Plastizität und Bruchmechanik - Technische Fakultät
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W. Brocks: <strong>Bruchmechanik</strong><br />
Erweiterung der LEBM für kleine plastische Zonen (small scale yielding, SSY)<br />
1. Plastizierung an Spannungskonzentratoren<br />
Die nach der Elastizitätstheorie berechneten Spannungen am Kerbgr<strong>und</strong> eines gekerbten<br />
Bauteils können größer als die Fließgrenze sein, so dass unter der gegebenen Belastung eine<br />
lokale Plastizierung erfolgt. An einer Rissspitze wird sogar in jedem Falle die Fließgrenze<br />
(rechnerisch) überschritten, da der Spannungsverlauf dort eine Singularitätsstelle hat. Die<br />
tatsächliche Spannungsverteilung in der so entstehenden (als klein gegenüber dem<br />
Ligamentquerschnitt angenommenen) plastischen Zone hängt von der Mehrachsigkeit des<br />
Spannungszustandes ab.<br />
2. Der äquivalente elastische Riss (Modus I)<br />
Auf IRWIN [1964] geht die Idee zurück, aus der Spannungsverteilung am Riss im elastischen<br />
Kontinuum näherungsweise die Größe der plastischen Zone im Ligament zu berechnen <strong>und</strong> eine<br />
fiktive Rissverlängerung mit einem modifizierten "effektiven" Spannungsintensitätsfaktor<br />
einzuführen. Dieser Gedanke wird im Folgenden an den beiden Grenzfällen ESZ <strong>und</strong> EVZ<br />
näher ausgeführt.<br />
a) Ebener Spannungszustand (ESZ, plane stress) σ<br />
3<br />
= σ zz<br />
= 0<br />
σ σ σ σ<br />
K<br />
2π<br />
r<br />
I<br />
1<br />
=<br />
xx<br />
=<br />
2<br />
=<br />
yy<br />
= . (1)<br />
Wegen σ1 = σ<br />
2<br />
<strong>und</strong> σ<br />
3<br />
= 0 liefern die Fließbedingungen von MISES <strong>und</strong> TRESCA σ yy<br />
() r = R 0<br />
im<br />
Bereich 0 ≤r ≤ rp<br />
, wenn ideal-plastisches (nicht verfestigendes) Material angenommen wird.<br />
Daraus folgt insbesondere die Stelle r = rp<br />
, in dem die elastisch berechneten Spannungen die<br />
Fließgrenze erreichen<br />
r<br />
p<br />
I<br />
= ⎜ ⎟<br />
2π<br />
R0<br />
2<br />
1 ⎛K<br />
⎞<br />
. (2)<br />
⎝ ⎠<br />
b) Ebener Verzerrungszustand (EVZ, plane strain) ε3 = ε zz<br />
= 0<br />
Es gilt wieder die Gl. (1) <strong>und</strong> außerdem für die dritte Hauptspannung σ<br />
3<br />
ν ( σ1 σ2)<br />
hat man als Fließbedingung nach MISES <strong>und</strong> TRESCA ( 1 2 ν ) σ ( r yy<br />
) R F<br />
<strong>und</strong> erhält anstelle von Gl. (2)<br />
= + . Damit<br />
− = im Bereich 0 ≤ r ≤ rp<br />
r<br />
p<br />
( 1 2ν<br />
)<br />
I<br />
= ⎜ ⎟<br />
2π<br />
R0<br />
2<br />
2<br />
− ⎛K<br />
⎞<br />
. (3)<br />
⎝ ⎠<br />
Der Unterschied zwischen ESZ <strong>und</strong> EVZ - also die Mehrachsigkeit des Spannungszustandes -<br />
wirkt sich in der Größe von r p aus; die folgenden Überlegungen sind dagegen unabhängig vom<br />
Spannungszustand.<br />
BM-SSY, 15.01.2012, - 1 -