Berichterstattung - TextilWirtschaft
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BUSINESS<br />
Fotos: Martin Egbert<br />
Modehandels-Kongress: Aufbruch<br />
Viel Beifall erhielt<br />
Ronald van der Vis.<br />
Der CEO erläuterte,<br />
wie er Esprit wieder zu<br />
einer inspirierenden<br />
Marke machen will.<br />
24 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011
Die Verknüpfung der verschiedenen Vertriebskanäle und die emotionale<br />
Ansprache der Kunden – das waren die wichtigsten Themen bei den<br />
Referaten und Diskussionen während des Deutschen<br />
Modehandels-Kongresses in Düsseldorf. Rund 500 Besucher aus<br />
Handel und Industrie sowie von Dienstleistern der Modebranche<br />
nutzten die Veranstaltung, um sich von den Vorträgen inspirieren zu<br />
lassen – und in den Pausen Kontakte zu vertiefen.<br />
2012<br />
Unser Körper kommuniziert<br />
selbst dann,<br />
wenn wir schweigen.<br />
Prof. Samy Molcho<br />
faszinierte die Zuhörer.<br />
B<br />
esser verhandeln, besser führen, ja sogar besser flirten – die<br />
Besucher des Modehandels-Kongresses bekamen schon beim<br />
Auftaktabend eine Menge Anregungen. Prof. Samy Molcho, weltbekannter<br />
Pantomime und nimmermüder Lehrer der Körpersprache,<br />
machte in seinem ebenso humorigen wie lehrreichen Vortrag<br />
deutlich, wie wichtig die Körpersprache für jegliche Kommunikation<br />
ist. Auch, vielleicht sogar gerade, im Business.<br />
Gute Laune blieb auch bei den folgenden Vorträgen die dominierende<br />
Grundhaltung beim Kongress in der Landeshauptstadt Nordrhein-<br />
Westfalens, der von TW-Chefredakteur Michael Werner moderiert<br />
wurde. Abgesehen von einigen Spitzen in Richtung Griechenland<br />
und Italien fand das Thema Krise, ob nun mit der Vorsilbe Finanzoder<br />
Euro-, einfach nicht statt.<br />
Das Motto hieß „Aufbruch 2012“, und so richteten die Referenten ihre<br />
Blicke denn auch in erster Linie nach vorn. Ronald van der Vis, CEO<br />
von Esprit, sprach zwar Englisch, aber dafür Klartext: Er sei bereit,<br />
sehr viel Geld in die Hand zu nehmen, um die Marke wieder begehrenswert<br />
und inspirierend zu machen. Auch die Partner, ob Wholesale-<br />
oder Shop-Kunden, sollen kräftig unterstützt werden. Aber nur,<br />
wenn sie sich zu Esprit bekennen. Nascher könne er nicht gebrauchen,<br />
so van der Vis.<br />
Eine große Transformation muss auch Dr. Bruno Sälzer schaffen. Der<br />
Escada-Chef räumte unumwunden ein, dass die vergangenen Jahre<br />
bei der Luxusmarke alles andere als spaßig waren. Doch zusammen<br />
mit wichtigen Kunden, vor allem solchen aus dem Ausland, sei man<br />
bei der Neuausrichtung der Marke Escada schon wesentlich vorangekommen.<br />
Die Marken für die Zielkunden begehrlich zu machen, war das eine<br />
beherrschende Thema des Kongresses. Die Verzahnung der Vertriebskanäle<br />
das andere. Dass sich Online-Business und stationäres<br />
Geschäft nicht kannibalisieren, sondern ergänzen und dabei helfen,<br />
neue Potenziale zu erschließen, berichtete SportScheck-Geschäftsführer<br />
Stefan Herzog. Das Zusammenspiel von Web-Shop, Katalog<br />
und stationären Läden habe dem Münchner Sportfachhändler deutliche<br />
Zusatzumsätze verschafft.<br />
Multi-Channel ist die Zukunft, das machte auch Dr. Ulla Ertelt deutlich.<br />
Die Geschäftsführerin des Frankfurter Beratungsunternehmens<br />
HML Modemarketing appelliert: „Bringen Sie das Internet-Feeling<br />
auf die Fläche.“ Wer sich in Sachen neue Vertriebsformen zu zögerlich<br />
zeige, werde Marktanteile verlieren. Ertelt: „Wer nicht mit der<br />
Welle surft, wird von ihr überrollt.“<br />
MO<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011 25
BUSINESS<br />
Der Pantomime Samy<br />
Molcho hält seit 30<br />
Jahren Vorträge über<br />
bewusste Körpersprache<br />
als ein Mittel zum Erfolg.<br />
Sein Credo: „Ich kenne<br />
keinen Erfolg ohne<br />
Leidenschaft.“<br />
Ronald van der Vis,<br />
Esprit-CEO: „Esprit<br />
soll wieder eine<br />
führende und inspirierende<br />
Modemarke<br />
werden. Aber das<br />
braucht Zeit.“<br />
„Der Körper ist der größte<br />
Schwätzer aller Zeiten“<br />
Der bekannte Pantomime Samy Molcho über<br />
erfolgreiches Kommunizieren, Begeistern und Flirten<br />
Sagen kann man viel. Aber ob das Gegenüber es auch glaubt – daran<br />
kann man arbeiten. Vor 30 Jahren habe man ihn noch für verrückt<br />
gehalten, weil er Körpersprache bewusst machen wollte, sagt Samy<br />
Molcho, weltbekannter Pantomime und Professor für Kommunikation.<br />
„Wir sind doch rational denkende Menschen. Körpersprache ist<br />
primitiv“, musste er sich lange Zeit anhören. Seine Mission war offenbar<br />
erfolgreich, denn heute weiß jeder, wie entscheidend nonverbale<br />
Kommunikation ist. Und doch ist nicht jedem bewusst, wie eng Gefühle,<br />
Sprache und Körperbewegungen zusammenhängen.<br />
Kopf gerade – ich will kämpfen. Kopf leicht geneigt – ich bin zu<br />
Kompromissen bereit. Die geöffnete Hand signalisiert Bereitschaft<br />
zum Dialog. Die gezeigte Handaußenfläche impliziert Ablehnung.<br />
Wenn jemand nicht auf sein Gegenüber reagiert, existiert derjenige<br />
nicht. Das Machtspiel ist eröffnet. Wie im Affenkäfig. Das gilt auch für<br />
den Dialog der Geschlechter. Sie zieht die Augenbrauen hoch und<br />
bewundert ihn. „Damit kriegst du jeden Mann“, weiß Molcho. Wer<br />
Energie einsetzt, und sei es nur dazu, die Brille abzunehmen, um sein<br />
Gegenüber nicht kritisch über den Brillenrand anzusehen, der erwartet<br />
Belohnung in Form von Aufmerksamkeit.<br />
Der Körper sei ein großer Schwätzer, sagt Molcho. Er spricht immer,<br />
egal ob wir wollen oder nicht. Der Vortrag von Molcho zum Auftakt des<br />
Deutschen Modehandels-Kongresses zeigt Wirkung. Auch noch am<br />
zweiten Tag. Vielen Zuhörern sind die einfachen und doch so wirkungsvollen<br />
Gesten des Pantomimen im Gedächtnis geblieben: Distanz<br />
einhalten. Begeistert begrüßen, aber nicht anfassen. Nur kurz<br />
berühren. Ob Small-Talk oder Verkaufsgespräch – wer die Begeisterung<br />
für sein Tun in sich trägt, wird es durch seine Körperhaltung<br />
ausdrücken. „Kein Erfolg ohne Leidenschaft“, heißt das Credo von<br />
Samy Molcho.<br />
CW<br />
„Wer von Ihnen hat ein<br />
Esprit-Tattoo?“<br />
Ronald van der Vis über die Rückkehr zu einer<br />
inspirierenden Marke<br />
Er spricht lieber Englisch, da sich sein Deutsch so lustig anhöre wie<br />
bei Rudi Carrell, erklärt der Esprit-CEO Ronald van der Vis, der<br />
Holländer ist. Der Vortrag kommt ihm denn auch souverän von den<br />
Lippen, schließlich hat er ihn schon unzählige Male gehalten: vor der<br />
Presse, vor Investoren und Analysten. Die Roadshow sei nicht die<br />
leichteste Woche seines Lebens gewesen, sagt er, denn er musste den<br />
Aktionären verklickern, dass er nicht nur eine große Summe (1,7Mrd.<br />
Euro in vier Jahren) in das Unternehmen investieren will, sondern für<br />
seine ambitionierten Pläne, Image und Produkte der Marke Esprit<br />
entscheidend aufzubessern, auch bereit ist, kurzfristig auf Marge zu<br />
verzichten.<br />
„Esprit soll wieder eine führende und inspirierende Modemarke werden.<br />
Aber das braucht Zeit.“ In einer aktuellen Umfrage der GMK<br />
Markenberatung sei Esprit bei den Frauen in Deutschland die beliebteste<br />
Modemarke. „Wir müssen dieses Asset nutzen.“ Dabei setzt er mit<br />
seinen Ansprüchen ganz oben an: Bei Gisele Bündchen, dem bestbezahlten<br />
Model der Welt. Sie ist nicht nur aktuelles Testimonial, „sie<br />
ist CEO von Esprit“, erklärt van der Vis. Alles, was im Unternehmen<br />
getan wird, soll Gisele als potenzieller Zielkundin gefallen: von der<br />
Mode über die Läden bis zur Werbeansprache. Das Feedback auf seine<br />
Strategie und die Maßnahmen sei bereits besser als erwartet.<br />
Aber am liebsten möchte er das erreichen, sagt er und zeigt ein Foto von<br />
einem Biker, der sich ein Harley Davidson-Tattoo hat stechen lassen.<br />
„Das ist doch der Traum jeder Marke. Dieser Typ würde für seine Marke<br />
sterben und sich niemals auf eine Honda oder Kawasaki setzen. Wer<br />
von Ihnen hat ein Esprit-Tattoo?“, fragt er. Nicht mal er habe eins. Aber<br />
in vier Jahren, soviel Zeit gibt er seiner Ratinger Revolution, komme er<br />
wieder und zeige, was er geschafft habe. Und vielleicht dann auch sein<br />
neues Tattoo.<br />
PA<br />
Links: Dorothee Weiß,<br />
Frank-Walter Seidensticker<br />
(beide Seidensticker)<br />
Rechts: Dr. Gabriele Godl<br />
(Konen, München)<br />
Bernhard Westphal<br />
(Charles Vögele), Silke<br />
Linsenmeier (Textil<br />
Management Kontor),<br />
Serge Brugger (SB<br />
Beteiligung)<br />
26 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011
Escada-Chef Dr. Bruno<br />
Sälzer über die Zeit nach<br />
der Insolvenz: „Wir<br />
haben viele Briefe von<br />
Händlern bekommen.<br />
Aber nicht aus Deutschland.<br />
Mittlerweile holen<br />
wir auch hierzulande<br />
Umsätze zurück.“<br />
Dr. Ulla Ertelt, Geschäftsführerin<br />
von HML<br />
Modemarketing, Frankfurt:<br />
„Insgesamt wächst<br />
der Markt nicht. In einem<br />
stagnierenden Umfeld<br />
sind neue Vertriebsformen<br />
entscheidend.“<br />
„Ich kam, ehrlich gesagt,<br />
nicht mehr so schnell weg“<br />
Dr. Bruno Sälzer über die Neuausrichtung der Marke<br />
Escada, Schwierigkeiten und Erfolge<br />
Vor vier Jahren hielt er bereits einen Vortrag auf dem Modehandels-<br />
Kongress. Damals in seiner Funktion als Chef von Hugo Boss. „Das<br />
ist 16 Jahre her, denn Escada-Jahre zählen mal vier“, scherzt Bruno<br />
Sälzer. Er will nicht verhehlen, dass er anstrengende Zeiten hinter sich<br />
hat. In diesem Jahr hat er die Neuausrichtung der Luxusmarke abgeschlossen.<br />
Der Start bei Escada im Jahr 2008 war allerdings ein Desaster.<br />
„Zwei Monate nach meinem Wechsel sind wir untergegangen. Und<br />
ich kam, ehrlich gesagt, auch nicht mehr so schnell weg.“ Insolvenz sei<br />
ein „Scheiß-Thema“ und deshalb zeigt Sälzer lieber die Bilder aus<br />
glorreichen Zeiten, als Escada mit allen Top-Models der Welt auf den<br />
Covern der Modemagazine war. „Escada war immer Party.“ Wenn auch<br />
nicht immer wirtschaftlich erfolgreich.<br />
Heute erziele die Marke 700 Mill. Euro Umsatz, davon 250 Mill. aus<br />
Lizenzen. Escada ist in 80 Ländern vertreten. Die große Internationalität<br />
sei ein Problem, weil viele verschiedene Märkte zu bedienen seien.<br />
Und auch weil unter den fünf Top-Märkten drei in der Krise stecken. In<br />
sonnigen Ländern, wo Farbe so wichtig ist, da ist Escada besonders<br />
erfolgreich. Neiman Marcus, Saks Fifth Avenue und El Corte Ingles als<br />
größte Kunden schätzen Dekoration, Feminität, Sinnlichkeit und die<br />
handwerkliche Qualität.<br />
„Wir haben unsere Kunden in den vergangenen sechs, sieben Saisons<br />
mitgenommen. Unsere Ware von heute wäre damals unverkäuflich<br />
gewesen.“ Aber auch bei den Themen Store-Gestaltung, Preis- und<br />
Stückzahl-Optimierung ist viel passiert. Mit Erfolg: 13 % Umsatzplus<br />
sind für das laufende Geschäftsjahr zu erwarten. Und somit bekam<br />
jeder Zuhörer von Sälzer den Eindruck, dass er trotz aller Probleme<br />
mittlerweile viel Spaß bei Escada hat. Schließlich sei Escada immer<br />
große Unterhaltung gewesen, sagt er. Bei den Gründern Wolfgang und<br />
Margaretha Ley, wie offensichtlich auch beim Team von Sälzer. CW<br />
„Wer nicht mit der Welle<br />
surft, wird von ihr überrollt“<br />
Dr. Ulla Ertelt über veränderte Marktbedingungen und<br />
die große Bedeutung neuer Vertriebsformen<br />
Erst der Untergang der New Economy im Jahr 2000. Dann ging es<br />
2008 von der Immobilienkrise ungebremst in die Finanzkrise und<br />
nach kurzem Aufatmen gleich in die Euro-Krise. Die Schlagzahl hat<br />
sich erhöht. Nach der Krise ist vor der Krise. Aber verhagelt die Erwartung<br />
immer neuer Krisen dem Kunden wirklich das Einkaufsvergnügen?<br />
Und wenn ja, allen oder nur einigen? Wer ist resistent<br />
gegenüber der Dämmerstimmung am Euro-Himmel?<br />
Am Beispiel ausgewählter Sinus-Milieus – hier werden Zielgruppen<br />
nach ihren Einstellungen und Lebensweisen zusammengefasst – zeigt<br />
Dr. Ulla Ertelt, Geschäftsführerin von HML Modemarketing in Frankfurt,<br />
wer in Krisenzeiten sein Geld lieber ins Sparschwein steckt und<br />
wer gemäß dem Motto handelt: Stell Dir vor, es ist Krise und keiner geht<br />
hin. Ertelt gibt erst einmal Entwarnung: „Allgemein reagiert der Konsument<br />
nur bedingt auf die Krise.“ Die bürgerliche Mitte sei jedoch<br />
sicherheitsorientiert und reagiere stärker. „Diese Gruppe nimmt sich<br />
beim Konsum zurück, weil sie mit einem Rückgang des verfügbaren<br />
Einkommens rechnet“, so Ertelt. Anders reagiere hingegen das sozialökologische<br />
Milieu. Hier sei das Konsumverhalten eher gleichbleibend.<br />
Insgesamt prognostiziert die Forscherin einen Markt, der nicht mehr<br />
wächst. Veränderte Marktbedingungen sind nichts Neues: Schon 1980<br />
revolutionierte der Einstieg von H&M in den deutschen Markt die<br />
hiesige Einkaufslandschaft. Mitte der 90er folgten die Shopping-Center<br />
und seit 2000 verändert der Online-Handel das Konsumverhalten.<br />
Seither verzeichnet der Bekleidungsmarkt einen Rückgang von 9%. In<br />
einem stagnierenden Umfeld seien neue Vertriebsformen wie Multi-<br />
Channeling entscheidend. Ertelt rät: „Bringen Sie das Internet-Feeling<br />
auf die Fläche.“ Im Markt gelte wie im Ozean: Nur wer rechtzeitig<br />
anpaddelt, kann die Welle surfen. Die anderen gehen unter. AM<br />
Norbert Frericks<br />
(Klingenthal),<br />
Wolfgang Drewalowski,<br />
Michael Horst (beide<br />
Brax)<br />
Jürgen Fröhlich (Falke),<br />
Johannes Schick<br />
(Höltl Retail Solution)<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011 27
BUSINESS<br />
Kik-Geschäftsführer<br />
Dr. Michael Arretz:<br />
„Discount und Nachhaltigkeit<br />
schließen sich<br />
nicht aus.“<br />
Prof. Dr. Andreas<br />
Kaapke von der<br />
Dualen Hochschule<br />
Baden-Württemberg<br />
in Stuttgart: „Wer an<br />
Vögel verkaufen will,<br />
muss selbst ein<br />
bisschen Vogel sein.“<br />
„Beim Thema Nachhaltigkeit<br />
sind wir alle gefordert“<br />
Kik-Geschäftsführer Dr. Michael Arretz über kleine<br />
Preise, Kosten und Ressourcen-Einsatz<br />
Discount und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus. So der beinahe<br />
schon provokante Untertitel des Vortrages von Dr. Michael<br />
Arretz, dem Nachhaltigkeitsbeauftragten von Kik. Discount und nachhaltig?<br />
Ja – aber es muss sich rechnen.<br />
Wie kommen die kleinen Preise bei Kik zustande? Arretz skizziert die<br />
fünf Discount-Prinzipien:1. Das Angebot – ein Drittel Basic, ein Drittel<br />
Basic Fashion und ein Drittel Fashion – ist ganzjährig verfügbar. Es gibt<br />
keinen schnellen Kollektionswechsel mit aufwendigen Ausstattungen.<br />
2. Der Ladenbau ist simpel, ohne Schnickschnack. 3. Es gibt keinen<br />
Zwischenhandel. 4. Da es nur gängige Größen im Sortiment gibt, wird<br />
in großen Mengen eingekauft. 5. Kik hat eine ganz einfache Logistik.<br />
„Allein aus diesen Prinzipien ergeben sich relativ niedrige Ressourcen-<br />
Einsätze“, so Arretz. Kik ist kein Fashion-Anbieter, Schnelligkeit keinesfalls<br />
oberstes Gebot. Das Unternehmen kann daher 99 % der Ware,<br />
die in Asien gefertigt wird, auf dem Seeweg nach Deutschland bringen.<br />
Das ist zweifellos umweltschonender als Luftfracht. „Der entscheidende<br />
Treiber ist aber natürlich der Kostenfaktor“, sagt Arretz.<br />
Doch er führt den Zuhörern vor Augen, wie hoch der Ressourcenverbrauch<br />
der Branche generell ist: Allein für die T-Shirts, die Kik in<br />
einem Jahr absetzt, werden 75 000 Tonnen Saatbaumwolle benötigt,<br />
150 Mill. m 3 Wasser verbraucht und 300 000 Tonnen CO 2 freigesetzt.<br />
„Das entspricht einer Anbaufläche von mehr als 150000 Fußballfeldern,<br />
mehr als 4,5 Tagen Wasserabfluss am Rheinfall und mehr als<br />
zwölf Tagen Betrieb des Kohlekraftwerks Moorburg.“ Und er nimmt<br />
die Zuhörer in die Pflicht: „Beim Thema Nachhaltigkeit sind wir alle<br />
gefordert. Nur wenn man sich unterhakt, kann man gemeinsam weiterkommen.“<br />
Wie weit Kik damit ist, wird das Unternehmen in der<br />
kommenden Woche offenlegen – mit der Vorlage des ersten Nachhaltigkeitsberichts.<br />
MP<br />
„Drehtüren, enge Gänge –<br />
und keine Toilette in Sicht“<br />
Prof. Andreas Kaapke über die richtige Ansprache älterer<br />
Kunden beim „Shoppen im dritten Frühling“<br />
Ältere Menschen gelten als Zielgruppe mit Potenzial. Doch wie kann<br />
man es erschließen? Und worauf muss der Handel künftig stärker<br />
achten? Das schilderte Professor Andreas Kaapke von der Dualen<br />
Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart in seinem launigen Vortrag.<br />
Bisher habe sich der Handel wenig mit dem demografischen<br />
Wandel auseinandergesetzt. Dabei hätten ältere Menschen in der Regel<br />
Zeit zum Shoppen, seien zudem häufig gut situiert und legten Wert auf<br />
kompetente Beratung.<br />
Grundvoraussetzung für den Verkaufserfolg sei die richtige Ansprache.<br />
Älteren Kunden im Verkauf „schauen Sie mal da hinten“ zu<br />
empfehlen, reiche nicht aus, sagt Kaapke. Auch Identifikation ist ein<br />
Thema. Eine 65-Jährige vergleiche sich nicht gern mit einer schlanken,<br />
20-jährigen Verkäuferin mit bauchfreiem Top. „Wer an Vögel verkaufen<br />
will, muss selbst ein bisschen Vogel sein.“<br />
Entscheidend für den Verkaufserfolg ist auch die Ladengestaltung,<br />
betont Kaapke. Er zeigt eine Reihe von Beispielen aus dem Einzelhandel,<br />
die Älteren das Einkaufen erschweren, ja die geradezu Gefahrenquellen<br />
darstellen. Drehtüren zum Beispiel. Fußmatten, die Falten<br />
werfen. Rutschige Fußböden und Treppen ohne Geländer. Im Store<br />
empfiehlt er Übersichtlichkeit. Zudem sollte es Gelegenheiten zum<br />
„Verschnaufen“ geben. Kabinen sollten mit Ablageflächen und Sitzgelegenheiten<br />
ausgestattet sein und den Kunden die Möglichkeit bieten,<br />
sich ungestört und geschützt vor fremden Blicken, umzuziehen.<br />
Auch beim Thema Kundentoilette sieht der Professor noch großes<br />
Verbesserungspotenzial. Viel zu oft sei das Kunden-WC viel zu weit<br />
vom Eingang entfernt – nur einer von vielen Aspekten, auf die der<br />
Handel in Zukunft werde stärker achten müssen. Eines freilich ist und<br />
bleibt tabu: „Man sollte“, sagt Kaapke, „die älteren Kunden niemals<br />
Senioren nennen.“<br />
ST<br />
Links: Ulf P.<br />
Doerner<br />
(Esprit), Erhard<br />
Domscheit<br />
(Decor Metall)<br />
Karl Schwitzke, Klaus<br />
Schwitzke (Schwitzke &<br />
Partner), Markus<br />
Schwitzke (Schwitzke<br />
Graphics)<br />
Rechts: Oliver<br />
Hein (S.Oliver),<br />
Uwe Riechel<br />
(Hellmann)<br />
28 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011
Michael Horst, Brand<br />
Director Brax: „Der<br />
emotional gesteuerte<br />
Verkauf gewinnt an<br />
Bedeutung.“<br />
Ludwig Beck-Vorstand<br />
Christian Greiner: „Die<br />
Menschen lieben Geschichten.<br />
Erzählen Sie<br />
welche!“<br />
„Verkaufsmaschine, aber die<br />
emotionale Aussage fehlte“<br />
Michael Horst von Brax über die Entwicklung des<br />
Hosenanbieters zur Lifestyle-Marke<br />
Wenn alles gut geht und die Umsätze im restlichen Jahr nicht so<br />
mies sind, wie sie im September waren, wird Brax 2011 rund<br />
280 Mill. Euro erlösen, erklärt Brand Director Michael Horst. Das<br />
wären 32 Mill. Euro mehr als im Vorjahr. Dabei sind die Herforder<br />
längst nicht mehr nur Hosenspezialist, sondern auch kompetenter<br />
Anbieter für Strick, Hemden und Outdoor. Neben sechs Millionen<br />
Hosen werden inzwischen mehr als zwei Millionen Oberteile pro Jahr<br />
produziert.1300 Flächen gibt es im Handel, dazu kommen15 Stores im<br />
In- und 38 im Ausland. „Wir können Flächen zuverlässig versorgen und<br />
mit Marketingkonzepten hinterlegen“, erklärt Horst.<br />
Brax ist Marktführer bei Hosen, kämpft dabei aber mit einem angestaubten<br />
Image, bei dem Begriff Lifestyle-Marke hat man nicht unbedingt<br />
Brax vor Augen. Denn zunächst stand für den Konzern die<br />
Produktkompetenz im Vordergrund, Marketing war zweitrangig,<br />
blickt Horst zurück. „Aber der emotional gesteuerte Verkauf gewinnt<br />
an Bedeutung.“ Und so hat sich Brax auf den Weg gemacht, über<br />
Handelsmarketing, den Aufbau vertikaler Strukturen, die internationale<br />
Expansion und den Ausbau von Shops und Stores die Marke<br />
präsent und profitabel aufzustellen.<br />
„Wir waren eine Verkaufsmaschine, aber die emotionale Aussage fehlte“,<br />
sagt Horst kritisch. Daran arbeite Brax derzeit. Die Marke ist in<br />
diesem Jahr zum ersten Mal mit einer breiten Verbraucher-Kampagne<br />
gestartet. Auch der neue Showroom in Hamburgs Speicherstadt und<br />
die Sanierung der Herforder Zentrale sollen das Image der Marke<br />
unterstreichen. Image-Träger sind auch die Stores: „Wir können uns in<br />
Deutschland 50 bis 60 Läden vorstellen.“ Ein Thema, das die Marke<br />
ebenfalls stärken und emotional aufladen soll, sind Lizenzen. Damit<br />
will sich Brax ab 2012 befassen. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zum<br />
Lifestyle-Anbieter.<br />
PA<br />
„Ein unvergessliches Erlebnis<br />
für den Kunden“<br />
Ludwig Beck-Vorstand Christian Greiner über<br />
inspirierende Läden und Erlebnis-Shopping<br />
Sein Vater Hans Rudolf Wöhrl sagt über ihn, er sei der einzige in der<br />
Familie, der wirklich etwas von Mode verstehe. Wovon Christian<br />
Greiner, seit Anfang des Jahres Vorstand bei Ludwig Beck in München,<br />
definitiv auch etwas versteht, ist die Kunst der Inszenierung. Und<br />
davon, sich inspirieren zu lassen. „Wer, wie wir alle hier, viel Output<br />
generieren muss, braucht viel Input.“ Er nimmt die Zuhörer mit auf<br />
eine Reise durch die Läden der Welt, die ihn inspirieren. „Ein Laden<br />
muss heute als Bühne für unsere Produkte verstanden werden und<br />
dem Kunden ein unvergessliches Erlebnis bieten.“ Der Kunde muss<br />
verführt werden. Denn: „Wirklicher Bedarf besteht bei keinem.“ Und<br />
nicht zuletzt konkurrieren neue Vertriebswege mit dem stationären<br />
Handel – eines der großen Themen beim Kongress.<br />
Inspiration findet Greiner zum Beispiel bei Printemps („Immer noch<br />
modern, überraschend und am Puls der Zeit“), bei Globetrotter („Hier<br />
wird viel Platz geopfert, um zu inszenieren“), bei Harrods („Vor allem<br />
die Fensterdeko“), bei Barneys in Las Vegas („Eine so liebevolle Inszenierung,<br />
dass man kaum aus dem Laden kommt, ohne etwas zu<br />
kaufen“). Er nennt Selfridges, Kastner &Öhler in Graz, Asprey in London,<br />
das U1in Nürnberg, 14oz in Berlin, Kauf Dich Glücklich, Colette,<br />
The Corner und und und.<br />
„Der Laden muss selbst zur Marke werden“, fasst Greiner zusammen.<br />
Dabei seien Konsequenz und Authentizität wichtige Schlüsselfaktoren<br />
für den Erfolg. „Die Menschen lieben Geschichten. Erzählen Sie welche!“<br />
So wie die Macher der Tokyo Girls Collection, die zwei Mal im Jahr<br />
zu Mega-Events in der japanischen Metropole laden. Die Tickets –<br />
innerhalb kürzester Zeit ausverkauft – sind heiß begehrt bei jungen<br />
Mädchen, die nur eines wollen: kaufen! Und zwar direkt während der<br />
Riesen-Show. Alles, was auf dem Laufsteg zu sehen ist, einfach übers<br />
Handy. Erlebnis-Shopping par excellence.<br />
MP<br />
Christopher Nützel<br />
(Dodenhof), Erich<br />
Schuster (Defacto), Hans<br />
Dieter Blanke (Dodenhof)<br />
Mirjam Dietz (Igedo),<br />
Angelika Karl (Lorbeer &<br />
Rosen), Jens-André<br />
Friedrich (GS 1Germany)<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011 29
BUSINESS<br />
Ludger Schöllgen verantwortet<br />
als Chief Procurement<br />
Officer die<br />
Beschaffung und den<br />
Einkauf des Universalversenders<br />
Neckermann.de<br />
Laut Geschäftsführer<br />
Stefan Herzog hat<br />
SportScheck in den<br />
vergangenen Jahren den<br />
Umsatz-Anteil des<br />
Online-Shops von 10 %<br />
auf 34 % gesteigert.<br />
„Jeder Artikel wird nur<br />
einmal angeboten“<br />
Neckermann-Vorstand Ludger Schöllgen über<br />
Kooperationsformen im Online-Handel<br />
Online-Marktplätze sind zurzeit der letzte Schrei im Modehandel.<br />
Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nach Internetgrößen wie<br />
Amazon und Ebay und zahlreichen mittelständischen Anbietern wie<br />
Zitra, Fashionhub und Luxodo ist kürzlich auch der Schuhversender<br />
Zalando („Schrei vor Glück!“) ins Kooperationsgeschäft eingestiegen.<br />
Neckermann.de gehört zu den Pionieren auf diesem Feld. Das Versandhaus<br />
startete bereits 2005 einen Markplatz für Fremdfirmen. Ludger<br />
Schöllgen, seit 2009 Chief Procuremenet Officer des Frankfurter<br />
Unternehmens, zog auf dem Modehandels-Kongress eine Bilanz: Die<br />
Zahl der Handelspartner stieg seit 2006 exponentiell an. Allein 2010<br />
vergrößerte sich das Portfolio von 155 auf 169 Anbieter, darunter namhafte<br />
Unternehmen wie Görtz, S.Oliver, Tom Tailor und Eterna. Der<br />
Umsatz erhöhte sich um 18 %. Laut Schöllgen prüft Neckermann.de<br />
jeden Partner gründlich. „Nicht jeder erhält einen Zugang.“<br />
Im Gegenzug wird den Auserwählten eine so genannte Artikelsingularität<br />
gewährt. „Jeder Artikel wird nur einmal angeboten, um einen<br />
Preiskampf auf der Plattform zu vermeiden.“ Ein weiterer Vorteil bestehe<br />
in der internationalen Aufstellung von Neckermann: „Wer bei<br />
uns Partner wird, kann seine Waren auf einen Schlag in mehreren<br />
Ländern vertreiben.“ Der Versender betreibt Plattformen in Deutschland,<br />
Österreich, der Schweiz und in den Benelux-Ländern. Ferner<br />
könnten die Marktplatz-Partner die Customer Care- und Fulfillment-<br />
Erfahrungen von Neckermann.de nutzen. Und sie profitierten von den<br />
Online-Marketingmaßnahmen des Unversalversenders, der für seine<br />
Partner unter anderem Suchmaschinen- und Affiliate-Marketing sowie<br />
Suchmaschinen-Optimierung und Banner-Werbung betreibe. Weitere<br />
Assets von Neckermann seien eine Markenbekanntheit von 93 %, zehn<br />
Millionen Unique Visitors pro Monat, sieben Millionen Newsletter-<br />
Abonnenten sowie 15 Jahre Online-Erfahrung.<br />
BR<br />
„Mehr Umsatz dank<br />
Multi-Channeling”<br />
Stefan Herzog, Geschäftsführer von SportScheck, über<br />
das Zusammenspiel der Vertriebskanäle<br />
Wie sich eine integrierte Multi-Channel-Strategie positiv auf die<br />
Umsatzentwicklung eines Handelshauses mit den Standbeinen<br />
Stationärhandel und Versandgeschäft auswirkt, zeigte Stefan Herzog,<br />
Geschäftsführer des Münchner Sporthändlers SportScheck, in seinem<br />
Vortrag, „Im Geschäftsjahr 2010/11haben wir unsere Erlöse um 20%<br />
auf 386 Mill. Euro gesteigert, wobei die Integration des Kanals<br />
E-Commerce in das Gefüge der existierenden Vertriebswege eine<br />
Schlüsselrolle gespielt hat”, so Herzog.<br />
Unterm Strich sei es gelungen, den Anteil des Internets am Geschäftsvolumen<br />
von SportScheck von 2005 bis 2010 von 10 % auf 34 % anzuheben.<br />
Über das Internet fänden mehr Frauen zu SportScheck, auch<br />
sei das Durchschnittsalter bei den Online-Kunden um fünf Jahre niedriger<br />
als bei den Kunden in den Filialen. „Vom Produkttyp her fragen<br />
Internetnutzer stärker Textilien nach, während in den Stores mehr<br />
Hartware Absatz findet”, erklärt Herzog. Der Katalog sei derzeit jedoch<br />
für SportScheck noch unabdingbar, weil er stationäre Kunden und<br />
Internetnutzer zum Kauf animiere.<br />
Zusätzliches Potenzial sollen in Zukunft kanalübergreifende Services<br />
sowie der neue Absatzweg Mobile bringen. Herzog: „Bereits heute<br />
können Filialmitarbeiter nicht mehr verfügbare Artikel per iPad im<br />
Online-Shop nachbestellen. Künftig können dann Filialartikel online<br />
reserviert und am selben Tag nach Hause zugestellt werden.” Herzog<br />
warnt davor, den mobilen Kanal in seiner Bedeutung zu unterschätzen:<br />
„Seit dem Launch im Januar 2011 hat unser Mobile Shop bereits über<br />
10 000 Bestellungen generiert.”<br />
MultiChannel-Ansätze eigneten sich aber auch als effektives Instrument<br />
zur Neukundengewinnung. Mittels einer so genannten „Eroberungskampagne“<br />
habe SportScheck mit einem Werbebudget in Höhe<br />
von 8 Mill. Euro einen Zusatzumsatz von 25 Mill. Euro erzielt. MS<br />
Jana Kern (Kern<br />
Kommunikation), Jens<br />
Ristedt (Modehaus<br />
Ristedt)<br />
Simon Engelhorn (Otto),<br />
Patrick Schaich<br />
(Berenberg Bank)<br />
30 <strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011
Hunde, Heiland, Human Resources<br />
Effizienztag Mode: Präsent auf der Fläche, kreativ in der Kommunikation<br />
–dann klappt es auch mit dem Kunden<br />
Der Erfolg von Schlittenhunden hängt<br />
maßgeblich von der Kraft des Stärksten<br />
im Team ab. Seine Zugkraft bringt das gesamte<br />
Gespann voran. Beim Auftritt auf Facebook<br />
kommt es weniger auf Stärke an: Hier<br />
hilft es, ein bisschen zu sein wie Jesus.<br />
Was Hunde und der Heiland mit dem Modehandel<br />
zu tun haben, erfuhren die 250 Teilnehmer<br />
des Effizienztags Mode, der am Vortag<br />
des Deutschen Modehandels-Kongresses<br />
in Düsseldorf stattfand.<br />
Ansteckend sein. Dazu rät Peer Hartog,<br />
Partner bei Gerlachhartog Markenkommunikation<br />
2.0 aus Hamburg. Das Virus: gute<br />
Ideen, die von einem Menschen zum Nächsten<br />
weitergegeben werden. Beim viralen Marketing<br />
gehe es weniger um große Budgets als<br />
um ungewöhnliche Einfälle. Angesichts austauschbarer<br />
Slogans sind originelle Kampagnen<br />
der einzige Weg, beim Kunden anzukommen.<br />
Zur Verbreitung viraler Kampagnen<br />
eigneten sich Facebook & Co zwar besonders<br />
gut, im Vordergrund stehe aber die<br />
Idee, nicht der Kanal. Für den richtigen Umgang<br />
mit der Zielgruppe rät Hartog: „Seien<br />
Sie auf Facebook wie Jesus: milde und verständnisvoll.<br />
Auch wenn Sie eine Ohrfeige<br />
kassieren.“<br />
Glückt das Marketing, ist der Verbraucher<br />
schon so gut wie im Laden. Dort angekommen,<br />
sind die Mitarbeiter dafür verantwortlich,<br />
aus Menschen Kunden zu machen. Gemeinsam<br />
mit Store-Managerin Katharina<br />
Polak von Store Kontor in Aurich stellte Michael<br />
Fuisting, Vertriebsleiter bei POS-Pilot<br />
in Ehra-Lessien, eine Software vor, welche die<br />
Mitarbeiterleistung anhand von Kennzahlen<br />
KPIs (Key Performance Indicators) aufzeigt.<br />
„Das Schlittenhunde-Prinzip, bei dem die<br />
Starken das Gespann anführen und auf die<br />
Weise schneller machen, wirkt auch auf der<br />
Fläche“, sagt Polak.<br />
Präsenz auf der Fläche zeigt Betty Barclay aus<br />
Nußloch in Zusammenarbeit mit Staff Solutions.<br />
Laut Geschäftsführerin Barbara Koch<br />
setzt der Heiligenthaler Personalvermittler<br />
auf „Neugier, Emotion und Initiative“, um<br />
Mitarbeiter für eine Marke zu begeistern. Geschultes<br />
Flächenpersonal sei ein Garant für<br />
Wachstum am POS, sagt Björn Krüger, Leiter<br />
für vertikale Partnerschaften bei Betty<br />
Barclay.<br />
Welchen Beitrag Mitarbeiter als Botschafter<br />
bei der Markenbildung leisten können, zeigten<br />
Personalleiterin Friederike Germer von<br />
Lloyd Shoes aus Sulingen und Hartmut Reinke,<br />
Geschäftsführer von Azur Dialogmarketing<br />
in Bremen. „Den Mitarbeiter abholen“ –<br />
eine häufig benutzte Floskel. Germer findet:<br />
„Das klingt, als hätte man ihn vorher irgendwo<br />
stehen lassen.“ Bei der Formulierung von<br />
Leitsätzen trifft das häufig zu. „Sie entstehen<br />
in den Chefetagen, während die Basis oft<br />
nicht weiß, was eigentlich gemeint ist“, sagt<br />
Reinke. In sogenannten Wortstätten haben<br />
Germer und Reinke gemeinsam mit den<br />
Lloyd-Mitarbeitern die eigene Kundenkommunikation<br />
unter die Lupe genommen – und<br />
verbessert.<br />
Joe Naumann, Koppermann-Geschäftsführer<br />
aus Schäftlarn, und Ben Schramm, Geschäftsführer<br />
bei GBO – Gesellschaft für Betriebsorganisation<br />
aus Hamburg, sprachen<br />
über emotionale Konzepte auf der Fläche.<br />
Von der Fläche ins Internet und umgekehrt.<br />
Für die Vernetzung von Online- und<br />
Offline plädiert Nina Ehrenberg von Add/Up<br />
Connected Channels aus Hamburg. „Modekunden<br />
sind Filial-Fans“, sagt die Geschäftsführerin<br />
des Multichannel-Dienstleisters.<br />
Dort, wo Filialen an ihre Grenzen geraten,<br />
wird Multichannel-Service immer wichtiger.<br />
Ein echter „Kauf-Killer“ sei ein nicht verfügbarer<br />
Artikel. „Einen Artikel, der im Laden<br />
nicht in der gewünschten Größe und Farbe<br />
vorhanden ist, vor Ort online aus einer anderen<br />
Filiale zu bestellen, ist zwar möglich, wird<br />
aber oft nicht angeboten.“ Ehrenberg rät: „Erhöhen<br />
Sie die Verfügbarkeit Ihrer Artikel in<br />
allen Kanälen.“<br />
AM<br />
1 2<br />
3 4<br />
5 6<br />
7 8<br />
9 10<br />
Effizienztag Mode – die Referenten:<br />
1. Peer Hartog (Gerlachhartog) 2. Nina Ehrenberg (Add/Up<br />
Connected Channels) 3. Michael Fuisting (POS-Pilot)<br />
4. Katharina Polak (Store Kontor) 5. Friederike Germer (Lloyd<br />
Shoes) 6. Hartmut Reinke (Azur Dialogmarketing) 7. Ben<br />
Schramm (GBO – Gesellschaft für Betriebsorganisation) 8. Joe<br />
Naumann (Koppermann Computersysteme) 9. Björn Krüger<br />
(Betty Barclay) 10. Barbara Koch (Staff Solutions)<br />
Links: Carola Brockmann<br />
(Messe Düsseldorf)<br />
Rechts: Karin Genrich<br />
(Karin Genrich,<br />
Potsdam), Bruno Röttele<br />
(Modehaus Röttele)<br />
Links: Holger<br />
Klappstein (TXT<br />
E-Solutions)<br />
Rechts: Hans<br />
Leinweber (Aktiv-<br />
Schuh), Monika<br />
Flinner (Schuhmode<br />
im Trend)<br />
<strong>TextilWirtschaft</strong> 46 _2011 31