Zu den Künstlern - Kreis Borken
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IV. SCHLOSSKONZERT<br />
Sonntag, 10. Februar 2013, 19.30 Uhr, Schloss Ahaus<br />
REMUS AZOITEI - Violine<br />
EDUARD STAN - Klavier<br />
Foto: Christian Drilea<br />
FRANZ SCHUBERT Fantasie C-Dur op. posth. 159 D 934<br />
(1797 – 1828)<br />
Andante molto – Allegretto – Andantino –<br />
Tempo I – Allegro vivace – Allegretto –<br />
Presto<br />
JOHANNES BRAHMS Violinsonate d-Moll op. 108<br />
(1833 – 1897)<br />
Allegro<br />
Adagio<br />
Un poco presto e con sentimento<br />
Presto agitato<br />
Pause<br />
GEORGE ENESCU Violinsonate No.3 a-Moll op. 25 (1926)<br />
(1881 – 1955) „dans le caractère populaire roumain“<br />
(„im volkstümlichen rumänischen Charakter“)<br />
Moderato malinconico<br />
Andante sostenuto e misterioso<br />
Allegro con brio, ma non troppo mosso<br />
<strong>Zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Künstlern</strong><br />
Das Duo Remus Azoitei und Eduard Stan<br />
„Azoitei und Stan kombinieren Temperament, Meisterschaft der Klangrede und<br />
Eleganz der Ausführung in ganz besonderer, unverkennbarer Weise.“<br />
(GRAMOPHONE – Rob Cowen)<br />
Seit nunmehr fünfzehn Jahren haben der Geiger Remus Azoitei und der Pianist<br />
Eduard Stan eine international erfolgreiche künstlerische Duo-Partnerschaft aufgebaut.<br />
Neben einer Vielzahl gemeinsamer Konzerte haben die aus Rumänien stammen<strong>den</strong><br />
Künstler das Gesamtwerk für Violine und Klavier von George Enescu in<br />
Weltersteinspielung aufgenommen. Nach der Veröffentlichung bei Hänssler Classic<br />
2007 gilt diese zwei CDs umfassende Einspielung als Referenzaufnahme des<br />
Repertoires.<br />
Das Duo gastierte u.a. an Stätten wie der Carnegie Hall (WRH) New York, dem<br />
Kennedy Center Washington DC, der Wigmore Hall London, dem Konzerthaus<br />
Berlin, dem Concertgebouw Amsterdam, dem Konzerthaus Wien, dem Salle Cortot<br />
Paris, dem Auditorio Nacional Madrid, der Philharmonie Luxemburg, dem Palais<br />
des Beaux Arts Brüssel und vielen mehr.<br />
Remus Azoitei, laut The Strad „ein Virtuose par excellence, mit beseeltem Spiel<br />
und begnadeter Technik ausgestattet“, ist Absolvent der Juilliard School in New<br />
York 2001. Seither hat er als Solist bei führen<strong>den</strong> europäischen Klangkörpern wie<br />
dem Orchestre Philharmonique de Radio France, der George Enescu Philharmonie,<br />
dem Orchestre National de Belgique und dem Deutschen Kammerorchester gastiert,<br />
unter Dirigenten wie Lawrence Foster, Dmitri Kitaenko, Michael Sanderling<br />
und Gabriel Chmura.<br />
<strong>Zu</strong> Azoiteis Lehrern zählen Itzhak Perlman, Dorothy DeLay und Masao Kawasaki an<br />
der Juilliard School in New York, wo er als Vollstipendiat sein Master’s Degree absolvierte.<br />
Ferner wurde er von Maurice Hasson an der Royal Academy of Music in<br />
London und von Daniel Podlovsky an der Musikakademie in Bukarest unterrichtet.<br />
Er ist Preisträger internationaler Wettbewerbe in Bukarest, Mailand, Weimar und<br />
Wellington (Neuseeland).<br />
2001 wurde Remus Azoitei zum jüngsten Violinprofessor in der Geschichte der Royal<br />
Academy of Music London berufen. Er ist Gründungsmitglied und künstlerischer<br />
Leiter der Enescu Society in seiner Wahlheimat London.
Eduard Stan, 1967 als Spross rumänischer Eltern im multikulturellen Kronstadt/Siebenbürgen<br />
geboren, wird von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „Pianist<br />
mit eminentem Klangfarbensinn“ bezeichnet. Seit seiner Übersiedlung nach<br />
Deutschland im Alter von elf Jahren gastierte er in <strong>den</strong> meisten Ländern Europas, in<br />
<strong>den</strong> USA und in Israel. Als Solist konzertierte er mit verschie<strong>den</strong>en Orchestern in<br />
Deutschland, Österreich, Italien und Rumänien, unter Dirigenten wie Christian Badea,<br />
Lutz Köhler, Shinya Ozaki, Theo Wolters, Ovidiu Balan, Thomas Dorsch, u.a.<br />
Schlosskonzerte Ahaus<br />
Eduard Stan ist gern gesehener Gast bei internationalen Festspielen wie dem Festival<br />
Massenet, Lille Piano(s) und Piano à Riom (Frankreich), Enescu-Festival (Rumänien),<br />
Royal Piano Festival Krakau, Hohenloher Kultursommer, Braunschweig Classix,<br />
Festival Mitte Europa (Tschechien), Schumann-Festival Galway (Irland) und dem<br />
Bourglinster-Festival (Luxemburg).<br />
Solo-CDs liegen bei Hänssler Classic und Thorofon vor.<br />
Seinen pianistischen Feinschliff erhielt Stan bei Arie Vardi, Karl-Heinz Kämmerling<br />
und Martin Dörrie an der Hochschule für Musik & Theater Hannover. Er lebt seit<br />
1999 in Hameln.<br />
Nächster Termin: Sonntag, 17. März 2013, 19:30 Uhr, Schloss Ahaus:<br />
ELBTONAL PERCUSSION – Wolfgang Rummel, Andrej Kaufmann,<br />
Jan-Frederick Behrend, Stephan Krause - Schlagwerk
<strong>Zu</strong>m Programm:<br />
Wer ist George Enescu? – wer<strong>den</strong> Sie vielleicht zurecht fragen und tatsächlich spielt dieser großartige Komponist im<br />
Konzertleben eine merkwürdig randständige Rolle. Dies mag daran liegen, dass dieser vielschichtige Komponist nur<br />
schwer zu fassen bzw. zu kategorisieren ist und seine Musik auch nicht gerade als „leichte Kost” gilt. Unter Musikexperten<br />
ist Enescu allerdings kein Unbekannter, zumal er auch als tiefgründiger Dirgent, virtuoser Geiger und ungemein<br />
erfolgreicher Lehrers reüssierte – zu seinen Schülern zählen Arthur Grumiaux, Leroy Anderson und Yehudi<br />
Menuhin. Einem breiteren Publikum dürften aber allenfalls die bei<strong>den</strong> Rumänischen Rhapsodien op. 11 (1901) bekannt<br />
sein, deren Popularität selbst ihrem Schöpfer unangenehm wurde. Sie verstellen noch heute <strong>den</strong> Blick auf das<br />
vielseitige Schaffen des Komponisten George Enescu, dessen Werk zwischen dem spätromantischen Idiom, französischen<br />
und neobarocken Ten<strong>den</strong>zen und einer sehr eigenwilligen modernen Tonsprache oszilliert – Letzteres insbesondere<br />
in seinen Kammermusikwerken. Es lohnt sich also, sich mit dieser faszinieren<strong>den</strong> und zugegebenermaßen<br />
manchmal auch etwas sperrigen Musik George Enescus auseinanderzusetzen. Als Medium bzw. Mittler dieser Musik<br />
dienen heute Abend die bei<strong>den</strong> rumänischen Künstler Remus Azoitei und Eduard Stan, die als ausgewiesene Experten<br />
dieser Musik gelten und versuchen wer<strong>den</strong>, uns mit ihrer musikalisch-praktischen Expertise diesen großen Komponisten<br />
näher zu bringen. Dennoch seien mir vorab einige einige erläuternde Worte zur dritten Violinsonate von Enescu<br />
gestattet:<br />
Die dritte Geigensonate Enescus entstand 1926 und damit zu einer Zeit, als er in Paris und zunehmend auch darüber<br />
hinaus ein gefragter Musiker gewor<strong>den</strong> war. Für die Sommermonate zog er sich jedoch regelmäßig nach Rumänien<br />
zurück und zwar in sein Landhaus mit dem Namen „Luminisch“ (Haus des Lichts). Dort konnte er sich ungestört dem<br />
Komponieren widmen, während die Geige im Kasten bleibt. Inspiriert von der Landschaft und <strong>den</strong> Klängen seiner<br />
Heimat fertigte Enescu dort die ersten Skizzen zu dieser Violinsonate an.<br />
„Ich arbeite momentan an einer Caprice für Violine und Orchester 1 , in welcher ich die Entsprechung zu einem Dialog<br />
zwischen einem Zigeunergeiger und seiner ihn begleiten<strong>den</strong> Gruppe schaffe. Ich schreibe das im Charakter der<br />
Volksmusik. Ich sage bewusst nicht 'im Stil', <strong>den</strong>n das impliziert etwas Gemachtes oder Künstliches, wogegen 'Charakter'<br />
etwas Gegebenes meint, was von Anfang an da ist.“ Enescu ging einen ähnlichen Weg wie Béla Bartók, der ja<br />
seinerseits nach <strong>den</strong> Wurzeln der ungarischen (Volks-)Musik forschte.<br />
Sind für uns heutige Hörer die Einflüsse der rumänischen bzw. südosteuropäischen Volksmusik auf die „Kunstmusik“<br />
hörbar? Am besten folgt man <strong>den</strong> eigentümlichen, manchmal fast orientalisch wirken<strong>den</strong> Melodien. In der Violinstimme<br />
arbeitet Enescu mit Vierteltönen, die für unsere Ohren vielleicht sogar einfach nur „unsauber“ oder „schief“<br />
klingen wer<strong>den</strong>. Wirkt der Violinpart dabei oft fast wie improvisiert, ist er doch ein Meisterwerk präzisester musikalischer<br />
Notation: Die typische Ornamentik rumänischer Volksmusik ist genau in kleinste Notenwerte ausgeschrieben,<br />
die angesprochene Intonation in Viertelton-Notation übersetzt und ein umfangreiches Vokabular zur Tempodifferenzierung<br />
beschreibt das Rubatospiel.<br />
Der erste Satz (Moderato malinconico) zeichnet sich durch die ausdrucksstarken und intensiv ausgezierten Melodielinien<br />
aus, aber ebenso durch formale Klarheit, die jene strenge Kompositionsschule Faurés, die Enescu durchlaufen<br />
hat, erkennen lässt.<br />
Der zweite Satz (Andante sostenuto e misterioso) entwirft ein vielfarbiges Stimmungsbild, koloriert von Klavier-<br />
Ostinati, hauchzarten Klangfragmenten der Violine, einem wil<strong>den</strong> Tanzteil und einem innigen Gesang. Der dritte Satz<br />
ist „Enescu pur” mit Vierteltonpassagen in der Violine und einem dissonanzreichen Klaviersatz, der an Bartók oder<br />
die moderne Clustertechnik erinnert.<br />
Bevor wir uns heute Abend aber mit der Enescu-Violinsonate dem 20. Jahrhundert zuwen<strong>den</strong>, beginnen wir das chronologisch<br />
aufgebaute Konzert mit zwei Perlen der romantischen Duo-Literatur: Franz Schuberts Fantasie für Violine<br />
und Klavier C-Dur und Johannes Brahms´ d-Moll Sonate für Klavier und Violine.<br />
1 Aus der anfänglich vorgesehenen Orchesterbegleitung wurde schließlich ein Klavierpart, und dem Werk, der Sonate Nr. 3 in a-Moll, gab er<br />
<strong>den</strong> Untertitel „dans le caractère populaire roumain“.
Von <strong>den</strong> ca. 25 Minuten, die Franz Schuberts Fantasie für Violine und Klavier C-Dur immerhin dauert, mag man<br />
keine Sekunde vermissen – so unbeschreiblich schön sind sie! Aber als das Werk im Januar 1828 uraufgeführt wurde,<br />
konnte sich ein Wiener Kritiker eine ironisch distanzierte Bemerkung kaum verkneifen: „Die Fantasie dehnte sich<br />
etwas zu lange über die Zeit aus, die der Wiener <strong>den</strong> geistigen Genüssen widmen will. Der Saal wurde allmählich<br />
leerer, und der Referent gesteht, dass auch er von dem Ausgang dieses Musikstücks nichts zu sagen weiß.“ (in: Der<br />
Sammler, 1828)<br />
Was irritierte die Wiener <strong>Zu</strong>hörer an diesem Werk? Dass Schubert hier traditionelle Sonatensatzprinzipien völlig frei<br />
mit liedhaften Fantasiemomenten verwoben hat? Dass verschie<strong>den</strong>e Sätze aneinandergereiht sind ohne voneinander<br />
getrennt zu sein? Dass eine Fantasie fast eine halbe Stunde füllt? Wir können es heute kaum noch nachvollziehen –<br />
und erklären dieses Phänomen dann gerne damit, dass Schubert hier eine Vision hatte, eine Antwort auf Formfragen,<br />
die ihrer Zeit weit voraus war.<br />
Dreh- und Angelpunkt der Fantasie ist ein Lied aus Schuberts eigener Feder, das „Sei mir gegrüßt“ (D 741), das Schubert<br />
im Andantino-Teil der Fantasie zitiert und anschließend in Variationen verarbeitet. Schuberts scheinbar schlichte<br />
Tonsprache ist tief gefüllt von einer geradezu mystischen Versunkenheit in elementare Gefühle wie Trauer und<br />
Schmerz, die <strong>den</strong> <strong>Zu</strong>hörer unmittelbar berühren und zum Schluss in ein mild und zuversichtlich strahlendes Licht führen.<br />
Schade für <strong>den</strong> Wiener Rezensenten im Jahr 1828, dass er diese Poetik hier nicht erlebt hat.<br />
Hoch komplex sind übrigens auch die Ansprüche, die Schubert mit seinem ‚einfachen‘ Notentext an die Interpreten<br />
stellt. Denn das Innenleben seiner Musik ist voller technischer Herausforderungen, was vielleicht damit zusammenhängt,<br />
dass Schubert seine Fantasie für <strong>den</strong> böhmischen Violinvirtuosen Joseph Slawjk schrieb, <strong>den</strong> Frederic Chopin<br />
einst <strong>den</strong> „zweiten Paganini“ nannte.<br />
Die dritte Violinsonate von Johannes Brahms, seine letzte, besitzt fast symphonische Ausmaße. Sie ist in vielerlei<br />
Hinsicht die große Violinsonate: dem Aufbau nach (statt der drei - wie bei <strong>den</strong> anderen bei<strong>den</strong> Sonaten - nun vier Sätze,<br />
wenn auch von gedrängter Kürze), der Wirkung nach (sie ist für das Konzertpodium und nicht nur für einen intimen<br />
<strong>Kreis</strong> gedacht), hinsichtlich der Kunstfertigkeit in der Konstruktion. Groß ist sie aber vor allem durch die Intensität<br />
und das breite Spektrum des Ausdrucks: Verhalten-lei<strong>den</strong>schaftlich ist der erste Satz (Allegro) mit einem spannungsreichen<br />
Hauptthema und einem freundlich-wehmütigen Seitenthema. Der inneren Unruhe dieses Satzes setzt das<br />
Adagio die große Ruhe seines weitgespannten gesanglichen Themas entgegen.<br />
Es hat Kraft für einen 36 Takte langen Gesang der Violine, der leicht variiert einmal wiederholt wird.<br />
Das kapriziöse Thema des anschließen<strong>den</strong> kurzen Scherzos erscheint mal in mild-heiterer, mal in zupackender, dann<br />
wieder in neckischer Gestalt.<br />
Ein stürmisch drängendes Hauptthema bestimmt die innere Spannung des vierten Satzes (Presto agitato). Diese Spannung<br />
wird ein wenig gelöst durch das choralartige zweite Thema, das in einer schönen Kantilene ausschwingt. Ein<br />
bewegteres drittes Thema leitet über zum Sturm und Drang des die Exposition abschließen<strong>den</strong> Hauptthemas. Die<br />
Durchführung steigert sich zu immer größerer Erregtheit, die zur Ruhe kommt im Choral-Thema, mit dem die Reprise<br />
einsetzt. Erst am Ende der Reprise erscheint noch einmal das Hauptthema und bekräftigt <strong>den</strong> Eindruck der unruhiglei<strong>den</strong>schaftlichen<br />
Stimmung dieses Satzes.<br />
Norbert van der Linde