Plastizität und Bruchmechanik - Technische Fakultät

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15.09.2014 Aufrufe

Brocks: Plastizität, WS 2010/11 Phänomenologische Theorie der zeit- und geschwindigkeitsunabhängigen Plastizität Die Theorie behandelt das inelastische Verformungsverhalten von Metallen bei „niedrigen“ Temperaturen unter „langsamen“ (quasistatischen) Beanspruchungen, d.h. unter Ausschluss von Zeitabhängigkeit (Kriechen, Relaxation) und Dehnratenabhängigkeit (Hochgeschwindigkeitsbelastungen). Auf der Mikroebene (Kristallgitter) beruhen die Verformungen auf Versetzungsbewegungen. Es werden jedoch nur die makroskopisch beobachteten Erscheinungen (Phänomene) im Rahmen der Kontinuumsmechanik beschrieben. Da plastische Deformationen nichtlinear sind und von der Belastungsgeschichte abhängen, werden die Stoffgleichungen „inkrementell“ 1 , d.h. für eine kleine Belastungs- und Verformungsänderung formuliert: Δσ = σ Δt ; Δε = ε Δt. (1) ij ij ij ij Dabei stellt das „Zeitinkrement“ Δt > 0 keine physikalische Zeit dar, und damit sind die Spannungs- und Dehnraten σ ij , ε ij keine realen Geschwindigkeiten. Die hier „Zeit“ genannte positive skalare Größe parametrisiert die Belastungsgeschichte. Einachsiger Zugversuch Für Spannungen unterhalb der Fließgrenze (Streckoder Dehngrenze) verhält sich das Material linearelastisch, und es gilt das HOOKEsche Gesetz: σ ≤ R σ = Eε . 0 : Sobald die Spannung erstmalig diese Grenze übersteigt, wird die Spannungs-Dehnungskurve nichtlinear, und bei Entlastungen treten bleibende (plastische) Dehnungen auf σ ε = εe + εp = + εp. E Das Materialverhalten für σ > R0 wird charakterisiert durch ‣ Fließbedingung σ ≤ R ( ε ) , R (0) = R , (2) F p F 0 RF( ε p) heißt (einachsige) Fließkurve. Ausgehend von Spannungen σ < RF( ε p) treten nur elastische Verzerrungsänderungen auf, Spannungen σ > RF( ε p) sind unmöglich. 1 Man spricht deshalb auch von der Theorie der „inkrementellen Plastizität“ im Gegensatz zur „finiten Plastizität“ nach HENCKY [1924], siehe S 8 f Plastizitaet, 04.01.2012, - 1 -

Brocks: Plastizität, WS 2010/11 ‣ Hookesches Gesetz für die elastischen Verzerrungen bzw. die elastischen Verzerrungsanteile σ = Eε = E( ε − ε ). (3) e p ‣ Be-/Entlastungsbedingung Ausgehend von einer Spannung σ = R( ε ) > 0 gilt p p σ > 0 ε p > 0 Belastung . (4) σ < 0 ε = 0 Entlastung Verallgemeinerung auf mehrachsige Spannungszustände ‣ additive Zerlegung der Dehnraten ε = ε + ε (5) e p ij ij ij Auf dem Wandern von Gitterversetzungen beruhende plastische Verformungen führen nicht zu Volumenänderungen (plastische Inkompressibilität) 2 , weshalb ε = 0 also ε = ε′ . (5a) p p p kk ij ij gilt 3 . Die totalen plastischen Verzerrungen sind durch Integration über die Belastungsgeschichte zu ermitteln p ij t ε = ∫ ε τ . (5b) τ = 0 p d ij ‣ Fließbedingung p ( ij , ij ) 0 p wobei ( ij ij ) ϕ σ ε ≤ , (6) ϕ σ , ε = 0 die Fließfunktion ist 4 . ϕ = 0 heißt Fließfläche im Spannungsraum. Üblicherweise wird ϕ als konvex angenommen (BETTEN [1979, 1982]), weil ein gerader Belastungsweg zwischen zwei elastischen Zuständen, ϕ < 0, nicht zu plastischen Verformungen führen sollte. Konvexität folgt auch aus DRUCKERs [1950, 1959, 1964] Postulaten für Werkstoffstabilität. Für plastisch inkompressibles Material ist Fließen unabhängig vom 1 hydrostatischen Spannungsanteil σ = σ , und damit hat die Fließbedingung die Form h 3 kk 2 3 4 Werkstoffe, die Mikro-Hohlräume enthalten, sind plastisch kompressibel. Hierfür wurde die Plastizität poröser Werkstoffe insbesondere in der Schädigungsmechanik entwickelt. Jeder Tensor (2. Stufe) lässt sich in einen Deviatoranteil und einen Kugelanteil zerlegen: 1 aij = a′ ij + 3 akkδij . Die Spur (1. Invariante) des Verzerrungstensorsε kk ist die Volumendilatiation. Im Falle einer assoziierten Fließregel (s.u.) ist ϕ zugleich das plastische „Potential“. Ausgehend von Spannungszuständen mit ϕ( σ ij p ,ε ij )< 0 treten nur elastische Verzerrungsänderungen auf, Spannungszustände mit ϕ( σ ij p ,ε ij )> 0 sind unzulässig. Plastizitaet, 04.01.2012, - 2 -

Brocks: <strong>Plastizität</strong>, WS 2010/11<br />

Phänomenologische Theorie der zeit- <strong>und</strong> geschwindigkeitsunabhängigen<br />

<strong>Plastizität</strong><br />

Die Theorie behandelt das inelastische Verformungsverhalten von Metallen bei „niedrigen“<br />

Temperaturen unter „langsamen“ (quasistatischen) Beanspruchungen, d.h. unter Ausschluss<br />

von Zeitabhängigkeit (Kriechen, Relaxation) <strong>und</strong> Dehnratenabhängigkeit (Hochgeschwindigkeitsbelastungen).<br />

Auf der Mikroebene (Kristallgitter) beruhen die Verformungen auf Versetzungsbewegungen.<br />

Es werden jedoch nur die makroskopisch beobachteten Erscheinungen<br />

(Phänomene) im Rahmen der Kontinuumsmechanik beschrieben.<br />

Da plastische Deformationen nichtlinear sind <strong>und</strong> von der Belastungsgeschichte abhängen,<br />

werden die Stoffgleichungen „inkrementell“ 1 , d.h. für eine kleine Belastungs- <strong>und</strong> Verformungsänderung<br />

formuliert:<br />

Δσ = σ Δt<br />

; Δε = ε Δt. (1)<br />

ij ij ij ij<br />

Dabei stellt das „Zeitinkrement“ Δt > 0 keine physikalische Zeit dar, <strong>und</strong> damit sind die<br />

Spannungs- <strong>und</strong> Dehnraten σ<br />

ij<br />

, ε<br />

ij<br />

keine realen Geschwindigkeiten. Die hier „Zeit“ genannte<br />

positive skalare Größe parametrisiert die Belastungsgeschichte.<br />

Einachsiger Zugversuch<br />

Für Spannungen unterhalb der Fließgrenze (Streckoder<br />

Dehngrenze) verhält sich das Material linearelastisch,<br />

<strong>und</strong> es gilt das HOOKEsche Gesetz:<br />

σ ≤ R σ = Eε<br />

.<br />

0 :<br />

Sobald die Spannung erstmalig diese Grenze übersteigt,<br />

wird die Spannungs-Dehnungskurve nichtlinear,<br />

<strong>und</strong> bei Entlastungen treten bleibende (plastische)<br />

Dehnungen auf<br />

σ<br />

ε = εe + εp = + εp.<br />

E<br />

Das Materialverhalten für σ > R0<br />

wird charakterisiert durch<br />

‣ Fließbedingung<br />

σ ≤ R ( ε ) , R (0) = R , (2)<br />

F p F 0<br />

RF( ε<br />

p)<br />

heißt (einachsige) Fließkurve. Ausgehend von Spannungen σ < RF( ε<br />

p)<br />

treten nur<br />

elastische Verzerrungsänderungen auf, Spannungen σ > RF( ε<br />

p)<br />

sind unmöglich.<br />

1<br />

Man spricht deshalb auch von der Theorie der „inkrementellen <strong>Plastizität</strong>“ im Gegensatz<br />

zur „finiten <strong>Plastizität</strong>“ nach HENCKY [1924], siehe S 8 f<br />

Plastizitaet, 04.01.2012, - 1 -

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