40 Jahre Landkreis Fürth

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78 Die Geschichte des Hainbergs Krieg, Panzer, Rallyes und jetzt – Ruhe. Seit 1995 ist der Hainberg Naturschutzgebiet. Abgeschirmt durch das Militär hat sich dort über ein Jahrhundert hinweg die größte zusammenhängende Sandmagerrasenfläche Nordbayerns entwickelt. Über das Gelände, das Soldatenstiefel, Reifen und Panzerketten malträtierten, wandern heute nur noch die leicht besohlten Schuhe Erholungssuchender. Daneben schlängelt sich der Kreuzbach idyllisch durch die gut 2 km² große Fläche. Seinen größten Auftritt in der Geschichte hatte der Hainberg im Sommer 1632, als Wallensteins Truppen während des dreißigjährigen Krieges dort Quartier nahmen. Nach einer längeren Erholungsphase zogen 1898 die königlich bayerischen Soldaten auf den Hainberg und 1933 bis 1945 exerzierten dort Truppen der Wehrmacht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs griff zuerst die Deutsche Infanterie (1958) und schließlich die 1st Armored Division Artillery 1971 auf dem Truppenübungsplatz zur Waffe. Doch das Dröhnen und Rumpeln der an- und abfahrenden Kettenfahrzeuge des amerikanischen Transportbataillons 270 war für die Oberasbacher eine viel größere Geduldsprobe. Die Panzerkonvois brachten nicht nur zweitweise den Verkehr zum Erliegen, sondern zerdrückten auch die Kanalisationsrohre der Rothenburger Straße in Oberasbach. 1979 und 1983 herrschte in der Gemeinde (die Stadterhebung war erst 1994) helle Aufregung, als zwei Übungsgranaten ihr Ziel verfehlten. Verletzt wurde niemand, dennoch formierten sich gegen die Tiefflieger Proteste. Wirklich lebensgefährlich wurde es am 11. Dezember 1974, als eine Maschine der kanadischen Luftwaffe bei einem Übungsflug über Oberasbach abstürzte. Wie durch ein Wunder kam niemand zu Schaden. Sie kam auf vier Rädern und war ebenfalls laut – aber Zeitzeugen sprechen dennoch mit Begeisterung von ihr: der Metz-Rallye. Dieses internationale Rennen wurde von 1973 bis 1986 im Hainberg gefahren, davon neun Mal als Lauf zur Deutschen Rallye-Meisterschaft für Automobile. 1983 saß die berühmte Rallyefrau Michelle Mouton hinter dem Steuer. Über 100.000 Menschen verfolgten ihre Fahrt am Streckenrand. Mit Björn Waldegad (1984), Stig Blomquist (1985) und Walter Röhrl (er nahm insgesamt vier Mal teil) waren drei Weltmeister des Rallyesports in Stein am Start. Initiator dieses Spektakels war der Touringclub Stein 1955. Unter dem 1. Vorsitzenden Wilhelm Pfersdorff (seit 1970 bis heute im Amt) und Touringclub-Mitglied Manfred Glauber, der Werbeleiter des Familienunternehmens Metz war, konnte am 28. April 1973 die erste ADAC-Metz-Rallye gestartet werden. Start und Ziel war das Firmengelände der Metz Apparatewerke in Zirndorf. Doch das Wasserloch, das die Panzer in die Erde des

Hainbergs gewühlt hatten, gehörte zu den spektakulärsten Stellen der Strecke. Die „2. Metz“ startete unter der Schirmherrschaft des AC Stein, zu dem der Touringclub mit dem Motorsportclub Stein 1928 fusioniert war. 14 Jahre lang war die „scharfe Metz“ die Top-Rallye-Veranstaltung in Deutschland. Doch der steigende organisatorische Aufwand und der Umweltgedanke brachten die Veranstaltung 1986 zu Fall. Acht Jahre später, im März 1994, wurde das Transportbataillon der US-Armee auf dem Hainberg aufgelöst. Genau ein Jahr später trat die Verfügung der Regierung von Mittelfranken in Kraft, die das Areal zum Naturschutzgebiet erklärte. Und seit 2005 erlebt die Metz-Rallye als ADAC-Metz-Rallye Classic für historische Automobile ein Revival – abseits vom Hainberg. Dort wandern nun Erholungssuchende über Dünen, Heiden, durch Wälder und parkähnliche Landschaften. In dieser besonderen Umgebung sind zahlreiche, teils stark gefährdete Pflanzen- und Tierarten beheimatet. Dazu gehören der am Boden brütende Vogel Brachpieper, die Kreuzkröte und die Sand- Strohblume. Seit 2010 ist der Hainberg Nationales Naturerbe und befindet sich in der pflegerischen Obhut der DBU Naturerbe GmbH, einer Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Damit der Magerrasen nicht verbuscht, weiden im Sommer Herden mit bis zu 400 Schafen auf dem Hainberg. Die Geschichte des Hainbergs 79

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Die Geschichte des Hainbergs<br />

Krieg, Panzer, Rallyes und jetzt – Ruhe.<br />

Seit 1995 ist der Hainberg Naturschutzgebiet. Abgeschirmt<br />

durch das Militär hat sich dort über ein<br />

Jahrhundert hinweg die größte zusammenhängende<br />

Sandmagerrasenfläche Nordbayerns entwickelt.<br />

Über das Gelände, das Soldatenstiefel, Reifen und<br />

Panzerketten malträtierten, wandern heute nur<br />

noch die leicht besohlten Schuhe Erholungssuchender.<br />

Daneben schlängelt sich der Kreuzbach<br />

idyllisch durch die gut 2 km² große Fläche.<br />

Seinen größten Auftritt in der Geschichte hatte der<br />

Hainberg im Sommer 1632, als Wallensteins Truppen<br />

während des dreißigjährigen Krieges dort Quartier<br />

nahmen. Nach einer längeren Erholungsphase<br />

zogen 1898 die königlich bayerischen Soldaten auf<br />

den Hainberg und 1933 bis 1945 exerzierten dort<br />

Truppen der Wehrmacht. Nach dem Ende des Zweiten<br />

Weltkriegs griff zuerst die Deutsche Infanterie<br />

(1958) und schließlich die 1st Armored Division Artillery<br />

1971 auf dem Truppenübungsplatz zur Waffe.<br />

Doch das Dröhnen und Rumpeln der an- und<br />

abfahrenden Kettenfahrzeuge des amerikanischen<br />

Transportbataillons 270 war für die Oberasbacher<br />

eine viel größere Geduldsprobe. Die Panzerkonvois<br />

brachten nicht nur zweitweise den Verkehr zum<br />

Erliegen, sondern zerdrückten auch die Kanalisationsrohre<br />

der Rothenburger Straße in Oberasbach.<br />

1979 und 1983 herrschte in der Gemeinde (die<br />

Stadterhebung war erst 1994) helle Aufregung, als<br />

zwei Übungsgranaten ihr Ziel verfehlten. Verletzt<br />

wurde niemand, dennoch formierten sich gegen<br />

die Tiefflieger Proteste. Wirklich lebensgefährlich<br />

wurde es am 11. Dezember 1974, als eine Maschine<br />

der kanadischen Luftwaffe bei einem Übungsflug<br />

über Oberasbach abstürzte. Wie durch ein Wunder<br />

kam niemand zu Schaden.<br />

Sie kam auf vier Rädern und war ebenfalls laut –<br />

aber Zeitzeugen sprechen dennoch mit Begeisterung<br />

von ihr: der Metz-Rallye. Dieses internationale<br />

Rennen wurde von 1973 bis 1986 im Hainberg<br />

gefahren, davon neun Mal als Lauf zur Deutschen<br />

Rallye-Meisterschaft für Automobile. 1983 saß die<br />

berühmte Rallyefrau Michelle Mouton hinter dem<br />

Steuer. Über 100.000 Menschen verfolgten ihre<br />

Fahrt am Streckenrand. Mit Björn Waldegad (1984),<br />

Stig Blomquist (1985) und Walter Röhrl (er nahm<br />

insgesamt vier Mal teil) waren drei Weltmeister des<br />

Rallyesports in Stein am Start.<br />

Initiator dieses Spektakels war der Touringclub<br />

Stein 1955. Unter dem 1. Vorsitzenden Wilhelm<br />

Pfersdorff (seit 1970 bis heute im Amt) und Touringclub-Mitglied<br />

Manfred Glauber, der Werbeleiter<br />

des Familienunternehmens Metz war, konnte<br />

am 28. April 1973 die erste ADAC-Metz-Rallye<br />

gestartet werden. Start und Ziel war das Firmengelände<br />

der Metz Apparatewerke in Zirndorf. Doch<br />

das Wasserloch, das die Panzer in die Erde des

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