong>Hasret</strong>, worauf die Mutter zaghaft den<br />

Kopf here<strong>in</strong>streckte.<br />

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Sie setzte sich neben ihre Tochter auf die Bettkante.<br />

„Hör zu, <strong>Hasret</strong>“, begann sie mit ihrer gewohnt ruhigen<br />

Art, „ich konnte de<strong>in</strong>en Vater überreden. Wenn du unbed<strong>in</strong>gt<br />

möchtest, dann darfst du nach Cambridge fahren.<br />

Vielleicht wird es dir ja guttun, e<strong>in</strong> wenig Lebenserfahrung<br />

zu sammeln.“<br />

<strong>Hasret</strong> sprang auf und umarmte ihre Mutter überschwänglich.<br />

„Du bist die beste Mutter der Welt“, platzte es aus ihr<br />

heraus.<br />

„Aber versprich mir e<strong>in</strong>s“, ermahnte sie die Mutter mit<br />

erhobenem Zeigef<strong>in</strong>ger, „lass dich nicht mit irgendwelchen<br />

komischen Männern e<strong>in</strong>.“<br />

„Aber ne<strong>in</strong>, du kennst mich doch“, gr<strong>in</strong>ste <strong>Hasret</strong> verschmitzt.<br />

Die Mutter strich ihr liebevoll über das Haar, dann g<strong>in</strong>g<br />

sie lächelnd wieder h<strong>in</strong>aus.<br />

y<br />

E<strong>in</strong>e Woche später stand <strong>Hasret</strong> <strong>in</strong> Cambridge am<br />

Bahnhof, beladen mit e<strong>in</strong>em großen Reisekoffer sowie diversen<br />

kle<strong>in</strong>eren Reisetaschen. Sie wusste zwar nicht genau<br />

wie, aber irgendwie hatte sie es geschafft, praktisch ohne<br />

e<strong>in</strong> Wort Englisch zu verstehen, geschweige denn zu sprechen,<br />

von Bern via London nach Cambridge zu reisen. Da<br />

stand sie nun etwas verloren <strong>in</strong> der riesigen Bahnhofshalle<br />

und wartete auf ihre Schwester Priska, die sie hier abholen<br />

sollte. <strong>Hasret</strong> hatte ke<strong>in</strong>e Ahnung, was sie hier <strong>in</strong> England<br />

erwarten würde, denn im Pr<strong>in</strong>zip war sie e<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>neren Impuls gefolgt, der sie quasi direkt hierher<br />

geführt hatte. Während <strong>Hasret</strong> gespannt am vere<strong>in</strong>barten<br />

Treffpunkt ausharrte, kam auf e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> junger Mann geradewegs<br />

auf sie zu. In e<strong>in</strong>er Hand hielt er e<strong>in</strong> Foto, <strong>in</strong> der<br />

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anderen e<strong>in</strong> Namensschild. Abwechselnd schaute er e<strong>in</strong>ige<br />

Male auf <strong>Hasret</strong> und dann wieder auf das Foto, als wäre es<br />

e<strong>in</strong>e geheime Schatzkarte. Unweigerlich musste <strong>Hasret</strong> an<br />

die Worte ihrer Mutter denken, sich nicht mit fremden<br />

Männern e<strong>in</strong>zulassen, und sie umklammerte <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktiv ihre<br />

Gepäckstücke. Doch der junge Kerl hielt ihr bereits e<strong>in</strong><br />

selbst gebasteltes Schild vor die Nase, auf dem <strong>in</strong> so riesigen<br />

Buchstaben ihr Name stand, dass man ihn selbst vom<br />

Mond aus hätte lesen können. Mit großen Augen musterten<br />

sich die zwei e<strong>in</strong>en Augenblick, ehe der Mann höflich<br />

fragte:<br />

„<strong>Hasret</strong>?“<br />

Sie nickte wortlos, fixierte ihn aber immer noch misstrauisch.<br />

Der offensichtlich ch<strong>in</strong>esisch-stämmige Mann war<br />

elegant gekleidet. Mit se<strong>in</strong>er überdimensional großen Brille<br />

sowie den flauschigen, schwarzen Haaren, komb<strong>in</strong>iert mit<br />

se<strong>in</strong>em charmanten Lächeln, hatte er irgendwie etwas unfreiwillig<br />

Komisches an sich. Schließlich musste auch sie lächeln<br />

und somit war das Eis zwischen ihnen <strong>in</strong> null Komma<br />

nichts gebrochen. Die beiden mochten sich auf Anhieb.<br />

„Ich b<strong>in</strong> San Yun Tse“, sagte der Mann auf Englisch<br />

und streckte ihr die Hand entgegen.<br />

<strong>Hasret</strong>, die ihn nicht richtig verstand, dachte jedoch, er<br />

wolle sie zu e<strong>in</strong>em Tee e<strong>in</strong>laden.<br />

„Ne<strong>in</strong> danke, ich tr<strong>in</strong>ke lieber Kaffee“, erwiderte sie artig,<br />

während sie se<strong>in</strong>e Hand schüttelte.<br />

Nun war der gute San etwas verwirrt.<br />

„Kaffee?“, wiederholte er stirnrunzelnd.<br />

„Your name is Kaffee … not <strong>Hasret</strong>?“<br />

Verwirrt betrachtete er nochmals das Foto. Nun verstand<br />

sie, was er sagen wollte und klärte ihn über das Missverständnis<br />

auf.<br />

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Daraufh<strong>in</strong> mussten beide so heftig lachen, bis ihnen die<br />

Tränen kamen. Wegen der sprachlichen Probleme waren sie<br />

gezwungen, sich mit Händen und Füßen zu verständigen.<br />

Aber nach e<strong>in</strong>er Weile fand <strong>Hasret</strong> heraus, dass San von<br />

Priska beauftragt worden war, sie abzuholen, weil sie selber<br />

kurzfristig verh<strong>in</strong>dert war.<br />

Schließlich fuhren San und <strong>Hasret</strong> mit dem Taxi zum<br />

Hotel „Welcome Inn“, wo <strong>Hasret</strong> am folgenden Tag ihre<br />

Arbeitsstelle antreten sollte. Wie es sich für e<strong>in</strong>en Gentleman<br />

gehört, schleppte San das ganze Gepäck <strong>in</strong> ihr Zimmer,<br />

<strong>in</strong> welchem sie während der nächsten paar Monate<br />

wohnen sollte. Um sich besser verständigen zu können,<br />

suchte <strong>Hasret</strong> im Wörterbuch jeweils das deutsche Wort<br />

heraus und San las die englische Übersetzung. Das funktionierte<br />

ganz gut, sodass sie nach e<strong>in</strong>er halben Stunde bereits<br />

e<strong>in</strong>iges vone<strong>in</strong>ander wussten.<br />

Offenbar wohnte San, der hier <strong>in</strong> Cambridge Physik<br />

studierte, gleich um die Ecke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Studentenwohnung.<br />

Er kam zwar aus Kuala Lumpur, Malaysia, war<br />

aber ursprünglich ch<strong>in</strong>esischer Herkunft. <strong>Hasret</strong> war tief<br />

bee<strong>in</strong>druckt, als sie die ganzen exotischen Namen aus aller<br />

Welt hörte, von denen ihr San voller Inbrunst erzählte.<br />

Aber sie hatte mit der asiatischen Lebensart etwa gleich<br />

viel am Hut wie San mit Emmentaler Käse. Zu verschieden<br />

waren diese beiden Kulturen, die hier aufe<strong>in</strong>anderprallten.<br />

Nachdem sie sich e<strong>in</strong>e Weile ausgetauscht hatten, klopfte<br />

es plötzlich an der Tür und Priska trat here<strong>in</strong>. Die beiden<br />

Schwestern begrüßten sich herzlich.<br />

„Schön, dass du hier bist. Wie ich sehe, hat me<strong>in</strong>e Stellvertretung<br />

den Auftrag erfolgreich ausgeführt“, gr<strong>in</strong>ste<br />

Priska.<br />

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„Ja, sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> ganz netter Kerl zu se<strong>in</strong>“, erwiderte<br />

<strong>Hasret</strong> schmunzelnd.<br />

y<br />

Während der nächsten paar Wochen arbeitete <strong>Hasret</strong><br />

im Hotel und lernte nebenbei Englisch, so gut es g<strong>in</strong>g. Da<br />

sie mit allen Leuten, abgesehen von ihrer Schwester, Englisch<br />

sprechen musste, machte sie <strong>in</strong> kurzer Zeit enorme<br />

Fortschritte. Anfangs schaute San sporadisch im Hotel<br />

vorbei, doch schon bald tauchte er immer häufiger auf.<br />

Mit se<strong>in</strong>er fröhlichen Art war er überall e<strong>in</strong> gern gesehener<br />

Gast. Es war nicht zu übersehen, dass sich zwischen ihm<br />

und <strong>Hasret</strong> etwas anbahnte. In ihrer Freizeit erkundeten<br />

die beiden geme<strong>in</strong>sam die Stadt oder machten e<strong>in</strong> Picknick<br />

im Park. Trotz der anstrengenden Arbeit war es für beide<br />

e<strong>in</strong>e sehr glückliche Zeit.<br />

Doch e<strong>in</strong>es Tages unterlief Priska ungewollt e<strong>in</strong> Fehler,<br />

der weitreichende Konsequenzen nach sich zog. In e<strong>in</strong>em<br />

Brief an ihre Mutter erwähnte sie beiläufig, dass <strong>Hasret</strong><br />

mit e<strong>in</strong>em jungen asiatischen Mann liiert sei. Diese Nachricht<br />

löste im heimischen Thun e<strong>in</strong>en Schock aus, der für<br />

die Eltern nicht so e<strong>in</strong>fach zu verdauen war. Vor allem der<br />

Vater hatte schwer mit diesem Umstand zu kämpfen.<br />

Während <strong>Hasret</strong> die unbeschwerte Zeit mit San <strong>in</strong> vollen<br />

Zügen genoss, braute sich <strong>in</strong> der Heimat e<strong>in</strong> unheilvolles<br />

Gemisch aus Angst, Wut und Verzweiflung zusammen.<br />

Und so kam es, wie es kommen musste: Der Vater entschied<br />

sich, die Sache selber <strong>in</strong> die Hand zu nehmen und<br />

die Tochter aus den „Klauen dieses Halbwilden“ zu befreien.<br />

Hals über Kopf reiste er an e<strong>in</strong>em schönen Sommertag<br />

auf eigene Faust nach Cambridge, obwohl die englische<br />

Sprache für ihn gleichbedeutend war mit Kauderwelsch.<br />

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An jenem Nachmittag ahnte <strong>Hasret</strong> nichts Böses. Im Gegenteil,<br />

sie freute sich schon den ganzen Tag auf das<br />

Abendessen, denn San wollte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Bude für e<strong>in</strong>ige<br />

Freunde ch<strong>in</strong>esisch kochen. <strong>Hasret</strong> hatte zuvor noch nie<br />

ch<strong>in</strong>esisch gegessen, geschweige denn mit Stäbchen. Gerade<br />

als sie dabei war, ihren Schreibtisch an der Rezeption<br />

aufzuräumen, stand plötzlich wie aus dem Nichts e<strong>in</strong><br />

Mann vor ihr. Als sie aufblickte, glaubte sie ihren Augen<br />

nicht zu trauen: Es war ihr Vater. Völlig perplex starrte sie<br />

ihn an, als wäre er gerade mit e<strong>in</strong>em Raumschiff vom<br />

Mars gelandet.<br />

„So, du kommst jetzt mit mir nach Hause, Mädchen!“,<br />

sagte er im Befehlston. Sie starrte ihn immer noch mit offenem<br />

Mund an, unfähig, etwas zu erwidern. „Hast du gehört?“<br />

„Aber, ich …“<br />

„Ke<strong>in</strong>e Widerrede. Los jetzt. Wann begreifst du endlich,<br />

dass ich es nur gut mit dir me<strong>in</strong>e.“<br />

„Gut?“, stammelte <strong>Hasret</strong> leichenblass.<br />

In dieser Sekunde brach für sie e<strong>in</strong>e Welt zusammen. Ihre<br />

ganze Seifenblase aus Glück war mit e<strong>in</strong>em Mal zerplatzt.<br />

Päng. Aus der Traum. Als sie langsam aber sicher realisierte,<br />

was sich da gerade abspielte, liefen ihr e<strong>in</strong>fach die Tränen<br />

über die Wangen. E<strong>in</strong>e Arbeitskolleg<strong>in</strong> nahm sie tröstend <strong>in</strong><br />

die Arme, weil sie dachte, dass etwas Schlimmes passiert<br />

wäre. In diesem Moment betrat San strahlend wie immer<br />

die Hotelhalle. Doch se<strong>in</strong> Gesichtsausdruck änderte sich<br />

schlagartig, als er <strong>Hasret</strong> we<strong>in</strong>end <strong>in</strong> den Armen ihrer Kolleg<strong>in</strong><br />

sah. Vor Schreck ließ er den Blumenstrauß fallen und<br />

legte kameradschaftlich die Arme um <strong>Hasret</strong>s Schulter.<br />

„He, du da“, polterte der Vater unhöflich, „lass sofort<br />

me<strong>in</strong>e Tochter los!“<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

San blickte ihn verwirrt an, da er ja ke<strong>in</strong> Schweizerdeutsch<br />

verstand.<br />

„I have to go home“, war alles, was <strong>Hasret</strong> herausbrachte.<br />

Schluchzend klammerte sie sich an San fest. Doch der<br />

war so verstört, dass er gar nicht wusste, wie er reagieren<br />

sollte.<br />

So verwandelte sich dieser eben noch harmonische Tag<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> absolutes Desaster. <strong>Hasret</strong> war am Boden zerstört,<br />

aber sie wusste, dass sie ke<strong>in</strong>e Wahl hatte. Sie musste ihrem<br />

Vater gehorchen, da sie noch ke<strong>in</strong>e zwanzig Jahre alt<br />

war.<br />

y<br />

Am nächsten Tag war es dann also so weit. San fuhr<br />

<strong>Hasret</strong> und ihren Vater freundlicherweise zum Flughafen.<br />

Der Vater behandelte ihn die ganze Zeit über ziemlich abschätzig<br />

und würdigte ihn ke<strong>in</strong>es Blickes. San realisierte das<br />

aber gar nicht richtig, weil er wie im Delirium vor sich h<strong>in</strong>vegetierte.<br />

Er hatte zwar schon e<strong>in</strong>iges erlebt, aber noch nie<br />

zuvor musste er solch e<strong>in</strong>en emotionalen Albtraum durchmachen.<br />

Als der Vater am Flughafen die Tickets besorgte,<br />

waren <strong>Hasret</strong> und San für e<strong>in</strong>ige M<strong>in</strong>uten alle<strong>in</strong>e.<br />

„<strong>Hasret</strong>“, sagte San mit tränenerstickter Stimme, „ich<br />

möchte mit dir zusammen se<strong>in</strong>. Für immer.“<br />

Auch <strong>Hasret</strong> konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.<br />

„Ich werde zurückkommen, das schwöre ich“, flüsterte<br />

sie ihm <strong>in</strong>s Ohr.<br />

Kurz darauf stand der Vater mit zwei Flugtickets neben<br />

ihnen, was die beiden zwang, den Abschied kurz und<br />

schmerzlos zu machen. Bevor <strong>Hasret</strong> den Schalter der Zollabfertigung<br />

passierte, schaute sie noch e<strong>in</strong> allerletztes Mal<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

zurück. Da stand der Mann, der ihr so sehr ans Herz gewachsen<br />

war, wie e<strong>in</strong> Häufchen Elend. Er w<strong>in</strong>kte ihr<br />

nochmals zu, dann verschwand sie h<strong>in</strong>ter der milchigen<br />

Glastür.<br />

[…]<br />

Vielen Dank für Ihr Interesse an me<strong>in</strong>er <strong>Leseprobe</strong>.<br />

Das Taschenbuch, 204 Seiten, sowie das eBook s<strong>in</strong>d bei Amazon<br />

erhältlich.<br />

Roger Kappeler<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

Autor<br />

Roger Kappeler<br />

erkannte bereits <strong>in</strong> der Schulzeit, dass se<strong>in</strong>e blühende Fantasie<br />

bisweilen mit ihm durchgeht. Das Schreiben fiel ihm nie besonders<br />

schwer. Während e<strong>in</strong>er sechsmonatigen Indienreise<br />

entstanden erste Ideen, aus denen schließlich die Starchild-<br />

Terry-Geschichten hervorg<strong>in</strong>gen.<br />

Wie viele Autoren stand auch er vor der Wahl, sich anzupassen<br />

oder bei dem zu bleiben, was ihn als <strong>in</strong>dividuellen Autor<br />

auszeichnet. Er entschied sich – wie sollte es anders se<strong>in</strong> – für<br />

die Individualität und riskierte damit, dass manche Leser se<strong>in</strong>e<br />

Werke zerreißen würden, hoffte jedoch, dass die auf se<strong>in</strong>e<br />

Merkmale abgestimmte Lesergruppe größer wird und ihm treu<br />

bleibt, solange er sich selbst treu bleibt.<br />

Se<strong>in</strong>e Zeilen s<strong>in</strong>d gepaart mit humoristischem, zuweilen<br />

flapsigem, der Alltagssprache entlehntem Stil, welcher das<br />

stetige Element aller se<strong>in</strong>er Geschichten darstellt, aber natürlich<br />

auch substanzielle Themen des Lebens und Gedanken<br />

enthält.<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

Weitere Bücher<br />

"Me<strong>in</strong> letzter Tag auf der Erde"<br />

Fantasy, Fun-Fiction, 188 Seiten<br />

27


<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

"Delia – Zwischen den Welten"<br />

Fantasy, Fun-Fiction, 242 Seiten<br />

28


<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

"Zürich – Magic happens"<br />

<strong>Roman</strong>, 170 Seiten<br />

29


<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

"Der Fluss des Lebens"<br />

Fantasy, Fun-Fiction, 300 Seiten<br />

30


<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

"Die Pforte von Nebadon"<br />

Fantasy, Fun-Fiction, 150 Seiten<br />

31


<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

In 2. Auflage <strong>in</strong> Kürze erhältlich<br />

Fantasy, Fun-Fiction, Abenteuer<br />

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<strong>Leseprobe</strong> © Roger Kappeler, www.rogerkappeler.ch<br />

Auf www.rogerkappeler.ch f<strong>in</strong>det ihr mehr über Kappelers<br />

fantastische Geschichten.<br />

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