Landesarbeitsgericht München URTEIL

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01.11.2012 Aufrufe

- 14 - 3 Sa 204/09 gleich vom 26.11.2007 bereits im Wissen abschloss, das Zeugnis abändern zu müssen, ist somit eine nicht durch konkrete Anhaltspunkte gestützte bloße Behauptung des Klägers. Zum anderen ergibt sich aus dem gesamten Verhalten der Beklagten nach Abschluss des Vergleichs vom 26.11.2007 indiziell, dass sie bemüht war, gemäß den Vorgaben des Vergleichs dasselbe, bereits erteilte, Zeugnis mit den in Ziffer 1.) des Vergleichs genannten Änderungspunkten neu zu erteilen, mithin die im Vergleich geregelte Verpflichtung zu erfüllen. Dies folgt gerade aus ihren Einlassungen zum Austausch der unterzeichnenden Personen. Die Beklagte hat diesen Wechsel gerade nicht damit begründet, sie habe die Personen der Unterzeichner ausgetauscht, weil sie sich nicht mehr - oder noch nie - an den Vergleich gebunden gefühlt habe, sondern damit, dass sie sich aus rechtlichen Gründen, nämlich wegen nunmehr fehlender Unternehmenszugehörigkeit der Unterzeichner des ursprünglichen Zeugnisses, daran gehindert sehe. Dies spricht nicht gegen den Erfüllungswillen der Beklagten. Ist aber davon auszugehen, dass die Beklagte die Bindung an den Vergleich nicht selbst preisgegeben hat, sondern sich um dessen Erfüllung bemühte, kann sie sich entgegen der Auffassung des Klägers auch auf die Treuwidrigkeit von dessen nunmehrigem Berichtigungsbegehren berufen. 3. Der Berufung auf unzulässige Rechtsausübung des Klägers steht nicht entgegen, dass sein Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverzichtbar wäre. a) Entgegen der Auffassung des Klägers hatte dieser jedenfalls nach Erlass des Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 30.05.2007 (20 Ca 13029/05) Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten (End-)Zeugnisses. Denn mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht zum Ablauf des 31.12.2005 lag ein nicht offensichtlich unwirksamer Beendigungstatbestand vor, der den genannten Zeugniserteilungsanspruch begründete. Die Beklagte musste sich nicht auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses einlassen, selbst wenn der Kläger bereits damals ein solches begehrt hätte. Sollte das Bundesarbeitsgericht im noch anhängigen Bestandsschutzstreit feststellen, dass die Auf-

- 15 - 3 Sa 204/09 lösung des Arbeitsverhältnisses unwirksam war, wird das bereits erteilte (End-)Zeugnis gegenstandslos. Dies ändert nichts daran, dass dieses Zeugnis auf der Grundlage eines bereits bestehenden Anspruchs auf ein qualifiziertes Zeugnis erstellt wurde. Hat die Beklagte aber das ursprüngliche Zeugnis vom 01.06.2006 und das korrigierte Zeugnis vom 31.12.2005 auf der Grundlage eines entstandenen und fälligen Anspruchs auf ein qualifiziertes Zeugnis erteilt, konnte der Kläger auf die Geltendmachung (weiterer) Berichtigungswünsche verzichten bzw. konnten weitere Berichtigungsbegehren verwirken. b) Auch das weitere Argument des Klägers, dass ein Verzicht und eine Verwirkung aufgrund der Bestimmungen des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages vom 23.06.1997 für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Bayerischen Betrieben des Groß- und Außenhandels und im Hinblick auf § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 TVG ausgeschlossen seien, geht fehl. Geschützt gegen Verzicht und Verwirkung ist nach den genannten Bestimmungen nur der Anspruch auf Erteilung „eines“ (qualifizierten) Zeugnisses. Ist ein Zeugnis erteilt, das - wie hier mit dem Zeugnis vom 31.12.2005 - alle Merkmale eines qualifizierten Zeugnisses aufweist, ist der tariflichen Bestimmung genüge getan. Der Anspruch auf eine Berichtigung dieses erteilten Zeugnisses kann auch ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien einem Verzicht unterworfen werden oder Gegenstand einer unzulässigen Rechtsausübung sein. Wäre die Auffassung des Klägers richtig, müsste bei Tarifgebundenheit beider Arbeitsvertragsparteien zu jeder Korrektur eines erteilten qualifizierten Zeugnisses die Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeholt werden, weil darin ein potenzieller Verzicht auf weitere Berichtigungen liegen könnte. Dies wäre ein unsinniges und von den Tarifvertragsparteien mit Sicherheit nicht gewolltes Ergebnis. 4. Der Hilfsantrag auf Erstellung und Übersendung eines wohlwollenden qualifizierten Zwischenzeugnisses ist unzulässig. Nach der hierzu gegebenen Begründung soll dieser Antrag vom Ausgang des beim Bundesarbeitsgericht anhängigen Bestandsschutzstreits abhängen. Dies ist jedoch ein außerprozessuales Ereignis, also ein Ereignis, das nicht innerhalb des vorliegenden Rechtsstreits stattfindet (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 128 Rn. 20). Darauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen.

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lösung des Arbeitsverhältnisses unwirksam war, wird das bereits erteilte (End-)Zeugnis<br />

gegenstandslos. Dies ändert nichts daran, dass dieses Zeugnis auf der Grundlage eines<br />

bereits bestehenden Anspruchs auf ein qualifiziertes Zeugnis erstellt wurde. Hat die Beklagte<br />

aber das ursprüngliche Zeugnis vom 01.06.2006 und das korrigierte Zeugnis vom<br />

31.12.2005 auf der Grundlage eines entstandenen und fälligen Anspruchs auf ein qualifiziertes<br />

Zeugnis erteilt, konnte der Kläger auf die Geltendmachung (weiterer) Berichtigungswünsche<br />

verzichten bzw. konnten weitere Berichtigungsbegehren verwirken.<br />

b) Auch das weitere Argument des Klägers, dass ein Verzicht und eine Verwirkung<br />

aufgrund der Bestimmungen des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages vom<br />

23.06.1997 für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Bayerischen Betrieben<br />

des Groß- und Außenhandels und im Hinblick auf § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 TVG ausgeschlossen<br />

seien, geht fehl. Geschützt gegen Verzicht und Verwirkung ist nach den genannten<br />

Bestimmungen nur der Anspruch auf Erteilung „eines“ (qualifizierten) Zeugnisses.<br />

Ist ein Zeugnis erteilt, das - wie hier mit dem Zeugnis vom 31.12.2005 - alle Merkmale<br />

eines qualifizierten Zeugnisses aufweist, ist der tariflichen Bestimmung genüge getan.<br />

Der Anspruch auf eine Berichtigung dieses erteilten Zeugnisses kann auch ohne Zustimmung<br />

der Tarifvertragsparteien einem Verzicht unterworfen werden oder Gegenstand einer<br />

unzulässigen Rechtsausübung sein. Wäre die Auffassung des Klägers richtig, müsste<br />

bei Tarifgebundenheit beider Arbeitsvertragsparteien zu jeder Korrektur eines erteilten<br />

qualifizierten Zeugnisses die Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeholt werden, weil<br />

darin ein potenzieller Verzicht auf weitere Berichtigungen liegen könnte. Dies wäre ein<br />

unsinniges und von den Tarifvertragsparteien mit Sicherheit nicht gewolltes Ergebnis.<br />

4. Der Hilfsantrag auf Erstellung und Übersendung eines wohlwollenden qualifizierten<br />

Zwischenzeugnisses ist unzulässig.<br />

Nach der hierzu gegebenen Begründung soll dieser Antrag vom Ausgang des beim Bundesarbeitsgericht<br />

anhängigen Bestandsschutzstreits abhängen. Dies ist jedoch ein außerprozessuales<br />

Ereignis, also ein Ereignis, das nicht innerhalb des vorliegenden Rechtsstreits<br />

stattfindet (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 128 Rn. 20). Darauf hat<br />

die Beklagte zu Recht hingewiesen.

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