Nutrition-Press / Ausgabe Nr. 5 - Oktober 2014
Pistazie - eine Nuss, die es in sich hat!
Pistazie - eine Nuss, die es in sich hat!
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>Nr</strong>. 5 – September <strong>2014</strong> · 4,95 Euro · ISSN 2195-8505<br />
www.nutrition-press.com<br />
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Fachzeitschrift für Mikronährstoffe<br />
Uwe Gröber<br />
Arzneimittel<br />
und Mikronährstoffe:<br />
Medikationsorientierte<br />
Supplementierung<br />
Thomas Büttner<br />
Vorschlag zur Novellierung<br />
der Novel-Food-<br />
Verordnung 258/07/EG<br />
Sabrina Kloske<br />
Nicht umsonst wurde<br />
die Pistazie damals<br />
als „Speise der Könige“<br />
gehandelt<br />
Manfred Scheffler<br />
Gesunder Menschenverstand<br />
und Zivilcourage<br />
im Vorwort<br />
Mikronährstoffe<br />
Vitalstoffe<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
Hersteller und Vertriebe<br />
Pistazie – Eine Nuss,<br />
die es in sich hat!
Editorial<br />
Gesunder Menschenverstand und Zivilcourage<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
gesunden Menschenverstand und Zivilcourage wünschen wir uns nur zu oft, – und<br />
ver missen es aber auch oft. Unsere Gesellschaft ist sehr komplex geworden – immer<br />
undurchsichtiger und komplizierter. Aber es tut sich etwas: immer mehr soziale Netzwerke<br />
wie Avaaz, Umweltvereine, Foren usw. vertreten ihre Meinungen öffentlich und fordern<br />
dies auch von der Politik ab. Mit anderen Worten: es kommt immer mehr demokratisches<br />
Leben von unten in unsere Gesellschaft – genau das wünsche ich mir mehr und der NEM e.V<br />
leistet seinen Beitrag immer wieder aufs Neue.<br />
Was tut sich denn Gutes, wenn man sich so bewegt wie wir:<br />
1. Nachdem wir die EFSA/europäische Kommission wegen der Health-Claims verklagt<br />
haben, hat sich die Geschäftsführung verändert (wurde ausgewechselt). Mein<br />
Kom m entar: es wurde höchste Zeit. Der wissenschaftliche Beirat der EFSA, der über<br />
Health-Claims bestimmt, darf mindestens 2 Jahre nicht für die Industrie (Konzerne)<br />
gearbeitet haben. Das ist zwar nicht genug, aber immerhin. Warten wir ab, was die<br />
kommende Gerichtsverhandlung bringen wird. Wir glauben daran, dass der Ver brau ch er<br />
informiert sein muss, was die gesundheitlichen Aspekte einer gesunden Ernährung<br />
mit Mikronähstoffen angeht. Genau das wird aber durch die Forderungen<br />
von klini schen Prüfungen (wie bei Arzneimitteln) total eingeschränkt, denn klinische<br />
Stu dien können sich nur Konzerne leisten. Es schränkt auch die Grundrechte auf<br />
freie Meinungs äußerungen eindeutig ein. Sind wir schon soweit, dass die Wahrheit nicht<br />
mehr gesagt werden darf? Im Moment ist es so!<br />
2. Novelfood: zurück zum Ursprung der Verordnung fordern wir!<br />
So, wie jetzt die Verordnung ausgerichtet ist, ist sie meiner Meinung nach ein Hebel<br />
hin zur Gleichheitsernährung, so wie im Sozialismus - im Sommer gibt es Tomaten,<br />
im Herbst die Äpfel und Kartoffeln, im Winter Eingemachtes, denn die Verordnung läßt<br />
ungeprüft keine Früchte, Gemüse, Pilze, Gewürze in Europa zu, die nicht massgeblich<br />
im europäischem Verkehr vor Herbst 1997 waren. Die Verordnung wird von den Gesetzgebern<br />
neu diskutiert. Wir werden hier unseren Beitrag leisten. Der Ursprung war<br />
richtig gut, und auch erforderlich, nämlich alle neuartigen Lebensmittel (also synthetische<br />
...) müssen toxikologisch geprüft sein und dies ausreichend – das können wir<br />
nur un terstreichen. Mehr sollte hier nicht im Gesetz stehen. Eine Frucht oder ein<br />
Gemüse, das tausende von Jahren in beispielsweise Südamerika verzehrt wurde, ist<br />
auch für uns Europäer ungiftig. Es gibt immer mehr schleichende Einschränkungen<br />
von denen der normale Bürger gar nichts weiß – sagen wir es ihm. Es gibt einen Trend<br />
zum modernen Sozialismus bzw. eindeutigem Bürokratismus.<br />
Manfred Scheffler<br />
Präsident NEM e.V.<br />
3. Epigenetic, die Wissenschaft, die sich mit dem Einfluss von Mikronährstoffen auf die<br />
Gene – und anderen Einflüssen beschäftigt – beweist – wie auch andere For schungsergebnisse<br />
belegen – immer mehr die Notwendigkeit von dem zusätzlichen Verzehr<br />
von Mikronährstoffen – also Nahrungsergänzung (Lebensmittelkonzentraten). Nur ganz<br />
wenige Menschen schaffen es, sich ausgewogen zu ernähren. Es ist eine gesundheit s-<br />
schädigende Lüge, zu behaupten, man braucht die NEM nicht – hier klären wir weiter auf.<br />
4. Wir haben für die nahe Zukunft für unsere Öffentlichkeitsarbeit einen außerordentlichen<br />
Journalisten gewinnen können – demnächst mehr dazu.<br />
Machen Sie mit für eine gesündere Welt!<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Manfred Scheffler<br />
Präsident NEM e.V.<br />
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong> ist die offi zielle<br />
Zeitschrift des NEM e.V. Verband<br />
mittelständischer europäischer<br />
Hersteller und Distributoren<br />
von Nah rungs ergänzungsmitteln<br />
& Gesundheitsprodukten e.V.<br />
3
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Inhalt<br />
5 Arzneimittel und Mikronährstoffe • Uwe Gröber<br />
11 Ökologischer Anbau von Gewürzpflanzen • Hanna Blum<br />
14 Vitamin B1 (Thiamin): Das Nervenvitamin<br />
16 Die Pistazie – Eine Nuss, die es in sich hat • Sabrina Kloske<br />
20 Kryptopyrrolurie • Kyra Hoffmann, Sascha Kauffmann<br />
26 Antioxidantien in Lebensmitteln • Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />
29 Behauptung von Pharma-gesponsertern Studien • Prof. Dr. med. Enno Freye<br />
34 Forschung: Mikroplastik in Lebensmitteln? • Dr. Rebecca Störmer<br />
36 Umsatzwachstum bei NEM • Kerstin Büttel, Michael Hensoldt<br />
39 Vorschlag Novellierung Novel Food • Dr. jur. Thomas Büttner<br />
42 Die Betriebswirtschaftliche Auswertung• Günter Heenen<br />
50 Fördermittel: Investieren lohnt sich! • Prof. Klaus Weiler<br />
52 GESTIS-Biostoffdatenbank • BG RCI<br />
53 <strong>Press</strong>earbeit: Wie funktioniert das? • Nuray Gülek<br />
56 Apps: Schwieriger Umtausch • ARAG<br />
Impressum<br />
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Fachzeitschrift für Mikronährstoffe,<br />
Vitalstoffe, Nahrungsergänzungsmittel,<br />
Hersteller und Vertriebe<br />
Online-<strong>Ausgabe</strong>: ISSN 2195-8505<br />
Herausgeber: Elite Magazinverlags GmbH<br />
Boslerstraße 29 · 71088 Holzgerlingen<br />
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Chefredaktion: Bernd Seitz (V.i.S.d.P.)<br />
Leitender Redakteur: Manfred Scheffler<br />
Redaktion: Gabriele Thum M.A.<br />
Wissenschaftlicher Beirat:<br />
Dr. Gottfried Lange<br />
Prof. Dr. Kurt S. Zänker<br />
Juristischer Beirat: Dr. jur. Thomas Büttner<br />
Gastautoren:<br />
Hanna Blum<br />
Kerstin Büttel<br />
Dr. jur. Thomas Büttner<br />
Prof. Dr. med. Enno Freye<br />
Uwe Gröber<br />
Nuray Güler<br />
Günter Heenen<br />
Michael Hensoldt<br />
Kyra Hoffmann<br />
Sabrina Kloske<br />
Sascha Kauffmann<br />
Dr. Rebecca Störmer<br />
Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />
Prof. Klaus Weiler<br />
Grafik/Layout: Melanie Wanner<br />
Projektleitung: Sanela Cutura<br />
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Erscheinungsweise: 2 mal pro Jahr:<br />
Februar, September<br />
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und Gestaltung: Elite Magazinverlags GmbH und NEM e.V..<br />
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Hersteller und Distributoren von Nahrungs ergänzungsmitteln<br />
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Internet: www.nem-ev.de<br />
4<br />
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Ernährung / Prävention<br />
Arzneimittel und Mikro nährstoffe:<br />
Medikations orien tierte<br />
Supplementierung<br />
Die medikationsorientierte Supplementierung von Mikro nähr -<br />
stoffen kann im Gesundheitssystem einen wichtigen Beitrag<br />
leisten, die Arzneimitteltherapie für den Patienten als auch<br />
für die Kostenträger zu optimieren. Patienten sollten daher<br />
in der Arztpraxis und Apotheke über die potentiellen Wechselwirkungen<br />
der Medikation mit Mikronährstoffen informiert werden.<br />
Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber:<br />
Arzneimittel und Mikronährstoffe benutzen<br />
im Körper bei der Aufnahme, Verstoffwech selung<br />
und Ausscheidung (z. B. Urin, Fäces) die gleichen<br />
Stoffwechselwege. Zum Teil konkurrieren sie da bei um<br />
dieselben Enzyme (z. B. Cholesterin-Synthese-Enzym)<br />
und Transportsysteme. Das ist auch einer der Gründe<br />
warum bei regelmäßiger Einnahme von Arz nei mitteln<br />
das Risiko für arzneimittelbedingte Mikronährstoff mängel<br />
steigt. Eine langfristige Beeinträchtigung des Mikro -<br />
nähr stoffhaushaltes kann zu ausgeprägten Stoff wechsel<br />
störungen führen auf deren Boden sich zahl reiche<br />
Nebenwirkungen bis hin zu handfesten Zi vili sations -<br />
krankheiten (z. B. Osteoporose durch Kortison) entwickeln<br />
können. Die gezielte, d. h. auf die Medi ka tion abgestimmte<br />
Supplementierung von Mikronährstoffen<br />
kann nicht nur die pharmakotherapeutische Therapie<br />
durch die Reduktion von medikationsbedingten Nebenwirkungen<br />
verbessern, sondern auch einen wichtigen<br />
Beitrag dazu leisten, Arzneikosten im Gesundheitssystem<br />
zu senken.<br />
5
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Multimedikation im Alter<br />
Im Durchschnitt nehmen 65-Jährige und ältere Personen<br />
regelmäßig 2 bis 3, über 80-Jährige täglich 4 bis<br />
6 verschiedene Arzneimittel ein. Mit jedem zusätzlich<br />
eingenommenen Medikament steigt das Risiko für Arzneimittelbedingte<br />
Störungen des Mikronährstoff haushaltes.<br />
Eine Vielzahl von unerwünschten arzneimittelwirkungen<br />
(z. B. Appetitverlust, Mundtrockenheit, Ge -<br />
schmacksstörungen) kann die allgemeine Nahrungsaufnahme<br />
und damit die diätetische Versorgung mit Mikronährstoffen<br />
stören. Hinzu kommt, dass viele Arzneimittel<br />
von den Betroffenen mehrmals täglich eingenommen<br />
werden müssen. Allein die Menge der verschiedenen<br />
Kapseln, Tabletten und Dragees kann sich nachteilig<br />
auf den Appetit und die Nahrungsaufnahme auswirken.<br />
Multimorbide ältere Patienten mit einer hohen<br />
Medikamenteneinnahme sind daher von einer Unterversorgung<br />
mit Mikronährstoffen besonders bedroht.<br />
Tab. 1: Im Alter häufi g eingesetzte Arzneimittel, die zu Störungen<br />
des Mikronährstoffhaushaltes führen können.<br />
Arzneimittelgruppe<br />
Antazida<br />
und Säureblocker<br />
Antidiabetika,<br />
orale<br />
Arzneistoff<br />
Protonenpumpenhemmer<br />
(z. B. Omeprazol,<br />
Pantoprazol)<br />
Mangel an<br />
Vitamin B12,<br />
Magnesium,<br />
Calcium,<br />
Folsäure,<br />
Vitamin D<br />
Metformin Vitamin B12,<br />
Folsäure<br />
Antirheumatika Methotrexat Folsäure<br />
Glucocorticoide<br />
Prednisolon,<br />
Dexa methason,<br />
etc.<br />
Vitamin D,<br />
Calcium,<br />
Vitamin C<br />
Arzneimittelgruppe<br />
Diuretika<br />
Arzneistoff<br />
Thiazide<br />
(z. B. Hydrochlorothiazid)<br />
Schleifen diuretika<br />
(z. B.<br />
Furosemid)<br />
Mangel an<br />
Magnesium,<br />
Kalium,<br />
Folsäure,<br />
Vitamin B1, Zink<br />
Magnesium,<br />
Kalium, Zink,<br />
Folsäure,<br />
Vitamin B1<br />
Laxanzien Bisacodyl Kalium,<br />
Magnesium,<br />
Calcium,<br />
Folsäure<br />
Lipid- und<br />
Cholesterinsenker<br />
Statine (z. B.<br />
Simvastatin,<br />
Atorvastatin,<br />
Lovastatin)<br />
Coenzym Q10<br />
Im Folgenden werden einige Beispiele sehr häufi g<br />
eingesetzter Medikamente und die Störungen des Mikronährstoffhaushaltes<br />
vorgestellt. Ausführliche Informatio<br />
nen zu medikationsorientierten Mikronähr stoff-Supple<br />
mentierung fi nden Sie in den beiden neuen Büchern<br />
„Arzneimittel und Mikronährstoffe, 3. Aufl age, <strong>2014</strong>“<br />
sowie in dem Sachbuch „Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber“<br />
erschienen bei Wissenschaftlichen Verlags<br />
gesellschaft.<br />
Cholesterinsenker (Statine) erhöhen den Coenzym<br />
Q 10Bedarf<br />
Je nach Vorerkrankung und aktuellem Cholesterinwert<br />
werden Arzneimittel zur Blutfettsenkung eingesetzt.<br />
Darunter sind vor allem die Cholesterinsenker vom<br />
Statin-Typ – in der Fachsprache auch Statine genannt,<br />
zu nennen. Statine werden seit Jahren erfolgreich zur<br />
Senkung erhöhter Cholesterinspiegel eingesetzt, um<br />
einer Gefäßverkalkung vorzubeugen, die langfristig zu<br />
Herz infarkt oder Schlaganfall führen kann. Typische<br />
Vertreter dieser Arzneimittelgruppe sind Atorvastatin,<br />
Fluva statin, Lovastatin, Pravastatin, Rosuvastatin oder<br />
Sim vastatin.<br />
Bei gesunden Menschen mit Risikofaktoren für<br />
ei ne Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Übergewicht und<br />
Blut hochdruck sollten die Gesamt-Cholesterinwerte<br />
< 200 mg dl (5,2 mmol/l) und die LDL-Cholesterinwerte<br />
< 115 mg/dl (3,0 mmol/l) liegen. Bei Patienten<br />
mit Diabetes mellitus oder einer Herz- bzw. Gefäßerkrankung<br />
(z. B. Herzinfarkt, koronare Herzerkrankung)<br />
sollten das Gesamtcholesterin < 150 mg/dl<br />
(3,9 mmol/l) und das LDL-Cholesterin < 70 mg/dl<br />
(1,8 mmol/l) liegen.<br />
Statine wie Atorvastatin greifen in den Fettstoffwechsel<br />
des Körpers ein, der in der Folge weniger Cholesterin<br />
produziert. Durch Hemmung des Cholesterin-Synthese-<br />
6
Ernährung / Prävention<br />
Zellenergie umgewandelt. Ein statinbedingter Mangel<br />
an Coenzym Q10 kann sich durch Symptome wie Abgeschlagenheit,<br />
Antriebsschwäche, Muskelschwäche und<br />
Muskelschmerzen äußern. Auch die Hirnleistung und<br />
Funktion der Bauchspeicheldrüse wird durch eine Unterversorgung<br />
an diesem wichtigen Steuermann des<br />
Energiestoffwechsels in Mitleidenschaft gezogen.<br />
In aktuellen Studien an Patienten, die mit Statinen therapiert<br />
wurden konnte gezeigt werden, dass die begleitende<br />
Einnahme von Coenzym Q10 (100-300 mg pro<br />
Tag) nicht nur statinbedingte Störungen der Muskulatur<br />
(z. B. Muskelschmerzen) verringert, sondern auch treibende<br />
Faktoren der Arteriosklerose, wie Entzündungen<br />
und oxidativen Stress in den Gefäßen senkt. Bei Patienten<br />
mit Herzinsuffizienz konnte zudem durch die Kombination<br />
von täglich 200 µg Selen und 200 mg Coenzym<br />
Q10 die Herzmuskelleistung signifikant verbessert und<br />
die kardiovaskuläre Sterblichkeit reduziert werden. Selen<br />
und Coenzym Q10 unterstützen sich bei der Steuerung<br />
des zellulären Energiestoffwechsels und der Entgiftung<br />
reaktiver Sauerstoffspezies.<br />
Enzyms reduzieren Statine die Umwandlung des Ausgangsstoffes<br />
HMG-CoA zu Mevalonat, dem Grundbaustein<br />
für die Cholesterinsynthese im Körper. Dadurch<br />
werden die Cholesterin-Synthese und die Cholesterin-<br />
Blutspiegel effektiv gesenkt. Doch was auf der einen<br />
Seite für Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten gut<br />
ist, hat für den Haushalt essenzieller Mikronährstoffe<br />
auch Folgen. Eine unerwünschte Begleitwirkung der<br />
Statine ist die Hemmung der körpereigenen Coenzym<br />
Q10-Produktion. Cholesterin und Coenzym Q10 entstehen<br />
nämlich aus dem gemeinsamen Grundbaustein<br />
Mevalonat, der mit Hilfe des Cholesterin-Synthese Enzyms<br />
aus dem Ausgangsstoff HMG-CoA gebildet wird.<br />
Da Statine wie Simvastatin oder Atorvastatin die Cholesterin-Synthese<br />
über eine Blockade des Cholesterin-<br />
Synthese-Enzyms hemmen, wird dadurch auch die Produktion<br />
des lebensnotwendigen Mikronährstoffs Co enzym<br />
Q10 unterbunden. Die Störung des Coenzym Q10-<br />
Haushaltes durch Statine ist in einer Reihe von klinischen<br />
Studien eindeutig nachgewiesen worden.<br />
Coenzym Q10 spielt eine zentrale Rolle bei der Energiegewinnung<br />
in den Kraftwerken unserer Zellen, den so<br />
genannten Mitochondrien. In den Mitochondrien wird<br />
nämlich mit Hilfe von Coenzym Q10 Nahrungsenergie in<br />
Herz-Kreislauf-Patienten und Diabetiker, die mit<br />
Sta tinen behandelt werden, sollten regelmäßig Coen<br />
zym Q10 (z. B. 200 mg pro Tag) einnehmen, um einem<br />
statinbedingten Mangel an Coenzym Q10 vorzubeugen<br />
und den kardiovaskulären Energie stoffwechsel<br />
zu unterstützen. Auch eine Kombination mit<br />
dem Spurenelement Selen (z. B. 200 µg pro Tag)<br />
kann em p fohlen werden.<br />
Eine Mangel an Vitamin D (25-OH-D < 20 ng/ml)<br />
scheint auch die Entwicklung von Muskelschmerzen und<br />
anderen muskuläre Störungen, die häufig unter einer<br />
Therapie mit Cholesterinsenkern von Statin-Typ auftreten,<br />
zu begünstigen. In einer aktuellen Studie an 150<br />
Pa tienten mit Hypercholesterinämie musste die Therapie<br />
mit Statinen aufgrund von Muskelschmerzen und<br />
anderen Unverträglichkeiten (Statinintoleranz) abgebrochen<br />
werden. Eine labormedizinische Kontrolle des<br />
Vitamin D-Status bei den betroffenen Patienten zeigte<br />
eine mangelhafte Versorgung mit Vitamin D. Durch die<br />
wöchentliche Gabe von 2 x 50.000 I.E. Vitamin D für<br />
drei Wochen wurde der Vitamin D-Status deutlich verbessert<br />
(25-OH-D: 21 ng/ml 40 ng/ml). Nach der Auffüllung<br />
des Vitamin D-Status wurde die Statintherapie<br />
nach drei Wochen wieder fortgeführt. Nahezu 90 % der<br />
Patienten, die anfangs das Statin aufgrund von Unverträglichkeiten<br />
absetzen mussten konnte nun die Therapie mit<br />
den Cholesterinsenkern ohne unerwünschte Wirkungen<br />
auf die Muskulatur fortführen. Neben den Statinen wurde<br />
die Einnahme von Vitamin D mit 50.000 I.E. Vi tamin<br />
D pro Woche beibehalten. Die LDL-Cholesterinwerte<br />
sanken unter der Kombination des Statins mit Vita min<br />
D durchschnittlich von 146 mg/dl auf 95 mg/dl.<br />
7
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder<br />
Diabetiker sollten in jedem Fall ihren Vitamin<br />
D-Status (25-OH-D) beim Hausarzt kontrollieren<br />
lassen, insbesondere bei einer Therapie mit Statinen.<br />
Der normale Vitamin D-Status sollte anhand<br />
der 25-OH-D-Werte zwischen 40 bis 60 ng/ml liegen.<br />
Ein gesunder Mensch benötigt für einen normalen<br />
Vi tamin D-Status regelmäßig 40-60 I.E. Vitamin<br />
D pro Kg Körpergewicht pro Tag.<br />
Säureblocker<br />
Nach den Cholesterinsenkern vom Statin-Typ zählen<br />
die magensäureblockierenden Arzneimittel, allgemein<br />
auch als Protonenpumpenhemmer bezeichnet zu den<br />
weltweit am häufi gsten verordneten Medikamenten.<br />
Allein in Deutschland werden fast eine Milliarde Euro<br />
pro Jahr mit Protonenpumpenhemmern umgesetzt, welt -<br />
weit mittlerweile über 14 Milliarden Euro. Die Verordnungshäufi<br />
gkeit hat sich zwischen 1997 und 2006 mit<br />
200 Millionen Tagesdosen auf 1163 Millionen Tagesdosen<br />
versechsfacht, ohne dass es dafür eine Erklärung<br />
durch Zunahme der entsprechenden Krankheiten gibt.<br />
Zu den wichtigsten Vertretern dieser Arzneimittelgruppe<br />
zählen Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, Esomeprazol<br />
und Rabeprazol.<br />
Protonenpumpemhemmer (PPI) werden vor allem bei<br />
Refl uxösophagitis, die zu ausgeprägtem Sodbrennen<br />
durch aufsteigende Magensäure führt, in der Therapie<br />
von Magen- und Zwölffi ngerdarmgeschwüren sowie in<br />
der Eradikationstherapie von Infektionen mit Helicobacter<br />
pylori eingesetzt. Das stäbchenförmige Bakterium<br />
Helicobacter pylori ist maßgeblich an der Entstehung<br />
von Magenschleimhautschäden und Geschwüren<br />
im oberen Magen-Darm-Trakt beteiligt. Außerdem ist<br />
eine Helicobacter-pylori-Infektion mit einem erhöhten<br />
Risiko verbunden, an Magenkrebs oder Lymphdrüsenkrebs<br />
im Magen zu erkranken. Die Helicobacter-pylori-<br />
Eradikation ist eine medikamentöse Therapie zur möglichst<br />
vollständigen Beseitigung des Bakteriums Helicobacter<br />
pylori bei infi zierten Personen (Eradikation: Beseitigung).<br />
Zusätzlich werden PPI immer häufi ger begleitend<br />
zu Schmerzmitteln wie Ibuprofen und Diclofenac<br />
verordnet, um die Magenschleimhaut zu schützen<br />
und der Entwicklung von Magengeschwüren vorzubeugen.<br />
Seit einigen Jahren sind Omeprazol- und Pantoprazolhaltige<br />
Arzneimittel auch rezeptfrei für die Selbstmedikation<br />
von Sodbrennen und saurem Aufstoßen in der<br />
Apotheke erhältlich. Aber rezeptfrei bedeutet grundsätzlich<br />
nicht nebenwirkungsfrei!<br />
PPI zählen zu den effektivsten Arzneistoffen bei der<br />
Hemmung der Magensäurebildung. Daher sind PPI bei<br />
der Therapie von Säurebedingten Erkrankungen des<br />
Magen-Darm-Traktes Mittel der ersten Wahl. Die Wir-<br />
kung der PPI beruht darauf, dass sie ein Enzym (Protonenpumpe)<br />
in den Zellen der Magenschleimhaut langfristig<br />
blockieren, welches die Magensäure in den Magen<br />
pumpt. Dadurch wird die Magensäureproduktion<br />
verringert („die Säure geblockt“) und der pH-Wert im<br />
Magen bis zu 24 Stunden lang angehoben, d. h. der Magensaft<br />
ist „weniger sauer“. Doch was auf der einen<br />
Seite für die betroffenen Patienten gut ist, hat für den<br />
Haushalt essenzieller Mikronährstoffe wie zum Beispiel<br />
Vitamin B12, Magnesium und Calcium schwere Folgen.<br />
Bei langfristiger Einnahme von Säureblocker wie Omeprazol<br />
oder Pantoprazol können sich Störungen im Calcium-<br />
und Knochenstoffwechsel entwickeln, vor allem<br />
aber kann ein Mangel an Vitamin B12 auftreten. Die<br />
Magensäure ist nämlich für die Aufnahme von Vitamin<br />
B12 aus Lebensmitteln – beispielsweise aus Fleisch,<br />
Fisch, Eiern oder Milch – notwendig, da das an Eiweiße<br />
in der Nahrung gebundene Vitamin B12 mithilfe der<br />
Säure freigesetzt werden muss. Das freigesetzte Vitamin<br />
B12 wird danach an einen im sauren Magensaft<br />
gebildeten Transportfaktor, auch Intrinsic Factor genannt,<br />
gebunden. Der so gebildete Komplex aus Vitamin<br />
B12 und Intrinsic facor wird danach Calcium abhängig<br />
über die Dünndarmschleimhaut ins Blut aufgenommen.<br />
Dieser Prozess wird durch Omeprazol und<br />
andere PPI, aber auch durch das Diabetesmittel Metformin<br />
gehemmt und mündet langfristig in einem Vitamin<br />
B12-Mangel. Auf diese Weise wird die zu 99 % aktive<br />
und pH-abhängige Vitamin B12-Aufnahme aus der<br />
Ernährung gehemmt. Daneben können durch die Hemmung<br />
der Magensäureproduktion auch Magen-Darm-<br />
Infektionen mit pathogenen Bakterien (z. B. Clostridien,<br />
Yersinien) auftreten, weil diese Keime im nicht mehr so<br />
sauren Magen überleben. Yersinien sind beispielsweise<br />
in der Lage Vitamin B12 (Cobalamin) in nicht mehr für<br />
den Körper verfügbare Cobalamide umzuwandeln.<br />
Vitamin B12 ist wichtig für die Bildung der roten Blutkörperchen<br />
und die reibungslose Funktion unseres<br />
Nervensystems. Für die Bildung der die Nervenfasern<br />
umgebenden Schutzhülle (Myelinscheiden) ist Vitamin<br />
B12 unerlässlich. Eine Unterversorgung mit diesem<br />
Nervenvitamin kann sich durch Symptome wie Abgeschlagenheit,<br />
Gedächtnisschwäche, Hirnatrophie, depressive<br />
Verstimmungen oder Nervenstörungen (z. B.<br />
Ameisenlaufen oder Kribbeln in den Füßen) äußern. Bereits<br />
eine leichte Unterversorgung mit Vitamin B12 kann<br />
aktuellen Studien zufolge bei älteren Personen das Risiko<br />
für eine Hirnatrophie („Gehirnschwund“: Anzeichen<br />
für die Entwicklung einer Demenz), um das 6-fache steigern.<br />
Als Zeichen eines leichten Vitamin B12-Mangels<br />
kann auch der Homocysteinspiegel im Blutplasma auf<br />
über ≥ 10 µmol/l ansteigen. Homocystein ist ein eigenständiger<br />
Risikofaktor für Demenz, Schlaganfall und<br />
Osteoporose.<br />
8
Anzeige /<br />
Helicobacter pylori<br />
Wer langfristig mit einem PPI behandelt wird sollte täglich<br />
500 bis 2000 µg Vitamin B12 ergänzen und am besten<br />
seinen Vitamin B12-Status anhand aussagekräftiger<br />
Blutparameter wie das Holo-Transcobalamin oder die<br />
Methylmalonsäure beim Arzt kontrollieren lassen. Initial<br />
kann es notwendig sein, dass der Arzt auch Vitamin<br />
B12 intramuskulär spritzt (z. B. 1- 2 mg, 1- 4 x/Monat).<br />
Auch die Aufnahme und Verwertung von Magnesium<br />
wird durch PPI erheblich gestört. Der größte Anteil des<br />
Magnesiums wird im Körper im Knochen gespeichert.<br />
Ein Magnesiumangel kann zu einem Calciummangel<br />
führen, da Magnesium unter anderem für die Aktivierung<br />
von Vitamin D verantwortlich ist. Im schlimmsten<br />
Fall kann sich die schwerste Form eines Magnesiummangels,<br />
eine Hypomagnesiämie, entwickeln mit der<br />
Folge von starken Muskelverspannungen, -zuckungen<br />
und/oder -zittern. Neben der Störung der pH-abhängigen<br />
Magnesiumaufnahme dürften auch Störungen<br />
der Nierenfunktion am PPI-bedingten<br />
Ma g nesiummangel beteiligt sein.<br />
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<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Diuretika<br />
Für die medikamentöse Therapie des Bluthochdrucks steht heute, der komplexen<br />
Blutdruckregulation entsprechend, eine große Zahl von Arzneistoffen mit vielfältigen<br />
Angriffspunkten zur Verfügung. Zu den eingesetzten Medikamenten zählen vor allem<br />
Diuretika, Betablocker, ACE-Hemmer, AT1-Rezeptor-Antagonisten und Calcium-Antagonisten.<br />
Diuretika, auch Wassertabletten genannt, steigern die Ausscheidung von<br />
Salz und Wasser und wirken daher harntreibend. Die Blutfl üssigkeitsmenge nimmt<br />
dadurch ab, die Gefäßwände werden erweitert und dadurch der Blutdruck gesenkt.<br />
Gängige Arzneistoffe dieser Substanzklasse sind zum Beispiel Hydrochlorothiazid<br />
(HCT) und Indapamid.<br />
Die in der Bluthochdrucktherapie eingesetzten Diuretika, harntreibenden Medikamente<br />
wie Hydrochlorothiazid, steigern den Magnesiumverlust mit dem Urin und<br />
erhöhen dadurch den Magnesiumbedarf. In der Folge kann sich ein Magnesiummangel<br />
entwickeln. Da Magnesium für die Steuerung des Insulinstoffwechsels wichtig<br />
ist können Diuretika den Zucker- und Fettstoffwechsel bis hin zur Entstehung eines<br />
Typ-2-Diabetes verschlechtern.<br />
Magnesium gibt als Herzschrittmacher dem Herzen Kraft und Rhythmus. Dabei reguliert<br />
es unter anderem die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels und schirmt das Herz<br />
vor einer übermäßigen Stressbelastung ab. Einer zu schnellen Erschöpfung der zellulären<br />
Energiedepots sowie der blutdruckregulierenden Elektrolyte wie Kalium beugt<br />
Magnesium vor. Eine erhöhte Calciumaktivität in der Gefäßzelle spielt bei der Entwicklung<br />
des Bluthochdrucks eine wichtige Rolle. Als Calciumantagonist wirkt Magnesium<br />
einer Überladung der Gefäßzellen mit Calcium entgegen und fördert die Bildung<br />
gefäßerweiternder Substanzen.<br />
Uwe Gröber<br />
Apotheker<br />
Akademie für Mikronährstoffmedizin,<br />
Essen<br />
www.mikronaehrstoff.de<br />
Magnesiummangel begünstigt die Entstehung eines Bluthochdrucks. Betroffene Patienten<br />
weisen häufi g erniedrigte Magnesiumspiegel im Blutserum auf (< 0,8 mmol/l).<br />
Die regelmäßige Einnahme von Magnesium (z. B. 600 mg pro Tag) senkt den systolischen<br />
und diastolischen Blutdruck, wie eine Metaanalyse zeigt. Dabei ist der blutdrucksenkende<br />
Effekt von Magnesium dosisabhängig. Mit jeder Zunahme der täglichen<br />
Magnesiumdosis um 10 mmol (= 240 mg Magnesium) sinkt der systolische<br />
Blutdruck um 4,3 mm Hg und der diastolische Blutdruck um 2,3 mm Hg.<br />
Patienten mit Bluthochdruck sollten regelmäßig Magnesium (z. B. 600 mg Magnesium<br />
pro Tag) einnehmen. Organische Magnesiumsalze wie Magnesiumcitrat, -orotat<br />
oder -aspartat werden gut vom Körper verwertet. Die Gesamttagesdosis sollte<br />
aufgrund besserer Verträglichkeit auf 3 Einzeldosen verteilt werden (z. B. 3 x 200 mg<br />
Magnesium pro Tag). Bei konsequenter Einnahme ist es sogar möglich den Bedarf<br />
an blutdrucksenkenden Medikamenten zu verringern. Der Vitamin D-Status sollte<br />
in jedem Fall 1 bis 2 x im Jahr beim Arzt kontrolliert werden. In Abhängigkeit vom<br />
Körpergewicht sollten Patienten mit Bluthochdruck für einen guten 25-OH-D-Status<br />
(optimal: 40 - 60 ng/ml) täglich 40 - 60 I.E. Vitamin D3 pro kg Körpergewicht<br />
einnehmen (Bsp.: Körpergewicht von 60 kg: 2.400-3.600 I.E. Vitamin D3 pro Tag).<br />
Literatur:<br />
Gröber U., Kisters K., Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber. Was Ihr Arzt und Apotheker<br />
Ihnen sagen sollte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2015<br />
Gröber U., Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung.<br />
3. Aufl age, 501 S., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, <strong>2014</strong>.<br />
10
Arznei-/Gewürzpflanzen<br />
Ernährung / Prävention<br />
Der ökologische Anbau<br />
von Gewürzpflanzen in Deutschland<br />
– eine Nische mit Potential<br />
Der ökologische Anbau von Kräutern, Gewürz- und Teepflanzen<br />
findet weitgehend in spezialisierten landwirtschaftlichen oder<br />
gartenbaulichen Betrieben mit Sonderkulturen oder Freiland ge müse<br />
statt. Die Anbaupalette reicht von den klassischen Küchenkräutern,<br />
wie Petersilie, Dill und Schnittlauch, bis hin zu fein aromatischen<br />
Gewürzen aus ursprünglich mediterranen Ländern (Oregano,<br />
Ros marin, Thymian). Die Anbaufläche wird auf ca. 850 ha geschätzt.<br />
Zu den wichtigen Anbauregionen zählen Hessen (Hessisches Ried)<br />
und Bayern (Franken).<br />
Die frischen Kräuter werden entweder gebündelt,<br />
lose, teilweise auch portioniert<br />
ver marktet oder frisch verarbeitet (Pesto, Frischpflanzenpresssäfte).<br />
In den letzten Jahren hat sich ein wachsender<br />
Markt für fertig portionierte frische Kräuter in Gastroschalen<br />
oder Fließbeuteln entwickelt – teilweise in<br />
Kombination mit essbaren Blütenmischungen. Frische<br />
Gewürzpflanzen werden auch in größeren Mengen<br />
in Frostereien zu Tiefkühlware verarbeitet. Die größte<br />
Marktbedeutung kommt allerdings den ge trockneten<br />
Kräutern zu, die im Lebensmittelbereich als Gewürze,<br />
Lebensmitteltees oder Health Food angeboten werden.<br />
11
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Für alle Produkte im Lebensmittelbereich ist eine Auslobung<br />
der ökologischen Produktionsweise mit dem<br />
EU-Bio-Siegel möglich. Circa 10 % der Anbaufl äche mit<br />
Arznei- und Gewürzpfl anzen werden ökologisch bewirtschaftet.<br />
Von den hierzulande produzierten Arznei- und<br />
Gewürzpfl anzen gehen 50 % in den Lebensmittelsektor,<br />
die andere Hälfte in die Arzneimittelproduktion. Ausgestattet<br />
mit hohen Qualitäten und einer guten Anbaudokumentation,<br />
bietet der ökologische Kräuteranbau mit t -<br />
lerweile eine große Produktpalette an.<br />
Ökologische produzierte Kräuter und Gewürze aus<br />
Deutschland sind teuer in der Produktion und in der Regel,<br />
wegen des hohen Pfl egeaufwands, schon auf dem<br />
Acker im Verkaufspreis doppelt so hoch wie die konventionellen<br />
Kräuter. Obwohl die Verkaufspreise für den<br />
Produzenten relativ hoch sind, entscheiden sich nur<br />
wenige Landwirte in diese doch sehr risikohaften Anbau<br />
einzusteigen und ziehen die Gemüse- bzw. Getreideproduktion<br />
vor. Die Folge ist, dass vor allem getrocknete<br />
Kräuter und Gewürze immer noch stark nachgefragt<br />
werden und der Markt nicht komplett bedient werden<br />
kann. Im Erntejahr 2013 gab es zum Beispiel eine Verknappung<br />
an ökologisch erzeugter Petersilie, Dill, Estragon,<br />
Majoran und Fenchel, wobei auch für <strong>2014</strong> eher<br />
mit einer verhaltenen Ausweitung zu rechnen ist und<br />
immer noch Anbauer gesucht werden.<br />
Die Qualitätsrichtlinien von Bio-Kräutern sind gegenüber<br />
konventionellen Produkten hinsichtlich Farbe, Sensorik<br />
und Mikrobiologie gleichwertig, hinsichtlich von<br />
Pfl anzenschutzmittelrückständen und anderen wertmindernden<br />
Substanzen wesentlich restriktiver.<br />
Deutschland ist der aufnahmebereiteste Markt für die<br />
Bio-Kräuter, daneben gibt es gute Absatzkanäle in die<br />
Schweiz, nach Österreich, Frankreich oder seit einigen<br />
Jahren auch die USA. Gerade in den Vereinigten Staaten<br />
ist das Qualitätsbewusstsein sehr stark gewachsen,<br />
so dass die Nachfrage nach deutschen Produkten entsprechend<br />
gestiegen ist. Der Anteil an Bio-Kräutern und<br />
Gewürzen ist in Deutschland am Gesamtsortiment eher<br />
gering und nur ein Bruchteil der gesamten Verbrauchs<br />
in Deutschland. Aufgrund der höheren Preise werden<br />
Bio-Gewürze mehr oder minder ein Nischen dasein behalten<br />
und der Anteil an der gesamten Produktion sich<br />
auf einen Pegel von 5 -7 % einspielen.<br />
Der ökologische Landbau versteht sich als ein nachhaltiges<br />
Gesamtkonzept mit möglichst geschlossenen Betriebskreisläufen<br />
ohne Zufuhr synthetischer Nährstoffe<br />
oder chemischer Pfl anzenschutzmittel, in dem umweltverträglich<br />
produziert wird. Seit ca. 30 Jahren werden<br />
Kräuter und Gewürze hierzulande unter den Aspekten<br />
ei ner ökologischen Landbewirtschaftung produziert.<br />
Der Preisdruck ausländischer getrockneter Ware ist<br />
enorm. Aus diesem Grund ist in den letzten Jahren eine<br />
in tensive Professionalisierung des Anbaus zu beobachten.<br />
Was einst mit kleinstrukturierten Betrieben begann,<br />
hat sich nun zu einer großen Vielfalt an landwirtschaftlichen<br />
und gartenbaulichen Betrieben entwickelt.<br />
Ausgestattet mit Spezialtechnik und großem Know-<br />
How werden Gewürzpfl anzen kleinfl ächig oder auf mehreren<br />
Hektaren kultiviert. Um den Anforderungen dieser<br />
Sonderkulturen gerecht zu werden, muss die vorhandene<br />
Landtechnik oftmals den speziellen Bedürfnissen<br />
der Kräuterproduktion angepasst werden. Hier ist<br />
Erfi ndergeist gefragt! Die gängige Drilltechnik orientiert<br />
sich beispielsweise an ackerbaulichen Kulturen wie<br />
Weizen und ist auf eine Tausendkornmasse der Samen<br />
von Weizensamen von 50 g ausgelegt. 1000 Kamillesamen<br />
wiegen jedoch lediglich 0,05 bis 0,1 g. Viele Gewürze<br />
und Kräuter müssen deshalb mit spezieller Technik<br />
oder mit umgebauten Maschinen gesät werden.<br />
Besonders markant sind die Unterschiede zwischen der<br />
konventionellen oder integrierten Produktion zu der<br />
ökologischen Anbauweise im Bereich der Nährstoffversorgung<br />
und des Pfl anzenschutzes. Chemische Pestizide<br />
mit zuverlässigen Wirksamkeiten sind im ökologischen<br />
Anbau verboten. Allerdings bringt das Auftreten<br />
von Krankheiten und Schädlingen massive Probleme<br />
mit sich. Pilzliche Schaderreger, wie beispielsweise der<br />
Falsche Mehltau (Plasmopara crustosa) an Petersilie<br />
führen zu hohen Ertragseinbußen. Diese samenübertragbare<br />
Krankheit führt innerhalb kürzester Zeit zum<br />
Absterben der Petersilienpfl anzen. Während im konventionellen<br />
Bereich mit Fungiziden befallsverzögernde<br />
Maßnahmen durchgeführt werden können, bleibt in der<br />
ökologischen Produktion allein die Optimierung der<br />
Kulturführung und die Auswahl geeigneter Sorten. Das<br />
Kulturrisiko ist im Vergleich zum normalen Gemüseund<br />
Ackerbau hoch.<br />
Die Unkrautregulierung ist ein erheblicher Kostenfaktor<br />
in der ökologischen Produktion. Wo im konventionellen<br />
12
Arznei-/Gewürzpflanzen<br />
Anbau Herbizide eingesetzt werden können, kann der<br />
ökologisch produzierende Landwirt nur mechanisch,<br />
thermisch und über eine intelligente Kulturführung Erfolge<br />
erreichen. Das erfordert eine hohe Bereitschaft<br />
sich mit der im Betrieb vorhandenen Beikrautfl ora, auseinander<br />
zu setzen und über Fruchtfolge, passende Anbausysteme<br />
und direkte Bekämpfungsmaßnahmen regulierend<br />
einzugreifen. Der maschinelle Aufwand ist<br />
hoch und der Einsatz von Handarbeit auf dem Feld beläuft<br />
sich nicht selten auf mehr als 200 Arbeitskraftstunden/ha.<br />
Außer bei Frischware muss nach der Ernte der Pfl anzen<br />
vom Acker eine, das Produkt schonende technische<br />
Trocknung erfolgen. Dafür werden großtechnische Anlagen<br />
genutzt, die kontinuierlich (Bandtrockner) oder<br />
diskontinuierlich (Flächentrockner) die Rohware bis auf<br />
eine Endfeuchte von circa 10 % trocknen. Auch im Bereich<br />
der Nacherntebehandlung sind die betriebsspezifi<br />
schen Lösungen sehr unterschiedlich.<br />
Leistungsstarke Bandtrockner, die bei der Küchenkräuterproduktion<br />
in der Regel mit hohen Temperaturen gefahren<br />
werden, ermöglichen neben einer hohen Durchgangsleistung<br />
eine Keimreduzierung im Trockengut,<br />
was besonders in der Lebensmittelindustrie kein unerhebliches<br />
Qualitätskriterium darstellt. Trocknungen bei<br />
30°C sind wesentlich inhaltsstoff- und damit produktschonender.<br />
Die Sensorik des Produkts gerät aber<br />
oft in Konfl ikt mit den mikrobiellen Anforderungen der<br />
Industrie, so dass nur noch eine anschließende Entkeimung<br />
Abhilfe schaffen kann.<br />
Mittels modernster Maschinentechnik können die Kräuter<br />
geschnitten, gerebelt, gesiebt, sortiert und schließlich<br />
abgepackt werden. Empfi ndliche Metall detektoren<br />
verhindern, dass im fertigen Produkt keine unerwünschten<br />
Fremdbestandteile zu fi nden sind. Die<br />
kühlen, trockenen und dunklen Lagerräume bewirken,<br />
dass die Produkte auch noch nach längerer Zeit ihre<br />
Qualität erhalten.<br />
In der konventionellen und ökologischen Anbaupraxis<br />
werden die Richtlinien der Guten Landwirtschaftlichen<br />
Praxis (GAP) umgesetzt. Alle Ökobetriebe müssen die<br />
Grundstandards der aktuellen EU-Bio-Verordnung erfüllen.<br />
Über 70 % dieser Betriebe haben sich darüber<br />
hinausgehend einem Anbauverband (Bioland, Demeter,<br />
Naturland oder anderen) angeschlossen und erfüllen<br />
damit noch strengere Richtlinien. Weitergehende Zertifi<br />
zierungen (z. B. ISO) sind im ökologischen Bereich bislang<br />
selten anzutreffen.<br />
Die Produktpalette und die erzeugten Qualitäten sind<br />
bei konventioneller und ökologischer Ware nahezu identisch.<br />
Pfl anzenschutzmittelrückstände stellen auch in<br />
ökologisch produzierter Ware aufgrund der Abdriften<br />
von konventionell behandelten Nachbarfl ächen gelegentlich<br />
Probleme dar.<br />
Mit dem steigenden Pachtpreisniveau haben derzeit<br />
alle Landwirte zu kämpfen. Kommen dann noch hohe<br />
Produktionskosten hinzu, beispielsweise durch steigende<br />
Energie- und Dieselpreise sowie Personalkosten, ist<br />
je nach Kultur eine ökonomisch rentable Produktion in<br />
Deutschland kaum möglich. Was dann als positiver Nutzen<br />
des Anbaus von Arznei- und Gewürzpfl anzen bleibt<br />
ist ein Beitrag zur Artenvielfalt. Eine höhere Wertschätzung<br />
einheimisch produzierter Kräuter könnte helfen,<br />
den Anbau von Arznei- und Gewürzpfl anzen in Deutschland<br />
gegenüber herkömmlichen Ackerbaukulturen konkurrenzfähiger<br />
zu gestalten.<br />
Die besonderen Stärken der heimischen Produktion liegen<br />
in der Nähe zum Verarbeiter und Abnehmer – bei<br />
empfi ndlichen oder frisch verarbeiteten Kulturen ein<br />
entscheidender Standortvorteil. Moderne Aufbereitungsformen,<br />
wie beispielsweise Gewürzgranulate bringen<br />
zudem eine interessante Wertschöpfung für hei mische<br />
Produkte. Durch den hohen Standard der Anbau dokumentation<br />
schaffen es zudem viele Betriebe die Qualität<br />
ihrer Produkte vom Weltmarkt positiv abzusetzen<br />
und damit den Markt mit Gewürzen und Kräutern aus<br />
heimischer, ökologischer Landwirtschaft zu beliefern.<br />
Von Interesse sind zudem zuverlässige, langjährige Partnerschaften<br />
zwischen Anbaubetrieben und Händlern,<br />
be ziehungsweise Weiterverarbeitern vor Ort.<br />
Ina Aedtner<br />
Geschäftsstelle Ökoplant e.V.<br />
www.oekoplant-ev.de<br />
Dr. Erika Schubert<br />
Agrimed Hessen w.V.<br />
www.agrimed.de<br />
Hanna Blum<br />
Geschäftsstelle<br />
Ökoplant e.V.<br />
13
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Vitamin B1 (Thiamin):<br />
Das Nervenvitamin<br />
Von den B-Vitaminen wurde Thiamin als erstes entdeckt. Bereits<br />
1630 wurden die Symptome der später Beri-Beri genannten Krankheit,<br />
die in Ostasien und Japan viele Tausend Tote forderte, klar<br />
be schrieben. Doch erst 250 Jahre später erkannte man den Zusammenhang<br />
mit dem Verzehr polier ten Reises als Hauptnahrungsquelle.<br />
Nach Isolierung des Beriberi-Schutzstoffes aus Reisschalen<br />
und Benennung des Vitamins als Aneurin im Jahre 1926, erfolgte<br />
im Jahre 1936 die Strukturaufklärung und Synthese des Vitamins B1.<br />
Chemische Struktur: Thiamin besteht aus<br />
einem Thiazolring und einem Pyrimidinring,<br />
die über eine Methylgruppe miteinander verbundenen<br />
sind. Die Bezeichnung Thiamin leitet sich von<br />
diesen organischen Ringstrukturen ab.<br />
Vorkommen in Lebensmitteln<br />
Thiamin kommt sowohl in tierischen wie auch in pflanzlichen<br />
Lebensmitteln vor, allerdings nur in geringen Mengen.<br />
Gute Vitamin B1-Lieferanten sind Bierhefe, Muskelfleisch<br />
(besonders Schweinefleisch) und Vollkorn.<br />
Vitamin B1 reagiert empfindlich auf Hitze, UV-Strahlen<br />
und Sauerstoff. Der Gehalt in Lebensmitteln kann also<br />
je nach Lagerung und Zubereitung schwanken. Der<br />
Mittelwert für die Zubereitungsverluste von Lebensmitteln<br />
bei schonender Zubereitung beträgt ca. 30 %.<br />
Welche Funktionen erfüllt Vitamin B1<br />
im Körper?<br />
Thiamin wird für die Synthese des Neurotransmitters<br />
Acetylcholin benötigt, für den Nervenstoffwechsel und<br />
Erhalt des Nervengewebes, für den Herzmuskel und<br />
normales Körperwachstum. Es ist an der Reizleitung<br />
und –übertragung von Nervenimpulsen sowie am Neurotransmitterstoffwechsel<br />
beteiligt.<br />
Energiestoffwechsel: Vitamin B1 ist in seiner aktiven<br />
Form Thiaminpyrophosphat, Coenzym der Enzyme Pyruvat-Dehydrogenase<br />
und Alpha-Ketoglutarat-Dehydrogenase.<br />
Daher hat Thiamin eine wichtige Funktion bei<br />
der Energieproduktion im Citratzyklus.<br />
Auch an der Kohlenhydratverwertung ist Thiamin, als<br />
Coenzym der Transketolase – einem Enzym des Pentosephosphatwegs<br />
– beteiligt.<br />
Proteinstoffwechsel: Thiamin ist am Stoffwechsel der<br />
Aminosäuren und der Kollagensynthese beteiligt. Ein<br />
Mangel vermindert die Produktion von Kollagen und<br />
ver schlechtert die Wundheilung.<br />
Nervensystem: Thiamin ist unabdingbar für den Stoffwechsel<br />
der im Gehirn wichtigen Neurotransmitter,<br />
einschließlich Acetylcholin und Serotonin. Vitamin B1<br />
befindet sich in den Zellwänden der Nervenstränge und<br />
nimmt daher an der Übermittlung von Nervenimpul -<br />
sen teil.<br />
Vitamin B1-Mangel<br />
Aufgrund geringer Körperspeicher (ca. 30 mg) und kurzer<br />
Speicherzeit, ist eine regelmäßige Thiaminzu fuhr<br />
mit der Nahrung besonders wichtig. In den Entwicklungsländern<br />
ist eine inadäquate Aufnahme Hauptursache<br />
für einen Thiaminmangel (hohe Kohlenhydratzufuhr<br />
in Form von poliertem Reis und gestillte Säuglinge von<br />
Müttern mit Thiaminmangel). In den Industrieländern<br />
tritt ein klinischer Mangel insbesondere als Folge des<br />
chronischen Alkoholismus auf. Viele Menschen haben<br />
jedoch durch eine einseitige Ernährung und/oder einen<br />
erhöhten Bedarf einen leichten Vitamin B1-Mangel.<br />
14
Ernährung / Prävention<br />
Die Symptome dieses subklinischen Mangels sind eher<br />
unspezifisch und können sich in Müdigkeit, Kopfschmerzen<br />
und beeinträchtigter Reproduktivität äußern.<br />
Mangelerscheinungen:<br />
• Gehirn: Lern- und Gedächtnisstörungen, schwankender<br />
Gang, Verwirrtheitszustände, häufige Kopfschmerzen,<br />
unkontrollierte Augenbewegungen<br />
• Herz-Kreislaufsystem: Herzklopfen, Ödeme, Herzversagen,<br />
Herzvergrößerung, Kurzatmigkeit, niedriger<br />
Blutdruck<br />
• Immunsystem: Verringerte Produktion von Antikörpern<br />
bei Infektionen<br />
• Muskeln: Schwache Muskulatur (besonders in den<br />
Waden), allgemeine Schwäche, Muskelschmerzen<br />
• Nerven: Gefühl, Bewegungsfähigkeit und Reflexe in<br />
Ar men und Beinen verschlechtern sich; Schlafstörungen<br />
• Psyche: Reizbarkeit, Depressionen, geistige Trägheit,<br />
Streitsucht<br />
• Stoffwechsel: Gestörte Energieproduktion und Müdigkeit;<br />
gestörte Proteinsynthese und damit verzögerte<br />
Wundheilung; Appetitverlust, Verdauungsstörungen,<br />
Verstopfung, Gewichtsverlust<br />
Ein schwerer, anhaltender Thiaminmangel führt zum<br />
Krankheitsbild der Beri Beri. Betroffen sind insbesondere<br />
das Herz-Kreislauf-System (Herzhypertrophie und –<br />
dilatation, Tachykardie, Atemnot und Ödeme in den<br />
Beinen) und das Nervensystem (Polyneuritis, Mus kelschwäche/-schmerzen<br />
bzw. Krämpfe).<br />
Unterteilt wird diese Avitaminose in die trockene (periphere<br />
Neuropathie), nasse (Ödeme, Tachykardie) und<br />
zerebrale Form (Wernicke-Syndrom). Die Wernicke-Enzephalopathie<br />
(Ataxie, Psychose, Verwirrung und Koma)<br />
bzw. Korsakoff-Psychose (Amnesie) sind typische Folgen<br />
des Alkoholismus.<br />
Täglicher Bedarf an Thiamin<br />
Laut der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)<br />
sollten dem Körper täglich etwa 1,3 mg Vitamin B1 zugeführt<br />
werden.<br />
Erhöhter Bedarf u. a. bei:<br />
Alter, Alzheimer, Depressionen, Diabetes mellitus, entzündlichen<br />
Darmerkrankungen, Fieber, Folsäuremangel,<br />
hoher Alkoholkonsum, Krebs, Lebererkrankungen,<br />
Magnesiummangel, Malaria, Medikamenten (Pille, Antazida,<br />
Antiepileptika, Neuroleptika), Multiple Sklerose,<br />
Nervenentzündungen, hohem Kaffee- oder Schwarzteekonsum,<br />
starkem Weißmehl- und Süßigkeitenverzehr,<br />
Schilddrüsenüberfunktion, Schwangerschaft, schwerer<br />
körperlicher Arbeit, Stillzeit, Stress, Verbrennungen,<br />
Verdauungsstörungen, Wachstum ...<br />
Überversorgung<br />
Eine Überversorgung mit Vitamin B1 ist praktisch unmöglich<br />
da das Vitamin wasserlöslich ist und überschüssige<br />
Mengen über den Urin ausgeschieden werden.<br />
Beim Menschen konnten auch nach Zufuhr hoher<br />
oraler Mengen keine toxischen Effekte nachgewiesen<br />
werden.<br />
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion<br />
des www.vitalstoff-journal.de<br />
15
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Die Pistazie –<br />
Eine Nuss, die es in sich hat<br />
Die grüne Nuss erfreut sich großer Beliebtheit. Dies liegt nicht<br />
zuletzt an Ihrer enormen Zusammensetzung wichtiger Nährstoffe.<br />
Neben vielen wichtigen Vitaminen, darunter ein starkes<br />
Antioxidans, erreicht sie ein unter Nüssen unschlagbares Maß<br />
an Kalium. Die äußerst positive Zusammensetzung an ungesättigten<br />
Fettsäuren rundet ihr wertvolles Profi l ab. Nicht umsonst<br />
wurde sie damals als „Speise der Könige“ gehandelt.<br />
16
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DETOX<br />
Medizinprodukt Klasse IIa<br />
Über die Pistazie<br />
Im botanischen Sinne ist die Pistazie keine Nussfrucht,<br />
denn sie wächst an Bäumen mit dem Namen Pistacia<br />
vera aus der Familie der Sumachgewächse. Botanisch<br />
handelt es sich bei der Pistazie um eine Steinfrucht.<br />
Die Früchte stehen in Doppeltrauben zusammen und<br />
sind umhüllt von einer fl eischigen, grünen Schicht. Unter<br />
dieser Schicht verbirgt sich der Steinkern. Die harte,<br />
helle Schale springt etwa einen Monat vor der Reife auf<br />
und gibt somit den Kern frei. Dieser wiederrum ist von<br />
einer rotbraunen Samenhaut umgeben die gelblich<br />
oder grün gefärbt ist. Die ursprüngliche Heimat der Pistazie<br />
ist vermutlich der Nahe Osten. Die Nüsse wurden<br />
damals als Speisen der Könige gehandelt und hatten<br />
einen heilenden Ruf. Heute genießen wir die Pistazie<br />
in verschiedenen Variationen. Die gerösteten Nüsse<br />
kommen geschält und ungeschält in den Handel. Leicht<br />
gesalzen sind sie ein beliebter Snack, aber auch in Süßspeisen<br />
oder Wurstwaren werden die aromatischen<br />
Nüsse gerne verarbeitet. Der Geschmack ist mandelähnlich,<br />
mild süßlich und gleichzeitig kräftig würzig.<br />
Inhaltsstoffe<br />
Die Pistazie ist mit über 15 Nährstoffen, darunter Antioxidantien,<br />
ein sehr wertvolles Lebensmittel. Aufgrund<br />
des hohen Fettgehalts von über 50 Prozent sind sie<br />
kalorienreich, allerdings ist die Zusammensetzung der<br />
Fette ernährungsphysiologisch sehr wertvoll, da überwiegend<br />
ungesättigten Fettsäuren enthalten sind. Zu<br />
ca. 20 Prozent besteht die Pistazie aus Eiweiß. Trotz<br />
ihrer geringen Größe kann die Pistazie mit einem relativ<br />
hohen Ballaststoffgehalt überzeugen. Außerdem sehr<br />
positiv ist der hohe Gehalt an Beta Carotin, eine inaktiven<br />
Vorstufe des Vitamin A und der hohe Gehalt an Vita<br />
min E, einem starken Antioxidans. Pistazien ent halten<br />
ebenfalls viele der wasserlöslichen B-Vitamine, unter<br />
anderem die wichtige Folsäure. Eine Aufl istung der Inhaltsstoffe<br />
fi nden Sie in Tabelle 1 (siehe nächste Seite).<br />
Das natürliche Vulkangestein Klinoptilolith<br />
- Zeolith bewirkt eine erhebliche<br />
Reduzierung der Schwermetallbelastung<br />
des Körpers, insbesondere bei Blei,<br />
Cadmium und Quecksilber.<br />
Erhältlich in Pulver- und Kapselform<br />
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<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Tabelle: Nährstoffgehalt in der Pistazie; nach Souci,<br />
Fach mann, Kraut, <strong>Nutrition</strong> Tables<br />
Nährstoff<br />
Pro 100 g<br />
Kcal 581<br />
Fett gesamt (g) 52<br />
• Ölsäure (g) 33,9<br />
• Linolsäure (g) 7,4<br />
• Linolensäure (g) 0,2<br />
Eiweiß gesamt (g) 20<br />
Kohlenhydrate gesamt (g) 12<br />
Ballaststoffe 10<br />
Mineralstoffe<br />
Kalium 1020<br />
Phosphat 500<br />
Magnesium 160<br />
Calcium 135<br />
Eisen 7,3<br />
Natrium 5<br />
Zink 1,4<br />
Vitamine<br />
Beta Carotin (µg) 150<br />
Vitamin E (mg) 5,2<br />
Vitamin C (mg) 7<br />
Vitamin B1 (mg) 0,69<br />
Vitamin B2 (mg) 0,2<br />
Vitamin B6 (mg) 0,25<br />
Folsäure (µg) 60<br />
Quelle: Souci, Fachmann, Kraut, Food composition and nutrition<br />
tables, 7. Aufl age, Wissenschaftliche Verlags ge sellschaft<br />
Stuttgart, 2008<br />
Pistazien erreichen den höchsten Kaliumgehalt aller Nüsse<br />
und überzeugen außerdem mit reichlich Eisen, Phosphor<br />
und Magnesium.<br />
Wirkung<br />
Durch ihre Reichhaltigkeit ist die Pistazie ein echter Allrounder.<br />
Sie ist nicht nur vitaminreich sondern liefert<br />
auch wichtige Mineralstoffe, Ballaststoffe und ungesättigte<br />
Fettsäuren.<br />
Kalium: Kalium spielt eine wichtige Rolle als Elektrolyt.<br />
Elektrolyte sind Stoffe, die wesentlich dazu beitragen,<br />
den Wasserhaushalt des Körpers zu regulieren sowie<br />
den sogenannten osmotischen Druck in den Körper zellen<br />
aufrechtzuerhalten. Zusammen mit Natrium und Ca l cium<br />
wirkt Kalium auf die Herzmuskeltätigkeit ein, wird für<br />
die Blutdruckregulation benötigt und ist für die Erregbarkeit<br />
von Muskel- und Nervenzellen notwendig. Das<br />
Mineral ist außerdem an der Aktivierung verschiedener<br />
Enzyme beteiligt sowie an der Herstellung von Eiweißen.<br />
In der Energieproduktion und beim Kohlenhydratstoffwechsel<br />
wird Kalium ebenfalls benötigt. Zu einer<br />
Unterversorgung kommt es hierzulande eher selten,<br />
allerdings ist zu beachten, dass der Kaliumgehalt im<br />
Körper eng mit dem Natriumgehalt zusammenhängt. Je<br />
mehr Natrium man zu sich nimmt (z. B. in Form von Kochsalz),<br />
desto mehr Kalium scheidet der Körper aus.<br />
Vitamin E: Vitamin E, dazu gehören z. B. die Tocopherole<br />
und Tocotrienole, zählt zu den fettlöslichen Vita mi nen.<br />
Das Vitamin gilt als starkes Antioxidans, beziehungsweise<br />
als Radikalfänger. Freie Radikale wie die reaktive<br />
Sauerstoffspezies (ROS) entstehen zum Beispiel durch<br />
Stoffwechselvorgänge, können aber auch durch Umwelteinfl<br />
üsse wie Rauchen in den Körper gelangen. Die<br />
Moleküle besitzen ein freiliegendes Elektron was auf<br />
der Suche nach Bindungspartnern unsere Zellwände angreift.<br />
Einige dieser Angriffe kann die Zelle ohne weiteres<br />
abfangen, häufen sie sich aber kann die Zelle ohne<br />
Unterstützung schwer geschädigt oder sogar zerstört<br />
18
Ernährung / Prävention<br />
werden. Je mehr Zellen beschädigt sind, de s to eher<br />
kommt es zu Alterungserscheinungen und Krankheiten<br />
wie Krebs. Antioxidantien fangen diese schädigenden<br />
Radikale ab und machen sie dadurch un schädlich. Aber<br />
nicht nur der ho he Gehalt an Vitamin E spricht für die<br />
Pistazie. Es konnte in einer Studie der Penn State University<br />
beobachtet werden, dass die Gesamtkonzentration<br />
an Antioxidantien im Blut durch den Verzehr von Pistazien<br />
steigt. Vitamin E hat außerdem enormen Einfl uss auf<br />
die Blutgerinnung. Ist ausreichend Vitamin E vorhanden,<br />
können Thrombosen und damit auch Herzinfarkt und<br />
Schlaganfall verhindert werden. Bei Diabetes mellitus II<br />
kann es hilfreich wirken indem das Vitamin die Insulinempfi<br />
ndlichkeit der Zellen verstärkt und so den Blutzuckerspiegel<br />
hilft konstant zu halten.<br />
Fettsäuren: Trotz des hohen Kaloriengehalts konnte in<br />
Studien an Probanden mit metabolischem Syndrom keine<br />
Gewichtszunahme durch den täglichen Verzehr von<br />
Pistazien beobachtet werden. Das metabolische Syndrom,<br />
manchmal auch als töd liches Quartett bezeichnet,<br />
ist ein Krankheitsbild welches als entscheidender<br />
Ri sikofaktor für koronare Herzkrankheiten angesehen<br />
wird. Laut WHO wird das metabolische Syndrom beschrieben<br />
sobald vier der folgenden Faktoren eintreffen:<br />
Diabetes mellitus, gestörte Glukosetoleranz, pathologischer<br />
Nüch tern blutzucker bzw. Insulinresistenz, arterielle<br />
Hyper tonie (Bluthochdruck), Dyslipidämie (Triglyceride<br />
> 1,695 m mol/l und HDL ≤ 0,9 mmol/l (bei Männern)<br />
bzw. ≤ 1,0 mmol/l (bei Frauen), viszerale Adipositas<br />
und/oder einem BMI > 30 kg/m 2 . Dass sich der regelmäßige<br />
Verzehr von Nüssen inklusive Pistazien vorbeugend<br />
auf die Entstehung von Übergewicht auswirkt<br />
konnte bereits in Studien gezeigt werden. So wurde am<br />
Institut für biologische Chemie und Ernährungswissenschaft<br />
der Universität Hohenheim in Stuttgart beobachtet,<br />
dass der Verzehr von Nüssen trotz des hohen Energiegehalts,<br />
nicht wie erstmal vermuten lässt zur unerwünschten<br />
Gewichtszunahme führt, sondern darüber hinaus<br />
auch das Risiko an Fettleibigkeit zu erkranken bei<br />
gesunden Probanden reduziert. In einer weiteren Studie,<br />
veröffentlicht im American Journal of Clinical <strong>Nutrition</strong><br />
2008, konnte ergänzend gezeigt werden, dass der regelmäßige<br />
Verzehr von Pistazien einen positiven Effekt auf<br />
den Triglycerid- und Cholesterinspiegel von Probanden<br />
mit metabolischem Syndrom hat. Im Blut befi nden sich<br />
verschiedene Fettsäuren, gesättigte und (mehrfach-)ungesättigte<br />
Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren sollten nur<br />
in Maßen verzehrt werden. Werden zu viele davon gegessen,<br />
wandern sie als Fettspeicher auf die Hüfte und<br />
erhöhen den Cholesterinspiegel, vor allem den Gehalt<br />
an LDL-Cholesterin. Zu viel schädliches LDL-Cholesterin<br />
wiederum sammelt sich im Blut und die Gefahr steigt,<br />
dass die Adern verstopfen und dass sich Arteriosklerose<br />
bildet. In der Studie wurde über vier Wochen beobachtet,<br />
dass nach regelmäßigem Verzehr von Pistazien der<br />
Gesamtcholesterinspiegel signifi kant sank sowie das<br />
schlechte LDL Cholesterin um 11 % sank. Des Weiteren<br />
wurde beobachtet, dass auch die Blutfettwerte eine<br />
deutliche Verbesserung zeigten. So sanken die gesättigten<br />
Fettsäuren, die guten ungesättigten Fettsäuren<br />
stiegen hingegen an. Ungesättigte Fettsäuren bilden<br />
wichtige Zellbausteine und schaffen durch Ihre Doppelbindungen<br />
eine fl exiblere Struktur an den Zellwänden,<br />
was verschiedenen Krankheiten wie z. B. Arterienverkalkung<br />
entgegenwirkt und antiinfl ammatorisch, also entzündungshemmend<br />
wirkt.<br />
Eine ausgewogene Ernährung umfasst neben Vitaminen<br />
und Mineralstoffen auch eine ausreichende Versorgung<br />
mit ungesättigten Fettsäuren. Dies stellt trotz der Überversorgung<br />
in Deutschland manchmal ein Problem dar.<br />
Die Pistazie liefert von all diesen Komponenten eine<br />
er nährungsphysiologisch wertvolle Mischung. Auch in<br />
Form von Pulver kann von<br />
dem positiven Effekt der<br />
Nuss profi tiert werden.<br />
Sabrina Kloske<br />
B.Sc Oecotrophologin<br />
Produktmanagement<br />
plantafood medical gmbh<br />
Quellen:<br />
• http: // www.zentrum-der-gesundheit.de/vitamin-e-wirkung-ia.html<br />
• http: // www.onmeda.de/naehrstoffe/kalium.html<br />
• Vadivel V. et al., Health benefi ts of nut consumption with special reference to body weight control, <strong>Nutrition</strong> 2012, Nov-<br />
Dec, 28 (11-12):1089-97<br />
• Mandalari G et al., Bioaccessibility of pistachio polyphenols, xanthophylls, and tocopherols during simulated human<br />
digestion, <strong>Nutrition</strong>, 2013 Jan, 29(1):338-44<br />
• Kay CD, Pistachios increase serum antioxidants and lower serum oxidized-LDL in hypercholesterolemic adults, Journal<br />
of <strong>Nutrition</strong>, 2010 Jun, 140 (6):1093-8<br />
• Gebauer SK et al., Effects of pistachios on cardiovascular disease risk factors and potential mechanism of action:<br />
a dose-response study, Am J Clin Nutr, 2008 Sep, 88:651-9<br />
• Souci, Fachmann, Kraut, Food composition and nutrition tables, 7. Aufl age, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft<br />
Stuttgart, 2008<br />
19
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Kryptopyrrolurie – die wenig<br />
beachtete Stoffwechselstörung:<br />
Ursache für häufige Fehldiagnosen<br />
und Fehltherapien<br />
„For every drug that benefi ts a patient, there is a natural substance<br />
that can achieve the same effect“ Dr. Dr. Carl C. Pfeiffer<br />
(1908 – 1988), Psychiater, Erforscher der Kryptopyrrolurie“<br />
Sicherlich kennen auch Sie in Ihrem Umfeld<br />
Menschen, die über eine Vielzahl von unspezifi<br />
schen Symptomen wie ständiger Müdigkeit,<br />
Angst störungen, chronischen Schmerzen und Verdauungsproblemen<br />
klagen. Diese Menschen scheinen häufi<br />
ger krank zu sein, ohne dass eine „richtige Diagnose“<br />
gefunden wird. Eine „richtige Therapie“ wird in der Regel<br />
auch nicht eingeleitet, so dass diese Menschen oftmals<br />
als Hypochonder belächelt werden. Können tatsächlich<br />
die oben genannten Symptome miteinander in<br />
Verbindung stehen? Gibt es einen gemein samen Nenner<br />
für verschiedene Symptome?<br />
Nach unserer jahrelangen Praxiserfahrung können wir<br />
dies bejahen. Denn immerhin leiden ca. 10 Prozent der Bevölkerung<br />
an einer bislang kaum beachteten Stoff wechsel<br />
störung, der Kryptopyrrolurie (KPU). Diese Störung<br />
bedeutet für viele Menschen eine Vielzahl unspezifi -<br />
scher Leiden, zum Teil aber auch schwere Erkrankung.<br />
Damit Sie sich vorstellen können, was wir damit<br />
meinen, möchten wir Ihnen zunächst drei typische<br />
Fälle aus der Praxis vorstellen.<br />
PraxisFall <strong>Nr</strong>. 1: Depression<br />
Eine 63-jährige Frau, litt bereits seit 25 Jahren an einer<br />
manifesten Depression, nachdem ihr Mann früh verstorben<br />
war. Sie erklärte, dass sie ihre Lebensfreude<br />
verloren hätte und seitdem unter massiven Schlafstörungen<br />
leiden würde. Zugleich klagte sie über ständig<br />
wiederkehrende Blasenentzündungen (bis zu 8 x im<br />
Jahr), bei der eine regelmäßige Gabe von Antibiotika<br />
zum Einsatz kam. Weiterhin hatte sie eine starke Arthrose,<br />
vor allem in den Fingergelenken. Der bei ihr durchgeführte<br />
KPU Test war positiv und brachte einen deutlichen<br />
Verlust von Vitalstoffen zum Vorschein. Des weiteren<br />
überprüften wir die Zink und Mangan-Werte im Blut,<br />
hier waren die Werte ebenfalls nicht in der Norm. Die<br />
Patientin wurde mit oralen und speziellen Infusionen<br />
versorgt, die auf eine KPU ausgerichtet sind. Nach ausgleichen<br />
des Vitalstoffmangels besserte sich die Symptomatik<br />
laut Patient recht schnell. Heute kann sie wieder<br />
durchschlafen. Die Blasenentzündungen gingen langsam<br />
aber stetig zurück, bis sie schließlich ganz ausblieben.<br />
PraxisFall <strong>Nr</strong>. 2: Fibromyalgie<br />
Ein 42-jähriger Mann, klagte über springende, starke<br />
Schmerzen im ganzen Körper sowie über starke Erschöpfung<br />
und Konzentrationsstörungen. Alle fachärztlichen<br />
Untersuchungen konnten keine wirklichen Ursachen,<br />
insbesondere für die Schmerzen fi nden. Massagen,<br />
Wärmeanwendungen und Entspannungsmethoden<br />
während einer Kur brachten nur eine milde und nicht<br />
dauerhafte Besserung. Letztendlich erhielt er ein leichtes<br />
Schlafmittel, was die Erschöpfung mildern sollte.<br />
Sein KPU-Wert war stark erhöht. Zudem zeigten weitere<br />
Laboruntersuchungen verminderte Werte von Vitamin<br />
D3, Vitamin B6, Vitamin B1, Biotin, Mangan und Magnesium.<br />
Nach ausgleichen der Defi zite durch orale Präparate<br />
sowie Infusionstherapien, besserten sich die Beschwerden<br />
fast vollständig. Wir rieten dem Patienten<br />
zudem zu einer auf ihn abgestimmten Ernährung. Diese<br />
Veränderung unterstütze den Erfolg der Therapie.<br />
20
Ernährung / Prävention<br />
PraxisFall <strong>Nr</strong>.3: Unfruchtbarkeit Mann<br />
Ein 38-jähriger Mann hatte mehrfach sein Sperma in<br />
Form von Spermiogrammen untersuchen lassen. Mit<br />
den Ergebnissen war er sehr unglücklich, denn sie zeigten,<br />
dass seine Spermien zwar mengenmäßig ausreichend<br />
für eine normale Befruchtung waren, allerdings<br />
die Beweglichkeit (Motilität) der Spermien zu<br />
gering war. Ihm und seiner Partnerin wurde zu einer<br />
Form der künstlichen Befruchtung geraten. Dies war<br />
für ihn sehr belastend, da er auf normalem Wege ein<br />
Kind zeugen wollte. Er erklärte dass er sich dadurch nur<br />
wie ein halber Mann fühlen würde. Der bei ihm durchgeführte<br />
KPU-Test fi el positiv aus und die weitere Untersuchung<br />
im Vollblut zeigte einen starken Zinkmangel.<br />
Nach durch geführter Therapie verbesserte sich das<br />
Spermiogramm auf Normalwerte, auch in der Beweglichkeit<br />
der Spermien. Mittlerweile ist dieser Patient<br />
Vater eines gesunden Jungen und sehr erfreut über seine<br />
neue Aufgabe.<br />
Diese drei Fälle sollen deutlich machen, wie unterschiedlich<br />
sich eine KPU äußern kann. Doch was ist<br />
eine Kryptopyrrolurie? Wie kann sie entstehen, seit<br />
wann ist sie bekannt, und wie kann sie möglicherweise<br />
erfolgreich therapiert werden?<br />
fers Brain Bio Center in Princeton die Behandlungen<br />
von Vitamin B6 und einem Zink-Supplement; die Erfolge<br />
waren teilweise beachtlich. Sohler entwickelte ein Testverfahren,<br />
welches auch heute noch zur Analyse von Kryp<br />
to pyrrol im Urin angewendet wird (Ehrlichs’ Reagenz).<br />
Wie kann es zu so einer Störung kommen?<br />
Die Kryptopyrrolurie ist eine genetisch-determinierte, familiär<br />
gehäuft auftretende biochemisch-enzymatische<br />
Störung des Häm-Stoffwechsels. Eine Kryptopyrrolurie<br />
kann aber auch im Laufe des Lebens erworben sein.<br />
Pyrrole sind Bausteine der Häm-Gruppe (Bestandteil<br />
z. B. des Hämoglobins) und können verschiedene Vitalstoffe<br />
wie ein Chelatbildner mitreißen, insbesondere<br />
Zink, Mangan und Vitamin B6, aber auch Biotin, Coenzym<br />
Q10 und Magnesium.<br />
Heute wissen wir, dass viele Substanzen, die noch<br />
irgendeine Verwertung haben oder von Nutzen für den<br />
Körper sein können, auch von ihm genutzt werden. So<br />
auch die Pyrrole. Pyrrole entstehen beim Abbau von<br />
Häm. Diese Verwertungsreste werden in der Leber<br />
zu Gallensäuren/-farbstoff umgebaut, sodass sie mit<br />
dem Stuhl ausgeschieden werden. Das ist der physiologische<br />
Weg.<br />
Diesen Fragen und weiteren möchten wir im Folgenden<br />
auf den Grund gehen. Lassen Sie uns deshalb<br />
zunächst eine kleine Zeitreise zurück machen, in die<br />
Zeit mit der die Entdeckung der KPU begann.<br />
Die Pioniere der orthomolekularen Psychiatrie forschten<br />
seit den 1950er-Jahren gezielt nach natürlichen<br />
Substanzen, die psychiatrische Krankheiten erklären<br />
und therapieren konnten. Ihr Hauptaugenmerk lag<br />
insbesondere auf den schweren Psychosen, wie z.B.<br />
der Schizophrenie. Durch Laboruntersuchungen fi el<br />
auf, dass bei Patienten mit Schizophrenie oftmals<br />
eine bestimmte, bislang unbekannte chemische Substanz<br />
im Urin nachweisbar war. Diese wies durch Anfärbung<br />
eine malvenartige Farbe auf. Dieses Phänomen<br />
wurde damals zunächst als Malverie/Malvaria benannt.<br />
Im Jahre 1969 gelang es D. G. Irvine, die exakte chemische<br />
Struktur des Malvenfaktors zu entschlüsseln.<br />
Dabei fand er heraus, dass es sich um Kryptopyrrol<br />
(2,4-Dimethyl-3-Äthylpyrrol) handelte. Diese<br />
Erkenntnis wurde von A. Sohler, dem leitenden<br />
Chemiker von Dr. Carl Pfeiffers<br />
Brain Bio Center im Jahre 1970 bestätigt.<br />
Dr. Carl Pfeiffer nannte die Erkrank ung<br />
später dann Pyrrolurie. Erst im Jahre<br />
1973 wurde durch weitere Forschungen<br />
geklärt, dass Pyrrole eine Verbindung mit<br />
der aktiven Form von Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat)<br />
und sekundär auch mit<br />
Zink eingehen. Ab 1974 begannen in Pfeif-<br />
21
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Bei einer Kryptopyrrolurie allerdings, werden die Pyrrole<br />
über den Harnweg ausgeschieden. Man kann hier bildlich<br />
von Irrläufern reden, sie haben sich sprichwörtlich<br />
verlaufen. Dabei sind sie sehr reaktionsfreudig und reißen<br />
eben andere Substanzen wie Zink und Vitamin B6<br />
sowie Mangan und Chrom mit sich.<br />
Genau genommen gehen die Abbauprodukte des<br />
Häms, die Pyrrole, mit Pyridoxal-5-Phosphat (Vitamin<br />
B6) einen chemischen Komplex ein, der wiederum mit<br />
Zink und Mangan und in geringem Maße auch Chrom III<br />
eine weitere Verbindung eingeht. Diese wird über die<br />
Nieren ausgeschieden, was zu einem – oftmals über<br />
Jahre hinweg – unbemerkten Mangel an diesen essentiellen<br />
Mikronährstoffen führen kann. Neben dem Vitalstoffverlust<br />
ist bei KPU Betroffenen auch die Entgiftung<br />
gestört. Die hämhaltigen Cytochrom-450-Enzyme der<br />
Leberentgiftung Phase I arbeiten in der Regel nicht optimal.<br />
Dadurch lassen sich typische KPU-Symptome,<br />
wie z. B. Medikamentenunverträglichkeit, Alkoholunverträglichkeit<br />
erklären. Dies zusammen kann zu einer Reihe<br />
von Erkrankungen führen (siehe unten), die dann als<br />
Symptome der KPU gewertet werden können.<br />
Mit KPU assoziierte Erkrankungen bei Erwachsenen:<br />
• AD(H)S<br />
• Burnout- und Erschöpfungssyndrom/CFS<br />
• Borderline-Syndrom<br />
• Psychosen (Depressionen und Schizophrenie)<br />
• Angststörungen<br />
• Essstörungen<br />
• Prämenstruelles Syndrom<br />
• Schwangerschaftsprobleme, insb. Fehlgeburten<br />
• Medikamentenunverträglichkeit<br />
• Alkoholunverträglichkeit<br />
• Migräne<br />
• Reizdarm- und Reizmagensyndrom<br />
• Infektanfälligkeit (Cystitiden, chronische virale<br />
Infektionen, v. a. Epstein-Barr, Cytomegalie)<br />
• Allergien/ Neurodermitis/ Psoriasis<br />
• Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
• Osteoporose<br />
• Arthrose<br />
• Fibromyalgie<br />
• Polymyalgia rheumatica<br />
• Hashimoto-Thyreoiditis<br />
• Idiopathische Hypothyreose<br />
• Morbus Basedow<br />
Bei Kindern und Jugendlichen:<br />
• AD(H)S<br />
• Unklare Bauchbeschwerden<br />
• Infektanfälligkeit<br />
• Allergien/Neurodermitis<br />
• Nahrungsmittelunverträglichkeiten<br />
• Autismus<br />
• Borderline-Syndrom<br />
• Psychosen (Depressionen und Hebephrenie)<br />
• Angststörungen<br />
• Essstörungen<br />
Ein typisches Leitsymptom ist eine starke Müdigkeit<br />
und Erschöpfung, die sich im zentralen Nervensystem<br />
als Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bemerkbar<br />
macht. Oftmals fehlt bei Patienten mit KPU eine<br />
regelmäßige Traumerinnerung.<br />
Patienten mit diesen Symptomen werden häufi g rein<br />
symptomatisch behandelt oder im schlimmsten Fall –<br />
und das sehr oft leider zu Unrecht – psychiatrisiert.<br />
22
Ernährung / Prävention<br />
Zink<br />
Zink gehört zu den essentiellen Spurenelementen im Körper. Zink ist Bestandteil von<br />
mehreren Hundert Enzymen, es nimmt Schlüsselrollen im Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel<br />
ein und ist beteiligt am Aufbau der DNA. Sowohl das Immunsystem<br />
als auch viele Hormone benötigen eine ausreichende Zinkmenge für ihre normale<br />
Funktion. Neueste Forschungen zeigen, dass Zink auch eine bedeutende Rolle im<br />
Hirnstoffwechsel spielt. Die tägliche Bedarfsmenge liegt bei ca. 15 mg. Zinkmängel<br />
(sofern Zink im Vollblut gemessen wird) fi nden wir in unseren Praxen – auch ohne<br />
Kryptopyrrolurie – häufi g bei Vegetariern und Veganern und Patienten mit chronischen<br />
Darmerkrankungen.<br />
Zink reguliert als Cofaktor in unterschiedlichen Funktionen (regulatorisch, strukturell,<br />
katalytisch) an über 200 enzymatischen Prozessen mit, weitere Funktionen sind:<br />
• Entwicklungs-, Wachstums-, Regenerationsprozesse (z. B. Wundheilung, Kollagensynthese)<br />
• Antioxidative Funktion (z. B. Stabilisierung von SH-Gruppen, Antagonisierung von<br />
Eisen und Kupfer)<br />
• Gesundheit von Haut, Haare und Nägel<br />
• Vitamin A-Stoffwechsel<br />
• Es gibt eine Reihe zinkabhängiger Enzyme, hier eine Auswahl<br />
z. B. Alkalische Phosphatase, Carbonanhydrase, DNA/RNA-Polymerase)<br />
• Zellproliferation/-differenzierung (z. B. Schleimhäute)<br />
ZINK<br />
Vitamin B6 (Pyridoxin)<br />
Vitamin B6 ist ein Vitamin des B-Komplexes. Der Bedarf an Vitamin B6 ist abhängig<br />
von Alter, Geschlecht und der Eiweißaufnahme und wird mit durchschnittlich 1,6 mg<br />
pro Tag angegeben. Je mehr Eiweiß aufgenommen wird, desto mehr Vitamin B6 wird<br />
benötigt.<br />
Gute Vitamin B6 Quellen sind Vollkorngetreide, Milchprodukte, Kartoffeln, Bananen,<br />
Linsen, Bierhefe, Spinat.<br />
Vitamin B6 wird in der Leber aktiviert, es ist als Coenyzm an vielen biochemischen<br />
Prozessen beteiligt:<br />
• Hämsynthese<br />
• Immunkompetenz<br />
• Neurotransmitter-Biosynthese (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin, GABA)<br />
• Methylgruppenstoffwechsel: Homocystein zu Glutathion<br />
• Umwandlung von L-Tryptophan in Serotonin<br />
• Aufbau von Dopamin aus L-Dopa<br />
• Quervernetzung von Kollagen und Elastin<br />
• Synthese von Niacin und Picolinsäure aus L-Tryptophan<br />
• Synthese von Taurin und Kreatin<br />
VITAMIN<br />
B6<br />
23
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Mangan<br />
Mangan ist wie Zink ein essentielles Spurenelement, welches an über 100 enzymatischen<br />
Prozessen und auch am Vitamin B1-Stoffwechsel beteiligt ist.<br />
Mangan ist unter anderem an folgenden Prozessen im Körper involviert:<br />
• Blutgerinnung (Produktion von Prothrombin)<br />
• Antioxidativer Zellschutz<br />
• Gluconeogenese (Glucosebildung aus organischen Nicht-Kohlehydratvorstufen<br />
wie Pyruvat)<br />
• Aminosäureabbau (Pankreasenzyme: Amino-, Carboxypeptidase)<br />
• Harnstoffzyklus (Arginase: Entgiftung von Ammoniak)<br />
• Insulinsynthese- und sekretion<br />
• Aufbau von Knorpel- und Knochengewebe<br />
Gute Manganquellen sind: Haferfl ocken, Weizenvollkorn, Haselnüsse,<br />
Weizenkeime, Walnüsse, Mandeln, weiße Bohnen, Vollkornprodukte, Kakao.<br />
Mögliche Symptome bei Manganmangel können sein:<br />
• Blut: Absinken des HDL-Cholesterins; erhöhte Kalzium-Phosphor- und Glukose Blutwerte<br />
• Blutgerinnungsstörung<br />
• Endokrines System: reduzierte Produktion von Sexualhormonen, reduzierte Fertilität,<br />
Wachstumsstörungen<br />
• Haut, Knochen, Knorpel: Störungen der Gewebestruktur, Verlust der Haarpigmentierung,<br />
Osteopenie/Osteoporose/Arthrose<br />
• Immunsystem: Immunschwäche, verminderte Antikörperbildung<br />
• Zentralnervensystem: Epilepsie, Schizophrenie, Störungen der Neurotransmitterfunktion<br />
(Störungen der Nervenreizübertragungen auf die Muskelzellen)<br />
MANGAN<br />
Welche Therapie Möglichkeiten kann man anwenden?<br />
In unseren Praxen setzen wir erfolgreich das folgende Stufenkonzept zur Behandlung<br />
von Patienten mit KPU ein. Es handelt sich um ein Konzept, das sowohl den Ausgleich<br />
des Mikronährstoffdefi zits, die Entgiftungsstörung, als auch die mitochondriale Dysfunktion<br />
berücksichtigt.<br />
Ausgleich von Mikronährstoffmängeln<br />
Stufe 1: Ernährungsumstellung<br />
Bei einer milden Verlaufsform der KPU, die sich in der Regel mit einer leichten Symptomatik<br />
zeigt, einen entsprechend geringen Kryptopyrroltestwert („Grauzone“) anzeigt,<br />
kann eine gezielte Ernährungsumstellung oft schon ausreichend sein. Wir sprechen<br />
von einer Grauzone, wenn der Kryptopyrroltestwert an der Grenze liegt. Da die<br />
KPU sehr stressbezogen ist, kann der Wert sich je nach Stresslevel nach oben bzw.<br />
unten hin verschieben.<br />
Sascha Kauffmann<br />
Heilpraktiker mit Schwerpunkt<br />
Diagnose und Therapie von<br />
Stoffwechselerkran kungen,<br />
Nahrungsmittelunverträg <br />
lich keiten sowie Autoimmun <br />
er krankungen. Er ist zudem<br />
auch als Referent undvFachautor<br />
tätig.<br />
• www.saschakauffmann.de<br />
Kyra Hoffmann<br />
Heilpraktikerin und zertifizierte<br />
CellsymbiosisTherapeutin.<br />
Tätig in der Ausbildung von<br />
Heil praktikern und Ärzten so wie<br />
in der Erwachsenen bildung.<br />
Fachautorin und CoAutorin des<br />
Buches „Der Burnout Irrtum“.<br />
• www.naturheilkund l iche medizin.de<br />
24
Ernährung / Prävention<br />
Grundsätzlich raten wir – und das nicht nur unseren<br />
KPU-Patienten - zu einer abwechslungsreichen, biologischen,<br />
histaminarmen und antientzündlichen Ernährung.<br />
Dies unter Beachtung möglicher individueller<br />
Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Die Nahrung für<br />
Betroffene mit KPU sollte reich an Zink, Mangan und<br />
Vitamin B6 sein.<br />
Stufe 2: Ernährungsumstellung plus orale Medikation<br />
In den meisten Fällen ist eine Ernährungsumstellung<br />
alleine nicht ausreichend. Hier kann es notwendig sein,<br />
zusätzlich zur optimierten Ernährung orale Produkte in<br />
Form von Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz zu<br />
bringen, um den Körper die fehlenden Mikronährstoffe<br />
zu geben.<br />
Stufe 3: Ernährungsumstellung plus orale Medikation<br />
plus KPU-Infusionslösung<br />
Bei schweren Verlaufsformen, die auch teilweise mit<br />
deutlich erhöhten Pyrrolausscheidungen einhergehen,<br />
ist die KPU-Infusionslösung hilfreich.<br />
Die Infusionslösung soll zum einen die fehlenden Mikronährstoffe<br />
schnell auffüllen, zum anderen kann die Infusion<br />
folgende Prozesse im Körper unterstützen:<br />
• Antioxidativer Zellschutz<br />
• Reduktion von nitrosativem Stress<br />
• Hämsynthese<br />
• Glutathionsynthese<br />
• Detoxifi kation von Xenobiotika (Arzneimittel, Pestizide,<br />
Karzinogene, Alkohole)<br />
• Neurotransmittersynthese<br />
• Zellmembranstabilisierung<br />
• Anti-Infl ammation<br />
• Mitochondrialer Energiestoffwechsel<br />
• Homocysteinstoffwechsel<br />
• Adrenalinsynthese<br />
• Kohlenhydratstoffwechsel<br />
KPU-Infusionslösung für Ärzte und Heilpraktiker<br />
• Vitamin B6<br />
200 mg<br />
• Magnesiumchlorid<br />
200 mg<br />
• Taurin<br />
1500 mg<br />
• Glycin<br />
1000 mg<br />
• Niacin<br />
100 mg<br />
• Ribofl avin<br />
50 mg<br />
• Vitamin B12 (Hydroxocobalamin) 1000 µg<br />
• Chrom(III)chlorid 100 µg<br />
Dazu erhält der Patient eine Trinkampulle<br />
mit folgender Zusammensetzung:<br />
• Zink<br />
104,55 mg<br />
• Mangansulfat<br />
3,07 mg<br />
• Himbeersirup q. s.<br />
• Aqua<br />
ad 10 ml<br />
Bezug: Viktoria Apotheke Saarbrücken,<br />
www.internet-apotheke.de<br />
Bislang kommt das Wissen um die KPU nur einem<br />
Bruchteil der Betroffenen zugute. Eine wahrliche Tragödie,<br />
von der Carl C. Pfeiffer schon vor mehr als<br />
40 Jahren sprach. Dieser<br />
Aussage schließen wir<br />
uns an, darum haben wir<br />
zu dem Thema KPU ein<br />
ausführliches Buch geschrieben,<br />
welches seit<br />
Juli <strong>2014</strong> erhältlich ist.<br />
Literatur:<br />
• Badzun, Matthias: Kryptopyrrolurie, Orthomedis Labor Schweiz, <strong>Oktober</strong> 2007<br />
• Eichinger, Uschi/Hoffmann, Kyra: Der Burnout-Irrtum, 4. Aufl age 2013<br />
• Gröber, Uwe: Mikronährstoffe, 3. Aufl age, Stuttgart 2011<br />
• Hoffmann, Kyra: Kryptopyrrolurie, Comed 06/2010<br />
• Hoffmann, Kyra und Kauffmann, Sascha: Kryptopyrrolurie – ein bewährtes Therapiekonzept für die häufi gste Form der<br />
Porphyrie, Comed 12/2013<br />
• Hoffmann, Kyra/Kauffmann, Sascha: Kryptopyrrolurie – Ein Ratgeber für Therapeuten und Betroffene, 1. Aufl age <strong>2014</strong>,<br />
Dustri Verlag (in Vorbereitung)<br />
• Hoffmann, Kyra/Kauffmann, Sascha: Vitalstoffe – Information für gesunde Prävention, 1. Aufl age 2013<br />
• Hoffmann, Kyra/Kauffmann, Sascha: ADHS/ADS – Rationale Alternativen zur Methylphenidat-Therapie, Comed 1/2013<br />
• Nature 224, 1969, 811-813: Irvine, D.G. et al: Identifi cation of Kryptopyrrole in Human Urine and its Relation to Psychosis<br />
• Kuklinski, Bodo: Das HWS-Trauma, 2006<br />
• Pfeiffer, Carl. C.: <strong>Nutrition</strong> and Mental Illness – An Orthomolecular Approach to Balancing Body Chemistry, Rochester 1987<br />
• Pfeiffer, Carl C.: Zinc and other Micro Nutrients, New Canaan 1978<br />
• Strienz, Joachim: Leben mit KPU – Kryptopyrrolurie, Ein Ratgeber für Patienten, Germering/München 2011<br />
• Walsh, William J.: Nutrient Power – Heal your biochemistry and heal your Brain, New York 2012<br />
• Journal of Orthomolecular Medicine, Volume 25, Number 1,2010: James Jackson et al.: Urine Pyrrole and Other Orthomolecular<br />
Test in Patients with ADD/ADHD<br />
• British Journal of Psychiatry, 1965 August; 111:741-4: O’Reilly Po et al.: The Incidence of Malvaria 25<br />
• International Review of Neurobiology 1974; 16:145-82: Irvine DG: Kryptopyrrole and other monopyrroles in<br />
molecular neurobiology
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Über die positive Wirkung von Antioxidantien in Lebensmitteln<br />
hat jeder gesundheitsbewusste Verbraucher schon gehört.<br />
Antioxidantien sind z. B. in Obst und Gemüse enthalten oder<br />
werden konzentriert als Nahrungsergänzungsmittel angeboten.<br />
Antioxidantien in Lebensmitteln<br />
Was ist wirklich dran an den Antioxidantien?<br />
Antioxidantien wie Vitamin C werden seit<br />
vielen Jahrzehnten in Lebensmitteln (z. B. Fruchtsäften,<br />
Fleischerzeugnissen) eingesetzt, um diese zu konservieren<br />
oder frischer (nicht so blass) aussehen zu lassen.<br />
Neben dieser beabsichtigten Wirkung auf das Produkt,<br />
wird den Antioxidantien seit jüngerer Zeit auch eine<br />
positive Wirkung auf den Konsumenten zugesprochen.<br />
In allen menschlichen Körperzellen fi nden chemische<br />
Reaktionen statt (sogenannte Redox-Vorgänge) bei denen<br />
z.B. chemisch gespeicherte Energie in Bewegungsenergie<br />
umgesetzt wird. Ein kleiner Teil dieser Reaktionen<br />
(ca. 1‰ bis 1%) läuft aber nicht so ab wie die anderen,<br />
sondern es entstehen solche chemischen Stoffe<br />
(z.B. reaktive Sauerstoff-, Stickstoff- oder Chlorid-Radikale,<br />
die zusammengefasst „reaktive Spezies“ genannt<br />
werden), die umgebende Zellstrukturen angreifen und<br />
zerstören können. Um dies zu verhindern bilden Körperzellen<br />
bestimmte Enzyme aus (Katalase, Dismutase<br />
und andere), die ihrerseits z.B. die Sauerstoffradikale<br />
unschädlich machen (neutralisieren). Das ganze spielt<br />
sich in den Körperzellen innerhalb von Millisekunden,<br />
also sehr schnell ab.<br />
Wie erkennt man, ob der Körper vermehrten Angriffen<br />
durch reaktive Sauerstoffspezies ausgesetzt ist? Man<br />
kann dies z.B. daran erkennen, dass im Blut und Urin<br />
vermehrt die Trümmerstücke aus oxidativen Angriffen<br />
auf Zellwände, die sogenannten F2-Isoprostane auftreten.<br />
Diese kann man messen.<br />
Können Antioxidantien, die über Lebensmittel dem Körper<br />
zugeführt werden (z. B. Vitamin C oder Polyphenole<br />
aus Früchten, Beeren, Rotwein, …) die Körperzellen bei<br />
ihrem Abwehrkampf gegen die reaktiven Spezies unterstützen?<br />
Es ist z. B. gezeigt worden, dass bei Menschen<br />
mit erhöhtem F2-Isoprostane-Aufkommen – also<br />
Menschen mit erhöhtem „oxiativem Stress“ – die<br />
zusätz liche Gabe von Vitamin-C-haltigen Säften das Niveau<br />
der F2-Isoprostan-Ausscheidungen gesenkt hat.<br />
Ob aber bei Gesunden, Nichtrauchern, Nicht-Extremsportlern<br />
die zusätzliche Gabe von Antioxidantien (und<br />
wenn ja welcher?) das Niveau der oxidativen Angriffe<br />
weiter senkt, ist mit eindeutigen Studien bisher weder<br />
bewiesen noch widerlegt 1 ).<br />
Nur wenn es den Enzymen nicht gelingt, gebildete Radikale<br />
rechtzeitig zu neutralisieren, gelangen diese Radikale<br />
an die Zellwand, den Zellkern, oder andere Zellstrukturen<br />
und fügen diesen Schaden zu. Die Summe solcher<br />
Schäden, die wir im Leben erleiden, macht sich als einer<br />
der Beiträge für die Alterung (Ageing) bemerkbar.<br />
Wann kommen solche Schäden bei uns vor? Ein wenig<br />
immer, unvermeidbar, aber in vermehrtem Maße dann,<br />
wenn besonders viele reaktive Spezies entstehen oder<br />
wenn die zellinterne Produktion der abwehrenden Enzyme<br />
nachlässt. Besonders viele reaktive Spezies entstehen,<br />
wenn chronische Krankheiten vorliegen, starke<br />
körperliche Belastung herrscht (Sport) oder durch Rauchen.<br />
Die Neuproduktion der abwehrenden Enzyme<br />
wie derum nimmt vor allem mit dem Alter ab.<br />
26
Kommen die aus Früchten/Beeren/Gemüse oder aus<br />
Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommenen Antioxidantien<br />
überhaupt bei den Körperzellen an? Das kommt<br />
sehr auf die einzelne diskutierte Substanz an. So weiß<br />
man, dass viele Polyphenole, auch das Quercetin aus<br />
dem Rotwein, von der Leber sofort nach Eintritt in die<br />
Blutbahn „konjugiert“, d. h. chemisch verändert werden,<br />
was ihre antioxidativen Eigenschaften deutlich verändert.<br />
Andere Polyphenole, z.B. Epigallocatechingallat<br />
aus grünem Tee, gehen jedoch zu einem deutlich messbaren<br />
Teil ins Blut über und bleiben dort unverändert,<br />
kommen also auch zu entfernteren Körperzellen.<br />
Welche biochemischen Schritte unternommen werden<br />
können, um den durch Radikale im menschlichen Körper<br />
angerichteten Schaden zu begrenzen oder gar<br />
wieder rückgängig zu machen, ist Gegenstand unterschiedlicher<br />
Denkschulen. Neben dem Ansatz über ein<br />
mengen mäßiges Zurverfügungstellen von Antioxidanzien<br />
un erwünschte Oxidanzien zu neutralisieren, gibt es seit<br />
jüngerer Zeit den Ansatz der SENS (Strategies for Engineered<br />
Negligable Senescence 2 ). Dort wird der Tat sache<br />
Rechnung getragen, dass über 90 % aller Sauerstoffradikale<br />
in den Mitochondrien entstehen und auch dort die<br />
hauptsächlichen Schäden anrichten, bevor im Alter vor<br />
allem solche Körperzellen, die nur noch geschädigte<br />
Mitochondrien aufweisen, zur weiteren Diffusion von<br />
Radikalen über die Zellwand hinaus führen. Es wird vorgeschlagen,<br />
im Zellkern die Expression solcher Proteine<br />
zu stimulieren, welche diese Kette der Aggregation<br />
geschädigter Mitochondrien in der Zelle verhindern.<br />
Verursacht die Gabe zusätzlicher nahrungsgebundener<br />
Antioxidantien andere für die Gesundheit vorteilhafte<br />
Effekte? Diskutiert werden z.B. gefäßschützende Eigenschaften.<br />
Ursache-Wirkungs-Denkmodelle dafür liegen<br />
vor. Auch hier aber gibt es noch keine eindeutige<br />
wissenschaftliche Beweislage für oder gegen die diskutierten<br />
Schutzmechanismen 3 . Das gleiche gilt für die<br />
Frage, ob die protektiven Effekte einzelnen diskreten<br />
Polyphenolen (als Antioxidantien) zugeordnet werden<br />
können, oder vielmehr einer Gesamtheit von Substanzen<br />
zusätzlich zu den betrachteten Polyphenolen bedürfen<br />
4 ).<br />
Es lässt sich mit Experimenten an Zellkolonien zeigen<br />
(durchgeführt am Istituto Kurz srl, Parma, Italien, ein<br />
Unternehmen der Institut Kurz Gruppe), dass einige Antioxidantien<br />
(z.B. das Polyphenol Epigallocatechingallat),<br />
wenn sie über die Blutbahn an Körperzellen herangeführt<br />
werden, z. B. an Zellen der Haut (Keratinozyten),<br />
dort im Experiment durchaus der Zelle helfen, sich gegen<br />
Angriffe zu verteidigen. Und es wird eine Überraschung<br />
erkennbar: Auch wenn ein Antioxidans chemisch<br />
im Lebensmittel recht stark ist (gemessen in<br />
ORAC-Einheiten), so muss sie deshalb die Körperzelle<br />
keineswegs besonders stark bei ihrem Abwehrkampf<br />
unterstützen (gemessen in CAA-Einheiten). Siehe obenstehendes<br />
Balkendiagramm gemessen an Hautzellen<br />
(Keratinozyten). (ORAC = Oxygen Radical Absorbance<br />
Capacity, CAA = Cellular Antioxi dant Activity)<br />
Vitamin C z. B. (ganz rechte Säulen) gibt trotz seiner<br />
passablen chemischen antioxidativen Kapazität (siehe<br />
Konservierung der Fruchtsäfte) eine nur vergleichsweise<br />
schwache Unterstützung an die Hautzelle bei ihrer<br />
Verteidigung gegen oxidative Angriffe. Dies ist ein weiterer<br />
Hinweis auf die Komplexität des Themas.<br />
27
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Wieweit sich die Ergebnisse solcher Experimente an Zellkolonien auf das Verhalten<br />
der Zellen im lebenden Menschen übertragen lassen (dort herrschen z. B. andere<br />
Signalwege zwischen den Zellen vor), ist eine weitere noch offene Frage.<br />
Hon. Prof. Dr. Helmut<br />
Weidlich<br />
Physiker; Spezialgebiet<br />
Molekulare Biophysik<br />
Geschäftsführer Institut<br />
Kurz GmbH, Fachlicher<br />
Beirat des NEM e. V.<br />
Zusammenfassend kann man sagen<br />
• Es gibt plausible Ursache-Wirkungs-Denkmodelle wie Antioxidantien auf den<br />
menschlichen Organismus zusammen oder mit anderen Nahrungsbestandteilen<br />
wirken könnten.<br />
• Diese Modelle sind durch beweiskräftige Studien bisher aber weder bewiesen<br />
noch widerlegt. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von Studien über Einzeleffekte,<br />
die aber noch keine geschlossene Beweisführung erlauben.<br />
• Die Frage, ob eine Übersupplementierung mit Antioxidantien gesundheitsschädliche<br />
Wirkungen haben kann, scheint sich je weniger zu stellen, je näher das verzehrte<br />
Produkt an natürlich vorkommende Früchte/Beeren/Gemüse heran kommt 5 ).<br />
• Die Entscheidung sich bewusst mit Antioxidantien aus Früchten/Beeren/Gemüse<br />
oder aus Nahrungsergänzungsmitteln zu versorgen, kann jeder für sich selbst<br />
treffen.<br />
Literatur:<br />
1 Assessment of Antioxidant Capacity in vitro and in vivo Etsuo Niki National Institute of Advanced Industrial<br />
Science &Technology, Health Technology Research Center, Ikeda, Osaka 563-8577, Japan<br />
Free Radical Biology & Medicine 49 (2010) 503–515<br />
2 Ending Aging, S. 77 ff<br />
Aubrey de Grey, Michael Rae<br />
St. Martin’s Grifi n, New York, 2007<br />
ISBN-13: 978-0-312-36707-7<br />
3 The Journal of <strong>Nutrition</strong><br />
Supplement: Antioxidant Activity of Polyphenols and Cardiovascular<br />
Risk — Application of the PASSCLAIM Criteria<br />
The Biological Relevance of Direct Antioxidant<br />
Effects of Polyphenols for Cardiovascular<br />
Health in Humans Is Not Established<br />
Peter C. H. Hollman, Aedin Cassidy, Blandine Comte, Marina Heinonen, Myriam Richelle,<br />
Elke Richling, Mauro Serafi ni, Augustin Scalbert, Helmut Sies, and Stéphane Vidry<br />
4 Protection by Flavanol-Rich Foods Against<br />
Vascular Dysfunction and Oxidative Damage: 27th Hohenheim Consensus Conference<br />
Helmut Sies, Peter C.H. Hollman, Tilman Grune, Wilhelm Stahl, Hans K. Biesalski, and Gary Williamson<br />
2012 American Society for <strong>Nutrition</strong>. Adv. Nutr. 3: 217–221, 2012; doi:10.3945/an.111.001578.<br />
5 Antioxidants in Food — Mere Myth or Magic Medicine?<br />
R. G. Berger, S. Lunkenbein, A. Ströhle & A. Hahn<br />
Crit Rev Food Sci 2012, 52, 162–171.<br />
28
Ernährung / Prävention<br />
Angeblicher fehlender Wirknachweis<br />
von Vitamin-Supple <br />
menten bei Kreislauf erkrank <br />
ungen – eine Behauptung in<br />
Pharma-gesponserten Studien<br />
Während die offizielle Medienpresse sich gierig auf alles stürzt,<br />
was den fehlenden Wirknachweis von Multivitamin-Supplementen<br />
unterstreicht, so gipfelt dies dann auch noch in dem Ausspruch<br />
des Editorials im Journal of Internal Medicine „genug ist genug“.<br />
Dieser Ausspruch bezieht sich auf drei Studien, die den fehlenden<br />
Wirknachweis von Multivitaminpräparaten unterstreichen<br />
sollen. Ganz einfach und doch offensichtlich, die Autoren haben<br />
bei der Abfassung der Artikel bewusst gelogen.<br />
So wurde in der 1. Publikation, einem Übersichtartikel<br />
von über 30 unterschiedlichen<br />
Vergleichsuntersuchungen bei ca. 400.000 Teilnehmern,<br />
der Effektivität von Multivitaminpräparaten nachgegangen.<br />
Im Editorial des Journal, dass diese Studie veröffentlichte,<br />
dem „Journal of Internal Medicine“, wird<br />
zwar behauptet, dass die Autoren keine eindeutigen<br />
Hinweise für eine vorteilhafte Wirkung von Vitamin-<br />
Supplements, was Krebs, Herzerkrankungen und Tod<br />
betrifft, finden konnten. Bei genauerer Analyse der publizierten<br />
Daten wird jedoch augenfällig, dass zumindest<br />
die tägliche Einnahme eines Multivitamins über<br />
einen Zeitraum von 12 Jahren, das Risiko an Krebs zu<br />
erkranken, um 10 % reduziert. Immerhin eine be merkenswerte<br />
Tatasache, über die die Zeitschrift „Annals of Internal<br />
Medicine“ geflissentlich hinwegsieht. Auch unterlässt<br />
es der Autor des Editorials bewusst darauf<br />
hinzuweisen, ob Multivitaminsupplements die einzige<br />
Form der Prävention darstellten, während Einflüsse wie<br />
Diät, körperliche Aktivitäten und sonstige Risikofaktoren<br />
nicht berücksichtigt wurden 1 . Immerhin wird dem<br />
Vitamin D3 doch ein möglicher positiver Nutzen zugesprochen,<br />
wobei wegen angeblich fehlender weiterer<br />
Studien zur möglichen Nebenwirkungsrate noch zusätzliche<br />
Untersuchungen abgewartet werden müssten, um<br />
eine definitiv positive Beurteilung abgeben zu können.<br />
29
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
In der 2. publizierten Studie bei > 6.000 männliche Ärzten<br />
(!) wird über einen Zeitraum von 10 Jahren der<br />
Frage der Verbesserung kognitiver Hirnleistung nachgegangen<br />
2 . Diese Studie ist eigentlich schon im Ansatz<br />
wertlos, weil die Autoren selbst zugeben mussten, dass<br />
die gewählten Vitamindosen viel zu niedrig lagen und<br />
sie noch nicht einmal genau darlegen konnten, welchen<br />
Inhalt eigentlich ihre verabreichten Multivitaminsupplemente<br />
enthielten.<br />
In der letzten Studie wurden < 1.500 Probanden nach<br />
Herzinfarkt dahingehend nachverfolgt, ob sie einem erneuten<br />
Herzinfarkt ausgesetzt waren. Nun können Sie<br />
als Leser es glauben oder nicht: die Multivitamineinnahme<br />
konnte bei 11 % der Probanden ein erniedrigtes<br />
Risiko für einen erneuten Herzinfarkt feststellen, ein<br />
Wert (so man der Statistik Glauben schenken darf), der<br />
sich zur Placebogruppe nicht signifi kant verhielt 3 . Immerhin<br />
ist diese Studie mit einer Ausfallrate (drop-out) von<br />
50 %, sowohl in der Placebo- als auch in der Verumgruppe<br />
so hoch belastet, dass die Aussage dieser Studie<br />
kaum als relevant angesehen werden kann. Hinzu<br />
kommt noch, dass die Compliance der Multivitamineinnahme,<br />
wie die Autoren selber bemerken, sehr gering<br />
war, so dass von einem echten (fehlenden) Wirknachweis<br />
der Vitamine kaum die Rede sein kann.<br />
Das Problem bei allen solchen, auch von den Medien<br />
aufgeschnappten Ergebnissen ist die Tatsache, dass sie<br />
sich auf das Editorial der in den Annals of Internal Medicine<br />
erschienenen drei Publikationen beziehen, einem<br />
von der Pharma gesponserten wissenschaftlichen Jounal,<br />
welches schon beim Aufschlagen der ersten Seiten<br />
sofort mit einer ganzen Seite gefüllt mit Reklamebildern<br />
zu einer ihrer Medikamengruppe ins Auge springt 4 .<br />
Man könnte meinen, die Aussage „seht her, alle Multivitamin-<br />
und Mineralsupplements taugen nichts – warum<br />
kauft ihr nicht gleich die Medikamente unseres Sponsors?“<br />
auf gutgläubige weil getäuschte Leser trifft. Worüber<br />
die Medien natürlich nicht berichten, ist die Tatsache,<br />
dass Pharmazeutika nicht unter den gleichen<br />
strengen Kriterien getestet werden wie Vitamine resp.<br />
sie in ihrem Wirkprofi l eigentlich einem Multivaminsupplement<br />
gegenübergestellt werden müssten. Wie<br />
also kann die mächtige Medienpresse diesen Fall als<br />
ab geschlossen hinstellen, wenn Pharmaka und Medikamente<br />
in realiter nicht in der Lage sind, chronische<br />
degenerative Erkrankungen die in der heutigen Zeit<br />
exponentiell zunehmen, zu verhindern? Diese Antwort<br />
30
Ernährung / Prävention<br />
wird alleine von den Multivitaminpräparaten erwartet.<br />
In diesem System von gesunden Halbwissen, Pseudowissenschaft<br />
und getürkten ja sogar wissentlich beschönigten<br />
Studienergebnissen sowie einer Pro-Pharma<br />
Lobby müssen sich Medikamente zur Belegung Ihrer<br />
Wirkeffektivität nicht den gleichen rigorosen Untersuchungskriterien<br />
stellen wie z. B. die Nahrungsergänzungsmittel.<br />
So z. B. gibt es keinen wissenschaftlich<br />
gesicherten Nachweis, dass eine Chemotherapie die<br />
Progression einer Krebserkrankung verhindert (sie sind<br />
selber krebserzeugende Mittel) oder, dass Statine die<br />
Lebensspanne verlängern helfen. Es gibt keinen Nachweis,<br />
dass bei dem Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätssyndrom<br />
(ADHS) Pharmaka wie Ritalin® in der Weiterentwicklung<br />
des Kindes zur Gesundung beitragen, resp.<br />
dass Antidepressiva in der Lage sind eine Depression<br />
zu heilen. Trotz aller Zweifel zur Wirksamkeit werden<br />
solche Medikamente durch medizinische Journalien<br />
überbewertet, wobei unsere meinungsbildende <strong>Press</strong>e<br />
bereitwillig ist, Aussagen in pharmagesponserten Studien<br />
kritiklos zu übernehmen, ohne sie auch nur im Ansatz<br />
zu hinterfragen.<br />
Es wird also auch hier wieder mit einer Doppelmoral<br />
geurteilt. Denn niemand fragt, ob Medikamente wirklich<br />
zur Gesundung führen, ein Unterfangen, dass jedoch<br />
regelmäßig von Vitaminen, Mineralien und Nahrungsergänzungsmitteln<br />
gefordert wird.<br />
Auch sind die im Journal of Internal Medicine aufgeführten<br />
Ergebnissen der drei Studien mit Multivitaminen<br />
insofern mit Skepsis zu werten, weil sie von vorneherein<br />
so ausgelegt sind, dass keine positiven Ergebnisse zu<br />
erwarten sind:<br />
1. Dies wird insofern offensichtlich wenn man liest,<br />
dass in allen Fällen nur billige, synthetische Vitamine<br />
von niedriger Qualität sowie anorganische Mineralien<br />
zum Einsatz gekommen sind.<br />
2. Es ist deswegen auch nicht überraschend, dass<br />
die Hersteller aller dieser qualitativ niedrigwertigen<br />
Multi vitamine eigentlich von Firmen stammen, die<br />
gleich zeitig auch Medikamente vertreiben.<br />
3. Es besteht somit auch ein nachweislich fi nanzielles<br />
Interesse, das Multivitamin-Formulierungen schlechter<br />
wegkommen müssen bzw. keinen nachweislich<br />
po sitiven Effekt mit sich bringen, damit Pharmainteressen<br />
nicht geschädigt werden. So z. B. handelte es<br />
sich bei dem im ersten Übersichtsartikel eingesetzten<br />
Vita min E um ein synthetisches, isoliertes Produkt,<br />
das schon seit langem in der Literatur als toxisch eingestuft<br />
wird 5 6 . Auch ist in dem Artikel bemerkenswert,<br />
dass die Autoren nicht das volle Spektrum der<br />
Vitamin E Abkömmlinge inklusive der Tocopherole berücksichtigt<br />
haben geschweige denn, dass die An tei le<br />
von Vitamin E im Essen mitberücksichtigt wurden.<br />
Eine Tatsache die für einen positiven Effekt auf das<br />
Herzkreislaufsystem als maßgeblich anzusehen ist.<br />
4. Nur auf Grund fehlender positiver Ergebnisse in den<br />
vorgestellten Vitaminvergleichsstudien, werden sofort<br />
alle Vitamine als gefährlich eingestuft. Und so ist<br />
es nicht verwunderlich, dass die Forschergruppe als<br />
Beispiel das gefährlichste Vitamin aus der Gruppe<br />
der synthetischen Vitamine herausgenommen haben,<br />
um anschließend aus den negativen Ergebnissen sofort<br />
alle Multivitamine als gefährlich einzustufen. So<br />
z. B. wurde beta-Karotin isoliert als synthetisches Vitamin<br />
untersucht und nicht als das Vitamin, wie man<br />
es in seiner ursprünglichen Anreicherung wie z.B in<br />
der Mohrrübe oder in einem Fruchtmix fi ndet! Es zeigen<br />
alle die Studienergebnisse eigentlich nur Eines:<br />
Synthetische, chemische-isolierte Vita mine sind im<br />
Rahmen der Gesunderhaltung nicht förderlich!<br />
Und nun raten Sie einmal, wer alle diese chemisch-synthetischen<br />
Vitaminpräparate herstellt? Es sind keine<br />
anderen als die großen Firmen Bayer und BASF, die<br />
gleichen Hersteller, die das Rohmaterial für pharmazeutische<br />
Prozesse auf den Markt bringen. Diese Firmen<br />
sind natürlich darauf aus, über die Laienpresse mit allen<br />
Ihnen zur Verfügung stehenden journalistischen<br />
Tricks und Verschleierungstaktiken bei der breiten Öffentlichkeit<br />
einen falschen Eindruck über Ernährung<br />
und Multivitamineinnahmen zu vermitteln. Indem „Multivitamine<br />
als völlig wertlos“ diskreditiert werden, können<br />
sie nicht zwischen Pharma-hergestellten synthetischen<br />
Multivitaminen und qualitativ hochwertigen, in<br />
Nahrungsmitteln enthaltenen Vitaminen differenzieren,<br />
die Vitamine, die von Anbeginn eigentlich für die<br />
Menschheit ausersehen waren, Gesundheit<br />
zu erhalten und Erkrankungen zu<br />
verhindern (= Präventivmedizin!).<br />
Es werden sich deshalb auch die<br />
Wissenschaftler niemals auf Unter<br />
suchungen mit essentiellen<br />
Ölen wie z. B. das Kokosnussöl,<br />
Essenskonzentraten oder auf<br />
Lebensmittelbasierende Nutrazeutika<br />
einlassen. D. h. hochwertige<br />
und gesunde In halts stoffen, die<br />
dem Körper über gewöhnliche Nahrung nicht<br />
[... mehr] aus reichend zur Verfügung gestellt<br />
werden und die der Körper mit der Essensaufnahme<br />
seit tausenden von Jahren aufnimmt<br />
und auch in der Lage ist als Vitamine<br />
zu erkennen, werden für die Gesunder haltung<br />
als sekundär angesehen. Forscher,<br />
die in Pharma-gesponserten Wissenschafts -<br />
journalen publizieren, werden niemals das<br />
volle Spektrum von hochwertigen Multivitaminkombinationen<br />
und Nahrungsergänzungsmitteln<br />
aus einem einfachen Grund untersuchen,<br />
weil die daraus abgeleiteten Ergebnisse, im<br />
Vergleich zu einem Medikament, positiv wären.<br />
31
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
pharmakologisches Präparat hat bislang irgendeine<br />
Krankheit beseitigt und kann auch ein einzelnes, isoliertes<br />
Vitamin nie die Ursache einer Erkrankung so weit<br />
verhindern, dass keine Symptome auftreten. Synthetische<br />
Medikamente können nur das Symptom maskieren,<br />
während im Hintergrund der eigentliche pathologische<br />
Prozess weiter abläuft. So wird z. B. mit einem<br />
Opiat als Symptom Schmerz beseitigt, aber nicht sein<br />
Auslöser. Mit einem Antihypertonikum wird z. B. beim<br />
Absetzen auch der Blutdruck deswegen wieder rasch<br />
ansteigen, weil die Ursache des Problems durch das<br />
Blutdruckmittel nicht angegangen wurde. Es wird künstlich<br />
auf die Physiologie dahingehend eingewirkt, dass<br />
der messbare Blutdruck gesenkt und eine Art Kosmetik<br />
betrieben wird.<br />
Wenn synthetische Vitamine schon zu fehlenden positiven<br />
Ergebnissen führen, wie erst desaströs sind die<br />
Ergebnisse von vollsynthetisch hergestellten Medikamenten<br />
bei chronischen Erkrankungen einzustufen!<br />
Syn thetische Medikamente wie z. B. alle Säureblocker,<br />
Anti hypertensiva, Antidiabetika, Cholesterinsenker wie<br />
die Sta tine, Cholinesterasehemmer gegen Alzheimer,<br />
Osteoporosepräparate usw. sind eigentlich Pharmaka,<br />
die im Organismus in den physiologisch-chemischen<br />
Abläufen eingreifen. Der eigentliche Wirkmechanismus<br />
ist in den meisten Fällen die Blockade eines bestimmten<br />
chemischen Prozesses mit dem Ergebnis, hierdurch<br />
die Symptome zu kontrollieren zu wollen, ohne jedoch<br />
auf die eigentliche Ursache des Problems hinzuwirken.<br />
Qualitativ hochwertig Multivitaminsupplements, Vollwertnahrung,<br />
medizinische Pflanzen und organische<br />
Essenskonzentrate sind bezüglich ihres präventiven<br />
Charakters unübertroffen, indem sie die Ursache einer<br />
Erkrankung, bevor sie sich in Form von Symptomen<br />
zeigt, angehen. Sie greifen direkt an der Ursache an,<br />
ganz im Gegensatz zur reinen Symptomtherapie. Kein<br />
Es sind deshalb auch alle pharmaorientierten Mediziner<br />
und insbesondere die Pharmafirmen nebst ihrer pharmagesponserten<br />
wissenschaftlichen Journale nur auf<br />
eines aus: Mehr Medikamente soll die Menschheit einnehmen<br />
und Heilung kann nie nicht durch Nahrung erreicht<br />
werden! Dies obgleich Hippokrates schon vor<br />
tausenden von Jahren dem Menschen empfohlen hatte:<br />
Lasst Essen Eure Medizin sein!“ Somit bestehen die eigentlichen<br />
Motive der Zeitschrift Annals of Internal Medicine<br />
mit ihren Wissenschaftlern nur darin, mit Hilfe<br />
von betrügerischen-wissenschaftlich aufgemachten billigen<br />
Ergebnissen, dem Leser die zentrale Botschaft<br />
zu vermitteln: Vertraue keinem Multivitamin, sondern<br />
nur den Medikamenten. Indem die Multivitamine diskreditiert<br />
werden, wird gleichzeitig der Leser einer Hirnwäsche<br />
unterzogen und ihm glauben gemacht, dass<br />
Pharmaka eigentlich als die „notwendigen Vitalstoffe<br />
an zusehen sind, um zu überleben“. Das ist, auf einen<br />
Nenner gebracht, die Perversion in der heutigen Medizin:<br />
Der Mensch ist eigentlich ein inkomplettes Subjekt<br />
und bedarf der medizinischen Intervention durch Impfungen,<br />
der modernen Krebstherapie, wirkstarken psychotherapeutischen<br />
Medikamenten oder alternativer<br />
chemischer Verbindungen, damit er wieder als Ganzes<br />
dasteht.<br />
Literatur:<br />
1 Fortmann, S.P., et al., Vitamin and Mineral Supplements in the Primary Prevention of Cardiovascular Disease and Cancer:<br />
An Updated Systematic Evidence Review for the U.S. Preventive Services Task Force. Ann Intern Med, 2013. 159: p.<br />
824-834.<br />
2 Lamas, G.A., et al., Oral High-Dose Multivitamins and Minerals After Myocardial Infarction. A Randomized Trial. Ann<br />
Intern Med, 2013. 159: p. 797-804.<br />
3 Grodstein, F., et al., Long-Term Multivitamin Supplementation and Cognitive Function in Men: A Randomized Trial. Ann<br />
Intern Med, 2013. 159: p. 806-814.<br />
4 Guallar, E., et al., Enough Is Enough: Stop Wasting Money on Vitamin and Mineral Supplements. Ann Intern Med, 2013.<br />
159: p. 850-851.<br />
5 Bronstein, A.C., et al., 2009 Annual Report of the American Association of Poison Control Centers' National Poison Data<br />
System (NPDS): 27th Annual Report. Clin Toxicol (Phila), 2010. 48: p. 979-1178.<br />
32
Anzeige /<br />
Die moderne reduktionistische Wissenschaftsmedizin<br />
möchte eigentlich nur Medikamente aus Ihrer Palette<br />
vermarkten; um das zu tun, müssen jedoch erst die<br />
existenten Multivitamine diskreditiert werden. Erst<br />
wenn der Gedanke an Multivitamine eliminiert ist, können<br />
die Indikationen z. B. für Statine auch schon auf<br />
Jugendliche erweitert werden 7 , wird die Fluoridierung in<br />
Bezug auf einen gesunden Zahnstatus weiter (trotz der<br />
von Fluor ausgehenden Toxizität) propagiert und wird<br />
über die Wirkverstärker Quecksilber, Aluminium und<br />
Mononatriumglutamat (alles Neurotoxine) in Impfmitteln<br />
die Prävention bei z. B. Grippepräparaten weiterhin<br />
beim Bundesbürger angepriesen. Es bleibt festzuhalten,<br />
dass alle Wissenschaftler im festen Glauben daran,<br />
dass Nahrungsmittel nicht Krankheiten verhindern können<br />
und vom medizinischen Standpunkt her auch dazu<br />
völlig ungeeignet sind, nur Pharmazeutika anpreisen.<br />
Denn nur Medikamente sind in der Lage zu heilen oder<br />
Erkrankungen zu verhindern, eine Behauptung, die<br />
durch nichts belegt werden kann. Ihre Einstellung basiert<br />
auf der Annahme, dass organische Nahrungsbestandteile<br />
keinen besonderen Wert haben und insbesondere<br />
Kräuter ohne jeglichen Effekt sind. Das, was<br />
eigentlich hilft, ist ihrer Meinung nach genmodifizierte<br />
Nahrung, sind Impfungen zur Prävention, sind Medikamente<br />
und eine Chemotherapie der einzig richtige Weg,<br />
um zu einer dauerhaften und stabilen Gesundheit zu<br />
gelangen.<br />
Prof. Dr. med. Enno Freye<br />
Arzt; Spezialgebiete<br />
Spezielle Schmerz t hera pie,<br />
Anästhe si o lo gie, Intensivmedizin<br />
und Suchttherapie,<br />
Nutra zeutika, Mikro nährstoffe,<br />
funktionelle Medizin,<br />
Rena turierung<br />
Fachlicher Beirat des NEM e.V.<br />
6 http://www.aapcc.org/annual-reports., Centers' National<br />
Poison Data System. Annual Reports., in American<br />
Association of Poison Control, 2012.<br />
7 Goff, D.C.J., et al., 2013 ACC/AHA Guideline on the Assessment<br />
of Cardiovascular Risk: A Report of the American<br />
College of Cardiology/American Heart Association<br />
Task Force on Practice Guidelines Circulation, 2013.<br />
doi:10.1161/01.cir. 0000437741.48606.98.<br />
33
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Eins haben alle Kunststoffe gemeinsam: Wir<br />
benutzen sie sehr selbstverständlich in unserem<br />
Alltag. Sie können die unterschiedlichsten Eigenschaften<br />
annehmen und sind dadurch praktisch universell<br />
einsetzbar. Auf den ersten Blick also eine sehr nützliche<br />
Errungenschaft unserer Gesellschaft. Die Idee,<br />
natürliche Substanzen zu verändern und den menschlichen<br />
Bedürfnissen anzupassen ist verhältnismäßig alt.<br />
Bereits 1.600 vor Christus wurden Gegenstände aus<br />
Latex, dem Milchsaft des Kautschukbaums, gefertigt.<br />
Der Durchbruch der Kunststoffproduktion wurde allerdings<br />
erst im Zuge der Industrialisierung, den 30iger<br />
Jahren des letzten Jahrhunderts, erzielt. Seitdem werden<br />
aus der natürlichen, - und nach unserer Vorstellungendlichen<br />
Ressource Mineralöl, Kunststoff, oder auch<br />
Plastik, hergestellt. Weltweit wird heutzutage jährlich<br />
ein Äquivalent zum Gewicht der gesamten Menschheit<br />
(Kunststoffproduktion etwa 288 Mio. Tonnen, Quelle:<br />
die Zeit) in der Kunststoffproduktion erreicht. Die Anwendungsgebiete<br />
sind dabei unterschiedlich und nicht<br />
immer offensichtlich. So wurde jüngst von Mikroplastikpartikeln<br />
(Kunststoffpartikel < 5mm) in Kosmetika,<br />
vor allem in Duschpeelings und auch Zahnpasta und<br />
sogar im Trinkwasser berichtet. Der Gedanke, dass wir<br />
bereits beim Zähneputzen den ersten oralen Kontakt<br />
mit Plastik haben, verunsichert viele Verbraucher. Genauso<br />
wie Meldungen von Mikroplastikpartikeln im<br />
Trinkwasser oder im Honig, also unserer Nahrung. Wie<br />
steht es nun um den Einsatz bzw. die Präsenz von Mikroplastik<br />
in unserer Nahrung? Über welche potentiellen<br />
Wege gelangt Mikroplastik in die Nahrung? Oder ganz<br />
generell: Welche Gefahren gehen von Mikroplastik<br />
grundsätzlich aus?<br />
Diese Fragen sind nach aktuellem Forschungsstand<br />
noch nicht eindeutig geklärt, dennoch möchte ich Ihnen<br />
einen kurzen Zwischenbericht geben. Anfangen<br />
möchte ich diesen Bericht mit einer Einführung zur Forschung<br />
zum Thema Mikroplastik. Dieses Themengebiet<br />
ist in der Forschung noch sehr neu. Erst seit etwa fünf<br />
Jahren befassen sich immer mehr Forschungsgruppen<br />
mit der Thematik. Das liegt zunächst daran, dass wir<br />
Dr. Rebecca Störmer<br />
Mikrobiologin<br />
www.sustainable-me.de<br />
Die unsichtbare<br />
Gefahr –<br />
Mikroplastik<br />
in Lebensmitteln?<br />
uns dem Ausmaß und der Bedeutung der Kunststoffproduktion<br />
und des Konsums nicht bewusst waren. Nun<br />
berichteten im vergangenen Jahrzehnt mehr und mehr<br />
Satellitenbilder, Segler oder andere mit dem Meer verbundenen<br />
Völker von der zunehmenden Vermüllung<br />
unseres Planeten. Es gibt unterschiedliche Zahlen und<br />
das Gesamtausmaß ist aufgrund der komplexen Situation<br />
(Müllstrudel befi nden sich oftmals in den Weiten der<br />
Weltmeere, fehlende Technologien einiger Ländern,<br />
Dunkelziffern) nur schwer abschätzbar. Die Werte<br />
schwanken um die unvorstellbare Zahl von 150 Millionen<br />
Tonnen Müll, von denen, wieder geschätzt, 80 %<br />
Plastikmüll sind. Die Problematik des Plastikmülls ist<br />
schnell erklärt. Ein natürlicher Rohstoff wird synthetisch<br />
so verändert, dass unser Planet das Endprodukt<br />
eventuell nicht mehr abbauen kann. Die Kunststoffberge<br />
werden also bestenfalls mechanisch zerrieben und<br />
enden als Kleinstpartikel (Mikroplastik). Das geschieht<br />
im Übrigen bereits dann, wenn wir unsere Wäsche waschen<br />
und sich die feinen Kunststofffasern von unserer<br />
synthetischen Kleidung lösen. Die Partikel gelangen somit<br />
ins Abwasser und in die Kläranlagen, dort werden<br />
sie (hoffentlich) rausgefi ltert. Wie gut solche Filteranlagen<br />
funktionieren, wird derzeit unter Hochdruck untersucht.<br />
Es ist durchaus denkbar, dass, je nach Typ der<br />
Kläranlage, nicht alle Partikel erfolgreich aus dem Was-<br />
34
Mikroplastikpartikel<br />
ser gefi ltert werden. Ähnlich wie Pharmazeutika könnten sie also in unsere Flüsse<br />
und ins Grundwasser und damit in unsere Umwelt gelangen. Unter Umständen also<br />
auch in unsere Nahrung. Mikroplastikpartikel könnten, nach jetzigem Kenntnisstand,<br />
vor allem indirekt in unsere Nahrung, gelangen. Eine derzeitige Fachliteraturrecherche<br />
zu diesem Thema ergibt unterschiedlichste methodische Herangehensweisen<br />
und dementsprechend positive, sowie negative Befunde. Die Methodenentwicklung<br />
zum Thema Mikroplastikpartikel steckt noch in den Kinderschuhen und eine verlässliche<br />
Risikobewertung ist derzeit noch nicht ausreichend möglich.<br />
Was bleibt also an dieser Stelle zur Problematik von Mikroplastikpartikeln in Nahrungsmitteln<br />
zu sagen? Über die Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf den<br />
Menschen liegen, eben wegen der „Neuheit“ des Problems, noch keine zuverlässigen<br />
Studien vor. Eins jedoch wird klar: Kunststoffe können aller Wahrscheinlichkeit nicht<br />
von der Natur, also auch nicht von uns, abgebaut werden. Erste Untersuchungen an<br />
Meeresorganismen zeigen, dass die Verabreichung von Mikroplastik zu Entzündungen<br />
von Geweben und Organen, wie der Leber, führen kann. Mein persönlicher Rat:<br />
Versuchen Sie sich so umsichtig und bewusst wie möglich zu ernähren und fordern<br />
Sie, wo immer sie können, ein Höchstmaß an Transparenz und Aufklärung, besonders<br />
im Bereich Lebensmittel, frei nach dem Motto: Du bist, was Du isst. So können<br />
wir alle einen Beitrag leisten, dass die potentielle Gefahr von Mikroplastikpartikeln in<br />
unserer Nahrung zufriedenstellend und zügig untersucht wird.<br />
35
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
in den öffentlichen Apotheken<br />
und im Apotheken-Versand <br />
handel wachsen wieder<br />
Die Nahrungsergänzungsmittel konnten nach einem geringen Umsatzwachstum<br />
im Jahr 2012 (+ 1,4 %) im vorigen Jahr wieder eine positivere<br />
Entwicklung verzeichnen. Insgesamt wuchs der Umsatz zu Endverbraucherpreisen<br />
im Jahr 2013 um +2,7 % auf 479 Millionen Euro.<br />
Der Absatz in Packungen stagnierte im Jahr<br />
2012 (+0,4 %), konnte aber im Jahr 2013 wieder an das<br />
Umsatzwachstum anschließen und erreichte mit 37,2<br />
Millionen Packungen +2,6 % mehr als im Vorjahr. Dabei<br />
wurde das Wachstum ausschließlich durch die sehr dynamische<br />
Entwicklung der Versand-Apotheken getragen,<br />
während sich die Offizin-Apotheken negativ entwickelten.<br />
Die Versand-Apotheken konnten im letzten<br />
Jahr um + 24 % nach Absatz und um +25 % nach Umsatz<br />
zulegen. Dagegen mussten die Offizin-Apotheken einen<br />
Rückgang um - 0,4 % nach Absatz und um - 1,3 % nach<br />
Umsatz hinnehmen.<br />
Durch die anhaltend sehr positive Entwicklung der Nahrungsergänzungsmittel<br />
in den Versandapotheken stieg<br />
der Umsatzanteil dieses Vertriebskanals in den letzten<br />
beiden Jahren um 6,5 Prozentpunkte auf fast 19 % im<br />
Jahr 2013. Nach Packungsabsatz liegt der Anteil aktuell<br />
bei 15 %, vor zwei Jahren waren es noch 10 %. So wurden<br />
im Jahr 2013 5,5 Millionen Packungen und etwas mehr<br />
als 90 Millionen Euro aus den Versandhandelsapotheken<br />
an den Endverbraucher verkauft.<br />
Die Offizin-Apotheken dagegen verloren entsprechend<br />
Anteile und konnten im Jahr 2013 31,7 Millionen Packungen<br />
Nahrungsergänzungsmittel mit einem Wert<br />
von 388,7 Millionen Euro absetzen. Im Jahr 2011 waren<br />
es noch 32,5 Millionen Packungen mit einem Wert von<br />
gut 402 Millionen Euro.<br />
36
Anzeige /<br />
Ernährung / Prävention<br />
Dass in den Versandapotheken tendenziell größere<br />
(und teurere) Packungen gekauft werden, spiegelt sich<br />
im rechnerischen Durchschnittspreis von 16,34 Euro<br />
wieder, der gegenüber 2012 auch noch einmal um<br />
10 Cent gestiegen ist. In der Offizin dagegen liegt der<br />
rechnerische Durchschnittspreis aktuell bei 12,44 Euro,<br />
das waren 11 Cent weniger als 2012.<br />
Weil sich die Vertriebskanäle Offizin und Versandhandel<br />
insgesamt sehr ähnlich entwickelt haben, hat sich der<br />
Anteil der Nahrungsergänzungsmittel am Gesamt-OTC-<br />
Markt in den Kanälen praktisch nicht verändert. Der<br />
Absatzanteil der Nahrungsergänzungen in der Offizin<br />
liegt fast unverändert bei 3,2 % (- 0,1 %), im Versandhandel<br />
erreichen sie 5,5 % (+ 0,4 %) der Packungen.<br />
Nach Umsatz ist der Anteil im Versandhandel bereits<br />
doppelt so groß wie in der Offizin – im Jahr 2013 erreichten<br />
die Nahrungsergänzungen dort 8,3 % Marktanteil<br />
(+ 0,4 %), in der Offizin nur 4,1 % (- 0,2 %). Den weit<br />
überwiegenden Anteil an den Nahrungsergänzungen decken<br />
Vitamine und Mineralstoffe ab, sie machen über<br />
60 % des Umsatzes in der Offizin aus, da auch die Gruppe<br />
„Weitere Nahrungsergänzungen und Diäten“ überwiegend<br />
Vitamin-Mineralstoff-Kombinationen enthält.<br />
37
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Die Antidiarrhoika, hier sind es überwiegend Mikroorganismen-Produkte, Fischölund<br />
Omega 3 Produkte, Mus kel-Gelenk-Präparate, Urologika und Haut-Haare-Nägel-<br />
Produkte folgen in der Umsatzbedeutung. Damit decken die führenden acht Produktgruppen<br />
bereits mehr als 80 % des Nahrungsergänzungsmarktes nach Umsatz<br />
ab und sorgen damit für eine nachhaltige Markt-Konzentration. Einen Umsatzzuwachs<br />
konnten hierbei hauptsächlich die Mineralstoff-Präparate verzeichnen.<br />
Auch die Herstellerkonzentration nach Umsatz ist relativ hoch, und sie hat in den<br />
letzten Jahren zugenommen. In der Offizin erreichen die führenden 10 Hersteller, die<br />
Nahrungsergänzungen anbieten, im Jahr 2013 bereits 37 % des Gesamtumsatzes,<br />
die führenden 20 Hersteller erreichen zusammen 48 %. Im Versandhandel erreichen<br />
die führenden 10 Hersteller 31 %, die führenden 20 ebenfalls 48 %. Vor zwei Jahren<br />
erreichten die führenden 20 Hersteller im Versandhandel zusammen 46 %, in der<br />
Offizin 43 % des Umsatzes.<br />
INSIGHT Health GmbH & Co. KG, Waldems-Esch, OTC Services<br />
Kerstin Büttel und Michael Hensoldt<br />
Telefon: 06126-955-430 oder -57,<br />
E-Mail: KBuettel@insight-health.de oder MHensoldt@insight-health.de<br />
Quelle: Apotheken Channel Monitor <strong>2014</strong><br />
38
Recht<br />
Vorschlag zur Novellierung<br />
der Novel-Food-Verordnung<br />
258/97/EG<br />
Zahlreiche Unternehmen der Lebensmittelindustrie kennen das<br />
Problem. Innovative Rezepturen werden immer häufiger durch<br />
die juristische Problematik der sogenannten Novel-Food-Verordnung<br />
258/97/EG behindert. Danach bedürfen alle neuartigen Lebensmittel<br />
vor dem ersten Inverkehrbringen einer Genehmigung auf<br />
euro päischer Ebene. Als neuartig gelten danach alle Lebensmittelzutaten,<br />
die nicht vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem<br />
Umfange irgendwo in der europäischen Union als Lebensmittel<br />
verwendet wurden. Während dies für Mikroorganismen, Pilzen<br />
und Algen alleiniges Tatbestandsmerkmal war, gilt für alle andere<br />
Zu taten, dass zudem nicht einer der weiteren Tatbestände erfüllt<br />
sein durfte, insbesondere es sich um Pflanzen oder Pflanzenisolate<br />
handelt, die nicht erfahrungsgemäß unbedenklich waren<br />
oder mit veränderter Molekularstruktur oder mit neuartigen Herstellungs<br />
verfahren produziert wurden, die zu einer nennens werten<br />
Veränderung des Nährwertes, des Stoffwechsels oder des Gehaltes<br />
an un erwünschten Stoffen führen.<br />
In den letzten Jahren hat sich hierzu die<br />
Rechtsprechung signifikant verschärft, so<br />
ist der Bundesgerichtshof zum Beispiel zumindest von<br />
einer sekundären Beweislast im Wettbewerbs prozess<br />
aus gegangen. Das heißt, wenn der Wettbewerber substantiiert<br />
eine Novel-Food-Eigenschaft glaubhaft gemacht<br />
hat, muss der Inverkehrbringer nach weisen,<br />
dass es sich bei seinem Produkt nicht um Novel-Food<br />
handelt.<br />
Es ist offensichtlich, dass in der Praxis erhebliche Beweisschwierigkeiten<br />
bestehen, wenn Nachweise für die<br />
Zeit von vor 1997 vorgelegt werden müssen. Teile der<br />
Rechtsprechung fordern hier zudem sehr spezifische<br />
Nachweise in Form von Rechnungen, Lieferscheinen,<br />
eidesstattlichen Versicherungen etc. Bloße Verweise<br />
auf Lebensmittellexika, Sachverständigengutachten<br />
oder auch der Novel-Food-Katalog der Europäischen<br />
Kommission wurden dagegen nicht immer anerkannt.<br />
39
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Dies führte wiederholt dazu, dass innovative Lebensmittelproduktentwicklungen<br />
einem erheblichen Rechtsrisiko<br />
unterlagen. Darüber hinaus führte dies im Gru nde<br />
zu einer Abschottung der Europäischen Union auch<br />
gegenüber langjährig sicheren Präparaten zum Beispiel<br />
aus Südamerika, Afrika oder auch Asien.<br />
Das bisherige Genehmigungsverfahren zeichnete sich<br />
durch einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand aus.<br />
Die entsprechenden Genehmigungen waren allein auf<br />
den Antragsteller bezogen. Wettbewerber konnten jedoch<br />
im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens einen<br />
Antrag auf wesentliche Gleichwertigkeit stellen, ohne<br />
das vollständige Genehmigungsverfahren noch einmal<br />
durchlaufen zu müssen.<br />
Der letzte Novelierungsversuch zwischen den europäischen<br />
Mitgliedstaaten kam aufgrund erheblicher Meinungsverschiedenheiten<br />
zwischen den Mitgliedstaaten<br />
nicht zustande.<br />
Nun liegt ein erneuter Verordnungsvorschlag der Kommission<br />
vom 18. Dez. 2013 vor. Günstig für die Lebensmittelindustrie<br />
ist, dass das bisherige System der Einzelzulassungen<br />
für den jeweiligen Antragsteller aufgehoben<br />
werden soll. Vielmehr soll nun eine generische<br />
Zulassung für das Produkt als solches erfolgen, so dass<br />
auch das vereinfachte Modifi zierungsverfahren der wesentlichen<br />
Gleichwertigkeit überfl üssig wird.<br />
Ferner sollen sämtliche Zulassungsanträge an die Europäische<br />
Kommission gerichtet werden, die dann für<br />
die Prüfung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit die<br />
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)<br />
einschalten würde.<br />
Die EFSA, wie auch die Kommission haben jeweils 9<br />
Monate Zeit für ihre Entscheidungsbildung.<br />
Neuartige Lebensmittel, die bereits über eine Zu lassung<br />
verfügen, dürfen weiterhin vermarktet werden.<br />
Zu beachten ist allerdings, dass für solche Lebensmittel,<br />
die aktuell rechtmäßig im Verkehr sind, nach der<br />
neuen Defi nition aber unter dem Begriff der neuartigen<br />
Lebensmittel fallen, Zulassungsanträge gestellt werden<br />
müssen, zu denen die Mitgliedstaaten innerhalb von<br />
4 Monaten Stellung nehmen müssen.<br />
Die Begriffsbestimmung des neuartigen Lebensmittels<br />
wird nicht verengt, sondern sogar noch erweitert. Denn<br />
nunmehr soll als alleiniges Kriterium entscheidend sein,<br />
ob die Zutat bereits vor dem 15. Mai 1997 in nenn enswertem<br />
Umfang irgendwo in der EU als Lebensmittel<br />
verwendet wurde oder nicht. Die bisherigen zu sät z lichen<br />
Tatbestände sollen ersatzlos wegfallen. Dies führt im<br />
Zweifel dazu, dass noch mehr Lebensmittel als Novel-<br />
Food und damit als genehmigungspfl ichtig eingestuft<br />
werden.<br />
Vorteilhaft ist dagegen, dass erstmals ermöglicht werden<br />
soll, den zulässigen Vertrieb von Lebensmitteln zu<br />
ermöglichen, die traditionell in Drittländern sicher vertrieben<br />
werden.<br />
Als solche traditionelle Lebensmittel aus einem Drittland<br />
gelten andere neuartige Lebensmittel, die aus der<br />
Primärproduktion stammen und für die ein Nachweis<br />
über ihre sichere Verwendung als Lebensmittel in<br />
einem Drittland vorliegt. Von einer traditionell nachgewiesenen<br />
sicheren Verwendung als Lebensmittel in<br />
einem Drittland wird ausgegangen, wenn die Sicherheit<br />
des fraglichen Lebensmittels durch Daten über die<br />
Erfahrung mit der fortgesetzten Verwendung über mindestens<br />
25 Jahre hinweg als Bestandteil der üblichen<br />
Ernährung in weiten Teilen der Bevölkerung eines Drittlands<br />
belegt worden ist.<br />
Ebenfalls stellt der Verordnungsentwurf klar, dass Lebensmittel,<br />
die vor dem 15. Mai 1997 in der Union ausschließlich<br />
in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet<br />
wurden, nur für diese Produktkategorie kein Novel-Food<br />
sind. Für die Verwendung in anderen Lebensmitteln<br />
werden sie als Novel-Food qualifi ziert und umgekehrt.<br />
Dies war bisher eine in der Praxis streitige Frage. Zum<br />
Teil haben die deutschen Behörden sowie auch die<br />
Euro päische Kommission die Auffassung vertreten,<br />
40
Ernährung / Prävention Recht<br />
dass dies schon der aktuellen Rechtslage entspricht.<br />
Zu Recht hat dagegen zum Beispiel das VG München<br />
entschieden, dass der Wortlaut des Art. 1 der Novel-<br />
Food-Verordnung 258/97/EG Lebensmittel ge ne rell<br />
betrifft und nicht zwischen Nahrungsergänzungsmitteln<br />
und sonstigen Lebensmitteln unterschieden werden<br />
kann.<br />
Durch die neue Verordnung soll eine Unionsliste mit zugelassenen<br />
neuartigen Lebensmitteln publiziert werden.<br />
Wenn der Antragsteller eine mindestens 25-jährige sichere<br />
Verwendung als Lebensmittel in einem Drittland,<br />
zum Beispiel Asien, nachweisen kann und wenn die Mitgliedstaaten<br />
und die EFSA in diesem Fall keine Sicherheitseinwände<br />
vorbringen, die wissenschaftlich valide<br />
begründet sein müssen, darf das Lebensmittel in die<br />
Unionsliste aufgenommen und vertrieben werden.<br />
Verordnung im Rahmen der Defi nition faktisch ausgeweitet<br />
wird und alle Zutaten, die nicht vor dem<br />
15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der Union<br />
für den menschlichen Verkehr verwendet wurden, als<br />
neuartig gelten.<br />
Nicht erfasst sein sollen jedoch, wie bisher Lebensmittelenzyme,<br />
Lebensmittelzusatzstoffe, Lebensmittelaromen<br />
und Extraktionslösungsmittel.<br />
Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass auch<br />
mit diesem Verordnungsvorschlag, sollte er denn umgesetzt<br />
werden, kein großer Wurf für die innovative Entwicklung<br />
von Lebensmitteln ermöglicht wird.<br />
Werden dagegen begründete Einwände vorgebracht,<br />
bedarf es einer Bewertung durch die EFSA und danach<br />
einem normalen Zulassungsverfahren wie bisher.<br />
Die Verordnung soll zwei Jahre nach dem Inkrafttreten<br />
Geltung erlangen. Zunächst bedarf es jedoch einer Einigung<br />
auf politischer Ebene. Aktuell ist, sollte es zu einer<br />
Einigung kommen, nicht davon auszugehen, dass die<br />
Verordnung vor 2016 in Kraft tritt und dann ab 2018 angewendet<br />
werden kann.<br />
Dr. jur. Thomas Büttner<br />
Rechtsanwalt und<br />
lebensmittelrechtlicher<br />
Beirat des NEM e.V.<br />
So begrüßenswert die Möglichkeit eines vereinfachten<br />
Verfahrens für traditionell sichere Lebensmittel aus<br />
Drittstaaten ist, so negativ muss jedoch bewertet werden,<br />
dass der Anwendungsbereich der Novel-Food-<br />
41
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Die Betriebswirtschaftliche<br />
Auswertung – Vom Zahlenfriedhof<br />
zum Führungsinstrument<br />
Beinahe jeder Unternehmer kennt sie, die Betriebswirtschaftliche Auswertung<br />
– kurz „BWA“. Diese wird in der Regel monatlich auf der Grundlage<br />
der Finanzbuchhaltung erstellt und danach dem entsprechenden Entscheidungsträger<br />
vorgelegt. Aus unserer Erfahrung zeigt sich allerdings,<br />
dass nicht jeder Unternehmer sich dann auch eingehend mit dieser Auswertung<br />
befasst – und damit eine hilfreiche Informationsquelle und ein<br />
wichtiges Steuerungsinstrument nicht, oder zumindest nicht optimal, nutzt.<br />
Die Gründe hierfür sind vielfältig, sei es, dass z. B. der Umfang der enthaltenen<br />
Zahlen und Werte auf den ersten Blick eher abschreckend wirken,<br />
dass notwendige Grundkenntnisse nicht ausreichend vorhanden sind, oder,<br />
dass die Aussagekraft einer solchen Auswertung als gering eingeschätzt<br />
wird. Dieser Artikel soll daher sowohl dem ungeübten Unternehmer einen<br />
ersten Überblick über die Funktionen und die verschiedenen Auswertungsmöglichkeiten<br />
– „die“ BWA existiert nämlich schlichtweg nicht – sowie<br />
die enthaltenen Kennzahlen geben, aber auch Anregungen für die Praxis<br />
für diejenigen bieten, welche bereits mit Betriebswirtschaftlichen Auswertungen<br />
arbeiten, aber dieses Thema weiter vertiefen möchten.<br />
In einem Satz ausgedrückt ist die Betriebswirtschaftliche Auswertung eine<br />
„Auswertung der Finanzbuchhaltung für betriebswirtschaftliche Zwecke“.<br />
Aus ihr werden die sogenannten Chefkennzahlen oder auch Frühindikatoren zur<br />
Steuerung des Unternehmens abgeleitet. Bei modernen Buchhaltungsprogrammen<br />
kommt die BWA dabei scheinbar automatisch „auf Knopfdruck“ heraus. Die Annahme,<br />
dass bei einer ordentlichen Buchführung auch umgehend „sinnvolle“ Ergebnisse<br />
herauskommen, ist jedoch falsch – die Finanzbuchhaltung erfolgt nämlich grundsät-<br />
42
Betriebswirtschaft<br />
lich nicht nach betriebswirtschaftlichen, sondern vorrangig<br />
nach rechtlichen Gesichtspunkten (z. B. im Hinblick<br />
auf umsatzsteuerliche, lohnsteuerliche oder sozialversicherungsrechtliche<br />
Vorschriften). Ohne entsprechende<br />
Zusatzbuchungen ist die Aussagekraft einer<br />
BWA somit nicht gegeben. Verlässt der Unternehmer<br />
sich ohne entsprechende Anpassungen auf die reinen<br />
Buchführungsdaten besteht gar die Gefahr, ein völlig<br />
falsches Bild der Unternehmenslage zu bekommen und<br />
fatale Entscheidungen zu treffen. Diesen Aspekt werden<br />
wir im weiteren Verlauf noch einmal aufgreifen. Es<br />
gilt also, zunächst festzulegen, welche Werte und Informationen<br />
für ein Unternehmen von besonderer Bedeutung<br />
sind und welche Schritte notwendig sind, um<br />
diese Informationen verlässlich zur Verfügung gestellt<br />
zu bekommen.<br />
Ausgangspunkt sollte zunächst eine „Standard“-BWA<br />
sein, welche von Seiten der entsprechenden Software-<br />
Hersteller (z. B. DATEV e.G.) angeboten werden. Ziel ist<br />
dann die Entwicklung einer an die individuellen Bedürfnisse<br />
des Unternehmens angepassten „Qualifi zierten“<br />
BWA. Hier empfi ehlt sich natürlich auch das Beratungsgespräch<br />
mit Ihrem Steuerberater, der in der Regel sowohl<br />
mit den Möglichkeiten verschiedener Auswertungen,<br />
als auch mit den Besonderheiten Ihres Unternehmens<br />
vertraut ist.<br />
Grundlegendes zu Funktionen und Formen der BWA:<br />
Die BWA spiegelt Ihre Unternehmensdaten in komprimierter<br />
Form wieder. Die im Rechnungswesen systematisch<br />
verbuchten Geschäftsvorfälle stellen dabei die<br />
Grundlage einer jeder BWA dar und werden strukturiert<br />
aufbereitet. Anhand der BWA können somit unterjährig<br />
Informationen zur Steuerung und Kontrolle des Unternehmens<br />
bereitgestellt werden, wie z.B. Umsatzentwicklung,<br />
Liquiditätssituation etc. Insoweit schließt die<br />
BWA damit auch die Lücke, welche bei Analyse ausschließlich<br />
jahresbezogener Auswertungen wie der Bilanz<br />
und der Gewinn- und Verlustrechnung (bei denen<br />
zwischen Fälligkeit und Erstellung meist mehrere Monate<br />
liegen) besteht. Zudem sind die Informationen der<br />
BWA im Vergleich zu den jahresbezogenen Auswertungen<br />
in der Regel auch bewertungsfrei bzw. „roh“ und<br />
bieten somit einen unverfälschten Eindruck der wirtschaftlichen<br />
Situation des Unternehmens.<br />
Neben diesen unternehmensinternen Funktionen ist<br />
die BWA aber auch für externe Adressaten von großem<br />
Interesse. Dies sind natürlich vornehmlich die Banken,<br />
welche im Rahmen von z.B. Darlehnsanträgen regelmäßig<br />
neben den traditionellen Jahresabschlussunterlagen<br />
auch eine BWA anfordern, um Informationen zur aktuellen<br />
Lage eines Unternehmens zu erhalten.<br />
Im Wesentlichen existieren drei Grundformen der BWA:<br />
• die kurzfristige Erfolgsrechnung<br />
• die Bewegungsbilanz und<br />
• die statische Liquidität.<br />
Zudem besteht regelmäßig auch die Möglichkeit, einen<br />
Vorjahresvergleich anzustellen. Zusätzlich können graphische<br />
Auswertungen und Entwicklungsübersichten<br />
erstellt werden. Wer dann erst einmal die vielfältigen<br />
Möglichkeiten der Unternehmenssteuerung mit Hilfe<br />
der Buchführungsdaten für sich entdeckt hat, bekommt<br />
häufi g „Lust“ auf mehr – in diesem Fall bestehen weiterführende<br />
Möglichkeiten, wie beispielsweise Kostenrechnung,<br />
oder auch eine Unternehmensplanungsrechnung.<br />
Besonders solche Planungsrechnungen bringen<br />
häufi g Pluspunkte im Rahmen von Kreditrankings bei<br />
Ihren Kreditgebern.<br />
1. Die kurzfristige Erfolgsrechnung<br />
In der kurzfristigen Erfolgsrechnung wird das vorläufi ge<br />
Ergebnis ermittelt, wobei in der Auswertung zwischen<br />
der jeweiligen Buchungsperiode (meist der Buchungsmonat)<br />
und den aufgelaufenen Werten (den Jahresverkehrszahlen)<br />
unterschieden wird. Die wichtigsten Positionen<br />
der kurzfristigen Erfolgsrechnung im Überblick:<br />
Umsatzerlöse: Hier fi nden sich die betriebstypischen<br />
Umsätze aus Produkten und/oder Dienstleistungen<br />
des eigentlichen Betriebszwecks. Skontobeträge, Rabatte<br />
und Boni werden in dieser Position bereits herausgerechnet.<br />
Bestandsveränderungen FE/UE: Bestandsveränderungen<br />
entstehen prinzipiell dann, wenn die Produktionsmenge<br />
und die Absatzmenge in einer Wirtschaftsperiode<br />
nicht deckungsgleich sind. Werden z. B. mehr<br />
Produkte hergestellt, als verkauft werden können,<br />
kommt es zu einer Bestandserhöhung.<br />
Aktivierte Eigenleistungen: Zu den aktivierbaren Eigenleistungen<br />
gehören insbesondere im Unternehmen selbst<br />
hergestellte Maschinen und Werkzeuge für den eigenen<br />
Einsatz sowie Großreparaturen. Bereits hier wird deutlich,<br />
warum eine Abgrenzung wichtig ist.<br />
43
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Führt ein Unternehmen z. B. eine dauerhafte Großreparatur<br />
mit ei genem Personal durch, erwirtschaftet es in<br />
dieser Zeit naturgemäß weniger Umsatzerlöse aus dem<br />
ei gen t lichen Betriebszweck. Demzufolge sinken Betriebs<br />
ergebnis und Steuerschuld, sofern die Eigenleistung<br />
nicht aktiviert würde. Dem Fiskus dürfte dies<br />
ebenso wenig gefallen wie ggf. dem Kreditinstitut, und<br />
Letzteres könnte sich negativ auf das Ratingergebnis<br />
auswirken.<br />
Gesamtleistung: Die Gesamtleistung ist der Saldo aus<br />
den Umsatzerlösen, den Bestandsveränderungen und<br />
den aktivierten Eigenleistungen.<br />
Material-/Wareneinsatz: Hier werden alle Aufwendungen<br />
für Material und/oder Waren erfasst, die dem<br />
unmittelbaren Betriebszweck dienen. Dies ist bitte nicht<br />
zu verwechseln mit dem Wareneinkauf. Eine korrekte<br />
Ermittlung des Wareneinsatzes für eine Wirtschaftsperiode<br />
ist nur über regelmäßige Inventuren oder über ein<br />
geschlossenes Warenwirtschaftssystem möglich. Betrachten<br />
Sie diesen Wert also am besten über einen angemessenen<br />
Zeitraum von mehreren Jahren.<br />
Rohertrag: Der Rohertrag ist der Saldo aus Gesamtleistung<br />
und Material-/Wareneinkauf.<br />
Sonstige betriebliche Erlöse: Hierbei handelt es sich<br />
um diejenigen Erlöse, die zwar keine Umsatzerlöse<br />
sind, da sie nicht durch den unmittelbaren Geschäftszweck<br />
erwirtschaftet wurden, andererseits aber durch<br />
den Geschäftszweck generiert worden sind.<br />
Betrieblicher Rohertrag: Dies ist der Saldo aus dem<br />
Rohertrag und den sonstigen betrieblichen Erlösen. Die<br />
Begriffl ichkeit ist ein wenig irreführend. Im Mittelpunkt<br />
des Interesses bei der Betrachtung steht der Rohertrag<br />
und nicht der betriebliche Rohertrag, da die hier ein-<br />
Abb1.: Beispiel kurzfristige Erfolgsrechnung, Quelle: DATEV e.G.<br />
44
Betriebswirtschaft<br />
fließen den sonstigen betrieblichen Erträge oft zufallsbedingt<br />
entstehen und betragsmäßig in der Regel gering sind.<br />
Gesamtkosten (Kostenarten): In diesem Bereich sind<br />
die allgemeinen Geschäftskosten des Unternehmens<br />
aufgelistet. Üblicherweise werden hier die Aufwendungen<br />
von „Personalkosten“ bis „Sonstige Kosten“ kumuliert.<br />
Bei der Betrachtung Ihrer BWA sollten Sie sich auf<br />
jeden Fall intensiv mit den signifi kanten Kosten Ihres<br />
Unternehmens beschäftigen. Nach den Personalkosten<br />
können dies z. B. bei Unternehmen mit vielen Außendienstmitarbeitern<br />
die Werbe- und Reisekosten sein.<br />
Bei Speditionen fallen primär die Kfz-Kosten, Versicherungsbeiträge<br />
und gegebenenfalls die Kosten der Warenabgabe<br />
an usw.<br />
Beachtung der relativen Messung<br />
Grundsätzlich beinhaltet die kurzfristige Erfolgsrechnung<br />
die Spalte „% Gesamtleistung“. Hier werden die<br />
Größen Material- und Wareneinkauf, (betrieblicher) Rohertrag,<br />
weitere Aufwendungen und Erträge sowie das<br />
Ergebnis in Relation zu Gesamtleistung gemessen. Diese<br />
prozentualen Angaben können Sie für ihre Analyse<br />
nutzen. Steigt beispielsweise der Material-/Wareneinsatz<br />
in Relation zur Gesamtleistung über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg überdurchschnittlich an, sollte dies<br />
ein Alarmzeichen sein. Es kommen mehrere Möglichkeiten<br />
infrage: Der Lagerbestand steigt und bildet dadurch<br />
unter Umständen totes Kapital, Material wird gestohlen,<br />
der Kalkulationszuschlag stimmt nicht mehr,<br />
oder es wird zunehmend Material verbaut und nicht verrechnet!<br />
Durch die Erhöhung von Aktiva (Zunahme Vermögen,<br />
Abnahme Schulden) können ebenso Geldmittel gebunden<br />
sein wie durch die Minderung von Passiva,<br />
z. B. durch die Erhöhung der Forderungen oder durch<br />
Rückzahlung von Verbindlichkeiten.<br />
Die Mittelherkunft resultiert aus der Minderung der Aktiva<br />
bzw. der Erhöhung der Passiva, wie beispielsweise<br />
durch Bezahlung von Kundenforderungen oder durch<br />
Zufl uss von Eigen- oder Fremdkapital.<br />
Per Saldo ergibt sich in der Bewegungsbilanz das vorläufi<br />
ge Ergebnis (Gewinn/Verlust) der kurzfristigen Erfolgsrechnung.<br />
Es wird somit erkennbar, wohin ein Gewinn<br />
gefl ossen ist (Ergebnisverwendung), dass heißt ob<br />
dieser z. B. investiert wurde oder Privatentnahmen getätigt<br />
wurden. Ebenfalls erkennbar ist im Falle eines<br />
erwirtschafteten Verlustes, wodurch dieser entstandene<br />
Verlust fi nanziert wurde.<br />
2. Bewegungsbilanz<br />
Im Gegensatz zur kurzfristigen Erfolgsrechnung werden<br />
in der Bewegungsbilanz nicht die Aufwands- und<br />
Ertragskonten, sondern Veränderungen der Bilanzpositionen<br />
dargestellt. Die Bewegungsbilanz gibt Ihnen<br />
damit also wertvolle Informationen über die Veränderung<br />
der Vermögenslage. Sie bildet die Bewegungen<br />
der Aktiva und Passiva ab und zeigt auf, ob und in welcher<br />
Höhe Positionen ab- bzw. zugenommen haben.<br />
Die Bestandsdifferenzen werden hierbei als fi nanz wirtschaftliche<br />
Vorgänge gedeutet, indem sie der Mittelherkunft<br />
(Aktivseite) oder der Mittelverwendung (Passivseite)<br />
zugeordnet werden.<br />
Mittelverwendung Bewegungsbilanz Mittelherkunft<br />
• Akivposten-Erhöhungen<br />
• Passivposten-Minderungen<br />
• Akivposten-Erhöhungen<br />
• Passivposten-Minderungen<br />
Summe<br />
Summe<br />
45
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Abb. 2: Beispiel Bewegungsbilanz, Quelle: DATEV eG<br />
3. Statistische Liquidität<br />
Die statistische Liquidität spiegelt die Zahlungsfähigkeit<br />
eines Unternehmens wieder. Sie stellt dar, ob alle kurzfristigen<br />
Verbindlichkeiten aus kurzfristig gebundenem<br />
Vermögen beglichen werden können. Man spricht von<br />
statistischer Liquidität, weil sie die Liquidität punktuell<br />
zu einem Abrechnungszeitpunkt angibt.<br />
Bei der Betrachtung der Liquidität unterscheidet man<br />
zwischen den nachfolgenden drei Liquiditätsgraden,<br />
welche sich jeweils als Quotient zwischen Mitteln und<br />
(kurzfristigen) Verbindlichkeiten ergibt. Dabei entspricht<br />
ein Quotient von größer 100 % einer sogenannten<br />
„Über deckung“ (die Mittel sind also größer als die Verbindlichkeiten),<br />
ein Quotient unter 100 % einer sogenannten<br />
„Unterdeckung“.<br />
Liquidität 1. Grades (Barliquidität):<br />
Die Barliquidität gibt Auskunft darüber, inwieweit die in<br />
Anspruch genommenen Kontokorrentverbindlichkeiten<br />
durch Geldmittel gedeckt sind. Es werden die Positionen<br />
Kasse, Postbank und Bank betrachtet.<br />
Liquidität 2. Grades:<br />
Bei der Liquidität 2. Grades werden die fl üssigen Mittel<br />
(Barliquidität) um die kurzfristigen Forderungen ergänzt<br />
und mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis<br />
gesetzt. Sie ist damit die aussagekräftigste Größe<br />
und sollte mindestens 100 % betragen. Liegt sie unter<br />
100 % so ist dies ein Alarmzeichen, denn diese Unterdeckung<br />
muss dann aus zukünftigen Geschäftsaktivitäten<br />
abgezweigt werden.<br />
Liquidität 3. Grades:<br />
In die Berechnung der Liquidität 3 Grades werden<br />
zusätzlich die Vorräte eines Unternehmens einbezogen.<br />
Auf Lager befi ndliche Waren, halbfertige Leistungen<br />
etc. können kurzfristig veräußert werden um Liquidität<br />
zu schaffen. Um diese Liquidität ermitteln zu können<br />
ist allerdings eine exakte Wareneinsatzermittlung notwendig!<br />
4. Weitere übliche Auswertungen<br />
4.1 Vergleichs-BWA: Vorjahresvergleich<br />
Die häufi gste Variante ist die, dass die Vorjahreszahlen<br />
sowohl monatsweise, als auch die aufgelaufenen Werte<br />
des Jahres mit den entsprechenden Werten des Vorjahres<br />
verglichen werden Daraus wird nicht nur ersichtlich,<br />
ob die aktuelle Lage mit dem Vorjahr gleich liegt, sondern<br />
bietet gleichzeitig die Möglichkeit, bestimmte Entwicklungen<br />
zu erkennen und zu überwachen, wie z.B.<br />
im Hinblick auf geplante Kostensenkungen oder -steigerungen,<br />
oder auch Umsatzrückgänge, um hier gezielte<br />
Gegensteuerungsmaßnahmen ergreifen zu können.<br />
46
4.2 Vergleichs-BWA: Budgetüberwachung<br />
Anstelle der Vorjahreswerte können hier auch Vorgabewerte<br />
eingegeben werden, so etwa Plan- oder Budgetwerte.<br />
So lassen sich beispielsweise <strong>Ausgabe</strong>nspielräume<br />
erkennen, oder Kostensenkungserfordernisse<br />
frühzeitig erkennen.<br />
4.3 Graphische Auswertungen<br />
Der Vorteil von graphischen Auswertungen liegt auf der<br />
Hand: Man erkennt Trends und Entwicklungen auf<br />
einen Blick, ohne, dass die dahinterstehenden Zahlen<br />
einer genaueren Betrachtung unterzogen werden müssen.<br />
Auch können beispielsweise Umsätze und Kosten<br />
in einem Diagramm zusammen angezeigt werden, um<br />
einen direkten Vergleich möglich zu machen. Hier bei<br />
muss natürlich berücksichtigt werden, dass Kosten und<br />
Erlöse auftragsbezogen zeitlich auseinanderfallen und<br />
daher nicht zu einer projekt- oder auftragsbezogenen<br />
Betrachtung dienen können.<br />
Vorsicht Falle und Tipps, um die Aussagekraft<br />
einer BWA zu erhöhen<br />
In den wenigsten Fällen sind Standard-BWA ohne<br />
wei teres Zutun richtig bzw. aussagekräftig. Auf der<br />
Grund lage des buchhalterischen „Status Quo“ lassen<br />
sich zum Beispiel keine saisonalen Lagerbestandsschwankungen<br />
abbilden. Um in diesen Fällen (beispielsweise<br />
zwei große Einkaufsperioden im Jahr) monatlich<br />
ein re a listisches Bild zu erhalten, bietet es sich an, den<br />
Wareneinsatz nicht anhand der tatsächlichen Veränderungen,<br />
sondern anhand von prozentualen Zuschlag<br />
auf die Monatsumsätze zu ermitteln. Sofern natürlich<br />
auf die Daten eines Warenwirtschaftssystems zurückgegriffen<br />
werden kann, ist dies sicher eine noch ide a-<br />
lere Alternative.<br />
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47
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
In jedem Fall sind Bestandsveränderungen zu berücksichtigen,<br />
was anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht<br />
werden soll:<br />
In einem Unternehmen wies die BWA zum August einen<br />
(kumulierten) Überschuss von 150.000 Euro aus. In Anbetracht<br />
der Umsätze ein sehr gutes Ergebnis, auch das<br />
Zahlungsverhalten der Kunden war einwandfrei, so dass<br />
offensichtlich kein Grund zur Sorge bestand. Kurze Zeit<br />
später musste aufgrund von Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz<br />
angemeldet werden, da in der BWA keinerlei Bestandsveränderungen<br />
berücksichtigt worden waren. Die<br />
zu Jahresanfang vorhandenen Waren im Wert von<br />
200.000 Euro waren Ende August sämtlich verkauft, so<br />
dass der vermeintliche „Gewinn“ tatsächlich ein Verlust<br />
in Höhe von 50.000 Euro war.<br />
Auch die Berücksichtigung sogenannter teilfertiger Arbeiten<br />
dient der Aussagekraft einer BWA. Teilfertige<br />
Aufträge werden in der Buchführung regelmäßig nicht<br />
erfolgswirksam erfasst, so dass sich daraus keine Aussage<br />
über den Leistungsstand ableiten lässt. Es ist<br />
somit sinnvoll, auch den Stand der teilfertigen Arbeiten<br />
in der Buchhaltung mit zu erfassen. Besonders bei<br />
län gerfristigen Aufträgen ist dies zu empfehlen. Hierfür<br />
stehen als Methoden etwa die Erfassung von Anzah<br />
lungen, Materialeinsätze, Gemeinkostenzuschläge,<br />
oder die Kos tenstellenzuordnung in der Lohnbuchhaltung,<br />
zur Verfügung. Hierbei muss natürlich zum Jahresende<br />
bei der Bilanzierung eine Bewertung erfolgen, um<br />
eine „Überbewertung“ und damit eine unterstellte Manipulation,<br />
insbesondere gegenüber Banken, zu vermeiden.<br />
Es empfi ehlt sich zudem, laufende Abgrenzungsbuchungen<br />
durchzuführen. Sofern Sie Ihre BWA durch<br />
einen Steuerberater erstellen lassen, wird dieser in<br />
der Regel bereits monatlich etwaige (planmäßige) Abschreibungen<br />
auf Sachanlagevermögen berücksichtigen.<br />
Aber auch die Aufteilung von Darlehensraten in<br />
Zins- und Tilgungsanteil oder die monatliche Aufl ösung<br />
von Rechnungsabgrenzungsposten, Forderungsabwertungen<br />
etc. ist sinnvoll, um nicht im Dezember einen<br />
plötzlichen Ausschlag („Dezember-Loch“) zu verzeichnen<br />
und damit zu bewirken, dass das vorläufi ge Ergebnis<br />
laut BWA und das tatsächliche Ergebnis komplett<br />
voneinander abweichen.<br />
Eine weitere Gefahrenquelle liegt in „verhaltensbedingten“<br />
Fehlern: Eine BWA kann gut aussehen, obwohl<br />
es dem Betrieb schon schlecht geht. Das kommt insbesondere<br />
bei kleineren Betrieben vor, die nach Zahlungseingang<br />
und Zahlungsausgang buchen. Solange<br />
alles gut läuft und alle Rechnungen pünktlich bezahlt<br />
werden, erscheinen Umsatz und Kosten zeitgerecht<br />
in der Buchhaltung und damit auch in der BWA. Tritt<br />
jedoch irgendwo eine Störung ein – sei es auf der Umsatzseite<br />
oder auf der Kostenseite (Rechnungen werden<br />
vom Unternehmer nicht mehr pünktlich bezahlt) –,<br />
dann gibt die BWA kein zutreffendes Bild mehr. Es kann<br />
dann sein, dass der Betrieb laut BWA immer noch gut<br />
da steht (alle Umsätze werden erfasst), jedoch in Wirklichkeit<br />
schon Verluste macht (die nicht mehr bezahlten<br />
Rechnungen werden nicht eingereicht). Hier verschenkt<br />
der Unternehmer nicht nur die Chance, sich die Vorsteuer<br />
schon rechtzeitig zurückzuholen, sondern er<br />
verliert auch ganz eindeutig den Einblick in sein Unternehmensgeschehen.<br />
Im Einzelfall können sich hier immense<br />
Schuldenberge anhäufen, ohne dass ein Externer<br />
hier einen Einblick bekommt, und der Unternehmer<br />
hat häufi g den Kopf im Sand und rechnet gar nicht mehr<br />
so genau zusammen, wie hoch sich seine Schulden anhäufen.<br />
Helfen könnte hier eine Buchung auch der offenen<br />
Rechnungen in einem Kontokorrent, wodurch die<br />
Buchhaltung natürlich gegenüber einer einfachen Einnahmen-<strong>Ausgabe</strong>n-Buchhaltung<br />
aufwändiger, jedoch in<br />
ihrer Aussagefähigkeit auch deutlich besser wird.<br />
Letztlich sollten auch spezielle Buchungsregeln beachtet<br />
werden, um die Aussagekraft einer BWA zu erhöhen.<br />
Dazu existieren für BWA-Zwecke teilweise spezielle<br />
Konten, z.B. für die kalkulatorische, vorläufi ge Abschreibung.<br />
Zum anderen muss man wissen, wie einzelne<br />
Positionen der BWA „denken“ und welche Konten überhaupt<br />
einbezogen sind. Vergisst man nämlich einen<br />
Wert, dann kann z. B. eine individuelle BWA leicht auf<br />
eine falsche Fährte führen. Im Falle der individuellen<br />
BWAs ist es deshalb angebracht, immer zur Kontrolle<br />
eine Standard-BWA mit auszudrucken, um das Gesamtergebnis<br />
oder Teilergebnisse noch einmal abzu gleichen.<br />
Die BWA-Programmierung kann auf einzelne Konten<br />
zugreifen und hier auch unterscheiden zwischen Sollund<br />
Habenwerten, sie kann den Saldo nehmen oder<br />
z. B. nur die Habenbuchungen auswerten. Das bedeutet<br />
für die Buchhaltung, dass man immer mit Stornobuchungen<br />
arbeiten muss und niemals ein Konto durch<br />
Um buchung angleichen darf, da diese Umbuchung<br />
mög licher weise in der BWA nicht mit abgebildet wird.<br />
><br />
48
Anzeige /<br />
><br />
der<br />
Fazit:<br />
Das Richtige Know-How im Umgang mit der BWA<br />
ermöglicht dem Unternehmer, eine Vielzahl von Entwicklungen<br />
in seinem Unternehmen zu erkennen und<br />
(rechtzeitig) gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um unerwünschten<br />
Ergebnissen entgegen zu wirken. Dazu<br />
stehen neben den reinen Zahlen auch graphische Auswertungen<br />
zur Verfügung, welche eine schnelle und<br />
komfortable Übersicht ermöglichen. Aber auch beim<br />
Thema BWA gilt das alte Motto „ohne Fleiß kein Preis“,<br />
denn ohne Zutun lässt sich allein aus der Finanzbuchhaltung<br />
kein zuverlässiges Bild der Lage eines Unternehmens<br />
ableiten, obendrein bestehen bei allzu<br />
leichtfertigem Umgang mit der BWA nichtunerhebliche<br />
Risiken einer Fehleinschätzung der Situation. Was<br />
die übliche „Standard-BWA“ keinesfalls liefert, sind<br />
die für die betriebswirtschaftliche Unternehmens steuerung<br />
maßgeblichen Informationen über Liquiditätsstand<br />
und –entwicklung (Darlehen, Kontokorrente, Eigen<br />
kapitalentwicklung), Prognosedaten (zum Gewinn,<br />
zur Zahlungsfähigkeit) oder auch Bereichsergebnisse<br />
(Profitcenter, rentable/unrentable Geschäftsfelder, Renner/Penner<br />
im Handel).<br />
Wer diese Informationen erhalten möchte, wird mehr<br />
als nur die Zahlen der klassischen Finanzbuchhaltung<br />
ins Visier nehmen müssen.<br />
Zum Schluss<br />
Zum Schluss möchten wir Sie noch darauf hinweisen,<br />
dass wir beim diesjährigen NEM Jahresfachkongress<br />
am 18./19. September einen Praxis-Workshop anbieten<br />
werden, zu dem wir Sie hiermit ausdrücklich einladen,<br />
um aktiv mitzumachen und auch gerne anhand<br />
Ihrer konkreten Fragen und Auswertungen das Thema<br />
zu vertiefen. Weitere Einzelheiten zur geplanten Veranstaltung<br />
entnehmen Sie bitte zu gegebener Zeit den<br />
Programmhinweisen. Gerne können Sie Ihre Fragen<br />
zum Thema per Email an unsere Kanzlei senden, unter<br />
Adresse service@nedtax.eu.<br />
Günter Heenen<br />
Dipl.-Kfm., Dipl.-Hdl.,<br />
Steuer berater und Fachbe<br />
rater für internationa les<br />
Steuerrecht, NeD Tax<br />
Kanzlei Günter Heenen<br />
Fachbeirat des NEM e.V<br />
Carsten Stritzel<br />
Dipl.-Oec., Steuerberater<br />
Grenzüberschreitende<br />
Steuerberatung<br />
49
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
„Für Ihre Branche gibt es keine Fördermittel“, „Ihr Vorhaben ist nicht<br />
förderfähig“, „Die Fördertöpfe sind leer“, „Die Antragstellung dauert<br />
zu lange“, „Das lohnt sich nicht“ oder „Unternehmen in Schwierigkeiten<br />
erhalten keine Fördermittel und Zuschüsse“. Diese und<br />
an dere Annahmen kursieren bei Unternehmen seit Jahren. Laut<br />
Professor Klaus Weiler, Vorstandssprecher des Bundesverbandes<br />
deutscher Fördermittel-Berater (BvdFB), handelt es sich dabei jedoch<br />
um Fehl informationen, denn über 1.200 Förderprogramme stehen<br />
Unternehmern zur Verfügung.<br />
Investieren lohnt sich!<br />
Jährlich stellen der Bund, die Länder und die<br />
EU in Deutschland viele Milliarden Euro in<br />
Form von Krediten, zinsgünstigen Darlehen und<br />
Zuschüssen für Unternehmen in einem Pool aus über<br />
1.200 Förderprogrammen bereit. Allein die Mittelstandsbank<br />
der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat im<br />
Jahr 2013 Unternehmer mit ca. 22,6 Mrd. Euro an Fördermitteln<br />
unterstützt. Dabei ist die KfW nur eine von<br />
über 180 Vergabestellen in Deutschland.<br />
Die Programme richten sich vor allem an kleine und<br />
mittelständische Unternehmen (KMU). Aber auch große<br />
Unternehmen (GU) profi tieren von den öffentlichen<br />
Mitteln. So können auch Produzenten, Händler und<br />
Dienstleister der Nahrungsergänzungsmittel- und Gesundheitsbranche<br />
Fördermittel für zahlreiche Investitionen<br />
unterschiedlicher Art in Anspruch nehmen. Ob<br />
Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen, Investitionen<br />
in Maschinen, in Warenlageraufstockung, in Umweltund<br />
Energiemaßnahmen, in Immobilien, in Forschung<br />
und Entwicklung, in Innovation, in Materialeffi zienz oder<br />
in Beratung – zunächst einmal sind solche Investitionen<br />
grundsätzlich förderfähig.<br />
Letztlich hängt die Frage, ob eine Förderung gewährt<br />
wird – sehr vereinfacht – vom Investitionsort, von der<br />
Branche und dem Vorhaben ab. Prof. Weiler betont,<br />
„bei allen Programmen gilt: erst die Antragstellung –<br />
dann die Investition.“ Ansonsten wird der Antrag abgelehnt.<br />
Manche Förderprogramme fordern zudem die<br />
Vorlage einer Genehmigung, bevor ein Auftrag erteilt<br />
werden kann.<br />
Leider unterschätzen gerade KMU ihre Chancen auf<br />
Fördermittel oder scheuen den Aufwand. Denn der Gesetzgeber<br />
hat die Vergabe dieser öffentlichen Mittel für<br />
Unternehmen an zum Teil komplexe gesetzliche Bestimmungen<br />
und Richtlinien gekoppelt. Vielleicht ist auch<br />
das ein Grund, warum in Unternehmen Fehlinformationen<br />
über öffentliche Mittel und deren Anträge kursieren.<br />
Dennoch sollten sich Unternehmer nicht abschrecken<br />
lassen, denn öffentliche Förderprogramme bieten viele<br />
Vorteile. Förderdarlehen sind zinsverbilligt und werden<br />
mit einem effektiven Jahreszins ab 0,40 % vergeben.<br />
Darüber hinaus sind je nach Programm bis zu 7 tilgungsfreie<br />
Jahre, eine Haftungsfreistellung der Hausbank<br />
von bis zu 80 % sowie lange Kreditlaufzeiten bis zu<br />
30 Jahre mit einer Zinsbindung für die gesamte Laufzeit<br />
möglich.<br />
50
Förderung<br />
Prof. Klaus Weiler; Finanzwissenschaftler,<br />
Vorstandssprecher des Bundesverbandes<br />
deutscher FördermittelBerater (BvdFB)<br />
und Geschäfts führer des europäischen<br />
Instituts für Unter nehmensfinanzierung.<br />
Zuschüsse und Subventionen müssen nicht zurückgezahlt<br />
werden.<br />
Der Unternehmer spricht dann von „verlorenen Zuschüssen“.<br />
Je nach Investitionsort und Vorhaben können<br />
bis zu 50 % Zuschuss für die geplante Investition<br />
beantragt werden.<br />
Wer jedoch hilft einem, aus der Vielzahl unterschiedlicher<br />
Programme die passenden herauszusuchen?<br />
Fundierte Informationen und Hilfe erhält man beim Bvd-<br />
FB. „Das heißt, die zertifi zierten Fördermittel-Berater<br />
unterstützen professionell Unternehmer beim Erlangen<br />
von öffentlichen Fördermitteln.“<br />
Wie sieht die Unterstützung aus?<br />
Die beauftragten Verbandsmitglieder des BvdFB recherchieren,<br />
fi ltern, und analysieren aus den über<br />
1.200 Programmen die für das jeweilige Unternehmen<br />
individuell infrage kommenden Förderprogramme (Förderdarlehen,<br />
Subventionen und Zuschüsse) für das<br />
geplante Vorhaben. Falls dabei keine auf das Unternehmen<br />
ausgerichteten Programme ermittelt werden<br />
können, erfolgt auch keine Rechnungsstellung.<br />
Danach erfolgt die Erstellung einer erforderlichen<br />
Finanzierungskonzeption und die Beantragung der öffentlichen<br />
Mittel bei den zuständigen Banken und Vergabestellen.<br />
Durch die jährlich stattfi ndenden Schulungen sind die<br />
Fördermittel-Berater des Verbandes immer auf dem<br />
neuesten Stand und wissen über sämtliche fi nanziellen<br />
Unterstützungsmöglichkeiten, also auch die infrage<br />
kommenden Zuschüsse und die einzelnen Zinskonditionen,<br />
die sich immer wieder ändern, genauestens<br />
Bescheid.<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
Ein mittelständisches Unternehmen in der Nahrungsergänzungsbranche<br />
investiert 1,15 Mio. Euro an förderfähigen<br />
Ersatzinvestitionen in neue Anlagentechnik (in -<br />
klusive Heizung, Beleuchtung), wodurch künftig auch<br />
der Energieverbrauch gesenkt wird.<br />
Eines der betreffenden Förderdarlehen hat bei einer<br />
Laufzeit und Zinsbindung von 10 Jahren aktuell einen<br />
Zinssatz ab 1,55 % nominal. Die ersten 2 Jahre sind tilgungsfrei<br />
und in diesen 2 Jahren werden monatlich nur<br />
die Zinsen von 1.485,42 Euro gezahlt. Die vierteljährliche<br />
Tilgung beginnt erst ab dem 3. Jahr – also 25 Monate<br />
nach Kreditauszahlung.<br />
Bei einem anderen Förderprogramm (Beleuchtung und<br />
Energieeinsparung) wären – bei Einhaltung bestimmter<br />
Voraussetzungen – sogar Zuschüsse von bis zu 30 %<br />
(max. 100.000 Euro) der zuwendungsfähigen Kosten<br />
möglich.<br />
Sie möchten mehr zu den Förderzuschüssen<br />
der EU, des Bundes und der Länder erfahren?<br />
Kontaktieren Sie die Spezialisten des BvdFB:<br />
Tel.: 030/2 02 36 90 30 oder per E-Mail: info@bvdfb.de<br />
51
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
GESTISBiostoffdatenbank<br />
Mit Bakterien, Viren und Co. bei der Arbeit sicher umgehen –<br />
Datenbank der gesetzlichen Unfallversicherung informiert<br />
über Risiken von Biostoffen<br />
Wer mit Biostoffen arbeitet, muss über ihr<br />
Gefährdungspotenzial Bescheid wissen.<br />
Die neue GESTIS-Biostoffdatenbank informiert über<br />
Risiken und den richtigen Umgang mit Bakterien, Viren,<br />
Pilzen und Parasiten. Die Datenbank ist ein Kooperationsprojekt<br />
des Bundesministeriums für Arbeit und<br />
So ziales (BMAS), der Berufsgenossenschaft Rohstoffe<br />
und chemische Industrie (BG RCI) und der Deutschen<br />
Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Sie ist unter<br />
einer eigenen Webseite bei der DGUV Internetpräsenz<br />
erreichbar.<br />
Bisher fehlte es an einer zentralen Informationsquelle<br />
für das nötige Präventionswissen. Die neue Biostoffdatenbank<br />
hilft dem ab. Sie führt das Wissen einheitlich<br />
gegliedert zusammen und macht es online rund um die<br />
Uhr an jedem Ort verfügbar. Die Datenbank ist Teil des<br />
Gefahrstoffi nformationssystems (GESTIS) der DGUV.<br />
Aktuell sind bereits über 10.000 Biostoffe erfasst,<br />
zu denen Informationen über Risikogruppen und grund-<br />
legende Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
in Laboratorien, Versuchstierhaltung und in der<br />
Biotechnologie vorliegen. Für rund 50 Stoffe enthält<br />
das System darüber hinaus umfassende Datenblätter.<br />
Für weitere Biostoffe werden fortlaufend Datenblätter<br />
erarbeitet. Für Gefahren bei „nicht gezielten Tätigkeiten“,<br />
etwa in der Abfallwirtschaft, werden fortlaufend<br />
tätigkeitsbezogene Datenblätter erstellt.<br />
Die Datenbank bietet so einen schnellen Überblick und<br />
ermöglicht damit den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen.<br />
Fachlich begleitet wird das Projekt Biostoffdatenbank<br />
vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS).<br />
Die GESTIS-Biostoffdatenbank wird betreut vom Institut<br />
für Arbeitsschutz der DGUV (IFA). Der Zugriff ist für alle<br />
kostenfrei und ohne Registrierung möglich.<br />
Zur GESTIS-Biostoffdatenbank wechseln<br />
• Quelle: BG RCI<br />
52
<strong>Press</strong>earbeit<br />
<strong>Press</strong>earbeit – wie<br />
funktioniert das eigentlich<br />
für mich?<br />
<strong>Press</strong>emeldung versus Social Media Release, Redaktions -<br />
besuche versus Webinare, Advertorials, Medienko ope -<br />
ra tionen & Co. – mit diesen Begriffen und mehr haben<br />
wir es heute in der PR- und Öffentlichkeitsarbeit zu tun.<br />
Die Medienlandschaft wandelt sich. Waren ehemals<br />
die Kontakte zu leitenden Redakteuren Goldwert,<br />
sind es heute Facebook, Youtube, Blogger & Co, die die<br />
Mei nung in der Öffentlichkeit maßgeblich mitbeeinfl uss -<br />
en und die Heraus forde rungen der <strong>Press</strong>earbeit um ein<br />
Viel faches erhöhen.<br />
Professionelle <strong>Press</strong>earbeit ist jedoch für den langfristigen Erfolg eines<br />
Unternehmens entscheidend. Während reine Werbung meist die<br />
gewollte Message nicht transportiert und eher ignoriert wird, kann gut gemachte PR<br />
auf glaubwürdige Art und Weise auf das Unternehmen aufmerksam machen und<br />
fundierte Informationen an die richtige Zielgruppe vermitteln. Im Vergleich zu Werbung<br />
muss hier auch nicht besonders tief in die Tasche gegriffen werden. PR ist<br />
eine sinn volle Ergänzung zu Ihren Kommunikationsmaßnahmen. Gerade für PR gilt:<br />
Der stete Tropfen höhlt den Stein.<br />
53
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Hier ein paar Tipps für gute <strong>Press</strong>earbeit<br />
• Nicht auf Masse setzen<br />
Es kommt auf das Thema an! Welche Informationen Ihres<br />
Unternehmens für <strong>Press</strong>evertreter und deren Zielgruppen<br />
(Leser/Hörer) relevant sind, entscheidet der<br />
Nachrichtenwert. Vor allem sind neue Entwicklungen<br />
oder neue Produkte bzw. maßgebliche Veränderungen<br />
in der Unternehmensstruktur (vor allem bei größeren<br />
Unternehmen) bei Journalisten gern gesehen. Entscheidend<br />
dabei ist, dass Ihre <strong>Press</strong>emeldung auch genau<br />
die Ansprechpartner erreicht, die sich mit dem Thema<br />
befassen und nicht an eine undefi nierte Masse verschickt<br />
wird. Weniger ist dabei mehr! Auf sinnvolle<br />
Verteiler, die wirklich nur die Redakteure enthalten,<br />
für die das jeweilige Thema spannend ist, kommt es an!<br />
• <strong>Press</strong>emeldungen ohne Fehler<br />
Fehlerhaftes <strong>Press</strong>ematerial geht gar nicht! Ein guter<br />
Schreibstil und korrekte Grammatik sind ein Muss<br />
in einer <strong>Press</strong>emeldung. Zudem sind kurze, verständliche<br />
Sätze, die die wichtigsten Fragen eines Journalisten<br />
beantworten, sehr wichtig (wer, was, wann, wo, wie,<br />
warum, woher).<br />
• <strong>Press</strong>ebereich<br />
Sie haben eine Internetpräsenz, aber keinen <strong>Press</strong>ebereich?<br />
Je leichter ein Redakteur an Informationen zu Ihrem<br />
Unternehmen kommt, desto besser. Die Zeit für<br />
Recherchen der Journalisten ist häufi g knapp. Ein <strong>Press</strong>ebereich<br />
mit den wichtigsten Informationen, Zahlen<br />
und Fakten, Bildern und Social Media-Aktivitäten sowie<br />
ein <strong>Press</strong>ekontakt ist wertvoll.<br />
• Bloß nicht nachtelefonieren!<br />
Sie können ein Feedback eines Redakteurs zu Ihrer<br />
<strong>Press</strong>emitteilung oder einer Einladung nicht erwarten<br />
und greifen gleich zum Hörer? Bloß nicht! Der Horrorsatz<br />
vieler Journalisten ist: „Ich habe Ihnen gestern eine<br />
<strong>Press</strong>emeldung bzw. Einladung gesendet. Haben Sie<br />
sie bekommen?“. Lassen Sie dem Redakteur ruhig ein<br />
wenig Zeit. Aber hier ist wichtig, dass der Aufhänger<br />
passt (wie z. B. Interviewmöglichkeit oder Sie wissen,<br />
dass der Redakteur an dem Thema arbeitet).<br />
• Kein Weg vorbei an Social-Media<br />
Facebook, Twitter, Youtube und Co. – davon halten Sie<br />
nichts? Wie schon gesagt, die Medienlandschaft wandelt<br />
sich stark. Vermehrt treten Blogger in den Vordergrund.<br />
Seien Sie dafür offen und versuchen Sie, Kontakte<br />
zu passenden Meinungsvertretern zu knüpfen,<br />
denn oftmals ergeben sich dadurch große Chancen für<br />
weitere Beiträge in Printmedien. Redakteure recherchieren<br />
auch vermehrt in zielgruppenspezifi schen Social<br />
Media Kanälen.<br />
54
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Ernährung / Prävention<br />
• PR-Strategie: das A und O<br />
PR ohne Strategie ist wie ein Brunnen ohne Wasser:<br />
Klare Ziele, definierte Zielgruppen, geeignete Kommunikationsinstrumente<br />
sind wegweisend für Ihren Erfolg in<br />
der Öffentlichkeit. Wenn Sie Ihre PR-Strategie im Auge<br />
haben, steht einer guten <strong>Press</strong>e- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
nichts mehr im Weg.<br />
Bevor Sie loslegen, sollten Sie sich klar sein, ob Sie das<br />
alles intern organisieren möchten oder lieber auf Kommunikationsexperten<br />
in einer externen PR-Agentur setzen<br />
wollen.<br />
Nuray Güler<br />
Inhaberin primo PR<br />
Primo PR ist eine junge Full Service PR-Agentur<br />
aus Frankfurt am Main. Als inhabergeführte Agentur<br />
hat sich das Team um Nuray Güler und Anne<br />
Heussner auf die Leistungsschwerpunkte Consumer-,<br />
Marken- und Unternehmenskommu ni kation<br />
sowie Krisenkommunikation spezialisiert.<br />
• www.primo-pr.com<br />
55
<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />
Apps:<br />
Schwieriger<br />
Umtausch<br />
Der Trend zum Smartphone und Tablet-Computer ist unge brochen –<br />
und damit auch der Download von Apps. Allein im App Store<br />
von Apple können über 350.000 Apps herunter ge laden werden.<br />
Wer eine App kauft, sollte sich sicher sein, dass er sie auch<br />
wirklich nutzen möchte. Einen generellen Anspruch auf den Um -<br />
tausch der Applikationen – ganz gleich bei welchem Anbieter –<br />
gibt es laut ARAG Experten nämlich nicht.<br />
Ein Grundrecht jedes Käufers: Eine gesetz<br />
liche Grundlage für einen Umtausch<br />
fehlerfreier Waren und somit auch Software gibt es<br />
nicht. Rein juristisch haben Sie nur dann Anspruch auf<br />
Ersatz (Gewährleistungsanspruch), wenn die Ware beim<br />
Kauf fehlerhaft oder mangelhaft war. Obwohl beim<br />
App-Kauf ein Fernabsatzgeschäft vorliegt, haben Sie<br />
zudem kein generelles Widerrufsrecht, da die Lieferung<br />
der Ware, also in diesem Fall der Download, unverzüglich<br />
nach dem Kauf erfolgt. Wer trotzdem eine<br />
falsche App her unterlädt, muss sich bei den meisten<br />
Anbietern an den Kundenservice wenden und dort<br />
den Umtausch genau begründen.<br />
Sehr unterschiedliche Regelungen<br />
Je nach App-Store sind die Bedingungen und Vorgehensweisen<br />
sehr unterschiedlich. Um bösen Überraschungen<br />
vorzubeugen empfehlen ARAG Experten,<br />
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen<br />
Anbieters genau zu lesen und sich im Vorfeld über die<br />
jeweiligen Umtauschmodalitäten zu informieren.<br />
Apple weist bereits in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
darauf hin, dass Apps nur umgetauscht<br />
werden können, wenn der Download „unakzeptabel<br />
schlecht“ ist. Im Apple App Store müssen Kunden<br />
schon eine gute Begründung parat haben, wenn sie ihr<br />
Geld erstattet haben wollen.<br />
56
Ein recht großzügiges Angebot macht hingegen Google<br />
in seinem Android Market: Wer hier eine App kauft, hat<br />
beispielsweise ein 15-minütiges Umtauschrecht. Die<br />
App kann auch dann umgetauscht werden, wenn sie<br />
dem Käufer nicht gefällt.<br />
Windows-Phone-7-Nutzer haben es hingegen leicht: Sie<br />
profi tieren im Windows Phone Marketplace von der sogenannten<br />
„Try before you buy“-Funktion.<br />
Sicht vollkommen legal. Programme aus dem Mac App<br />
Store oder dem iTunes App Store können also weiterhin<br />
nicht an andere weiterverkauft werden.<br />
• Quelle: www.arag.de<br />
(Rund ums Recht > Rechtstipps und Urteile > Internet<br />
& Computer Beitrag vom 05. 06. <strong>2014</strong>)<br />
Apps weiterverkaufen?<br />
Wenn man eine App also geladen hat, bevor man bemerkt,<br />
dass man diese gar nicht benötigt, kann man<br />
sie doch eventuell weitergeben oder verkaufen. Der Europäische<br />
Gerichtshof hat den Verkauf gebrauchter<br />
Download-Software grundsätzlich erlaubt. Hersteller<br />
dürfen es Kunden daher nicht verbieten, Lizenzen weiter<br />
zu verkaufen. Dieses Recht hat jedoch Grenzen. Denn<br />
Hersteller können den Wiederverkauf künstlich verhindern.<br />
Dies hat das EuGH in seinem Urteil nicht beschränkt<br />
oder für unzulässig erklärt. Dies bedeutet in<br />
der Praxis: Die Hersteller der Apps sind keineswegs gezwungen,<br />
es zu ermöglichen, dass diese weiterverkauft<br />
werden kann. Hat die Software eine künstliche Einschränkung<br />
und ist beispielsweise an ein persönliches<br />
Nutzerkonto (wie bei iTunes) gebunden oder auf eine<br />
bestimmte Hardware aktiviert, ist dies aus rechtlicher<br />
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