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Programmheft - 1. Loh-Konzert - Theater Nordhausen

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<strong>1.</strong> <strong>Loh</strong>-<strong>Konzert</strong>


<strong>1.</strong> <strong>Loh</strong>-<strong>Konzert</strong><br />

30. Mai 2012, 20.00 Uhr, Achteckhaus Sondershausen


Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)<br />

Klavierkonzert Nr. 27 B-Dur KV 595<br />

I. Allegro<br />

II. Larghetto<br />

III. Allegro<br />

Komponiert 1791, uraufgeführt am 4. März 1791 in Wien.<br />

- Pause -<br />

Joseph Haydn (1732–1809)<br />

„Der Frühling“ aus „Die Jahreszeiten“ Hob. XXI:3<br />

I. Ouvertüre – Rezitativ „Seht, wie der strenge Winter flieht“<br />

II. Chor „Komm, holder Lenz“<br />

III. Rezitativ „Vom Widder strahlet jetzt“<br />

IV. Arie „Schon eilet froh der Ackersmann“<br />

V. Rezitativ „Der Landmann hat sein Werk vollbracht“<br />

VI. Chor „Sei nun gnädig“<br />

VII. Rezitativ „Erhört ist unser Flehn“<br />

VIII. Freudenlied „O wie lieblich ist der Anblick“<br />

IX. Chor „Ewiger, mächtiger“<br />

Komponiert 1799–1800, uraufgeführt am 24. April 1801 im<br />

Schwarzenberg‘schen Palais zu Wien.<br />

PROGRAMM<br />

Ruobing An wurde 1992 in China geboren. Mit 6 Jahren erhielt sie<br />

Ludwig van Beethoven (1770–1827)<br />

2 in Xi´an, der Hauptstadt der Provinz Shaanxi, ihren ersten Klavier-<br />

Ouvertüre zu „König Stephan“<br />

3<br />

unterricht. Von 2003 an besuchte sie das Musikgymnasium in<br />

Komponiert 1811, uraufgeführt am 9. Februar 1812 zur Eröffnung des neuen<br />

Xi´an, wo sie ihr Instrument bei Prof. Inoyatova Gulchekhra weiterstudierte,<br />

einer Schülerin von Tatjana Nikolajewa. Seit 2009<br />

<strong>Theater</strong>s in Pest (Ungarn).<br />

lebt Ruobing An in Deutschland und studiert seit 2010 an der<br />

Hochschule für Musik FRANZ LISZT in Weimar, zunächst in der Klasse von Prof.<br />

Gerlinde Otto, derzeit bei Prof. Rolf-Dieter Arens. Bei nationalen und internationalen<br />

Klavierwettbewerben in China erhielt sie seit 2001 zahlreiche Preise.<br />

Sabine Mucke, geboren im Ostseebad Boltenhagen, besuchte<br />

zunächst die Musikschule in Wismar und studierte dann an der<br />

Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar sowie am Opernstudio<br />

in Toulon bei Jean Giraudeau. Seit 1996 ist Sabine Mucke als<br />

Solistin an der <strong>Theater</strong> <strong>Nordhausen</strong>/<strong>Loh</strong>-Orchester Sondershausen<br />

GmbH engagiert und sang Rollen wie Tatjana, Marschallin,<br />

Butterfly, Mimí oder Agathe. Sie gastierte am Gärtnerplatztheater<br />

München, am Staatstheater Cottbus und am Südthüringer Staatstheater<br />

Meiningen. Zahlreiche Verpflichtungen als <strong>Konzert</strong>sängerin führten sie nach<br />

Italien, Frankreich, Kroatien, Japan und 2007 nach Paraguay. 2008 wurde ihr der<br />

Nordhäuser <strong>Theater</strong>preis verliehen.<br />

Joshua Farrier wurde in Decatur, Illinois (USA), geboren. Er<br />

studierte Gesang mit einem Rotary-Stipendium am Königlichen<br />

Konservatorium Brüssel, in Champaign an der University of<br />

Illinois und machte sein Diplom 1995 am Cleveland Institute of<br />

Music (Ohio). Zu seinen Gesangslehrern zählen u. a. Joyce Castle,<br />

Jayne Casselman und Rainer Goldberg. Genauso leidenschaftlich<br />

arbeitet Joshua Farrier als Gesangspädagoge und promovierte als solcher 2007<br />

an der University of Kansas. Festengagiert war Farrier 2004–2007 am <strong>Theater</strong><br />

Pforzheim. Seit Beginn der Spielzeit 2009/2010 gehört er zur <strong>Theater</strong> <strong>Nordhausen</strong>/<strong>Loh</strong>-Orchester<br />

Sondershausen GmbH.<br />

Thomas Kohl wurde in Neubrandenburg/Mecklenburg geboren<br />

und studierte 1989–1995 Gesang an der Hochschule für Musik<br />

„Hanns Eisler“ in Berlin. 1995 ging Thomas Kohl nach einem<br />

Gastspiel an der Kammeroper Rheinsberg ins Festengagement<br />

als Solist nach <strong>Nordhausen</strong>. Sein Repertoire reicht von Papageno<br />

über Eugen Onegin und Sharpless bis zur Titelpartie in<br />

„Briefe des van Gogh“ von Frid. Gastspiele führten den Künstler unter anderem<br />

ans Staatstheater Braunschweig, nach Leipzig und ans <strong>Theater</strong> Rostock sowie<br />

zur Oper in der Stiftsruine Bad Hersfeld, wo er 1998 den Hersfelder Orpheuspreis<br />

der Opernfestspiele erhielt. Im Jahr 2000 war Thomas Kohl bei der Jahresumfrage<br />

der Zeitschrift „Opernwelt“ in der Kategorie „Bester Nachwuchssänger“<br />

nominiert.<br />

Ruobing An Klavier<br />

Sabine Mucke Sopran<br />

Joshua Farrier Tenor<br />

Thomas Kohl Bassbariton<br />

Opernchor des <strong>Theater</strong>s <strong>Nordhausen</strong><br />

<strong>Loh</strong>-Orchester Sondershausen<br />

Choreinstudierung: Elena Pierini<br />

Musikalische Leitung: Markus L. Frank


KÖNIG STEPHAN<br />

KOMM, LIEBER MAI<br />

„Anleitung zur Composition“, 1793)<br />

4 von Dorothea Krimm<br />

von Dorothea Krimm<br />

Ein Großteil von Mozarts 21 Klavierkonzerten<br />

entstand in den frühen 1780er<br />

5<br />

Ludwig van Beethovens Schauspielmusik<br />

zum Festspiel „König Stephan oder<br />

Ungarns erster Wohltäter“ von August<br />

von Kotzebue entstand im Jahr 181<strong>1.</strong> Es<br />

war ein Auftragswerk, das zur feierlichen<br />

Eröffnung des neuen <strong>Theater</strong>s in Pest<br />

(Ungarn) erklang. Was lag wohl näher,<br />

als zu diesem nationalen Ereignis ein<br />

<strong>Theater</strong>stück über den Patron und Nationalheiligen<br />

Ungarns auszuwählen?<br />

König Stephan I., genannt „der Heilige“,<br />

lebte von 969 bis 1038 und wird bis<br />

Als „Abschied vom großen Publikum<br />

und von der Welt“, als Werk der „Resignation“<br />

und „Melancholie“ wird Mozarts<br />

letztes Klavierkonzert bis heute<br />

oft bezeichnet – und doch befand sich<br />

der Komponist, als er sein <strong>Konzert</strong> am<br />

5. Januar 1791 in sein Werkverzeichnis<br />

eintrug, gesundheitlich in bester Verfassung,<br />

wenige Wochen vor seinem 35.<br />

Geburtstag. So muss das letzte Klavierkonzert<br />

nicht unbedingt als Ende, sondern<br />

kann auch als Neuanfang gesehen<br />

Jahren in Wien. Mozart präsentierte<br />

sich mit ihnen als Solist im Saal des<br />

Trattnerhofs, im städtischen Kasino Zur<br />

Mehlgrube und im Burgtheater. Das<br />

Publikum dieser Abonnementskonzerte<br />

entstammte dem Wiener Adel und dem<br />

gehobenen Bürgertum, spielte häufig<br />

auch selbst Klavier oder hatte sonst<br />

Bezug zur Musik – es war also ein quasi<br />

ideales Kenner-Publikum. 1791 konnte<br />

Mozart solche <strong>Konzert</strong>e nach zwei<br />

beruflich enttäuschenden Jahren nicht<br />

heute dafür geehrt, dass er die einst<br />

werden – als das erste Probieren eines mehr geben, doch hatte er Gelegenheit,<br />

Reiterstandbild Stephans I. in Budapest<br />

heidnischen Magyaren christianisierte.<br />

Komponisten, der beschlossen hatte, sein Werk im März bei dem <strong>Konzert</strong>abend<br />

Als Stephan am 17. August des Jahres<br />

1000 in Gran an der Donau vom päpstlichen<br />

Gesandten zum König gekrönt<br />

wurde, rief er die erste christliche<br />

Landeskirche Ungarns ins Leben und<br />

schenkte das Königreich Ungarn dem<br />

Papst, der ihm das Land als Lehen zurückgab.<br />

Zu den Legenden, die sich um<br />

Stephan ranken, gehört auch folgende<br />

schauerliche Geschichte: Am 2. September<br />

1031 verunglückte Stephans<br />

einziger Sohn Emmerich (Imre) bei einer<br />

Bärenjagd tödlich, so dass plötzlich<br />

entferntere Verwandte Thronfolger<br />

waren, die aber noch zum Heidentum<br />

neigten. Stephan I. machte daher seinen<br />

Vetter regierungsunfähig, indem er ihm<br />

die Augen ausstechen und Blei in die<br />

Ohren gießen ließ. Die anderen flohen<br />

daraufhin nach Polen und Russland. So<br />

konnte Stephan den christlichen Peter<br />

Orseolo, den Sohn seiner Schwester<br />

Maria, zu seinem Nachfolger machen.<br />

1038 verstarb Stephan und wurde neben<br />

seinem Sohn in der Marienkirche in<br />

Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) beigesetzt.<br />

Seine Gebeine wurden später<br />

nach Buda übertragen. Am 20. August<br />

1083 wurde Stephan zusammen mit seinem<br />

Sohn heilig gesprochen. – Diese<br />

Entscheidung des Papstes mag angesichts<br />

der grässlichen Vorgeschichte<br />

einigermaßen fragwürdig erscheinen;<br />

Kotzebues Festspiel verklärte den König<br />

sicherlich zum strahlenden Helden.<br />

Als solchen zeigt ihn auch Beethovens<br />

Ouvertüre zur Schauspielmusik, die in<br />

der traditionellen Helden-Tonart Es-Dur<br />

steht. Sie wartet von Anfang an mit<br />

allen Kennzeichen des Prachtvollen auf,<br />

wenngleich die feierliche Einleitung,<br />

die mit vier Signaltönen in absteigender<br />

Quartfolge beginnt, durch dieses herbe<br />

Intervall etwas merkwürdig und streng<br />

klingt. Umso größer ist der Kontrast<br />

zur folgenden heiteren Flötenmelodie.<br />

Das eigentliche erste Thema folgt erst<br />

später in einem feurigen Presto. Das<br />

Seitenthema mag den Kenner von<br />

Beethovens 9. Sinfonie etwas überraschen:<br />

Seine Melodie ähnelt der von<br />

„Freude schöner Götterfunken“ nicht<br />

wenig. Vielleicht hatte Beethoven diese<br />

Töne aus seinem „König Stephan“ noch<br />

im Ohr, als er drei Jahre später mit der<br />

Arbeit an der Neunten begann.<br />

einmal auf alles zu verzichten, was ihn<br />

als Virtuosen bisher ausgemacht hatte.<br />

Statt sich brillant gegen das Orchester<br />

abzuheben, strebt das Klavier im B-Dur-<br />

<strong>Konzert</strong> KV 595 nach absoluter Integration<br />

und Gleichberechtigung mit dem<br />

Orchester. So entsteht ein überaus<br />

plastisches „Gespräch“ dieser zwei<br />

Partner. Wie ein Mozart-Zeitgenosse es<br />

formuliert hatte, sah man zu dieser Zeit<br />

gerne das <strong>Konzert</strong> als „leidenschaftliche<br />

Unterhaltung des Concertspielers<br />

mit dem ihn begleitenden Orchester.<br />

Kurz ich stelle mir unter dem Concerte<br />

etwas ähnliches mit der Tragödie der<br />

Alten vor, wo der Schauspieler seine<br />

Empfindungen nicht gegen das Parterre,<br />

sondern gegen den Chor äußerte,<br />

und dieser hingegen auf das genaueste<br />

mit in die Handlung verflochten, und<br />

zugleich berechtigt war, an dem Ausdrucke<br />

der Empfindungen Antheil zu<br />

haben. Alsdann aber ist der Zuhörer,<br />

jedoch ohne etwas dabey zu verlieren,<br />

erst die dritte Person, die an dem leidenschaftlichen<br />

Vortrage des Concertspielers<br />

an das ihn begleitende Orchester<br />

Theil nehmen kann.“ (H. Chr. Koch,<br />

eines befreundeten Klarinettisten<br />

namens Joseph Beer zu spielen.<br />

Das Werk ist schlanker besetzt als<br />

die meisten der übrigen Klavierkonzerte<br />

Mozarts – er verzichtete hier auf<br />

Trompeten und Pauken, um lediglich<br />

eine Flöte, je zwei Oboen, Fagotte und<br />

Hörner zu den Streichern zu besetzen.<br />

Im Köchelverzeichnis folgt auf<br />

das B-Dur-Klavierkonzert direkt das<br />

Lied „Sehnsucht nach dem Frühling“<br />

(„Komm, lieber Mai, und mache“) als<br />

KV 596. Somit ist das liebliche Thema<br />

des dritten Satzes, das wir heute sofort<br />

mit dem Lied identifizieren, zuerst als<br />

Klavierkonzert-Thema dagewesen.<br />

Spätestens diese heitere Tonfolge, mit<br />

der das Klavier das Schlussrondo allein<br />

beginnt, beweist, dass die Melancholie,<br />

die vielleicht in manchen Mollwendungen<br />

zuvor aufschien, nicht der<br />

Grundgedanke des Werkes sein kann.


KOMM, HOLDER LENZ<br />

schilderungen und Verklärungen des<br />

pfeifenden Bauern. Und die ist nichts<br />

6 von Dorothea Krimm<br />

Landlebens aufscheint.<br />

anderes als ein wohlbekanntes Zitat<br />

Drei Vokalsolisten stellen in der Handlung<br />

aus Haydns eigener Sinfonie „mit dem<br />

7<br />

„Die Jahreszeiten“ bilden das vierte<br />

und letzte Oratorium von Joseph Haydn,<br />

der zuvor in dieser Gattung „Il ritorno<br />

di Tobia“ (Tobias’ Heimkehr), „Die Sieben<br />

Worte unseres Erlösers am Kreuze“<br />

und die sehr erfolgreiche „Schöpfung“<br />

vorgelegt hatte. Allerdings hat Haydn<br />

seine „Jahreszeiten“, vielleicht weil sie<br />

vor allem weltlich geprägt sind, nicht<br />

ausdrücklich „Oratorium“ genannt.<br />

Nach der ursprünglichen Bedeutung<br />

(„Gebetssaal“) bezeichnet ein Oratorium<br />

die dramatische, jedoch nicht<br />

szenisch realisierte Vertonung einer<br />

normalerweise geistlichen Handlung<br />

für Solisten, Chor und Orchester – es<br />

ist das kirchliche Pendant zur Oper.<br />

Die Jahreszeiten stehen jedoch, wie<br />

gesagt, als Musik zu einem weltlichen<br />

Text zunächst mitten im Leben. „Es gibt<br />

kein herrlicheres, farbenreicheres Bild<br />

des ganzen menschlichen Lebens, als<br />

wie es der Meister in den ‚Jahreszeiten‘<br />

musikalisch aufgestellt hat“, urteilte<br />

der Dichter E. T. A. Hoffmann. Dem<br />

Werk liegt ein englisches Versepos des<br />

drei Personen aus dem Landvolk<br />

vor: Simon (Bass) ist ein Pächter,<br />

Hanne (Sopran) seine Tochter und<br />

Lukas (Tenor) ein junger Bauer. Der<br />

Chor repräsentiert das ländliche Volk,<br />

zwischendurch auch die Landjugend,<br />

„Burschen und Mädchen“. Der Alltag<br />

dieser Menschen, ihr Gang durch das<br />

Jahr, ist Gegenstand der „Jahreszeiten“.<br />

Sie gliedern sich in vier geschlossene<br />

Kantaten, angefangen mit dem „Frühling“<br />

und im „Winter“ endend – wobei<br />

der Kreislauf durchgängig ist, denn<br />

die Einleitung zum „Frühling“ beginnt<br />

ausdrücklich mit dem „Übergang vom<br />

Winter zum Frühling“. Diese Ouvertüre<br />

zeigt mit tonmalerischen Mitteln, die<br />

Haydn schon in seiner „Schöpfung“<br />

gerne benutzte, die Rauheit der winterlichen<br />

Jahreszeit. Ein absteigendes<br />

Viertonmotiv, in der Musikgeschichte<br />

seit langem klingendes Symbol der Klage,<br />

verkündet gleich zu Anfang die Härte<br />

der Natur, bevor in düsterem g-Moll<br />

mit vielen erbitterten Sforzato-Schlägen<br />

ein noch ganz winterstürmisches<br />

Paukenschlag“, die damals tatsächlich<br />

in aller Ohren war. Das Lied vom fleißigen<br />

Ackersmann aus dem „Frühling“<br />

spiegelt sich übrigens im „Herbst“<br />

in einer Ode an den Fleiß der Bauern<br />

wider. Darauf angesprochen, soll Haydn<br />

ironisch geäußert haben, obwohl er<br />

sein ganzes Leben lang fleißig gewesen<br />

sei, habe man ihn nun zum ersten<br />

Mal gebeten, einen Chor zum Lob des<br />

Fleißes zu schreiben.<br />

Nachdem das Feld gepflügt ist, empfiehlt<br />

Lukas im Rezitativ, nun ein Gebet<br />

um Regen folgen zu lassen. Er stimmt<br />

das lyrische „Sei nun gnädig, milder<br />

Himmel“ an, worauf das „Volk“ sich<br />

ihm im Chor anschließt. Zum Stichwort<br />

„Uns sprießet Überfluss“ im zweiten Teil<br />

dieser Chornummer trumpft Haydn mit<br />

einem Fugato als altbewährtem Mittel<br />

prächtiger Tonkunst auf.<br />

„Erhört ist unser Flehn“, bemerkt Hanne<br />

im darauf folgenden Rezitativ. Der Regen<br />

fällt, und die Natur kann sich begrünen.<br />

Die vorletzte Nummer der „Frühlings“-<br />

Kantate ist daher ein „Freudenlied, mit<br />

Dichters James Thomson (1700–1740) Vivace einsetzt. Nach einigen Minuten<br />

Sebastiano Conca, Allegorie des Frühlings (1720)<br />

abwechselndem Chore der Jugend“<br />

zugrunde, das Haydn in der Übersetzung endet dieses in einem verminderten<br />

– „Oh, wie lieblich ist der Anblick der<br />

des Freiherrn Gottfried van Swieten<br />

vorlag – jenes Kunstmäzens, der als<br />

Förderer Haydns, Mozarts und Beethovens<br />

in die Musikgeschichte einging.<br />

Haydn arbeitete in den Jahren 1799<br />

und 1800 an der Komposition und<br />

haderte in dieser Zeit ziemlich mit dem<br />

Text, den er nicht sonderlich schätzte,<br />

kämpfte aber als 67-jähriger auch mit<br />

gesundheitlichen Problemen. Dass er<br />

das Libretto als „französischen Abfall“<br />

bezeichnet haben soll, mag am Einfluss<br />

der philosophischen Ideen Jean-Jacques<br />

Rousseaus liegen, der in den Natur-<br />

Septakkord; nun erklingt ein Rezitativ<br />

des Pächters Simon („Seht, wie der<br />

strenge Winter flieht“), das, durchsetzt<br />

von illustrativen Orchester-Einwürfen,<br />

den Abzug des Winters erzählt – bis<br />

„von Süden her durch laue Winde sanft<br />

gelockt, der Frühlingsbote streicht“.<br />

Oboen- und Flötenklänge werden hier<br />

zum Symbol des Frühlings.<br />

In einem bukolischen Sechsachteltakt<br />

folgt nun der Chor der Landleute<br />

„Komm, holder Lenz! Des Himmels<br />

Gabe, komm.“ Das Willkommen an den<br />

Frühling markiert noch immer den Moment<br />

des Übergangs, zu dem der strenge<br />

Winter jederzeit wieder hereinbrechen<br />

kann. Erst im folgenden Rezitativ<br />

Simons ist der Frühling wirklich da und<br />

verbreitet seine „lauen Dünste“. Nun<br />

ist es Zeit für ein heiteres Lied: Simons<br />

Arie „Schon eilet froh der Ackersmann<br />

zur Arbeit auf das Feld“ ist ganz vom typischen<br />

Humor Joseph Haydns geprägt.<br />

Wenn Simon berichtet, wie der Bauer<br />

„in langen Furchen dem Pfluge flötend<br />

nachschreitet“ – soll heißen, wie er<br />

pfeifend über den Acker geht – so erklingt<br />

im Orchester die Melodie des<br />

Gefilde“. Die Pächterstochter Hanne<br />

und der junge Bauer Lukas führen die<br />

Burschen und Mädchen an – der Frühling<br />

ist die Jahreszeit der Jugend.<br />

Auch hier zaubert Haydn noch einmal<br />

tonmalerisch ein buntes Naturbild, in<br />

dem man die Lämmer springen, die<br />

Fische wimmeln, die Bienen schwärmen<br />

und die Vögel flattern hört. In einem<br />

abschließenden „Maestoso“ statten die<br />

Menschen dem „ewigen, mächtigen,<br />

gütigen Gott“ noch einmal ihren Dank<br />

ab für diese reiche, lebensspendende<br />

Natur.


VORSCHAU<br />

8<br />

6. Juni 2012<br />

2. <strong>Loh</strong>-<strong>Konzert</strong> „Aufforderung zum Tanz“<br />

Carl Maria von Weber, Aufforderung zum Tanz op. 65<br />

Wolfgang Amadeus Mozart, Ballettmusik aus der Oper „Idomeneo“<br />

Michail Glinka, Valse-Fantaisie<br />

Peter Tschaikowsky, Schwanensee-Suite<br />

Amilcare Ponchielli, Tanz der Stunden aus der Oper „La Gioconda”<br />

Musikalische Leitung: Alexander Stessin<br />

14. Juni 2012<br />

3. <strong>Loh</strong>-<strong>Konzert</strong> „Sommermusiken“<br />

Henryk Wieniawski, <strong>1.</strong> Violinkonzert fis-Moll op. 14<br />

Felix Mendelssohn Bartholdy, Ouvertüre und Schauspielmusik aus<br />

„Ein Sommernachtstraum“<br />

Bedrich Smetana, „Aus Böhmens Hain und Flur“ aus „Mein Vaterland“<br />

Liv Migdal Violine<br />

Musikalische Leitung: Markus L. Frank<br />

4. Juli 2012<br />

4. <strong>Loh</strong>-<strong>Konzert</strong><br />

Abschlusskonzert des Sondershäuser Meisterkurses mit Wally Hase (Flöte)<br />

Bildquellen:<br />

S. 4: Reiterstandbild Stephans I. in Budapest, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Stephan_I._%28Ungarn%29; S. 7: Joseph Stöber, „Frühling“ (Kupferstich Anf. 19. Jh.)<br />

Textquellen:<br />

Alle Texte sind Originalbeiträge von Dorothea Krimm für dieses <strong>Programmheft</strong>.<br />

Impressum:<br />

Herausgeber: <strong>Theater</strong> <strong>Nordhausen</strong>/<strong>Loh</strong>-Orchester Sondershausen GmbH Spielzeit<br />

2011/2012, Intendant: Lars Tietje, Redaktion und Gestaltung: Dorothea<br />

Krimm, Layout: Landsiedel | Müller | Flagmeyer, <strong>Nordhausen</strong>. <strong>Konzert</strong>-<strong>Programmheft</strong><br />

Nr. 13 der Spielzeit 2011/2012.<br />

Wir danken für die großzügigen Blumenspenden der Stadtwerke Sondershausen<br />

und des Fördervereins <strong>Loh</strong>-Orchester Sondershausen e. V.

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